Oberlandesgericht Nürnberg Hinweisbeschluss, 21. März 2016 - 8 U 2644/15
Gründe
Oberlandesgericht Nürnberg
Az.: 8 U 2644/15
8 O 3573/15 LG Nürnberg-Fürth
In dem Rechtsstreit
K. Helmut, ... Fürth
- Kläger und Berufungsbeklagter
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... Nürnberg, ...
gegen
R. Rechtschutz-Versicherungs-AG, vertreten durch d. Vorstand, ...
- Beklagte und Berufungsklägerin
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... Hannover, ...
wegen Forderung
erteilt das Oberlandesgericht Nürnberg - 8. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Voll, den Richter am Oberlandesgericht Reichard und den Richter am Oberlandesgericht Weidensteiner
am
folgenden Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Nürnberg Hinweisbeschluss, 21. März 2016 - 8 U 2644/15
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Oberlandesgericht Nürnberg Hinweisbeschluss, 21. März 2016 - 8 U 2644/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verlangt Versicherungsleistungen nach einem Verkehrsunfall , bei dem sein bei der Beklagten vollkaskoversicherter Mercedes beschädigt wurde. Die Einstandspflicht der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Das Fahrzeug wurde bisher nicht repariert.
- 2
- In Ziffer A.2.7.1 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) 2008 heißt es: "Wird das Fahrzeug beschädigt, zahlen wir die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zu folgenden Obergrenzen :
a) Wird das Fahrzeug vollständig und fachgerecht repariert , zahlen wir die hierfür erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts nach A.2.6.6, wenn Sie uns dies durch eine Rechnung nachweisen. Fehlt dieser Nachweis, zahlen wir entsprechend A.2.7.1.b.
b) Wird das Fahrzeug nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert, zahlen wir die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswerts nach A.2.6.6."
- 3
- Der Kläger begehrt eine Schadenregulierung entsprechend einem von ihm beauftragten Gutachten, in dem auf Basis der Stundenverrechnungssätze einer Mercedes-Fachwerkstatt ein Reparaturkostenaufwand von 9.396,24 € ermittelt worden ist. Er macht geltend, dass er sein Fahrzeug stets in der Mercedes Benz Vertragswerkstatt habe warten und reparieren lassen.
- 4
- Die Beklagte regulierte den Schaden dagegen entsprechend einem von ihr eingeholten Gutachten, dem die Lohnkosten einer ortsansässigen , nicht markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde liegen und das auf dieser Basis Nettoreparaturkosten von 6.425,08 € ermittelte. Die Differenz von 2.971,16 € nebst Zinsen und vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten ist Gegenstand der Klage.
- 5
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat sie abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 7
- I. Dieses hat ausgeführt, erforderlich seien die Reparaturkosten, die ein verständiger Versicherungsnehmer aufwenden müsse, um den durch ein versichertes Kaskoereignis entstandenen Schaden vollständig und fachgerecht beseitigen zu lassen. Dieser Begriff stelle auf objektive und nicht auf subjektive Momente ab; darauf, wie sich der Versicherungsnehmer ohne Versicherungsschutz verhalten würde, komme es nicht an. Da es zwischen den Parteien außer Streit stehe, dass die Reparatur des Fahrzeugs auch in einer markenfreien Fachwerkstatt zu einer vollständigen und fachgerechten Reparatur führe, seien nur die dort anfallenden Kosten als erforderlich im Sinne der AKB anzusehen. Für die vom Amtsgericht befürwortete Übertragung der Grundsätze aus dem Haftungsrecht fehle es an einer tragfähigen Begründung. Die im Schadensersatzrecht bestehende Dispositionsfreiheit des Geschädigten gelte für die Kaskoentschädigung gerade nicht. Die Klausel sei auch nicht unklar im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB.
- 8
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 9
- 1. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (OLG Hamm NZV 2006, 541 Rn. 29 [zur Bootskaskoversicherung]; Meinecke in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 18. Aufl. AKB A.2.7 Rn. 3; Jahnke in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR 23. Aufl. § 249 BGB Rn. 18; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. AKB 2008 A.2.6 ff. Rn. 16; FAKomm-VersR/Kreuter-Lange, AKB 2008 Rn. 117) davon aus, dass maßgeblich allein das vertragliche Leistungsversprechen des Versicherers ist und die gesetzlichen Vorschriften zum Schadensersatz keine Anwendung finden.
- 10
- Für die Auslegung, welche Kosten als für die Reparatur erforderlich im Sinne von A.2.7.1 AKB 2008 anzusehen sind, gelten die allgemeinen Maßstäbe. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteil vom 22. April 2015 - IV ZR 419/13, VersR 2015, 706 Rn. 12 m.w.N.; st. Rspr.).
- 11
- 2. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, können - auch fiktive - Aufwendungen für die Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt nach diesen Grundsätzen je nach den Umständen des Einzelfalles als "erforderliche" Kosten im Sinne von A.2.7.1 AKB 2008 anzusehen sein (so generell MünchKomm-VVG/Krischer, KraftfahrtV Rn. 267). Dies ist zum einen dann zu bejahen, wenn die fachgerechte Wiederherstellung des Fahrzeugs nur in einer markengebundenen Werkstatt erfol- gen kann, zum anderen aber regelmäßig auch dann, wenn es sich um ein neueres Fahrzeug oder aber um ein solches handelt, das der Versicherungsnehmer bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen.
- 12
- a) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird schon nach dem Wortlaut der Klausel davon ausgehen, dass ihm im Versicherungsfall diejenigen Aufwendungen ersetzt werden, die ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Betroffener in seiner Lage tätigen würde, um das beschädigte Fahrzeug wieder fachgerecht herzustellen.
- 13
- aa) Danach sind Aufwendungen für die Fahrzeugreparatur in einer markengebundenen Werkstatt immer dann erforderlich, wenn aufgrund der Art der anfallenden Reparaturarbeiten nur dort eine vollständige und fachgerechte Reparatur durchgeführt werden kann.
- 14
- bb) Neben den technischen Notwendigkeiten wird der Versicherungsnehmer aber auch den Werterhalt seines Fahrzeugs in den Blick nehmen. Er wird deshalb berücksichtigen, dass insbesondere bei neuwertigen Fahrzeugen, die noch einer Herstellergarantie unterliegen, die Reparatur in einer Markenwerkstatt weitgehend üblich ist, dies darüber hinaus aber auch bei einem älteren Fahrzeug in Betracht kommen kann, wenn dieses in der Vergangenheit zur Erhaltung eines höheren Wiederverkaufswerts stets in einer Markenwerkstatt gewartet und repariert worden ist ("scheckheftgepflegt"), weil bei einem großen Teil des Publikums insbesondere wegen fehlender Überprüfungsmöglichkeiten die Einschätzung vorherrscht, dass bei einer (regelmäßigen) Wartung und Reparatur eines Kraftfahrzeugs in einer markengebundenen Fachwerkstatt eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese ordnungsgemäß und fach- gerecht erfolgt ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rn. 15). Dagegen wird die Reparatur eines älteren Fahrzeugs in einer Markenwerkstatt nicht mehr als üblich anzusehen sein, wenn das Fahrzeug bereits in der Vergangenheit in freien Werkstätten repariert worden ist oder wenn vom Hersteller vorgesehene Wartungsarbeiten nicht durchgeführt worden sind.
- 15
- b) In dem Verständnis, dass es für die Frage der Erforderlichkeit der Kosten nicht ausschließlich auf die technisch einwandfreie Instandsetzung des Fahrzeugs ankommen muss, wird sich der Versicherungsnehmer durch den Zweck der Versicherung bestärkt sehen. Mit dem Abschluss einer Fahrzeugkaskoversicherung erstrebt er in der Regel nicht nur den Schutz vor wirtschaftlich nachteiligen Folgen hinsichtlich des eigenen Fahrzeugschadens bei selbst verschuldeten Unfällen, sondern auch die Befreiung vom Risiko der Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen den Unfallgegner bei unklarer Haftungslage. Die Praxis zeigt, dass Versicherungsnehmer es in derartigen Fällen vielfach vorziehen, ihren Fahrzeugschaden beim eigenen Kaskoversicherer zu regulieren und diesem die Prüfung eines Regresses beim Unfallgegner zu überlassen. Dass der Umfang ihres Anspruchs gegen den Versicherer insoweit generell hinter dem zurückbleiben soll, was im Schadenfall von einem haftpflichtigen Unfallgegner verlangt werden kann (vgl. dazu BGH, Urteile vom 29. April 2003 - VI ZR 398/02, BGHZ 155, 1 unter II 2; vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rn. 7 f.; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08, VersR 2010, 1096 Rn. 6 und VI ZR 337/09, VersR 2010, 1097 Rn. 5 f.; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09, VersR 2010, 1380 Rn. 6; vom 15. Juli 2014 - VI ZR 313/13, NJW 2014, 3236 Rn. 8; vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14, VersR 2015, 861 Rn. 9 ff.), wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer dem Begriff der erforderlichen Kosten jedenfalls nicht entnehmen.
- 16
- c) Er wird sich in diesem Verständnis durch den Umstand bestärkt sehen, dass am Markt zunehmend Tarife mit Werkstattbindung angeboten werden, bei denen sich der Versicherungsnehmer verpflichtet, im Reparaturfall eine vom Versicherer ausgesuchte Werkstatt zu beauftragen , was von diesem mit einem niedrigeren Beitrag honoriert wird (vgl. Meinecke in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 18. Aufl. AKB A.2.7 Rn. 12; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. AKB 2008 A.2.6 ff. Rn. 23a). Dies weckt beim Versicherungsnehmer die Erwartung, sein Fahrzeug gegebenenfalls auch in der teureren markengebundenen Werkstatt reparieren lassen zu dürfen, wenn er einen solchen Tarif gerade nicht gewählt und statt dessen eine höhere Prämie bezahlt hat (vgl. hierzu und zu dem vorstehend unter b) erörterten Gesichtspunkt auch LG Hamburg r+s 2014, 168 f.).
- 17
- d) Einer entsprechenden Auslegung des Begriffs der erforderlichen Kosten steht - anders als die Beklagte meint - schließlich nicht das in E.3.2. AKB 2008 enthaltene Weisungsrecht des Versicherers entgegen. Diese Bestimmung lautet: "Vor Beginn der Verwertung oder der Reparatur des Fahrzeugs haben Sie unsere Weisung einzuholen, soweit die Umstände dies gestatten, und diese zu befolgen, soweit Ihnen dies zumutbar ist. …"
- 18
- Damit steht das Weisungsrecht des Versicherers von vornherein unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit der Einzelweisung für den Versicherungsnehmer. Dies schließt es aus, dass Weisungen erteilt werden, die das in A.2.7 AKB 2008 gegebene Leistungsversprechen des Versi- cherers auf Ersatz der erforderlichen Reparaturkosten einschränken oder sonst den berechtigten Interessen des Versicherungsnehmers zuwiderlaufen (vgl. hierzu Meinecke in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 18. Aufl. AKB A.2.7 Rn. 12; BT-Drucks. 16/3945 S. 80; weitergehend Knappmann in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. AKB 2008 E.3 Rn. 3).
- 19
- Im Streitfall kommt es auf die Reichweite des Weisungsrechts im Einzelnen schon deshalb nicht an, weil der Kläger, der keine Reparatur durchführen ließ, sondern den Schaden auf Gutachtenbasis abrechnet, nicht gehalten war, eine Weisung einzuholen.
- 20
- e) Sind Kosten der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt nach dem vorstehenden Maßstab als erforderlich im Sinne von A.2.7.1 a) AKB 2008 anzusehen, so gilt dies auch für den Anspruch nach A.2.7.1 b) AKB 2008, also bei einer Abrechnung fiktiver Reparaturkosten auf Gutachtenbasis. Beide Regelungen enthalten denselben Begriff der "erforderlichen Kosten", so dass eine Differenzierung dem Grunde nach nicht erfolgt. Ein Unterschied besteht lediglich insoweit, als für den Fall einer nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht durchgeführten Reparatur eine andere, niedrigere, nämlich um den Restwert verminderte Obergrenze der ersatzfähigen Reparaturkosten vereinbart ist.
- 21
- 3. Allerdings trägt der Versicherungsnehmer für die Umstände, die eine Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt als erforderlich erscheinen lassen, die Darlegungs- und Beweislast, weil es sich insoweit um eine Anspruchsvoraussetzung hinsichtlich der entsprechend höheren Kosten handelt. Er muss daher entweder darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die dortige Reparatur zur vollständigen und fachgerechten Instandsetzung des Fahrzeugs notwendig war, oder wenn das - wie im Streitfall unstreitig - nicht der Fall ist, dass eine der oben unter Ziffer 2 genannten Voraussetzungen vorliegt. Zur Höhe dieser Kosten genügt er seiner Darlegungslast auch - wie im Streitfall geschehen - durch Zugrundelegung der üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (MünchKomm -VVG/Krischer, KraftfahrtV Rn. 267).
- 22
- III. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil es zur Beantwortung der Frage, ob im Streitfall die Kosten der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt zu ersetzen sind, weiterer Feststellungen bedarf. Zwar ist im erstinstanzlichen Urteil festgestellt, dass der Kläger den Pkw regelmäßig in einer solchen Werkstatt warten ließ; aus den vorliegenden Schadengutachten ergeben sich aber - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - zwei Vorschäden, von denen einer repariert und der andere nicht repariert worden ist. Insoweit bedarf es zum einen der Aufklärung, wo die durchgeführte Reparatur vorgenommen worden ist, und zum anderen der Aufklärung, aus welchen Gründen der zweite Schaden nicht repariert worden ist. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, diese Feststellungen nach ergänzendem Parteivortrag nachzuholen.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
AG Berlin-Mitte, Entscheidung vom 01.02.2013- 114 C 3023/12 -
LG Berlin, Entscheidung vom 15.10.2014 - 44 S 106/13 -
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 2. November 2005 kauften die Kläger von dem Beklagten ein Baugrundstück. Der Vertrag enthält hierzu folgende, von dem Beklagten in vielen Verträgen verwendete vorformulierte Bestimmungen: „§ 4 Kaufpreis … In dem Kaufpreis sind die Kosten der Ver- und Entsorgungsleitungen für Schmutzwasser sowie Gas, Strom und Telekom bis an die Grundstücksgrenze bzw. zu dem Hausanschlußschacht auf dem Grundstück des Käufers, die Kosten der straßenbaulichen Erschließung und der Ausgleichsmaßnahme nach dem Bundesnaturschutzgesetz sowie die Vermessungskosten enthalten. … § 5 Kosten der Erschließung Die Vertragsparteien sind darüber einig, dass die Erschließung nicht die Herstellung der Hausanschlüsse für Schmutzwasser, Gas (..), Strom (..) und Telekom erfaßt. Die Durchführung der Netz- und Hausanschlüsse und die Bezahlung ist Sache des Käufers. Dies gilt ebenso für den Beitrag der Anschlußleitung/ Hausanschluß für Frischwasser gemäß Verbandsatzung des Wasserbeschaffungsverbandes Mittelschwansen. Der Notar belehrte die Parteien ausführlich über die Kostenverteilung.“
- 2
- Den Klägern wurden von dem Elektroversorgungsunternehmen und dem Wasserbeschaffungsverband mit der Abrechnung der Hausanschlüsse auch Baukostenzuschüsse nach den einschlägigen Verordnungen über die Versorgungsbedingungen in Höhe von 526,18 € und 1.083,59 € in Rechnung gestellt.
- 3
- Sie verlangen von dem Beklagten die Erstattung dieser Beträge. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landgericht hat die Berufung nach Durchführung einer - hinsichtlich der Zeugenaussagen nicht protokollierten - Beweisaufnahme zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht entnimmt dem Kaufvertrag im Wege der Auslegung eine Pflicht des Beklagten, den Klägern die verauslagten Baukostenzuschüsse zu erstatten. Diese Zuschüsse seien Teil der Kosten für die Erstellung des Leitungsnetzes, die nach § 4 des Vertrages der Beklagte zu tragen habe. Auf die Kläger entfielen nach § 5 des Vertrages als Hausanschlusskosten nur die für die Herstellung der Leitungen auf ihrem Grundstück entstehenden Kosten.
- 5
- Zweifel bei der Auslegung der nicht eindeutigen Vertragsklauseln, die auch durch die durchgeführte Beweisaufnahme nicht ausgeräumt worden seien, gingen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Beklagten, da es sich um vorformulierte Bestimmungen handele, die der Beklagte bereits zuvor in einer Vielzahl von Kaufverträgen verwendet habe.
II.
- 6
- Das angefochtene Urteil unterliegt schon deswegen der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil das Berufungsgericht - wie die Revision zu Recht rügt - die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen entgegen § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO nicht protokolliert hat. Damit fehlt es an der für eine revisionsrechtliche Prüfung notwendigen Feststellung eines Teils der tatsächlichen Grundlagen (BGHZ 40, 84, 86; BGH, Urt. v. 21. April 1993, XII ZR 126/91, NJW-RR 1993, 1034; Beschl. v. 24. Juni 2003, VI ZR 309/02, NJW 2003, 3057). Der Senat kann nicht prüfen, ob die Aussagen der Zeugen von dem Berufungsgericht rechtsfehlerfrei berücksichtigt worden sind.
- 7
- 1. Nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO ist die Aussage eines Zeugen zu protokollieren. Es genügt nicht, dass - wie hier - lediglich in das Protokoll aufgenommen wird, der Zeuge habe sich zur Sache geäußert (vgl. BGH, Urt. v. 11. Juli 2001, VIII ZR 215/00, NJW 2001, 3269, 3270). Eine Protokollierung war auch nicht entbehrlich. Es liegt weder ein Fall von § 161 Abs. 1 ZPO vor, noch ist ersichtlich, dass die Aussagen der schon in erster Instanz vernommenen Zeugen ohne jede Abweichung geblieben wären, so dass eine erneute Protokollierung hätte unterbleiben können (§ 160 Abs. 3 Nr. 4 Halbs. 2 ZPO).
- 8
- 2. Eine Verletzung der Protokollierungspflicht hat nur dann nicht die Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Folge, wenn sich der Inhalt der Zeugenaussagen aus dem Urteil selbst klar ergibt und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Zeuge bei der Vernehmung weitere Erklärungen abgegeben hat, die erheblich sein könnten. Allerdings muss sich die Wiedergabe der Aussagen dann deutlich von deren Würdigung abheben und den gesamten Inhalt der Bekundungen erkennen lassen (BGHZ 40, 84, 86; BGH, Urt. v. 19. September 1986, I ZR 179/84, NJW 1987, 1200, 1201; Beschl. v. 24. Juni 2003, VI ZR 309/02, aaO). Daran fehlt es hier. Die Aussagen der Zeugen finden nur im Zusammenhang mit ihrer Würdigung Erwähnung, und das zudem offensichtlich nur auszugsweise.
III.
- 9
- Für die erneute Befassung des Berufungsgerichts mit der Sache weist der Senat auf folgendes hin.
- 10
- 1. Auch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die grundsätzlich nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise verstanden werden (Senat, Urt. v. 8. November 2002, V ZR 78/02, VIZ 2003, 240, 241), ist der Auslegung die Prüfung vorgeschaltet, ob die Vertragsklausel von den Parteien übereinstimmend in einem bestimmten Sinn verstanden worden ist (Senat, Urt. v. 22. März 2002, V ZR 405/00, NJW 2002, 2102, 2103). Ist das der Fall, geht der übereinstimmende Wille der objektiven Auslegung vor (BGHZ 113, 251, 259; Senat, Urt. v. 22. März 2002, V ZR 405/00, aaO). Anlass für eine solche Prüfung besteht hier deswegen, weil es sich um einen notariell beurkundeten Vertrag handelt, bei dem es nicht fern liegt, dass beide Parteien eine möglicherweise nicht ohne weiteres zu verstehende Vertragsbestimmung übereinstimmend so verstanden haben, wie sie von dem Notar erläutert worden ist.
- 11
- Das Berufungsgericht wird daher zunächst zu prüfen haben, ob auf Grund der von dem Beklagten behaupteten Erläuterung durch den Notar anzunehmen ist, dass die Parteien die Regelungen der §§ 4 und 5 des Vertrages übereinstimmend verstanden haben. Für eine solche Annahme reicht es aus, wenn eine Partei ihren Willen äußert und die andere Partei dies erkennt und in Kenntnis dessen den Vertrag abschließt (Senat, Urt. v. 20. November 1992, V ZR 122/91, NJW-RR 1993, 373). So kann es sein, wenn die Beweiswürdigung ergibt, dass der Notar den Klägern erläutert hat, dass § 5 des Vertrages so zu verstehen sei, dass die Käufer die Kosten nicht nur der Hausanschlüsse, sondern auch für die erstmalige Erstellung der Leitungen entstehenden Kosten zu tragen hätten, die den Grundstückseigentümern von den Versorgungsträgern als Beiträge oder als Baukostenzuschüsse auferlegt würden. Die von dem Beklagten gewollte Kostenverteilung wäre dann Vertragsinhalt geworden, auch wenn die Kläger sich dieses Verständnis nicht zu Eigen gemacht haben.
- 12
- 2. Lässt sich kein übereinstimmender Wille feststellen, geht dies insoweit zu Lasten desjenigen, der sich auf das übereinstimmende Verständnis der Vertragsklausel berufen hat. Die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB kommt nicht zum Tragen.
- 13
- Es ist stattdessen der Vertragsinhalt im Wege der Auslegung zu bestimmen. Dabei ist § 305 c Abs. 2 BGB nicht schon dann anzuwenden, wenn Streit über die Auslegung besteht. Die Norm kommt vielmehr erst zur Anwendung, wenn nach Ausschöpfung der für die Auslegung von AGBen in Betracht kommenden Methoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (BGHZ 112, 65, 68 f.; BGH, Urt. v. 9. Juli 2003, IV ZR 74/02, NJW-RR 2003, 1247, 1248; Urt. v. 15. November 2006, VIII ZR 166/06, NJW 2007, 504, 506). Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht verstoßen, indem es von vornherein von einer „gebotene(n) eingeschränkte(n), verbraucherfreundlichsten Auslegung nach § 305 c Abs. 2 BGB“ ausgegangen ist.
- 14
- 3. Im Rahmen der Auslegung kann auch zu prüfen sein, ob eine Vertragsklausel gegen das Transparenzgebot verstößt, etwa unter dem Gesichtspunkt, ob sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen zu fordern ist (BGHZ 136, 394, 401).
Vorinstanzen:
AG Eckernförde, Entscheidung vom 31.07.2007 - 6 C 85/07 -
LG Kiel, Entscheidung vom 12.09.2008 - 8 S 125/07 -
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.