Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 04. Juni 2014 - 5 U 45/14
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 14. Februar 2014 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten der Berufung einschließlich der insoweit angefallenen Kosten der Nebenintervention.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v. H. des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte oder die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.
Der Streitwert der Berufung beträgt 49.645,23 €.
Gründe
I.
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Wegen des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug einschließlich der dort ergangenen Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil (Leseabschrift Bl. 26 - 43 Bd. VII d. A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
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Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgen.
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Sie halten daran fest, dass die Beratung weder anleger- noch anlagegerecht gewesen sei. Sie meinen, die Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hätten es zur Überzeugung des Gerichts gereichen müssen, dass ihr Anlageziel "sicherheitsorientiert" orientiert gewesen sei und sie dem Berater ... mitgeteilt hätten, dass sie eine sichere Anlage wünschten, bei der der Erhalt des eingesetzten Kapitals sicher sei. Tatsächlich sei ein hochriskanter geschlossener Medienfonds wie der ... nicht einmal für einen Anleger, der eine ertragsorientierte Anlagestrategie verfolge, geeignet. Entgegen der Annahme des Landgerichts seien sie nicht umfassend über die Risiken und die Funktionsweise der streitgegenständlichen Anlage aufgeklärt worden. Sie halten daran fest, dass ihnen der Prospekt erst am 22. Dezember 2002 übergeben worden sei. Der Prospekt sei zudem nicht geeignet gewesen, über das Totalverlustrisiko und die eingeschränkte Fungibilität aufzuklären. Hierauf hätte die Beklagte hinweisen müssen. Darüber hinaus täusche er über die Sicherung des Eigenkapitals.
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Entgegen der Annahme des Landgerichts greife die Einrede der Verjährung nicht durch. Insbesondere reiche die schlechte wirtschaftliche Entwicklung des Fonds nicht aus, um eine Kenntnis oder eine grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der hier in Rede stehenden Pflichtverletzungen zu begründen. Das Ausbleiben der Ausschüttungen ab dem Jahr 2006 habe ihnen lediglich gezeigt, dass sie keine regelmäßigen Zahlungen erwarten könnten. Sie hatten aber weder den Gesprächsnotizen, noch den Beratungsprotokollen, noch dem Prospekt, noch den Versammlungsprotokollen und Geschäftsberichten, die sie daraufhin oberflächlich zur Kenntnis genommen hätten, entnehmen können, dass sich der Fonds bereits in wirtschaftlicher Schieflage befunden und ein Totalverlustrisiko bestanden habe. Zudem habe sie keine Verpflichtung getroffen, anlässlich des Rückganges der Ausschüttungen die ihnen übersandten Unterlagen und den Prospekt daraufhin zu überprüfen, ob noch weitere Beratungsfehler vorlägen.
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Die Kläger nehmen im Übrigen Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.
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Die Kläger beantragen,
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das am 14. Februar 2014 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 47.173,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Oktober 2010, Zug um Zug gegen Abtretung aller Rechte aus den mittelbaren Beteiligungen der Kläger an der ... GmbH & Co. ... KG, Anteils-Nr. ..., nominal 20.000,00 € und Anteils-Nr. ..., nominal 20.000,00 €, zu zahlen;
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die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 2.689,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
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festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung aller Rechte aus den mittelbaren Beteiligungen an der ... GmbH & Co. KG, Anteils-Nr. ..., in Höhe von nominal 20.000,00 € und Anteils-Nr. ..., nominal 20.000,00 € in Verzug befindet;
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festzustellen, dass die Beklagte zum Ersatz ihrer weiteren und zukünftigen Schäden verpflichtet ist, die durch die Beteiligungen an der ... GmbH & Co. ... KG, Anteils-Nr. ..., in Höhe von nominal 20.000,00 € sowie Anteils-Nr. ..., nominal 20.000,00 €, entstanden sind und noch entstehen werden.
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Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.
II.
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Die Berufung ist zulässig (§§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1, 517, 519 f. ZPO), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
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Die Kläger können nicht gemäß § 280 Abs. 1 BGB den Ersatz des durch die Zeichnung der Beteiligungen an der... GmbH & Co. ... KG (im Folgenden: IMF 3) entstandenen Schadens verlangen.
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Der Beklagten ist schon keine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Beratung über die Beteiligungen vorzuwerfen (§ 280 Abs. 1 BGB).
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Zwischen den Parteien bestand ein Anlageberatungsvertrag. Ein solcher Beratungsvertrag kommt u. a. dadurch zustande, wenn im Zusammenhang mit einer Anlageentscheidung tatsachlich eine Beratung stattfindet. Tritt ein Anlageinteressent an einen Anlagevertreiber oder der Anlagevertreiber an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen (BGH BKR 2008, 199). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass sich die Kläger Ende 2002 mit dem Wunsch einer Anlage an den für die Beklagte tätigen Berater ... gewandt haben und dieser ihnen die Zeichnung einer Beteiligung am Medienfonds ... empfohlen hat. Eine Beratung fand auch vor Zeichnung der zweiten Beteiligung am 9. Dezember 2003 statt, wie das Beratungsprotokoll von diesem Tage (Anlage B 4) belegt.
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Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Beratung muss anleger- und objektgerecht sein. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden, andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarkts, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben (BGH BKR 2008, 199). Die Beratung hat sich dementsprechend daran auszurichten, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren Geldanlage dienen soll oder spekulativen Charakter hat (BGH, Urteil vom 19. Juni 2008, III ZR 159/07, zitiert nach juris). Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein (BGH, Urteil vom 19. Juni 2008, III ZR 159/07, zitiert nach juris). Der Berater ist vor Abgabe ihrer Anlageempfehlung verpflichtet, die Erfahrungen und die Anlageziele, zu denen der Anlagezweck und die Risikobereitschaft gehören, zu erfragen (BGH WM 2011, 682). Der Anleger ist aber nicht auf das einmal geäußerte Anlageziel festgelegt. Dem Berater ist es nicht verwehrt, dem Anleger, der zunächst eine risikoarme Anlage wünscht, andere Anlagen vorzustellen, bei denen zwar ein Verlustrisiko besteht, sich jedoch nach seiner Einschätzung aller Voraussicht nach nicht verwirklichen wird. Dies muss er dem Anleger ausreichend deutlich machen.
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In Bezug auf das Objekt muss der Anlageberater rechtzeitig, richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig beraten. Er muss ihn über all diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind, informieren. Insbesondere muss er ihn über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Grundsätzlich kann die Aufklärung auch mittels oder anhand eines Prospektes erfolgen. Die Erklärungen des Beraters dürfen dann aber zutreffende Hinweise im Prospekt nicht entwerten (BGH, WM 2010, 1493). Denn nur aufgrund von Informationen, die ein zutreffendes aktuelles Bild der empfohlenen Anlage bieten, kann der Interessent eine sachgerechte Anlageentscheidung treffen (BGH BKR 2010, 118). Während die Aufklärung des Kunden über die für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände richtig und vollständig zu sein hat, muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts unter der Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine auf Grund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH WM 2011, 682).
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trägt derjenige, der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet, hierfür die Beweislast. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substanziiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt dann der Nachweis, dass diese Gegendarstellung nicht zutrifft (BGH, Urt. v. 24. Januar 2006, XI ZR 320/04, Rn. 15).
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Danach lässt sich hier nicht feststellen, dass der Berater der Beklagten ... gegen die Pflicht zur anlegergerechten Beratung verstoßen hat. Die Beklagte hat schlüssig dargetan, dass die Kläger dem Berater ... gegenüber erklärt haben, sie verfügten über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 8.000,00 € und wollten einen Teilbetrag liquide vorhandenen Vermögens möglichst renditeträchtig und steuersparend anlegen. Hierauf habe der Berater ... ihnen mitgeteilt, dass die Möglichkeit bestehe z. B. mit der Investition in den Medienfonds ... eine Verlustzuweisung von 100 v. H. der Nominalbeteiligung im Beitrittsjahr zu erlangen. Gleichzeitig habe er sie darauf hingewiesen, dass eine solche unternehmerische Beteiligung stets mit einem Totalverlustrisiko einhergehe, das nur durch die erzielten Steuervorteile abgeschwächt sei. Der Gesichtspunkt "Altersvorsorge" sei zu keinem Zeitpunkt gesprächsgegenständlich gewesen. Dieser Vortrag steht im Einklang mit dem Inhalt der von den Klägern unterzeichneten Gesprächsnotizen und Beratungsprotokollen. Nach dem Inhalt der Beratungsprotokolle gaben die Kläger jeweils an, über Erfahrungen mit Kapitalanlagen und über Beteiligungen an Investmentfonds und Lebensversicherungen zu verfügen. Ausweislich der Gesprächsnotizen erzielten sie ein monatliches Nettoeinkommen von insgesamt 8.000 € und hatten zur Vermögensanlage 50.000 € zur Verfügung. Von den in den Gesprächsnotizen ausgewiesenen Risikorastern "sicherheitsorientiert", "ausgewogen", "wachstumsorientiert" und "dynamisch" erklärten sie am 22. Dezember 2002 das Raster "ausgewogen” und am 9. Dezember 2003 das Raster "wachstumsorientiert" als für sich zutreffend. Die Kläger haben zwar demgegenüber behauptet, dass sie dem Berater B. bei dem Erstgespräch am 9. Dezember 2002 erklärt hätten, dass sie eine zum Kapitalaufbau zur Altersvorsorge geeignete Anlage wünschten, bei der sie Steuern sparen könnten, aber der Kapitalerhalt gesichert sei. Dies vermochten sie indes nicht zu beweisen.
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Das Landgericht vermochte einen solchen Sachverhalt nicht festzustellen. Es ist stattdessen im Ergebnis der Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass die empfohlenen Beteiligungen zu der Risikobereitschaft und dem Anlageziel der Kläger passte. An die dazu getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts ist der Senat gebunden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die strengen Voraussetzungen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, dass nämlich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen bestehen, sind nicht erfüllt. Die Kläger wenden sich mit ihrer Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts, die aber keine Fehler erkennen lässt. Der von den Klägern hierzu benannte Zeuge ... konnte nicht geladen und nicht gehört werden. Dass sich das Landgericht nicht allein auf Grund der Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung und seinem persönlichen Eindruck von ihm davon zu überzeugen vermochte, dass die Kläger den Wunsch nach einer Anlage, bei der keine Risiken für das eingesetzte Kapital bestehen, geäußert haben, ist jedenfalls gut vertretbar. Diese Angaben stehen im Widerspruch zu den in den Gesprächsnotizen angekreuzten Risikorastern, die die Empfehlung der Beimischung einer spekulativen Anlage wie hier zuließen. Wie der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg in dem von den Klägern in Bezug genommenen Urteil vom 9. Februar 2010 zutreffend ausgeführt hat, passt die Beteiligung an einem Filmfonds zwar nicht zu einem lediglich ertragsorientierten, sondern nur zu einem zumindest "risikobewussten" Anleger (Gesch.Nr.: 6 U 147/09). Dort waren für die Anlagestrategie vier Optionen vorgesehen, nämlich "auf Sicherheit der Anlage bedacht", "ertragsorientiert", "risikobewusst" und "spekulativ", wobei die zweite Möglichkeit "ertragsorientiert" angekreuzt worden ist. Hier liegt der Fall anders. Die Kläger waren nicht nur ertragsorientiert, sie wollten auch möglichst viel Steuern sparen. Nach dem hier verwendeten und ausgefüllten Risikoraster lässt sich gerade nicht ausschließen, dass sie mit Blick auf die hohe Steuerersparnis bereit waren, die Risiken einzugehen.
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Das Landgericht vermochte sich auch nicht davon zu überzeugen, dass die Beklagte ihre Pflicht zur anlagegerechten Beratung verletzt hat. Auch an die dem zugrunde liegenden Feststellungen des Landgerichts ist der Senat gebunden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Beklagte hat schlüssig dargetan, dass der Berater ... bereits bei dem ersten Gespräch im Dezember 2002 den Klägern anhand des Prospekts den Medienfonds erklärt und auf sämtliche Risiken hingewiesen habe. Bereits bei diesem Erstgespräch sowie am 19. November 2003 habe erden Klägern den Immissionsprospekt des ... jeweils in aktueller Auflage verbunden mit der Empfehlung, diesen noch mal sorgfältig zur Kenntnis zu nehmen, überlassen. Im Rahmen der Folgegespräche sei er mit ihnen den Prospekt und die Gesprächsnotiz vor deren Unterzeichnung Punkt für Punkt durchgegangen und habe sie auf die auf den Seiten 10 ff. sowie 92 ff. des Prospektes enthaltenen Risikohinweise einschließlich der Eigenschaft der Beteiligung als unternehmerische Beteiligung und des damit einhergehenden Verlustrisikos bis hin zu dem im Worst Case möglichen Totalverlust sowie die ebenfalls sowohl in der Gesprächsnotiz als auch in dem Beratungsprotokoll ausdrücklich erwähnte eingeschränkte Veräußerbarkeit der Beteiligung hingewiesen. Damit im Einklang stehen die von den Klägern unterzeichneten Gesprächsnotizen und Beratungsprotokolle, in denen sie dies bestätigten. Dass sich das Landgericht vor diesem Hintergrund nicht allein aufgrund der Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung und seinem persönlichen Eindruck von ihm davon zu überzeugen vermochte, dass die Kläger den ersten Prospekt erst am 22. Dezember 2002 erhalten haben, über Risiken auch nicht mündlich aufgeklärt wurden und der Berater ... ihnen die Beteiligung am ... als sicher wegen der Steuerersparnis und Garantiezahlungen empfohlen hat, bei der nur Risiken im Falle globaler kriegerischer Konflikte bestünden, ist ebenfalls gut vertretbar.
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Beratungsfehler ergeben sich auch nicht aus der Verwendung des Prospektes als Grundlage der Beratung. Von der rechtzeitigen Übergabe des Prospektes zum Zwecke der Aufklärung und von der mündlichen Beratung anhand des Prospektes ist nach den nicht widerlegten Angaben der Beklagten auszugehen (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006, III ZR 205/05). Verwendet der Anlageberater nach eigener Darstellung einen Prospekt bei der Beratung, der einen Fehler enthält, steht fest, dass er falsch beraten hat. Er muss daher darlegen und beweisen, dass er den Fehler im Beratungsgespräch richtig gestellt hat (BGH, Beschl. v. 17. September 2009 - XI ZR 264/08, BKR 2009, 471 u. v. 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506).
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Soweit der Senat in früheren Entscheidungen die Auffassung vertreten hat, dass eine etwaige Beratung durch Übergabe des Prospekts zum Selbststudium sowie die auf der Grundlage des Prospekts erfolgte mündliche Beratung nicht ausreichend seien, weil es in dem Emmissionsprospekt schon an einem hinreichenden Hinweis auf das bei einem Filmfonds bestehende erhöhte Totalverlustrisiko fehle (so im Urteil vom 1. Februar 2011, Gesch.Nr.: 5 U 187/11 zum IMF 1 und 2), hält er hieran nicht mehr fest.
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Der Senat schließt sich insoweit nunmehr der Auffassung des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 18. April 2012, Gesch.Nr.: 20 U 4535/11), des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urteil vom 5. September 2012, Gesch.Nr.: 3 U 225/11) und des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urteil vom 23. November 2012, Gesch.Nr.: 17 U 52/11, zitiert nach juris) an, wonach der Emissionsprospekt ausreichend auf das bestehende Totalverlustrisiko hinweist, ohne diese Hinweise an anderer Stelle wieder zu entwerten. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können. Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern auch nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen das Unternehmens vermittelt. Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen allerdings eine Sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (vgl. BGH, Urteil vom 14.06.2007, WM 2007, 1507). Hinsichtlich des Totalverlustrisikos heißt es auf S. 8 des Prospekts: Die ... ermöglicht die unternehmerische Beteiligung an diesem hochinteressanten Wachstumsmarkt. Den außergewöhnlich hohen Chancen ... stehen dabei entsprechend hohe Risiken gegenüber." Auf S. 9 heißt es: "Im schlechtesten Falle, wenn verschiedene Risiken zusammenfallen (worst case) kann sogar der Totalverlust der investierten Mittel eintreten." Dieser Hinweis wird unter dem Kapitel "Chancen und Risiken" auf S. 82 des Emissionsprospekts noch einmal wiederholt. Diese, bei sorgfältigem Studium des Prospekts nicht zu übersehenden und in den Bestimmungen der Treuhand- und Mittelverwendungskontrollverträge (§ 12 und § 6) nochmals wiederholten Hinweise werden durch die nur anpreisenden und allgemein gehaltenen, einführenden Hinweise auf den expandierenden Filmmarkt und die "in nicht gekanntem Ausmaß steigenden Verwertungsmöglichkeiten" noch durch die Darstellung der Sicherungsmechanismen, aus der bei sorgfältigem Studium keineswegs hervorgeht, dass das Kommanditkapital in irgendeiner Weise durch "Abnahmegarantien" abgesichert ist, entwertet. So heißt es schon auf S. 31 des Prospekts, dass die Fondsgesellschaft zwecks Erhöhung der Gewinnchancen "in ausgewählten einzelnen Territorien" keine Abnahmegarantiezahlungen mit dem Vertrieb beauftragten Intermedia vereinbaren werde. Weiter heißt es auf S. 81, das Beteiligungskapital der Investoren sei "Risikokapital"; soweit es im folgenden heißt, "darüberhinausgehende Abnahmegarantien" sicherten as Eigenkapital ab, wird wenig später klargestellt, dass das Eigenkapital durch Abnahmegarantiezahlungen erwirtschaftet werden müsse, die über den Fremdkapitalanteil dieser Filme hinausgehen, und die Fondsgesellschaft von Film zu Film über das günstigste Maß der vorzunehmenden Vorablizensierung mittels Minimum-Vertriebsgarantieverträgen entscheiden werde (S. 84). Zudem wird auf das Risiko mangelnder Publikumsakzeptanz ausdrücklich hingewiesen (S. 84); die auf S. 84 ebenfalls genannten Versicherungen betreffen lediglich Produktions-, nicht aber Vermarktungsrisiken. Auch die Modellrechnungen (low-, mid- und hlgh-case-Szenarien) auf S. 52 ff. des Prospekts täuschen nicht über das Totalverlustrisiko hinweg; es wird vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Szenarien nicht die jeweils maximale Schwankungsbreite darstellen (S. 52). Schließlich gilt das auch für die Formulierung auf S. 9, dass sich der "worst case" beim Zusammentreffen verschiedener Risiken ergeben könne. Selbst wenn ein Totalverlustrisiko schon dann eintreten kann, wenn sich nur eines der zuvor genannten Risiken verwirklicht, enthielte die Formulierung keine Fehlinformation; ungeachtet der Wahrscheinlichkeit eines Totalverlusts wird der Anleger jedenfalls darauf hingewiesen, dass er im schlimmsten Falle sein Kapital verlieren kann.
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Ebenso klärt der Prospekt hinreichend über das Währungs- und Wechselkursrisiko (s. S. 54, 92) sowie die Risiken der steuerlichen Würdigung (Bl. 71), der eingeschränkten Fungibilität (Bl. 91), des Blindpool-Konzeptes, der Wiederauflebung der Kommanditistenhaftung gem. § 174 Abs. 4 HGB (Bl. 75).
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Die Kläger können ihren Anspruch auch nicht darauf zu stützen, die Beklagte habe ihre Pflicht zur Plausibilitätsprüfung und zur Auswertung der einschlägigen Fachpresse sowie zu ihrer Unterrichtung über einschlägige Hinweise in der einschlägigen Fachpresse auf negative Entwicklungen im Filmmarkt verletzt.
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Bei einem Beratungsvertrag ist der Anlageberater allerdings zu mehr als zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. Der Anlageberater muss eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder den Anlageinteressenten auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. Ein Berater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich dabei aktuelle Informationen über das Objekt, das er empfehlen will, zu verschaffen. Dazu gehört die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse (BGH WM 2012, 24; BGH WM 2010, 1932). Bei einer privaten Anleihe muss über zeitnahe und gehäufte negative Berichte in der Börsenzeitung, der Financial Times Deutschland, dem Handelsblatt und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unterrichtet werden (BGH WM 2009, 2360), jedenfalls soweit sie Tatsachen enthalten, die Bedenken gegen die betroffene Anlage zu begründen vermögen.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Emissionsprospekt dem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermitteln, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (ständige Rechtsprechung des BGH seit BGHZ 79, 337, 344; vgl. beispielhaft Beschl. v. 13.12.2011 - II ZB 6/09, WM 2012, 115, Rn. 6; Urt. v. 22.03.2010 - II ZR 20/08, Rn. 13 m.w.N.; Urt. v. 14.06.2007 - III ZR 125/06, WM 2007, 1503, Rn. 9). Lücken und Fehler eines Emissionsprospekts erlangen mittelbar auch für die Beratungs- und Aufklärungspflichten eines Anlageberaters Bedeutung, wenn sie bei obliegenheitsgemäßer Prüfung der Schlüssigkeit und Plausibilität des Anlagekonzepts erkennbar gewesen sind (OLG Hamm, Urteil vom 17. Dezember 2013 - I-34 U 110/11, 34 U 110/11 -, juris).
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Wie bereits dargelegt stellt der Prospekt die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig dar.
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Die Veröffentlichung im Handelsblatt vom 2. Juli 2001 und in der FAZ vom 14. August 2003 (Anlagen K 8 und 11) enthielten keine negativen Tatsachenmitteilungen, die einer Empfehlung der Beteiligung am ... entgegengestanden hätten. Diese beschäftigten sich lediglich mit den Chancen und Risiken einer solchen Beteiligung und wiesen insgesamt keine negative Tendenz auf. Die Zeitschrift Finanztest und der Prospektcheck aus kapital-markt intern gehören schon nicht zur Pflichtlektüre und waren deshalb nicht in die Beratung einzubeziehen.
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Entgegen der Annahme der Kläger wird in dem Prospekt keine Teilabsicherung des Eigenkapitals vorgetäuscht. Aus der Gesamtschau ergibt sich, dass es lediglich für das Fremdkapital eine gewisse Absicherung durch Abnahmegarantien gibt, der Rest jedoch ungesichertes Eigenkapital ist.
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Dass der Filmmarkt im Rahmen des Prospektes falsch dargestellt wurde, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht ausreichend dargetan, dass die Aussage des Emmissionsprospektes, dass in der Regel Vorabgarantiezahlungen vereinbar werden, irreführend, falsch oder nicht vertretbar gewesen ist. Aus dem Geschäftsbericht des ... für die Geschäftsjahre 2000/2001 ergibt sich lediglich, dass sich die Höhe der Minimumgarantiezahlungen in einzelnen Territorien erheblich verringert hat. Dies steht der obigen Aussage aber nicht entgegen.
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Konkrete Anhaltspunkte, dass die auf die bisherige Entwicklung der Filmfonds gestützte Prognose einer Rendite nach Steuern von 8,3 v.H. zum damaligen Zeitpunkt nicht vertretbar war, bestehen nicht.
- 36
Letztlich lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte eine Aufklärungspflicht hinsichtlich einer 15 v.H. des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreitenden Innenprovision verletzt hat. Nach ständiger Rechtsprechung muss auch der freie Anlageberater im Rahmen der objektgerechten Beratung unaufgefordert über Vertriebsprovisionen Aufklärung geben, wenn diese eine Größenordnung von 15 v.H. des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten, und etwaige irreführende oder unrichtige Angaben zu Vertriebsprovisionen zu unterlassen beziehungsweise rechtzeitig richtigstellen (BGH BKR 2012, 165). Dass dies hier der Fall ist, haben die Kläger nicht ausreichend dargetan und belegt. Die Kläger behaupten zwar zuletzt, der Beklagten seien Provisionen in Höhe von 15,25 v.H. des Anlagekapitals zugeflossen. Abgesehen davon, dass die von ihnen vorgelegten Unterlagen ihren Sachvortrag nicht belegen, übersehen sie dabei, dass jedenfalls 5 v.H. der angeblichen Provisionen aus der - offen ausgewiesenen -"Abwicklungsgebühr" stammen würden, es sich also insoweit nicht um "Zahlungen aus dem einzubringenden Kapital", sondern allenfalls um - hier nicht aufklärungspflichtige - Rückvergütung handeln würde, die deshalb auf die Werthaltigkeit der Anlage keinen Einfluss gehabt hätten. Aus dem Anlagevermögen wäre hiernach eine Vertriebsprovision von (nur) 11,25 v.H. gezahlt worden, die als solche die 15 v.H. -Grenze nicht überschritten hätte und mithin nicht aufklärungspflichtig gewesen wäre (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. November 2012 - I-17 U 52/11 -, juris).
- 37
Auf die Frage der Verjährung etwaiger Ansprüche kommt es mithin nicht an.
- 38
Die Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung.
- 39
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 3, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO, 39 Abs. 1, 43 Abs. 1, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG.
- 40
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 04. Juni 2014 - 5 U 45/14
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger nimmt die am Revisionsverfahren allein beteiligte Beklagte zu 1 (künftig: die Beklagte) wegen fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch. Auf Empfehlung der Beklagten trat er im November 1996 mit einer Einlagesumme von 50.000 DM der "V.I.A. I. KG", einem geschlossenen Immobilienfonds , bei. Der Fonds entwickelte sich ungünstig. Lediglich im ersten Verpachtungsjahr 1998 erhielt der Kläger eine Ausschüttung von 1.375 DM. Der Kläger hat der Beklagten insbesondere eine ungenügende Risikoaufklärung vorgewor- fen und behauptet, sie habe ihm versichert, die Anlage biete eine absolute Sicherheit , es könne überhaupt nichts passieren.
- 2
- Das Landgericht hat die auf Zahlung von insgesamt 34.104,26 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat die - nach Berufungsrücknahme gegenüber der früheren Beklagten zu 2 - nur noch gegen die Beklagte gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger insoweit seine Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
- 3
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht verneint Aufklärungspflichtverletzungen von Seiten der Beklagten. Sie seien auch nicht der Behauptung des Klägers zu entnehmen , die Beklagte habe über den Prospektinhalt hinaus zugesagt, es handele sich um eine absolut sichere Vermögensanlage, bei der Beteiligung an dem Fonds könne ihm überhaupt nichts passieren. Einer Beweisaufnahme hierzu bedürfe es nicht. Nach den Gesamtumständen hätte der Kläger sich nämlich hierauf nicht verlassen dürfen. Denn unstreitig habe dem Kläger vor Vertragsschluss der Prospekt mit seinem die Anlageform und ihre Risiken beschreibenden Inhalt vorgelegen. Von einer "absolut sicheren Vermögensanlage" sei dort aber gerade nicht die Rede. Der Kläger habe - auch als unerfahrener Anleger - aufgrund seines Berufs als Bilanzbuchhalter erkennen müssen, dass es sich bei einer unternehmerischen Beteiligung durch Erwerb eines Kommanditanteils gerade nicht um eine absolut sichere Anlageform wie etwa bei einem Sparbuch gehandelt habe. Die von ihm gewünschte Steuerersparnis hätte sich andernfalls nicht realisieren lassen. Daher habe der Kläger eine solche Äußerung lediglich als werbende Anpreisung verstehen dürfen.
II.
- 5
- Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
- 6
- 1. Das Berufungsgericht stellt nicht fest, ob die Beklagte, die mit dem hier in Rede stehenden Immobilienfonds eine nicht zur Produktpalette der früheren Beklagten zu 2 gehörende Anlage vertrieben hat und deswegen insoweit entweder im eigenen Namen aufgetreten ist oder jedenfalls mangels Vertretungsmacht für Pflichtverletzungen in dieser Beziehung selbst haftet, dem Kläger als Anlageberaterin oder Anlagevermittlerin gegenübergetreten ist (zur Abgrenzung vgl. etwa Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114 f.; vom 27. Oktober 2005 - III ZR 71/05, NJW-RR 2006, 109 Rn. 14 und vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, ZIP 2007, 636, 637 Rn. 10). Zugunsten des Klägers ist daher von einer Anlageberatung auszugehen. Auf dieser Grundlage wäre aber, wie die Revision mit Recht rügt, zu prüfen gewesen, ob angesichts des vom Kläger behaupteten Ziels einer absolut sicheren Vermögensanlage bereits die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos fehlerhaft gewesen war. Die Beratung hat sich daran auszurichten, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren Geldanlage dienen soll oder spekulativen Charakter hat. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten, d.h. "anlegergerecht" sein (BGHZ 123, 126, 129; Senatsurteil vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725, 729 Rn. 25). Mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob die Beklagte hier diesen Anforderungen, etwa mit Rücksicht auf das vom Kläger gleichzeitig verfolgte Ziel einer Steuerersparnis, die im Allgemeinen nicht ohne Verlustrisiken zu erreichen ist, genügt hat. Schon deswegen kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben.
- 7
- 2. Anlageberatung wie Anlagevermittlung verpflichten darüber hinaus objektbezogen zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (vgl. nur Senatsurteile vom 13. Mai 1993 aaO; vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06, WM 2007, 1606, 1607 Rn. 8; vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06, WM 2007, 1608 Rn. 8 und vom 25. Oktober 2007 - III ZR 100/06, ZIP 2008, 512 f. Rn. 7; jeweils m.w.N.). Eine derartige Aufklärung kann zwar auch durch Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (hierzu Senatsbeschluss vom 12. Januar 2006 - III ZR 407/04, WM 2006, 522). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat dem Kläger auch ein inhaltlich genügender Prospekt vorgelegen. Der Umstand indes, dass ein solcher Prospekt Chancen und Risiken der Kapitalanlage hinreichend verdeutlicht, ist, wie der Senat schon in seinem Urteil vom 12. Juli 2007 (III ZR 83/06, aaO) hervorgehoben hat, selbstverständlich kein Freibrief für den Berater oder Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt entwertet oder für die Entscheidung des Anlegers mindert. Dies gilt auch dann, wenn sich bei ausreichenden rechtlichen und geschäftlichen Kenntnissen (hier, dass eine steuersparende Anlage regelmäßig nicht völlig risikolos sein wird), die bei unerfahrenen Anlegern jedoch nicht vorausgesetzt werden können, Zweifel an der Richtigkeit der Aussage aufdrängen müssen.
- 8
- 3. Nach diesen Maßstäben war es verfehlt, die behaupteten Erklärungen der Beklagten über eine absolute Sicherheit der Anlage unter Hinweis auf den Prospektinhalt als bloße Anpreisungen herunterzuspielen. Mit einer solchen, unstreitig unrichtigen Aussage hätte die Beklagte vielmehr ihre Aufklärungspflichten verletzt und sich dem Kläger gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht. Für einen Ursachenzusammenhang zwischen diesem Fehlverhalten und der Anlageentscheidung des Klägers spräche eine durch die Lebenserfahrung begründete Vermutung (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685, 687 f. Rn. 22 ff.).
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- 4. Aus beiden Gründen ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nachholen kann.
Herrmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 20.10.2005 - 321 O 464/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.04.2007 - 10 U 10/06 -
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 08.09.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Stendal - 23 O 498/08 - abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 63.000,00 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2003 zu zahlen unter Anrechnung folgender Vorabausschüttungen
3.030,30 Euro am 02.11.2007
1.212,12 Euro am 28.06.2007
1.818,18 Euro am 14.02.2008
sowie Zug um Zug gegen Rückübertragung der Beteiligungsrechte an dem Fonds „N. GmbH & Co. KG“ auf die Beklagte.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zug um Zug angebotenen Übertragung der Fonds-Anteile in Verzug befindet.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.716,08 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2008 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung einer Beteiligung an einem Filmfonds wegen Falschberatung und unterlassener Aufklärung über eine geflossene Rückvergütung.
- 2
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung verwiesen, mit der Maßgabe, dass bereits in erster Instanz neben einer Falschberatung auch die sog. „kick-back-Rechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs Streitgegenstand war (vgl. Bl. 99, 120 f, 128 f I d.A.).
- 3
Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei anlage- und anlegergerecht beraten worden. Darauf, dass die Beklagte über eine weitere Provision der Beklagten neben dem zu zahlenden Agio nicht ausdrücklich hingewiesen habe, habe sich der Kläger nicht gestützt; im Übrigen habe der als Zeuge vernommene Bankmitarbeiter M. insoweit gemutmaßt, dass der Kläger die Anlage auch nach einem entsprechenden Hinweis gezeichnet hätte.
- 4
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er trägt vor, bei dem streitgegenständlichen Fonds handele es sich nicht um die von ihm gewünschte „ertragsorientierte“, sondern um eine spekulative, mindestens jedoch eine risikobewusste Anlageform. Der Zeuge M. habe ihn bereits deshalb nicht richtig beraten können, weil er nach seiner eigenen Aussage vor dem Landgericht offenbar selbst völlig falsche Vorstellungen über die Voraussetzungen eines Totalverlustes gehabt habe. Im Übrigen sei er, der Kläger, nicht konkret über die Rückvergütung aufgeklärt worden.
- 5
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.
II.
- 6
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg, denn der Kläger hat gegen die Beklagte den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB.
- 7
1. a) Die Beklagte hat gegen die Grundsätze der anlage- und anlegergerechten Beratung verstoßen.
- 8
a) Zwischen den Parteien ist hier - unstreitig - zumindest stillschweigend ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 26; OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, Rn. 35; OLG Hamm, Urt. v. 23.09.2009, 31 U 31/09, Rn. 52; jeweils zitiert nach juris). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei sind entscheidend einerseits der Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft, wobei das vom Kunden vorgegeben Anlageziel zu berücksichtigen ist („anlegergerechte“ Beratung), sowie andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa Konjunkturlage und Entwicklung des Kapitalmarkts, und die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Gegebenheiten des Anlageobjekts ergeben („objektgerechte“ Beratung). Über diese Umstände hat die Bank richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten, soweit diese für das konkrete Anlagegeschäft von Bedeutung sind (vgl. BGHZ 123, 126, 128 f; BGH, WM 2000, 1441, 1442; OLG Düsseldorf, OLGR 1997, 159 f).
- 9
b) aa) In dem Protokoll zur Kundenberatung vom 20.11.2003 sind hinter der Frage „Wie beschreibt der Anleger seine Anlagementalität?“ vier Optionen vorgesehen, nämlich „auf Sicherheit der Anlage bedacht“, „ertragsorientiert“, „risikobewusst“ und „spekulativ“, wobei die zweite Möglichkeit „ertragsorientiert“ angekreuzt worden ist. Anders als bei einem Immobilienfonds ist mit der Beteiligung an einem Filmfonds aber von vornherein ein erhöhtes Risiko verbunden, das darin besteht, dass der Misserfolg der Produktion unmittelbar einen entsprechenden Verlust des eingebrachten Kapitals nach sich ziehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.2009, XI ZR 338/08, Rn. 28). Eine solche Anlage passt daher von vornherein nur zu einem zumindest „risikobewussten“ Anleger. Ob der Kläger vor der streitgegenständlichen Anlage bei anderen Anlagen eine höhere Risikobereitschaft an den Tag gelegt hat, tut angesichts des in Bezug auf die streitgegenständliche Anlage klar zum Ausdruck gekommenen Wunsches nach einer lediglich „ertragsorientierten“ Anlage nichts zur Sache, zumal die Fondsbeteiligung unstreitig aus Sparvermögen bezahlt worden ist, dessen Vorhandensein allein bereits verdeutlicht, dass der Kläger hier nicht allzu risikofreudig gewesen sein kann.
- 10
bb) Darüber hinaus hat die Beklagte nicht hinreichend deutlich auf die Möglichkeit eines Totalverlustes hingewiesen.
- 11
(1) Zwar hat der Zeuge M. ausgesagt, einen derartigen Hinweis erteilt zu haben. Der Zeuge hatte aber offenbar selbst völlig diffuse Vorstellungen über den Begriff des Totalverlustes, denn er hat hierzu im Landgerichtstermin vom 18.08.2009 ausgesagt: „Ein Totalverlust ist nach meiner Vorstellung dann eingetreten, wenn das Finanzamt die steuerliche Wirkung nicht anerkennen würde. Das wäre dann, wenn keine Erträge erzielt würden. Ein Totalverlust hieße, es wäre überhaupt kein Geld da. ... ein Totalverlust liegt für mich vor, wenn weder Ausschüttungen erfolgen, noch ein Vorteil in der Einkommenssteuer vorliegt. Aus meiner Sicht tritt ein Totalverlust eben nicht ein, wenn die steuerliche Komponente berücksichtigt wird“ (Bl. 180 f I d.A.). Vor diesem Hintergrund konnte der Zeuge M. den Kläger naturgemäß nicht zutreffend darüber aufklären, dass der Misserfolg der Produktion unmittelbar einen Verlust des eingebrachten Kapitals nach sich ziehen konnte.
- 12
(2) Insoweit kann sich die Beklage auch nicht auf den bei der Beratung (hier mit-) verwendeten (vgl. dazu OLG Oldenburg, Urt. v. 24.09.2008, 3 U 54/07, Rn. 87 ff, zitiert nach juris) Prospekt berufen. Dort findet sich auf Seite 53 unter der Überschrift „Risiken der Beteiligung“ im zweiten Absatz zwar der Hinweis, es bestehe „infolge zukünftiger wirtschaftlicher oder rechtlicher Entwicklungen die Möglichkeit, dass die tatsächlichen Ergebnisse der Beteiligungsgesellschaft von den prognostizierten Ergebnissen negativ abweichen und zu einer Reduzierung oder Verschiebung der prognostizierten Ausschüttungen bzw. im Extremfall ggf. zum Verlust der Kommanditeinlage führen“ könnten. Unmittelbar vorher, am Ende des vorangehenden Absatzes, heißt es aber, die Konzeption des vorliegenden Beteiligungsangebots beinhalte „gewisse Sicherungselemente (Vorzugserlöse aus der Rahmenvertriebsvereinbarung, s.S. 19, sowie vom Filmerfolg unabhängige Mindesterlöse s.S. 20), die lediglich eine Minimierung des Risikos für die Beteiligungsgesellschaft und letztendlich für die Anleger darstellen“. Unmittelbar nach dem Hinweis auf das Risiko eines Totalverlusts wird dann ausgeführt, dass „die Beteiligungsgesellschaft grundsätzlich eine Begrenzung spezifischer Produktionsrisiken durch den Abschluss von üblichen Versicherungen und einer Fertigstellungsgarantie sicherstellen“ werde; dennoch könnten „unerwartete Ereignisse eintreten, die ggf. zu negativen Auswirkungen auf das Ergebnis der Beteiligungsgesellschaft führen“ könnten. Der im Prospekt vorhandene Hinweis auf das Risiko eines Totalverlusts ist damit eingebettet in Ausführungen, die ersichtlich den Gesamteindruck vermitteln sollen, dass der Anleger mit seiner Beteiligung nur ein äußerst begrenztes Risiko eingeht. Dies stellt keine hinreichend klare, sondern eine im Hinblick auf die spezifischen Risiken eines Filmfonds irreführende und verharmlosende Information über das Risiko eines Totalverlusts dar (vgl. BGH, Urt. v. 06.03.2008, III ZR 298/05, Rn. 22, zitiert nach juris; WM 2007, 1503, 1504, Rn. 15; 1507, 1509, Rn. 14; OLG München, Urt. v. 18.07.2007, 20 U 2052/07, Rn. 35; vgl. auch OLG Oldenburg, Urt. v. 24.09.2008, 3 U 54/07, Rn. 89-100; jeweils zitiert nach juris).
- 13
2. Unabhängig von der vorliegenden Falschberatung hat die Beklagte - wie der Senat in ähnlichen Fällen bereits mehrfach nach § 522 Abs. 2 ZPO entschieden hat (siehe Senat, 6 U 99/09: Hinweisbeschluss vom 30.09.2009 und Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO vom 21.10.2009 sowie Senat, 6 U 106/09: Hinweisbeschluss vom 15.10.2009 und Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO vom 29.10.2009) - ihre Pflicht zur Aufklärung über die erhaltene Rückvergütung verletzt, weil sie dem Kläger verschwiegen hat, dass von den 10,5 % Eigenkapitalvermittlungsgebühr, welche die G. erhielt, 9 %, d.h. über das Agio i.H.v. 5 % hinaus weitere 4 % an die Beklagte geflossen sind.
- 14
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 19.12.2006, XI ZR 56/07; Beschluss vom 20.01.2009, XI ZR 510/07; Urteil vom 12.05.2009, XI ZR 586/07; jeweils zitiert nach juris) ist ein Anlageberater verpflichtet, den Anlageinteressenten über Rückvergütungen aufzuklären, die ihr der Eigenkapitalsuchende für den Fall der Zeichnung in Aussicht gestellt hat, und zwar unabhängig von der Höhe einer solchen Provision. Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, dass Anlageberater, anders als bloße Vermittler, in besonderem Maße persönliches Vertrauen des Anlegers in Anspruch nehmen. Stellt eine Fonds-Gesellschaft oder ein Emittent für die Vermittlung von Beteiligungen dem Berater eine Vergütung in Aussicht, ist damit ein Interessenkonflikt und eine Gefährdungssituation für den Anleger verbunden, denn dieser kann nicht ausreichend einschätzen, inwieweit sein Berater eine bestimmte Anlage nur im Eigeninteresse empfiehlt, um eine versprochene Provision zu verdienen (vgl. OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, Rn. 41, zitiert nach juris). In seiner Entscheidung vom 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 12, zitiert nach juris, hat der Bundesgerichtshof auch bereits ausdrücklich ausgeführt, dass es hinsichtlich der Verpflichtung zur Aufklärung über die Rückvergütung keinen Unterschied macht, ob der Berater Beteiligungen an Aktien- oder Medienfonds vertreibt, weil der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt in beiden Fällen der gleiche und in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG lediglich der auch zivilrechtlich anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden ist.
- 15
b) Die von den Banken in einer ganzen Reihe von Parallelverfahren gegen diese höchstrichterliche Rechtsprechung ins Feld geführten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht.
- 16
aa) Das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot führt nicht dazu, dass eine von einer bis dahin in der Literatur vertretenen Meinung abweichende neue Rechtsprechung nur für die Zukunft wirkt. Änderungen in der Rechtsprechung sind durchaus nicht selten und teilweise mit ganz erheblichen Auswirkungen für eine Vielzahl von Fällen verbunden. Entscheidend ist hier, dass nie eine konsistente höchstrichterliche Entscheidung zu Gunsten der Banken vorlag, wonach diese über den hier vorliegenden Interessenkonflikt nicht aufzuklären brauchten (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 55, 56, zitiert nach juris). Bei dieser Sachlage konnte es durch eine anderslautende gerichtliche Entscheidung von vornherein nicht zu einer rückwirkenden Beseitigung erworbener Rechte kommen (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 70; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 27; OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 86; Urt. v. 23.11.2004, 6 U 76/04, Rn. 30; Urt. v. 23.11.2004, 6 U 82/03, Rn. 49; jeweils zitiert nach juris).
- 17
bb) Der Bundesgerichtshof greift mit seiner Rechtsprechung auch nicht verfassungswidrig in das Grundrecht der Berufungsfreiheit (Art. 12 GG) des Anlageberaters ein, weil er außerhalb des Geltungsbereiches des Wertpapierhandelsgesetzes ohne besondere gesetzliche Grundlage die beschriebene Aufklärungspflicht angenommen hat. Auch bei wertpapierbezogenen Anlageberatungen folgt die Aufklärungspflicht nämlich nicht aus der öffentlich-rechtlichen (vgl. Fuchs, Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz, Rn. 56 vor § 31 bis 37a) Vorschrift des § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, sondern aus den §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Zivilgerichte den Inhalt von Pflichten im Einzelfall durch Vertragsauslegung unter Anwendung abstrakter Prinzipien wie dem Vertrauensprinzip im Bankgeschäft, dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der kommissionsrechtlichen Pflicht zur Interessenwahrung (§ 384 HGB) und vorvertraglichen Pflichten (§ 311 Abs. 2 BGB) bestimmen (vgl. Fuchs, a.a.O., Rn. 59, 60 – 62). Dabei können sie auch grundsätzliche Wertungen aus kapitalmarktrechtlichen Vorschriften außerhalb deren unmittelbar öffentlich rechtlichem Anwendungsbereich heranziehen. Wie oben bereits erwähnt, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 12, zitiert nach juris, daher ausdrücklich betont, dass die Pflicht zur Vermeidung eines Interessenkonflikts zwar in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. normiert ist, sich aber nicht auf den Anwendungsbereich dieses Gesetzes beschränkt. Ein verfassungswidriger Eingriff in die Berufsfreiheit liegt demnach nicht vor (so im Ergebnis auch OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 70 und OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, Rn. 47, jeweils zitiert nach juris, sowie mit weitergehender Begründung OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 36-53).
- 18
cc) Im Übrigen kann es weder unter dem Gesichtspunkt der Berufsausübungsfreiheit noch dem Rückwirkungsverbot Aufgabe des Verfassungsrechts sein, es den Banken zu ermöglichen, das ersichtlich treuwidrige Verschweigen eines massiven Interessenkonflikts risikolos bis zu dem Zeitpunkt weiterführen zu können, in dem die höchstrichterliche Rechtsprechung – was sie anderen Berufsgruppen gegenüber längst getan hatte (dazu unten) – speziell auch ihnen dies erstmals ausdrücklich untersagt.
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c) Entgegen der Auffassung der Beklagten beinhaltet der Prospekt keine ausreichende Aufklärung des Anlegers.
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Daraus, dass der Anleger auf Seite 25 des Prospekts erfährt, dass die G. berechtigt ist, zur Vermittlung des Eigenkapitals der Beteiligungsgesellschaft ganz oder teilweise Dritte zu beauftragen, auf den Seiten 39 und 50 allgemein von an die G. oder andere Vertriebspartner zu zahlende Eigenkapitalvermittlungskosten bzw. auf Seite 63 von einer Eigenkapitalvermittlungsgebühr i.H.v. 5,5 % die Rede ist, lässt sich die vom Bundesgerichtshof geforderte Aufklärung nicht entnehmen. Hieraus wird bereits nicht deutlich, dass es sich bei diesen nicht weiter bezeichneten Vertriebspartnern letztlich um die beratenden Banken handelt, welche mit den Anlegern in direkten Kontakt treten. Insbesondere lässt sich nicht ermessen, in welchem Umfang die G. ihre eingesetzten Vertriebspartner an den ihr zufließenden Anteil des gezeichneten Kapitals teilnehmen lässt und ob es sich hierbei überhaupt um eine umsatzabhängige Provision handelt. Der Anleger bleibt letztlich zu Art und Umfang einer solchen Provision im Unklaren (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2006, XI ZR 56/05, Rn. 24, zitiert nach juris) und kann deshalb ein mögliches Umsatzinteresse der beratenden Bank nicht einschätzen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 31; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 56; OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, Rn. 42; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 23; OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 57; jeweils zitiert nach juris; OLG München, Beschl. v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, S. 3, 1. Absatz). In der Entscheidung des BGH vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07), der ein Fall zu Grunde lag, in dem Vertriebskosten grundsätzlich ebenfalls erwähnt waren, heißt es unter Rn. 13 ausdrücklich, dass die Beklagte den (dortigen) Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs über den Interessenkonflikt informieren musste. Insoweit liegt es auf der Hand, dass die Beklagte die unterlassene Aufklärung im persönlichen Beratungsgespräch über einen grundlegenden Interessenkonflikt der vorliegenden Art auch nicht durch einzelne verstreute und zudem insbesondere zur Höhe der Provision unvollständige Angaben im Prospekt ersetzen kann. Zwar lässt sich dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07) nicht entnehmen, dass eine Pflicht zur Mitteilung der genauen Höhe der Provision besteht. Letzteres ergibt sich aber bereits aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2006, XI ZR 56/07, Rn. 24, zitiert nach juris. Soweit demgegenüber das OLG Frankfurt (Urt. v. 24.06.2009, 17 U 307/08, Rn. 450, 51, zitiert nach juris) eine Aufklärungspflichtverletzung unter Hinweis auf die rechtzeitige Übergabe des Prospektes verneint und sich zur Begründung auf die Entscheidung des BGH vom 25.09.2007 (XI ZR 320/06, zitiert nach juris) beruft, weicht es damit von der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab. Zudem hat sich der Bundesgerichtshof in der vom OLG Frankfurt zitierten Entscheidung auch nicht mit der Aufteilung einer Vertriebsprovision und einem Eigeninteresse des Anlageberaters befasst, sondern zur Aufklärung über die Werthaltigkeit und Rentabilität einer Anlage und ihrer Aushöhlung durch sogenannte „weiche“ Kosten Stellung bezogen (Rn. 15 und 16 a.a.O.). Daraus lässt sich nicht ableiten, dass ein Prospekt, der die Höhe der Kapitalbeschaffungskosten zutreffend ausweist, bereits auf das spezifische Eigeninteresse der beratenden Bank schließen lässt und weitere individuelle Aufklärung hierüber entbehrlich macht. Im Übrigen beruht die Entscheidung des OLG Frankfurt auf der Annahme, dass die fehlende Aufklärung über die genaue Höhe der Rückvergütung auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls für die Anlageentscheidung nicht kausal geworden sei und steht auch deshalb einer abweichenden Wertung im vorliegenden Fall nicht entgegen (so bereits OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, Rn. 58, zitiert nach juris).
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d) Die Beklagte ist auch nicht durch einen unvermeidbaren Rechtsirrtum entschuldigt, denn sie musste bei der im Jahre 2003 vorgenommenen Beratung mit einer entsprechenden Aufklärungspflicht rechnen.
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aa) Insoweit reicht bereits Fahrlässigkeit aus. Die Voraussetzungen für einen Rechtsirrtum, der neben dem Vorsatz auch die Fahrlässigkeitsschuld entfallen lässt, sind besonders streng (BGHZ 74, 281, 284, BGHZ 89, 296, 303; BGH NJW 2007, 428, 430). Der Schuldner hat die Rechtslage unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung umfassend zu prüfen. Entlasten kann ihn ein Rechtsirrtum nur dann, wenn er mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH NJW 2006, 3271). Bei einer zweifelhaften Rechtsfrage darf er nicht das Risiko, dass seine eigene Beurteilung sich später durch höchstrichterliche Entscheidungen als unzutreffend herausstellt, dem Gläubiger zuschieben (vgl. OLG München, Urt. v. 27.02.2009, 17 U 5587/06, Rn. 97, zitiert nach juris). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lag kein unvermeidbarer Verbotsirrtum vor; vielmehr lag es auf Hand, dass es treuwidrig ist, wenn eine als unabhängige Beraterin auftretenden Bank ihrem Kunden verschweigt, dass sie für ihre Beratungsleistungen von dritter Seite selbst eine Provision erhält.
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bb) Ergänzend zu der insoweit bereits vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 15, in Bezug genommenen Rechtsprechung zum Geschäftsbesorger und Kommissionär ist auf eine Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1904 hinzuweisen, wonach es Treu und Glauben widerspricht, wenn ein Bankier als Kommissionär seinem Kunden einen Teil seiner Bonifikation verschweigt (RG, JW 1905, 118). Auch für die Steuerberaterhaftung ist seit langem höchstrichterlich anerkannt, dass ein Steuerberater eine schwerwiegende Pflichtverletzung begeht, wenn er bei der Erteilung einer Anlageempfehlung seinem Mandanten nicht offenlegt, dass er für das Zustandekommen der Beteiligung eine Provision erhält (vgl. BGH, NJW 1985, 2523; NJW-RR 1987, 1381; NJW-RR 1991, 145). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestanden auch bereits Ansätze, die auf eine solche Pflicht der Bank hindeuteten (vgl. die Übersicht im Urteil des LG Wuppertal vom 12.03.2009, 3 O 240/08, Rn. 106-111, zitiert nach juris). So hat der BGH in seinem Urteil vom 19.12.2000 (NJW 2001, 962, 963), das alsbald in den bankrechtlichen Fachzeitschriften veröffentlicht worden ist (vgl. etwa WM 2001, 297 ff), bereits klargestellt, dass eine Bank dem Vermögensverwalter ihres Kunden gewährte Rückvergütungen wegen eines damit verbundenen Interessenkonfliktes offen legen muss. Dass dies für von der Bank im Rahmen der Anlageberatung selbst vereinnahmte Rückvergütungen erst recht gelten muss, war daher vorhersehbar (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 33; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 65; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 26; OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009, 17 U 371/08, Rn. 22; jeweils zitiert nach juris), zumal diese Auffassung in gewichtigen Teilen der Literatur seit jeher vertreten wurde (vgl. die Literaturhinweise bei OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 72, zitiert nach juris; OLG München, Beschl. v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, Seite 5 letzter Absatz, Seite 6 erster Absatz; OLG Celle, Urt. vom 01.07.2009, 3 U 257/08, Rn. 37; OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009, 17 U 371/08, Rn. 22; LG Heidelberg, Urt. v. 14.07.2009, 2 O 371/08, Rn. 125; LG Hamburg, Urt. v. 18.03.2009, 301 O 26/08, Rn. 38; jeweils zitiert nach juris). Darüber hinaus bestand, worauf der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 15, zitiert nach juris, ausdrücklich hingewiesen hat, bereits seit dem 26.05.1997 eine Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel, nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird. Nicht erst mit dem Erscheinen des Aufsatzes von Schirp/Mosgo „Aufklärungspflichten bei internen Provisionsvereinbarungen“ in BKR 2002, 354 musste die Beklage daher ernsthaft mit einer derartigen Offenlegungspflicht rechnen.
- 24
cc) Die Beklagte durfte hier auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vertrauen, wonach der Vermittler den Anleger auf eine im Anlagenprospekt nicht ausgewiesene Innenprovision nur hinweisen muss, wenn diese mindestens 15 % beträgt (vgl. BGH, NJW 2004, 1732, 1735). Nach einem Urteil des XI. Zivilsenats vom 25.09.2007 (BKR 2008, 199, 200) gilt dies zwar auch für eine Bank, die ihrem Kunden den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds empfiehlt. In dieser Entscheidung wird aber weder klargestellt noch angedeutet, dass die Rechtsprechung zur Offenbarungspflicht bei Rückvergütungen nicht auf geschlossene Fonds übertragbar wäre. Das Urteil vom 19.12.2006 (XI ZR 56/05) wird dort nicht einmal erwähnt, und es ist auch nicht ersichtlich, dass die Bank in dem zur Entscheidung stehenden Fall selbst an den Innenprovisionen teilgehabt hätte. Zudem haben die Pflicht zur Aufklärung über eine Innenprovision und die Pflicht zur Aufklärung über eine Rückvergütung völlig unterschiedliche Schutzrichtungen. Über eine Innenprovision von mehr als 15 % muss der Anleger aufgeklärt werden, weil sie keine Gegenleistung für die Schaffung eines Sachwerts darstellt und deshalb auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und eine geringere Rentabilität der Anlage schließen lässt. Diese Aufklärungspflicht besteht daher nur bei überhöhten Innenprovisionen, aber unabhängig davon, wer sie erhält. Auf eine ihr selbst zufließende Rückvergütung muss die Bank hingegen schon deshalb hinweisen, weil sie einen Interessenkonflikt und damit die konkrete Gefahr begründet, dass die Anlage nicht allein im Kundeninteresse empfohlen wird. Diese Offenbarungspflicht trifft daher nur den Anlageberater und gilt auch nur für dessen Rückvergütung, dafür aber unabhängig von deren Höhe (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 30, 34; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 51; OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009, 17 U 371/08, Rn. 18; jeweils zitiert nach juris).
- 25
dd) Vor diesem Hintergrund geht der Bundesgerichtshof in der vorliegenden Fallkonstellation ersichtlich vom Nichtvorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums aus. In seiner Entscheidung vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07) hat er einen solchen Irrtum erst gar nicht erwähnt, was sich auf Grund der Tatsache, dass die Fondsbeteiligung dort im Mai 2001 vermittelt worden war, geradezu aufgedrängt hätte, sofern es hierauf aus seiner Sicht angekommen wäre. In der Entscheidung vom 12.05.2009 (XI ZR 586/07) hat er für einen im Jahre 2001 geschlossenen Anlagevertrag wegen einer fehlenden Aufklärung über Rückvergütungen seitens des Wertpapierdienstleisters in einem Halbsatz und ohne weitere Begründung eine „ohne Zweifel vorliegende fahrlässige Beratungspflichtverletzung der Beklagten“ angenommen (a.a.O., zitiert nach juris, Rn. 18) und im Weiteren sogar eine Vorsatzschuld für nicht fernliegend erachtet. Dass hier kein vermeidbarer Verbotsirrtum vorliegt, ist damit endgültig geklärt (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 06.10.2009, 6 U 126/09, Rn. 60 sowie OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.03.2009, 17 U 371/08, Rn. 22; jeweils zitiert nach juris).
- 26
ee) Die einen Verbotsirrtum bejahenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Dresden, (Urt. v. 24.07.2009, 8 O 1240/08, Rn. 27-44, zitiert nach juris) und Oldenburg (Urt. v. 11.09.2009, 11 U 75/09 = BB 2009, 2390 ff) überzeugen hingegen nicht. Beide Gerichte stellen wesentlich darauf ab, dass zum jeweiligen Beratungszeitpunkt noch kein vergleichbar gelagerter Fall höchstrichterlich entschieden gewesen sei und verweisen in diesem Zusammenhang auf die vermeintlich entgegenstehende Rechtsprechung des III. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs. Diese betrifft nach Gegenstand (Anlagevermittlung) und rechtlicher Anknüpfung (Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage) jedoch gerade nicht die vorliegend bestehende Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten, welche - wie aufgezeigt - bereits in der früheren Rechtsprechung zu Beratungs- und Vermögensverwaltungsverträgen angelegt war (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 35).
- 27
ff) Bei dieser Sachlage ist ein Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, weil sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung zumindest fahrlässig nicht erkannt und es deshalb unterlassen hat, ihre Anlagenberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2009, XI ZR 586/07, Rn. 14; OLG Celle, Urt. v. 01.07.2009, 3 U 257/08, Rn. 38; jeweils zitiert nach juris; OLG München, Beschl. v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, S. 7 zweiter Absatz). Ferner ist nicht ersichtlich, wie die Beklagte ohne Sorgfaltsverstoß ausgeschlossen haben will, dass die Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG auch zivilrechtliche Wirkung entfaltet und warum dies trotz des oben dargestellten Standes von Literatur und Rechtsprechung im hier fraglichen Anlagezeitraum 2003 anders sein soll (vgl. OLG München, a.a.O., S. 7 letzter Absatz).
- 28
e) Die fehlerhafte Anlageberatung bzw. die Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten war auch für den Erwerb der Kapitalanlage und damit für den Schaden ursächlich.
- 29
Steht eine Beratungs- bzw. eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung beratungs- bzw. aufklärungsrichtigen Verhaltens, d.h. der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 09.02.2006, III ZR 20/05, zitiert nach juris, Rn. 23, 24; OLG Celle, VersR 2003, 61, 65; OLG Oldenburg, Urt. v. 24.09.2008, 3 U 54/07, Rn. 105). Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (BGH, Urteil vom 12.05.2009, X ZR 586/05, Rn. 22, zitiert nach juris). Danach obliegt es der Beklagten, eine solche Vermutung zu widerlegen. Mutmaßungen allgemeinerer Art genügen hierfür nicht. Vielmehr bedarf es konkreter Anhaltspunkte, die den Schluss zulassen, dass der jeweilige Anleger sich trotz richtiger Aufklärung für die Anlage entschieden hätte. Die Beklagte verkennt, dass es bei der Kausalität nicht nur um die Frage geht, ob der Anleger bei richtiger Beratung und pflichtgemäßer Offenbarung der Rückvergütung ebenso entschieden hätte, sondern auch darum, dass die Beklagte durch die unterlassene Aufklärung über die Rückvergütung das der Beratung zugrunde liegende Vertrauensverhältnis mit dem Anleger zerstört hat und es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass ein Anleger dieses pflichtwidrige Handeln akzeptiert, über das zerstörte Vertrauensverhältnis hinweggesehen und dessen ungeachtet den Abschluss getätigt hätte (vgl. OLG München, Beschl. v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, S. 4, 1. Absatz; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 73; jeweils zitiert nach juris). Wegen der ursprünglich vorgesehenen und nicht offen gelegten Innenprovision steht aus Sicht des Anlegers die Objektivität der Beratung und damit letztlich die Qualität der empfohlenen Anlage insgesamt in Zweifel. Daran ändert im vorliegenden Fall auch die Aussage des Zeugen M. im Landgerichtstermin vom 18.08.2009 nichts, wonach der Kläger „wohl nichts dagegen gehabt“ hätte, dass die Bank i.H.v. 9 % mitverdient (Bl. 188 I d.A.), denn insoweit handelt es sich lediglich um eine die inneren Entscheidungsvorgänge des Anlegers betreffende bloße Mutmaßung des Zeugen, die nicht durch eine konkrete diesbezügliche Äußerung des Klägers unterlegt ist (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 73).
- 30
f) Da die Fondsbeteiligung nicht fremdfinanziert, sondern aus Sparguthaben bezahlt worden ist, muss auf die Frage, ob eine Widerruflichkeit des Darlehensvertrages den Schaden entfallen lässt, hier nicht eingegangen werden (verneinend Senat, 6 U 99/09 und 6 U 106/09 sowie OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 75; OLG Celle, Urt. 21.10.2009, 3 U 86/09, Rn. 54; OLG Schleswig, Urt. v. 27.01.2005, 7 O 75/03, Rn. 33; jeweils zitiert nach juris).
- 31
3. Auf Grund der schuldhaften Verletzung der Beratungspflicht sowie der Pflicht zur Aufklärung über die erhaltene Rückvergütung hat die Beklagte den Kläger so zu stellen, als habe dieser nach erfolgter Aufklärung von der Zeichnung Abstand genommen. Der Anspruch richtet sich auf Rückzahlung des aufgewandten Betrages, Zug um Zug gegen Herausgabe der Beteiligung (vgl. BGHZ 115, 213, 221; OLG Stuttgart, ZIP 2009, 2185, 2192) und unter Anrechnung der zwischenzeitlichen Ausschüttungen (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 28, zitiert nach juris). Steuervorteile muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen, weil die Rückabwicklung der Beteiligung im Rahmen des Schadensersatzes zu einer Nachversteuerung führt und weder vorgetragen, noch ersichtlich ist, dass dem Kläger danach außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 42; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 29, 30; jeweils m.w.N., zitiert nach juris). Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Klageforderung zutreffend berechnet.
- 32
4. Dem Kläger fällt auch kein anspruchsminderndes Mitverschulden zur Last.
- 33
a) Derjenige, der seine Vertragspflicht zur Erteilung richtiger Auskunft verletzt hat, kann gegenüber dem Ersatzanspruch des Geschädigten nach Treu und Glauben nicht geltend machen, diesen treffe ein Mitverschulden, weil er der Auskunft vertraut und dadurch einen Mangel an Sorgfalt gezeigt hat. Ein mitwirkendes Verschulden kann nur in Betracht kommen, wenn der Kunde seinerseits Obliegenheiten zur Nachprüfung verletzt hat, wenn sich ihm der verschwiegene Umstand geradezu aufdrängen musste, oder er Warnungen Dritter nicht beachtet hat (vgl. KG, OLGR 2000, 96, 98). Davon, dass das mit der Beteiligung an einem Filmfonds bestehende Risiko jedermann bekannt sein muss, kann entgegen der Auffassung der Beklagten indes keine Rede sein.
- 34
b) Soweit es um die unterlassene Aufklärung über die Rückvergütung geht, greift der allein an das Beratungsverschulden anknüpfende Mitverschuldenseinwand ohnehin nicht (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 45).
- 35
5. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht verjährt.
- 36
a) Die dreijährige Frist des § 37 a WpHG ist hier nicht maßgeblich, weil es sich beim Erwerb einer Kommanditbeteiligung mangels Handelbarkeit an einem Markt nicht um ein Wertpapier i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 letzter Hs WpHG handelt und nur die Beratung bei der Anlage von Wertpapieren eine Wertpapierdienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 3a WpHG darstellt (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 14.05.2008, 23 U 225/06, Rn. 50; OLG München, Urt. v. 22.09.2005, 19 U 2529/05, Rn. 56; OLG Stuttgart, Urt. v. 23.04.2007, 5 U 157/06, Rn. 55; jeweils zitiert nach juris).
- 37
b) Die Verjährungsfrist beträgt daher gem. §§ 195, 199 BGB drei Jahre ab dem Schluss des Jahres der Kenntniserlangung von der Pflichtverletzung (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009, 14 U 98/08, Rn. 91; OLG Oldenburg, Urt. v. 24.09.2008, 3 U 54/07, Rn. 107; Saarländisches OLG, Urt. v. 21.08.2008, 8 U 289/07, 39 ff; jeweils zitiert nach juris).
- 38
aa) Hinsichtlich der Beratungspflichtverletzung lässt sich entgegen dem Vortrag der Beklagten nicht feststellen, dass der Kläger bereits am 10.09.2004, jedenfalls aber im November 2005 von der Falschberatung Kenntnis erlangt hat. Bei der von der Beklagten vorgelegten Information vom 10.09.2004 (Anlage B 33) handelt es sich um ein nicht ausgefülltes Formularschreiben „Für Beitritte 2002“ (der Kläger ist erst 2003 beigetreten); bei dem nach „Sehr geehrter“ der Namen des Klägers fehlt. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bereits im September 2004 Kenntnis von der Schieflage des Fonds erlangt hat. Der e-mail des Klägers vom 29.07.2008 (Anlage B 29) lässt sich lediglich entnehmen, dass ab November 2005 die im Prospekt versprochene Rendite nicht erreicht wurde. Eine vor Ablauf des Jahres 2005 erlangte Kenntnis des Klägers von dem Totalverlust lässt sich damit nicht belegen, sodass der Anspruch wegen Beratungsverschuldens nicht verjährt ist.
- 39
bb) Hinsichtlich der verschwiegenen Rückvergütung kann sich die Beklagte ebenfalls nicht auf Verjährung berufen, denn davon, dass die von der auf Seite 25 des Prospekts genannte Vermittlungsgebühr der G. i.H.v 10,5 % fast vollständig, nämlich i.H.v. insgesamt 9 %, d.h. 5 % Agio plus weitere 4 Prozent an die von der G. mit der Vermittlung unterbeauftragte Bank (vgl. Bl. 129 I d.A.) geflossen ist, hat der Kläger erst durch die Aussage des Zeugen M. im Landgerichtstermin vom 18.08.2009 Kenntnis erlangt (Bl. 188 I d.A.).
- 40
6. Der Feststellungsantrag ist ebenfalls begründet (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 45; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 87; jeweils zitiert nach juris).
III.
- 41
Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 2 BGB. Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten ergibt sich aus § 280 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 286 BGB (vgl. Palandt-Grüneberg, § 286, Rn. 44, 45) und ist nach Nr. 2300 und 7002 VV RVG zutreffend berechnet.
- 42
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO.
- 43
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).
- 44
Die Frage eines Aufklärungsverschuldens ist ebenso wie die eines unvermeidbaren Rechtsirrtums durch den Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 20. Januar 2009 und Urteil vom 12.05.2009 bereits endgültig geklärt. Bei dieser Sachlage obliegt es nicht dem Senat, sondern allein den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Oberlandesgerichten Frankfurt (Urt. v. 24.06.2009, 17 U 307/08), Dresden (Urt. v. 24.07.2009, 8 U 1240/08) und Oldenburg (Urt. v. 11.09.2009, 11 U 75/08), die Revision zuzulassen (so bereits Senat 6 U 99/09 und 6 U 106/09 sowie OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, 9 U 30/09, Rn. 51; OLG Hamm, Urt. v. 25.11.2009, 31 U 70/09, Rn. 91, 92; Urt. v. 23.09.2009, 31 U 31/09, Rn. 95; OLG Celle, Urt. v. 21.10.2009, 3 U 86/09, Rn. 61; Urt. v. 01.07.2009, 3 U 257/08, Rn. 46; jeweils zitiert nach juris; OLG München, Beschl. nach § 522 Abs. 2 ZPO v. 11.08.2009, 19 U 2098/09, Seite 6, zweiter Absatz sowie Beschl. v. 17.07.2009, 25 U 1614/09).
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kläger haben die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die klagenden Eheleute beteiligten sich unter Vermittlung des Beklagten durch Beitrittserklärungen vom 28. April 2001 über eine Treuhandkommanditistin mit einem Betrag von 35.000 DM zuzüglich 5 % Agio an der F. F. C. T. GmbH & Co. 1. Produktions KG (im folgenden: Filmfonds).
- 2
- Sie nehmen den Beklagten mit dem Vorwurf, dieser habe sie nicht über die mit der Zeichnung des - nach ihrer Behauptung wirtschaftlich notleidenden - Filmfonds verbundenen Risiken aufgeklärt, auf Schadensersatz in Anspruch. Landgericht und Oberlandesgericht haben die auf Zahlung von 21.090,79 € (ab der Berufungsinstanz: hilfsweise Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus dem Treuhandvertrag der Kläger) gerichtete Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Klaganspruch weiter.
Entscheidungsgründe
- 3
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat sich - wie schon das Landgericht - nicht imstande gesehen, einen Verstoß des Beklagten gegen seine Verpflichtung als Anlagevermittler festzustellen, die Kläger richtig und vollständig über alle für die vorliegende Vermögensanlage wichtigen Umstände zu informieren. Der Beklagte habe seiner (sekundären) Darlegungslast insoweit durch die Behauptung Genüge getan, den Klägern einen umfassenden Anlageprospekt mit Hinweisen auf die Risiken des Anlagenfonds übergeben zu haben, und zwar so rechtzeitig, dass sie den Prospekt ausreichend hätten prüfen können. Dieser Vortrag des Beklagten sei durch die Beweisaufnahme nicht widerlegt worden, was infolge der Beweislast der Kläger für eine Pflichtverletzung des Beklagten zu Lasten der Kläger gehe. Eine andere Verteilung der Beweislast komme nur in Betracht, wenn die Verletzung einer vertraglichen Hauptpflicht, etwa die Erfüllung einer Auskunftspflicht nach § 666 BGB, im Streit wäre. Zu diesen Pflichten könne die Übergabe des Verkaufsprospekts nicht gezählt werden, sie bleibe eine Nebenpflicht im Rahmen der Informations- und Auskunftspflicht.
II.
- 5
- Die hiergegen von der Revision erhobenen Beanstandungen sind unbegründet.
- 6
- 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht die Beweislast dafür, ob der Beklagte im Zusammenhang mit der Vermittlung des Filmfonds den Klägern rechtzeitig vor deren Anlageentscheidung einen Prospekt der Anlage übergeben hat, den Klägern auferlegt.
- 7
- a) Nach den allgemeinen Regeln über die Beweislastverteilung trifft denjenigen , der einen Anspruch geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen. Macht - wie hier - der Kapitalanleger gegen den Vermittler Schadensersatz mit der Behauptung geltend, die ihm vom Vermittler erteilten Informationen seien unrichtig bzw. unvollständig gewesen, so trägt er für die von ihm behauptete Schlechterfüllung des Auskunftsvertrages - unbeschadet der insoweit bestehenden sekundären Behauptungslast der Gegenseite - die Darlegungs- und Beweislast (Palandt/Sprau, BGB 65. Aufl. § 675 Rn. 38; vgl. auch Palandt/Heinrichs aaO § 280 Rn. 36 m.w.N.; MünchKomm-BGB/Wenzel 4. Aufl. § 363 Rn. 1). Auf dieser Linie liegt auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffend die Beweislast bei Schadensersatzansprüchen wegen unzureichender Beratung durch einen Rechtsanwalt (vgl. BGH, Urteile vom 5. Februar 1987 - IX ZR 65/86 - NJW 1987, 1322, 1323 und vom 22. September 1987 - IX ZR 126/86 - NJW 1988, 706) oder durch einen Steuerberater (BGH, Urteile vom 3. Dezember 1992 - IX ZR 61/92 - NJW 1993, 1139, 1140; 11. Mai 1995 - IX ZR 130/94 - NJW 1995, 2842, 2843 und 4. Juni 1996 - IXZR 246/95 - NJW 1996, 2571, 2572). Die jedenfalls teilweise abweichende Rechtsprechung des früheren IVa-Zivil- senats hinsichtlich der Beweislast bei Steuerberatungsverträgen (in dem von der Revision herangezogenen Urteil vom 24. März 1982 - IVa ZR 303/80 - BGHZ 83, 260, 267 = NJW 1982, 1516, 1517), die bereits in dem Urteil vom 22. Januar 1986 desselben Senats (IVa ZR 105/84, NJW 1986, 2570) eingeschränkt wurde, hat der jetzt für Ansprüche aus steuerlicher Beratung zuständige IX. Zivilsenat aufgegeben (Urteile vom 4. Juni 1996 aaO und vom 3. Dezember 1992 aaO; vgl. auch Urteil vom 11. Mai 1995 aaO).
- 8
- b) Dagegen betrifft das von der Revision und in dem Urteil des OLG Hamm (OLG-Report 2003, 238) für die gegenteilige Auffassung zur Beweislast zitierte Senatsurteil vom 11. Dezember 1992 (III ZR 133/91, NJW 1993, 1704, 1706) eine andere Fallkonstellation: Es ging dort nicht um die Frage einer Schlechterfüllung durch den in Anspruch Genommenen oder um die Verletzung von Verhaltens- und Schutzpflichten wie bei der positiven Vertragsverletzung, sondern um die Erfüllung von vertraglichen Haupt- oder Nebenleistungspflichten , d.h. darum, ob eine vertragliche Leistungspflicht (dort Mitteilungspflicht nach § 666 BGB) überhaupt (rechtzeitig) erfüllt worden war. Das betrifft den vorrangigen Grundsatz, dass der Schuldner, auch dann, wenn gegen ihn ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird, die Erfüllung als solche beweisen muss (Palandt/Heinrichs aaO § 280 Rn. 35; Palandt/Grüneberg aaO § 363 Rn. 1; MünchKomm/Wenzel aaO Rn. 1).
- 9
- Hier geht es dagegen - auch wenn im Urteil des Berufungsgerichts möglicherweise Gegenteiliges anklingt - nicht um eine isoliert geschuldete Leistungspflicht des Vermittlers auf Aushändigung eines Anlageprospekts an den Anlageinteressenten. Vielmehr ist die Aushändigung des Anlageprospekts im Zusammenhang mit der Vermittlung einer Vermögensanlage nur ein Element im Rahmen der geschuldeten Unterrichtung des Interessenten. Sie ist eines von mehreren Mitteln, die dem Aufklärungspflichtigen (hier: Anlagevermittler) helfen, sich seiner Pflicht zur Information zu entledigen (vgl. Assmann, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl. § 7 Rn. 62; Schödermeier/Baltzer in: Brinkhaus /Scherer KAGG § 19 Rn. 9, 17).
- 10
- c) Bei dieser grundsätzlichen Ausgangslage zur Darlegungs- und Beweislast für den Fall einer vom Anspruchsteller behaupteten Schlechterfüllung lässt sich die gegenteilige Auffassung des OLG Hamm (aaO S. 239) für den Fall des Streits über die Übergabe des Prospekts einer in Betracht gezogenen Kapitalanlage auch nicht allein mit dem Argument (OLG Hamm aaO) halten, der Beweis, einen körperlichen Gegenstand übergeben zu haben, lasse sich unschwer dadurch führen, dass der Anlagevermittler sich diese Tatsache quittieren lasse. Diesem Umstand mag eine Indizwirkung zukommen. Zu einer Beweislastumkehr führt er de lege lata nicht. Soweit keine andere spezialgesetzliche Regelung vorliegt (s. etwa § 37d Abs. 4 Satz 2 WpHG), hat es also bei der herkömmlichen Beweisregel sein Bewenden.
- 11
- 2. Die Vorinstanzen haben daher den Schadensersatzanspruch der - nach der unangegriffenen Beweiswürdigung des Berufungsgerichts beweisfälligen - Kläger gegen den Beklagten mit Recht abgewiesen.
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 20.02.2004 - 28 O 563/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 02.08.2005 - 21 U 77/04 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Streitwert für das Revisionsverfahren beträgt für die Zeit bis zur Erledigungserklärung 53.685,65 €, für die Zeit danach bis zu 9.000 €.
Gründe:
- 1
- Die auch in der Revisionsinstanz zulässige Erledigungserklärung führt dazu, dass gemäß § 91 a ZPO über die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden ist, ohne dass dabei schwierige rechtliche oder tatsächliche Fragen abschließend geklärt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2006 - IV ZR 28/05, VersR 2007, 84, Tz. 2 m.w.N.).
- 2
- 1. Bei der danach vorzunehmenden summarischen Prüfung hätte das Berufungsurteil voraussichtlich keinen Bestand gehabt, soweit die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts in Bezug auf die Beklagte zu 3) zurückgewiesen worden ist. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hätte die Klage gegen die Beklagte zu 3) unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der schuldhaften Verletzung eines Beratungsvertrages Erfolg gehabt.
- 3
- a) Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Anlageberater, der seinen Kunden unter Verwendung eines fehlerhaften Prospektes über eine bestimmte Fondsanlage berät, nicht darlegungs- und beweispflichtig dafür ist, dass er den Prospektfehler in dem Beratungsgespräch richtig gestellt hat.
- 4
- aa) Im Ansatz zutreffend ist, dass derjenige, der Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Beratung geltend macht, dafür die Darlegungs- und Beweislast trägt, wobei aber die Grundsätze der sekundären Darlegungslast zu beachten sind (st. Rspr., vgl. u.a. Senatsurteil vom 27. Juni 2000 - XI ZR 174/99, WM 2000, 1685, 1686 m.w.N.).
- 5
- bb) Das Berufungsgericht hat aber verkannt, dass derjenige Anlageberater , der - was vorliegend unstreitig ist - dem Anlageinteressenten in dem Beratungsgespräch einen Verkaufsprospekt vorlegt und diesen zur Grundlage seiner Beratung macht, obwohl dieser Prospekt fehlerhaft ist, den Anleger falsch beraten hat. Die Pflichtverletzung des Anlageberaters steht aufgrund der Übergabe des falschen Prospektes (vgl. zur Fehlerhaftigkeit des Prospektes BGH, Urteil vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725, Tz. 22, vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2009 - XI ZR 342, 345, 346/08) fest. Sie entfällt nur dann, wenn er diesen Fehler berichtigt hat. Dafür, dass er dies getan hat, ist aber der Anlageberater und nicht etwa der Anleger beweispflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2009 - III ZR 17/08, WM 2009, 739, Tz. 14 m.w.N. zur Plausibilitätsprüfung ). Vorliegend kommt hinzu, dass der Zeuge J. nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zu 3) unstreitig den Prospektfehler nicht berichtigt hat.
- 6
- b) Auch die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 3) treffe kein Verschulden, weil sie sich auf das Prospektprüfungsgutachten habe verlassen dürfen, ist rechtsfehlerhaft. Das Verschulden der Beklagten zu 3) wird vermutet (§ 282 BGB aF). Der Aufklärungspflichtige muss, wenn er sich entlasten will, darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft (BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542, Tz. 18).
- 7
- Ein aa) Anlageberater ist nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 178, 149, Tz. 12 m.w.N.) selbst zur Überprüfung des Prospektes verpflichtet. Er kann sich hierzu zwar eines Gehilfen bedienen (Senat aaO, Tz. 16); die Beklagte zu 3) hat aber vorgetragen, die frühere Beklagte zu 2) nicht beauftragt zu haben. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war der Prospektfehler auch nicht "extrem schwer" feststellbar, sondern unmittelbar aus dem Prospekt ersichtlich, so dass ihn die Beklagte zu 3) bei der ihr obliegenden gebotenen kritischen Prüfung hätte erkennen können.
- 8
- bb) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann sich die Beklagte zu 3) auch nicht auf einen Rechtsirrtum berufen, da sie bereits für eine fahrlässige Falschberatung haftet und bei Fahrlässigkeit das Verschulden nur dann entfällt, wenn der Rechtsirrtum unvermeidbar war (vgl. BGHZ 118, 201, 208). Der Vortrag der insofern darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten zu 3) vermag einen solchen unvermeidbaren Rechtsirrtum nicht zu belegen. Es gab im Zeitpunkt des Beratungsgesprächs entgegen ihrer Ansicht keine Rechtsprechung , die es einer Bank, die im Rahmen eines Beratungsvertrages Kapitalanlegeempfehlungen abgibt, erlaubt hätte, ihrer Prospektprüfungspflicht nicht nachzukommen. Das Gegenteil ergab sich aus dem Bond-Urteil des erkennenden Senats (BGHZ 123, 126, 129).
- 9
- 2. Die Beklagte zu 3) hat daher die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ist wie geschehen abzuändern. Hinsichtlich der Kostenentscheidung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens bleibt es bei der Kostenentscheidung des Senatsbeschlusses vom 19. Mai 2009.
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 31.07.2006 - 27 O 2831/05 -
OLG München, Entscheidung vom 28.07.2008 - 21 U 4527/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Senat hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 ZPO). Er hat das Vorbringen der Beklagten umfassend geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
- 2
- Insbesondere hat sich der Senat sowohl im Beschluss vom 9. März 2011 (WM 2011, 925 Rn. 32 ff.) als auch im Beschluss vom 19. Juli 2011 (WM 2011, 1506 Rn. 7 ff.) eingehend mit der Frage der Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlagen auseinandergesetzt. Die Beklagte verkennt in diesem Zusammenhang, dass gemäß den Ausführungen im Senatsbeschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 35) die anlageberatende Bank die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts hat, der zum Nichteingreifen der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens führen würde. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens tritt bereits dann ein, wenn eine fehlerhafte Beratung feststeht. Nur dann, wenn bei einer zutreffenden Beratung ein Entscheidungskonflikt beim Anleger vorliegt, greift die Vermutung nicht ein. Diese der Bank günstige Ausnahme von der Regel muss die Bank, die sich darauf beruft, auch darlegen und gegebenenfalls beweisen. Dem entspricht entgegen der Ansicht der Revision auch die bisherige Handhabung durch den Senat.
II.
- 3
- Entgegen der Annahme der Beklagten, die sich auf eine Anmerkung von Nobbe (BKR 2011, 302 ff.) zu dem Senatsbeschluss vom 9. März 2011 (WM 2011, 925 ff.) bezieht, enthält der angegriffene Beschluss keine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innen- oder Vertriebsprovisionen, sondern wendet die bereits bisher geltenden Grundsätze an.
- 4
- 1. Wie bereits in dem Senatsbeschluss vom 9. März 2011 dargestellt, sind Innenprovisionen nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die bei einem Fonds aus dem Anlagevermögen gezahlt werden. Über sie muss bei einem Fonds unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen können (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Positionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, sodass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, sodass dieser das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
- 5
- Danach handelt es sich in dem zugrunde liegenden Fall um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, weil in den Anlageprospekten zwar verschiedene Provisionen offen ausgewiesen sind, jedoch nicht angegeben wird, dass und in welcher Höhe die Beklagte als beratende Bank diese Provisionen - teilweise - bezieht.
- 6
- 2. Die Auffassung, hierin liege eine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innenprovisionen bzw. Vertriebsprovisionen, lässt sich nicht auf das Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 (XI ZR 338/08, ZIP 2009, 2380 ff.) stützen. Aus diesem Urteil folgt keineswegs , dass "im Anlageprospekt offen ausgewiesene Innenprovisionen, d.h. im Anlagebetrag enthaltene Vertriebsprovisionen … expressis verbis keine auf- klärungspflichtigen Rückvergütungen" sind. Diese - auch terminologisch verfehlte (der Begriff "offen ausgewiesene Innenprovision" ist ein Widerspruch in sich) - Annahme beruht - ebenso wie die Darstellung von Nobbe (aaO S. 302) - auf einer falschen Wiedergabe des Sachverhalts dieses Senatsurteils. Damals hatte die beratende Bank gerade keine versteckte "Innenprovision kassiert". Das lässt sich sowohl dem Senatsurteil als auch dem Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Frankfurt sowie dessen Urteil im Parallelverfahren entnehmen. Der Senat hat an diesem Tag zwei Urteile zu im Wesentlichen gleich gelagerten Parallelfällen erlassen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 ff. vollständig abgedruckt; Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, aaO vollständig abgedruckt, in WM 2009, 2306 f. in Auszügen abgedruckt). In diesen Fällen waren die Provisionen der Höhe nach korrekt im rechtzeitig übergebenen Prospekt angegeben. Die beratende Bank war ausdrücklich als Empfängerin dieser Provisionen genannt. Damit lagen diesen Fällen weder verheimlichte Rückvergütungen noch versteckte Innenprovisionen zugrunde.
- 7
- Dies hat der Senat mit der Formulierung "dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen" zum Ausdruck gebracht (vgl. Senatsurteil in der Sache XI ZR 338/08 aaO Rn. 31). Das ergab sich auch schon aus den beiden vorangegangenen Berufungsurteilen. In dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt, das dem Senatsurteil in der Sache XI ZR 338/08 voranging, heißt es ausdrücklich (OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Oktober 2008 - 23 U 17/06, juris Rn. 52): "Der Beklagten zu 1. kann auch nicht vorgeworfen werden, dass ihre Rechtsvorgängerin Rückvergütungen verschwiegen habe (vgl. BGHZ 170, 226ff. = BB 2007, 627ff.), da sie sich aus S. 36f. des Prospekts in Verbindung mit § 7 des Gesellschaftsvertrages, der als Anlage zum Prospekt genommen wurde, exakt ergeben." In dem Urteil, das dem Senatsurteil in der Sache XI ZR 337/08 voranging , heißt es wörtlich (OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Oktober 2008 - 23 U 348/05, juris Rn. 7): "Die C. werden bereits auf dem Titelblatt als die Bank genannt, die die Eigen- und Fremdkapitalvermittlung durchführt; Interessenten werden in dem Prospekt aufgefordert, sich an sie zu wenden."
- 8
- Deswegen waren die Anleger in diesen Fällen nicht nur über sämtliche Provisionen, sondern auch über die beratende Bank als Empfängerin aufgeklärt. Es lagen damit weder versteckte Innenprovisionen noch versteckte oder verheimlichte Rückvergütungen vor, sodass eine Aufklärungspflicht der beratenden Bank nicht bestand. Das ist auch in der sorgfältig und unvoreingenommen analysierenden Literatur so verstanden worden (vgl. u.a. Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 310 f.; Koch, BKR 2010, 177, 184; siehe auch Ellenberger in Anle- gerschutz im Wertpapiergeschäft, AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, S. 37, 46 und 47 f. und in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 944 und aus der Rechtsprechung KG, Urteil vom 16. Juni 2011 - 26 U 104/09 Umdruck S. 8 f. und OLG München, Urteil vom 21. Juni 2010 - 17 U 5374/09, Umdruck S. 9).
- 9
- 3. Ebenso geht der Hinweis auf das im Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 in der Sache XI ZR 338/08 (aaO) zitierte Senatsurteil vom 25. September 2007 (XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 15, 16) fehl. In dem diesem Urteil zugrundeliegenden Fall hatte die Anlegerin gerade nicht das Verschweigen von an den Anlageberater fließende Rückvergütungen gerügt, sondern nur, dass der Anteil der "weichen Kosten" am Gesamtaufwand unverhältnismäßig hoch sei (Senatsurteil aaO Rn. 3). Damit ging es in jenem Fall nicht um die Frage der verheimlichten Interessenkollision. Das Urteil befasst sich zudem in den Entscheidungsgründen lediglich allgemein mit den Grundsätzen zur Aufklärung über nicht im Prospekt ausgewiesene (versteckte) Innenprovisionen, nicht jedoch mit Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen an den Anlageberater (vgl. hierzu auch OLG Stuttgart, ZIP 2010, 824, 827; LG München, Urteil vom 25. Februar 2010 - 22 O 1797/09, juris, Rn. 64; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 312 f.).
- 10
- 4. Entbehrt mithin die Annahme, aus den Senatsurteilen vom 27. Oktober 2009 und 25. September 2007 ergebe sich, dass aufklärungspflichtige Rückvergütungen bereits dann nicht vorlägen, wenn die betreffenden Provisionen als solche im Anlageprospekt ausgewiesen seien, jeder Grundlage, kann auch keine Rede davon sein, der Senatsbeschluss vom 9. März 2011 enthalte eine weitreichende Änderung der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht beratender Banken bei Innenprovisionen bzw. Vertriebsprovisionen. Vielmehr entspricht er insoweit, als der Anleger danach darüber aufzuklären ist, dass und in welcher Höhe die beratende Bank die offen ausgewiesenen Provisionen bezieht, dem Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 (aaO Rn. 31). Zugleich verbleibt es dabei, dass die Nennung von Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen als Quelle der Rückvergütungen nicht abschließend, sondern nur beispielhaft zu verstehen ist.
III.
- 11
- Zu Unrecht ist die Beklagte unter Berufung auf Nobbe (aaO) weiter der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Revision gemäß § 552a ZPO lägen nicht vor, weil in der obergerichtlichen Rechtsprechung streitig sei, ob eine Pflicht der beratenden Bank bestehe, Kunden über Innenprovisionen aufzuklären; angesichts der divergierenden obergerichtlichen Urteile lägen vielmehr die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) auf der Hand. Dies verkennt bereits im Ansatz, dass sich die Frage, ob die beratende Bank über von ihr bezogene Innenprovisionen , also im Anlagebetrag versteckte Provisionen, aufklären muss, im zu entscheidenden Fall nicht stellt. Hier geht es allein darum, ob die Beklagte als beratende Bank darüber aufklären muss, dass und in welcher Höhe sie Empfängerin der im Anlageprospekt offen ausgewiesenen Leistungen ist, damit der Anleger ihr besonderes Interesse an der Empfehlung gerade dieser Anlage erkennen kann.
- 12
- Unverständlich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Beklagten auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2011 (WM 2011, 1117), durch den der eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisende Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (XI ZR 155/06, juris) betreffend einen Ausgleichsanspruch des Ausfall- gegen den Regelbürgen aufgehoben worden ist. Dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts dafür entnehmen, dass die Revision auch wegen einer Frage zuzulassen ist, die sich in dem betreffenden Rechtsstreit nicht stellt.
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 21.11.2011 - 2 O 169/11 - wird
z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 60.000,00 EUR
Gründe
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Eine Herabsetzung der Einlage eines Kommanditisten ist, solange sie nicht in das Handelsregister des Gerichts, in dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat, eingetragen ist, den Gläubigern gegenüber unwirksam; Gläubiger, deren Forderungen zur Zeit der Eintragung begründet waren, brauchen die Herabsetzung nicht gegen sich gelten zu lassen.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)