Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2007 - XII ZB 27/07

bei uns veröffentlicht am11.09.2007
vorgehend
Amtsgericht Pankow, 15 F 3854/06, 28.11.2006
Kammergericht, 3 WF 7/07, 31.01.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 27/07
vom
11. September 2007
in der Prozesskostenhilfesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Im Vaterschaftsfeststellungsverfahren ist dem Beklagten, dem Prozesskostenhilfe
bewilligt wird, wegen der Bedeutung der Statusfeststellung auf seinen Antrag
regelmäßig sogleich (und nicht erst nach Eingang eines die Vaterschaft
bejahenden Abstammungsgutachtens) ein Rechtsanwalt beizuordnen.
BGH, Beschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 27/07 - KG Berlin
AG Pankow/Weißensee
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2007 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 31. Januar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Pankow/Weißensee zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Der Beklagte wird von der Klägerin auf Feststellung der Vaterschaft und Zahlung des Regelunterhalts in Anspruch genommen. Das Familiengericht bewilligte ihm Prozesskostenhilfe, wies seinen Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch mit der Begründung ab, eine anwaltliche Vertretung sei im vorliegenden Amtsermittlungsverfahren nicht erforderlich (§ 121 Abs. 2 ZPO). Seine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Kammergericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2007, 1472 f. veröffentlicht ist, zurück. Mit seiner vom Kammergericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Beiordnung seines Dresdner Rechtsanwalts weiter.

II.

2
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht.
3
1. Der von der Rechtsbeschwerde formulierte Antrag, dem Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse des Familiengerichts und des Kammergerichts Prozesskostenhilfe zu bewilligen, war umzudeuten. Prozesskostenhilfe ist dem Beklagten bereits bewilligt. Wie der Rechtsbeschwerdebegründung eindeutig zu entnehmen ist, richtet sich die Rechtsbeschwerde allein gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwaltes und damit gegen die Beschwer des Beklagten durch den angefochtenen Beschluss.
4
2. Zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde die vom Beschwerdegericht auch schon früher (DAVorm 1999, 201 f.) und nach seiner Darstellung in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung, im Vaterschaftsfeststellungsverfahren sei die Beiordnung eines Rechtsanwaltes für den als Vater in Anspruch Genommenen nicht im Sinne des § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich, jedenfalls nicht, solange das einzuholende Abstammungsgutachten - wie hier - noch nicht vorliege.
5
Insoweit führt das Beschwerdegericht aus, bis dahin brauche der Beklagte nichts weiter zu veranlassen, als seiner Verpflichtung aus § 372a Abs. 1 ZPO nachzukommen und an der Begutachtung mitzuwirken. Auch gewährten ihm das Verbot eines Versäumnisurteils (§ 612 Abs. 4 ZPO) und die in Kindschaftssachen geltende Amtsermittlungspflicht (§§ 640 Abs. 1, 616 Abs. 1 ZPO) hinreichenden Schutz. Zwar komme es für die Frage, ob eine anwaltliche Vertretung erforderlich sei, auf die Umstände des Einzelfalles an, insbesondere auf den Umfang, die Schwierigkeit und die Bedeutung der Sache sowie auf die Person des Antragstellers und insoweit vor allem auf seine Gewandtheit. Besondere Umstände, die die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderten, lägen hier aber derzeit nicht vor. Dies gelte auch für den im Annexverfahren begehrten Regelunterhalt , zumal der Beklagte etwaige Einwendungen wegen § 653 Abs. 1 Satz 3 ZPO erst mit einer Abänderungsklage nach § 654 ZPO geltend machen könne. Schließlich gebiete auch die dem klagenden Kind durch das Jugendamt gewährte Vertretung und Beratung keine Beiordnung eines Rechtsanwalts aus Gründen der Waffengleichheit.
6
3. Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen und folgt vielmehr der in Rechtsprechung und Literatur wohl herrschenden Meinung (vgl. OLG Frankfurt NJW 2007, 230 f.; Zöller/Philippi ZPO 26. Aufl. § 121 Rdn. 6 m.N.; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 121 Rdn. 11 m.N.; Reichold in Thomas /Putzo ZPO 28. Aufl. § 121 Rdn. 5; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe 4. Aufl. Rdn. 547 m.N.).
7
Auch im Amtsermittlungsverfahren darf die mittellose Partei nicht schlechter gestellt werden als eine Partei, die die Kosten des Rechtsstreits aufbringen kann (BVerfG FamRZ 2002, 531, 532).
8
Jedenfalls dann, wenn die Parteien des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens - wie hier - entgegengesetzte Ziele verfolgen, legt bereits die existentielle Bedeutung der Sache die Beiordnung eines Rechtsanwalts nahe. Dies gilt erst recht, wenn damit eine Klage auf Zahlung des Regelunterhalts verbunden ist. Denn in einem Verfahren mit so weit reichender Bedeutung würde auch eine bemittelte Partei sich in der Regel eines Anwalts bedienen.
9
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts erscheint im Vaterschaftsfeststellungsverfahren aber auch deshalb geboten, weil es sich um ein vom allgemeinen Zivilprozess stark abweichendes Verfahren eigener Art handelt. Gerade mit http://www.juris.de/jportal/portal/t/sjy/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE044003301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/sjy/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE045502301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/sjy/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302892006&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/sjy/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302892006&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/sjy/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302892006&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - seinem Hinweis, der Beklagte brauche nichts weiter zu tun als seiner Verpflichtung nach § 372a ZPO nachzukommen, verkennt das Beschwerdegericht, dass der Schutz des Beklagten insoweit allein durch die Möglichkeit gewährleistet ist, die Untersuchung zu verweigern und über die Rechtmäßigkeit dieser Weigerung nach § 372 a Abs. 2 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung der §§ 386 f. ZPO ein Zwischenurteil herbeizuführen (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2006 - XII ZR 210/04 - FamRZ 2006, 686, 688 = BGHZ 166, 283 ff.). Diese Möglichkeit ist aber einem juristischen Laien regelmäßig nicht bekannt.
10
Im vorliegenden Verfahren kommt hinzu, dass das Familiengericht sich - nach der Entscheidung des Kammergerichts - bei der Vernehmung der Kindesmutter mit der Angabe begnügt hat, sie habe mit dem Beklagten mehrmals "in der gesetzlichen Empfängniszeit" verkehrt, ohne nach weiteren Zeitangaben oder Umständen zu fragen, und mit der Abstammungsbegutachtung sodann entgegen § 404 Abs. 2 ZPO statt eines persönlich zu beauftragenden (vgl. dazu Zöller/Greger aaO § 404 Rdn. 1a) öffentlich bestellten Sachverständigen eine GmbH beauftragt hat. Dies als problematisch zu erkennen und daraus gegebenenfalls rechtliche Konsequenzen zu ziehen, wird dem Beklagten ohne rechtlichen Beistand ebenfalls kaum möglich sein.
11
Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde weiter darauf hin, dass Prozesskostenhilfe für die Instanz und nicht für einzelne Verfahrensabschnitte zu gewähren ist. Nichts anderes gilt für die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nach § 121 Abs. 2 ZPO. Auch insoweit ist die Erforderlichkeit im Zeitpunkt des Eingangs des Prozesskostenhilfegesuchs im Wege der Prognose zu beurteilen. Sie kann nicht mit der Erwägung verneint werden, eine noch durchzuführende Beweisaufnahme könne zu dem Ergebnis führen, dass die Vaterschaft des Beklagten ausgeschlossen wird, und dessen anwaltliche Vertretung sich dann als nicht erforderlich erweisen werde.
12
4. Der Senat hält es für sachdienlich, die Auswahl des beizuordnenden Rechtsanwalts und die Bedingungen seiner Beiordnung dem erstinstanzlichen Tatrichter zu überlassen, und sieht deshalb davon ab, selbst darüber zu entscheiden. Die Sache wird deshalb zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - zurückverwiesen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 28.11.2006 - 15 F 3854/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 31.01.2007 - 3 WF 7/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2007 - XII ZB 27/07

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2007 - XII ZB 27/07

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 404 Sachverständigenauswahl


(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf die Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. An Stelle der zuerst ernannten Sachverständigen kann es a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 372a Untersuchungen zur Feststellung der Abstammung


(1) Soweit es zur Feststellung der Abstammung erforderlich ist, hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden, es sei denn, dass die Untersuchung dem zu Untersuchenden nicht zugemutet werden kann. (2) Die §§

Zivilprozessordnung - ZPO | § 612 Bekanntmachungen zum Musterfeststellungsurteil


(1) Das Musterfeststellungsurteil ist nach seiner Verkündung im Klageregister öffentlich bekannt zu machen. (2) Die Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Musterfeststellungsurteil ist im Klageregister öffentlich bekannt zu machen. Dasselbe gilt
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2007 - XII ZB 27/07 zitiert 5 §§.

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(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Soweit es zur Feststellung der Abstammung erforderlich ist, hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden, es sei denn, dass die Untersuchung dem zu Untersuchenden nicht zugemutet werden kann.

(2) Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend. Bei wiederholter unberechtigter Verweigerung der Untersuchung kann auch unmittelbarer Zwang angewendet, insbesondere die zwangsweise Vorführung zur Untersuchung angeordnet werden.

(1) Das Musterfeststellungsurteil ist nach seiner Verkündung im Klageregister öffentlich bekannt zu machen.

(2) Die Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Musterfeststellungsurteil ist im Klageregister öffentlich bekannt zu machen. Dasselbe gilt für den Eintritt der Rechtskraft des Musterfeststellungsurteils.

(1) Soweit es zur Feststellung der Abstammung erforderlich ist, hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden, es sei denn, dass die Untersuchung dem zu Untersuchenden nicht zugemutet werden kann.

(2) Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend. Bei wiederholter unberechtigter Verweigerung der Untersuchung kann auch unmittelbarer Zwang angewendet, insbesondere die zwangsweise Vorführung zur Untersuchung angeordnet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 210/04 Verkündet am:
1. März 2006
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) ZPO § 640 Abs. 2 Nr. 2; BGB §§ 1600 Abs. 1 Nr. 1, 1600 b Abs. 1 Satz 2;
Zur Verwertbarkeit eines gerichtlichen Abstammungsgutachtens, das nicht
hätte eingeholt werden dürfen, weil die Anfechtung der Vaterschaft auf eine
heimlich eingeholte DNA-Analyse gestützt war (Fortführung der Senatsurteile
BGHZ 162, 1 und vom 12. Januar 2005 - XII ZR 60/03 - FamRZ 2005, 342
ff.).

b) ZPO §§ 355 Abs. 2, 372 a, 387 analog
Zu den prozessualen Möglichkeiten des Kindes, die Rechtmäßigkeit einer
solchen Beweisanordnung durch Zwischenurteil klären zu lassen.
BGH, Urteil vom 1. März 2006 - XII ZR 210/04 - OLG Dresden
AG Grimma
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. März 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 21. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden vom 30. September 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit Urkunde vom 11. Januar 1996 erkannte der Kläger an, Vater des am 25. Januar 1995 geborenen Beklagten zu sein. Er schloss mit dessen Mutter am 18. Januar 1996 die Ehe, deren Scheidung er inzwischen begehrt und aus der zwei weitere Kinder hervorgegangen sind.
2
Mit der vorliegenden, am 3. Juli 2003 bei Gericht eingegangenen und am 25. August 2003 zugestellten Vaterschaftsanfechtungsklage begehrt der Kläger festzustellen, dass er nicht der Vater des Beklagten sei.
3
Das Amtsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, der Vortrag des Klägers, es bestehe keine Ähnlichkeit des Beklagten mit seiner Familie, sei bei sachgerechter Beurteilung nicht geeignet, Zweifel an seiner Vaterschaft zu wecken ; er genüge daher nicht den Anforderungen an die Schlüssigkeit einer Va- terschaftsanfechtungsklage. Gleiches gelte für das von ihm vorgelegte DNA-Vaterschaftsgutachten vom 29. Juli 2002, auch wenn er danach als biologischer Vater auszuschließen sei. Dieses Gutachten sei nämlich vor Gericht nicht verwertbar, weil es ohne Kenntnis und Zustimmung des Beklagten und damit unter Verstoß gegen dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingeholt worden sei.
4
Auf die Berufung des Klägers holte das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2005, 1491 f. veröffentlicht ist, ein Blutgruppengutachten eines öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen für Blutgruppengutachten ein. Dieses gelangte zu dem Ergebnis, die Vaterschaft des Klägers sei offenbar unmöglich. Das Berufungsgericht gab sodann der Klage statt.
5
Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.
7
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die am 25. August 2003 rechtshängig gewordene Klage die zweijährige Anfechtungsfrist des § 1600 b Abs. 1 BGB gewahrt. Der Beklagte sei für seine Behauptung beweisfällig geblieben, "schon bald nach seiner Geburt" (25. Januar 1995) habe seine im Vergleich zu seinen beiden (1996 und 1999 geborenen) Schwestern deutlich dunklere Hautfarbe den Kläger veranlasst, mehr als nur vage Zweifel an der zuvor anerkannten Vaterschaft zu äußern. Zudem habe die Mutter des Beklag- ten anfängliche Zweifel des Klägers durch ihren Hinweis zu zerstreuen versucht , es handele sich um ein in ihrer (dem Kläger nicht bekannten) Familie auch sonst vorkommendes Merkmal, und damit eine Erklärung geliefert, die dem als Arzt mit den Vererbungsgesetzen vertrauten Kläger habe einleuchten dürfen. Somit sei die Anfechtungsfrist nicht vor Kenntnis des Klägers vom Ergebnis des 2002 eingeholten privaten Abstammungsgutachtens in Lauf gesetzt worden.
8
Das wird von der Revision nicht angegriffen und ist auch sonst revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
9
2. Allerdings rügt die Revision zu Recht, das Berufungsgericht hätte die Klage - anders als das Amtsgericht - nicht schon aufgrund des vom Kläger vorgelegten privaten Abstammungsgutachtens als schlüssig ansehen und deshalb auch nicht allein daraufhin Beweis erheben dürfen.
10
Wie der Senat - nach Verkündung des hier angefochtenen Urteils - entschieden hat, kann nämlich ein heimlich eingeholtes DNA-Gutachten vor Gericht nicht verwertet werden. Es ist daher auch als Parteivortrag ungeeignet, die Schlüssigkeit einer Vaterschaftsanfechtungsklage herbeizuführen (Senatsurteile vom 12. Januar 2005 BGHZ 162, 1 = FamRZ 2005, 340 ff. und - XII ZR 60/03 - FamRZ 2005, 342 ff.). Daran hält der Senat uneingeschränkt fest.
11
Um ein solches "heimlich" eingeholtes DNA-Gutachten handelt es sich hier, da es an der erforderlichen Einwilligung des Kindes in die Untersuchung seiner DNA fehlte. Der Kläger konnte als nur gemeinsam mit der Mutter zur Vertretung des Kindes Berechtigter (§§ 1626 a Abs. 1 Nr. 2, 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB) diese Einwilligung nicht anstelle des Kindes erteilen.
12
3. Der Senat hat in diesen Entscheidungen zu erkennen gegeben, dass die bisherigen hohen Anforderungen der Rechtsprechung an die Umstände, mit denen ein Anfangsverdacht im Vaterschaftsanfechtungsverfahren zu begründen ist, zu überdenken sein werden (vgl. Senatsurteile vom 12. Januar 2005 aaO jeweils unter 2). Ob die vom Kläger hier vorgebrachten Verdachtsmomente (dunklere Hautfarbe, fehlende Ähnlichkeit) einen ausreichenden Anfangsverdacht zu begründen vermochten, kann hier jedoch dahinstehen.
13
Denn es kommt nicht darauf an, ob das Berufungsgericht die Klage bereits wegen des vorgelegten Privatgutachtens für schlüssig gehalten hat, wovon angesichts der Begründung der Revisionszulassung auszugehen sein dürfte. Auch wenn das Berufungsgericht den weiteren Vortrag des Klägers in Verbindung mit dem in der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2003 überreichten Lichtbild des Beklagten und seiner Schwestern als schlüssig angesehen und deswegen Beweis erhoben hat, wie die Revisionserwiderung dem vor Einholung des gerichtlichen Gutachtens erteilten Hinweis des Vorsitzenden vom 4. März 2004 entnimmt, ergäbe sich nichts anderes. Ferner bedarf es keiner Entscheidung, in welchem Umfang eine solche Beurteilung der revisionsrechtlichen Prüfung unterliegt. Denn auch dann, wenn das Berufungsgericht mangels Schlüssigkeit der Klage die Einholung eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen für Blutgruppengutachten nicht hätte anordnen dürfen, führt dieser Verfahrensfehler nicht zur Aufhebung des auf dieses Gutachten gestützten Urteils.
14
Es ist davon auszugehen, dass der Kläger sich das für ihn günstige und seinen Vortrag bestätigende Ergebnis des gerichtlichen Gutachtens stillschweigend zu eigen gemacht hat, und zwar zugleich mit der Verlesung seines Berufungsantrages in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2004. Spätestens damit erwies sich seine Klage, mag sie zuvor auch unschlüssig gewesen sein, nunmehr als schlüssig (vgl. Erman/Holzhauer BGB 11. Aufl. § 1600 b Rdn. 4) und auch als begründet. Denn auch die Revision zieht die Richtigkeit dieses Gutachtens nicht in Zweifel.
15
Dies gilt hier auch dann, wenn der Auffassung des OLG Celle (FamRZ 2006, 54, 55 a.E.) zu folgen wäre, nicht schon die Zustellung einer unschlüssigen Vaterschaftsanfechtungsklage wahre die Frist des § 1600 b Abs. 1 BGB, sondern erst die Erklärung des Klägers in diesem Verfahren, sich auf das Ergebnis eines vom Gericht gleichwohl eingeholten Gutachtens zu berufen. Denn auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2004 war die zweijährige Anfechtungsfrist selbst dann noch nicht abgelaufen, wenn sie mit Kenntnis des Klägers vom Ergebnis des Privatgutachtens vom 29. Juli 2002 zu laufen begonnen hätte, wie das Berufungsgericht meint.
16
Im Übrigen vermag der Senat dieser Auffassung des Berufungsgerichts ohnehin nicht zu folgen. Die Ausschlussfrist des § 1600 b Abs. 1 BGB soll den Anfechtungsberechtigten, der von Umständen erfährt, die gegen seine Vaterschaft sprechen, im Interesse der Rechtssicherheit in den Familienbeziehungen und im Interesse des Kindes zwingen, innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden, ob er von der Möglichkeit, Anfechtungsklage zu erheben, Gebrauch machen will oder nicht (vgl. auch EuGHMR FamRZ 2006, 181 Rz. 39). Verwehrt ihm die Rechtsprechung des Senats aber, eine solche Klage auf eine heimlich eingeholte DNA-Analyse zu stützen, kann auch die Kenntnis von deren Ergebnis die Frist des § 1600 b Abs. 1 BGB nicht auslösen. Denn nach dieser Vorschrift beginnt die Frist erst mit der Kenntnis von Umständen zu laufen, auf die die Klage zulässigerweise und mit Aussicht auf Erfolg gestützt werden kann.
17
4. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, auch das gerichtliche Gutachten unterliege als ein in prozessordnungswidriger Weise gewonnenes Be- weisergebnis einem Verwertungsverbot: Da seine Einholung auf einem Verstoß gegen das Verbot der Berücksichtigung des "heimlich" eingeholten DNA-Gutachtens beruhe, setze sich das Verwertungsverbot, dem dieses Privatgutachten unterliege, an dem vom Gericht eingeholten Gutachten fort.
18
Damit postuliert die Revision eine "Fernwirkung", die vor allem im Strafprozessrecht (vgl. BGHSt 35, 32 ff.) auch als "fruit-of-the poisonous-tree"Doktrin (vgl. Justice Frankfurter in Nardone v. United States, U.S. Supreme Court 308 U.S. 338 [1939]) nach wie vor kontrovers diskutiert wird. Sie betrifft die Frage, ob ein an sich zulässiges Beweismittel dann einem Verwertungsverbot unterliegt, wenn es ohne eine zuvor in rechtswidriger Weise gewonnene Information nicht hätte erlangt werden können.
19
Ob und in welchem Umfang die hierzu für den strafrechtlichen Bereich vorgeschlagenen Lösungsansätze auch auf den Zivilprozess zu übertragen sind, kann und braucht im Rahmen der vorliegenden Entscheidung nicht generell geklärt zu werden. Jedenfalls ist die in der Zivilprozessordnung nicht geregelte Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweise und Beweismittel im Zivilprozess in Rechtsprechung und Literatur noch nicht dogmatisch befriedigend geklärt und erscheint nach wie vor eher konturenlos (vgl. Kiethe MDR 2005, 965). Auch der Senat kann daher nicht umhin, sich auf eine einzelfallbezogene Lösung zu beschränken.
20
a) Bei dem hier vom Berufungsgericht von Amts wegen eingeholten Abstammungsgutachten handelt es sich nicht um ein Beweismittel, das sich die vom Beweisergebnis begünstigte Partei auf rechtswidrige oder gar strafbare Weise selbst verschafft hat. Die Lehre, die der Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel mit dem Arglisteinwand der gegnerischen Partei begegnen will (vgl. Peters ZZP 76, 145, 150 f. m.N.; Kaissis, Die Verwertbarkeit materiell- rechtswidrig erlangter Beweismittel im Zivilprozess, Diss. Heidelberg 1978 S. 46 ff.), bietet deshalb hier keinen geeigneten Lösungsansatz. Denn der Kläger handelt nicht arglistig, wenn er sich ein Beweisergebnis zu eigen macht, das er der Amtsermittlung des Gerichts verdankt, gleichgültig, ob diese prozessordnungswidrig war oder nicht.
21
b) Daran schließt sich die weitere Frage an, wie sich ein solches prozessordnungswidrig vom Gericht gewonnenes Beweisergebnis auswirkt.
22
aa) Ein Beweisergebnis ist im Zivilprozess nicht schon deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil es unter Verstoß gegen Vorschriften des Verfahrensrechts gewonnen wurde (vgl. Senatsurteil vom 2. November 1988 - IVb ZR 109/89 - FamRZ 1989, 373 zu § 294 Abs. 2 ZPO a.F.). Denn nicht aus jedem Beweisgewinnungsverbot folgt auch ein Beweisverwertungsverbot (vgl. Fahl JuS 1996, 1013, 1014). Dem entspricht, dass das Rechtsmittelgericht den Tatsachenvortrag einer Partei auch dann zu berücksichtigen hat, wenn die Vorinstanz ihn nach § 296 Abs. 1 ZPO als verspätet hätte zurückweisen müssen (vgl. BVerfG NJW 1985, 1150). Soweit es sich hierbei um Vorschriften handelt, die der Verfahrensbeschleunigung dienen, leuchtet dies unmittelbar ein, weil der einmal verfehlte Regelungszweck auch durch Nichtberücksichtigung eines solchen Vortrags nicht mehr erreicht werden könnte (vgl. Roth JZ 2005, 174, 176).
23
Es kommt auch sonst immer wieder vor, dass ein Instanzgericht rechtsirrig von der Schlüssigkeit eines Parteivortrages ausgeht und deshalb Beweise erhebt, deren Ergebnis sich die darlegungspflichtige Partei zu eigen und damit ihren Vortrag erst schlüssig macht. Ein typischer Unterfall ist der Ausforschungsbeweis. Auch in diesem Fall handelt es sich um ein prozessordnungswidrig gewonnenes Beweisergebnis. Soweit ersichtlich, bestehen in der eher spärlichen Rechtsprechung und Literatur hierzu aber allein deswegen keine Bedenken gegen die Verwertung dieses Ergebnisses (vgl. Peters aaO S. 157 m.N.; OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 1727 f.).
24
bb) Etwas anderes mag gelten, wenn der Verstoß gegen verfahrensrechtliche Vorschriften (etwa gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit und Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme) geeignet ist, die Güte des Beweisergebnisses zu beeinträchtigen (vgl. Peters aaO S. 158 m.N.). Ein derartiger Verstoß liegt hier aber nicht vor. Der gerügte Verfahrensfehler betrifft allein die Anordnung der Beweisaufnahme, nicht aber die Art und Weise ihrer Durchführung.
25
cc) Aus dem Gebot der Berücksichtigung des gesamten Inhalts einer durchgeführten Beweisaufnahme (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) folgt, dass mangels anderweitiger gesetzlicher Regelung ein Verbot der Verwertung eines vom Gericht erhobenen Beweises nur in Betracht kommt, wenn die Beweiserhebung ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht einer Partei verletzt, ohne dass dies zur Gewährleistung eines im Rahmen der Güterabwägung als höherwertig einzuschätzenden Interesses der anderen Partei oder eines anderen Rechtsträgers nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt erscheint (vgl. OLG Celle aaO).
26
c) Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben.
27
aa) Zwar darf das vom Kläger vorgelegte Privatgutachten nicht verwertet werden, weil es sich um ein Beweismittel handelt, das der Kläger sich widerrechtlich , nämlich unter Verstoß gegen das Grundrecht des Beklagten auf informationelle Selbstbestimmung, verschafft hat (vgl. Senatsurteile vom 12. Januar 2005 aaO).
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bb) Hingegen verstößt die Verwertung des vom Gericht in einem rechtsförmigen Verfahren eingeholten Gutachtens weder gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Beklagten, noch verstieß die vom Gericht angeordnete Blutentnahme gegen dessen Grundrecht auf körperliche Integrität (Art. 2 GG). § 372 a ZPO sieht insoweit für den Fall einer nach § 355 Abs. 2 ZPO grundsätzlich unanfechtbaren Beweisanordnung die Pflicht vor, eine Blutentnahme und deren Untersuchung auch gegen den eigenen Willen zu dulden. Diese Verpflichtung wäre im übrigen sinnlos, wenn das auf diese Weise gewonnene Beweisergebnis anschließend nicht verwertbar wäre.
29
Zwar setzt auch § 372 a ZPO voraus, dass die Feststellung der Abstammung entscheidungserheblich und beweisbedürftig ist (vgl. Zöller/Greger ZPO 25. Aufl. § 372 a Rdn. 3), was im Falle der Unschlüssigkeit einer Vaterschaftsanfechtungsklage nicht der Fall ist. Um in einem solchen Fall einen nicht gerechtfertigten Eingriff in Grundrechte abwehren zu können, steht der Testperson aber ein Weigerungsrecht analog §§ 386 - 389 ZPO zu, das entgegen § 355 Abs. 2 ZPO auch mit dem Fehlen der Erforderlichkeit der Abstammungsfeststellung begründet und im Rahmen eines Zwischenstreits nach § 387 ZPO geltend gemacht werden kann, über den durch Zwischenurteil zu entscheiden ist (vgl. Zöller/Greger aaO § 372 a Rdn. 13). Gegen ein solches Zwischenurteil hätte das Berufungsgericht hier die Revision aus den gleichen Gründen zulassen müssen, aus denen es die Revision gegen das hier angefochtene Endurteil zugelassen hat.
30
Von diesem Weigerungsrecht des seinerzeit 9 Jahre alten und deshalb der erforderlichen Verstandesreife für eine eigene Entscheidung ermangelnden Beklagten hat der für ihn nach § 1909 Abs. 1 BGB bestellte Ergänzungspfleger, der hierzu berufen gewesen wäre (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 563, 564), keinen Gebrauch gemacht. Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten haben der Einholung eines Abstammungsgutachtens mit Schriftsatz vom 29. März 2004 zudem lediglich mit der Begründung widersprochen, sie sei aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zumutbar, weil die Anfechtungsfrist bereits abgelaufen sei. Gegen den die Begutachtung anordnenden Beweisbeschluss vom 1. April 2004 haben sie keine Gegenvorstellungen mehr erhoben.
31
cc) Es kann dahinstehen, ob deshalb bereits davon ausgegangen werden kann, der Beklagte habe sich, in seiner Willensbildung durch den Ergänzungspfleger vertreten, der Begutachtung freiwillig unterzogen oder den damit verbundenen Eingriff in seine Grundrechte gebilligt. Der Umstand, dass er der Beweisanordnung unter Hinweis auf die seiner Ansicht nach abgelaufene Anfechtungsfrist widersprochen hatte, steht dem jedenfalls nicht zwingend entgegen , da ihm dieser Einwand auch nach Einholung des Abstammungsgutachtens erhalten blieb.
32
Jedenfalls wiegt ein etwa gleichwohl anzunehmender, allein auf der vom Revisionsgericht später nicht gebilligten Auffassung des Oberlandesgerichts in einer höchst umstrittenen Rechtsfrage beruhender erneuter Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und die körperliche Integrität einer Partei dann nicht so schwer, dass er im Statusverfahren zur Unverwertbarkeit des eingeholten Abstammungsgutachtens führen müsste. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Verfahren - wie hier - dem Grundrechtsträger Verfahrensgarantien einräumt, die es ihm ermöglichen, sich gegen eine prozessordnungswidrig angeordnete Blutgruppenuntersuchung zur Wehr zu setzen. In diesem Fall ist nämlich nicht nur das dem Interesse des Kindes entgegenstehende, aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitende Recht des Klägers auf Kenntnis seiner Vaterschaft oder Nichtvaterschaft (vgl. BVerfG FamRZ 816, 820 unter C I 3 c) in die Güterabwägung einzubeziehen, sondern auch dessen Recht, die ihm vom Gericht in einem rechtsförmigen Verfahren bereits verschaffte Kenntnis im Vaterschaftsanfechtungsverfahren zu verwerten.
33
Anders als bei der Güterabwägung, die der Senat in seinen Urteilen vom 12. Januar 2005 (aaO S. 342 und 344) im Hinblick auf die Verwertung eines heimlich eingeholten DNA-Gutachtens vorgenommen hatte, brauchen diese Rechte des Klägers hier nicht hinter den Grundrechten des Beklagten zurückzustehen. Denn für den Beklagten ist es eher zumutbar, die statusrechtliche Folge einer vor Gericht durch ein nach den einschlägigen Richtlinien erstattetes Abstammungsgutachten zweifelsfrei nachgewiesenen und von ihm selbst nicht mehr bestrittenen Nichtvaterschaft des Klägers hinzunehmen, als für den Kläger , an einer nach diesem Beweisergebnis nicht bestehenden Vaterschaft einschließlich der sich daraus ergebenden Unterhaltspflicht festgehalten zu werden.
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Vorinstanzen:
AG Grimma, Entscheidung vom 18.12.2003 - 2 F 443/03 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 30.09.2004 - 21 UF 70/04 -

(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf die Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. An Stelle der zuerst ernannten Sachverständigen kann es andere ernennen.

(2) Vor der Ernennung können die Parteien zur Person des Sachverständigen gehört werden.

(3) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern.

(4) Das Gericht kann die Parteien auffordern, Personen zu bezeichnen, die geeignet sind, als Sachverständige vernommen zu werden.

(5) Einigen sich die Parteien über bestimmte Personen als Sachverständige, so hat das Gericht dieser Einigung Folge zu geben; das Gericht kann jedoch die Wahl der Parteien auf eine bestimmte Anzahl beschränken.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.