Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 20. Nov. 2014 - 4 U 1/14

bei uns veröffentlicht am20.11.2014

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel – das Urteil des Landgerichts Halle vom 26. November 2013, Az.: 5 O 1147/11, wegen des in Absatz 2 der Entscheidungsformel dem Kläger für die Zeit vom 23.05. bis zum 30.06.2011 in Höhe von 7.800 € nebst Zinsen zuerkannten Zahlungsantrags und wegen der in Absatz 3 ausgesprochenen Abweisung der Klage im Übrigen betreffend das für die Zeit vom 01.07.2011 bis zum 29.02.2012 verlangte Krankentagegeld nebst dem zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben.

2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung an das Landgericht Halle zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, zurückverwiesen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

u n d b e s c h l o s s e n :

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 56.000,-- € festgesetzt, wovon 48.800,-- € auf die Berufung und 7.200,-- € auf die Anschlussberufung entfallen.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt oder begehrte die Feststellung dessen, dass seine bei der Beklagten ab dem 1. Juli 2006 bestehende Krankentagegeldversicherung nicht wegen Berufsunfähigkeit beendet worden sei, sondern, was mittlerweile außer Streit steht, fortbestehe, und macht zugleich noch die Zahlung von Krankentagegeld für die streitige Zeit vom 23. Mai 2011 bis zum 29. Februar 2012 wegen Arbeitsunfähigkeit in Höhe von 48.400,-- € geltend, nachdem die Beklagte für die Zeit von Anfang September 2009 bis zum 22. Mai 2011 das vereinbarte Krankengeld gezahlt hatte.

2

Der am 20. Dezember 1963 geborene, als selbständiger Architekt tätige und seit dem 1. März 2012 wieder voll arbeitende Kläger schloss bei der Beklagten im Jahr 2006 eine Krankentagegeldversicherung, die ausweislich des Versicherungsscheins vom 18. Dezember 2006 (Bl. 46 Bd. I d. A.) für den Fall der Arbeitsunfähigkeit ein kalendertägliches Krankentagegeld von 200 € vorsieht. Die vertraglich geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung enthalten als Teil I die MB/KT 2009 (Bl. 48 - 53 Bd. I d. A.), worin sich namentlich folgende Regelungen finden:

3

§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes

I

4

1 Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Er zahlt im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in vertraglichem Umfang.

5

2 Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen. Eine während der Behandlung neu eingetretene und behandelte Krankheit oder Unfallfolge, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, begründet nur dann einen neuen Versicherungsfall, wenn sie mit der ersten Krankheit oder Unfallfolge in keinem ursächlichen Zusammenhang steht. Wird Arbeitsunfähigkeit gleichzeitig durch mehrere Krankheiten oder Unfallfolgen hervorgerufen, so wird das Krankentagegeld nur einmal gezahlt.

6

3 Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

7

4 …

8

§ 9 Obliegenheiten

I

9

1 …

10

4 Die versicherte Person hat für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu sorgen; sie hat insbesondere die Weisungen des Arztes gewissenhaft zu befolgen und alle Handlungen zu unterlassen, die der Genesung hinderlich sind.

11

§ 10 Folgen von Obliegenheitsverletzungen

I

12

1 Der Versicherer ist mit den in § 28 Abs. 2 bis 4 VVG (siehe Anhang) vorgeschriebenen Einschränkungen ganz oder teilweise von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn eine der in § 9 Abs. 1 bis 6 genannten Obliegenheiten verletzt wird.

13

§ 15 Sonstige Beendigungsgründe

I

14

1 Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Personen

15

a) …

16

b) mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufungsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist.

17

c) …

18

In der Zeit von September 2009 bis Ende Februar 2012 war der Kläger vornehmlich wegen einer Depressionserkrankung arbeitsunfähig krank geschrieben, wobei er sich zunächst in hausärztlicher und später in fachärztlicher Behandlung befand. Seit März 2012 ist er wieder in seinem alten Beruf tätig.

19

Die Beklagte, die zunächst während der Zeit der Krankschreibung das vereinbarte Krankentagegeld beanstandungslos an den Kläger zahlte, ließ mit Schreiben vom 30. März 2011 (Bl. 41, 42 Anlagenband) verlauten, dass der Kläger nur noch bis zum 22. Mai 2011 Krankentagegeld erhalten werde, da er auf der Grundlage eines zuvor eingeholten Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. vom 7. März 2011 (Bl. 12 - 40 Anlagenband) auf absehbare Zeit zu mehr als 50 % erwerbsunfähig sei und damit nach den MB/KT 2009 als berufsunfähig zu gelten habe.

20

Der Kläger hat unter Verweis auf eine Bescheinigung seiner behandelnden Ärztin, der Diplom-Medizinerin P., vom 17. Mai 2011 (Bl. 58 Bd. I d. A) behauptet, bei ihm habe keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit, sondern lediglich eine vorübergehende Erkrankung vorgelegen, weshalb, anders als die Beklagte meine, die Krankentagegeldversicherung nicht erloschen sein könne und ihm folglich für die gesamte Zeit seiner Krankschreibung ein Leistungsanspruch in Höhe des vereinbarten Krankentagegeldes zustehe.

21

Der Kläger hat zunächst für die Zeit vom 23. Mai 2011 bis zum 31. Juli 2011 Zahlung in Höhe von 14.000,-- € (70 Tage x 200 €) und mit Schriftsatz vom 11. März 2013 (Bl. 7 - 9 Bd. II d. A.), die Klage erweiternd, für den Zeitraum vom 1. August 2011 bis zum 29. Februar 2012 weitere 42.200,-- € (211 Tage x 200 €) geltend gemacht.

22

Der Kläger hat beantragt,

23

festzustellen, dass der private Krankenversicherungsvertrag mit der Versicherungs-Nr. ... vom 01.11.2006 nicht aufgrund seiner Berufsunfähigkeit am 22.02.2011 zum 22.05.2011 geendet habe und vielmehr fortbestehe,

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sowie die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.000,-- € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p. a. hieraus seit Rechtshängigkeit der Klage sowie 42.200,-- € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p. a. hieraus seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu zahlen.

25

Die Beklagte hat beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Die Beklagte hat unter Verweis auf das von ihr vorprozessual eingeholte Gutachten des Dr. Sch. zunächst vorgetragen, die Krankentagegeldversicherung sei auf Grund einer spätestens seit 22. Februar 2011 vorliegenden Berufsunfähigkeit des Klägers nach Maßgabe von § 15 Abs. 1 Buchstabe b)MB/KT 2009 zum 22. Mai 2011 beendet worden, weshalb auch kein weitergehender Leistungsanspruch des Klägers mehr bestehen könne. Mit Blick auf ein gerichtlicherseits im laufenden Verfahren vom Landgericht eingeholtes Sachverständigengutachten des Privat-Dozenten Dr. med. F. N. vom 10. Januar 2013 (Beiakte) hat sie hieran jedoch nicht mehr festgehalten und nunmehr behauptet, der Kläger sei nicht berufsunfähig, sondern vielmehr arbeitsunfähig gewesen, weshalb unter diesem Gesichtspunkt nach § 1 Abs. 3MB/KT 2009 ein Leistungsanspruch ausscheide.

28

Das Landgericht Halle hat auf der Grundlage zweier Beschlüsse vom 14. August (Bl. 166 - 169 Bd. I d. A.) und vom 14. November 2012 (Bl. 180 Bd. I d. A.) Beweis durch Einholung eines medizinischen Gutachtens des Privat-Dozenten Dr. med. F. N. vom 10. Januar 2013 (Beiakte) erhoben und zudem den Sachverständigen im mündlichen Termin vom 23. September 2013 (Bl. 46 - 49 Bd. II d. A.) ergänzend angehört.

29

Mit Urteil vom 26. November 2013 (Bl. 69 - 76 Bd. II d. A.) hat es antragsgemäß festgestellt, dass der Krankenversicherungsvertrag nicht aufgrund Berufsunfähigkeit beendet worden sei, sondern weiterhin fortbestehe, sowie darüber hinaus die Beklagte für die Zeit vom 23. Mai 2011 bis zum 30. Juni 2011 zur Zahlung eines Krankentagegeldes an den Kläger in Höhe von 7.800,-- € nebst Zinsen verurteilt (Absatz 2 der Entscheidungsformel) und die Klage im Übrigen, betreffend das noch anschließend bis zum 29. Februar 2012 verlangte Krankengeld, abgewiesen (Absatz 3 der Entscheidungsformel).

30

Zur Begründung hat es angeführt, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. der Eintritt einer Berufsunfähigkeit zu dem von der Beklagten behaupteten Zeitpunkt am 22. Februar 2011 sich nicht habe feststellen lassen. Demgegenüber sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine vom Kläger zu beweisende Arbeitsunfähigkeit nur für die Zeit bis zum 30. Juni 2011 anzunehmen, weshalb ein weitergehender Krankentagegeldanspruch für die anschließende Zeit ausscheide. Sichere Feststellungen dazu, dass der Kläger auch noch nach dem 30. Juni 2011 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, ließen sich nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. nicht treffen. Dem in diesem Zusammenhang vom Kläger gestellten Antrag auf Vernehmung seiner behandelnden Ärztin der Dipl.-Med. P. sei hingegen nicht nachzugehen gewesen, da es sich hierbei um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt habe.

31

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren, was die vollständige Zahlung des geltend gemachten Krankentagegeldes anbelangt, unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens weiterverfolgt, wobei er vor allem die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Frage einer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit als unzureichend und fehlerhaft beanstandet, da das Landgericht die Ausführungen des Sachverständigen missverstanden bzw. diese nur selektiv verarbeitet und insbesondere nicht berücksichtigt habe, dass der Sachverständige Dr. N. ausdrücklich keine Zweifel an der Richtigkeit und Korrektheit der Krankheitsdiagnose der behandelnden Ärztin erhoben habe. Darüber hinaus sei aber auch die Zurückweisung seines Beweisantrags als verfahrensfehlerhaft zu rügen, da es sich hierbei keineswegs, wie das Landgericht meine, um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt habe.

32

Der Kläger hat im zweitinstanzlichen Verhandlungstermin am 17. Juli 2014 seine Klage erweitert und seinen bis dato für die Zeit vom 1. August 2011 bis zum 29. Februar 2012 geltend gemachten Zahlungsantrag dahingehend korrigiert, dass er nunmehr für 213 statt zuvor 211 Kalendertage Krankentagegeld beansprucht, das heißt einen um 400 € erhöhten Betrag von insgesamt 42.600,-- € nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung.

33

Der Kläger beantragt,

34

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.200,-- € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p. a. hieraus seit Rechtshängigkeit der Klage sowie 42.600,-- € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p. a. hieraus seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu zahlen,

35

h i l f s w e i s e, das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Halle zurückzuverweisen.

36

Die Beklagte beantragt,

37

die Berufung zurückzuweisen, und

38

im Wege der A n s c h l u s s b e r u f u n g,

39

das Urteil des Landgerichts wegen des teilweise zugesprochenen Zahlungsantrags abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen.

40

Der Kläger beantragt,

41

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

42

Die Beklagte wendet sich nicht mehr gegen die Feststellung des Landgerichts, dass der gegenständliche Krankenversicherungsvertrag mangels festgestellter Berufsunfähigkeit weiter fortbestehe, beanstandet aber, dass nicht der gesamte, sondern nur ein Teil des geltend gemachten Zahlungsantrags als unbegründet angesehen worden sei, da es dem Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der unbestimmten und vagen Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. nicht gelungen sei, eine über den 22. Mai 2011 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit, sei es auch nur zeitweise, nachzuweisen. Ungeachtet dessen habe es der Kläger zudem verabsäumt, seine konkrete berufliche Tätigkeit ausreichend darzutun, weshalb allein deshalb nicht auf eine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit bis zum 30. Juni 2011, wie vom Landgericht angenommen, geschweige denn darüber hinaus geschlossen werden könne.

II.

43

Beide Rechtsmittel, d. h. sowohl die Berufung des Klägers (1) als auch die Anschlussberufung der Beklagten (2), erweisen sich nach den §§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 517, 519, 520 ZPO bzw. nach § 524 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie Abs. 3 ZPO als gleichermaßen zulässig und haben in der Sache insoweit Erfolg, als auf den Hilfsantrag des Klägers die Sache gemäߧ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nebst zugrunde liegendem Verfahren, was das insgesamt streitgegenständliche Krankentagegeld für die Zeit vom 23. Mai 2011 bis zum 29. Februar 2012 anbelangt, an das Landgericht Halle zurückzuverweisen war.

44

Trotz der nur auf eine Erhöhung des vom Landgericht teilweise zuerkannten Zahlungsantrags abzielenden Berufung des Klägers war das Urteil hinsichtlich einer Entscheidung über das Krankentagegeld im Ganzen, d. h. sowohl wegen der in dem angefochtenen Urteil dem Kläger zugesprochenen 7.200,-- € nebst Zinsen als auch wegen der Abweisung der Klage im Übrigen nebst dem zugrundeliegenden Verfahren aufzuheben, weil nicht nur der Kläger, sondern auch die Beklagte das Urteil in zulässiger Weise mit der Anschlussberufung wegen des dort teilweise zuerkannten Zahlungsantrags angefochten hat und damit das erstinstanzliche Urteil insgesamt nach Maßgabe des § 528 Satz 1 und 2 ZPO wegen des dort teils zuerkannten, teils aberkannten Krankentagegelds gleichermaßen der Prüfung und Abänderung des Berufungsgerichts unterlag.

45

Die vom Landgericht ausgesprochene Feststellung der fortbestehenden Krankentagegeldversicherung ist seitens der Beklagten, wie im mündlichen Termin vom 17. Juli 2014 ausdrücklich klargestellt, hingegen nicht mit der Anschlussberufung angefochten worden, weshalb das Urteil insoweit in Rechtskraft erwachsen ist und es hierzu keiner Entscheidung des Senats mehr bedarf.

46

1. Das Landgericht hat das rechtliche Gehör des Klägers in entscheidungserheblicher Weise verletzt, worin ein wesentlicher Verfahrensfehler im Sinne des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO liegt, aufgrund dessen eine umfängliche bzw. aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist, weshalb eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz dem Senat gleichermaßen zweckdienlich wie geboten erscheint.

47

Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das erkennende Gericht namentlich dazu, entscheidungserheblichen Sachvortrag und Beweisangebote der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und diese bei der Urteilsfindung zu berücksichtigen (BVerfG, NJW 2000, 131; BGH, ZIP 2007, 1524; BGH, Urteil vom 22. Juni 2009, Az.: II ZR 143/08, zitiert nach juris, Rdnr. 2; OLG München, Urteil vom 18. Dezember 2008, Az.: 19 U 5582/07, zitiert nach juris, Rdnr. 11; OLG Rostock, Urteil vom 16. April 2008, Az.: 1 U 42/08, zitiert nach juris, Rdnr. 28, 29).

48

Gegen diese Grundsätze hat das Landgericht verstoßen, indem es verfahrensfehlerhaft dem Antrag des Klägers, seine behandelnde Ärztin, die Diplom-Medizinerin P., als Zeugin zum Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum zu vernehmen, nicht nachgegangen ist und den Beweisantrag mit haltloser Begründung als unzulässigen Ausforschungsbeweis unberücksichtigt gelassen hat, was bei Meidung einer ebenso umfangreichen wie aufwendigen Beweisaufnahme in zweiter Instanz eine Aufhebung des angefochtenen Urteils nebst Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO unumgänglich erscheinen lässt.

49

Keinen Bedenken begegnet indessen der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, dass der Kläger als Versicherungsnehmer für die ihm günstige, einen Leistungsanspruch begründende Arbeitsunfähigkeit darlegungs- und beweisbelastet ist, wobei der Versicherer richtigerweise nicht an die Bewertung des jeweils behandelnden Arztes gebunden ist und folglich eine Krankschreibung für sich allein betrachtet noch nicht für die Annahme einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit ausreichen kann. Für den nach § 1 Abs. 3MB/KT 2009 maßgeblichen medizinischen Befund ist vielmehr allein auf eine objektive, zum damaligen Zeitpunkt vertretbare ärztliche Einschätzung abzustellen.

50

Andererseits gilt es zu bedenken, dass eine nachträgliche, geraume Zeit nach der Erkrankung liegende Überprüfung nicht mehr an den damaligen Erkrankungszustand direkt anknüpfen kann und mithin für einen erst später mit der Beurteilung befassten Sachverständigen regelmäßig mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sein wird. Dies gilt, wie der Sachverständige Dr. N. ausdrücklich betont hat, mit Blick auf eine bedingungsgemäß erforderliche vollständige Arbeitsunfähigkeit für die Einschätzung des Schweregrads der hier dem Grunde nach unstreitigen Depressionserkrankung des zwischenzeitlich gesundeten Klägers in besonderer Weise, da in einem derartigen Fall, im Gegensatz zu vielen anderen Erkrankungen, gerade auf keine bildgebenden oder sonst irgendwie objektiv manifestierten Befunde zurückgegriffen werden kann.

51

Vor diesem Hintergrund hätte sich auch dem Landgericht geradezu aufdrängen müssen, dass den damaligen Feststellungen der behandelnden Diplom-Medizinerin P. eine gewissermaßen grundlegend zentrale Bedeutung für die Beweiswürdigung zur Frage einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers zukommt, da die Angaben der ärztlichen Zeugin dem gerichtlichen Sachverständigen immerhin wichtige Anknüpfungstatsachen für sein Gutachten hätten vermitteln können, insbesondere dann, wenn eine Vernehmung der Ärztin in Anwesenheit des Sachverständigen erfolgt wäre, um diesem die Möglichkeit zu eröffnen, direkte Fragen an die Zeugin zu richten.

52

Mit der abwegig als unzulässigen Ausforschungsbeweis begründeten Zurückweisung des entsprechenden Beweisantrags hat das Landgericht das rechtliche Gehör des Klägers in schwerwiegender Weise verletzt.

53

Bereits nach dem eigenen Verständnis des Landgerichts handelte es sich bei der Frage der Arbeitsunfähigkeit des Klägers um einen für den Ausgang des Rechtsstreits zentralen Punkt, weshalb das Gericht zwingend zunächst einen Hinweis nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO hätte erteilen müssen, um dem Kläger auf diese Weise Gelegenheit zur Vertiefung seines Vortrages zu geben, bevor es überhaupt den Beweisantrag hätte zurückweisen dürfen. Dessen unbeschadet handelt es sich entgegen der Ansicht des Landgerichts bei dem Antrag auf Vernehmung der Diplom-Medizinerin P. als Zeugin aber auch keineswegs um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, das heißt um eine rein spekulative und deshalb prozessual unzulässige Behauptung des Klägers gleichsam ins Blaue hinein. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang verkannt, dass sich der Vortrag des Klägers mitnichten als substanzlos darstellte, sondern vielmehr mit den durchgängigen Krankschreibungen seiner Ärztin, denen zumindest ein gewisser Indizwert für das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit beizumessen ist, faktisch hinreichend untersetzt war.

54

Überdies hat das Landgericht außer Acht gelassen, dass der Kläger – einerseits bedingt durch fehlende eigene medizinische Sachkunde, andererseits aber auch womöglich infolge seiner Depressionserkrankung – gar nicht in der Lage gewesen sein dürfte, etwas Entscheidendes oder Erhellendes zu den Feststellungen der Ärztin über sein spezifisches Krankheitsbild beizutragen.

55

In Anbetracht der vorstehend erläuterten Verfahrensdefizite und des daraus weiterhin in erheblichem Maße resultierenden Aufklärungsbedarfs, was die Feststellung einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit des Klägers letztlich in dem gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum anbelangt, erachtet der Senat nach pflichtgemäßem Ermessen eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils nebst Zurückweisung der Sache an das Landgericht für die prozessual allein zweckgerechte und sachlich gebotene Maßnahme.

56

Die Frage einer Zurückverweisung ist auch im Termin am 17. Juli 2014 vor dem Senat ausführlich erörtert worden, ohne dass gegen ein derartiges, allgemein für sachdienlich erachtetes Procedere Bedenken vonseiten einer Partei geäußert worden wären. Angesichts der gleichermaßen umfangreich wie aufwendig zu erwartenden Fortsetzung der Beweisaufnahme entspricht es auch dem vorrangigen Interesse der Parteien, vor dem Landgericht als primär zuständiger Tatsacheninstanz neu vortragen und zweckdienlicherweise schon dort eine Klärung der nach wie vor grundlegend streitigen Fakten herbeiführen zu können.

57

2. Ebenso wenig wie mit Blick auf das Rechtsmittel des Klägers überzeugt auch von der Warte der Beklagten aus die mit der Anschlussberufung zu Recht beanstandete Beweiswürdigung des Landgerichts, mit der dem Kläger bereits ein Teil des Krankentagegeldes zuerkannt worden ist.

58

Denn letztlich bleibt auch für den Senat nicht nachvollziehbar, weshalb das Landgericht angesichts der im Ganzen sehr vage und unbestimmt gebliebenen Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. gerade für Ende Juni 2011 zu einer maßgeblichen Zäsur gelangt ist und bis zu diesem Zeitpunkt eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers meinte als erwiesen ansehen zu können.

59

Zu Recht rügt die Beklagte in diesem Zusammenhang auch, das Landgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass sich eine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit nach § 1 Abs. 3MB/KT 2009 auf die jeweils vom Versicherungsnehmer zuletzt beruflich ausgeübte Tätigkeit beziehen muss, weshalb es die konkrete Berufsgestaltung des jeweiligen Versicherungsnehmers, die gerade bei einer selbständigen Tätigkeit wie im vorliegenden Fall sehr unterschiedlich ausfallen kann, im Einzelfall genauestens zu klären gilt, zumal sie für den medizinischen und vielleicht auch noch speziell benötigten arbeitsmedizinischen Sachverständigen eine essentiell notwendige Anknüpfungsgrundlage für die Einschätzung einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit bedeutet. Hierzu befinden sich bisher lediglich in dem vorprozessualen Gutachten des Dr. Sch. gewisse, allerdings nicht ausreichende Angaben zu der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit (Bl. 24, 25 Anlagenband). Folglich hat auch der gerichtliche Sachverständige Dr. N. diesen Aspekt nur recht kurz angesprochen bzw. ansprechen können, indem er auf die durch eine Depressionserkrankung besonders eingeschränkte und für den selbständig tätigen Kläger notwendige Fähigkeit, auf seine Kunden aktiv zuzugehen, knapp eingegangen ist, allerdings – mangels vorheriger Aufklärung des konkreten Berufsbildes – in der Sache nur wenig überzeugend, weshalb der Kläger, nach notwendiger Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz, dort Gelegenheit haben wird und wird nehmen müssen, seinen bislang hierzu recht dürftigen und unzulänglichen Vortrag substanziell zu ergänzen.

60

Andererseits bedarf schließlich auch noch der Einwand der Beklagten der Aufklärung, der Kläger habe dadurch, dass er eine intensivere Behandlung seiner Depressionserkrankung im Rahmen einer stationären Therapie ablehnte, gegen die für ihn nach § 9 Abs. 4MB/KT 2009 bestehende Obliegenheit, die Weisung des Arztes gewissenhaft zu befolgen, mit der Folge verstoßen, dass ein möglicher Leistungsanspruch entsprechend § 10 Abs. 1MB/KT 2009 nach Maßgabe des § 28 Abs. 2 bis 4 VVG ausgeschlossen oder zumindest eingeschränkt worden sei.

61

So erscheint zumindest nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. nicht ganz fernliegend, dass aus medizinischer Sicht durchaus eine intensivere Behandlung des Klägers im Rahmen einer stationären Therapie in Betracht gekommen wäre, was offenbar auch die Diplom-Medizinerin P. als behandelnde Ärztin seinerzeit genauso sah, indes zu beherzigen der Kläger gleichwohl damals keine Bereitschaft zeigte. Ungeachtet der Frage der Kausalität einer solchen, zumindest denkbaren Obliegenheitsverletzung für einen fehlgeschlagenen bzw. verzögerten Heilungserfolg dürfte allerdings zunächst von der insoweit für das Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung beweisbelasteten Beklagten nachzuweisen sein, dass seitens der behandelnden Ärztin, der Dipl.-Med. P., tatsächlich eine eindeutige ärztliche Weisung, eine stationäre Therapie zu besuchen, an den Kläger ergangen ist und diesem zudem wegen der Missachtung einer solchen Weisung ein Verschulden anzulasten wäre, was wegen einer möglicherweise krankheitsbedingt eingeschränkten Einsicht in die Notwendigkeit einer solchen Therapie nebst einer hierzu eventuell auch krankheitsbedingt fehlenden Motivation indes zweifelhaft erscheinen könnte und auch noch nötigenfalls der prozessualen Aufklärung in erster Instanz bedarf.

III.

62

Über die Kosten der Berufungsinstanz wird mit der Hauptsache in erster Instanz zu befinden sein.

63

Obgleich es an einem unmittelbar vollstreckbaren Inhalt fehlt, war das Urteil, mit Blick auf die sich insoweit aus den §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO vollstreckungsrechtlich ergebenden Konsequenzen, gemäß § 708 Nr. 10 Satz 1 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären (s. dazu Heßler, in: Zöller, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 538 Rdnr. 59).

IV.

64

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, weil die von den Besonderheiten des Einzelfalls geprägte Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

V.

65

Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist entsprechend den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 2 und 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit den §§ 2, 6 Satz 1 ZPO festgesetzt worden.


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Der Prüfung und Entscheidung des Berufungsgerichts unterliegen nur die Berufungsanträge. Das Urteil des ersten Rechtszuges darf nur insoweit abgeändert werden, als eine Abänderung beantragt ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 6 Besitz; Sicherstellung; Pfandrecht


Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 20. Nov. 2014 - 4 U 1/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 20. Nov. 2014 - 4 U 1/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Rostock Urteil, 16. Apr. 2008 - 1 U 42/08

bei uns veröffentlicht am 16.04.2008

Tenor I. Das am 20.11.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Stralsund, Az.: 4 O 259/06, wird aufgehoben. Die Sache wird unter Aufhebung des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwie

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(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

Der Prüfung und Entscheidung des Berufungsgerichts unterliegen nur die Berufungsanträge. Das Urteil des ersten Rechtszuges darf nur insoweit abgeändert werden, als eine Abänderung beantragt ist.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

Tenor

I. Das am 20.11.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Stralsund, Az.: 4 O 259/06, wird aufgehoben.

Die Sache wird unter Aufhebung des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszugs zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens - einschließlich derjenigen der Zurückverweisung - werden niedergeschlagen.

III. Das Urteil ist vorläufig ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, eine Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn diese nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Streitwert des Berufungsverfahrens: 65.599,92 €.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt die Rückabwicklung des Kaufes über einen bei der Beklagten erworbenen Neuwagen des Modells "Pkw Audi A6 Limousine 3.0".

2

Wegen des Sachverhalts und den in erster Instanz gestellten Anträgen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, vgl. im Näheren Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 540 Rn. 2 m.w.N. a.d.Rspr.). Ergänzend (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) ist zu den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts auszuführen:

3

Die Beklagte hat erstinstanzlich neben der vom Vordergericht wiedergegebenen Verteidigung vor allem - und wiederholt - in Abrede gestellt, dass die vom Kläger behaupteten Sachmängel (auf die er sein Rücktrittsverlangen stützt) bei Übergabe des gekauften Fahrzeuges am 08.12.2003 vorhanden gewesen seien sowie vor und nach den Werkstattaufenthalten (zur Reparatur des Pkw's) bei der Autohaus ... GmbH gegeben waren bzw. verblieben wären. Außerdem hat sie, die Beklagte, die Auffassung vertreten, dass sich der Kläger auf die Beweislastumkehr nach § 476 BGB - und die dort geregelte Sechs-Monats-Frist - nicht zu berufen vermöge, da er den Pkw nicht als Verbraucher sondern für sein Geschäft als selbständiger Versicherungsmakler gekauft habe. Schließlich hat sie eingewandt, die im Gutachten der ... vom 24.05.2006 angeführten Sachmängel seien erst nach Ablauf der zweijährigen Gewährleistungsfrist festgestellt und angezeigt worden, weshalb der Kläger sie nicht für seine Rechtsposition anführen könne.

4

Im weiteren hat die Beklagte - ebenso wiederholend - auf Mängel, Widersprüchlichkeiten und Unzuträglichkeiten bei der prozessualen Antragstellung des Klägers hingewiesen.

5

Das Landgericht hat in seiner angegriffenen Entscheidung die Frage einer Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes dahinstehen lassen und stattdessen - für die Abweisung der Klage - darauf abgestellt, dass der Kläger der Beklagten - unstreitig - keine Frist zur Nacherfüllung (§§ 440, 437 Nr. 1 BGB) gesetzt habe. Von dieser Voraussetzung sei er nicht i.S. von § 440 Satz 1 und Satz 2 BGB befreit gewesen. Von einer Verweigerung der Mängelbeseitigung (§ 440 Satz 1 BGB) seitens der Beklagten könne vorliegend nicht ausgegangen werden, weil er dieser überhaupt keine Gelegenheit eingeräumt habe, die geltend gemachten Mängel zu beseitigen. Die Berufung des Klägers auf eine - mehr als zwei Mal - fehlgeschlagene Mängelbeseitigung (§ 440 Satz 2 BGB) in einer Drittwerkstatt, eine Maßnahme zu der dieser grundsätzlich nach Ziff. VII. 2.a) der Verkaufsbedingungen der Beklagten ermächtigt gewesen sei, scheitere daran, dass diese Ermächtigung des Käufers in Korrespondenz zu seiner Verpflichtung gegenüber dem Verkäufer gestanden habe, gem. Ziff. VII. 2.a) zweiter Halbsatz der Bedingungen, denjenigen über den Nachbesserungs- bzw. Reparaturversuch in der Drittwerkstatt informieren, bei dem er das Fahrzeug erworben habe, damit dieser in die Lage versetzt wird, Nachbesserungen entweder selbst durchzuführen oder Einfluss auf den Versuch der Mängelbeseitigungsarbeiten in der Werkstatt eines Dritten zu nehmen. Diese ihm auferlegte Informations- und Unterrichtungspflicht, die vom Käufer im Verhältnis zum Verkäufer im zeitlichen Zusammenhang mit der Nachbesserung und insbesondere vor Ausführung des zweiten Nachbesserungsversuchs zu erfüllen sei, habe der Kläger - nach dem Ergebnis der vor dem Erstgericht durchgeführten Beweisaufnahme (zur Vernehmung des Zeugen ...) - verletzt.

6

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe der ersten Instanz Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

7

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingereichte Berufung des Klägers, die auch rechtzeitig begründet worden ist.

8

Der Kläger macht geltend, die vom Landgericht ... vertretene Rechtsauffassung - zur Informationsverpflichtung des Käufers über einen Reparaturversuch in einer Drittwerkstatt -, mit der die zuvor schon vom OLG Stuttgart (Urteil vom 18.05.2006, Az.: 13 U 212/05) und vom Landgericht Schwerin (DAR 2004, 590, 592) in der Judikatur verfochtene Ansicht übernommen wurde, sei in der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das Urteil des BGH vom 15.11.2006, Az. VIII ZR 166/06, verworfen worden.

9

Der Kläger beantragt:

10

Unter Aufhebung des am 20.11.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts Stralsund, Az.: 4 O 259/06, wird die Beklagte verurteilt,

11

1. Zug um Zug gegen Übergabe des Audi A6 Limousine 3.0 (FZ-ID-Nr.: ...), an den Kläger 42.217,30 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2005 zu zahlen.

12

2. Hilfsweise für den Fall, dass der Antrag zu 1. abgewiesen wird, wird beantragt, die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übergabe des Audi A6 Limousine 3.0 (FZ-ID-Nr.: ...), an die ... Bank, ... den Betrag in Höhe von 42.217,30 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2005 hinsichtlich des Finanzierungsvertrages, Vertragsnummer ... Herr ..., Bankverbindung: Konto Nr.: ... Bankleitzahl ..., ... Bank ..., zu zahlen.

13

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von sämtlichen Ansprüchen der ... Bank, ..., ..., aus dem Finanzierungsvertrag, Vertragsnummer ... Herr ..., zur Finanzierung des Audi A6 Limousine 3.0 (FZ-ID-Nr.: ...), insbesondere den Zinsen, sowie Bearbeitungsgebühren freizustellen, soweit diese Anträge noch nicht durch den Antrag zu 1. oder zu 2. erfasst wurden.

14

4. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger Schadensersatz aus dem nicht anrechenbaren Anteil der Geschäftsgebühr gem. Nr. ... VV RVG i.V.m. Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG in Höhe von 633,10 €, zzgl. Auslagenpauschale von 20,00 € zu zahlen.

15

Weiterhin hilfsweise, für den Fall, dass das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, beantragt der Kläger,

16

das am 20.11.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Stralsund, Az.: 4 O 259/06, aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht Stralsund zurückzuverweisen.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Auf Anfrage haben beide Parteien ihr Einverständnis zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren - unter Verzicht auf die Gelegenheit, weitere Schriftsätze einzureichen, und unter Verzicht darauf, dass der Senat einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt - erklärt.

20

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Parteischriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Akteninhalt im übrigen ausdrücklich Bezug genommen.

II.

21

Die zulässige Berufung hat (vorläufig) Erfolg (1.) und führt - unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens - zur Zurückweisung der Sache an das Gericht in erster Instanz (2.).

22

1. Die Berufung ist erfolgreich, weil sie aufzeigt, dass die angefochtene Entscheidung materiell-rechtlich falsch war.

23

Denn schon im Zeitpunkt des ergangenen Urteils des Landgerichts Stralsund hatte der Bundesgerichtshof höchstrichterlich entschieden, dass die von der Beklagten verwendete Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen über die Informationspflicht des Käufers bei Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen bei vom Hersteller anerkannten Betrieben - auf deren Wirksamkeit (und vom Kläger nicht erfüllte Einlösung) das erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung zentral gestützt hat - objektiv mehrdeutig ist und deshalb nicht, wie vom OLG Stuttgart (a.a.O.) und - diesem im Anschluss folgend - dem Landgericht Stralsund, dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Unterrichtung des Verkäufers über die Geltendmachung von Ansprüchen des Käufers auf Mängelbeseitigung bei anderen vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben zu erfolgen hat, bevor die Nachbesserung durch wiederholte erfolglose Mängelbeseitigungsversuche derartiger Betriebe fehlgeschlagen ist (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2006, Az.: VIII ZR 166/06, NJW 2007, 504-506, Leitsatz; näher Tz. 18-23, zitiert nach juris).

24

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, da diese (die Gründe) nach dem Willen des Gesetzgebers gem. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO auf die Wiedergabe der wesentlichen Erwägungen, die zur Bestätigung, Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung geführt haben, zu beschränken ist (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 540 Rn. 3 m.w.N.).

25

2. Die Berufung des Klägers kann gleichwohl nicht in dem Sinne von Erfolg getragen sein, dass sie zur Zuerkennung der von ihm verfolgten Ansprüche führt. Denn der Senat (als Berufungsgericht) sieht Anlass, nachdem eine Partei (nämlich der Kläger) dies hilfsweise (was ausreichend ist [vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 538 Rna. 4]) beantragt hat (vgl. § 538 Abs. 2 Satz 1, letzter Halbsatz ZPO), von dem ihm zustehenden Ermessen ("darf die Sache... zurückverweisen", vgl. § 538 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) Gebrauch zu machen und die Sache, da ihre weitere Verhandlung erforderlich wirkt, weil das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), das rechtsfehlerhafte Urteil - unter Aufhebung des Verfahrens - aufzuheben und den Rechtsstreit an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

26

a) Diese Ermessensentscheidung - als Ausnahme von dem in § 538 Abs. 1 ZPO niedergelegten Grundsatz, dass das Berufungsgericht selbst die notwendigen Beweise zu erheben und die Sache zu entscheiden hat (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 6) - begründet sich dann, wenn die Zurückweisung sachdienlich ist. Eine solche Sachdienlichkeit ist zu bejahen, wenn das Interesse an einer schnelleren Erledigung gegenüber dem Verlust einer Tatsacheninstanz nicht überwiegt (vgl. BGH, NJW 2000, 2024; Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 7). Übereinstimmenden Anregungen (oder Anträgen) der Parteien wird das Gericht dabei regelmäßig zu entsprechen haben, weil dahinter häufig der Wunsch steht, nunmehr im 1. Rechtszug "alsbald zu Ende zu kommen", etwa durch die Führung von Vergleichsverhandlungen (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O.), oder auch deshalb, um einen missratenen prozesstaktischen Vortrag, der in der Berufungsinstanz nicht mehr zu korrigieren wäre (vgl. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO), nunmehr vor dem Gericht erster Instanz "richtig" zu stellen.

27

aa) Für die Zurückverweisung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels i.S. von § 538 Abs. 1 Nr. 1 ZPO - dem wohl hauptsächlichsten Anwendungsfall des Zurückverweisungsrechts - entscheidend ist im Besonderen, dass darunter nicht die materiell-rechtlich unrichtige Sachbehandlung (error in iudicando; vgl. BGH, NJW 1984, 1346; 1993, 538; 1997, 1447) fällt, sondern nur ein Verfahrensmangel (error in procedendo) (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 10; Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., Rn. 7 und 8) maßgeblich sein kann, also ein Fehler, der den Weg zum Urteil oder die Art und Weise seines Erlasses betrifft, im Gegensatz zum Fehler bei der Rechtsfindung. Ob ein Verfahrensmangel anzunehmen ist, beurteilt sich hierbei aus der materiell-rechtlichen Sicht des Erstrichters, ungeachtet dessen, ob das Berufungsgericht sie billigt oder nicht (vgl. BGH, NJW 1997, 1447; NJW-RR 1999, 1289; MDR 2001, 469; Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O.; Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 538 Rn. 7). Deshalb darf auch eine unrichtige Rechtsansicht des Erstrichters nicht wegen fehlenden Hinweises nach § 139 ZPO in einen Verfahrensmangel umgedeutet werden (zutreffend Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O.).

28

bb) Zu den Verfahrensmängeln sind in der Judikatur (und Kommentarliteratur) Fallgruppen entwickelt worden. Zu ihnen rechnen - beispielsweise - die a) falsche Besetzung des Gerichts, b) die Zuständigkeitsmängel, c) die fehlerhafte Behandlung von Parteivorbringen, d) die mangelhafte Prozessführung, e) die mangelhafte Tatsachenfeststellung und f) Mängel des Urteils selbst (vgl. im Einzelnen Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 13-29; ähnlich Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 538 Rn. 10-12).

29

cc) Eine fehlerhafte Behandlung von Parteivorbringen (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 17-19), auch zu verstehen als Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O, § 538 Rn. 10), ist darin zu sehen, dass der Kern des Parteivorbringens (egal, ob Angriffs- oder Verteidigungsvortrag) so verkannt wird, dass die entscheidungserhebliche Frage unbeantwortet bleibt (vgl. BGH, Warneyer 190, Nr. 107; Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 18), oder ein wesentlicher Teil des Parteivortrages übergangen wird (vgl. BGH, NJW 1998, 2053; Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 538 Rn. 10).

30

b) So liegt es auch hier. Die vorgenannten Voraussetzungen sind - im Ergebnis - erfüllt. Zwar ist das Gericht erster Instanz zu seiner - fehlerhaften - Rechtsauffassung allein aufgrund eines Irrtums zur Begründung der materiellen Rechtslage gelangt.

31

Gleichwohl hat es zugleich und daneben bei seiner Entscheidung einen wesentlichen Verfahrensmangel begangen, indem es relevantes - entscheidungserhebliches - Parteivorbringen (primär der Beklagten) nicht berücksichtigt und gewürdigt hat.

32

aa) Denn bezogen auf die Anspruchsgrundlage des klägerischen Verlangens auf Rückabwicklung des (geschlossenen) Kaufvertrages (§§ 437 Nr. 2, 440, 323 Abs. 1 und 2, 346 BGB), für das er, der Kläger, darlegungs- und beweispflichtig ist, hat das Landgericht den (entgegenstehenden) Parteivortrag der Beklagten unbeachtet gelassen, der darin - schon in erster Instanz - bestand (wie dargestellt), dass ein Sachmangel bei Übergabe der Kaufsache (überhaupt) bestritten worden ist, und daneben im übrigen auch das Auftreten eines Mangels innerhalb der von der Beklagten zu vertretenden Gewährleistungsfrist. Diesen Kern des Beklagtenvortrags hat das Gericht erster Instanz dahinstehen lassen, um stattdessen für die (insoweit unberechtigte) Klageabweisung auf die nicht vom Kläger erfüllte Informationsverpflichtung zu einem in einer Drittwerkstatt reparierten Sachmangel abzustellen.

33

bb) Damit hat das erstinstanzliche Gericht die Berufungsinstanz um eine entscheidungserhebliche Tatsachengrundlage - ob nämlich überhaupt ein Sachmangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs (unter rechtlich eigenständiger Bewertung des Gerichts zu § 476 BGB) vorgelegen hat, was sachverständigerseits festzustellen wäre - "gebracht", so dass sich der Senat - auch im Interesse der Parteien, um den Verlust einer Tatsacheninstanz zu meiden - gehindert sieht, in der Sache selbst nach § 538 Abs. 1 ZPO zu entscheiden und stattdessen die Zurückverweisung an das Landgericht - aus Ermessensgründen - vorzieht.

34

cc) Das Vordergericht kann insoweit auch nicht exculpieren, dass es seine Entscheidung auf eine jedenfalls vertretbare Grundlage (vgl. das Judikat des OLG Stuttgart; aufgehoben vom BGH in der benannten Entscheidung) gestützt hat. Denn Aufgabe der ersten Instanz ist es (nach dem gesetzgeberischen Willen zur ZPO-Reform), dass die zur (Schluss-) Entscheidung in einem Rechtsstreit erforderlichen Beweise regelmäßig auch in der ersten Instanz erhoben werden (vgl. hier nur allgemein Zöller/Vollkommer, a.a.O., Einleitung Rn. l5 m.w.N.), weshalb die Parteien - sachwidrig - eine Instanz einbüßen würden, wenn der Senat (nach umfänglicher Beweiserhebung: Zeugen- und Sachverständigenbeweis, vgl. hier nur Klageschrift) in der Sache selbst entscheiden täte.

35

Um diese - in der Hauptsache - geforderte Beweiserhebung hat sich das Landgericht "gedrückt", in dem es den Parteivortrag der Beklagten unzureichend gewürdigt (Bestreiten des Sachmangels) und den vom Kläger - als anspruchsbegründender Partei - zu erbringenden Beweis nicht erhoben hat. Der Senat hat mithin keine hinreichend aufgeklärte Sachverhaltsgrundlage, um selbst und ohne Beeinträchtigung der Parteiinteressen (= Benehmung einer Tatsacheninstanz) den Rechtsstreit (schon jetzt) abschließend zu entscheiden.

36

3 . Das Gericht erster Instanz wird sich nunmehr - darauf weist der Senat hin (zu den Bindungswirkungen für die Vorinstanz vgl. hier nur Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., § 538 Rn. 30 m.w.N.) - mit den Folgen und der gebotenen Aufklärung der aufgeworfenen streitgegenständlichen Fragen (zum Vorliegen eines Mangels innerhalb der Mängelgewährleistungsfrist) zu befassen haben.

37

Ebenso wirkt es erforderlich, dass das Landgericht auf eine sachgerechte Antragstellung der - aus Sicht des Senates zutreffend - von der Beklagten bemängelten Klageverfolgung (des Klägers, in seinen Klageanträgen) hinwirkt (dazu allgemein Zöller/Greger, a.a.O., § 139 Rn. 15 m.w.N.).

II.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 21 GKG; sie beruht auf der unrichtigen Sachbehandlung in erster Instanz (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 538 Rn. 58 m.w.N.), wobei zu diesen Kosten auch die der Zurückverweisung rechnen (vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege, a.a.O., § 97 Rn. 12 m.w.N.). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit (dazu allgemein Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O, § 538 Rn. 59) hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

39

Den Streitwert hat der Senat gem. §§ 47, 48 GKG, §§ 3, 4 ZPO in Übereinstimmung mit der Auffassung des Landgerichts (vgl. Beschluss vom 14.01.2008) festgesetzt; hierbei hat der Senat (außerdem) berücksichtigt, dass die begehrte Zug-um-Zug-Verurteilung vorliegend zu keiner Streitwerterhöhung führt (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 3 Rn. 16, Stichwort: "Zug-um-Zug-Leistungen").

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken:

1.
wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet ist;
2.
wenn die Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die einstweilige Einstellung der Vollstreckung oder einer Vollstreckungsmaßregel angeordnet ist oder dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf;
3.
wenn eine öffentliche Urkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die zur Abwendung der Vollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung oder Hinterlegung erfolgt ist;
4.
wenn eine öffentliche Urkunde oder eine von dem Gläubiger ausgestellte Privaturkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass der Gläubiger nach Erlass des zu vollstreckenden Urteils befriedigt ist oder Stundung bewilligt hat;
5.
wenn der Einzahlungs- oder Überweisungsnachweis einer Bank oder Sparkasse vorgelegt wird, aus dem sich ergibt, dass der zur Befriedigung des Gläubigers erforderliche Betrag zur Auszahlung an den Gläubiger oder auf dessen Konto eingezahlt oder überwiesen worden ist.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.

Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.