Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 02. Dez. 2011 - I Ws 372/11

bei uns veröffentlicht am02.12.2011

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an das Landgericht Neubrandenburg zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Die zulässige sofortige Beschwerde hat zumindest vorläufigen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung erging verfahrensfehlerhaft, weil der Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt wurde.

1.

2

Nach § 67e Abs. 1 Satz 1 StGB ist zu prüfen, ob die weitere Vollstreckung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Die tatsächlichen Feststellungen haben sich somit nicht allein auf eine Legalprognose zu beschränken, sondern es ist immer auch zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 63 StGB (noch) vorliegen. Ist dies nicht der Fall oder ist die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig, ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 67d Abs. 6 StGB für erledigt zu erklären. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob die Voraussetzungen der Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben (Fehleinweisung), oder ob sie später weggefallen sind. Entscheidend ist allein, ob sich später im Vollstreckungsverfahren zweifelsfrei ergibt, dass die Voraussetzungen der Unterbringung entweder von vornherein nicht vorgelegen haben oder aber nachträglich weggefallen sind, da in beiden Fällen der Zweck der Unterbringung erreicht oder nicht (mehr) erreichbar ist (vgl. Senatsbeschluss v. 08.02.2007, I Ws 438/06; OLG Jena, Beschl. v. 10.09.2010 - 1 Ws 164/10, BeckRS 2010, 23538). Nur Fehleinweisungen, die allein auf Rechtsfehlern des Tatgerichts beruhen, werden von § 67d Abs. 6 StGB nicht erfasst; diese müssen im Rechtsmittelverfahren behoben werden (OLG Jena, Beschl. aaO. m.w.Nachw.).

3

Wird eine (fortdauernde) Störung mit dem Schweregrad der §§ 20, 21 StGB festgestellt, ist zu untersuchen, ob aufgrund dieser Störung weiterhin davon auszugehen ist, dass von dem Verurteilten erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, wobei der symptomatische Zusammenhang zwischen den diagnostizierten Störungen und den zu erwartenden Taten herzustellen ist.

4

Die dem Richter auferlegte Prognose erfordert eine wertende Entscheidung. Die Gesamtwürdigung hat die von dem Verurteilten ausgehenden Gefahren zur Schwere des mit der Maßregel verbundenen Eingriffs ins Verhältnis zu setzen. Die Fortdauer der Unterbringung bleibt an ihren Zweck gebunden. Daraus folgt unter anderem, dass nur auf die Gefahr solcher rechtswidriger Taten abzustellen ist, die ihrer Art und ihrem Gewicht nach ausreichen würden, auch eine Anordnung der Maßregel gemäß § 63 StGB zu tragen. Insoweit ist die von dem Untergebrachten ausgehende Gefahr von der Strafvollstreckungskammer bei der Entscheidung gem. § 67d Abs. 2 StGB hinreichend zu konkretisieren. Der Grad der Wahrscheinlichkeit zukünftiger rechtswidriger Taten ist zu bestimmen; deren bloße Möglichkeit vermag die weitere Maßregelvollstreckung nicht zu rechtfertigen. Bei allem ist auf die Besonderheiten des Falles einzugehen. Ein vertretbares Risiko ist einzugehen, da insbesondere bei lang andauerndem bisherigen Vollzug eine sichere Erwartung künftigen Wohlverhaltens praktisch nie angenommen werden kann (vgl. Fischer, StBG 58. Aufl. § 67d Rn. 10 f.; BVerfG, Beschl. v. 10.10.2003 - 2 BvR 366/03, NStZ-RR 2004, 76).

5

Je länger die Unterbringung andauert, umso strenger sind die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzugs. Die Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung und die Begründungstiefe einer Überprüfungsentscheidung steigen entsprechend (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.03.2009 - 2 BvR 2543/08, NStZ-RR 2010, 122).

6

Die richterliche Prognoseentscheidung hat eigenständig in Auswertung der sachverständigen Beratung zu erfolgen. Bevor der Richter das Prognoseergebnis auf Grund eigener Wertung kritisch hinterfragen kann, hat er zu überprüfen, ob das Gutachten bestimmten Mindeststandards genügt. So muss die Begutachtung insbesondere nachvollziehbar und transparent sein. Der Gutachter muss Anknüpfungs- und Befundtatsachen klar und vollständig darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen offen legen. Auf dieser Grundlage hat er eine Wahrscheinlichkeitsaussage über das künftige Legalverhalten des Verurteilten zu treffen, die das Gericht in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der fortbestehenden Gefährlichkeit eigenverantwortlich zu beantworten (vgl. BVerfG, 2 BvR 983/04 vom 14.1.2005, Absatz-Nr. 14 f.; vgl. zu den Mindestanforderungen für Prognosegutachten: Boetticher, Kröber, Müller-Isberner, Böhm, Müller-Metz, Wolf, NStZ 2006, 537).

7

Befindet sich der Untergebrachte seit langer Zeit in ein und demselben psychiatrischen Krankenhaus, ist es in der Regel geboten, von Zeit zu Zeit einen anstaltsfremden Sachverständigen hinzuzuziehen, um der Gefahr repetitiver Routinebeurteilungen vorzubeugen und um auszuschließen, dass anstaltsinterne Belange oder die Beziehung zwischen Untergebrachtem und Therapeuten das Gutachten beeinflussen. Aus denselben Gründen kann es bei langdauernder Unterbringung weitergehend angezeigt sein, den Untergebrachten von einem solchen externen Sachverständigen begutachten zu lassen, der im Laufe des Vollstreckungsverfahrens noch überhaupt nicht mit dem Untergebrachten befasst war. (vgl. BVerfG, - BvR 2543/08 - 3. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 26.3.2009, Rdz 41 f. der Online-Fassung).

8

Das Freiheitsgrundrecht des in einem psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachten wurde einfachrechtlich prozedural durch den Gesetzgeber abgesichert. Gemäß § 463 Abs. 4 StPO soll das Gericht im Rahmen der Überprüfungen nach § 67e StGB nach jeweils 5 Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen, der nicht im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus, in dem sich die untergebrachte Person befindet, arbeiten darf. Bei der Auslegung dieser Soll-Vorschrift ist zu beachten, dass die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des in der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus liegenden Freiheitsentzuges umso strenger sind, je länger die Unterbringung andauert (OLG Oldenburg, Beschl. v. 07.09.2007 - 1 Ws 481/07 - NStZ 2008, 225; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.04.2008 - 3 Ws 401/08, NStZ-RR 2008, 292; jew. m. w. Nachw.).

9

Nach der Neuregelung ist ein externes Gutachten als Grundlage einer nach fünf Jahren zu treffenden Überprüfungsentscheidung nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen entbehrlich. Dies zeigt schon die Ausgestaltung der das Freiheitsgrundrecht sichernden Verfahrensnorm als Sollvorschrift. Sie schließt ein Abweichen von der Regel nicht aus, erhöht allerdings die Begründungslast der Vollstreckungsgerichte für ein solches Abweichen (vgl. BVerfG, a.a.O., Absatz-Nr. 45).

10

Die erste 5-Jahres-Frist beginnt mit der Aufnahme des Untergebrachten im Maßregelvollzug, die nachfolgenden beginnen jeweils mit Beschlussfassung, der ein externes Gutachten zugrunde liegt (vgl. Meyer-Goßner, StPO 54. Aufl. § 463 Rn. 10).

11

Der Fristenlauf richtet sich nach § 67e Abs. 4 StGB (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 02.02.2010 - 3 Ws 81/10, NStZ-RR 2010, 126). Der Lauf der Frist beginnt somit nach § 67e Abs. 4 Satz 2 von neuem mit Erlass der erstinstanzlichen Sachentscheidung, auf den Zeitpunkt der Rechtskraft kommt es nicht an (Fischer, StGB 58. Aufl. § 67e Rn. 3).

2.

12

Die durch die Strafvollstreckungskammer betriebene Sachaufklärung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Es wurde insbesondere verabsäumt, eine Begutachtung durch einen externen Sachverständigen einzuholen.

13

Der Verurteilte ist seit dem 20.08.2001 ununterbrochen untergebracht, zunächst auf der Grundlage eines vorläufigen Unterbringungsbefehls und seit dem 15.05.2002 nach § 63 StGB auf der Grundlage des Urteils des Landgerichts Stralsund vom 15.05.2002. Das letzte anstaltsfremde Gutachten wurde mit Datum vom 26.05.2006 von Dr. med. habil L. erstellt. Auf dieser Grundlage wurde mit Beschluss der Landgerichts Neubrandenburg vom 02.08.2006 die weitere Unterbringung angeordnet. Die 5-Jahres-Frist des § 463 Abs. 4 StPO endete daher mit dem Ablauf des 02.08.2011.

14

Bei dem durch die Strafvollstreckungskammer beauftragten Sachverständigen Dr. O. handelt es sich nicht um einen externen Sachverständigen im Sinn des § 463 Abs. 4 Satz 2 StPO. Dr. O. war zum Zeitpunkt der Aufnahme des Beschwerdeführers in die Fachklinik für Forensische Psychiatrie Stralsund dort als Oberarzt tätig und behandelte in dieser Funktion den Beschwerdeführer. Zuvor hatte er bereits mit Datum vom 19.06.2001 in anderer Sache ein forensisch-psychiatrisches Gutachten über den Beschwerdeführer erstattet. Die Aufnahme zur Unterbringung erfolgte aufgrund eines Unterbringungsbefehls des Amtsgerichts Greifswald nach § 126a StPO. Anlass der vorläufigen Unterbringung waren die Anlasstaten zu 1. und 2. des Urteils vom 15.05.2002. Während der vorläufigen Unterbringung beging der Beschwerdeführer die Anlasstat zu 3. Eine Verlegung des Beschwerdeführers in die Fachklinik für Forensische Psychiatrie Ueckermünde erfolgte erst am 13.08.2002. Dr. O. hatte im Juli 2002 seine Tätigkeit als Oberarzt beendet und ist seitdem als freiberuflicher Sachverständiger tätig.

15

Bereits die Befassung von Dr. O. mit der Behandlung des Beschwerdeführers während der vorläufigen Unterbringung ist als Vorbefassung im Sinn des § 463 Abs. 4 Satz 2 StPO anzusehen. Jedenfalls dann, wenn die Anlasstaten der vorläufigen Unterbringung (mit-) ursächlich für die sich unmittelbar anschließende endgültige Unterbringung werden, kann der Gefahr einer nicht hinreichend unabhängigen Folgebeurteilung nur dadurch effektiv vorgebeugt werden, dass die vorläufige Unterbringung und die nachfolgende endgültige Unterbringung einheitlich betrachtet wird.

16

Eine Vorbefassung von Dr. O. liegt zudem darin, dass er auch noch nach Rechtskraft der Unterbringungsentscheidung für kurze Zeit mit der Behandlung befasst war.

17

Dr. O. war zudem nicht nur aus formellen Gründen kein tauglicher externer Gutachter. Während der vorläufigen Unterbringung tötete der Untergebrachte am 06.11.2001 seinen Zimmermitbewohner in einem krankheitsbedingten Zustand der Schuldunfähigkeit. Gegen die behandelnden Ärzte, darunter auch Dr. O. wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung eingeleitet. Es bestand der Anfangsverdacht, dass der Untergebrachte möglicherweise falsch behandelt bzw. dessen Gefährlichkeit falsch beurteilt worden sein könnte. Das Verfahren wurde schließlich eingestellt, da auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. K vom 15.08.2003 kein Fehlverhalten der Ärzte festgestellt werden konnte. Eine unbefangene Begutachtung durch Dr. O. war unter diesen Umständen zwar möglich, aber auch nicht ohne weiteres zu erwarten. Als „gebranntes Kind“ war zu besorgen, dass Dr. O. dahin tendieren könnte, die Gefährlichkeit des Untergebrachten deshalb als hoch einzuschätzen, um unter allen Umständen zu vermeiden, dass er erneut für eine Tat des Untergebrachten mitverantwortlich gemacht werden könnte.

3.

18

Die Beauftragung von Dr. O. war zudem zur Sachaufklärung ungeeignet, da sich der Untergebrachte einer Exploration durch diesen Sachverständigen widersetzte. Eine verlässliche Feststellung des aktuellen Zustands des Untergebrachten wird durch die Verweigerung der Exploration erheblich erschwert. Bei der Auswahl des Sachverständigen ist daher die fehlende Bereitschaft des Untergebrachten zur Exploration durch einzelne Sachverständige mit zu berücksichtigen. Zumindest dann, wenn der Untergebrachte sich nur der Exploration durch einen bestimmten Sachverständigen verweigert, entspricht es nicht dem Gebot der bestmögliche Sachaufklärung, gerade diesen Sachverständigen weiter einzusetzen.

19

Der Untergebrachte hatte bereits im April 2009 Vorbehalte gegen Dr. O. erhoben, da er diesen wegen der Vorbefassung nicht für hinreichend neutral hielt. Eine Exploration durch Dr. O. lehnte er seinerzeit ab, woraufhin die Strafvollstreckungskammer den Gutachtenauftrag zurückzog. Nachdem Dr. O. im August 2010 erneut beauftragt worden war, verwies der Untergebrachte nochmals auf die Vorbefassung des Sachverständigen und bat um Bestellung eines anderen Gutachters. Er wiederholte sein Anliegen mehrfach und führte unter anderem aus, dass er Dr. O. für mitverantwortlich an der Tat vom 06.11.2001 halte. Er betonte dabei auch, dass er gegen den Sachverständigen La. oder den vom Gericht ebenfalls benannten Dr. Lu. keine Einwände habe. Versuche der Strafvollstreckungskammer, bei dem Untergebrachten doch noch eine Zustimmung zur Mitwirkung bei der Begutachtung durch Dr. O. zu erreichen, blieben erfolglos und im Dezember 2010 ließ der Untergebrachte nochmals durch seine Verteidigerin eindeutig mitteilen, dass er sich nicht durch Dr. O. explorieren lassen wolle.

20

Mangels persönlicher Exploration war eine hinreichende Sachaufklärung nicht möglich. Der Sachverständige Dr. O. führte in seinem Gutachten vom 12.03.2011 selbst aus, dass ihm eine erweiterte Bewertung des Störungsbildes ohne eigene Untersuchung nicht möglich sei.

21

Der Untergebrachte ist nach Aktenlage nach wie vor bereit, an einer Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen mitzuwirken. Da durch Beauftragung eines anderen Sachverständigen eine deutlich bessere Sachaufklärung zu erwarten ist, kann hierauf nicht verzichtet werden.

22

Ein weiteres erhebliches Aufklärungsdefizit liegt in der fehlenden Berücksichtigung des Verlaufes der Unterbringung nach Verlegung in die A. Klinik Nord-O.. Der Sachverständige Dr. O. hatte in seinem Gutachten vom 12.03.2011 noch herausgearbeitet, dass die eingeschränkte Compliance prognostisch negativ zu beurteilen sei und hier die Effekte durch die - zum Zeitpunkt der Erstellung des schriftlichen Gutachtens noch geplante - Verlegung abzuwarten seien. Der Untergebrachte wurde am 14.03.2011 verlegt. Eine Ergänzung des schriftlichen Gutachtens unter Einarbeitung der Erkenntnisse aus der Behandlung nach Verlegung fand nicht statt. Aus dem Anhörungsprotokoll vom 10.08.2011 ergibt sich auch nicht, dass der Sachverständige Dr. O. mündlich sein Gutachten entsprechend ergänzt hätte.

4.

23

Das Beschwerdegericht kann nicht selbst ein externes Gutachten einholen und in der Sache entscheiden, da nach § 463 Abs. 4 Satz 4, § 454 Abs. 2 StPO der Sachverständige zwingend mündlich anzuhören, die Entscheidung im Beschwerdeverfahren aber nach § 309 Abs. 1 StPO im schriftlichen Verfahren zu treffen ist. Die Sache war daher an die Strafvollstreckungskammer zurückzugeben zur Einholung eines anstaltsfremden Gutachtens und anschließender neuer Entscheidung, bei der die nach § 463 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 454 Abs. 2 StPO vorge-schriebene Verfahrensweise zu beachten sein wird (vgl. Meyer-Goßner a. a.O. § 309 Rn. 8; OLG München, Beschl. v. 19.07.2011 - 1 Ws 592, 593/11, BeckRS 2011, 20254; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.04.2008 - 3 Ws 401/08, NStZ-RR 2008, 292; OLG Oldenburg, Beschl. v. 07.09.2007 - 1 Ws 481/07 - NStZ 2008, 225; OLG Naumburg, Beschl. v. 15.01.2010 - 1 Ws 812/09, BeckRS 2010, 18500).

24

Trotz zwischenzeitlicher Verlegung in eine Anstalt im Zuständigkeitsbereich eines anderen Landgerichts, ist die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Stralsund nach § 462a Abs. 1, 463 Abs. 1 StPO für die nach Rückverweisung zu treffende Entscheidung weiter zuständig. Während der vollzogenen Unterbringung ist die Strafvollstreckungskammer örtlich zuständig, in deren Bezirk das psychiatrische Krankenhaus liegt, in das der Untergebrachte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befasst wird, aufgenommen ist. Für das Befasstsein mit der Sache ist bei Entscheidungen, die von Amts wegen ergehen, der Zeitpunkt maßgeblich, in dem es tätig werden musste (vgl. Meyer-Goßner, 54. Aufl. StPO § 462a Rn 11). Das Befasstsein endet erst, wenn in der Sache abschließend entschieden worden ist (vgl. Meyer-Goßner, 54. Aufl. StPO § 462a Rn 12). Maßgeblich war vorliegend der Ablauf der Überprüfungsfrist nach § 67e Abs. 2 StGB nach der letzten Entscheidung des Landgerichts Neubrandenburg vom 20.11.2009. Die gesetzliche Höchstfrist von einem Jahr begann mit Erlass der Entscheidung und endete somit am 20.11.2010. Die durch die Kammer selbst nach § 67e Abs. 3 Satz 1 StGB gesetzte verkürzte Frist endete am 06.11.2010. Zu diesem Zeitpunkt war der Untergebrachte noch in Ueckermünde untergebracht. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bleibt die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Neubrandenburg jedenfalls so lange örtlich zuständig, bis durch Ablauf einer neuen Überprüfungsfrist die dann örtlich zuständige Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Hamburg zuständig wird. Nach § 67e Abs. 4 Satz 2 StGB begann die gesetzliche Höchstfrist des § 67e Abs. 2 StGB von einem Jahr mit Erlass der angegriffenen Entscheidung vom 11.10.2011, so dass spätestens mit Ablauf des 11.10.2012 von Amts wegen durch die dann zuständige Strafvollstreckungskammer ohne Rücksicht auf die Rechtskraft der vorhergehenden Entscheidung erneut zu entscheiden ist. Unter Berücksichtigung der durch die Kammer gesetzten verkürzten Frist ist bereits zum Ablauf des 10.08.2012 neu zu entscheiden. Bis dahin bleibt die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Neubrandenburg örtlich zuständig.

II.

25

Eine Kostenentscheidung war wegen des nur vorläufigen Erfolgs der Beschwerde nicht veranlasst. Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 310 Abs. 2 StPO).

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 02. Dez. 2011 - I Ws 372/11

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 02. Dez. 2011 - I Ws 372/11

Referenzen - Gesetze

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und
Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 02. Dez. 2011 - I Ws 372/11 zitiert 13 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafgesetzbuch - StGB | § 67d Dauer der Unterbringung


(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich

Strafprozeßordnung - StPO | § 463 Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung


(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu tr

Strafprozeßordnung - StPO | § 454 Aussetzung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung


(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten un

Strafgesetzbuch - StGB | § 67e Überprüfung


(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen. (2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung in

Strafprozeßordnung - StPO | § 462a Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer und des erstinstanzlichen Gerichts


(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte z

Strafprozeßordnung - StPO | § 309 Entscheidung


(1) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft. (2) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt das Beschwerdegericht zugleich die in der Sache erfor

Strafprozeßordnung - StPO | § 310 Weitere Beschwerde


(1) Beschlüsse, die von dem Landgericht oder von dem nach § 120 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständigen Oberlandesgericht auf die Beschwerde hin erlassen worden sind, können durch weitere Beschwerde angefochten werden, wenn sie 1. eine Ver

Strafprozeßordnung - StPO | § 126a Einstweilige Unterbringung


(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und daß seine Unterbringung in einem psychiatrisc

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 02. Dez. 2011 - I Ws 372/11 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 02. Dez. 2011 - I Ws 372/11 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 15. Jan. 2010 - 1 Ws 812/09

bei uns veröffentlicht am 15.01.2010

Tenor Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 4. Strafkammer – Strafvollstreckungskammer – des Landgerichts Stendal vom 9. November 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Prüfung, auch über die Kosten des Besc

Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 08. Feb. 2007 - I Ws 438/06

bei uns veröffentlicht am 08.02.2007

Tenor Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) als unbegründet verworfen. Gründe I. 1 Das gem. § 463 Abs. 3 StPO i. V. m. § 454 Abs. 3 Satz 1 StPO statthafte, binnen der Frist aus § 311 Abs. 2

Referenzen

(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.

(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt sechs Monate,
in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr,
in der Sicherungsverwahrung ein Jahr, nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung neun Monate.

(3) Das Gericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist.

(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung oder Erledigungserklärung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

1

Das gem. § 463 Abs. 3 StPO i. V. m. § 454 Abs. 3 Satz 1 StPO statthafte, binnen der Frist aus § 311 Abs. 2 StPO angebrachte und damit zulässige Rechtsmittel erweist sich aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen landgerichtlichen Beschlusses und den ebenfalls zutreffenden Erwägungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 22.12.2006, die dem Untergebrachten und seinem Verteidiger bekannt gemacht worden ist, als unbegründet. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

2

Insbesondere hat die Große Strafvollstreckungskammer zu Recht darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für eine Erledigung der Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67 d Abs. 6 Satz 1 StGB nicht vorliegen.

3

1. Nach der gesetzlichen Neuregelung des § 67 d Abs. 6 StGB ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt zu erklären, wenn feststeht, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre. Diese mit dem Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung vom 28.07.2004 (BGBl I S. 1838) mit Wirkung zum 29.07.2004 in Kraft getretene Vorschrift ist - mangels anders lautender Übergangsvorschriften - ab Inkrafttreten auch für "Altfälle" wie den vorliegenden ohne Weiteres anzuwenden.

4

Ausweislich der Entwurfsbegründung (vgl. BT-Drucksache 15/2887 S. 10/14) übernimmt die Regelung dabei lediglich den von den Strafvollstreckungsgerichten bereits zuvor im Wege der Rechtsfortbildung und - im Wesentlichen - in analoger Anwendung des § 67 c Abs. 2 Satz 5 StGB entwickelten Rechtssatz, wonach bei nachträglichem Wegfall oder später festgestelltem anfänglichem Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 63 StGB die Unterbringung erledigt und nicht weiter vollstreckt werden darf. Grundsätzlich will die gesetzliche Neuregelung nach der gesetzgeberischen Intention (vgl. BT-Drucksache 15/2887, S. 21) damit auch die Fälle der sogenannten Fehleinweisung erfassen und den Vorschriften über die Erledigung unterstellen (vgl. dazu OLG Frankfurt NStZ-RR 2005, 140; Tröndle/Fischer, StGB, 53. Aufl. § 67 d Rdz. 8; MK-Veh, StGB, § 67 d Rdz. 24, 26, 30 m. w. N.).

5

Nach der nunmehr in Gesetzesform vorliegenden, auf nahezu einhelliger früherer Rechtsprechung der Obergerichte und den überwiegenden Literaturstimmen beruhenden Rechtslage ist die Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67 d Abs. 6 StGB für erledigt zu erklären, wennmit Sicherheit feststeht , dass der Verurteilte nicht oder nicht mehr an einem Zustand leidet, der durch die in § 20 StGB genannten seelischen Störungen oder Abartigkeiten gekennzeichnet ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen der Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben oder diese später weggefallen sind, weil sich etwa herausgestellt hat, dass der Verurteilte von seinem Leiden geheilt ist. Entscheidend ist allein, ob sich später im Vollstreckungsverfahren zweifelsfrei ergeben hat, dass die Voraussetzungen der Unterbringung entweder von vornherein nicht vorgelegen haben oder aber nachträglich weggefallen sind, da in beiden Fällen der Zweck der Unterbringung erreicht oder nicht - mehr - erreichbar ist (vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 2002, 58 m.w.N.; NStZ 2003, 222). Nur im Falle des zweifelsfreien Wegfalls oder Nichtvorliegens der Unterbringungsvoraussetzungen ist zudem die Durchbrechung der grundsätzlich eingetretenen Rechtskraft einer Unterbringungsentscheidung durch (bloße) Erledigungserklärung und nicht etwa im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens angezeigt. (ständige Rspr. des Senats, vgl. Beschluss vom 08.06.2006 - I Ws 131/06).

6

Diese Rechtsanwendung - die nunmehr in Gestalt des § 67 d Abs. 6 StGB in Gesetzesform vorliegt - hat vom Grundsatz her die ausdrückliche Billigung auch des Bundesverfassungsgerichts (NStZ 1995, 174 m. w. N.) gefunden.

7

2. Die danach zu fordernde zweifelsfreie Sicherheit , dass der Verurteilte nicht oder nicht mehr an einem Zustand leidet, der durch die in § 20 StGB genannten seelischen Störungen oder Abartigkeiten gekennzeichnet ist, besteht vorliegend nicht. Sie ergibt sich - jedenfalls mit der zu verlangenden Zweifelsfreiheit - nicht aus dem von der Großen Strafvollstreckungskammer eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. med. R. vom 18.09.2006.

8

a) Zwar kommt der Sachverständige Dr. R. in seinem schriftlichen Gutachten, welches er in der Anhörung vor der Strafvollstreckungskammer am 20.10.2006 mündlich erläutert hat, zu dem - zusammengefassten - Ergebnis, bei dem Untergebrachten liege seines Erachtens keine Persönlichkeitsstörung von Krankheitswert vor, weswegen eine ausreichende medizinische Indikation einer Unterbringung nach § 63 StGB zu verneinen sei.

9

b) Das Gutachten des Sachverständigen Dr. R. vermag indes nicht zu überzeugen.

10

So erschließt sich dem Senat beispielsweise nicht, inwiefern die "nunmehr dritte Version der Einweisungstat", die der Untergebrachte im Rahmen der Exploration durch den Sachverständigen entworfen hat und die "mit einer erheblichen Intelligenzminderung völlig unvereinbar" sei, weil sie "eine (fast) in sich schlüssige und ihn entlastende Variante des Vortat- und Tatzeitraums der Einweisungstat" darstelle (Gutachten Bl. 38), auf ein gegenüber den vorgutachterlichen Erkenntnissen, die nicht zuletzt auch auf anerkannten Intelligenztesterhebungen beruhten, abweichend erhöhtes Intelligenzniveau schließen lassen könnte. Denn die "(fast) in sich schlüssige und ihn entlastende Variante" der Einweisungstat besteht ausweislich des Gutachtens nunmehr darin, dass der Untergebrachte vorgebracht hat, er habe sich in Wahrheit nicht einer zuvor von ihm beobachteten weiblichen Joggerin genähert, sondern sein "Erzfeind" G., für den er die junge Joggerin zunächst gehalten habe, habe "Prügel bekommen" sollen. Das sei ihm aber erst aufgefallen, als er sie verfolgt und sie - am Boden liegend - zu schreien angefangen habe. Um dies zu verhindern, und nachdem er bemerkt habe, dass es sich nicht um Gruse handele, habe er sie bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt.

11

Diese - nach Ansicht des Sachverständigen "(fast) in sich schlüssige und ihn entlastende Variante des Vortat- und Tatzeitraums" - erachtet der Senat im Gegensatz zum Sachverständigen nicht für in sich schlüssig und entlastend, sondern für geradezu abstrus, unschlüssig und unglaubhaft. Die nunmehrige Sachdarstellung spricht - jedenfalls prima vista - eher nicht für die vom Gutachter angenommene erhöhte Intelligenz des Untergebrachten, sondern allenfalls dafür, dass der Untergebrachte bislang auch nicht ansatzweise erfolgreich an einer Tataufarbeitung gearbeitet hat. Überdies unterlässt der Sachverständige die sich aufdrängende Überprüfung der Tragfähigkeit seiner Schlussfolgerung durch einen wertenden Vergleich mit dem im vollstreckten Urteil und dem im sechsjährigen Vollzug belegten Befund (Debilität) Dieser Befund stützt sich auf im Urteil klar festgestellte Anknüpfungstatsachen, wissenschaftlich anerkannte testpsychologische Untersuchungsmethoden (u. a. HAWIE) und sechsjährige Beobachtung des Untergebrachten.

12

Auch soweit der Sachverständige seine Einschätzung, es lägen beim Untergebrachten keine gravierenden Persönlichkeitsstörungen von Krankheitswert vor, u. a. darauf stützt, dass er über "beträchtliche Ressourcen in der Beziehungsgestaltung" (insbesondere auch zu weiblichen Personen) verfüge (Gutachten Bl. 49, 50), vermag der Senat dies nicht nachzuvollziehen. Die im Gutachten (Bl. 20, 41) mitgeteilten, auch vom Sachverständigen als sehr wechselhaft angesehenen vagen Auskünfte des Untergebrachten zu seinen "Beziehungen" zu anderen, insbesondere zum weiblichen Geschlecht, lassen - auch und gerade im Lichte der gravierenden Sexualstraftaten aus dem Jahre 1992 sowie auch im Lichte der Anlasstat aus dem Jahre 1999 - bezogen auf die Gesamtpersönlichkeit des Untergebrachten viel eher auf ganz erhebliche Defizite in diesem Bereich schließen. Auch das Verhältnis zu seiner Mutter erscheint insgesamt eher ambivalent; hier erschließen sich aus dem Gutachten nämlich nicht nur fürsorgliche Komponenten (Bl. 24: er wird seine Mutter "nicht im Stich lassen"), sondern auch Umstände von Machtausübung (Bl. 25: "Zuhause (dagegen) da kann ich bestimmen"), die bei diesem Probanden als problematisch anzusehen sind. In diesem Zusammenhang erachtet der Senat auch für bedeutsam, dass bei dem Untergebrachten (bei dessen Exploration der Gutachter "wegen der nach Aktenlage raschen und nachhaltigen Kränkbarkeit des Probanden - nur selten Widerspruch anmeldete und auf Kritik völlig verzichtete", Bl. 31 des Gutachtens) nach Aussage des Gutachtens zwar nur "einmalig eine unkontrollierte emotionale Reaktion mäßiger Ausprägung" zu beobachten gewesen sei, habe als der Untergebrachte über eine weibliche (sic.) Pflegekraft berichtet, "die ihn - nach seiner Wahrnehmung - nicht nur ablehnt, sondern die auch für seine zunächst mit Ohnmacht hingenommene Sanktion verantwortlich war". Auch dieser Umstand ist nach Auffassung des Senats nicht geeignet, fehlende Schwierigkeiten in der Beziehungsgestaltung zu anderen, wie vom Gutachter angenommen, zu belegen, sondern spricht eher für erhebliche Probleme des Untergebrachten im Umgang mit Frauen.

13

Soweit der Sachverständige dem Untergebrachten eine normgerechte Auseinandersetzungsfähigkeit (er verfüge u. a. "über ihn befriedigende nicht aggressive Strategien zur Interessenrealisation, ... sodass er auf intensiv aggressive Strategien zur Interessenrealisation nicht angewiesen war", Gutachten Bl. 50) bescheinigt, vermag der Senat auch diese Einschätzung nicht hinreichend nachzuvollziehen. Denn der Untergebrachte selbst schildert im Rahmen seiner Exploration ausführlich seine Schwierigkeiten mit einem Mitpatienten namens G., in deren Verlaufe es "ein paar Handgreiflichkeiten" gegeben und er, der Untergebrachte, G. auch einmal "eine gedrückt" habe, da dieser ihn "provoziert" habe.

14

3. Danach ist das Gutachten des Sachverständigen Dr. R. keineswegs geeignet, die Unterbringung des Beschwerdeführers als "Fehleinweisung" zu klassifizieren. Das Gegenteil ist eher der Fall.

15

Nach alledem ist die seit dem 06.01.2001 andauernde Unterbringung des Verurteilten im Maßregelvollzug weiter zu vollziehen. Die Maßregel war weder nach § 67 d Abs. 6 StGB für erledigt zu erklären, noch kam die Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung gem. § 67 d Abs. 2 StGB in Frage, da nicht zu erwarten ist, dass der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzuges keine rechtswidrigen Taten mehr begehen wird.

16

Angesichts der - auch vom Sachverständigen Dr. R. hervorgehobenen - ganz erheblichen Gefährlichkeit des Untergebrachten ist der weitere Vollzug der Maßregel auch nicht unverhältnismäßig.

III.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

IV.

18

Diese Entscheidung des Senats ist nicht weiter anfechtbar, § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.

(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt sechs Monate,
in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr,
in der Sicherungsverwahrung ein Jahr, nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung neun Monate.

(3) Das Gericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist.

(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung oder Erledigungserklärung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und daß seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.

(2) Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115a, 116 Abs. 3 und 4, §§ 117 bis 119a, 123, 125 und 126 entsprechend. Die §§ 121, 122 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht prüft, ob die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung weiterhin vorliegen.

(3) Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen oder wenn das Gericht im Urteil die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nicht anordnet. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung nicht aufgehalten werden. § 120 Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Hat der Untergebrachte einen gesetzlichen Vertreter oder einen Bevollmächtigten im Sinne des § 1831 Absatz 5 und des § 1820 Absatz 2 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, so sind Entscheidungen nach Absatz 1 bis 3 auch diesem bekannt zu geben.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten unzulässig ist, trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte und die Vollzugsanstalt sind zu hören. Der Verurteilte ist mündlich zu hören. Von der mündlichen Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn

1.
die Staatsanwaltschaft und die Vollzugsanstalt die Aussetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe befürworten und das Gericht die Aussetzung beabsichtigt,
2.
der Verurteilte die Aussetzung beantragt hat, zur Zeit der Antragstellung
a)
bei zeitiger Freiheitsstrafe noch nicht die Hälfte oder weniger als zwei Monate,
b)
bei lebenslanger Freiheitsstrafe weniger als dreizehn Jahre
der Strafe verbüßt hat und das Gericht den Antrag wegen verfrühter Antragstellung ablehnt oder
3.
der Antrag des Verurteilten unzulässig ist (§ 57 Abs. 7, § 57a Abs. 4 des Strafgesetzbuches).
Das Gericht entscheidet zugleich, ob eine Anrechnung nach § 43 Abs. 10 Nr. 3 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wird.

(2) Das Gericht holt das Gutachten eines Sachverständigen über den Verurteilten ein, wenn es erwägt, die Vollstreckung des Restes

1.
der lebenslangen Freiheitsstrafe auszusetzen oder
2.
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art auszusetzen und nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten entgegenstehen.
Das Gutachten hat sich namentlich zu der Frage zu äußern, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, daß dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Der Sachverständige ist mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Vollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist. Das Gericht kann von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(4) Im Übrigen sind § 246a Absatz 2, § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden. Die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes wird mündlich erteilt; die Belehrung kann auch der Vollzugsanstalt übertragen werden. Die Belehrung soll unmittelbar vor der Entlassung erteilt werden.

(1) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft.

(2) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt das Beschwerdegericht zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung.

(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten unzulässig ist, trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte und die Vollzugsanstalt sind zu hören. Der Verurteilte ist mündlich zu hören. Von der mündlichen Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn

1.
die Staatsanwaltschaft und die Vollzugsanstalt die Aussetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe befürworten und das Gericht die Aussetzung beabsichtigt,
2.
der Verurteilte die Aussetzung beantragt hat, zur Zeit der Antragstellung
a)
bei zeitiger Freiheitsstrafe noch nicht die Hälfte oder weniger als zwei Monate,
b)
bei lebenslanger Freiheitsstrafe weniger als dreizehn Jahre
der Strafe verbüßt hat und das Gericht den Antrag wegen verfrühter Antragstellung ablehnt oder
3.
der Antrag des Verurteilten unzulässig ist (§ 57 Abs. 7, § 57a Abs. 4 des Strafgesetzbuches).
Das Gericht entscheidet zugleich, ob eine Anrechnung nach § 43 Abs. 10 Nr. 3 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wird.

(2) Das Gericht holt das Gutachten eines Sachverständigen über den Verurteilten ein, wenn es erwägt, die Vollstreckung des Restes

1.
der lebenslangen Freiheitsstrafe auszusetzen oder
2.
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art auszusetzen und nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten entgegenstehen.
Das Gutachten hat sich namentlich zu der Frage zu äußern, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, daß dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Der Sachverständige ist mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Vollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist. Das Gericht kann von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(4) Im Übrigen sind § 246a Absatz 2, § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden. Die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes wird mündlich erteilt; die Belehrung kann auch der Vollzugsanstalt übertragen werden. Die Belehrung soll unmittelbar vor der Entlassung erteilt werden.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 4. Strafkammer – Strafvollstreckungskammer – des Landgerichts Stendal vom 9. November 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an dieselbe Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Das Landgericht Braunschweig ordnete mit Urteil vom 18. Januar 1995 (31 Ks 301 Js 48067/92) die Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Der Einweisung lagen insbesondere der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung sowie in einem weiteren Fall des versuchten Totschlags zugrunde. Der Betroffene ist seit Januar 1995 ununterbrochen im Landeskrankenhaus für forensische Psychiatrie U. untergebracht.

2

Mit Schreiben vom 28. Juli 2009 bat die Staatsanwaltschaft Braunschweig die Klinik „um Äußerung zum Verlauf der Unterbringung, dem Behandlungsergebnis, insbesondere, ob die Behandlung konkrete Aussicht auf Erfolg hat.“ Ferner wurde um eine Stellungnahme zur Frage gebeten, „ob die Maßregel weiter zu vollziehen ist oder ob die Voraussetzungen einer Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung gemäß § 67d Abs. 2 StGB gegeben sind.“

3

In einem daraufhin als „Stellungnahme“ bezeichneten, durch den Ärztlichen Direktor J. W. sowie die Diplom-Psychologin D. R. unterzeichneten Schreiben vom 24. August 2009 wird u.a. festgestellt, der Betroffene besitze krankheitsbedingt keine Problem-, Delikt-, Krankheits- und Behandlungseinsicht und werde diese auch zukünftig „aus unserer Sicht“ kaum entwickeln. Im letzten Behandlungsjahr seien keine therapeutischen Fortschritte zu verzeichnen gewesen, welche die Aussetzung der Maßregel gemäß § 67 Abs. 2 StGB ermöglichten. An anderer Stelle heißt es in dem Schreiben weiter: „Aus psychologisch-psychiatrischer Sicht kommen wir zu der Einschätzung, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Herr D. außerhalb des Maßregelvollzuges weitere Straftaten i. S. des Indexdeliktes begeht, weiterhin besteht ... Die anhaltende psychopathologische Symptomatik lässt demzufolge nur eine eng strukturierte, kontrollierte Unterbringung wie den Maßregelvollzug zu.“

4

Nach Eingang der Akte bei der zur Entscheidung berufenen 4. Strafkammer – große Strafvollstreckungskammer – des Landgerichts Stendal bestellte deren Vorsitzende am 3. September 2009 ohne vorherige Anhörung des Betroffenen diesem „im vermuteten Einverständnis“ Rechtsanwalt K. aus S. als Verteidiger.

5

Mit weiterem Beschluss vom 3. September beauftragte die Strafvollstreckungskammer ihr Mitglied Richter am Landgericht Wn. mit der Durchführung der Anhörung des Betroffenen und begründete dies damit, eine Anhörung durch die gesamte Kammer scheine nach der vorläufigen Stellungnahme der Vollzugseinrichtung vom 24. August 2009 nicht angezeigt, da es nach dem dort geschilderten Stand der Behandlung nicht so erheblich auf den persönlichen Eindruck von dem Betroffenen im Anhörungstermin ankomme.

6

Am Anhörungstermin am 26. Oktober 2009 nahmen neben dem beauftragten Richter, dem Betroffenen und Rechtsanwalt K. für das Landeskrankenhaus U. dessen Abteilungsleitende Ärztin Z. sowie der Stationsarzt G. teil.

7

Mit Beschluss vom 9. November 2009 (504 StVK 204/09) ordnete die 4. Strafkammer – Strafvollstreckungskammer – des Landgerichts Stendal die Fortdauer der Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus an. In dem angefochtenen Beschluss führt die Kammer u.a. aus, die Entscheidung beruhe „im Wesentlichen auf der zutreffenden schriftlichen Stellungnahme der Vollzugeinrichtung vom 24. August 2009, die im Termin zur mündlichen Anhörung von der Abteilungsleitenden Ärztin Z. und vom Stationsarzt G. erläutert und ergänzt worden ist, und auf dem persönlichen Eindruck von dem Betroffenen im Anhörungstermin.“

8

Gegen diesen, seinem Verteidiger am 16. November 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Betroffenen vom 18. November 2009, eingegangen beim Landgericht Stendal am selben Tage.

II.

9

Das zulässige Rechtsmittel des Betroffenen hat in der Sache (vorläufigen) Erfolg.

1.

10

Die Durchführung der Anhörung am 26. Oktober 2009 durch den beauftragten Richter war hier verfahrensfehlerhaft.

11

Zwar ergibt sich das regelmäßige Erfordernis einer Anhörung durch das Gericht in seiner vollen Besetzung nicht aus dem Wortlaut des § 454 Abs. 1 S. 3 StPO, da das Voll-streckungsverfahren nicht von der Formstrenge des Erkenntnisverfahrens beherrscht wird und deshalb aus dem Fehlen einer Vorschrift über die Zulässigkeit der Anhörung durch den beauftragten Richter nicht geschlossen werden kann, der gesamte Spruchkörper müsse diese vornehmen. Jedoch sprechen Sinn und Zweck der Vorschriften über das Verfahren bei der bedingten Entlassung dafür, dass der Betroffene nicht nur Gelegenheit haben soll, sich vor der Entscheidung mündlich zu äußern, sondern dass sich das zuständige Gericht, d.h. alle an der Entscheidung mitwirkenden Richter, auch einen unmittelbaren persönlichen Eindruck von ihm verschaffen soll (BGH NJW 1979, 116; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2002, 191, 192; OLG Rostock NStZ 2002, 109, 110, jeweils unter Hinweis auf die Begründung zum Regierungsentwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch, BT-Drucksache 7/550 S. 309, dort zu Nr. 114 - § 454 StPO). Hierfür spricht insbesondere, dass gemäß § 78b Abs. 1 Nr. 1 GVG die Strafvollstreckungskammern nunmehr nur noch in schwerwiegenden Fällen in einer aus drei Richtern bestehenden Besetzung entscheiden, nämlich dann, wenn es entweder um die Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung geht. Dementsprechend genügt die Vermittlung des lediglich durch den beauftragten Richter gewonnenen Eindrucks an die anderen Kammermitglieder nur in besonderen Ausnahmefällen dem Gesetz (Senat, Beschluss vom 5. Mai 2000 – 1 Ws 166/00), etwa dann, wenn dem persönlichen Eindruck des Gerichts unter Berücksichtigung der nachrangigen Bedeutung der Sache und der nicht erheblichen Schwierigkeit der Entscheidung nur geringe Bedeutung zukommt, insbesondere wenn erst kurz zuvor eine Anhörung durch alle zu der Entscheidung berufenen Richter stattgefunden hat, oder die örtlichen Verhältnisse eine Anhörung durch die gesamte Kammer erheblich erschweren (OLG Düsseldorf a.a.O.; ähnlich auch BGH NJW 1979, 116, 117; OLG Rostock NStZ 2002, 109, 110 f.). Für eine erhebliche Erschwerung der Anhörung durch die örtlichen Gegebenheiten ist der Akte nichts zu entnehmen.

12

Aber auch für eine nur untergeordnete Bedeutung des persönlichen Eindrucks des Gerichts vom Betroffenen, wie die Kammer in ihrem Übertragungsbeschluss vom 3. September 2009 ausführt, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Denn die Kammer selbst stützt ihre angefochtene Entscheidung ausdrücklich „im Wesentlichen“ auf den „persönlichen Eindruck von dem Betroffenen im Anhörungstermin“, was gegen eine nur untergeordnete Bedeutung für die Entscheidung spricht.

13

Hinzu kommt, dass nicht nur sämtliche nach 2005 erfolgten Anhörungen des Betroffenen ausschließlich durch den jeweils beauftragten Richter stattfanden, sondern vielmehr eine Anhörung des Betroffenen durch alle Mitglieder der Strafvollstreckungskammer in ihrer derzeitigen Besetzung bislang sogar noch nie stattgefunden hat.

2.

14

Dass im Anhörungstermin am 26. Oktober 2009 weder der Ärztliche Direktor J. W. noch die Diplom-Psychologin D. R. gemäß § 454 Abs. 2 S. 3 StPO mündlich angehört wurden, sondern allein die Abteilungsleitende Ärztin Z. sowie der Stationsarzt G., welche an der schriftlichen Stellungnahme vom 24. August 2009 nicht beteiligt waren, stellt ebenfalls einen von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel dar. Denn § 454 Abs. 2 S. 3 StPO schreibt zwingend die mündliche Anhörung des Sachverständigen vor, welcher das schriftliche Gutachten erstellt hat, soweit nicht alle Beteiligten darauf verzichtet haben (§ 454 Abs. 2 S. 4 StPO), was vorliegend nicht ersichtlich ist.

a)

15

Dem kann nicht entgegengehalten werden, bei der Stellungnahme des Landeskrankenhauses vom 24. August 2009 handele es sich nicht um das Gutachten eines Sachverständigen im Sinne des § 454 Abs. 2 StPO. Zwar ist mit dem Begriff der „Stellungnahme“ über die bloße Darstellung von Fakten stets auch die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts verbunden, die grundsätzlich auch durch eine Behörde (etwa die Staatsanwaltschaft, aber auch das Landeskrankenhaus) erfolgen kann, ohne dass dieser Meinungsäußerung stets zugleich die Qualität eines Sachverständigengutachtens zukommt. Letzteres ist jedoch dann anzunehmen, wenn dem Gericht für die Beurteilung des entscheidungserheblichen Sachverhalts die eigene Sachkunde fehlt. Dies folgt aus dem Begriff des Sachverständigen als jemandem, welcher dem Gericht auf Grund seiner - dem Gericht fehlenden - Sachkunde auf einem bestimmten Wissensgebiet über Tatsachen oder Erfahrungssätze Auskunft gibt oder einen bestimmten Sachverhalt beurteilt (Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., vor § 72 Rz. 1). Entscheidend für die Abgrenzung der „einfachen“ Stellungnahme einer Behörde (hier: des Landeskrankenhauses) von einer „gutachterlichen“ Stellungnahme im Sinne eines Sachverständigengutachtens ist demnach, ob das Gericht den von der Stellungnahme betroffenen Sachverhalt aus eigener Sachkunde heraus beurteilen kann oder nicht.

16

Nach dieser Maßgabe stellt sich die Stellungnahme des Landeskrankenhauses vom 24. August 2009 zweifellos als Sachverständigengutachten dar.

17

Hierauf deutet bereits die von der Staatsanwaltschaft Braunschweig mit Schreiben vom 28. Juli 2009 an das Landeskrankenhaus U. geäußerten Bitte um Mitteilung zum Behandlungsergebnis und zu den konkreten Erfolgsaussichten der weiteren Behandlung sowie die weitere Bitte um Stellungnahme zur Frage der Fortdauer oder Aussetzung des Maßregelvollzugs, da es sich hierbei um Fragestellungen handelt, die der besonderen Sachkunde auf dem Gebiet der forensischen Psychiatrie bedürfen, welche auch ein mit dieser Problematik seit Jahren befasstes Gericht für die Beurteilung des jeweiligen Einzelfalles regelmäßig nicht besitzt.

18

Dementsprechend wird in der Stellungnahme vom 24. August 2009 ausgeführt, der Betroffene besitze krankheitsbedingt keine Problem-, Delikt-, Krankheits- und Behandlungseinsicht und werde diese auch zukünftig kaum entwickeln. Im letzten Behandlungsjahr seien keine therapeutischen Fortschritte zu verzeichnen gewesen, welche die Aussetzung der Maßregel gemäß § 67 Abs. 2 StGB ermöglichten. Abschließend kommen die Autoren der Stellungnahme zu der „aus psychologisch-psychiatrischer Sicht“ zu der Einschätzung, dass die Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer Straftaten wie der Anlasstat durch den Betroffenen außerhalb des Maßregelvollzuges weiterhin bestehe und die anhaltende psychopathologische Symptomatik demzufolge nur eine eng strukturierte, kontrollierte Unterbringung wie den Maßregelvollzug zulasse. Auch hierbei handelt es sich um Feststellungen und Wertungen auf Grund besonderer Sachkunde auf dem Gebiet der forensischen Psychiatrie.

19

Dass die Stellungnahme vom 24. August 2009 nicht auf Grund einer zuvor ausführlich durchgeführten Exploration des Betroffenen erfolgt ist, ist insoweit nicht entscheidend. Denn ob und in welchem Umfang eine Exploration überhaupt erforderlich ist, ist grundsätzlich in das Ermessen des jeweiligen Gutachters gestellt. Auch erscheint dem Senat ohne besondere Umstände jedenfalls dann eine ausführliche Exploration entbehrlich, wenn – wie hier – der Betroffene sich in ständiger Behandlung in einer psychiatrischen Anstalt aufhält und dem ihn dort behandelnden Gutachter daher ausreichend gut bekannt ist, zumal das Gesetz in § 463 Abs. 4 StPO zur Vorbeugung vor Routinebeurteilungen nach jeweils fünf Jahren Unterbringung die Beauftragung eines externen Sachverständigen, welcher dann den (ihm bis dahin unbekannten Betroffenen) eingehend zu untersuchen hat, vorschreibt.

20

Von Art und Umfang der Begutachtung kann jedoch nicht deren rechtliche Einordnung als Gutachten abhängen, für die es allein auf die oben genannten Kriterien ankommt.

b)

21

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass vorliegend nicht die Strafvollstreckungskammer, sondern die Staatsanwaltschaft das Gutachten eingeholt hat. Zwar ist § 454 Abs. 2 S. 1 StPO seinem Wortlaut nach nur dann einschlägig, wenndas Gericht ein Gutachten einholt, weil es im Rahmen der jährlichen Überprüfung der Unterbringung (§ 67d Abs. 2, 67e Abs. 2 StGB) erwägt, die Vollstreckung der weiteren Unterbringung auszusetzen (§§ 463 Abs. 3 S. 3, 2. Hs., 454 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 StPO i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 1 StGB).

22

Hat – wie hier – bereits die Staatsanwaltschaft das schriftliche Gutachten eingeholt, gilt hinsichtlich der Pflicht zur mündlichen Anhörung des beauftragten Sachverständigen jedoch nichts anderes als in dem von § 454 Abs. 2 S. 1 StPO ausdrücklich vorgesehenen Fall (OLG Koblenz StV 1999, 496; StraFo 2007, 302; OLG Hamm NStZ 2005, 55, 56). Denn die Vorschrift des § 454 Abs. 2 S. 3 StPO dient auch dem Anspruch des Betroffenen auf Gewährleistung des rechtlichen Gehörs, wozu auch gehört, dass der Betroffene im Anhörungstermin die Gelegenheit erhält, Fragen an den ihn begutachtenden Sachverständigen zu stellen (OLG Hamm a.a.O.). Ein sachlicher Grund, die Gewährung dieses Anspruchs auf rechtliches Gehör als Ausfluss des grundgesetzlich geschützten Rechts des Betroffenen auf ein faires Verfahren davon abhängig zu machen, welche Behörde die Einholung des Gutachtens beauftragt hat, ist nicht ersichtlich, weshalb eine entsprechende Differenzierung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstieße.

23

Darüber hinaus stützt die Kammer ihre Entscheidung hier maßgeblich („im Wesentlichen“) auf die Stellungnahme vom 24. August 2009 und dokumentiert damit den erheblichen Einfluss der betreffenden Gutachter (hier: Dr. W. und Frau R.) auf die gerichtliche Entscheidung. Vor diesem Hintergrund muss es dem Betroffenen und seinem Verteidiger erst recht möglich sein, im Anhörungstermin zumindest an einen der Verfasser der gutachterlichen Stellungnahme konkrete Fragen zu richten, etwa bezüglich der vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung bei lang andauernder Unterbringung geforderten Konkretisierung der Wahrscheinlichkeit weiterer vom Betroffenen drohender rechtswidriger Taten und deren Deliktstypus (vgl. BVerfG NStZ-RR 2004, 76, 77 m.w.N.).

3.

24

Soweit die Kammervorsitzende dem Betroffenen ohne vorherige Anhörung Rechtsanwalt K. zum Pflichtverteidiger bestellt hat, stellt dies einen Verstoß gegen § 142 Abs. 1 S. 2 StPO dar. Denn die als Soll-Vorschrift ausgestaltete Norm kommt vor dem Hintergrund des grundgesetzlich geschützten Rechts des Betroffenen auf ein faires Verfahren praktisch einer Anhörungspflicht gleich, von der nur in seltenen – hier nicht ersichtlichen – Ausnahmefällen abgewichen werden kann (Senat, Beschluss vom 13. Juli 2009 – 1 Ws 409/09; BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2000 – 5 StR 408/00; KG, Beschluss vom 31. Mai 1999 – 1 AR 614/99 - 4 Ws 140/99).

25

Die Strafvollstreckungskammer wird daher nach obiger Maßgabe das gemäß § 454 StPO vorgeschriebene Verfahren durchzuführen haben. Dem Senat ist es verwehrt, gemäß § 309 Abs. 2 StPO die in der Sache erforderliche Entscheidung zu treffen, weil im Rahmen des Verfahrens der Betroffene gemäß § 454 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 463 Abs. 3 S. 1 StPO ebenfalls mündlich zu hören ist, die Entscheidung des Senats über die sofortige Beschwerde jedoch ohne mündliche Verhandlung ergeht (§ 309 Abs. 1 StPO). Daher war die Sache an die Strafvollstreckungskammer zurückverweisen.


(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.

(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt sechs Monate,
in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr,
in der Sicherungsverwahrung ein Jahr, nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung neun Monate.

(3) Das Gericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist.

(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung oder Erledigungserklärung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem.

(1) Beschlüsse, die von dem Landgericht oder von dem nach § 120 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständigen Oberlandesgericht auf die Beschwerde hin erlassen worden sind, können durch weitere Beschwerde angefochten werden, wenn sie

1.
eine Verhaftung,
2.
eine einstweilige Unterbringung oder
3.
einen Vermögensarrest nach § 111e über einen Betrag von mehr als 20 000 Euro
betreffen.

(2) Im übrigen findet eine weitere Anfechtung der auf eine Beschwerde ergangenen Entscheidungen nicht statt.