Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 13. Dez. 2017 - 20 Ws 309/17

bei uns veröffentlicht am13.12.2017

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Verurteilten werden die Weisungen zu Ziffer 3 und 4 des Bewährungsbeschlusses des Landgerichts Neubrandenburg vom 28.07.2017 in der Fassung der teilweisen Nichtabhilfeentscheidung der Kammer vom 15.08.2017 aufgehoben.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dadurch entstandenen notwendigen Auslagen des Verurteilten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht Neubrandenburg verurteilte den Beschwerdeführer wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Seine dagegen eingelegte Berufung verwarf das Landgericht Neubrandenburg mit Urteil vom 28.07.2017 als unbegründet. Mit Beschluss vom selben Tag setzte es die Bewährungszeit auf drei Jahre fest und beauflagte den Verurteilten, an die Landesbezirkskasse € 1.500 in monatlichen Raten zu je € 100 zu zahlen. Ferner wies die Kammer den in Polen wohnhaften Verurteilten an, jeglichen Wohnsitzwechsel dem Gericht vorab mitzuteilen und für den Zeitraum von drei Jahren ab Urteilsrechtskraft das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr zu betreten.

2

Gegen das Berufungsurteil hat der Angeklagte Revision und für den Fall ihrer Verwerfung zugleich gegen den Bewährungsbeschluss, ausweislich der Begründung beschränkt auf die darin erteilten Weisungen, Beschwerde eingelegt. Auf die Beschwerde hin hat das Landgericht im Wege der teilweisen Abhilfe das Betretungsverbot durch die Weisung ersetzt, sich im Falle der Einreise unverzüglich bei dem für die Bewährungsüberwachung zuständigen Amtsgericht zu melden.

3

Gegen diesen geänderten Bewährungsbeschluss hat der Angeklagte erneut und diesmal bedingungslos Beschwerde eingelegt.

4

Die Revision des Angeklagten hat der Senat mit gesondertem Beschluss vom heutigen Tage nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

II.

5

Die gemäß § 305a Abs. 1 Satz 1 StPO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde des Verurteilten, über die gemäß § 305a Abs. 2 StPO durch das Revisionsgericht zu befinden war, hat Erfolg.

6

Gemäß § 305a Abs. 1 Satz 2 StPO kann das Rechtsmittel nur darauf gestützt werden, dass eine der in dem nach § 268a Abs. 1 StPO ergangenen Bewährungsbeschluss nach § 56a bis § 56d StGB getroffene Anordnung gesetzwidrig ist. Eine Überprüfung der Ermessensausübung durch das untere Gericht oder eine eigene Ermessensentscheidung sind dem Beschwerdegericht hingegen von Gesetzes wegen verwehrt.

7

Eine Bewährungsweisung ist gesetzwidrig, wenn sie im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist, oder wenn sie sonst die Grenzen des dem Tatgericht eingeräumten Ermessens überschreitet (OLG Nürnberg, Beschluss vom 05. Mai 2014 - 2 Ws 704/13 -, Rn. 29, juris). Gesetzwidrig ist eine Weisung ferner dann, wenn sie einen unzulässigen Zweck verfolgt (OLG Nürnberg, a.a.O.). So ist es hier.

8

Bewährungsweisungen dienen - anders als Bewährungsauflagen - nicht dem Ausgleich für das vom Täter schuldhaft verursachte Unrecht. Wie sich aus § 56c Abs. 1 Satz 1 StGB ergibt, kommt ihnen vielmehr die Aufgabe zu, dem zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe Verurteilten dabei zu helfen, zukünftig ein straffreies Leben zu führen. Sie haben damit ausschließlich spezialpräventiven Charakter. Weisungen dürfen daher lediglich zu dem Zweck erteilt werden, dem Verurteilten Hilfe zu seiner zukünftigen Straffreiheit zu gewähren (BGH, Beschluss vom 07. Oktober 2014 - 1 StR 426/14 -, juris).

1.

9

Gemessen daran ist die Weisung, sich im Falle der Einreise in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unverzüglich bei dem für die Bewährungsüberwachung zuständigen Amtsgericht zu melden (Ziff. 4 des neugefassten Bewährungsbeschlusses), gesetzwidrig.

10

Der dahinter stehenden - fraglichen - Erwartung, der Verurteilte werde, weil er sich bei jeder Einreise in das Bundesgebiet zunächst bei dem für die Bewährungsüberwachung zuständigen Amtsgericht melden müsse, jedenfalls im Inland keine weiteren Straftaten mehr begehen, weil er dort unter gerichtlicher Beobachtung steht, liegen ersichtlich generalpräventive Zwecke zugrunde. Eigentliches Ziel dieser Weisung ist nicht eine Hilfestellung für den Verurteilten, sondern der Schutz der inländischen Bevölkerung vor neuerlichen Straftaten durch ihn, indem ihm, wiewohl er als EU-Bürger Freizügigkeit nach Art. 45 Abs. 1 GR-Charta genießt, eine unkontrollierte Einreise in das Bundesgebiet untersagt werden soll. Er soll durch dieses Erschwernis nach Möglichkeit von einer Einreise abgehalten werden. Die Weisung gerät damit faktisch in die Nähe eines Einreiseverbots, wie es vom Landgericht zunächst auch ausgesprochen worden war.

11

Bewährungsweisungen gegenüber einem Ausländer, unverzüglich aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen und nicht mehr einzureisen, sind jedoch in der Regel unzulässig. Ob etwas anderes gilt, wenn festgestellt werden kann, dass ein Verurteilter wiederholt nur deshalb nach Deutschland eingereist ist, um hier Straftaten zu begehen (LG Dresden, Beschluss vom 09. März 2007 - 3 Qs 36/07 -, Rn. 4, juris; LG Berlin, Beschluss vom 01. Dezember 2003 - 511 Qs 118/03 -, Rn. 11, juris), kann vorliegend dahinstehen, denn derartige Feststellungen hat das Landgericht vorliegend nicht getroffen.

12

Eingriffe in die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern, die im Ergebnis einem Einreiseverbot gleichkommen, sind nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur unter den Voraussetzungen von § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 FreizügG/EU in der Fassung vom 21.1.2013 und in dem dort dafür vorgesehenen Verwaltungsverfahren möglich, wobei allein die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung für eine solche Entscheidung nicht genügt (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU). Für eine Bewährungsweisung nach § 56c StGB, die auf ein ausländerrechtliches Einreiseverbot hinausläuft, ist deshalb kein Raum, denn sie liefe auf eine Umgehung der genannten ausländerrechtlichen Bestimmung, die dies gerade nicht zulässt, hinaus (a.A. für Ausweisungen offenbar OLG Köln, Beschluss vom 25. Mai 2009 - 2 Ws 243/09 -, Rn. 13, juris).

2.

13

Das gilt auch für die jedenfalls nicht unter § 56c Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 StGB fallende Weisung, jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht vorab mitzuteilen (Ziff. 3 des Bewährungsbeschlusses). Eine solche Weisung ist nur gesetzmäßig, wenn damit der Zweck verfolgt wird, auf die zukünftige Lebensführung des Verurteilten positiv Einfluss nehmen zu können (BGH, a.a.O.). Das wird nur ausnahmsweise anzunehmen sein (OLG Oldenburg, Beschluss vom 21. Januar 2008 - 1 Ws 44/08 -, Rn. 5, juris). Einen solchen Ausnahmefall vermag der Senat vorliegend ebenfalls nicht zu erkennen, zumal der Beschwerdeführer nicht der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt wurde. Hier soll mit der Anweisung, jeden Wohnungswechsel mitzuteilen, ersichtlich nur bewirkt werden, dass der Verurteilte während des Laufes der Bewährungszeit für das Gericht erreichbar ist, sollte es zu Auflagen- oder Weisungsverstößen kommen, die eine Reaktion erfordern.

III.

14

Die Kosten- und Auslagenentscheidung ergibt sich aus § 467 Abs. 1 StPO analog.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 13. Dez. 2017 - 20 Ws 309/17

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(1) Das Gericht erteilt dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Weisungen, wenn er dieser Hilfe bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden

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(1) Wird in dem Urteil die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt, so trifft das Gericht die in den §§ 56a bis 56d und 59a des Strafgesetzbuches bezeichneten Entscheidungen durch Beschluß; dieser ist mit dem U

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(1) Das Gericht bestimmt die Dauer der Bewährungszeit. Sie darf fünf Jahre nicht überschreiten und zwei Jahre nicht unterschreiten. (2) Die Bewährungszeit beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Strafaussetzung. Sie kann nachträglich b

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(1) Gegen den Beschluß nach § 268a Abs. 1, 2 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist. (2) Wird gegen den Beschluß Beschwerde und gegen das Urteil eine zulässige Revision eingele

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(1) Das Gericht unterstellt die verurteilte Person für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers, wenn dies angezeigt ist, um sie von Straftaten abzuhalten. (2) Eine W

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Gegen den Beschluß nach § 268a Abs. 1, 2 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist.

(2) Wird gegen den Beschluß Beschwerde und gegen das Urteil eine zulässige Revision eingelegt, so ist das Revisionsgericht auch zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig.

(1) Wird in dem Urteil die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt, so trifft das Gericht die in den §§ 56a bis 56d und 59a des Strafgesetzbuches bezeichneten Entscheidungen durch Beschluß; dieser ist mit dem Urteil zu verkünden.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn in dem Urteil eine Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt oder neben der Strafe Führungsaufsicht angeordnet wird und das Gericht Entscheidungen nach den §§ 68a bis 68c des Strafgesetzbuches trifft.

(3) Der Vorsitzende belehrt den Angeklagten über die Bedeutung der Aussetzung der Strafe oder Maßregel zur Bewährung, der Verwarnung mit Strafvorbehalt oder der Führungsaufsicht, über die Dauer der Bewährungszeit oder der Führungsaufsicht, über die Auflagen und Weisungen sowie über die Möglichkeit des Widerrufs der Aussetzung oder der Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 56f Abs. 1, §§ 59b, 67g Abs. 1 des Strafgesetzbuches). Erteilt das Gericht dem Angeklagten Weisungen nach § 68b Abs. 1 des Strafgesetzbuches, so belehrt der Vorsitzende ihn auch über die Möglichkeit einer Bestrafung nach § 145a des Strafgesetzbuches. Die Belehrung ist in der Regel im Anschluß an die Verkündung des Beschlusses nach den Absätzen 1 oder 2 zu erteilen. Wird die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Bewährung ausgesetzt, so kann der Vorsitzende von der Belehrung über die Möglichkeit des Widerrufs der Aussetzung absehen.

(1) Das Gericht unterstellt die verurteilte Person für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers, wenn dies angezeigt ist, um sie von Straftaten abzuhalten.

(2) Eine Weisung nach Absatz 1 erteilt das Gericht in der Regel, wenn es eine Freiheitsstrafe von mehr als neun Monaten aussetzt und die verurteilte Person noch nicht 27 Jahre alt ist.

(3) Die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer steht der verurteilten Person helfend und betreuend zur Seite. Sie oder er überwacht im Einvernehmen mit dem Gericht die Erfüllung der Auflagen und Weisungen sowie der Anerbieten und Zusagen und berichtet über die Lebensführung der verurteilten Person in Zeitabständen, die das Gericht bestimmt. Gröbliche oder beharrliche Verstöße gegen Auflagen, Weisungen, Anerbieten oder Zusagen teilt die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer dem Gericht mit.

(4) Die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer wird vom Gericht bestellt. Es kann der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer für die Tätigkeit nach Absatz 3 Anweisungen erteilen.

(5) Die Tätigkeit der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers wird haupt- oder ehrenamtlich ausgeübt.

Tenor

I.

Auf die Beschwerde des Verurteilten I. D. wird der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 22.11.2013 hinsichtlich der unter Nummern 3 a und c des Entscheidungssatzes enthaltenen Weisungen aufgehoben.

II.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Verurteilten im Beschwerdeverfahren trägt die Staatskasse.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landgerichts Traunstein vom 01.08.2008 (Az.: 2 KLs 120 Js 37126/06) wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Er verbüßte diese Strafe in der Justizvollzugsanstalt S. Zwei Drittel der Strafe waren seit dem 25.07.2012 verbüßt, Strafende war zum 26.05.2016 vorgemerkt. In der Zeit vom 26.07.2012 bis 25.09.2013 hat der Verurteilte eine durch Urteil des Landgerichts Traunstein vom 09.07.2009 (Az.: 6 KLs 201 Js 10942/08) wegen gemeinschaftlichen Raubes verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten vollständig verbüßt.

Der Verurteilte ist albanischer und kanadischer Staatsangehöriger. Er besitzt nur geringe Kenntnisse der deutschen Sprache.

Durch seit 03.01.2009 bestandskräftigen Bescheid der Landeshauptstadt München - Kreisverwaltungsreferat - vom 27.11.2008 (Az.: KVR-II/313 BS; Bl. 203 ff. d. A.) wurde der Verurteilte aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, ihm die Wiedereinreise untersagt, und angeordnet, dass er nach erfülltem Strafanspruch des Staates nach Kanada abgeschoben wird.

Mit Verfügung vom 16.07.2013 ordnete die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing (künftig: Strafvollstreckungskammer) dem Verurteilten analog § 140 Abs. 2 StPO Frau Rechtsanwältin Dr. G. als Pflichtverteidigerin für das laufende Prüfungsverfahren gemäß § 57 Abs. 1 StGB bei.

Nach Einholung einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt S. vom 25.06.2013, die der Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegen trat, sowie eines Gutachtens der Sachverständigen Dr. (IM T.) M. P. vom 28.10.2013 setzte die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 22.11.2013 die weitere Vollstreckung des Strafrestes aus dem Urteil des Landgerichts Traunstein vom 01.08.2008 mit Wirkung ab dem 20.12.2013 zur Bewährung aus, setzte die Bewährungszeit auf fünf Jahre fest, und erteilte folgende Weisungen:

„3. Der Verurteilte wird angewiesen:

a) Unverzüglich nach seiner Entlassung auszureisen und das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu verlassen;

b) Unverzüglich nach seiner Entlassung außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland einen festen Wohnsitz zu begründen und diesen sowie jeden Wohnsitzwechsel unverzüglich und unaufgefordert dem Gericht schriftlich mitzuteilen;

c) Jedwede Einreise in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, entsprechend dem Ausweisungsbescheid des Kreisverwaltungsreferats München vom 27.11.2008, zu unterlassen;

d) Dem Gericht jede Befristung des Ausweisungsbescheids des Kreisverwaltungsreferats München vom 27.11.2008 und jede daraufhin geplante Einreise in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland rechtzeitig vorher schriftlich und unter Nennung des Aufenthaltsgrundes sowie des voraussichtlichen Aufenthaltsortes mitzuteilen.“

Am 27.11.2011 wurde der Beschluss dem Verurteilten in der Justizvollzugsanstalt S. eröffnet. Hierbei unterzeichnete er ein (offenbar) vorgefertigtes Protokoll, in dem er folgendes erklärte:

„Ich habe davon Kenntnis erhalten, dass durch Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 22.11.2013 StVK 311/2008 (StA Traunstein - 120 VRs 37112/06) - die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird.

Die Bewährungszeit beträgt 5 Jahre.

Ich bin über die Bedeutung der Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung, die Bewährungszeit, die Auflagen und Weisungen sowie die Möglichkeit des Widerrufs der Strafaussetzung gemäß § 56 f StGB belehrt worden.

Ich habe insbesondere davon Kenntnis erhalten, dass die Strafaussetzung widerrufen wird, wenn ich in der Bewährungszeit eine Straftat begehe, gegen Auflagen und Weisungen gröblich oder beharrlich verstoße oder mich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers entziehe. Des Weiteren wurde ich darauf hingewiesen jeden Wechsel meines Aufenthalts während der Bewährungszeit dem Bewährungshelfer anzuzeigen.

Ich bestätige, obigen Beschluss erhalten zu haben.

Mit meiner Entlassung bin ich einverstanden. Auf die Einlegung von Rechtsmittel wird verzichtet.“

Der Verurteilte gab seine Entlassungsanschrift an und unterzeichnete die vorbereitete Erklärung.

Handschriftlich ist noch vermerkt:

„Als Dolmetscher in albanischer Sprache hat der Gefangene G. V., geb. ..., fungiert.“

Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer ist der Verteidigerin des Verurteilten am 26.11.2013 zugestellt worden. Mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 28.11.2013, eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tag, erhob der Verurteilte Beschwerde gegen die unter Nummern 3 a und 3 c erteilten Weisungen. Zur Begründung stützt er sich unter anderem auf eine Entscheidung des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 28.03.2011 (Az.: 1 Ws 114/11), wonach sich Weisungen im Rahmen einer Bewährung nicht auf Maßnahmen richten dürften, die im Ausländerrecht ausdrückliche Regelung erfahren haben.

Mit Verfügung vom 17.12.2013 half die Strafvollstreckungskammer der Beschwerde nicht ab.

Am 19.12.2013 wurde der Verurteilte aus der Justizvollzugsanstalt S. entlassen und nach Kanada abgeschoben.

Mit Schreiben vom 20.12.2013, ergänzt durch Schreiben vom 02.01.2014 und 08.01.2014 wies die Verteidigerin darauf hin, dass der Rechtsmittelverzicht unwirksam sei, da ein Fall notwendiger Verteidigung gemäß § 140 Abs. 2 StPO analog vorliege und hieran kein Verteidiger mitgewirkt habe. Es komme hinzu, dass der Verurteilte die deutsche Sprache kaum beherrsche.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Schreiben vom 23.12.2013 und 09.01.2014 beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig als unzulässig zu verwerfen.

II.

1. Die statthafte (§ 454 Abs. 4 Satz 1, § 453 Abs. 2 StPO) Beschwerde ist zulässig, insbesondere formgerecht erhoben (§§ 304, 306 StPO). Der Rechtsmittelverzicht ist infolge der Art und Weise seines Zustandekommens unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung eines fairen rechtsstaatlichen Verfahrens (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. auch OLG Bremen, StV 2012, 425) unwirksam. Es bestehen erhebliche Zweifel, dass der der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtige Verurteilte über die im angefochtenen Beschluss enthaltenen Weisungen zutreffend informiert wurde, ehe er den Rechtsmittelverzicht erklärte. Es ist bereits unklar, ob ihm nur die vorgefertigte Erklärung oder auch der Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 22.11.2013 von dem im Protokoll namentlich benannten Mitgefangenen übersetzt wurde, da nicht protokolliert wurde, was letzterer übersetzt hat. Darüber hinaus ist ungesichert, ob eine wortgetreue Übersetzung erfolgte, da es sich bei dem Mitgefangenen offenbar nicht um einen öffentlich bestellten und vereidigten Übersetzer handelt. Außerdem ist - worauf die Beschwerde zu Recht hinweist - der Inhalt der dem Rechtsmittelverzicht vorausgehenden Belehrung des Verurteilten schon deshalb unzutreffend, weil er über Verstöße belehrt wurde, die überhaupt nicht Gegenstand der ihm auferlegten Weisungen sind. Da er keinem Bewährungshelfer unterstellt wurde, kann es keinen Widerrufsgrund darstellen, wenn er sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers entzieht; aus demselben Grund läuft die Belehrung ins Leere, soweit er darauf hingewiesen wurde, jeden Aufenthaltswechsel dem Bewährungshelfer anzeigen zu müssen. Schließlich geht aus dem Belehrungstext nicht hervor, dass der Verurteilte über die Ausreisepflicht und das Einreiseverbot belehrt worden ist. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass der Verurteilte vor Abgabe der Verzichtserklärung keine Gelegenheit hatte, sich mit seiner Pflichtverteidigerin über die Zulässigkeit einer derartigen Weisung zu beraten.

Nach alledem kann der Rechtsmittelverzicht keinen Bestand haben.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

a) Nach § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO kann mit der Beschwerde (neben einer nachträglich verlängerten Bewährungszeit) nur gerügt werden, dass eine getroffene Anordnung gesetzwidrig sei. Das Beschwerdegericht kann die nach § 56c StGB im Rahmen der Ausgestaltung der Bewährung erteilten Weisungen daher nur darauf prüfen, ob sie mit dem Gesetz in Übereinstimmung stehen. Eine erteilte Weisung ist gesetzwidrig, wenn sie im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist, oder wenn sie sonst die Grenzen des dem erstinstanzlichen Gericht eingeräumten Ermessens überschreitet (vgl. OLG Dresden NStZ-RR 2008, 27; OLG Stuttgart NStZ-RR 2004, 89 je m. w. N.). Unzulässig sind in der Regel aber auch Weisungen, die dem Ziel derselben nach dem Sinn des Gesetzes, nämlich die in den Verurteilten hinsichtlich seiner Besserung gesetzten Erwartungen und ein etwaig noch verbleibendes Restrisiko bezüglich strafrechtlich relevanten Verhaltens abzusichern, nicht dienen, sondern allenfalls anderweitige Zwecke verfolgen. Weisungen gemäß § 56c StGB sind richterliche Gebote und Verbote, die ausschließlich dem Zweck dienen, dem Verurteilten bei seinem Bemühen zu helfen, keine Straftaten mehr zu begehen. Weisungen, bei denen jegliche Beziehung zum Resozialisierungsziel fehlt, sind unzulässig (vgl. zum Ganzen OLG Koblenz NStZ 1987, 24 f.; OLG Köln, NStZ-RR 2010, 49 Rdn. 15 nach juris; Fischer, StGB, 60. Aufl. § 56c Rdn. 4; Schönke/Schröder/Stree, StGB, 28. Aufl. § 56c Rdn. 1, 2,6 und 14).

So liegt es hier. Die Erwartung, ein Verurteilter werde infolge seiner Abschiebung jedenfalls im Inland keine Straftaten mehr begehen, vermag für sich allein eine günstige Kriminalprognose nicht zu rechtfertigen (OLG Stuttgart, Beschl. vom 26.08.1987 - 3 Ws 166/87, Leitsatz in juris). Demgemäß sind Weisungen gegenüber einem Ausländer, unverzüglich aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen und entsprechend einem Ausweisungsbescheid nicht mehr einzureisen, in der Regel unzulässig (vgl. OLG Koblenz NStZ 1987, 24 f.; LG Braunschweig StV 2001, 240; Fischer, StGB, 60. Aufl. § 56c Rdn. 4). Somit ist die mit einer Strafaussetzungsentscheidung verbundene Weisung an einen Ausländer, zur Vermeidung einer Wiederholungstat seinen Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu nehmen, rechtswidrig, da sie im Ergebnis einer Ausweisung des Verurteilten aus der Bundesrepublik Deutschland gleichkommt. Ein solcher Eingriff ist jedoch abschließend durch das Aufenthaltsgesetz geregelt und liegt ausschließlich im Kompetenzbereich der Ausländerbehörde (BayObLGSt 1980, 101 Rdn. 11 nach juris; OLG Schleswig SchlHA 1991, 118, 119; OLG Koblenz NStZ 1987, 24, 25).

Allerdings werden Ausnahmen hiervon für möglich erachtet (vgl. Schönke/Schröder/Stree, StGB, 28. Aufl. § 56c Rdn. 14). So geht das OLG Köln zwar auch davon aus, dass Weisungen, denen jegliche Beziehung zum Resozialisierungsziel fehlt, unzulässig seien. Dies sei aber nicht der Fall, wenn die Gefahrenquelle, neue Straftaten zu begehen, maßgeblich im weiteren Aufenthalt des Verurteilten in Deutschland liege. So verhalte es sich, wenn die Straftaten mit mehrfachen illegalen Einreiseversuchen in Zusammenhang stünden und vor allem in der Perspektivlosigkeit seines Aufenthalts in Deutschland lägen, wo der Verurteilte sich nur vorübergehend aufgehalten habe und nie einer geregelten Arbeit nachgegangen sei, so dass weitere Straftaten zu erwarten seien, wenn mit einer erneuten Einreise zu rechnen sei (NStZ-RR 2010, 49 Rdn. 16 nach juris). Zum selben Ergebnis kommt das LG Berlin (NStZ 2005, 100 Rdn. 11 nach juris), wenn der Verurteilte zu dem alleinigen Ziel nach Deutschland eingereist sei, hier Straftaten zu begehen (konkret zur illegalen Arbeitsaufnahme), und es ihm nicht möglich gewesen sei, sich hier aufzuhalten, ohne Straftaten zu begehen. Die günstige Prognose habe somit von der Ausreiseweisung abgehangen.

Ein derartiger Ausnahmefall (unabhängig davon, ob ein solcher grundsätzlich anzuerkennen wäre) liegt aber ersichtlich nicht vor. Die vorliegend unter Nummer 3 a und c erteilten Weisungen sind weder erforderlich noch geeignet, die günstige Prognose zu stützen.

Die Strafvollstreckungskammer stützt ihre Einschätzung einer positiven Sozialprognose auf das psychiatrische Sachverständigengutachten vom 28.10.2013. Danach sei der Verurteilte emotional stabil und verfüge über ausreichende Copingmechanismen. Im Rahmen des sozialen Empfangsraums stellte die Sachverständige fest, dass die finanziellen Schwierigkeiten, die auch maßgeblicher Umstand der Tatbegehung waren, nunmehr der Vergangenheit angehörten, da die Ehefrau des Verurteilten über ein ausreichendes Einkommen (Anm.: als Zahnärztin) verfüge. Desweiteren stelle sich dem Verurteilten mit seiner Ehefrau sowie seinem neun Jahre alten Sohn ein stabiles Familienumfeld dar, in welches er sich voraussichtlich problemlos werde wieder integrieren können. Infolge des Wohnsitzes seiner Familie in Kanada werde er auch seine weitere Zukunft dort gestalten.

Daran anknüpfend führt die Strafvollstreckungskammer aus, infolge des bestandskräftigen Ausweisungsbescheides des Kreisverwaltungsreferats München vom 27.11.2008 dürfe der Verurteilte sich nach der Haftentlassung nicht mehr in Deutschland aufhalten; insoweit bestehe die begründete Erwartung, er werde auch, wie angekündigt, zu seiner Familie nach Kanada zurückkehren. Unter Abwägung aller entscheidungserheblichen Gesichtspunkte erscheine daher die Gefahr, dass der Verurteilte erneut straffällig werde, als derart gering, dass eine Entlassung in die Freiheit unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses des Allgemeinheit verantwortet werden könne.

Aus dieser Begründung ergibt sich, dass die Rückkehr des Verurteilten zu seiner Familie in Kanada einen wesentlichen Gesichtspunkt für die positive Sozialprognose darstellt. Entscheidend dafür, dass die Strafvollstreckungskammer von einer Rückkehr zur Familie ausgehen konnte, war aber der bestandskräftige Bescheid des Kreisverwaltungsreferats München vom 27.11.2008, mit dem der Verurteilte nach Kanada abgeschoben wurde, sowie die Ankündigung des Verurteilten, zu seiner Familie zurückzukehren.

Zu den erteilten Weisungen führt die Strafvollstreckungskammer aus, diese seien „erforderlich, um weitere Straftaten zu verhindern und eine effektive Überwachung zu ermöglichen sowie im Hinblick auf den beabsichtigten Wohnsitz im Ausland einigermaßen sicher zu stellen und für den Fall einer etwaigen erlaubten Wiedereinreise rechtzeitig entgegensteuern zu können.“

Die von der Strafvollstreckungskammer bejahte positive Sozialprognose beruht auf der begründeten Erwartung der Rückkehr des Verurteilten zu und seinem Verbleib bei der Familie. Hierfür sind die unter 3 a und c erteilten Weisungen auch unter Berücksichtigung dieser Ausführungen der Strafvollstreckungskammer aber weder erforderlich noch geeignet.

Die Rückkehr des Verurteilten zu seiner Familie in Kanada wurde bereits dadurch hinreichend abgesichert, dass er durch bestandskräftigen Bescheid des Kreisverwaltungsreferats nach Kanada abgeschoben wurde. Demgegenüber bezieht sich die Ausreiseweisung allein auf ein Verlassen der Bundesrepublik Deutschland ohne Angabe des Zielstaates (ob eine solche überhaupt rechtlich zulässig wäre, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden). Durch diese ist somit nicht gewährleistet, dass der Verurteilte tatsächlich Wohnung bei seiner Familie nimmt.

Die unter Nr. 3 c erteilte Weisung, mit der dem Verurteilten die Wiedereinreise in das Bundesgebiet verboten wurde, ist ebenfalls weder erforderlich noch geeignet, das Resozialisierungsziel zu sichern. An der Erforderlichkeit fehlt es schon deshalb, da das Wiedereinreiseverbot bereits im Bescheid des Kreisverwaltungsreferats München vom 27.11.2008 enthalten ist, auf den die Weisung („entsprechend dem Ausweisungsbescheid“) ausdrücklich Bezug nimmt. Aus Nummer 3 d der Weisung ergibt sich darüber hinaus, dass die Strafvollstreckungskammer die Dauer des Wiedereinreiseverbots offenbar an eine Befristung des Ausweisungsbescheids anknüpfen will, also überhaupt keine eigenständige Regelung trifft. Eine solche Frist enthält der Bescheid vom 27.11.2008 nicht; gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG darf diese fünf Jahre nicht überschreiten.

Das Wiedereinreiseverbot ist darüber hinaus auch ungeeignet, das Resozialisierungsziel zu stützen. Es ist naturgemäß nicht mit einem Verbleib des Verurteilten bei seiner Familie verknüpft.

Damit dienen die Weisungen in Nummer 3 a und c allein dazu, den Aufenthalt des Verurteilten in Deutschland zu unterbinden und die Begehung von Straftaten in Deutschland zu verhindern. Die Ausreiseanordnung dient darüber hinaus dem Zweck, die Ausreise zu beschleunigen. Dieser Beschleunigungseffekt hat aber nichts mehr mit einer Hilfestellung auf dem Weg in eine straffreie Lebensführung zu tun; die Ausreiseweisung dient letztlich der Erzwingung, die bestandskräftig begründete ausländerrechtliche Verlassenspflicht zu erfüllen. Der bei einem Verstoß gegen das Verbot der Wiedereinreise drohende Bewährungswiderruf stellt sich letztlich als eine Erweiterung der der Ausländerbehörde zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, auf eine Wiedereinreise zu reagieren, dar. Eine solche Anordnung ohne Möglichkeit der Bewährungsüberwachung hilft dem Verurteilten nicht, künftige Straftaten zu vermeiden, sondern hindert ihn nur daran, sie als Täter oder Teilnehmer in der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vorzunehmen (vgl. zum Ganzen Meyer, in Anm. zu OLG Koblenz, NStZ 1987, 26). Die Einhaltung der ausländerrechtlichen Beschränkungen wird mit den im Aufenthaltsgesetz vorgesehenen Maßnahmen zu überwachen und durchzusetzen sein. Für eine zusätzliche Reaktion - die Widerrufsmöglichkeit - auf einen Verstoß gegen die Ausweisungsverfügung besteht kein Anlass und keine gesetzliche Grundlage.

Den Anordnungen, unverzüglich aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen und entsprechend dem Ausweisungsbescheid des Kreisverwaltungsreferats nicht mehr einzureisen, fehlt somit eine tragfähige Beziehung zu dem Resozialisierungsziel (unabhängig davon, dass das Wiedereinreiseverbot nicht einmal von der Bewährungszeit sondern von einer verwaltungsrechtlichen Befristung abhängig gemacht wird).

b) Die Beschränkung der Beschwerde auf die angefochtenen zwei Weisungen und damit nur deren Aufhebung statt des gesamten Beschlusses der Strafvollstreckungskammer waren möglich, da hierdurch der Hauptentscheidung (Aussetzung des Strafrestes) nicht die Grundlage entzogen wurde. Für die Teilanfechtung von Beschlüssen mit der Beschwerde gelten die gleichen Grundsätze wie für die Rechtsmittelbeschränkung bei Berufung und Revision (vgl. OLG Frankfurt NJW 1980, 2535; OLG Koblenz NStZ 1987, 24, 25; aA für die vorliegenden Fallkonstellation OLG Schleswig SchlHA 1991, 118). In der Regel kann ein Aussetzungsbeschluss nicht von den damit verbundenen Weisungen getrennt werden, die Anfechtung und Aufhebung einzelner Weisungen führt also grundsätzlich zur Aufhebung des gesamten Beschlusses, da regelmäßig Weisungen nur erteilt werden, wenn dies als erforderlich erscheint, um dem Verurteilten Hilfe zu leisten, damit er keine weiteren Straftaten begeht (§ 56c Abs. 1 StGB). Bei Zusagen hinsichtlich bestimmter zukünftiger Lebensführung, deren Einhaltung erwartet werden kann, unterbleiben Weisungen in der Regel (§ 56c Abs. 4 StGB). Folglich stellen erteilte Weisungen in diesen Regelfällen eine tragende Grundlage für die Gesamtentscheidung dar und können nicht isoliert angefochten oder aufgehoben werden.

So liegt der Fall hier aber nicht. Wie ausgeführt, beruht die günstige Sozialprognose auf der Ankündigung des Verurteilten, zu seiner Familie zurückzukehren sowie der ihm durch Ausweisungsbescheid verwehrten Möglichkeit, sich weiter im Bundesgebiet aufzuhalten. Die angefochtenen Weisungen waren - wie ausgeführt - weder erforderlich noch geeignet, dieses Ziel zu erreichen.

Im psychiatrischen Sachverständigengutachten wird der soziale Empfangsraum des Verurteilten in Kanada als positiv bewertet; empfohlen wird, den Verurteilten in Kanada für zwei Jahre einem Bewährungshelfer zu unterstellen. Weitere Einschränkungen oder Vorsorgen werden nicht für erforderlich gehalten. Folglich kann nach Ansicht des Senats hier - abweichend vom Regelfall - ausgeschlossen werden, dass die Strafvollstreckungskammer bei Wegfall der angefochtenen Weisungen von der Strafaussetzung abgesehen hätte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 3 StPO, § 467 Abs. 1 StPO analog.

(1) Das Gericht erteilt dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Weisungen, wenn er dieser Hilfe bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(2) Das Gericht kann den Verurteilten namentlich anweisen,

1.
Anordnungen zu befolgen, die sich auf Aufenthalt, Ausbildung, Arbeit oder Freizeit oder auf die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse beziehen,
2.
sich zu bestimmten Zeiten bei Gericht oder einer anderen Stelle zu melden,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Gegenstände, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen oder
5.
Unterhaltspflichten nachzukommen.

(3) Die Weisung,

1.
sich einer Heilbehandlung, die mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist, oder einer Entziehungskur zu unterziehen oder
2.
in einem geeigneten Heim oder einer geeigneten Anstalt Aufenthalt zu nehmen,
darf nur mit Einwilligung des Verurteilten erteilt werden.

(4) Macht der Verurteilte entsprechende Zusagen für seine künftige Lebensführung, so sieht das Gericht in der Regel von Weisungen vorläufig ab, wenn die Einhaltung der Zusagen zu erwarten ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR426/14
vom
7. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Oktober 2014 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 26. Februar 2014 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK i.V.m. einem Verstoß gegen § 257c StPO) dringt nicht durch.
1. Der Verfahrensbeanstandung liegt zugrunde, dass am sechsten und siebten Hauptverhandlungstag Gespräche zwischen allen Verfahrensbeteiligten mit dem Ziel einer Verfahrensverständigung stattfanden. Dabei stellte das Landgericht für den Angeklagten eine Freiheitsstrafe zwischen sechs und neun Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung in Aussicht. Am siebten Hauptverhandlungstag kam es bezüglich des Angeklagten zu einer Verständigung gemäß § 257c StPO. Auf der Grundlage dieser Verständigung verurteilte das Landgericht den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Anschluss an das Urteil verkündete es einen Bewährungsbeschluss, in dem der Angeklagte angewiesen wurde, dem Gericht jeden Wohnsitzwechsel unverzüglich und unaufgefordert mitzuteilen. Über die Ausgestaltung der Bewährung war zuvor weder im Rahmen der Vorgespräche noch der Verständigung selbst gesprochen worden.
2. Ob die Rüge in einer § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise ausgeführt ist, kann dahinstehen. Sie bleibt jedenfalls in der Sache ohne Erfolg. Der Beschwerdeführer ist nicht in seinem Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) verletzt. Zumindest bei der hier erteilten Anweisung der Anzeige jedes Wohnsitzwechsels erfordern es weder das Fairnessgebot noch sonstige Rechtsgrundsätze, dass das Gericht vor einer Verständigung (§ 257c StPO) offenlegt, solches anweisen zu wollen. Die Rechtsprechung des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs zu den aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens resultierenden tatgerichtlichen Offenlegungspflichten bei Verfahrensverständigungen, bei denen eine zur Bewährung auszusetzende Freiheitsstrafe in Aussicht gestellt wird (BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2014 – 4 StR 254/13, NJW 2014, 238 f.; vom 11. September 2014 – 4 StR 148/14 Rn. 9 f., NJW 2014, 3173, 3174), steht nicht entgegen. Diese bezieht sich ausschließlich auf im Rahmen der Verständigung nicht offengelegte Bewährungsauflagen (§ 56b StGB). Sie lässt sich nicht auf die nach ihrer Zwecksetzung und ihrer rechtlichen Natur völlig verschiedene Anweisung der Anzeige des Wohnsitzwechsels übertragen.

a) Der 4. Strafsenat hat aus dem Anspruch eines Angeklagten auf ein faires Verfahren abgeleitet, dass er vor einer Verständigung gemäß § 257c StPO, deren Gegenstand die Verhängung einer zur Bewährung auszusetzenden Freiheitsstrafe ist, auf konkret in Betracht kommende Bewährungsauflagen hingewiesen werden muss, die nach § 56b Abs. 1 Satz 1 StGB der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen und deren Erfüllung Voraussetzung für die in Aussicht gestellte Strafaussetzung ist (BGH aaO mwN; zustimmend Bachmann, JR 2014, 357). Mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens sei die Verständigung im Strafverfahren nur dann zu vereinbaren, wenn durch eine vorherige Belehrung sichergestellt sei, dass der Angeklagte vollumfänglich über die Tragweite seiner Mitwirkung informiert ist. Lediglich eine solche umfassende Information könne die Autonomie der Entscheidung des Angeklagten gewährleisten, von seiner Freiheit Gebrauch zu machen, Einlassungen zur Sache zu verweigern oder sich auf eine Verständigung einzulassen (BGH aaO unter Bezugnahme auf BVerfG, NJW 2013, 1058, 1071 = BVerfGE 133, 168, 237 Rn. 125 [bzgl. der Belehrungspflicht aus § 257c Abs. 5 StPO]).
Aus diesen Grundsätzen folgert der 4. Strafsenat die bereits angesprochene Pflicht des Gerichts zur Offenlegung, dass es zur Verwirklichung der Genugtuungsfunktion des Strafverfahrens außer der Verhängung der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe auch Bewährungsauflagen in Betracht zieht. Eine autonome Entscheidung über seine Mitwirkung an einer Verständigung könne der Angeklagte lediglich in Kenntnis der gesamten Rechtsfolgenerwartung treffen. Angesichts der Genugtuungsfunktion von Bewährungsauflagen (§ 56b Abs. 1 Satz 1 StGB) und ihres strafähnlichen Charakters seien diese Teil der Rechtsfolgenerwartung. Erst die Information darüber, dass neben der Strafe selbst weitere Maßnahmen mit Vergeltungscharakter und möglichen erheblichen Belastungen drohen, versetzten den Angeklagten in die Lage, von seiner Entscheidungsfreiheit auf einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage Gebrauch zu machen (BGH aaO Rn. 11 und 12).

b) Ob dieser Rechtsprechung bei Verfahrensabsprachen (§ 257c StPO), auf deren Grundlage das Tatgericht eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheits- strafe bei Erteilung von Bewährungsauflagen (§ 56b StGB) verhängt, uneingeschränkt zu folgen wäre, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls für die vorliegende Konstellation einer mit einer Anweisung des Verurteilten, jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht mitzuteilen, verbundenen Bewährungsstrafe, die durch ein auf einer Verfahrensabsprache beruhendes Urteil verhängt wird, bedarf es keiner vorherigen Information des Angeklagten über die in Betracht kommende Weisung. Dient – wie hier – die im Bewährungsbeschluss erteilte Anweisung dem Zweck, auf die zukünftige Lebensführung des Verurteilten helfend spezialpräventiv einwirken zu können, ist sie einer Bewährungsweisung im Sinne von § 56c Abs. 2 Nr. 1 StGB gleichzustellen (vgl. zum Diskussionsstand bzgl. der bewährungsrechtlichen Einordnung einer Anweisung der Wohnsitzwechselanzeige OLG Köln, Beschluss vom 28. März 2006 – 2 Ws 123/06, zit. nach juris, Rn. 9; OLG Oldenburg, NStZ 2008, 461 einerseits; OLG Celle, NStZ 2004, 627 andererseits; vgl. auch OLG Frankfurt/M., NStZ 2009, 39; Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 56c Rn. 6 aE mwN; Mosbacher in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 56c Rn. 2 und 9).
Bewährungsweisungen dienen – anders als Bewährungsauflagen – nicht dem Ausgleich für das vom Täter schuldhaft verursachte Unrecht. Wie sich aus § 56c Abs. 1 Satz 1 StGB ergibt, kommt ihnen die Aufgabe zu, dem zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe Verurteilten zu helfen, zukünftig ein straffreies Leben zu führen (näher Groß in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 56c Rn. 5 und 7 mwN). Sie haben damit ausschließlich spezialpräventiven Charakter (Thüringer OLG, Beschluss vom 13. Dezember 2010 – 1 Ws 455/10, zit. nach juris, Rn. 26; Stree/Kinzig aaO § 56c Rn. 1 mwN; Mosbacher aaO § 56c Rn. 1). Weisungen dürfen grundsätzlich auch lediglich zu dem Zweck erteilt werden, dem Verurteilten Hilfe zu seiner zukünftigen Straf- freiheit zu gewähren. Fehlt es an einer solchen Zwecksetzung, ist die Weisung gesetzwidrig (vgl. § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO). In der unterschiedlichen Zwecksetzung liegt der fundamentale Unterschied (Groß aaO Rn. 2) zwischen Bewährungsauflagen einerseits und -weisungen andererseits.
Die in der Rechtsprechung des 4. Strafsenats tragende Erwägung für das Gebot umfassender Information bei einer Verfahrensabsprache auch über Bewährungsauflagen knüpft an deren sanktionsähnlichen Charakter und die mit ihnen verbundene Genugtuungsfunktion an. Sie geht erkennbar von der Vorstellung aus, erst mit der Kombination aus verhängter Strafart, Strafhöhe und der Bewährungsauflage (bzw. dem Unterbleiben ihrer Anordnung) bestimme das Tatgericht das Genugtuungsbedürfnis für die begangene Straftat vollständig (vgl. zu dieser Erwägung Groß aaO § 56e Rn. 14 mwN). Auf die ausschließlich der Hilfe des Verurteilten dienenden Weisungen bzw. Anweisungen lässt sich dies schon wegen der gänzlich unterschiedlichen Zwecksetzung nicht übertragen.
Auch der vom 4. Strafsenat angeführte Aspekt der mit Bewährungsauflagen möglicherweise verbundenen erheblichen Belastungen für den Verurteilten trägt nicht für die hier ausschließlich in Rede stehende Anweisung, jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht mitzuteilen. Eine solche Anweisung ist gesetzmäßig , wenn – wie im vorliegenden konkreten Einzelfall – damit der Zweck verfolgt wird, auf die zukünftige Lebensführung des Verurteilten positiv Einfluss nehmen zu können (vgl. OLG Celle aaO; OLG Frankfurt/M. aaO; Groß aaO § 56c Rn. 21; Mosbacher aaO § 56c Rn. 9). Mit ihrer Erfüllung sind keine Belastungen verbunden, die aus Gründen der Verfahrensfairness eine der Verfahrensabsprache vorausgehende Information des Angeklagten darüber gebieten würden. Auf die in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unterschiedlich beurteilte Frage, ob auf Verstöße gegen eine solche Anweisung gemäß § 56f StGB ein Bewährungswiderruf gestützt werden kann (OLG Celle, Frankfurt/M., Köln und Oldenburg jeweils aaO), kommt es vorliegend nicht an. Ein im Rahmen der Beurteilung der Verfahrensfairness einer Urteilsabsprache gemäß § 257c StPO zu berücksichtigender Aspekt resultierte daraus selbst dann nicht, wenn Verstöße gegen die fragliche Anweisung Maßnahmen nach § 56f StGB begründen könnten. Der Eintritt von Umständen, die zu Entscheidungen gemäß § 56e oder § 56f StGB führen können, hängt jeweils ausschließlich von dem eigenen Verhalten des Verurteilten nach der Urteilsabsprache ab. Die mit der Befolgung der Anweisung und damit zur Meidung von Maßnahmen nach § 56e oder § 56f StGB einhergehenden Verhaltensanforderungen an den Verurteilten sind derart marginal, dass von einer Belastung nicht die Rede sein kann.
Gegen ein aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens abgeleitetes Gebot vorheriger Information des Angeklagten spricht hinsichtlich von Bewährungsweisungen allgemein und für die hier fragliche Anweisung besonders auch eine weitere Erwägung, die wiederum mit den Unterschieden zwischen Bewährungsauflagen auf der einen Seite und Bewährungsweisungen auf der anderen Seite in Zusammenhang steht. Im Hinblick auf den strafähnlichen Charakter der Auflagen und ihrer Genugtuungsfunktion wird im Rahmen nachträglicher Anordnung oder Änderung der Ausgestaltung der Bewährung gemäß § 56e StGB, obwohl das Verbot der reformatio in peius bei Bewährungsauflagen nicht gilt (BGH, Beschluss vom 16. Februar 1982 – 5 StR 1/82, NJW 1982, 1544), in der Strafrechtswissenschaft und gelegentlich in der Strafrechtsprechung die Auffassung vertreten, den Verurteilten belastende Auflagen dürften nicht allein auf eine vom Tatrichter abweichende Beurteilung des Genugtuungsbedürfnisses seitens des für die Entscheidung nach § 56e StGB zuständigen Gerichts gestützt werden (vgl. Groß aaO § 56e Rn. 13; Stree/Kinzig aaO § 56e Rn. 4 mwN; siehe auch OLG Stuttgart, NStZ-RR 2004, 362, 363). Bei der nachträglichen Anordnung von belastenden Bewährungsweisungen werden solche Beschränkungen nicht gefordert (Stree/Kinzig aaO § 56e Rn. 5 mwN; Mosbacher aaO § 56e Rn. 6); die spezialpräventive Ausrichtung erfordert hier gerade eine jederzeitige Anpassung an gewandelte, für die Prognose relevante Umstände. Angesichts dieser jederzeitigen nachträglichen Abänderbarkeit von Bewährungsweisungen ist eine der Verfahrensverständigung (§ 257c StPO) vorausgehende Information über die in Aussicht genommenen Bewährungsweisungen nicht geboten.
Rothfuß Cirener Radtke Mosbacher Fischer

(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern. Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt.

(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Ausländer,

1.
deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist,
2.
die nach Maßgabe der §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen,
3.
soweit sie nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge für den diplomatischen und konsularischen Verkehr und für die Tätigkeit internationaler Organisationen und Einrichtungen von Einwanderungsbeschränkungen, von der Verpflichtung, ihren Aufenthalt der Ausländerbehörde anzuzeigen und dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und wenn Gegenseitigkeit besteht, sofern die Befreiungen davon abhängig gemacht werden können.

(1) Das Gericht erteilt dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Weisungen, wenn er dieser Hilfe bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(2) Das Gericht kann den Verurteilten namentlich anweisen,

1.
Anordnungen zu befolgen, die sich auf Aufenthalt, Ausbildung, Arbeit oder Freizeit oder auf die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse beziehen,
2.
sich zu bestimmten Zeiten bei Gericht oder einer anderen Stelle zu melden,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Gegenstände, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen oder
5.
Unterhaltspflichten nachzukommen.

(3) Die Weisung,

1.
sich einer Heilbehandlung, die mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist, oder einer Entziehungskur zu unterziehen oder
2.
in einem geeigneten Heim oder einer geeigneten Anstalt Aufenthalt zu nehmen,
darf nur mit Einwilligung des Verurteilten erteilt werden.

(4) Macht der Verurteilte entsprechende Zusagen für seine künftige Lebensführung, so sieht das Gericht in der Regel von Weisungen vorläufig ab, wenn die Einhaltung der Zusagen zu erwarten ist.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.