Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 07. Juli 2016 - 5 U 84/15

ECLI:ECLI:DE:OLGSH:2016:0707.5U84.15.0A
bei uns veröffentlicht am07.07.2016

Tenor

Das Versäumnisurteil des Senats vom 21. April 2016, Az. 5 U 84/15, wird aufrechterhalten.

Die Kläger tragen auch die weiteren Kosten des Berufungsrechtszugs.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Kläger machen gegen die Beklagte, den griechischen Staat, Erfüllungs- und hilfsweise Schadensersatzansprüche aus dem Erwerb griechischer Staatsanleihen geltend.

2

Die Kläger erwarben über ihre Kreditinstitute, die, die AG und die AG, von der Beklagten emittierte Schuldverschreibungen. Der Kläger zu 1) zeichnete am 18. und am 22. März 2011 Griechenland EO-Notes 1998, ISIN GR0128001584, in Höhe von nominal 20.000,00 € respektive 2.000,00 € und zahlte dafür 18.902,99 € bzw. 1.899,38 €. Bereits am 21. September 2010 hatte der Kläger zu 1) eine Griechenland-Anleihe, ISIN GR0124021552, in Höhe von nominal 2.000,00 € gekauft und dafür 1.756,31 € bezahlt. Die Klägerin zu 2) zeichnete am 23. März 2011 Griechenland EO-Notes 1998, ISIN GR0128001584, in Höhe von nominal 20.000,00 € und zahlte dafür 19.012,73 €. Die Wertpapierkäufe gemäß der Anlagen K2 und K4 wurden als Kommissionsgeschäfte durchgeführt; in Anlage K1 heißt es insofern „Wertpapierrechnung, Verwahrland Griechenland“.

3

Im Jahr 2012 führte die Regierung der Beklagten angesichts ihrer schweren Schuldenkrise in Abstimmung mit der sogenannten „Troika“, bestehend aus der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds, eine Umschuldung ihrer Staatsanleihen durch, von der auch die streitgegenständlichen Anleihen der Kläger erfasst waren. Am 24. Februar 2012 richtete die Beklagte sich an Investoren, die direkt am Girosystem der griechischen Zentralbank beteiligt waren und lud diese zur Teilnahme an der Umschuldung ein. Dieses Angebot eröffnete die Möglichkeit, die Anleihepapiere zu einem um 53,5 % verringerten Nennwert gegen neue Staatsanleihen und Schuldverschreibungen umzutauschen.

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Neben dem Umtauschangebot enthielt der Umschuldungsprozess noch eine weitere Komponente, nämlich den „Collective Action“-Prozess (Gläubigerbeschluss), für den durch das am 23. Februar 2012 vom griechischen Parlament verabschiedete Gesetz 4050/2012 die Grundlage geschaffen wurde. Das Gesetz schuf die Möglichkeit, auch die Anleihegläubiger - wiederum nur die Teilnehmer am Girosystem der griechischen Zentralbank -, die das Umtauschangebot nicht angenommen hatten, in den Umschuldungsprozess einzubeziehen. Voraussetzung hierfür war, dass die Anleihegläubiger über den Umtausch der teilnehmenden Anleihepapiere mit einem Quorum von 50 % des ausstehenden Nennbetrages dieser Titel abstimmen würden. Ferner musste für die Annahme des Vorschlages eine Zweidrittelmehrheit erreicht werden. Damit schuf das Gesetz 4050/2012 den Rahmen für eine nachträgliche Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger. Die an der Abstimmung teilnehmenden Gläubiger repräsentierten zusammen 91,5% des ausstehenden Gesamtnennbetrages und 94,34% des teilnehmenden Kapitals stimmte für den Vorschlag. Der diese Entscheidung billigende Beschluss des Ministerrats hatte die Wirkung, dass - entsprechend den Bestimmungen des Gesetzes 4050/2012 - nunmehr alle Anleger und Anleihegläubiger der Titel hieran gebunden waren. Am 12. März 2012 wurden deshalb alle betroffenen Anleihepapiere durch die Griechische Zentralbank eingezogen und sämtliche aus ihnen resultierenden Rechte und Pflichten erloschen. Im Gegenzug wurden die ersatzweise zur Verfügung gestellten neuen Anleihen in das System eingebucht. Auch die Wertpapiere der Kläger wurden in diesem Rahmen im März 2012 ausgebucht; stattdessen wurden 24 andere Wertpapiere eingebucht. Mit dieser Neueinbuchung hatten die Anleihen der Kläger 53,5% ihres ursprünglichen Nominalwerts (44.000,00 €) verloren; sie hatten nunmehr einen Nominalwert von 20.460,00 €.

5

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die deutschen Gerichte seien örtlich zuständig. Die Beklagte könne sich nicht auf Staatenimmunität berufen. Der Verbrauchergerichtsstand gemäß Art. 15 Abs. 1 c), 16 Abs. 1 EuGVVO sei eröffnet. Der Umtausch aufgrund des griechischen Gesetzes sei unwirksam und habe gegen wesentliche Grundrechte des deutschen und griechischen Verfassungsrechts sowie gegen die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verstoßen (EMRK).

6

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht eröffnet. Der Klage stehe der Einwand der Staatenimmunität entgegen. Überdies sei das Landgericht Itzehoe international nicht zuständig. Es handele sich nicht um eine Zivil- oder Handelssache im Sinne des Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Überdies sei der Verbrauchergerichtsstand nicht begründet. Einen vertraglichen Anspruch hätten die Kläger nicht schlüssig behauptet. Bis zum Erlöschen der Anleihen durch Gesetz seien ausschließlich Teilnehmer des Girosystems der griechischen Zentralbank berechtigt gewesen, nicht die Kläger; zwischen den Parteien habe es keine rechtsgeschäftlichen Kontakte gegeben. Vertragspartnerinnen der Kläger seien allein ihre jeweilige depotführende Bank bzw. Sparkasse gewesen. Zumindest seien die Kläger nicht Ersterwerber der Anleihen gewesen. Ein neuer Gerichtsstand könne dadurch nicht begründet werden. Es sei auch kein anderer Gerichtsstand eröffnet, insbesondere nicht nach Art. 5 Nrn. 1 oder 3 EuGVVO. Die Klage sei darüber hinaus unschlüssig und unbegründet.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil Bezug genommen.

8

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei unzulässig. Es sei der deutschen Gerichtsbarkeit verwehrt, über die Rechtmäßigkeit der Umschuldungsmaßnahme der Beklagten zu urteilen. Da davon auszugehen sei, dass sich die griechische Regierung und die Zentralbank an den Rahmen der durch das Gesetz 4050/2012 geschaffenen Ermächtigungsgrundlage gehalten hätten, müsse gegebenenfalls darüber entschieden werden, ob das vorgenannte Gesetz gegen höherrangiges Recht verstoßen habe und deshalb für unwirksam zu erklären sei. Die sei aber dem Gericht, nachdem sich die Beklagte auf den Grundsatz der Staatenimmunität berufen habe, nicht möglich. Aus diesem Grund könne die EuGVVO keine Anwendung finden. Staaten stehe nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts Immunität vor inländischen Gerichtsbarkeiten zu, wenn und soweit es um die Beurteilung ihres hoheitlichen Handelns gehe. Zum Bereich hoheitlicher Tätigkeit sei insbesondere die Gesetzgebung zu rechnen. Eine inhaltliche Entscheidung über den Schadensersatzanspruch der Kläger würde in hoheitliches Handeln der Beklagten eingreifen. Eine Überprüfung des Handelns der Beklagten im Hinblick auf einen Verstoß gegen Grundrechte griffe in den Kernbereich der hoheitlichen Tätigkeit der Beklagten, nämlich die Gesetzgebung ein. Dies sei wegen der Staatenimmunität nicht zulässig. Das der Beklagten vorgeworfene Handeln stelle auch hoheitliches Handeln und keine privatrechtliche Tätigkeit dar. Selbst wenn es sich bei der ursprünglichen Emission der in Rede stehenden Anleihen nicht um hoheitliches Handeln gehandelt haben sollte, so gehe es hier nicht um die Emission der Anleihen, sondern um den Austausch der Anleihen im Rahmen des so genannten Schuldenschnitts. Dieser Zwangsumtausch der Anleihen beruhe aber auf der Durchführung des Gesetzes 4050/2012. Er erfolge mithin im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des vorgenannten Gesetzes.

9

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer zulässigen, insbesondere form- und fristgerechten Berufung. Das Landgericht sei zu Unrecht von der Staatenimmunität der Beklagten ausgegangen. Es stütze seine Auffassung darauf, dass die Beklagte mittels des erlassenen Gesetzes hoheitlich gehandelt habe; auch der anschließende Umtausch sei aufgrund eines Gesetzes erfolgt und somit hoheitlicher Natur. Diese Auffassung sei nicht nachvollziehbar und nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Juni 2015 (C-226/13 u.a.) zur Zustellungsverordnung überholt. Der Europäische Gerichtshof habe entschieden, allein der Umstand, dass der Umtausch durch ein Gesetz durchgeführt worden sei, sei als solcher nicht ausschlaggebend für den Schluss, dass der Staat seine hoheitlichen Rechte ausgeübt habe. Das Landgericht habe auch auf die Durchführungsbestimmungen und die in den Emissionsverträgen eingeführten Umtauschklauseln abstellen müssen. Die Verwaltung der Anleihen und damit der durchgeführte Umtausch seien im zivilrechtlichen Rahmen erfolgt.

10

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 21. April 2016 sind die Kläger nicht erschienen. Mit Versäumnisurteil vom selben Tag, das den Klägern am 26. April 2016 zugestellt worden ist, hat der Senat die Berufung zurückgewiesen. Gegen das Versäumnisurteil haben die Kläger mit Einspruchsschrift vom 10. Mai 2016, eingegangen am selben Tag, Einspruch eingelegt.

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Die Kläger beantragen,

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das Versäumnisurteil vom 21. April 2016 aufzuheben und wie folgt zu erkennen:

13

1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Itzehoe vom 13. Mai 2015 (Aktenzeichen 2 O 170/14) wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger zu 1) einen Betrag in Höhe von 22.206,26 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit auf einen Betrag von 22.206,26 € zu bezahlen, Zug um Zug gegen die Abtretung der griechischen Staatsanleihen,

14

a) im Nennwert von 300,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UA,
b) im Nennwert von 300,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UB,
c) im Nennwert von 300,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UC,
d) im Nennwert von 300,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UD,
e) im Nennwert von 300,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UE,
f) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UF,
g) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UG,
h) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UH,
i) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UJ,
j) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UK,
k) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UL,
l) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UM,
m) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UN,
n) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UP,
o) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UQ,
p) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UR,
q) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1US,
r) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UT,
s) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UU,
t) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UV,
u) im Nennwert von 114,17 € mit der Wertpapiernummer A1G0BV,
v) im Nennwert von 630,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UW,

15

2. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Itzehoe vom 13. Mai 2015 (Aktenzeichen 2 O 170/14) wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin zu 2) einen Betrag in Höhe von 18.796,06 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit auf einen Betrag von 18.796,06 € zu bezahlen, Zug um Zug gegen die Abtretung der griechischen Staatsanleihen,

16

a) im Nennwert von 300,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UA,
b) im Nennwert von 300,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UB,
c) im Nennwert von 300,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UC,
d) im Nennwert von 300,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UD,
e) im Nennwert von 300,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UE,
f) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UF,
g) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UG,
h) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UH,
i) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UJ,
j) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UK,
k) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UL,
l) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UM,
m) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UN,
n) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UP,
o) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UQ,
p) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UR,
q) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1US,
r) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UT,
s) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UU,
t) im Nennwert von 320,00 € mit der Wertpapiernummer A1G1UV,

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3. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Itzehoe vom 13. Mai 2015 (Aktenzeichen 2 O 170/14) wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger zu 1) einen Betrag in Höhe von 2.960,97 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit auf einen Betrag von 2.960,97 € sowie an die Klägerin zu 2) einen Betrag in Höhe von 2.448,21 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf einen Betrag von 2.448,21 € als Wiederanlageschaden zu bezahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

20

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. März 2016 (VI ZR 516/14). Der Rechtsweg zu den deutschen Gerichten sei aufgrund der Staatenimmunität der Beklagten nicht eröffnet. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Juni 2015 verhalte sich ausdrücklich nicht zur Frage der Staatenimmunität. Die deutschen Gerichte seien auch international nicht zuständig. Überdies sei die Klage unschlüssig. Vertragliche Ansprüche der Kläger könnten nach dem Erlöschen der Anleihen kraft Gesetzes nicht bestehen. Selbst bis zu deren Erlöschen seien die Kläger nicht Gläubiger der streitgegenständlichen Anleihen gewesen; Gläubiger haben nur die Teilnehmer am Girosystem der griechischen Zentralbank sein können. Schadensersatzansprüche bestünden ebenfalls nicht.

21

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

22

Auf den zulässigen Einspruch (A.) hin ist das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen (B).

A.

23

Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil des Senats ist zulässig; er ist insbesondere innerhalb der Frist des § 339 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 539 Abs. 3 ZPO und in der Form des § 340 ZPO i.V.m. § 539 Abs. 3 ZPO eingelegt worden.

B.

24

Die Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage mit Recht als unzulässig abgewiesen, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist; das gilt sowohl für die geltend gemachten vertraglichen Erfüllungsansprüche als auch für die hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzansprüche (I.). Überdies wären die deutschen Gerichte international nicht zuständig (II.).

I.

25

Die Klage ist unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist. Nach dem völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatz der Staatenimmunität ist ein Staat nicht fremdstaatlicher nationaler Gerichtsbarkeit unterworfen (1.). Die Beklagte unterliegt für die geltend gemachten Ansprüche - Schadensersatz- sowie Erfüllungsansprüche - der Staatenimmunität (2. und 3.).

26

Der Klage steht der von Amts wegen zu prüfende (BVerfGE 46, 342, 359) Grundsatz der Staatenimmunität entgegen (§ 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 Satz 1 GG). Die Frage, ob die Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität eröffnet ist und sich das nationale Gericht mit einer Klage gegen einen anderen Staat befassen darf, ist vor der Ermittlung der internationalen Zuständigkeit zu prüfen (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 11; Wagner, RIW 2014, 260, 261).

27

1. Soweit im Völkerrecht in einem allgemeinen Sinne von Staatenimmunität die Rede ist, bezieht sich diese auf den völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatz, dass ein Staat nicht fremdstaatlicher nationaler Gerichtsbarkeit unterworfen ist (par in parem non habet imperium; EGMR , Urteil vom 21. November 2011, Nr. 37112/97, Fogarty gegen Vereinigtes Königreich, EuGRZ 2002, 411, 413, Rn. 34). Allerdings hat das Recht der allgemeinen Staatenimmunität, nicht zuletzt wegen des zunehmend kommerziellen grenzüberschreitenden Tätigwerdens staatlicher Stellen, einen Wandel von einem absoluten zu einem nur mehr relativen Recht durchlaufen. Es ist keine allgemeine Regel des Völkerrechts mehr, dass ein Staat Immunität auch für nicht-hoheitliches Handeln (acta iure gestionis) genießt (BVerfGE 16, 27, 33 ff.). Staatenimmunität besteht aber nach dem als Bundesrecht im Sinne von Art. 25 Satz 1 GG geltenden allgemeinen Völkergewohnheitsrecht auch heute noch weitgehend uneingeschränkt für solche Akte, die hoheitliches Handeln eines Staates darstellen (acta iure imperii), soweit der ausländische Staat auf sie nicht verzichtet. Andernfalls könnte die rechtliche Prüfung durch die Gerichte eine Beurteilung des hoheitlichen Handelns erfordern, was mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus folgenden Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen, nicht vereinbar wäre (BVerfGE 117, 141, 152 f.; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13, juris Rn. 19; BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 12).

28

Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nicht nach deren Motiv oder Zweck; sie kann auch nicht danach vorgenommen werden, ob die Betätigung in erkennbarem Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben des Staates steht. Dies folgt daraus, dass die Tätigkeit eines Staates, wenn auch nicht insgesamt, aber doch zum weitaus größten Teil hoheitlichen Zwecken und Aufgaben dient und mit ihnen in einem erkennbaren Zusammenhang steht. Maßgebend für die Unterscheidung ist vielmehr die Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt und damit öffentlich-rechtlich oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist (BVerfGE 16, 27, 61 f.; BAG, Beschluss vom 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12, Rn. 15 mwN; Urteil vom 10. April 2013 - 5 AZR 78/12, Rn. 15; BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 14).

29

Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist die Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht des entscheidenden Gerichts zu beurteilen (BVerfGE 16, 27, 62; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13, juris Rn. 21; BAG, Beschluss vom 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12, Rn. 15 mwN; BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 15). Die Heranziehung nationaler Regelungen zur Unterscheidung hoheitlichen staatlichen Handelns von nicht-hoheitlichem staatlichem Handeln findet erst dort ihre Grenze, wo der unter den Staaten allgemein anerkannte Bereich hoheitlicher Tätigkeit berührt ist. Das betrifft etwa die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege (BVerfGE 16, 27, 63; 46, 342, 394; BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 14). Insoweit kann es ausnahmsweise geboten sein, eine nach nationalem Recht als privatrechtlich einzuordnende Tätigkeit eines ausländischen Staates gleichwohl als der Staatenimmunität unterfallenden actus iure imperii zu qualifizieren, wenn dieser zum Kernbereich völkerrechtlich anerkannter Staatsgewalt zu rechnen ist (BVerfGE 16, 27, 63 f.; 46, 342, 394; BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 14).

30

2. Danach unterliegt die Beklagte - wie mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. März 2016 (VI ZR 516/14) geklärt - der Staatenimmunität insoweit, als die Kläger Schadensersatzansprüche wegen sittenwidriger Schädigung bzw. wegen einer rechtswidrigen Enteignung geltend machen oder ihre Ansprüche auf einen rechtswidrigen enteignungsgleichen Eingriff stützen (ebenso Senat, Urteil vom 4. Dezember 2015 - 5 U 89/14, juris Rn. 40 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 18 ff.; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 71 ff.).

31

a) Die Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen stellt zwar nach ganz überwiegender Ansicht ein nicht-hoheitliches Handeln dar (BVerfGE 117, 141, 153; BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 17; Senat, Urteil vom 4. Dezember 2015 - 5 U 89/14, juris Rn. 53; vgl. auch EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-226/13 u.a., Fahnenbrock u.a., Rn. 53). Nach der oben dargestellten Rechtsprechung kommt es für die Frage der Immunität aber nicht auf die Rechtsnatur des Grundverhältnisses an, sondern auf die Natur der staatlichen Handlung, also die Rechtsnatur der Maßnahme, über deren Berechtigung die Parteien streiten. Vorliegend geht es nicht um die Rechtsnatur der Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen, sondern um die Rechtsnatur der Maßnahmen der Beklagten, die letztlich zur Ausbuchung der Schuldverschreibungen aus dem Wertpapierdepot der Kläger führten (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 17; OLG München, Urteil vom 16. Oktober 2014 - 8 U 1308/14, Anlage B-7; Senat, Urteil vom 5. Dezember 2014 - 5 U 89/14, juris Rn. 53; LG Konstanz, Urteil vom 19. November 2013 - 2 O 132/13, BeckRS 2013, 21405; LG Osnabrück, Urteil vom 15. Mai 2015 - 7 O 2995/13, juris Rn. 121).

32

Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche werden auf den zwangsweise erfolgten Umtausch der Staatsanleihen gestützt, den die Beklagte nach dem Klagevorbringen unter Verstoß gegen höherrangiges Recht und unter Ausnutzung ihrer Machtposition als Staat in Kenntnis der Rechtsverstöße bewusst zum Nachteil ihrer Gläubiger vorgenommen haben soll. Damit stellen die Kläger maßgeblich auf den Erlass des griechischen Gesetzes 4050/2012 vom 23. Februar 2012 und auf den Beschluss des Ministerrates vom 9. März 2012, aufgrund derer die Mehrheitsentscheidung der Gläubiger allgemeinverbindlich wurde, als potenziell haftungsbegründendes Verhalten der Beklagten ab (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 19; OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 19; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 72). Hierbei handelt es sich um hoheitliche Maßnahmen der Beklagten. Die tatsächlich erfolgte Ausbuchung der dematerialisierten Wertpapiere durch die griechische Zentralbank gebietet keine andere Beurteilung; sie erfolgte nur in Umsetzung der gegenüber der - nicht zustimmenden - Minderheit der Gläubiger wirkenden hoheitlichen Maßnahmen und kann nicht isoliert von diesen beurteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 19-23 mwN; Senat, Urteil vom 5. Dezember 2014 - 5 U 89/14, juris Rn. 59 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 19; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 72).

33

b) Soweit die Berufung die Auffassung vertritt, mit Blick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Juni 2015 (C-223/13 u.a., Fahnenbrock u.a.) könne ein hoheitliches Handeln der Beklagten nicht angenommen werden, kann sie damit nicht durchdringen.

34

Der Einordnung als hoheitliche Maßnahme steht das zur Auslegung von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. L 324, S. 79, EuZustVO) ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Juni 2015 (C-226/13 u.a., Fahnenbrock u.a.) vielmehr nicht entgegen. Dieses befasst sich mit der Zustellung von Klagen, mithin mit der Möglichkeit, einen Sachverhalt überhaupt zur gerichtlichen Überprüfung zu bringen und die Klärung komplexer juristischer Fragen zu ermöglichen. Demgemäß hat der Gerichtshof in seinem Urteil auf die Besonderheiten des unionsrechtlichen Zustellungsrechts abgestellt, insbesondere auf das mit der Verordnung verfolgte Ziel, gerichtliche Schriftstücke schnell zuzustellen, und die damit verbundene Beschränkung auf eine erste Prüfung der vorliegenden Informationen. Immunitätsfragen stellen sich auf dieser Stufe noch nicht, sondern erst auf der Stufe der Gerichtsbarkeit, die der Zustellung nachgelagert ist (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 24; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 74 ff.; vgl. auch Knöfel, RIW 2015, 503, 504; Mankowski, EWiR 2015, 495, 496; Wagner, RIW 2014, 260, 261). Auch der Gerichtshof hat deshalb ausdrücklich festgehalten, dass das Ergebnis der Prüfung nach der EuZustVO „selbstverständlich nicht den späteren Entscheidungen vorgreifen kann, die das angerufene Gericht insbesondere in Bezug auf seine eigene Zuständigkeit und die Begründetheit der fraglichen Rechtssache zu treffen hat“ (EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-223/13 u.a., Fahnenbrock, Rn. 46). Denn die EuZustVO zielt darauf ab, einen Sachverhalt überhaupt zur gerichtlichen Überprüfung zu bringen, also auf Justizgewährung (Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union), nicht aber auf eine endgültige Zuweisung der Befassungskompetenz der Gerichte eines Staates (Knöfel, RIW 2015, 503, 504).

3.

35

Die Frage, ob ein hoheitliches Handeln und damit Staatenimmunität auch anzunehmen ist, wenn die Kläger aus den ursprünglichen Staatsanleihen Erfüllungs- oder Nichterfüllungsansprüche geltend machen, hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 8. März 2016 ausdrücklich offengelassen (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 18) (a). Die Oberlandesgerichte Oldenburg und Köln haben entschieden, dass sich die Beklagte insoweit nicht auf Staatenimmunität berufen könne (b). Ebenso geht die rechtswissenschaftliche Literatur ganz überwiegend davon aus, dass es eine „überholende Immunität“ nicht gibt (c). Zur Überzeugung des Senats liegt dagegen ein hoheitliches Handeln der Beklagten auch hinsichtlich vertraglicher Erfüllungs- oder Nichterfüllungsansprüche vor (d).

36

a) Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob ein hoheitliches Handeln und damit Staatenimmunität auch anzunehmen ist, wenn die Kläger aus den ursprünglichen Staatsanleihen Erfüllungs- oder Nichterfüllungsansprüche geltend machen, ausdrücklich offengelassen. In Randnummer 18 des Urteils vom 8. März 2016 (VI ZR 516/14) wird explizit darauf hingewiesen, dass die Kläger im dortigen Verfahren sich nicht auf Ansprüche aus den erworbenen Schuldverschreibungen oder auf Ersatzansprüche wegen deren Nichterfüllung stützen, sondern auf die „Nichterfüllung von Besitz- und Eigentumsansprüchen“, die ihre Grundlage im Zwangsumtausch der Anleihen fänden. Unter diesen Umständen sei kein potentiell haftungsbegründendes, nicht hoheitliches Verhalten ersichtlich, auf das die Klage zumindest mittelbar gestützt wäre. Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung des Senats auch nicht aus den Ausführungen zum „Vertragsbruch durch Hoheitsakt“ in Randnummer 25 des Urteils zu.

37

b) Die Oberlandesgerichte Oldenburg und Köln haben entschieden, dass sich die Beklagte nicht auf Staatenimmunität berufen könne, soweit die klägerische Partei Erfüllungs- oder Nichterfüllungsansprüche geltend mache (OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris). Diese Gerichte begründen ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, ein einmal als nicht-hoheitlich eingestuftes Rechtsverhältnis könne diesen Charakter grundsätzlich durch spätere Maßnahmen, auch hoheitlicher Natur, nicht mehr verlieren; die Beklagte sei nicht anders zu behandeln als jeder Schuldner einer privaten Forderung, der sich darauf berufe, seine Verbindlichkeit sei durch Gesetz erloschen. Die zum Zwangsumtausch führenden Maßnahmen des Gesetzgebers nähmen dem Grundverhältnis, auf das die Klage gestützt sei, nicht seine fiskalische Natur (OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 16; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 67-69).

38

c) Die - soweit ersichtlich - herrschende Meinung in der rechtswissenschaftlichen Literatur legt den Anwendungsbereich der Staatenimmunität restriktiv aus und erteilt der „überholenden Immunität“ eine Absage (siehe z.B. Geimer in: ders., Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2015, Rn. 584; Müller, Staatsbankrott und private Gläubiger, 2015, S. 188 ff.; ders., RIW 2016, 80 mwN). Dieses restriktive Immunitätsverständnis soll es den privatrechtlichen Vertragspartnern eines Staates ermöglichen, sich gerichtlich gegen eine Störung in dem als nicht-hoheitlich qualifizierten Vertragsverhältnis zur Wehr zu setzen. Dieser Zweck werde nur erreicht, wenn das ursprüngliche Privatrechtsverhältnis als maßgebender Anknüpfungspunkt herangezogen werde (Müller, RIW 2016, 80, 80 f.). Damit einher geht die Absage an eine „überholende Immunität“, die im Ergebnis auf dem Grundsatz once a trader always a trader beruht (Geimer in: ders., Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2015, Rn. 584).

39

d) Die Argumentation der Oberlandesgerichte Oldenburg und Köln sowie die von der rechtswissenschaftlichen Literatur vertretene Auffassung vermag den Senat nicht zu überzeugen. Nach Auffassung des Senats kann sich die Beklagte vielmehr auch mit Blick auf vertragliche Erfüllungs- und Nichterfüllungsansprüche auf die Staatenimmunität berufen.

40

aa) Nach der bereits dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt es für die Frage der Immunität nicht auf die Rechtsnatur des Grundverhältnisses an, sondern auf die Natur der staatlichen Handlung, also die Rechtsnatur der Maßnahme, über deren Berechtigung die Parteien streiten. Vorliegend geht es damit nicht um die Rechtsnatur der Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen, sondern um die Rechtsnatur der Maßnahmen der Beklagten, die letztlich die Erfüllungsansprüche aus den ursprünglichen Anleihen beeinträchtigt haben, also die zur Ausbuchung der - ursprünglichen - Schuldverschreibungen aus dem Wertpapierdepot der Kläger führenden Maßnahmen (LG Konstanz, Urteil vom 19. November 2013 - 2 O 132/13, BeckRS 2013, 21405; LG Osnabrück, Urteil vom 15. Mai 2015 - 7 O 2995/13, juris Rn. 121; Senat, Urteil vom 5. Dezember 2014 - 5 U 89/14, juris Rn. 53; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 17 unter Hinweis auf LG Osnabrück). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Kläger Ansprüche aus dem ursprünglichen Grundverhältnis herleiten, namentlich vertragliche (Nicht)Erfüllungsansprüche. So hat das Bundesverfassungsgericht in einem Fall, dem eine Lohnzahlungsklage gegen den griechischen Staat - mithin, wie hier, ein vertraglicher Erfüllungsanspruch - zugrunde lag, der den Nettolohn eines bei ihm in Deutschland beschäftigten Staatsbürgers wegen der Einführung einer Quellensteuer in Höhe von 5% des Bruttolohns gekürzt hatte, die Immunität mit der Begründung bejaht, Gegenstand des Rechtsstreits sei die hoheitlich zu beurteilende Besteuerung mit der ausländischen Quellensteuer durch den beklagten Staat, nicht die unterbliebene vollständige Auszahlung eines im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis vom beklagten Staat als Arbeitgeber geschuldeten (Brutto-)Gehalts (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13, Rn. 22; vgl. zur damit einhergehenden Beschränkung des von Art. 6 Abs. 1 EMRK garantierten Zugangs zu Gericht auch EGMR, Urteil vom 21. November 2011, Nr. 37112/97, Fogarty gegen Vereinigtes Königreich, EuGRZ 2002, 411, 414, Rn. 36 ff. und EGMR, Urteil vom 14. März 2013, Nr. 36703/04, Oleynikov gegen Russland, Rn. 56 f.; anders - ohne Abgrenzung zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. März 2014 - BAG, EuGH-Vorlage vom 25. Februar 2015 - 5 AZR 962/13 (A), juris Rn. 10 sowie vorgehend lag Nürnberg, 25. September 2013 - 2 Sa 253/12, juris Rn. 90 in einem Fall, in dem es nicht um die Erhebung einer Steuer, sondern um die gesetzliche Absenkung des Bruttoentgelts ging). Ebenso ist vorliegend Gegenstand des Rechtsstreits tatsächlich die hoheitlich zu beurteilende Umschuldungsmaßnahme der Beklagten durch das Gesetz 4050/2012, die dazu führte, dass etwaige Ansprüche der Kläger aus den ursprünglichen Schuldverschreibungen erloschen sind, nicht aber die verweigerte Erfüllung eines im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrags von der Beklagten als Vertragspartnerin geschuldeten Zahlungsanspruchs (ähnlich in einem Verfahren gegen Argentinien der italienische Kassationsgerichtshof Corte Suprema di Cassazione, Entscheidung vom 27. Mai 2005 - R.G.N. 6532/04, zusammenfassend abgedruckt in BKR 2005, 333 mit Anmerkung Keller; kritisch dazu Reinisch, ZaöRV 2008, 3, 32 f.). Es wäre zu kurz gegriffen, auf die bloße Nichtzahlung bzw. Nichterfüllung durch die Beklagte abzustellen, denn diese beruhte auf dem Zwangsumtausch der Anleihen und damit auf einer hoheitlichen Maßnahme. Ebenso stellte das Bundesverfassungsgericht nicht auf die teilweise Nichtzahlung des Arbeitsentgelts ab, sondern auf den Grund für diese Nichtzahlung, nämlich die Steuererhebung.

41

Dass sich die Beklagte auf ihre Staatenimmunität berufen kann, zeigt sich insbesondere auch darin, dass bei einer Entscheidung über Ansprüche aus dem Grundverhältnis über die Rechtmäßigkeit von der Beklagten durchgeführter Umschuldungsmaßnahmen zu befinden wäre (vgl. auch OLG München, Urteil vom 16. Oktober 2014 - 8 U 1308/14, Anlage B-7; LG Osnabrück, Urteil vom 15. Mai 2015 - 7 O 2995/13, juris Rn. 132). Denn ein Erfüllungsanspruch scheitert schon daran, dass ein solcher gerade infolge des hoheitlichen Handelns der Beklagten, nämlich der Verabschiedung des Gesetzes 4050/2012 durch das griechische Parlament sowie dessen Ausführung durch die zuständigen Regierungsorgane, nicht mehr existiert (LG Konstanz, Urteil vom 19. November 2013 - 2 O 132/13, BeckRS 2013, 21405; LG Osnabrück, Urteil vom 15. Mai 2015 - 7 O 2995/13, juris Rn. 132). So gehen auch die Kläger davon aus, dass Erfüllungsansprüche aus den ursprünglichen Anleihen nur dann noch existieren können, wenn das Gesetz „rechtswidrig“ ist. Das heißt aber, dass der Klageanspruch - inzident - gerade auf eine behauptete Rechtswidrigkeit des unstreitig hoheitlichen Handelns der Beklagten gestützt wird.

42

Überdies ist, auch wenn die Emission einer Schuldverschreibung durch einen Staat die Vornahme einer Handlung iure gestionis darstellt, die spätere Ausübung der Gesetzgebungsbefugnis durch den Staat, die zu den Handlungen iure imperii gehört (BVerfGE 16, 27, 63), ebenfalls zu berücksichtigen; es liegt auf der Hand, dass Grundlage der Klagen gegen die Beklagte nicht nur die ursprünglichen Wertpapiere sind, sondern auch und vor allem das Gesetz 4050/2012, das den Umtausch der Wertpapiere und infolgedessen die Verringerung der Schuld ermöglichte, indem in die Bedingungen der Schuldverschreibungen eine Umschuldungsklausel eingefügt wurde (EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 9. Dezember 2014 - C-226/13 u.a., Fahnenbrock u.a., Rn. 63). Nutzt der emittierende Staat seine Hoheitsgewalt aber dazu, durch eine spezielle und konkrete Norm die Ausgestaltung der emittierten Schuldverschreibungen gezielt zu beeinträchtigen, so kann sein Handeln in Ausübung hoheitlicher Rechte nicht von seinem Handeln als Vertragspartei getrennt werden. In diesem Fall macht der vertragschließende Staat von seiner Hoheitsgewalt unmittelbar in Bezug auf den Vertrag Gebrauch (EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 9. Dezember 2014 - C-226/13 u.a., Fahnenbrock u.a., Rn. 65), als Herr über das Vertragsstatut (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 25). Ein solches Tätigwerden liegt hier vor: Die Beklagte hat einseitig, rückwirkend und bindend die Emissionsbedingungen der Schuldverschreibungen - durch hoheitlichen Akt - geändert, indem sie eine Umschuldungsklausel eingefügt hat, die es erlaubte, der Minderheit von Wertpapierinhaberinnen und -inhabern vorzuschreiben, sich dem Willen der Mehrheit zu unterwerfen (vgl. EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 9. Dezember 2014 - C-226/13 u.a., Fahnenbrock u.a., Rn. 65; so im Ergebnis auch Corte Suprema di Cassazione, Entscheidung vom 27. Mai 2005 - R.G.N. 6532/04, zusammenfassend abgedruckt in BKR 2005, 333).

43

Dieser auf den Schlussanträgen des Generalanwalts fußenden Argumentation des Senats steht nicht entgegen, dass der Europäische Gerichtshof diesen Schlussanträgen in seinem Urteil nicht gefolgt ist. Denn wie oben bereits ausgeführt, steht der Einordnung als hoheitliche Maßnahme dieses zur Auslegung von Art. 1 Abs. 1 EuZustVO ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Juni 2015 (C-226/13 u.a., Fahnenbrock u.a.) nicht entgegen. Der Gerichtshof vertritt insoweit zwar auch die Auffassung, der Erlass des Gesetzes Nr. 4050/2012 habe nicht zu unmittelbaren und sofortigen Änderungen der finanziellen Bedingungen der betreffenden Wertpapiere geführt; diese Änderungen hätten erst im Anschluss an eine Entscheidung einer Mehrheit der Anleiheinhaber auf der Grundlage der durch dieses Gesetz in die Emissionsverträge eingefügten Umtauschklausel erfolgen sollen (EuGH, Urteil vom 11. Juni 2016 - C-226/13 u.a., Fahnenbrock u.a., Rn. 57). Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass diese Entscheidung erst durch das Gesetz 4050/2012 vom 23. Februar 2012 und den Beschluss des Ministerrates vom 9. März 2012, aufgrund derer die Mehrheitsentscheidung der Gläubiger allgemeinverbindlich wurde, Wirkung gegenüber den Gläubigern entfaltete, die wie die Kläger der Änderung der Anleihebedingungen nicht zugestimmt hatten. Ohne diese hoheitlichen Maßnahmen wäre die Mehrheitsentscheidung der Gläubiger für die überstimmte Minderheit privatrechtlich wirkungslos geblieben. In einer rein zivilrechtlichen Beziehung unter Privatrechtssubjekten ist eine solche einseitige Abänderung von Vertragsbedingungen ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich. Entgegen der Auffassung der Europäischen Kommission in ihrer Stellungnahme vom 19. August 2013 in der Rechtssache C-226/13 u.a. (Fahnenbrock u.a.) haben das Gesetz 4050/2012 vom 23. Februar 2012 und der Beschluss des Ministerrates vom 9. März 2012 mithin nicht nur eine akzessorische Funktion; sie haben vielmehr die Rechtsbeziehung zwischen den von der Allgemeinverbindlichkeit betroffenen Personen und dem griechischen Staat in entscheidender Weise verändert (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 22).

44

bb) Die der Auffassung des Senats widersprechende Begründung der Oberlandesgerichte Oldenburg und Köln (OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 16; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 67-69) fokussiert sich nach Ansicht des Senats zu einseitig auf das Grundverhältnis, ohne dabei zu berücksichtigen, dass es für die Frage der Immunität auf die Natur des staatlichen Handelns ankommt, über deren Berechtigung die Parteien streiten (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 17). Zwar rühren die geltend gemachten Ansprüche aus dem als nicht-hoheitlich zu qualifizierenden Grundverhältnis. Allerdings stützen die Kläger ihre Ansprüche auch insoweit gerade darauf, dass der Zwangsumtausch „rechtswidrig“ war und sie aus diesem Grund weiterhin Erfüllungsansprüche aus den ursprünglichen Schuldverschreibungen haben. Noch deutlicher wird dieser enge Zusammenhang zwischen dem Grundverhältnis und dem unstreitig hoheitlichen Handeln durch Gesetz bei den ebenfalls geltend gemachten Schadensersatzansprüchen aus § 280 Abs. 1 BGB. Denn insofern rügen die Kläger gerade das hoheitliche Handeln der Beklagten als die - vertragliche - Pflichtverletzung.

45

cc) Auch das restriktive Immunitätsverständnis der herrschenden Meinung in der Literatur (Literaturnachweise auch bei BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 25) verkennt nach Auffassung des Senats, dass ein Staat auch als Marktteilnehmer - und damit im Grundverhältnis nicht-hoheitlich handelnd - ein spezieller Vertragspartner bleibt. Das fiskalische Handeln des Staates als Markteilnehmer kann nicht völlig losgelöst von seiner Staateneigenschaft und damit der ihm grundsätzlich zustehenden Hoheitsgewalt gesehen werden. Die von Müller unter Verweis auf weitere rechtswissenschaftliche Literatur vorgenommene Differenzierung zwischen dem „Staat als Marktteilnehmer“ und dem „Staat als Souverän“ (Müller, RIW 2016, 80, 81) ist nach Auffassung des Senats nicht konsequent durchzuhalten. Das zeigt beispielsweise der Umstand, dass es Staaten - anders als nichtstaatlichen Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmern - verwehrt ist, sich auf ein Insolvenzrecht zu berufen (BGH, Urteil vom 24. Februar 2015 - XI ZR 193/14, Rn. 21). Der Staat behält nach Auffassung des Senats auch bei seinem Auftreten als Markteilnehmer grundsätzlich seine hoheitlichen Rechte; wenn er diese im Rahmen des Vertragsverhältnisses ausübt, führt das dazu, dass er sich auf seine Staatenimmunität berufen kann. Denn dann, wenn der Staat gezielt durch hoheitliches Handeln das Vertragsverhältnis stört, erscheint es nicht möglich, in einer nachfolgend gegen den Staat gerichteten Haftungsklage keine Infragestellung von Handlungen in Ausübung hoheitlicher Rechte zu sehen (so auch EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 9. Dezember 2014 - C-226/13 u.a., Fahnenbrock u.a., Rn. 65 a.E.). Entscheidend für die Staatenimmunität ist aber gerade der Gesichtspunkt der Souveränität, der die Unabhängigkeit eines jeden Staates gegenüber allen anderen gewährleistet. Und diese Unabhängigkeit wäre involviert, wenn ein Staat sich für sein hoheitliches Handeln vor den Gerichten anderer Staaten verantworten müsste (Geimer in: ders., Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2015, Rn. 556). Insoweit überzeugt unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Staatenimmunität auch die von Müller vorgenommene Abgrenzung zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. März 2014 nicht (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. März 2014 - 2 BvR 736/13, juris). Er sieht den Unterschied darin begründet, dass es dort auf die Abführung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber angekommen sei, nicht aber darauf, dass die Beklagte der normsetzende Staat gewesen sei (Müller, RIW 2016, 80, 81). Das kann schon deshalb nicht überzeugen, weil sich die dortige Beklagte nicht als Arbeitgeberin, sondern nur als beklagter Staat auf die Staatenimmunität berufen konnte. Im Übrigen war dort die Steuererhebung der hoheitliche Akt, während vorliegend der Erlass des Gesetzes 4050/2012 der hoheitliche Akt ist; beides führt dazu, dass sich die Beklagte als Staat - unabhängig davon, dass sie auch privatrechtlicher Arbeitgeber oder Vertragspartner ist - für dieses hoheitliche Handeln - sei es Steuererhebung, sei es Gesetzgebung - nicht vor den Gerichten eines anderen Staates verantworten muss (a.A. wohl BAG, EuGH-Vorlage vom 25. Februar 2015 - 5 AZR 962/13 (A), juris Rn. 10 sowie vorgehend lag Nürnberg, 25. September 2013 - 2 Sa 253/12, juris Rn. 90). Ebenso wenig überzeugt die Kritik von Müller an der in Randnummer 25 seines Urteils vom 8. März 2016 (VI ZR 516/14) in Abgrenzung zur Literatur dargestellten Auffassung des Bundesgerichtshofs, der Grundsatz der Staatenimmunität sei gerade dann unmittelbar berührt, wenn es um die Frage gehe, ob der griechische Gesetzgeber als Herr über das Vertragsstatut berechtigt sei, mit Wirkung auch gegenüber ausländischen Gläubigern neue Vorschriften in seine Rechtsordnung einzufügen und damit früher geltende Normen zu ersetzen oder zu ergänzen (Müller, NJW 2016, 1662). Auch hier geht Müller nach Auffassung des Senats fälschlicherweise davon aus, dass es in erster Linie um die Frage geht, ob international zuständige Gerichte griechisches Recht anwenden und eventuell inzident überprüfen können, ob es mit der griechischen Verfassung vereinbar ist; diese Frage ist mit Blick auf die Regelungen des Internationalen Privatrechts sicherlich zu bejahen. Es geht aber vielmehr um die Frage, ob sich der griechische Staat als Beklagte für dieses Gesetz in einem Rechtsstreit vor den deutschen Gerichten verantworten muss. Das aber ist zu verneinen, denn dadurch ist der Grundsatz der Staatenimmunität unmittelbar berührt (BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 25).

II.

46

Überdies wäre, wenn mit den Oberlandesgerichten Oldenburg und Köln die deutsche Gerichtsbarkeit für die vertraglichen Ansprüche zu bejahen wäre, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben (ebenso OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 20 ff.; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 79 ff.).

47

Der Senat ist nicht nach § 513 Abs. 2 ZPO daran gehindert, die internationale Zuständigkeit zu überprüfen. Diese Vorschrift bezieht sich - wie § 545 Abs. 2 ZPO im Revisionsverfahren - nicht auf die internationale Zuständigkeit (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2003 - XI ZR 474/02, juris Rn. 12; Urteil vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, Rn. 14).

48

Die Frage der internationalen und örtlichen Zuständigkeit des von den Klägern angerufenen Landgerichts Itzehoe ist nach den Vorschriften der EuGVVO a.F. (VO Nr. 44/2001 - Brüssel I-VO) zu prüfen. Diese Verordnung ist gemäß Art. 66 Abs. 1 EuGVVO n.F. (VO Nr. 1215/2012 - Brüssel Ia-VO) auf den vorliegenden Fall noch anzuwenden, weil das Verfahren vor dem 10. Januar 2015 eingeleitet worden ist. Die in Betracht kommenden Vorschriften gemäß Art. 5 Nr. 1 und Nr. 3 sowie Art. 15 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 EuGVVO a.F. bestimmen nicht nur die internationale, sondern auch - unter Verdrängung nationaler Vorschriften - die örtliche Zuständigkeit (OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 20 mwN).

49

Nach der oben dargestellten Auffassung des Senats ist bereits der Anwendungsbereich der EuGVVO a.F. nicht eröffnet (1.). Überdies wäre auch nach der EuGVVO a.F. die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben (2.).

50

1. Nach der oben dargestellten Auffassung des Senats fehlt es bereits an der Anwendbarkeit der EuGVVO a.F. Die EuGVVO a.F. ist gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 nur anwendbar, wenn es sich um eine Zivil- oder Handelssache handelt; hier handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit.

51

a) Der Begriff „Zivil- und Handelssachen“ ist nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht als bloße Verweisung auf das innerstaatliche Recht des einen oder anderen beteiligten Staates zu verstehen, weil sichergestellt werden muss, dass sich aus der Verordnung Nr. 44/2001 (EuGVVO a.F.) für die Mitgliedstaaten und die betroffenen Personen so weit wie möglich gleiche und einheitliche Rechte und Pflichten ergeben. Er ist deshalb als autonomer Begriff anzusehen, bei dessen Auslegung die Zielsetzungen und die Systematik dieser Verordnung sowie die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die sich aus der Gesamtheit der nationalen Rechtsordnungen ergeben, berücksichtigt werden müssen (EuGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - C-302/13, flyLAL-Lithuanian Airlines, Rn. 24 mwN). Der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung soll sich, von einigen genau festgelegten Rechtsgebieten abgesehen, auf den wesentlichen Teil des Zivil- und Handelsrechts erstrecken. Die vom Anwendungsbereich ausgeschlossenen Bereiche stellen Ausnahmen dar, die wie jede Ausnahme eng auszulegen sind (EuGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - C-302/13, flyLAL-Lithuanian Airlines, Rn. 27 mwN). Nimmt eine der Parteien des Rechtsstreits Hoheitsrechte wahr, schließt das allerdings einen Rechtsstreit im Sinne von Art. 1 Abs. 1 EuGVVO a.F. aus, da diese Partei Befugnisse ausübt, die von den im Verhältnis zwischen Privatpersonen geltenden allgemeinen Regeln abweichen (EuGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - C-302/13, flyLAL-Lithuanian Airlines, Rn. 31).

52

b) Nach diesen Maßstäben ist die EuGVVO a.F. vorliegend nicht anwendbar. Denn nach der oben dargestellten Auffassung des Senats hat die Beklagte hoheitliche Befugnisse ausgeübt, die von den im Verhältnis zwischen Privatpersonen geltenden allgemeinen Regeln abweichen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Juni 2015 (C-226 u.a., Fahnenbrock u.a.). Die dort vom Gerichtshof vorgenommene Auslegung der EuZustVO ist für die EuGVVO a.F. nicht präjudizierend (EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-223/13 u.a., Fahnenbrock u.a., Rn. 35, 39; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 81).

53

Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zur Frage der Auslegung von „Zivil- und Handelssachen“ im Sinne der EuGVVO a.F. bedarf es nicht, weil die Frage der Anwendbarkeit der EuGVVO a.F. hier nicht entscheidungserheblich ist (siehe sogleich unter 2.).

54

2. Selbst für den Fall, dass die EuGVVO a.F. anwendbar sein sollte (so OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 21; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 81), wäre kein Gerichtsstand gegeben.

55

a) Die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Itzehoe ergibt sich nicht aus dem Verbrauchergerichtsstand gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 EuGVVO a.F.

56

aa) Nach diesen Vorschriften kann ein Verbraucher oder eine Verbraucherin, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem für seinen oder ihren Wohnsitz zuständigen Gericht den anderen Vertragspartner in Anspruch nehmen (Art. 16 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO a.F.). Die Anwendung dieser Vorschriften setzt unter anderem voraus, dass zwischen dem Verbraucher oder der Verbraucherin und einem beruflich oder gewerblich Handelnden ein Vertrag tatsächlich geschlossen wurde. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 EuGVVO a.F. dahin auszulegen ist, dass das Erfordernis des Vertragsschlusses mit dem beruflich oder gewerblich Handelnden nicht so ausgelegt werden kann, dass es auch bei einer Kette von Verträgen erfüllt wäre, aufgrund derer dieser beruflich oder gewerblich Handelnde gegenüber dem Verbraucher bestimmte Rechte und Pflichten hat (EuGH, Urteil vom 28. Januar 2015 - C-375/13, Kolassa, Rn. 30).

57

Für die Begründung der Zuständigkeit genügt nach herrschender Meinung die schlüssige Behauptung der klagenden Partei, die Voraussetzungen für den Zuständigkeitstatbestand lägen vor (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 - VII ZR 404/99, juris Rn. 21 mwN; Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 2. August 2007 - 8 U 295/06, juris Rn. 19). Allerdings genügt insoweit noch nicht die unsubstantiierte Behauptung der klägerischen Partei, es habe ein Vertragsabschluss stattgefunden. Vielmehr muss der äußere Tatbestand eines Vertragsschlusses von der klägerischen Partei substantiiert dargelegt werden und im Rahmen der Amtsprüfung des Gerichts bewiesen werden (Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 16. Februar 2011 - 1 U 574/09, juris Rn. 58 mwN). Das Gericht hat somit im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung zu untersuchen, ob Tatsachen vorliegen, die möglicherweise auf einen Vertragsabschluss hindeuten. Ob dagegen ein Vertrag wirksam zu Stande gekommen ist, gehört nicht mehr zur Zuständigkeitsprüfung, sondern zur Begründetheit der Klage (Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 16. Februar 2011 - 1 U 574/09, juris Rn. 58 mwN). Diese eingeschränkte Auffassung, wonach schlüssiger Klagevortrag alleine nicht genügt, wird auch vom Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 28. Januar 2015 (C-375/13, Kolassa) vertreten. Dieser hat dort klargestellt, dass sowohl das Ziel einer geordneten Rechtspflege, das der EuGVVO zu Grunde liege, als auch die gebotene Achtung der Autonomie des Richters oder der Richterin bei Ausübung ihres Amtes erfordere, dass das nationale Gericht seine internationale Zuständigkeit im Licht aller ihm vorliegenden Informationen prüfen könne, wozu gegebenenfalls auch die Einwände der beklagten Partei gehörten (EuGH, Urteil vom 28. Januar 2015 - C-375/13, Kolassa, Rn. 64).

58

bb) Danach fehlt es hier an hinreichenden Anknüpfungspunkten für eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1 EuGVVO a.F. Ein Vertragsschluss zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits kann nicht angenommen werden (ebenso OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 23 ff.; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 85 ff.; siehe auch östOGH, Beschlüsse vom 30. Juli 2015 - 8 Ob 67/15h, Rn. 2.1; vom 31. August 2015 - 6 Ob 122/15g, Rn. 3.2; vom 25. November 2015 - 8 Ob 125/15p, Rn. 3.1)

59

Die Kläger haben nicht schlüssig, geschweige denn substantiiert dargelegt, dass ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag Gegenstand des Rechtsstreits sind. Sie behaupten zwar, (wohl direkt) mit der Beklagten einen Vertrag geschlossen zu haben. Aus den von ihnen vorgelegten Abrechnungen ergibt sich jedoch das Gegenteil. Daraus geht hervor, dass ihre Depotbanken die Anleihen als Kommmissionäre erworben haben (Anlage K1, GA 29; K2, GA 30; K4, GA 32). In den Abrechnungen wird entweder explizit erwähnt, dass es sich um ein Kommissionsgeschäft handelt (Anlage K2 und K4) oder es wird auf „Wertpapierrechnung, Verwahrland Griechenland“ hingewiesen (Anlage K1). Dann aber sind die Kläger, selbst unterstellt, ihre Depotbanken hätten - wie von der Beklagten bestritten - die Anleihen direkt von der Beklagten erworben, gerade nicht Vertragspartner der Beklagten geworden (vgl. § 392 Abs. 1 HGB). Das gilt auch, soweit in Anlage K1 nicht ausdrücklich erwähnt wird, dass es sich um ein Kommissionsgeschäft handelt. Aus „Wertpapierrechnung, Verwahrland Griechenland“ ergibt sich regelmäßig, dass es sich um eine Anschaffung im Ausland handelt und die Bank bzw. die Sparkasse sich das Eigentum oder Miteigentum an den Wertpapieren verschafft und diese Rechtsstellung treuhänderisch für den Kunden hält. Hierüber erteilt sie dem Kunden Gutschrift in Wertpapierrechnung unter Angabe des ausländischen Staates, in dem sich die Wertpapiere befinden (Nr. 12 (3) Wertpapier-Sonderbedingungen 2007, in Kraft bis 31. Mai 2012; Böttcher, DepotG, 1. Aufl. 2012, § 22 Rn. 6; vgl. auch BGH, Urteil vom 1. Februar 1988 - II ZR 152/87, juris Rn. 17).

60

Überdies führen die substantiierten Einwände der Beklagten, welche die Kläger mit Nichtwissen bestreiten, dazu, dass der Senat keine hinreichenden Anknüpfungspunkte für einen Vertrag zwischen den Parteien hat. Danach sind die ursprünglich im Rahmen der Emissionen geschlossenen Verträge nicht mit den Klägern und auch nicht mit anderen Verbrauchern zustande gekommen, sondern nur mit den im Rahmen der Emission beteiligten Instituten als Ersterwerber. Diese Einwände der Beklagten darf der Senat nach der dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bei der Prüfung der internationalen Zuständigkeit berücksichtigen.

61

b) Das Landgericht Itzehoe ist auch nicht gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO a.F. international und örtlich zuständig. Nach dieser Vorschrift kann, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, verklagt werden.

62

aa) Die Frage, ob Verfahrensgegenstand ein „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ sind, ist im Wege einer autonomen Auslegung zu beantworten. Dabei ist im Gegensatz zu dem in Art. 15 Abs. 1 EuGVVO a.F. aufgestellten Erfordernis der Abschluss eines Vertrags kein Tatbestandsmerkmal von Art. 5 Nr. 1 EuGVVO a.F., so dass die Verneinung der Zuständigkeit nach Art. 15 Abs. 1 EuGVVO a.F. nicht zwangsläufig der Anwendbarkeit von Art. 5 Nr. 1 EuGVVO aF vorgreift (EuGH, Urteil vom 28. Januar 2015 - C-375/13, Kolassa, Rn. 38; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 87).

63

(1) Auch wenn Art. 5 Nr. 1 EuGVVO a.F. den Abschluss eines Vertrags nicht verlangt, setzt die Anwendung der Vorschrift, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Verfahrensgegenstand bilden, voraus, dass eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene rechtliche Verpflichtung bestimmt werden kann, auf die sich die betreffende Klage stützt (EuGH, Urteil vom 28. Januar 2015 - C-375/13, Kolassa, Rn. 39 mwN). Dabei reicht es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung aus, dass die klägerische Partei eine solche rechtliche Verpflichtung schlüssig behauptet und der äußere Tatbestand eines Vertragsabschlusses gegeben ist (EuGH, Urteil vom 28. Januar 2015 - C-375/13, Kolassa, Rn. 61; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 88 mwN).

64

(2) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Beklagte hat nach dem Klägervortrag die streitgegenständlichen Staatsanleihen freiwillig ausgegeben und ist damit zugleich die hieraus folgenden Verpflichtungen freiwillig eingegangen. Dem steht nicht entgegen, dass nach dem Vortrag der Beklagten weder der Kläger noch seine Depotbank Teilnehmer des Girosystems der griechischen Zentralbank und somit nicht Partei des ursprünglichen Begebungsvertrags waren, sondern sie die Anleihen allenfalls sukzessive im Wege der Rechtsnachfolge erworben haben können. Ansprüche, die einmal als „vertraglich“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVVO a.F. qualifiziert worden sind, verlieren mit ihrer Abtretung und der anschließenden Geltendmachung durch den Zessionar nicht ihren vertraglichen Charakter (OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 90 mwN). Ob - was die Beklagte bestreitet - die Kläger tatsächlich Inhaber der Staatsanleihen und somit Gläubiger der dadurch begründeten Forderungen geworden sind, ist gegebenenfalls einer Prüfung im Rahmen der Begründetheit vorbehalten (OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 90).

65

bb) Der Erfüllungsort der vorliegend „aus Vertrag“ geltend gemachten Zahlungsverpflichtung bestimmt sich, da lit. b) keine Anwendung findet, nach Art. 5 Nr. 1 lit. a) EuGVVO a.F. Danach ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem diese Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Das ist vorliegend nicht das Landgericht Itzehoe.

66

(1) Der Erfüllungsort für die auf Erbringung der Hauptleistung gerichtete Primärverpflichtung, der zugleich den Gerichtsstand für Schadensersatzansprüche bestimmt, die an die Nichterfüllung von Primärverpflichtungen anknüpfen (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2015 - V ZR 120/14, Rn. 7 mwN), bestimmt sich gemäß Art. 5 Nr. 1 lit. a) EuGVVO aF nach der lex causae (OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 95).

67

(2) Lex causae soll nach dem Vorbringen der Kläger deutsches Recht sein. Daran bestehen indes schon deswegen erhebliche Zweifel, weil in vergleichbaren Fallgestaltungen die Anlagebedingungen die Anwendung griechisches Recht vorsahen (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 33); die Anleihebedingungen haben die Kläger hier nicht vorgelegt. Überdies übersehen sie, dass hier, soweit tatsächlich das anwendbare Recht vertraglich nicht bestimmt worden wäre, die Rom-I Verordnung Anwendung fände. Gemäß Art. 4 Abs. 2 Rom-I Verordnung unterläge der streitgegenständliche Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 lit. a) EuGVVO a.F. dann aber dem Recht des Staates, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das wäre vorliegend die Beklagte, welche die Schuldverschreibungen in Griechenland emittiert hat. Mithin wäre auch bei einer fehlenden vertraglichen Rechtswahl griechisches Recht anwendbar.

68

Nach der Vorschrift des Art. 321 des griechischen Zivilgesetzbuchs (GR-ZGB) ist der Wohnort beziehungsweise der Ort der gewerblichen Niederlassung des Gläubigers der Erfüllungsort für eine Geldschuld. Die Vorschrift, in der es heißt, dass eine Geldleistung im Zweifelsfalle an dem Orte zu bewirken ist, an welchem der Gläubiger zur Zeit der Bewirkung seinen Wohnsitz hat, ist nach ihrem Wortlaut indes dispositiv. Aber selbst bei einer Anwendung von Art. 321 GR-ZGB liegt der Erfüllungsort jedenfalls nicht im Bezirk des Landgerichts Itzehoe

69

Nach den obigen Ausführungen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Kläger die geltend gemachten Forderungen nicht direkt von der Beklagten, sondern im Wege der Übertragung (wenn überhaupt) erworben haben (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 33). Das Gericht hat nach dem Vortrag der Beklagten, auch wenn die Kläger diesen mit Nichtwissen bestritten haben, auch hinreichend Anknüpfungspunkte dafür, dass die Anleihen zunächst nur an im Girosystem der griechischen Zentralbank registrierte „Träger“ ausgegeben wurden. Das ergibt sich nicht nur aus den von der Beklagten vorgelegten Anlagen, sondern auch aus den weiteren, bislang zu griechischen Staatsanleihen ergangenen Entscheidungen deutscher Gerichte, in denen regelmäßig (vgl. nur BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 2 f.) unstreitig war, dass die Anleihen (erstmalig) nur an Teilnehmer des Girosystems der griechischen Zentralbank ausgegeben werden. Der Erfüllungsort für die ursprüngliche Verpflichtung der Beklagten gegenüber den ursprünglichen Inhabern der Schuldverschreibungen, den „Trägern“, liegt dann jedoch nicht im Landgerichtsbezirk Itzehoe; es gibt keinen Vortrag dahingehend, dass ein „Träger“ seinen Geschäftssitz im dortigen Landgerichtsbezirk hat.

70

Der gemäß Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO a.F. an den vertraglichen Erfüllungsort geknüpfte Gerichtsstand kann durch Übertragung der Forderung nicht verändert werden. Zwar können sich auf Klägerseite auch Rechtsnachfolger (z.B. Zessionare oder Gesamtrechtsnachfolger) auf die Zuständigkeit gemäß Art. 5 Nr. 1 EuGVVO a.F. stützen; der zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien bestehende Gerichtsstand steht auch dem Zessionar offen (BGH, Urteil vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, Rn. 15; Geimer in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, Art. 7 EuGVVO Rn. 6 mwN). Stellt aber das anwendbare materielle Recht auf Umstände in der Person des Gläubigers ab, zum Beispiel dessen Wohnsitz oder gewerbliche Niederlassung, wie hier (bei unterstellter Anwendbarkeit) Art. 321 GR-ZGB, kann die Zuständigkeitsanknüpfung nicht durch die Rechtsnachfolge verändert werden. Für die internationale und örtliche Zuständigkeit relevant bleiben allein die in der Person des ursprünglichen Gläubigers liegenden Umstände. Eine davon abweichende Sichtweise wäre mit dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit des Gerichtsstandes (11. Erwägungsgrund der EuGVVO a.F.) nicht zu vereinbaren (Geimer in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, Art. 7 EuGVVO Rn. 8; OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 35 mwN; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 101 ff.).

71

(3) Überdies ist mit dem Oberlandesgericht Oldenburg davon auszugehen, dass für das Verhältnis zwischen dem beklagten Staat als Anleiheschuldner und den „Trägern“ als Ersterwerbern der Anleihen allein die Annahme eines einheitlichen Erfüllungsortes am Sitz der griechischen Zentralbank als Verwalterin des „Systems“ sinnvoll ist (OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 41 f.).

72

c) Das Landgericht Itzehoe ist auch nicht gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO a.F. international und örtlich zuständig. Voraussetzung für eine Anwendung dieser Vorschrift wäre, dass eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Insofern kommen allein die mit der Klage hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung beziehungsweise wegen einer rechtswidrigen Enteignung oder eines enteignungsgleichen Eingriffs in Betracht. Diese Ansprüche sind aber, nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach dem Grundsatz der Staatenimmunität von deutschen Gerichten nicht zu prüfen. Daher kommt im vorliegenden Rechtsstreit eine Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO a.F. von vornherein nicht in Betracht (ebenso OLG Oldenburg, Urteil vom 18. April 2016 - 13 U 43/15, juris Rn. 44; OLG Köln, Urteil vom 12. Mai 2016 - 8 U 44/15, juris Rn. 105).

C.

73

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 344 ZPO sowie auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

D.

74

Die Revision ist zuzulassen.

75

Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn sie eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn ihre Beantwortung zweifelhaft ist oder wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, juris Rn. 25 ff.).

76

Die Frage der Staatenimmunität ist für die dem Senat vorliegend zur Entscheidung unterbreitete Fallkonstellation, in der Ansprüche aus Staatsanleihen bzw. Ersatzansprüche wegen deren Nichterfüllung geltend gemacht werden, höchstrichterlich noch nicht geklärt und dürfte sich in einer Vielzahl noch anhängiger Prozesse gegen die Hellenische Republik stellen (offen gelassen in: BGH, Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14, Rn. 18). Überdies vertreten die Oberlandesgerichte Oldenburg und Köln in den zitierten Urteilen zu dieser Frage eine von der hier vertretenen Auffassung abweichende Auffassung.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 513 Berufungsgründe


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 545 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. (2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 339 Einspruchsfrist


(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils. (2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 25


Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 340 Einspruchsschrift


(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt. (2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urt

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Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Klage ist schon deswegen unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist. Ihr steht der von Amts wegen zu prüfende (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1977 - 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342, 359) Grundsatz der Staatenimmunität entgegen (§ 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG). Die Frage, ob die Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität eröffnet ist und sich das nationale Gericht mit einer Klage gegen einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befassen darf, ist vor der Ermittlung der internationalen Zuständigkeit zu prüfen.

(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.

(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.

(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.

(1) Erscheint der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist seine Berufung auf Antrag durch Versäumnisurteil zurückzuweisen.

(2) Erscheint der Berufungsbeklagte nicht und beantragt der Berufungskläger gegen ihn das Versäumnisurteil, so ist das zulässige tatsächliche Vorbringen des Berufungsklägers als zugestanden anzunehmen. Soweit es den Berufungsantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall ist, ist die Berufung zurückzuweisen.

(3) Im Übrigen gelten die Vorschriften über das Versäumnisverfahren im ersten Rechtszug sinngemäß.

(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.

(2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

(3) In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. § 296 Abs. 1, 3, 4 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Folgen einer Fristversäumung ist bei der Zustellung des Versäumnisurteils hinzuweisen.

(1) Erscheint der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist seine Berufung auf Antrag durch Versäumnisurteil zurückzuweisen.

(2) Erscheint der Berufungsbeklagte nicht und beantragt der Berufungskläger gegen ihn das Versäumnisurteil, so ist das zulässige tatsächliche Vorbringen des Berufungsklägers als zugestanden anzunehmen. Soweit es den Berufungsantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall ist, ist die Berufung zurückzuweisen.

(3) Im Übrigen gelten die Vorschriften über das Versäumnisverfahren im ersten Rechtszug sinngemäß.

(1) Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf Repräsentanten anderer Staaten und deren Begleitung, die sich auf amtliche Einladung der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten.

(2) Im übrigen erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auch nicht auf andere als die in Absatz 1 und in den §§ 18 und 19 genannten Personen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

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Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Klage ist schon deswegen unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist. Ihr steht der von Amts wegen zu prüfende (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1977 - 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342, 359) Grundsatz der Staatenimmunität entgegen (§ 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG). Die Frage, ob die Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität eröffnet ist und sich das nationale Gericht mit einer Klage gegen einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befassen darf, ist vor der Ermittlung der internationalen Zuständigkeit zu prüfen.

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Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 20. Dezember 2011 - 8 Ta 393/11 - aufgehoben. Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 2. November 2011 - 35 Ca 17879/09 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte nach dem „Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer“ (im Folgenden: DBA Griechenland) berechtigt ist, von der Vergütung des Klägers einen pauschalen Steuerabzug von 5 % vorzunehmen.

2

Der Kläger steht seit dem 22. September 1989 als Lehrkraft für die Privaten Volksschulen der Republik Griechenland in München und im Landkreis Dachau in den Diensten der beklagten Republik Griechenland. In dem zwischen dem Griechischen Generalkonsulat als Träger der Privaten Volksschulen der Republik Griechenland in München und im Landkreis Dachau und dem Kläger am 1. Juli 1994 geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es ua.:

        

„Art. 2

        

Auf das Arbeitsverhältnis finden, soweit nichts anderes vereinbart wurde, der Bundesangestellten-Tarif-Vertrag (BAT) und die Sonderregelung SR 2 l BAT in ihren jeweils gültigen Fassungen analoge Anwendung.

        

…       

        

Art. 6

        

…       

        

Die Vergütung wird unter Ausschluss des BAT und entsprechend der seitens der Regierung von Oberbayern erfolgten Eingruppierung wie folgt gewährt:

        

….    

        

Art. 8

        

An die Lehrkraft wird ausserdem auch der Arbeitgeberanteil (d.h. 50% des Gesamtbetrages) für die gesetzliche Kranken- Renten- und Arbeitslosenversicherung gezahlt. Dieser Betrag wird ihr erst nach Vorlage einer amtlichen Bescheinigung des jeweiligen öffentlichen Trägers über die Höhe der zu entrichtenden Beiträge ausgezahlt.

        

Wegen des exterritorialen Status des Arbeitgebers, verpflichtet sich hiermit die Lehrkraft, die volle Höhe der Sozialversicherungsbeiträge sosie auch die Lohn- und Kirchensteuer an die zuständigen deutschen Behörden bzw. Anstalten selbst abzuführen und zwar unverzüglich. Ein Verstoss hiergegen berechtigt den Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Andere Leistungen bzw. Gratifikationen erfolgen nicht.

        

...“   

3

Bei den Privaten Volksschulen der Republik Griechenland in München und im Landkreis Dachau handelt es sich um refinanzierte Privatschulen. Die Vergütung, die dem Kläger von der Beklagten gezahlt wird, stammt zu 100 % aus Mitteln des Freistaates Bayern.

4

Mit Schreiben vom 24. Januar 2002 teilte das Griechische Generalkonsulat München dem Kläger mit:

        

„…, dass ab 01.02.2002 im Auftrag und Interesse des griechischen Staates ein Prozentsatz von 5%, bezogen auf Ihr monatliches Bruttoeinkommen, als Steuer einbehalten wird. Dieser Abzug erfolgt für die monatlichen Einkommen rückwirkend vom September 2001.“

5

Im Jahr 2002 behielt die Beklagte von der Vergütung des Klägers einen Betrag iHv. 2.045,89 Euro brutto, im Jahr 2003 einen Betrag iHv. 1.965,98 Euro brutto, im Jahr 2004 einen solchen iHv. 2.048,65 Euro, im Jahr 2005 einen Betrag iHv. 2.290,43 Euro brutto, im Jahr 2006 2.321,62 Euro brutto, im Jahr 2007 2.280,20 Euro, im Jahr 2008 einen Betrag iHv. 2.245,47 Euro brutto, im Jahr 2009 einen solchen iHv. 2.371,91 Euro brutto und im Jahr 2010 einen Betrag iHv. 4.324,36 Euro brutto ein.

6

Der Kläger verlangte von der Beklagten die Zahlung der aus seiner Sicht zu Unrecht einbehaltenen Vergütung für die Jahre 2002 bis 2010 sowie Auskunftserteilung. Im Gütetermin vom 25. Mai 2011 verkündete das Arbeitsgericht gegen die nicht erschienene Beklagte ein Versäumnisteilurteil, mit welchem es dem Kläger antragsgemäß rückständige Vergütung für die Jahre 2002 bis 2009 zusprach und die Beklagte verurteilte, dem Kläger Auskunft über die einbehaltene Vergütung für das Jahr 2009 durch Vorlage einer ordnungsgemäßen Lohnabrechnung zu erteilen. Zudem wurde die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, entgegen der schriftlichen Anweisung des griechischen Wirtschaftsministeriums vom 24. Oktober 2002 auch weiterhin 5 % des Arbeitslohnes des Klägers einzubehalten. Das Versäumnisteilurteil wurde der Beklagten am 8. Juni 2011 zugestellt. Dagegen legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 1. Juni 2011 Einspruch ein.

7

Am 16. Juni 2011 wurde dem Kläger eine vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisteilurteils erteilt.

8

Mit Schriftsatz vom 28. September 2011, der am selben Tag beim Arbeitsgericht einging, legte die Beklagte Erinnerung gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ein. Der Rechtspfleger half der Erinnerung nicht ab und legte sie der zuständigen Richterin zur Entscheidung vor. Diese wies die Erinnerung der Beklagten mit Beschluss vom 2. November 2011 zurück. Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 8. November 2011 zugestellt. Hiergegen legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 9. November 2011, der am 10. November 2011 beim Arbeitsgericht einging, sofortige Beschwerde ein. Dieser half das Arbeitsgericht nicht ab und legte sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor. Das Landesarbeitsgericht änderte den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 2. November 2011 ab und entschied, dass das Arbeitsgericht die vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisteilurteils zu Unrecht erteilt habe und die Zwangsvollstreckung hieraus unzulässig sei. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

9

II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 2. November 2011, mit dem dieses die Erinnerung der Beklagten gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel zum Versäumnisteilurteil zurückgewiesen hat. Die Erinnerung der Beklagten gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Vollstreckungsklausel zu Recht erteilt.

10

1. Die Voraussetzungen des § 724 Abs. 1 ZPO für die Erteilung der Vollstreckungsklausel lagen vor. Das Versäumnisteilurteil des Arbeitsgerichts vom 25. Mai 2011 ist ein Vollstreckungstitel iSd. § 724 Abs. 1 ZPO.

11

2. Es kann dahinstehen, ob Urteile gegen Personen, die der deutschen Gerichtsbarkeit nicht unterliegen, nichtig und damit wirkungslos (so die hM, vgl. etwa BayObLG 30. September 1971 - I Z 42/71 - zu II 1 a der Gründe, FamRZ 1972, 212; OLG München 27. August 1971 - 2 W 1284/71 - zu II 1 der Gründe, FamRZ 1972, 210; MünchKommZPO/Zimmermann 3. Aufl. § 18 GVG Rn. 5; Zöller/Lückemann ZPO 29. Aufl. Vor §§ 18-20 GVG Rn. 3; Zöller/Stöber ZPO § 732 Rn. 6; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 33. Aufl. Vorbem § 300 Rn. 15; Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 19 Rn. 15; Kegel/Schurig Internationales Privatrecht 9. Aufl. S. 1047; ausdrücklich offengelassen BGH 28. Mai 2003 - IXa ZB 19/03 - zu II 2 der Gründe, NJW-RR 2003, 1218; unklar BGH 9. Juli 2009 - III ZR 46/08 - Rn. 20, BGHZ 182, 10) oder ob sie lediglich anfechtbar sind (so zB Schlosser ZZP Bd. 79 [1966], 164, 171, 178; Stein/Jonas/Grunsky ZPO 21. Aufl. vor § 578 Rn. 10; Geimer Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. Rn. 528). Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist diese in dem mit dem Kläger geführten Rechtsstreit nicht nach § 20 Abs. 2 GVG von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Ihre hoheitliche Tätigkeit wird von dem Rechtsstreit nicht betroffen.

12

a) Grundsätzlich unterliegen ungeachtet der jeweiligen Staatsangehörigkeit alle sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhaltenden Personen uneingeschränkt der den deutschen Gerichten übertragenen Rechtsprechungshoheit (BAG 22. August 2012 - 5 AZR 949/11 - Rn. 8); allerdings sind nach den §§ 18 bis 20 GVG bestimmte Personen und Organisationen von der deutschen Gerichtsbarkeit ausgenommen.

13

b) Nach der hier allein in Betracht kommenden Bestimmung in § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf Personen, die gemäß den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

14

aa) Soweit im Völkerrecht in einem allgemeinen Sinne von Staatenimmunität die Rede ist, bezieht sich diese auf den völkerrechtlich anerkannten Grundsatz, dass ein Staat nicht fremdstaatlicher nationaler Gerichtsbarkeit unterworfen ist. Allerdings gibt es keine allgemeine Regel des Völkerrechts, dass ein Staat Immunität auch für nicht-hoheitliches Handeln genießt (BVerfG 6. Dezember 2006 - 2 BvM 9/03 - Rn. 34, BVerfGE 117, 141; BAG 23. November 2000 - 2 AZR 490/99 - zu II 3 b der Gründe mwN, AP GVG § 20 Nr. 2 = EzA GVG § 20 Nr. 3). Demzufolge sind nach dem als Bundesrecht iSv. Art. 25 GG geltenden allgemeinen Völkergewohnheitsrecht Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nur insoweit nicht unterworfen, als ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Andernfalls könnte die rechtliche Prüfung durch die Gerichte eine Beurteilung des hoheitlichen Handelns erfordern, was mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus folgenden Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen (BVerfG 6. Dezember 2006 - 2 BvM 9/03 - aaO), nicht vereinbar wäre (vgl. BAG 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09  - Rn. 11, AP GG Art. 25 Nr. 5 = EzA GVG § 20 Nr. 5; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu A I 2 a der Gründe, BAGE 113, 327; 16. Mai 2002 -  2 AZR 688/00  - zu II 1 der Gründe, AP GVG § 20 Nr. 3; 23. November 2000 - 2 AZR 490/99 - aaO; Schack Internationales Zivilverfahrensrecht 5. Aufl. Rn. 172 ff.).

15

bb) Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nicht nach deren Motiv oder Zweck; sie kann auch nicht danach vorgenommen werden, ob die Betätigung in erkennbarem Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben des Staates steht. Dies folgt daraus, dass die Tätigkeit eines Staates, wenn auch nicht insgesamt, aber doch zum weitaus größten Teil hoheitlichen Zwecken und Aufgaben dient und mit ihnen in einem erkennbaren Zusammenhang steht. Maßgebend für die Unterscheidung ist vielmehr die Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt und damit öffentlich-rechtlich oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist (BVerfG 30. April 1963 - 2 BvM 1/62 - zu C II 2 der Gründe, BVerfGE 16, 27). Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist die Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht des entscheidenden Gerichts zu beurteilen (30. April 1963 - 2 BvM 1/62 - zu C II 3 der Gründe, aaO; BAG 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09 - Rn. 12 mwN, AP GG Art. 25 Nr. 5 = EzA GVG § 20 Nr. 5).

16

Allerdings kann es ausnahmsweise völkerrechtlich geboten sein, die Betätigung eines ausländischen Staates als hoheitlich zu qualifizieren, obwohl sie nach nationalem Recht als privatrechtliche und nicht als öffentlich-rechtliche Betätigung anzusehen wäre. Dies ist der Fall, wenn sie dem Kernbereich der Staatsgewalt zuzurechnen ist. Zum Kernbereich hoheitlicher Tätigkeit gehören nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lediglich die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege (30. April 1963 - 2 BvM 1/62 - zu C II 4 der Gründe, BVerfGE 16, 27).

17

Geht es - wie hier - um eine Streitigkeit aus einem (privatrechtlichen) Arbeitsverhältnis, kommt es grundsätzlich darauf an, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Natur nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind; entscheidend ist der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit (vgl. BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu A I 2 b der Gründe, BAGE 113, 327; 23. November 2000 - 2 AZR 490/99 - zu II 3 b der Gründe, AP GVG § 20 Nr. 2 = EzA GVG § 20 Nr. 3; 20. November 1997 - 2 AZR 631/96 - zu II 1 der Gründe, BAGE 87, 144). Betraut ein ausländischer Staat einen Arbeitnehmer mit hoheitlichen Aufgaben, so handelt er selbst in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt.

18

cc) Danach ist die beklagte Republik Griechenland im vorliegenden Rechtsstreit nicht gemäß § 20 Abs. 2 GVG von der deutschen Gerichtsbarkeit ausgenommen. Der Kläger nimmt als Lehrer an den Privaten Volksschulen der Republik Griechenland in München und im Landkreis Dachau keine Tätigkeiten wahr, die mit der Ausübung der Souveränität der beklagten Republik Griechenland iSd. allgemeinen Regeln des Völkerrechts in Zusammenhang stehen. Die beklagte Republik Griechenland übt im Rahmen des mit dem Kläger bestehenden Arbeitsverhältnisses keine originär hoheitlichen Tätigkeiten aus. Der Kläger wirkt im Rahmen seiner Aufgaben nicht an der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt der beklagten Republik Griechenland mit. Die Beklagte ist auch nicht deshalb von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit, weil die Parteien darüber streiten, ob die Beklagte berechtigt ist, vom Einkommen des Klägers Steuern einzubehalten.

19

(1) Es kann dahinstehen, ob das innerstaatliche Recht der Beklagten die Tätigkeit eines Lehrers an einer Schule als hoheitliche Tätigkeit einstuft. Hierfür könnte sprechen, dass die Bildung nach Art. 16 Abs. 2 der griechischen Verfassung von 1975 idF vom 16. April 2001 (im Folgenden: griechische Verfassung) eine Grundaufgabe des Staates darstellt, nach Art. 16 Abs. 3 der griechischen Verfassung eine neunjährige Schulpflicht besteht und die Bildung nach Art. 16 Abs. 4 der griechischen Verfassung in all ihren Stufen in den staatlichen Einrichtungen kostenlos sein muss. Nach dem für die Beurteilung der Immunität allein maßgeblichen deutschen Recht ist die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit einem privaten Arbeitgeber gleichgestellt.

20

(a) Nach Art. 33 Abs. 4 GG ist die Ausübung hoheitlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, mithin einem Beamtenverhältnis(vgl. Kunig in von Münch/Kunig GG 6. Aufl. Art. 33 Rn. 39), und nicht in einem privatrechtlichen Angestelltenverhältnis stehen. Dieser Vorbehalt zugunsten des Beamtenverhältnisses greift für Lehrer an öffentlichen Schulen nicht. Lehrer nehmen nicht schwerpunktmäßig hoheitlich geprägte Aufgaben wahr, die der besonderen Absicherung durch den Beamtenstatus bedürften (BVerfG 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - Rn. 65, BVerfGE 119, 247). Der Dienstherr hat deshalb die Möglichkeit, Lehrer im Angestelltenverhältnis zu beschäftigen.

21

(b) Bei den Privaten Volksschulen in München und im Landkreis Dachau, an denen der Kläger als Lehrer tätig ist, handelt es sich zudem gemäß Art. 31 Abs. 1 iVm. Art. 7 Abs. 2 BaySchFG um refinanzierte Ersatzschulen iSd. Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG, die einer besonders ausgestalteten Aufsicht durch den deutschen Staat unterliegen.

22

(aa) Nach Art. 7 Abs. 1 GG obliegt die Aufsicht über das gesamte Schulwesen und damit auch über das verfassungsrechtlich durch Art. 7 Abs. 4 GG geschützte Privatschulwesen dem deutschen Staat(vgl. VGH Baden-Württemberg 17. Oktober 2012 - 9 S 1200/11 - Rn. 24; Robbers in v. Mangoldt/Klein/Starck GG 5. Aufl. Art. 7 Abs. 1 Rn. 66; Boysen in von Münch/Kunig GG Art. 7 Rn. 50). Die Reichweite der staatlichen Aufsicht ist zwar durch die besondere Freiheitsgewährung des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG ihrerseits eingeschränkt(vgl. Robbers in v. Mangoldt/Klein/Starck GG Art. 7 Abs. 4 Rn. 204). Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet unter den dort genannten Voraussetzungen unter Absage an ein staatliches Schulmonopol die Freiheit, Privatschulen zu errichten. Kennzeichnend für die Privatschule ist ein Unterricht eigener Prägung, insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und die Lehrinhalte. Allerdings ist das Recht zur Errichtung von Ersatzschulen durch den Vorbehalt staatlicher Genehmigung beschränkt (vgl. BVerfG 8. Juni 2011 - 1 BvR 759/08, 1 BvR 71 BvR 733/09 - Rn. 15, BVerfGK 18, 469). Nach Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG bedürfen private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen der Genehmigung des Staates, sie unterstehen zudem den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Privatschulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG schützt die Vielfalt der Formen und Inhalte, in denen Schule sich darstellen kann; das Genehmigungserfordernis hat den Sinn, die Allgemeinheit vor unzureichenden Bildungseinrichtungen zu schützen (vgl. BVerfG 8. Juni 2011 - 1 BvR 759/08, 1 BvR 733/09 - aaO).

23

Dementsprechend bestimmt Art. 92 Abs. 1 BayEUG, dass Ersatzschulen, dh. private Schulen, die in ihren Bildungs- und Erziehungszielen öffentlichen im Freistaat Bayern vorhandenen oder vorgesehenen Schulen entsprechen (Art. 91 BayEUG),nur mit staatlicher Genehmigung errichtet und betrieben werden dürfen. Nach Art. 92 Abs. 2 BayEUG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn derjenige, der eine Ersatzschule errichten, betreiben oder leiten will, die Gewähr dafür bietet, dass er nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt, die Ersatzschule in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung ihrer Lehrkräfte hinter den öffentlichen Schulen nicht zurücksteht, eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird und die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert ist. Dabei ist nach Art. 97 Abs. 1 BayEUG die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte an einer Ersatzschule nur dann genügend gesichert, wenn über das Anstellungsverhältnis ein schriftlicher oder(unter Verwendung einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur) elektronischer Vertrag abgeschlossen ist, in dem klare Kündigungsbedingungen, der Anspruch auf Urlaub und die regelmäßige Pflichtstundenzahl festgelegt sind, die Gehälter und Vergütungen bei entsprechenden Anforderungen hinter den Gehältern der Lehrkräfte an vergleichbaren öffentlichen Schulen nicht wesentlich zurückbleiben und in regelmäßigen Zeitabschnitten gezahlt werden und für die Lehrkräfte eine Anwartschaft auf Versorgung erworben wird, die wenigstens den Bestimmungen der Angestelltenversicherung entspricht.

24

(bb) Aufgrund dieser Vorgaben des deutschen nationalen Rechts kann die beklagte Republik Griechenland ihren durch Art. 16 Abs. 2 der griechischen Verfassung zugewiesenen Bildungsauftrag nicht autonom, sondern von vornherein nur im Rahmen der Beschränkungen des Art. 7 Abs. 4 GG wahrnehmen. Insbesondere ist sie in der Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse der Lehrkräfte nicht frei.

25

(2) Eine Immunität der Beklagten folgt auch nicht daraus, dass die Parteien über die Frage streiten, ob die Beklagte nach dem DBA Griechenland berechtigt war, von der Vergütung des Klägers einen pauschalen Steuerabzug von 5 % vorzunehmen.

26

(a) Es kann dahinstehen, ob auch das Steuerrecht eines ausländischen Staates dem Kernbereich der Staatsgewalt zuzurechnen ist (so BAG 4. Mai 1983 - 5 AZR 613/80 - zu III 3 der Gründe). Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind nicht die Auswirkungen des griechischen Steuerrechts auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der beklagten Republik Griechenland. Die Parteien streiten nicht darüber, ob und in welcher Höhe der beklagten Republik Griechenland nach griechischem Steuerrecht Steuern aus dem Einkommen des Klägers zustehen. Der Kläger, der nach Art. 8 seines Arbeitsvertrags wegen des exterritorialen Status seiner Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Lohn- und Kirchensteuer an die zuständigen deutschen Behörden oder Anstalten selbst abzuführen und nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung mithin der deutschen Steuerhoheit unterfällt, macht vielmehr ausschließlich geltend, dass der im Interesse des griechischen Staates erfolgte Einbehalt von 5 % seines Bruttoeinkommens zu einer nach dem DBA Griechenland unzulässigen Doppelbesteuerung führt. In diesem Zusammenhang vertritt der Kläger die Auffassung, seine Vergütung sei nach Art. XI DBA Griechenland, Art. 8 des Arbeitsvertrags sowie nach der schriftlichen Anweisung des griechischen Wirtschaftsministeriums vom 24. Oktober 2002 in der Bundesrepublik Deutschland zu besteuern; demgegenüber beruft sich die beklagte Republik Griechenland darauf, das Einkommen des Klägers sei nach Art. X DBA Griechenland in der Republik Griechenland zu besteuern.

27

(b) Für Streitigkeiten über eine unzulässige Doppelbesteuerung sieht Art. XX DBA Griechenland ein Verständigungsverfahren vor. Weist eine in einem Vertragstaat ansässige Person nach, dass Maßnahmen der Steuerbehörden der Vertragstaaten eine diesem Abkommen widersprechende Doppelbesteuerung bewirkt haben oder bewirken werden, so kann sie ihren Fall dem Staat, in dem sie ansässig ist, unterbreiten. Werden ihre Einwendungen als begründet erachtet, so wird sich die zuständige Behörde des angerufenen Staates mit der zuständigen Behörde des anderen Staates über die Vermeidung der Doppelbesteuerung zu verständigen suchen, Art. XX Abs. 1 DBA Griechenland. Damit sind nach Art. XX Abs. 1 DBA Griechenland Streitigkeiten über eine unzulässige Doppelbesteuerung stets in dem Staat zu klären, in dem die betroffene Person ansässig ist. Dies ist hier die Bundesrepublik Deutschland. Damit verbleibt es bei der deutschen Gerichtsbarkeit.

28

dd) Der Senat hatte nicht darüber zu entscheiden, ob die Arbeitsgerichtsbarkeit im vorliegenden Verfahren sachlich zuständig ist. Ebenso hatte er nicht darüber zu befinden, ob der Kläger sein Begehren auf Unterlassung einer aus seiner Sicht unzulässigen Doppelbesteuerung mit einer Klage auf Zahlung ausstehender Vergütung überhaupt zulässigerweise verfolgen kann. Dies ist zweifelhaft, da Art. XX Abs. 1 DBA Griechenland für Streitigkeiten über eine unzulässige Doppelbesteuerung ausdrücklich das dort vereinbarte Verfahren vorsieht.

29

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

        

        

        

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. November 2011 - 17 Sa 1066/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten nach einer Entgeltkürzung über Vergütungsdifferenzen für das Jahr 2010.

2

Die 1953 geborene Klägerin ist seit 1982 bei der beklagten Republik Griechenland bzw. dem vormaligen Schulträger als Lehrerin für das Fach Deutsch an der Griechischen Schule in B beschäftigt.

3

In dem in deutscher Sprache abgefassten Arbeitsvertrag vom 17. Oktober 1984 vereinbarten die Klägerin und die Griechische Gemeinde B, ein eingetragener Verein, ua.:

        

㤠2

        

Der/Die Lehrer/in wird in die Vergütungsgruppe BAT 3 zuzüglich Ortszuschlag DM widerruflicher Zulage eingestuft.

        

Bei einer Teilzeitbeschäftigung mit mindestens der Hälfte der für den/die Lehrer/in maßgebenden Pflichtstunden entspricht die Vergütung dem Anteil der nach diesem Vertrag zu erteilenden Unterrichtsstunden an der Pflichtstundenzahl.

        

§ 3

        

Auf das Arbeitsverhältnis finden der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und dessen Sonderregelungen nach Anlage 2 1 (SR 2 1 BAT) und Anlage 2 y (SR 2 y BAT) Anwendung.

        

…       

        

§ 5

        

Nebenabreden:

        

a)    

Kein 13. Monatsgehalt, Urlaubsgeld anteilig der Stundenzahl.

        

b)    

Urlaubsgewährung während der unterrichtsfreien Zeit.

        

c)    

Gemäß der Lehrertätigkeit müssen auch die Aufgaben mit übernommen werden, die nicht den Unterricht betreffen.“

4

Am 1. September 1992 schloss die Klägerin mit der Beklagten als nunmehriger Schulträgerin einen Arbeitsvertrag, der übersetzt auszugsweise lautet:

        

„Wir schreiten heute den 01.09.1992 zum Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen dem griechischen Generalkonsulat der Stadt D und Herrn/Frau N, geb. 1953 in Griechenland, wohnhaft in Deutschland an der Straße G, wie folgt:

        

1. Herr/Frau N wird ihre Tätigkeit im Schuljahr 1992 - 1993 an der Schule Grundschule B fortsetzen, mit 20 Stunden wöchentlich im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis gemäß dem deutschen Bundesangestelltentarifvertrag BAT.

        

2. Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer förmlichen Kündigung bedarf, wenn die Zweckmäßigkeit des Betriebs der Griechischen Schulen in Deutschland endet.

        

3. Die Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt gemäß dem deutschen Bundesangestelltentarifvertrag BAT.

        

4. Der/die Angestellte wird nach 1.13/53 der Sammlung der Schulvorschriften des deutschen Bildungsministeriums vom 20. 11. 1981 (BASS 21-21, Nr. 53) und den jeweils gültigen Ausführungen in die Gruppe IVa im Alter von 37 Jahren eingestuft. Kinder: 1.

        

Die Zahlung des Gehalts erfolgt detailliert, wie folgt:

        

…       

        
        

4.    

Die Abzüge werden vom Arbeitgeber an die zuständigen Träger entrichtet.

        

5. Es wird Weihnachtsgeld gezahlt, dessen Betrag einem Monatsgehalt entspricht, in Höhe des Betrages von (des Monats Dezember) nach Abzug der entsprechenden Abzüge.

        

Die Lehrkraft, die diesen Vertrag unterzeichnet, akzeptiert und erkennt mit ihrer Unterschrift an, dass ihr dieses Weihnachtsgeld freiwillig gezahlt wird und dass die Zahlung des Weihnachtsgeldes, auch wenn sie über mehrere Jahre hinweg erfolgte, ihr nicht das Recht erteilt, Ansprüche auf dessen weitere obligatorische Zahlung zu erheben.

        

Es besteht kein Anrecht auf Weihnachtsgeld, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung dieses Bonus der Arbeitsvertrag gekündigt wurde oder eine beteiligte Partei den Vertrag bis zum 31. 12. gekündigt hat oder wenn die Gültigkeit dieses Vertrages aufgrund eines gemeinsamen Beschlusses der beteiligten Parteien endet. Dies gilt jedoch, wenn die Kündigung des Arbeitsvertrages aus Gründen erfolgt, die sich auf den gesamten Betrieb der Schule beziehen oder das dort beschäftigte Personal betreffen.

        

Herr/Frau N ist zur Rückzahlung des Bonus verpflichtet, wenn sie bis zum 31.03. des folgenden Kalenderjahres nach der Zahlung des Bonus aus dem Dienst ausscheidet und er/sie selber den Vertrag gekündigt hat oder wenn die Kündigung aus außerordentlichen Gründen oder Gründen des ungehörigen Verhaltens erfolgte. (…)
15. Die diversen Forderungen, die vom Arbeitnehmer/in möglicherweise erhoben werden, verlieren ihre Gültigkeit, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten ab dem Tag ihres Ersteintritts schriftlich erhoben werden. Diese sechs-monatige Frist ist eine Ausschlussfrist und gilt auch für die diversen Forderungen, die der Arbeitgeber erheben kann. (…)

        

16. Die zuständigen gerichtlichen Behörden für jede Streitsache sind die der Stadt D.
…“

5

In einer „Änderung des Arbeitsvertrages“ heißt es übersetzt ua.:

        

„Wir schreiten heute den 02.01.2007 zur Änderung des Arbeitsvertrages zwischen dem Primärschulwesen des Griechischen Generalkonsulates in D und Frau N, Studienrätin der deutschen Sprache, geboren 1953 in P G, wohnhaft in Deutschland, an der B Str., B, wie folgt:

        

1. Frau N wird ihre Tätigkeit im Schuljahr 2006 - 07 an der Griechischen Grundschule der Stadt B fortsetzen, mit 26 Stunden wöchentlich.

        

Die Anzahl der Arbeitsstunden wird zu Beginn des Schuljahres festgelegt, gemäß der Verpflichtung der Arbeitnehmerin, die mit Artikel 10 des geänderten Arbeitsvertrages vom 01.01.1992 eingegangen wurde.

        

2. Die Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt nach dem deutschen Bundestarifvertrag der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte und des deutschen öffentlichen Dienstes vom 07.05.1992 mit rückwirkender Gültigkeit zum 01.01.1992.

        

Gemäß den obigen Ausführungen, den Änderungen der Beiträge des deutschen Versicherungsträgers und der Anpassung des BAT am TV-L, gestaltet sich ihr Gehalt wie folgt:

        

…“    

6

Die Klägerin erhielt ab dem 1. Januar 2010 ein Bruttomonatsgehalt von 3.829,39 Euro, ab dem 1. März 2010 ein solches von 3.879,51 Euro. Ab Juni 2010 kürzte die Beklagte das Bruttomonatsgehalt der Klägerin um 379,80 Euro. Anders als in den Vorjahren erhielt die Klägerin im Jahr 2010 keine Jahressonderzahlung in Höhe von 80 % eines Bruttomonatsentgelts.

7

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 hat die Beklagte eine Änderungskündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist ausgesprochen und der Klägerin den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags mit einer Kürzung der monatlichen Bruttobezüge um 329,68 Euro und Einstellung der Jahressonderzahlung angeboten. Außerdem sollen künftig Entgelterhöhungen „nicht automatisch gemäß dem deutschen Tarifvertrag (TV-L) geleistet werden, sondern nach Beschluss Ihres Arbeitgebers, d.h. gemäß der Einkommenspolitik des griechischen Staates“. Über die Wirksamkeit der Änderungskündigung führen die Parteien einen Kündigungsschutzprozess, der noch nicht rechtskräftig entschieden ist.

8

Nachdem sich die Klägerin mit Schreiben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vom 12. Juli 2010 erfolglos gegen die Gehaltskürzung gewandt hatte, hat sie mit der am 28. Januar 2011 eingereichten und der Beklagten am 3. Februar 2011 zugestellten Klage für den Zeitraum Juni bis Dezember 2010 eine monatliche Vergütungsdifferenz von 379,80 Euro brutto sowie eine Jahressonderzahlung in Höhe von 80 % der durchschnittlichen Monatsvergütung verlangt. Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte sei zu einer einseitigen Gehaltskürzung nicht berechtigt.

9

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilten, an die Klägerin 5.722,04 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2011 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie unterliege nicht der deutschen Gerichtsbarkeit. Griechische Gesetze zur Abwendung der Staatsinsolvenz hätten die Gehälter aller Beschäftigten der Beklagten gekürzt. Außerdem handele es sich bei der Jahressonderzahlung um eine freiwillige Leistung, auf die ein Rechtsanspruch nicht bestehe.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen.

13

I. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Klage nicht als unzulässig abgewiesen werden. Die beklagte Republik Griechenland genießt in Bezug auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Staatenimmunität.

14

1. Nach § 20 Abs. 2 GVG iVm. dem als Bundesrecht geltenden Allgemeinen Völkergewohnheitsrecht (Art. 25 GG) sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten insoweit nicht unterworfen, als ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Es ist mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus abgeleiteten Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen, nicht zu vereinbaren, wenn ein deutsches Gericht hoheitliches Handeln eines anderen Staates rechtlich überprüfen würde (vgl. BVerfG 6. Dezember 2006 - 2 BvM 9/03 - zu C II 2 a der Gründe, BVerfGE 117, 141; BAG 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12 - Rn. 14 mwN).

15

a) Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nach der Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt und damit öffentlich-rechtlich oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist. Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist diese Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht des entscheidenden Gerichts zu beurteilen. Stets hoheitlich ist lediglich das staatliche Handeln, das dem Kernbereich der Staatsgewalt zuzurechnen ist. Dazu gehören die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege (BAG 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12 - Rn. 15 f. mwN).

16

b) Geht es - wie hier - um eine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis, kommt es grundsätzlich darauf an, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Natur nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind; entscheidend ist der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit (BAG 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12 - Rn. 17 mwN; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu A I 2 b der Gründe mwN, BAGE 113, 327 -).

17

2. Nach diesen Grundsätzen ist die beklagte Republik Griechenland im Streitfall nicht wegen ihrer Staatenimmunität von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Die Klägerin nimmt als Lehrerin an der Griechischen Schule in B keine hoheitlichen Aufgaben wahr.

18

a) Es kann dahinstehen, ob griechisches Recht die Tätigkeit eines Lehrers an einer Schule in Griechenland als hoheitliche Tätigkeit einstuft. Nach dem für die Beurteilung der Tätigkeit der Klägerin auf deutschem Hoheitsgebiet allein maßgeblichen deutschen Recht nehmen Lehrer nicht schwerpunktmäßig hoheitlich geprägte Aufgaben wahr, deren Ausübung nach Art. 33 Abs. 4 GG regelmäßig Beamten vorbehalten ist(BVerfG 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - zu C I 2 c der Gründe, BVerfGE 119, 247; BAG 14. Februar 2013 - 3 AZB 5/12 - Rn. 20). Innerstaatlich sind auch an öffentlichen Schulen zahlreiche Lehrkräfte im Arbeitsverhältnis tätig. Zudem verrichtet die Klägerin bei der Beklagten die gleiche Tätigkeit, die sie zuvor bei der Griechischen Gemeinde in B, einem privatrechtlichen eingetragenen Verein, innehatte.

19

b) Die Lehrtätigkeit der Klägerin wird nicht deshalb zu einer hoheitlichen Aufgabe, weil die beklagte Republik Griechenland Schulträger ist. Die Griechische Schule in B ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts eine vom Land Nordrhein-Westfalen anerkannte Ergänzungsschule. Als solche unterliegt sie einer in Art. 7 Abs. 1 GG angelegten detaillierten Aufsicht durch den deutschen Staat. Eine anerkannte ausländische Ergänzungsschule iSv. § 118 Abs. 3 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 2005 (fortan: SchulG NRW) erlangt diesen Status erst durch Verleihung des Ministeriums. Träger, Leiterinnen und Leiter sowie Lehrerinnen und Lehrer von Ergänzungsschulen müssen die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit besitzen und Gewähr dafür bieten, dass Unterricht und Erziehung und die dabei verwendeten Lehr- und Lernmittel nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen, § 116 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW. Der obersten Schulaufsichtsbehörde ist jederzeit Einblick in den Betrieb und die Einrichtungen der Schule zu geben sowie die angeforderten Auskünfte zu erteilen und Nachweise zu erbringen, § 116 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW. Zudem kann die oberste Schulaufsichtsbehörde Errichtung oder Fortführung einer Ergänzungsschule unter bestimmten Voraussetzungen untersagen, § 117 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW.

20

Diese Vorgaben des deutschen nationalen Rechts schließen es aus, das Betreiben der Griechischen Schule in B und die Tätigkeit der dort unterrichtenden angestellten Lehrkräfte dem hoheitlichen Handeln der Beklagten zuzuordnen.

21

II. Andere Zulässigkeitshindernisse bestehen - auch nach dem Vorbringen der Beklagten - nicht. Insbesondere sind die deutschen Gerichte international zuständig nach Art. 18 Abs. 1, Art. 19 Nr. 2 a) Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Gewöhnlicher Arbeitsort der Klägerin ist B. Der für die Anwendung der EuGVVO erforderliche Auslandsbezug (vgl. dazu EuGH 17. November 2011 - C-327/10 - [Lindner] Rn. 29; BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 21) ergibt sich daraus, dass die Beklagte ein ausländischer Staat ohne „Sitz“ im Inland ist.

22

III. Ob die Klage begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Für das erneute Berufungsverfahren beschränkt sich der Senat auf folgende Hinweise:

23

1. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass auf das Arbeitsverhältnis deutsches Recht Anwendung findet. Das folgt allerdings entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts nicht aus Art. 8 VO (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I). Nach ihrem Art. 28 wird die Verordnung erst auf Verträge angewandt, die ab dem 17. Dezember 2009 geschlossen worden sind. Im Streitfall ist das anwendbare Recht deshalb noch nach den Art. 27 ff. EGBGB zu ermitteln.

24

Nach Art. 27 Abs. 1 EGBGB unterliegt ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Ist die Rechtswahl nicht ausdrücklich erfolgt, muss sie sich mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrags oder aus den Umständen des Einzelfalls ergeben. Das ist vorliegend der Fall. Die Parteien haben ihr Arbeitsverhältnis deutschen Tarifverträgen unterstellt und einen Gerichtsstand in Deutschland vereinbart (vgl. BAG 12. Dezember 2001 - 5 AZR 255/00 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 100, 130; 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09 - Rn. 28). Die konkludent getroffene Rechtswahl entspricht auch den Anforderungen des Art. 30 EGBGB. Danach unterliegt ein Arbeitsverhältnis dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Arbeitsvertrags gewöhnlich seine Arbeiten verrichtet (Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB). Arbeitsort der Klägerin ist ausschließlich die Griechische Schule in B.

25

2. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb zunächst zu prüfen haben, ob nach dem anzuwendenden deutschen materiellen Arbeitsrecht und den noch im Einzelnen festzustellenden, im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Maßnahme geltenden arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Beklagte das Gehalt der Klägerin einseitig kürzen, insbesondere die Jahressonderzahlung widerrufen durfte.

26

3. Darüber hinaus wird das Landesarbeitsgericht - ggf. nach vertiefendem Sachvortrag der Parteien und unter Zuhilfenahme eines völker- und staatsrechtlichen Rechtsgutachtens - der Frage nachgehen müssen, welche Rechtsqualität die im bisherigen Prozessverlauf nicht vorgelegten griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 haben und ob diese die Republik Griechenland angesichts der drohenden Staatsinsolvenz und den Auflagen der Troika völkerrechtlich berechtigen, unmittelbar korrigierend auch in solche Arbeitsverhältnisse einzugreifen, die außerhalb ihres Staatsgebiets vollzogen werden.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    R. Rehwald    

        

    E. Bürger    

                 
11
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Klage ist schon deswegen unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist. Ihr steht der von Amts wegen zu prüfende (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1977 - 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342, 359) Grundsatz der Staatenimmunität entgegen (§ 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG). Die Frage, ob die Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität eröffnet ist und sich das nationale Gericht mit einer Klage gegen einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befassen darf, ist vor der Ermittlung der internationalen Zuständigkeit zu prüfen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 20. Dezember 2011 - 8 Ta 393/11 - aufgehoben. Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 2. November 2011 - 35 Ca 17879/09 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte nach dem „Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer“ (im Folgenden: DBA Griechenland) berechtigt ist, von der Vergütung des Klägers einen pauschalen Steuerabzug von 5 % vorzunehmen.

2

Der Kläger steht seit dem 22. September 1989 als Lehrkraft für die Privaten Volksschulen der Republik Griechenland in München und im Landkreis Dachau in den Diensten der beklagten Republik Griechenland. In dem zwischen dem Griechischen Generalkonsulat als Träger der Privaten Volksschulen der Republik Griechenland in München und im Landkreis Dachau und dem Kläger am 1. Juli 1994 geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es ua.:

        

„Art. 2

        

Auf das Arbeitsverhältnis finden, soweit nichts anderes vereinbart wurde, der Bundesangestellten-Tarif-Vertrag (BAT) und die Sonderregelung SR 2 l BAT in ihren jeweils gültigen Fassungen analoge Anwendung.

        

…       

        

Art. 6

        

…       

        

Die Vergütung wird unter Ausschluss des BAT und entsprechend der seitens der Regierung von Oberbayern erfolgten Eingruppierung wie folgt gewährt:

        

….    

        

Art. 8

        

An die Lehrkraft wird ausserdem auch der Arbeitgeberanteil (d.h. 50% des Gesamtbetrages) für die gesetzliche Kranken- Renten- und Arbeitslosenversicherung gezahlt. Dieser Betrag wird ihr erst nach Vorlage einer amtlichen Bescheinigung des jeweiligen öffentlichen Trägers über die Höhe der zu entrichtenden Beiträge ausgezahlt.

        

Wegen des exterritorialen Status des Arbeitgebers, verpflichtet sich hiermit die Lehrkraft, die volle Höhe der Sozialversicherungsbeiträge sosie auch die Lohn- und Kirchensteuer an die zuständigen deutschen Behörden bzw. Anstalten selbst abzuführen und zwar unverzüglich. Ein Verstoss hiergegen berechtigt den Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Andere Leistungen bzw. Gratifikationen erfolgen nicht.

        

...“   

3

Bei den Privaten Volksschulen der Republik Griechenland in München und im Landkreis Dachau handelt es sich um refinanzierte Privatschulen. Die Vergütung, die dem Kläger von der Beklagten gezahlt wird, stammt zu 100 % aus Mitteln des Freistaates Bayern.

4

Mit Schreiben vom 24. Januar 2002 teilte das Griechische Generalkonsulat München dem Kläger mit:

        

„…, dass ab 01.02.2002 im Auftrag und Interesse des griechischen Staates ein Prozentsatz von 5%, bezogen auf Ihr monatliches Bruttoeinkommen, als Steuer einbehalten wird. Dieser Abzug erfolgt für die monatlichen Einkommen rückwirkend vom September 2001.“

5

Im Jahr 2002 behielt die Beklagte von der Vergütung des Klägers einen Betrag iHv. 2.045,89 Euro brutto, im Jahr 2003 einen Betrag iHv. 1.965,98 Euro brutto, im Jahr 2004 einen solchen iHv. 2.048,65 Euro, im Jahr 2005 einen Betrag iHv. 2.290,43 Euro brutto, im Jahr 2006 2.321,62 Euro brutto, im Jahr 2007 2.280,20 Euro, im Jahr 2008 einen Betrag iHv. 2.245,47 Euro brutto, im Jahr 2009 einen solchen iHv. 2.371,91 Euro brutto und im Jahr 2010 einen Betrag iHv. 4.324,36 Euro brutto ein.

6

Der Kläger verlangte von der Beklagten die Zahlung der aus seiner Sicht zu Unrecht einbehaltenen Vergütung für die Jahre 2002 bis 2010 sowie Auskunftserteilung. Im Gütetermin vom 25. Mai 2011 verkündete das Arbeitsgericht gegen die nicht erschienene Beklagte ein Versäumnisteilurteil, mit welchem es dem Kläger antragsgemäß rückständige Vergütung für die Jahre 2002 bis 2009 zusprach und die Beklagte verurteilte, dem Kläger Auskunft über die einbehaltene Vergütung für das Jahr 2009 durch Vorlage einer ordnungsgemäßen Lohnabrechnung zu erteilen. Zudem wurde die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, entgegen der schriftlichen Anweisung des griechischen Wirtschaftsministeriums vom 24. Oktober 2002 auch weiterhin 5 % des Arbeitslohnes des Klägers einzubehalten. Das Versäumnisteilurteil wurde der Beklagten am 8. Juni 2011 zugestellt. Dagegen legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 1. Juni 2011 Einspruch ein.

7

Am 16. Juni 2011 wurde dem Kläger eine vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisteilurteils erteilt.

8

Mit Schriftsatz vom 28. September 2011, der am selben Tag beim Arbeitsgericht einging, legte die Beklagte Erinnerung gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ein. Der Rechtspfleger half der Erinnerung nicht ab und legte sie der zuständigen Richterin zur Entscheidung vor. Diese wies die Erinnerung der Beklagten mit Beschluss vom 2. November 2011 zurück. Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 8. November 2011 zugestellt. Hiergegen legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 9. November 2011, der am 10. November 2011 beim Arbeitsgericht einging, sofortige Beschwerde ein. Dieser half das Arbeitsgericht nicht ab und legte sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor. Das Landesarbeitsgericht änderte den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 2. November 2011 ab und entschied, dass das Arbeitsgericht die vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisteilurteils zu Unrecht erteilt habe und die Zwangsvollstreckung hieraus unzulässig sei. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

9

II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 2. November 2011, mit dem dieses die Erinnerung der Beklagten gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel zum Versäumnisteilurteil zurückgewiesen hat. Die Erinnerung der Beklagten gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Vollstreckungsklausel zu Recht erteilt.

10

1. Die Voraussetzungen des § 724 Abs. 1 ZPO für die Erteilung der Vollstreckungsklausel lagen vor. Das Versäumnisteilurteil des Arbeitsgerichts vom 25. Mai 2011 ist ein Vollstreckungstitel iSd. § 724 Abs. 1 ZPO.

11

2. Es kann dahinstehen, ob Urteile gegen Personen, die der deutschen Gerichtsbarkeit nicht unterliegen, nichtig und damit wirkungslos (so die hM, vgl. etwa BayObLG 30. September 1971 - I Z 42/71 - zu II 1 a der Gründe, FamRZ 1972, 212; OLG München 27. August 1971 - 2 W 1284/71 - zu II 1 der Gründe, FamRZ 1972, 210; MünchKommZPO/Zimmermann 3. Aufl. § 18 GVG Rn. 5; Zöller/Lückemann ZPO 29. Aufl. Vor §§ 18-20 GVG Rn. 3; Zöller/Stöber ZPO § 732 Rn. 6; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 33. Aufl. Vorbem § 300 Rn. 15; Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 19 Rn. 15; Kegel/Schurig Internationales Privatrecht 9. Aufl. S. 1047; ausdrücklich offengelassen BGH 28. Mai 2003 - IXa ZB 19/03 - zu II 2 der Gründe, NJW-RR 2003, 1218; unklar BGH 9. Juli 2009 - III ZR 46/08 - Rn. 20, BGHZ 182, 10) oder ob sie lediglich anfechtbar sind (so zB Schlosser ZZP Bd. 79 [1966], 164, 171, 178; Stein/Jonas/Grunsky ZPO 21. Aufl. vor § 578 Rn. 10; Geimer Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. Rn. 528). Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist diese in dem mit dem Kläger geführten Rechtsstreit nicht nach § 20 Abs. 2 GVG von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Ihre hoheitliche Tätigkeit wird von dem Rechtsstreit nicht betroffen.

12

a) Grundsätzlich unterliegen ungeachtet der jeweiligen Staatsangehörigkeit alle sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhaltenden Personen uneingeschränkt der den deutschen Gerichten übertragenen Rechtsprechungshoheit (BAG 22. August 2012 - 5 AZR 949/11 - Rn. 8); allerdings sind nach den §§ 18 bis 20 GVG bestimmte Personen und Organisationen von der deutschen Gerichtsbarkeit ausgenommen.

13

b) Nach der hier allein in Betracht kommenden Bestimmung in § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf Personen, die gemäß den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

14

aa) Soweit im Völkerrecht in einem allgemeinen Sinne von Staatenimmunität die Rede ist, bezieht sich diese auf den völkerrechtlich anerkannten Grundsatz, dass ein Staat nicht fremdstaatlicher nationaler Gerichtsbarkeit unterworfen ist. Allerdings gibt es keine allgemeine Regel des Völkerrechts, dass ein Staat Immunität auch für nicht-hoheitliches Handeln genießt (BVerfG 6. Dezember 2006 - 2 BvM 9/03 - Rn. 34, BVerfGE 117, 141; BAG 23. November 2000 - 2 AZR 490/99 - zu II 3 b der Gründe mwN, AP GVG § 20 Nr. 2 = EzA GVG § 20 Nr. 3). Demzufolge sind nach dem als Bundesrecht iSv. Art. 25 GG geltenden allgemeinen Völkergewohnheitsrecht Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nur insoweit nicht unterworfen, als ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Andernfalls könnte die rechtliche Prüfung durch die Gerichte eine Beurteilung des hoheitlichen Handelns erfordern, was mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem daraus folgenden Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen (BVerfG 6. Dezember 2006 - 2 BvM 9/03 - aaO), nicht vereinbar wäre (vgl. BAG 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09  - Rn. 11, AP GG Art. 25 Nr. 5 = EzA GVG § 20 Nr. 5; 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu A I 2 a der Gründe, BAGE 113, 327; 16. Mai 2002 -  2 AZR 688/00  - zu II 1 der Gründe, AP GVG § 20 Nr. 3; 23. November 2000 - 2 AZR 490/99 - aaO; Schack Internationales Zivilverfahrensrecht 5. Aufl. Rn. 172 ff.).

15

bb) Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nicht nach deren Motiv oder Zweck; sie kann auch nicht danach vorgenommen werden, ob die Betätigung in erkennbarem Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben des Staates steht. Dies folgt daraus, dass die Tätigkeit eines Staates, wenn auch nicht insgesamt, aber doch zum weitaus größten Teil hoheitlichen Zwecken und Aufgaben dient und mit ihnen in einem erkennbaren Zusammenhang steht. Maßgebend für die Unterscheidung ist vielmehr die Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt und damit öffentlich-rechtlich oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist (BVerfG 30. April 1963 - 2 BvM 1/62 - zu C II 2 der Gründe, BVerfGE 16, 27). Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist die Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht des entscheidenden Gerichts zu beurteilen (30. April 1963 - 2 BvM 1/62 - zu C II 3 der Gründe, aaO; BAG 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09 - Rn. 12 mwN, AP GG Art. 25 Nr. 5 = EzA GVG § 20 Nr. 5).

16

Allerdings kann es ausnahmsweise völkerrechtlich geboten sein, die Betätigung eines ausländischen Staates als hoheitlich zu qualifizieren, obwohl sie nach nationalem Recht als privatrechtliche und nicht als öffentlich-rechtliche Betätigung anzusehen wäre. Dies ist der Fall, wenn sie dem Kernbereich der Staatsgewalt zuzurechnen ist. Zum Kernbereich hoheitlicher Tätigkeit gehören nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lediglich die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege (30. April 1963 - 2 BvM 1/62 - zu C II 4 der Gründe, BVerfGE 16, 27).

17

Geht es - wie hier - um eine Streitigkeit aus einem (privatrechtlichen) Arbeitsverhältnis, kommt es grundsätzlich darauf an, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Natur nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind; entscheidend ist der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit (vgl. BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu A I 2 b der Gründe, BAGE 113, 327; 23. November 2000 - 2 AZR 490/99 - zu II 3 b der Gründe, AP GVG § 20 Nr. 2 = EzA GVG § 20 Nr. 3; 20. November 1997 - 2 AZR 631/96 - zu II 1 der Gründe, BAGE 87, 144). Betraut ein ausländischer Staat einen Arbeitnehmer mit hoheitlichen Aufgaben, so handelt er selbst in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt.

18

cc) Danach ist die beklagte Republik Griechenland im vorliegenden Rechtsstreit nicht gemäß § 20 Abs. 2 GVG von der deutschen Gerichtsbarkeit ausgenommen. Der Kläger nimmt als Lehrer an den Privaten Volksschulen der Republik Griechenland in München und im Landkreis Dachau keine Tätigkeiten wahr, die mit der Ausübung der Souveränität der beklagten Republik Griechenland iSd. allgemeinen Regeln des Völkerrechts in Zusammenhang stehen. Die beklagte Republik Griechenland übt im Rahmen des mit dem Kläger bestehenden Arbeitsverhältnisses keine originär hoheitlichen Tätigkeiten aus. Der Kläger wirkt im Rahmen seiner Aufgaben nicht an der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt der beklagten Republik Griechenland mit. Die Beklagte ist auch nicht deshalb von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit, weil die Parteien darüber streiten, ob die Beklagte berechtigt ist, vom Einkommen des Klägers Steuern einzubehalten.

19

(1) Es kann dahinstehen, ob das innerstaatliche Recht der Beklagten die Tätigkeit eines Lehrers an einer Schule als hoheitliche Tätigkeit einstuft. Hierfür könnte sprechen, dass die Bildung nach Art. 16 Abs. 2 der griechischen Verfassung von 1975 idF vom 16. April 2001 (im Folgenden: griechische Verfassung) eine Grundaufgabe des Staates darstellt, nach Art. 16 Abs. 3 der griechischen Verfassung eine neunjährige Schulpflicht besteht und die Bildung nach Art. 16 Abs. 4 der griechischen Verfassung in all ihren Stufen in den staatlichen Einrichtungen kostenlos sein muss. Nach dem für die Beurteilung der Immunität allein maßgeblichen deutschen Recht ist die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit einem privaten Arbeitgeber gleichgestellt.

20

(a) Nach Art. 33 Abs. 4 GG ist die Ausübung hoheitlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, mithin einem Beamtenverhältnis(vgl. Kunig in von Münch/Kunig GG 6. Aufl. Art. 33 Rn. 39), und nicht in einem privatrechtlichen Angestelltenverhältnis stehen. Dieser Vorbehalt zugunsten des Beamtenverhältnisses greift für Lehrer an öffentlichen Schulen nicht. Lehrer nehmen nicht schwerpunktmäßig hoheitlich geprägte Aufgaben wahr, die der besonderen Absicherung durch den Beamtenstatus bedürften (BVerfG 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - Rn. 65, BVerfGE 119, 247). Der Dienstherr hat deshalb die Möglichkeit, Lehrer im Angestelltenverhältnis zu beschäftigen.

21

(b) Bei den Privaten Volksschulen in München und im Landkreis Dachau, an denen der Kläger als Lehrer tätig ist, handelt es sich zudem gemäß Art. 31 Abs. 1 iVm. Art. 7 Abs. 2 BaySchFG um refinanzierte Ersatzschulen iSd. Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG, die einer besonders ausgestalteten Aufsicht durch den deutschen Staat unterliegen.

22

(aa) Nach Art. 7 Abs. 1 GG obliegt die Aufsicht über das gesamte Schulwesen und damit auch über das verfassungsrechtlich durch Art. 7 Abs. 4 GG geschützte Privatschulwesen dem deutschen Staat(vgl. VGH Baden-Württemberg 17. Oktober 2012 - 9 S 1200/11 - Rn. 24; Robbers in v. Mangoldt/Klein/Starck GG 5. Aufl. Art. 7 Abs. 1 Rn. 66; Boysen in von Münch/Kunig GG Art. 7 Rn. 50). Die Reichweite der staatlichen Aufsicht ist zwar durch die besondere Freiheitsgewährung des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG ihrerseits eingeschränkt(vgl. Robbers in v. Mangoldt/Klein/Starck GG Art. 7 Abs. 4 Rn. 204). Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet unter den dort genannten Voraussetzungen unter Absage an ein staatliches Schulmonopol die Freiheit, Privatschulen zu errichten. Kennzeichnend für die Privatschule ist ein Unterricht eigener Prägung, insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und die Lehrinhalte. Allerdings ist das Recht zur Errichtung von Ersatzschulen durch den Vorbehalt staatlicher Genehmigung beschränkt (vgl. BVerfG 8. Juni 2011 - 1 BvR 759/08, 1 BvR 71 BvR 733/09 - Rn. 15, BVerfGK 18, 469). Nach Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG bedürfen private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen der Genehmigung des Staates, sie unterstehen zudem den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Privatschulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG schützt die Vielfalt der Formen und Inhalte, in denen Schule sich darstellen kann; das Genehmigungserfordernis hat den Sinn, die Allgemeinheit vor unzureichenden Bildungseinrichtungen zu schützen (vgl. BVerfG 8. Juni 2011 - 1 BvR 759/08, 1 BvR 733/09 - aaO).

23

Dementsprechend bestimmt Art. 92 Abs. 1 BayEUG, dass Ersatzschulen, dh. private Schulen, die in ihren Bildungs- und Erziehungszielen öffentlichen im Freistaat Bayern vorhandenen oder vorgesehenen Schulen entsprechen (Art. 91 BayEUG),nur mit staatlicher Genehmigung errichtet und betrieben werden dürfen. Nach Art. 92 Abs. 2 BayEUG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn derjenige, der eine Ersatzschule errichten, betreiben oder leiten will, die Gewähr dafür bietet, dass er nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt, die Ersatzschule in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung ihrer Lehrkräfte hinter den öffentlichen Schulen nicht zurücksteht, eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird und die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert ist. Dabei ist nach Art. 97 Abs. 1 BayEUG die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte an einer Ersatzschule nur dann genügend gesichert, wenn über das Anstellungsverhältnis ein schriftlicher oder(unter Verwendung einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur) elektronischer Vertrag abgeschlossen ist, in dem klare Kündigungsbedingungen, der Anspruch auf Urlaub und die regelmäßige Pflichtstundenzahl festgelegt sind, die Gehälter und Vergütungen bei entsprechenden Anforderungen hinter den Gehältern der Lehrkräfte an vergleichbaren öffentlichen Schulen nicht wesentlich zurückbleiben und in regelmäßigen Zeitabschnitten gezahlt werden und für die Lehrkräfte eine Anwartschaft auf Versorgung erworben wird, die wenigstens den Bestimmungen der Angestelltenversicherung entspricht.

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(bb) Aufgrund dieser Vorgaben des deutschen nationalen Rechts kann die beklagte Republik Griechenland ihren durch Art. 16 Abs. 2 der griechischen Verfassung zugewiesenen Bildungsauftrag nicht autonom, sondern von vornherein nur im Rahmen der Beschränkungen des Art. 7 Abs. 4 GG wahrnehmen. Insbesondere ist sie in der Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse der Lehrkräfte nicht frei.

25

(2) Eine Immunität der Beklagten folgt auch nicht daraus, dass die Parteien über die Frage streiten, ob die Beklagte nach dem DBA Griechenland berechtigt war, von der Vergütung des Klägers einen pauschalen Steuerabzug von 5 % vorzunehmen.

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(a) Es kann dahinstehen, ob auch das Steuerrecht eines ausländischen Staates dem Kernbereich der Staatsgewalt zuzurechnen ist (so BAG 4. Mai 1983 - 5 AZR 613/80 - zu III 3 der Gründe). Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind nicht die Auswirkungen des griechischen Steuerrechts auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der beklagten Republik Griechenland. Die Parteien streiten nicht darüber, ob und in welcher Höhe der beklagten Republik Griechenland nach griechischem Steuerrecht Steuern aus dem Einkommen des Klägers zustehen. Der Kläger, der nach Art. 8 seines Arbeitsvertrags wegen des exterritorialen Status seiner Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Lohn- und Kirchensteuer an die zuständigen deutschen Behörden oder Anstalten selbst abzuführen und nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung mithin der deutschen Steuerhoheit unterfällt, macht vielmehr ausschließlich geltend, dass der im Interesse des griechischen Staates erfolgte Einbehalt von 5 % seines Bruttoeinkommens zu einer nach dem DBA Griechenland unzulässigen Doppelbesteuerung führt. In diesem Zusammenhang vertritt der Kläger die Auffassung, seine Vergütung sei nach Art. XI DBA Griechenland, Art. 8 des Arbeitsvertrags sowie nach der schriftlichen Anweisung des griechischen Wirtschaftsministeriums vom 24. Oktober 2002 in der Bundesrepublik Deutschland zu besteuern; demgegenüber beruft sich die beklagte Republik Griechenland darauf, das Einkommen des Klägers sei nach Art. X DBA Griechenland in der Republik Griechenland zu besteuern.

27

(b) Für Streitigkeiten über eine unzulässige Doppelbesteuerung sieht Art. XX DBA Griechenland ein Verständigungsverfahren vor. Weist eine in einem Vertragstaat ansässige Person nach, dass Maßnahmen der Steuerbehörden der Vertragstaaten eine diesem Abkommen widersprechende Doppelbesteuerung bewirkt haben oder bewirken werden, so kann sie ihren Fall dem Staat, in dem sie ansässig ist, unterbreiten. Werden ihre Einwendungen als begründet erachtet, so wird sich die zuständige Behörde des angerufenen Staates mit der zuständigen Behörde des anderen Staates über die Vermeidung der Doppelbesteuerung zu verständigen suchen, Art. XX Abs. 1 DBA Griechenland. Damit sind nach Art. XX Abs. 1 DBA Griechenland Streitigkeiten über eine unzulässige Doppelbesteuerung stets in dem Staat zu klären, in dem die betroffene Person ansässig ist. Dies ist hier die Bundesrepublik Deutschland. Damit verbleibt es bei der deutschen Gerichtsbarkeit.

28

dd) Der Senat hatte nicht darüber zu entscheiden, ob die Arbeitsgerichtsbarkeit im vorliegenden Verfahren sachlich zuständig ist. Ebenso hatte er nicht darüber zu befinden, ob der Kläger sein Begehren auf Unterlassung einer aus seiner Sicht unzulässigen Doppelbesteuerung mit einer Klage auf Zahlung ausstehender Vergütung überhaupt zulässigerweise verfolgen kann. Dies ist zweifelhaft, da Art. XX Abs. 1 DBA Griechenland für Streitigkeiten über eine unzulässige Doppelbesteuerung ausdrücklich das dort vereinbarte Verfahren vorsieht.

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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

        

        

        

                 
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Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Klage ist schon deswegen unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist. Ihr steht der von Amts wegen zu prüfende (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1977 - 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342, 359) Grundsatz der Staatenimmunität entgegen (§ 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG). Die Frage, ob die Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität eröffnet ist und sich das nationale Gericht mit einer Klage gegen einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befassen darf, ist vor der Ermittlung der internationalen Zuständigkeit zu prüfen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

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Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Klage ist schon deswegen unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist. Ihr steht der von Amts wegen zu prüfende (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1977 - 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342, 359) Grundsatz der Staatenimmunität entgegen (§ 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG). Die Frage, ob die Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität eröffnet ist und sich das nationale Gericht mit einer Klage gegen einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befassen darf, ist vor der Ermittlung der internationalen Zuständigkeit zu prüfen.
21
Denn in der Sache besagt dieser Ansatz nichts anderes, als dass dadurch das völkergewohnheitsrechtliche Institut des Notstands für den Sonderfall der Zahlungsunfähigkeit in Voraussetzungen und Rechtsfolgen konkretisiert wird. Im Kern beinhaltet er damit die Behauptung eines von der Staatengemeinschaft anerkannten Insolvenzrechts der Staaten. Ein solches besteht indes unzweifelhaft nicht. Nach den Regeln des Völkerrechts kann ein Staat die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche gegenüber Privatpersonen nicht unter Berufung auf einen wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand verweigern (vgl. BVerfGE 118, 124; BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZR 343/06, juris).
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Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Klage ist schon deswegen unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist. Ihr steht der von Amts wegen zu prüfende (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1977 - 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342, 359) Grundsatz der Staatenimmunität entgegen (§ 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG). Die Frage, ob die Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität eröffnet ist und sich das nationale Gericht mit einer Klage gegen einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befassen darf, ist vor der Ermittlung der internationalen Zuständigkeit zu prüfen.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 474/02 Verkündet am:
16. Dezember 2003
Weber
Justizhauptsektretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
ZPO § 513 Abs. 2; EuGVÜ Art. 5 Nr. 1

a) Die Berufung kann auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des
Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) darauf gestützt werden, daß
das Gericht des ersten Rechtszuges seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht
angenommen hat.

b) Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ begründet für die Klage aus einem Scheck, der zur
Begleichung einer Kaufpreisschuld hingegeben wurde, keinen Gerichtsstand
am Erfüllungsort der Kaufpreisforderung.
BGH, Urteil vom 16. Dezember 2003 - XI ZR 474/02 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 16. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe und die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und
Dr. Appl

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. November 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die B. Gerüstbau (im folgenden: Verkäuferin) verkaufte der Beklagten , die ihren Sitz in der Gemeinde K. in Österreich hat, gebrauchtes Gerüstbaumaterial zum Preis von 220.000 DM. Die Beklagte holte einen Teil der Ware in der Niederlassung der Verkäuferin in M. ab und zahlte 120.000 DM. Über den Restbetrag von 100.000 DM stellte sie an ihrem Geschäftssitz am 18. September 2001 auf Bitte der Verkäuferin einen auf die Bank ... in G. /Österreich gezogenen Scheck für die Klägerin als Zahlungsempfängerin aus. Die Verkäuferin hatte dieser den Restkaufpreisanspruch abgetreten. Der Scheck wurde von der bezogenen Bank bei Vorlage nicht eingelöst.

Die Klägerin hat die Beklagte im Scheckprozeß auf Zahlung von 100.208,24 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Beklagte hat gerügt, daß das angerufene Landgericht Duisburg international nicht zuständig sei. Zur Zahlung der Schecksumme sei sie nicht verpflichtet, da das verkaufte Gerüstbaumaterial Mängel aufweise.
Das Landgericht hat der Klage durch Scheckvorbehaltsurteil stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin nach einem gerichtlichen Hinweis auf die Unzuständigkeit der deutschen Gerichte für die Scheckklage die Abstandnahme vom Urkundenprozeß erklärt, ihre Klage auf den Anspruch aus dem Kaufvertrag gestützt und die Scheckklage nur für den Fall weiterverfolgt, daß das Berufungsgericht die Abstandnahme nicht zulasse. Die Beklagte hat dem widersprochen. Das Oberlandesgericht hat den Übergang in das ordentliche Verfahren sowie die Klageänderung nicht zugelassen und die Scheckklage als unzulässig abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht, dessen Urteil in IHR 2003, 81 ff. veröffent- licht ist, hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die im Scheckprozeß erhobene Klage sei unzulässig, da den deutschen Gerichten die internationale Zuständigkeit fehle. Die Neufassung des § 513 Abs. 2 ZPO durch die am 1. Januar 2002 in Kraft getretene ZPO-Reform stehe einer Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts nicht entgegen. Zwar könne die Berufung danach nicht darauf gestützt werden, daß das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe. Dies umfasse dem Wortlaut nach auch die Rüge der internationalen Zuständigkeit. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich indes nicht, daß der Gesetzgeber die Frage der Kontrolle der internationalen Zuständigkeit im zweiten Rechtszug geprüft und entschieden habe.
Nach Art. 2 EuGVÜ sei die Beklagte grundsätzlich an ihrem Sitz in Österreich zu verklagen. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich nicht aus der allein in Betracht kommenden Ausnahmeregelung des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. Danach könne eine Person, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bildeten, vor dem Gericht des Erfüllungsortes verklagt werden. Streitgegenstand sei ein Anspruch aus einem Scheckbegebungsvertrag , der in Österreich zu erfüllen sei. Der Erfüllungsort bestimme sich nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit der Sache befaßten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich sei. Art. 63 ScheckG unterstelle die Wirkungen der Scheckerklärungen dem
Recht des Landes, in dessen Gebiet die Erklärungen unterschrieben worden seien, d.h. hier Österreich. Nach Art. 2 Abs. 2 des österreichischen Scheckgesetzes gelte mangels besonderer Angabe der bei dem Namen des Bezogenen angegebene Ort G. /Österreich als Zahlungsort.
Die Klägerin könne ihren Klageantrag im Berufungsverfahren nicht durch Übergang in das ordentliche Verfahren und Klageänderung auf Ansprüche aus dem Kaufvertrag stützen. Die Regelung des § 596 ZPO, die ein Abstehen von dem Urkundenprozeß bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erlaube, betreffe nach Inkrafttreten der ZPO-Reform jedenfalls nicht mehr das Verfahren im Scheckprozeß in zweiter Instanz. Das Berufungsverfahren wiederhole nicht die Tatsacheninstanz, sondern diene der Fehlerkontrolle und -beseitigung. Wechsele der Kläger die Prozeßart und stütze er sich auf Ansprüche aus dem Grundgeschäft, so verändere er den Streitgegenstand. Bei Zulassung einer solchen Abstandnahme müsse das Berufungsgericht sich mit Anspruchsgründen und Einwendungen sowie Einreden befassen, die gegenüber dem zuoder aberkannten Scheckanspruch des erstinstanzlichen Urteils einen völlig neuen Streitstoff einführten, für den das Ergebnis der bisherigen Prozeßführung nicht verwertet werden könne. Sinn und Zweck der Beschränkung des Tatsachenstoffs (§ 529 ZPO) und der Novenbeschränkung nach § 531 Abs. 2 ZPO ließen dies nicht zu.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
1. Das Berufungsgericht ist mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die von der Klägerin im Scheckprozeß erhobene Klage unzulässig ist. Obwohl das Landgericht seine Zuständigkeit angenommen hatte, war das Berufungsgericht zur Prüfung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte befugt. Diese ist nicht gegeben.

a) Da die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht nach dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde, gelten sowohl für die Berufung als auch für die Revision die Regelungen der Zivilprozeßordnung in der seit dem 1. Januar 2002 gültigen Fassung (vgl. § 26 Nr. 5 und 7 EGZPO). Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, ist das Revisionsgericht auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) befugt, die internationale Zuständigkeit zu prüfen (BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 203/02, WM 2003, 1542, 1543).

b) Dies gilt auch für das Berufungsgericht. Die Vorschrift des § 513 Abs. 2 ZPO, nach der die Berufung nicht darauf gestützt werden kann, daß das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat, bezieht sich - wie § 545 Abs. 2 ZPO im Revisionsverfahren - nicht auf die internationale Zuständigkeit (OLG Celle ZIP 2002, 2168, 2170; Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht 4. Aufl. Rdn. 1009 und 1855; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 24. Aufl. § 513 Rdn. 8; Albers, in:
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 62. Aufl. § 513 Rdn. 5; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 513 Rdn. 3; a.A. OLG Stuttgart MDR 2003, 350 f.; MünchKomm/Rimmelspacher, ZPO 2. Aufl. Aktualisierungsbd. § 513 Rdn. 16; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 513 Rdn. 7). Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses war anerkannt, daß die internationale Zuständigkeit in jedem Verfahrensabschnitt von Amts wegen zu prüfen war (BGHZ 44, 46 ff.; 115, 90, 91; 134, 127, 129 f.; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - IX ZR 196/97, WM 1999, 226, 227). Weder dem Wortlaut des § 513 Abs. 2 ZPO noch der Gesetzesbegründung ist in hinreichender Weise zu entnehmen, daß der Gesetzgeber daran etwas ändern wollte.
Das Gesetz stellt darauf ab, daß das Gericht des ersten Rechtszugs "seine" Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Dieser Wortlaut läßt sich auch dahin verstehen, daß unter diesen Voraussetzungen nur die Zuständigkeitsverteilung unter den deutschen Gerichten, nicht aber diejenige zwischen den deutschen und den ausländischen Gerichten einer Nachprüfung durch das Berufungsgericht entzogen ist (vgl. BGHZ 153, 82, 85 zu § 545 Abs. 2 ZPO).
Nach der Gesetzesbegründung sollen durch § 513 Abs. 2 ZPO im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung der Berufungsgerichte Rechtsmittelstreitigkeiten vermieden werden, die allein auf die Frage der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts gestützt werden. Die von diesem geleistete Sacharbeit solle nicht wegen fehlender Zuständigkeit hinfällig werden (BT-Drucks. 14/4722, S. 94). Diese Hinweise sind zu allgemein, als daß angenommen werden könnte, der Gesetzgeber habe die internationale Zuständigkeit ebenso wie die Zustän-
digkeitsverteilung unter den - unterstelltermaßen gleichwertigen (BGHZ 44, 46, 49) - innerstaatlichen Gerichten teilweise der Nachprüfung im Berufungsverfahren entziehen wollen (vgl. BGHZ 153, 82, 86). Die internationale Zuständigkeit hat ein ungleich höheres Gewicht als die örtliche, sachliche oder funktionelle Zuständigkeit. Sie betrifft die Abgrenzung zu den Souveränitätsrechten anderer Staaten und sie entscheidet über das internationale Privatrecht - und damit nicht selten mittelbar über das materielle Recht - sowie das Verfahrensrecht, das Anwendung findet. Die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit kann demgemäß im Gegensatz zu der Zuständigkeitsabgrenzung unter den deutschen Gerichten die sachliche Entscheidung des Prozesses vorwegnehmen (BGHZ 44, 46, 50; 153, 82, 86).

c) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist für die von der Klägerin im Scheckprozeß erhobene Klage nicht gegeben.
aa) Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte mit Recht nach dem Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) beurteilt, das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich anwendbar ist. Die Vorschriften der Verordnung 44/2001 vom 22. Dezember 2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) sind nur auf solche Klagen anwendbar, die nach deren Inkrafttreten am 1. März 2002 erhoben worden sind (Art. 66 Abs. 1, Art. 76 Abs. 1 EuGVVO). Die Klage im Scheckprozeß ist der Beklagten jedoch bereits im November 2001 zugestellt worden.

bb) Nach Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ können Personen, die ihren Wohn- sitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, grundsätzlich nur vor den Gerichten dieses Staats verklagt werden. Der Sitz von Gesellschaften und juristischen Personen steht dabei dem Wohnsitz gleich (Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ). Die Beklagte hat ihren Sitz in dem Vertragsstaat Österreich. Die Gerichte eines anderen Vertragsstaats sind gemäß Art. 3 EuGVÜ international nur zuständig, soweit das Übereinkommen Ausnahmen regelt. Aus den Zuständigkeitsbestimmungen der Zivilprozeßordnung, insbesondere aus § 23 ZPO, dessen Anwendung in Art. 3 Abs. 2 EuGVÜ ausdrücklich ausgeschlossen ist, kann die Zulässigkeit der Klage daher entgegen der von der Klägerin zunächst vertretenen Ansicht nicht hergeleitet werden.
cc) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist nicht durch rügelose Einlassung der Beklagten gemäß Art. 18 EuGVÜ begründet worden. Die Begründung der internationalen Zuständigkeit wird verhindert, wenn der Beklagte die internationale Zuständigkeit rügt und sich gleichzeitig hilfsweise zur Hauptsache einläßt (vgl. EuGH, Urteil vom 24. Juni 1981 - Rs 150/80, Slg. 1981, 1671, 1685, Rz. 12 ff. - Ele- fanten Schuh). So liegt es hier.
dd) Das Berufungsgericht hat ferner zutreffend angenommen, daß sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ergibt. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Ge-
richt des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.
In diesem Zusammenhang braucht die umstrittene Frage, ob der Rückgriffsanspruch des Schecknehmers gegen den Aussteller als vertraglicher Anspruch (so Baumbach/Hefermehl, 22. Aufl. Einl. WG Rdn. 28 und Einl. ScheckG Rdn. 16; Nobbe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 62 Rdn. 23; MünchKomm/Häuser, HGB Bd. V ZahlungsV Rdn. D 203) oder als gesetzlicher Anspruch (so LG Göttingen RIW 1977, 235; LG Bayreuth IPRax 1989, 230 f.; LG Frankfurt a.M. IPRax 1997, 258 f.; Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere 12. Aufl. § 3 I 2 b) anzusehen ist, nicht entschieden zu werden. Auch wenn man den von der Klägerin geltend gemachten Rückgriffsanspruch als Anspruch aus einem Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ansieht, folgt aus dieser Bestimmung keine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts liegt in diesem Fall nicht in der Bundesrepublik Deutschland. Die maßgebliche scheckrechtliche Verpflichtung der Beklagten ist vielmehr in Österreich zu erfüllen.
(1) Der Ort, an dem die Kaufpreisschuld von der Beklagten zu erfüllen ist, ist für die internationale Zuständigkeit des Gerichts, das über die von der Klägerin im Scheckprozeß erhobene Klage zu entscheiden hat, entgegen der Auffassung der Revision unerheblich.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ist für die Bestimmung des Erfüllungsorts im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ die Verpflichtung heranzuziehen, die dem vertraglichen Anspruch entspricht, auf den der Kläger seine Klage stützt (EuGH,
Urteile vom 6. Oktober 1976 - Rs 14/76, Slg. 1976, 1497, 1508, Rz. 13/14 - de Bloos, vom 15. Januar 1987 - Rs 266/85, Slg. 1987, 239, 254, Rz. 9 - Shenavai und vom 5. Oktober 1999 - Rs C-420/97, Slg. I 1999, 6747, 6790, Rz. 31 - Leathertex). Etwas anderes gilt dann, wenn der Kläger seine Klage in einem Rechtsstreit auf mehrere Verpflichtungen stützt, die sich aus einem einzigen Vertrag ergeben. In diesem Fall folgt Nebensächliches der Hauptsache. Bei mehreren streitigen Verpflichtungen entscheidet die Hauptpflicht über die Zuständigkeit des Gerichts (EuGH, Urteile vom 15. Januar 1987 aaO S. 256 Rz. 19 und vom 5. Oktober 1999 aaO S. 6792 Rz. 39). Wird die Erfüllung mehrerer gleichrangiger Pflichten aus einem Vertragsverhältnis eingeklagt, so ist für jede von ihnen gesondert zu prüfen, ob der Erfüllungsort im Gerichtsstaat liegt (EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1999 aaO Rz. 40 f.).
Nach diesen Grundsätzen scheidet der Erfüllungsort der Kaufpreisschuld als Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit des Gerichts, das über den Rückgriffsanspruch des Schecknehmers gegen den Aussteller zu entscheiden hat, aus. Auch wenn der Scheck erfüllungshalber hingegeben wird und damit letztlich dem Ausgleich der Kaufpreisforderung dient, so ergibt sich die Verpflichtung des Ausstellers keinesfalls - schon gar nicht als Nebenpflicht - aus dem Kaufvertrag. Sieht man die Verpflichtung als vertragliche an, so beruht sie auf dem schuldrechtlichen Teil des gesondert abgeschlossenen Begebungsvertrags.
(2) Die scheckrechtliche Verpflichtung der Beklagten ist, wie das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen hat, in dem Ort G. in Österreich zu erfüllen.

Der Erfüllungsort im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ist nach dem Recht zu ermitteln, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich ist (EuGH, Urteile vom 6. Oktober 1976 - Rs 12/76, Slg. 1976, 1473, 1486, Rz. 15 - Tessili; vom 5. Oktober 1999 aaO S. 6791 Rz. 33 und vom 19. Februar 2002 - Rs C-256/00, Slg. I 2002, 1699, 1728 Rz. 33 - Besix). Gemäß Art. 63 ScheckG bestimmen die Wirkungen der Scheckerklärungen sich nach dem Recht des Landes, in dessen Gebiet die Erklärungen unterschrieben worden sind. Zu den Wirkungen einer Scheckerklärung gehört alles, was die Haftung des Scheckschuldners betrifft (vgl. Baumbach /Hefermehl, 22. Aufl. Art. 63 SchG Rdn. 1 und Art. 93 WG Rdn. 1; Nobbe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 62 Rdn. 20). Dazu gehört auch der Erfüllungsort. Da die Beklagte den Scheck in K. /Österreich unterschrieben hat, ist das österreichische Recht, das keine Rückverweisung auf das deutsche Recht enthält (vgl. Art. 63 des österreichischen Scheckgesetzes), maßgeblich.
Das Berufungsgericht ist unter Anwendung des Art. 2 Abs. 2 des österreichischen Scheckgesetzes zu dem Ergebnis gelangt, daß die Verpflichtung der Beklagten aus dem Scheck in G. /Österreich zu erfüllen ist. Insoweit ist die angefochtene Entscheidung für das Revisionsgericht bindend, weil sie auf der Anwendung ausländischen Rechts beruht (§ 545 Abs. 1, § 560 ZPO). Diese Bindung besteht auch, soweit von der Anwendung ausländischen Rechts die Entscheidung über eine von Amts wegen zu prüfende Prozeßvoraussetzung, insbesondere die internationale Zuständigkeit, abhängt (BGHZ 89, 325, 331; BGH, Urteil vom 6. November 1991 - XII ZR 240/90, NJW 1992, 438, 439; a.A. Geimer,
Internationales Zivilprozeßrecht 4. Aufl. Rdn. 2606). Ihr steht nicht entgegen , daß die vom Berufungsgericht herangezogene Vorschrift des ausländischen Rechts - wie hier - den gleichen oder einen ähnlichen Wortlaut wie die entsprechende Vorschrift des deutschen Rechts hat (BGH, Urteile vom 29. September 1977 - II ZR 204/75, WM 1977, 1322 und vom 23. Januar 1996 - VI ZR 291/94, NJW-RR 1996, 732).
2. Soweit das Berufungsgericht die vom Kläger in zweiter Instanz vorgenommene Umstellung der Klage auf Ansprüche aus dem Kaufvertrag als unzulässig angesehen hat, hält dies jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
Dabei kann offenbleiben, ob dem Berufungsgericht insoweit zu folgen ist, als es für den Scheckprozeß davon ausgeht, daß die vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bejahte grundsätzliche Anwendbarkeit des § 596 ZPO auch im Berufungsverfahren (vgl. BGHZ 29, 337, 339 f.; 69, 66, 69; Senatsurteile vom 1. Februar 1994 - XI ZR 105/93, WM 1994, 455, 456 und vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 308/98, WM 1999, 2324, 2326) seit dem Inkrafttreten der ZPO-Reform am 1. Januar 2002 keine Geltung mehr beanspruchen könne (so auch Zöller/ Greger, ZPO 24. Aufl. § 596 Rdn. 4; a.M. dagegen Schellhammer, Zivilprozeß 10. Aufl. Rdn. 1841; Musielak/Voit, ZPO 3. Aufl. § 596 Rdn. 7). Die Klägerin hat sich nicht darauf beschränkt, in der Berufungsinstanz vom Urkundenprozeß (Scheckprozeß) abzustehen und in das ordentliche Verfahren überzugehen. Sie hat darüber hinaus den Klageanspruch ausgewechselt , indem sie ihre Klage nicht mehr auf Forderungen aus dem Scheck, sondern auf solche aus dem Kaufvertrag gestützt hat. Die Zulässigkeit der darin liegenden Klageänderung muß - unabhängig von der
Frage der Zulässigkeit der Abstandnahme vom Urkundenprozeß - am Maßstab des § 533 ZPO geprüft werden. Die Zulässigkeit dieser Klageänderung hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint.
Nach § 533 Nr. 2 ZPO ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn die geänderte Klage auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Daran fehlt es hier. Das Landgericht hat zur Berechtigung der Kaufpreisforderung keine Feststellungen getroffen. Ohne die Klageänderung kommt es auf solche Feststellungen auch nicht an, da die Scheckklage - wie dargelegt - unzulässig ist.

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl
14
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bejaht, die auch im Revisionsrechtszug von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 7; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, BGHZ 187, 156 Rn. 8; vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, BGHZ 190, 28 Rn. 16, jeweils mwN und vom 24. Juni 2014 - VI ZR 315/13, WM 2014, 1614 Rn. 12). Diese Zuständigkeit besteht nach Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil - und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 30. Oktober 2007, ABl. EU L 339 S. 3, nachfolgend LuGÜ II). Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (nachfolgend: Gerichtshof) ist die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" in Art. 5 Nr. 3 EuGVVO a.F. so zu verstehen, dass sie sowohl den Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort ) als auch den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (Erfolgsort) meint (EuGH, NJW 2013, 2099 Rn. 25 mwN; NZG 2013, 1073 Rn. 51; NJW 2013, 3627 Rn. 26; NJW 2014, 1793 Rn. 27; GRUR 2014, 806 Rn. 46; zu Art. 5 Nr. 3 LugÜ I und II bereits Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 315/13, WM 2014, 1614 Rn. 29 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 404/99 Verkündet am:
7. Dezember 2000
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
EGBGB Art. 27 Abs. 1 Satz 2 2. Alt.
Zu den maßgeblichen Umständen einer konkludenten Rechtswahl für einen Architektenvertrag
zugunsten des deutschen Rechts.
Der Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen aus einem Architektenvertrag
ist regelmäßig der Ort des Bauwerkes, wenn der Architekt sich verpflichtet hat,
für das Bauvorhaben die Planung und die Bauaufsicht zu erbringen.
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 - VII ZR 404/99 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2000 durch die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Dr. Kuffer,
Dr. Kniffka und Wendt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 29. September 1999 insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den Beklagten zu 2 als unzulässig abgewiesen worden ist. Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht von den in Norwegen domizilierten Beklagten als Gesamtschuldner Vorschuß für Mängelbeseitigungskosten sowie Schadensersatz. Die angeblichen Ansprüche hat die N.-GmbH an die Klägerin abgetreten. Die Parteien streiten vorrangig über die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte.

II.

Im Jahre 1996 beauftragte die Klägerin die N.-GmbH mit der Errichtung dreier Reihenhäuser auf einem Grundstück in M.. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die N.-GmbH mit der Beklagten zu 1 einen Vertrag über die Errichtung des Rohbaus und mit dem Beklagten zu 2 ein Vertrag über die Bauplanung und Bauüberwachung dieses Rohbaus abgeschlossen hat.

III.

1. Das Landgericht hat die Klage gegen beide Beklagten mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, die deutschen Gerichte seien für die Klage international nicht zuständig. 2. Hinsichtlich der Beklagten zu 1 hatte die Berufung der Klägerin Erfolg. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Klage gegen die Beklagte zu 1 bejaht und das landgerichtliche Urteil insoweit aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Hinsichtlich der Klage gegen den Beklagten zu 2 hatte die Berufung keinen Erfolg. 3. Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin dagegen, daß das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Klage gegen den Beklagten zu 2 verneint hat.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision der Klägerin hat Erfolg, sie führt hinsichtlich der Klage gegen den Beklagten zu 2 zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

II.

1. Die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte richtet sich nach dem Luganer Übereinkommen und nicht nach dem EuGVÜ:
a) Das Luganer Übereinkommen ist am 1. März 1995 (BGBl. 1995 II, 211) für die Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zu Norwegen in Kraft getreten.
b) Nach Art. 45 b LugÜ, die das Verhältnis des EuGVÜ zum Luganer Übereinkommen für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft regelt , ist statt des EuGVÜ das Luganer Übereinkommen anzuwenden, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates des Luganer Übereinkommens hat, der nicht Mitglied der Europäischen Gemeinschaft ist (Art. 54 b Abs. 2 lit. a LugÜ).
c) Das Luganer Übereinkommen ist gemäß Art. 54 Abs. 1 nur auf Klagen anzuwenden, die nach seinem Inkrafttreten erhoben worden sind.

d) Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Beklagte hat seinen Wohnsitz in Norwegen, einem Vertragsstaat des Luganer Übereinkommens, der nicht Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft ist. Die Abtretung der Forderung ist für die Frage der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte unerheblich. Für die internationale Zuständigkeit kommt es allein darauf an, ob der in einer erhobenen Klage als Prozeßpartei benannte Beklagte seinen Wohnsitz in einem anderen Staat hat. Die Abtretung der Forderung ist keine Frage des internationalen Zivilprozeßrechts, sondern eine materiell-rechtliche Frage des internationalen Privatrechts (Art. 33 EGBGB). Die Klage ist nach dem Inkrafttreten des Luganer Übereinkommens im Verhältnis zu Norwegen in einem Vertragsstaat, der Bundesrepublik Deutschland , erhoben worden. 2. Der sachliche Anwendungsbereich des Luganer Übereinkommens nach Art. 1 Abs. 1 ist eröffnet, weil der Rechtsstreit eine Zivilsache zum Gegenstand hat.

III.

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Klage gegen den Beklagten zu 2 ist nur eröffnet, wenn die Voraussetzungen des Gerichtsstands am Erfüllungsort (Art. 5 Nr. 1 LugÜ) erfüllt sind. 1. Art. 5 Nr. 1 LugÜ ist weiterhin nach den vom Europäischen Gerichtshof zu Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ entwickelten Grundsätzen auszulegen:

a) Für das Luganer Übereinkommen gibt es keine Auslegungszuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs (Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht , 6. Aufl., Einleitung Rdn. 59; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht , Einleitung Rdn. 88). Maßgeblich für die Auslegung des Luganer Übereinkommens ist das Protokoll Nr. 2 zu diesem Übereinkommen (BGBl. 1994 II S. 2647, abgedruckt bei Jayme/Hausmann, Internationales Privat - und Verfahrensrecht, 10. Aufl., S. 360 ff). Nach der Präambel des Protokolls Nr. 2 müssen die Vertragsparteien des Übereinkommens die bis zum 18. September 1988 ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs als authentische Interpretation der inhaltlich übereinstimmenden Parallelnormen des Luganer Übereinkommens akzeptieren (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 6. Aufl., Einleitung Rdn. 63).
b) Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Tessili (Urteil vom 6. Oktober 1976, Rs. C-12/76, Slg. 1976, 1475 = NJW 1977, 491) ist das für den Erfüllungsort maßgebliche Recht nach den Kollisionsnormen des angerufenen Gerichts zu bestimmen. Da diese Entscheidung vor dem 18. September 1988 ergangen ist, sind die Grundsätze dieser Entscheidung die authentische Interpretation des Art. 5 Nr. 1 LugÜ. Der Europäische Gerichtshof hat die sogenannte Tessili-Regel nach dem 18. September 1988 in zwei weiteren Entscheidungen bestätigt (Rechtssache Custom Made Commercial: Urteil vom 29. Juni 1994, Rs. C-288/92, Slg. 1994 I, 2913 = NJW 1995, 183 = EuZW 1984, 763; Rechtssache IE Groupe Concorde u.a.: Urteil vom 28. September 1999, Rs. C-440/97, EuGHE 1999 I, 6307 = NJW 2000, 719).
c) Der Erfüllungsort der primären Vertragspflicht, die den Gegenstand der Klage bildet, begründet die internationale Zuständigkeit. Macht der Kläger
Schadensersatzansprüche geltend, ist die verletzte Vertragspflicht maßgeblich und nicht die Schadensersatzverpflichtung (Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht , 6. Aufl., Art. 5 Rdn. 14 m.N. der Rechtsprechung des EuGH).
d) Art. 5 Nr. 1 Luganer Übereinkommen ist auch dann anwendbar, wenn die Parteien darüber streiten, ob ein Vertrag zustande gekommen ist, auf den der Kläger seinen Anspruch stützt (Kropholler, aaO, Rdn. 5).

IV.

Der Sachvortrag der Klägerin ist für die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausreichend. Die Frage, welche Anforderungen an den Vortrag des Klägers zur internationalen Zuständigkeit zu stellen sind, wird durch das Luganer Übereinkommen nicht geregelt, sie ist nach dem autonomen internationalen Zivilprozeßrecht zu beurteilen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für die Begründung der internationalen Zuständigkeit ein schlüssiger Sachvortrag des Klägers (BGH, Urteil vom 25. November 1993 - IX ZR 32/93, BGHZ 124, 237 = NJW 1994, 1413; Urteil vom 28. Februar 1996 - XII ZR 181/93, BGHZ 132, 105 = NJW 1996, 1411).

V.

1. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die streitige Forderung gegen die Beklagte zu 2 mit folgender Erwägung verneint:
Für eine konkludente Rechtswahl fehle es im Unterschied zu dem Vertragsverhältnis mit der Beklagten zu 1 an den erforderlichen Anhaltspunkten. Die enge Verknüpfung des Bauvertrages mit dem Architektenvertrages sei ein Indiz für eine konkludente Rechtswahlunsten des für den Bauvertrag maßgeblichen materiellen Rechts. Angesichts weiterer Umstände genüge dieser Anhaltspunkt allerdings nicht. Gegen eine konkludente Rechtswahlvereinbarung zugunsten des deutschen Rechts spreche der Umstand, daß die Parteien die HOAI nicht vereinbart hätten. Damit fehle es an der Einbeziehung einer typisch deutschen Regelung in den Vertrag. Die behauptete Vereinbarung der DIN-Normen des deutschen Rechts und der deutschen Baurechtsbestimmungen sei kein relevanter Anhaltspunkt für eine konkludente Rechtswahl. Es handele sich lediglich um Regeln, die die technische Ausführung der Leistung betreffen , ein Rückschluß auf die Vertragsgestaltung lasse die Vereinbarung nicht zu. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei nach norwegischem Recht der Erfüllungsort am Wohnsitz des Schuldners in Norwegen. 2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB für eine konkludente Rechtswahl erheblichen Umstände lassen nur den Schluß zu, daß die Parteien auch für den Architektenvertrag deutsches Recht gewählt haben. Das Berufungsgericht hat bei der Auslegung für eine konkludente Rechtswahl der Vertragsparteien einige maßgebliche Umstände fehlerhaft gewürdigt und einen gewichtigen Umstand, die enge wirtschaftliche Verknüpfung der beiden Verträge , nicht berücksichtigt.
a) Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB ist für eine konkludente Rechtswahl erforderlich, daß sich die Rechtswahl "mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrages oder aus den Umständen des Falles" ergibt.

b) Die konkludente Rechtswahl zwischen den Vertragsparteien des Bauvertrages , der Klägerin und der Beklagten zu 1, ist ein gewichtiges Indiz dafür, daß die Parteien des Architektenvertrages auch diesen Vertrag dem deutschen Vertragsrecht unterstellen wollten, weil die Leistungen aufgrund beider Verträge für dasselbe Bauvorhaben in Deutschland erbracht werden sollten. Die vom Berufungsgericht gewürdigten übrigen Anhaltspunkte sprechen nicht gegen eine konkludente Rechtswahl des deutschen Rechts, sondern für eine derartige Wahl: Die fehlende Vereinbarung der HOAI ist allenfalls von geringer indizieller Bedeutung für die Beurteilung einer konkludenten Rechtswahl, weil die HOAI nicht Gegenstand des Schuldstatuts im Sinne des Art. 32 Abs. 1 EGBGB ist. Die HOAI gilt als zwingendes Preisrecht des öffentlichen Rechts unabhängig von einer Rechtswahl der Vertragsparteien (Thode/Wenner, Internationales Architekten- und Bauvertragsrecht, Rdn. 90). Die Vereinbarung der deutschen technischen Regeln ist ein weiteres maßgebliches Indiz für die Wahl des deutschen Rechts. Die deutschen technischen Vorschriften betreffen den Inhalt der von dem Architekten geschuldeten Leistung (Reithmann/Thode, Internationales Vertragsrecht, 5. Aufl., Rdn. 964) und damit eine vom Schuldstatut erfaßte Frage. Von untergeordneter Bedeutung sind der Abschlußort und die vereinbarte Währung der Vergütung (Thode/Wenner, aaO, Rdn. 92). Beide Indizien deuten allerdings übereinstimmend auf die Wahl des deutschen Rechts hin.

VI.

1. Der Erfüllungsort der Primärforderung im Sinne des Art. 5 Nr. 1 LugÜ ist nach dem durch das deutsche Kollisionsrecht (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) berufene materielle deutsche Werkvertragsrecht am Ort der Baustelle.
Maßgeblich für die Beurteilung des Erfüllungsortes sind nicht die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Mängelbeseitigungskosten und Schadensersatz, sondern die von der Klägerin behauptete Verletzung der von dem Beklagten zu 2 geschuldeten Bauplanungs- und Bauaufsichtsleistungen. 2. Die Frage, an welchem Ort der Architekt, dem sowohl die Planung als auch die Bauaufsicht übertragen worden ist, seine Leistung zu erbringen hat, ist bisher vom Bundesgerichtshof nicht entschieden worden. Für die vom Architekten geschuldete Leistung in dem genannten Umfang gelten die gleichen Grundsätze wie für die Werkleistung des Bauunternehmers eines Bauvertrages (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1985 - 1 ARZ 737/85, NJW 1986, 935 = BauR 1986, 241 = ZfBR 1986, 80). Verpflichtet sich der Architekt, die Planung und die Bauaufsicht für ein Bauvorhaben zu erbringen, liegt der Schwerpunkt seiner Leistung am Ort des Bauwerkes. Die Planung und die Bauaufsicht sind die von dem Architekten geschuldete einheitliche Werkleistung, die dazu dient, im Umfang der übernommenen Verpflichtung die Errichtung eines mangelfreien Bauwerkes zu ermöglichen. Die Bestimmung des Erfüllungsortes der vom Architekten geschuldeten Leistung am Ort der Baustelle liegt im Interesse beider Vertragsparteien. Schuldet der Architekt Planung und Bauaufsicht, kann der Auftraggeber die Leistung des Architekten, wenn er die Leistung sachgerecht überprüfen will, nur am Ort des Bauwerkes abnehmen. Falls die Vertragsparteien einen Streit über die Vertragsgerechtigkeit der Architektenleistung gerichtlich austragen, ist es sach
gerecht, wenn der Rechtsstreit in der Nähe des Orts der Baustelle durchgeführt wird, weil die Klärung behaupteter Mängel des Architektenwerkes regelmäßig eine Beweisaufnahme über etwaige Mängel des Bauwerkes erfordert. Thode Haß Kuffer Kniffka Wendt

(1) Forderungen aus einem Geschäfte, das der Kommissionär abgeschlossen hat, kann der Kommittent dem Schuldner gegenüber erst nach der Abtretung geltend machen.

(2) Jedoch gelten solche Forderungen, auch wenn sie nicht abgetreten sind, im Verhältnisse zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär oder dessen Gläubigern als Forderungen des Kommittenten.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden der Beschluss des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 28. April 2014 und das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 13. Dezember 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Landgericht Kiel zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Mit notariellem Vertrag vom 15. Dezember 2010 kaufte der in Deutschland ansässige Kläger von den in Dänemark ansässigen Beklagten ein Hausgrundstück in Schleswig-Holstein für 114.000 € unter Ausschluss einer Haftung für Sachmängel. Er erfuhr im Juli 2011 von einem Nachbarn, dass dieser sich im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit dem verstorbenen Vater der Beklagten auf die Erlaubnis, an das Haus auf dem Grundstück des Klägers anzubauen und auf einen Ausgleich in Höhe von 10.000 € geeinigt habe, wovon die Beklagten gewusst hätten. Er sieht sich von ihnen arglistig getäuscht und verlangt Ersatz für Aufwendungen und Nachteile, die ihm als Folge des Anbaus entstanden seien (Kostenermittlung 535,50 €, Renovierungskosten 19.249,50 €, Mietausfall 24.365 €, Kosten für den Hinzuerwerb einer Fläche von 1 m² für 250 €). Davon verlangt er Zahlung eines erstrangigen Teilbetrags von 19.499,50 € nebst Zinsen sowie Feststellung der gesamtschuldnerischen Verpflichtung der Beklagten, ihm alle weiteren Aufwendungen „von der Hand zu halten, hilfsweise zu erstatten“, die ihm aus dem Anbau entstehen.

2

Das Landgericht hat die Klage mangels internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte als unzulässig abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht durch Beschluss zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht begründet die Abweisung der Klage als unzulässig mit der Erwägung, der einzige in Betracht zu ziehende Gerichtsstand in Deutschland, nämlich der Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach Art. 5 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 (ABl. EG Nr. L 12 S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 280/2009 vom 6. April 2009, ABl. EU Nr. L 93 S. 13 - EuGVVO alt) sei nicht begründet. Zwar gelte dieser Gerichtsstand auch für Sekundäransprüche. Dabei sei aber nicht auf den ursprünglichen Erfüllungsanspruch abzustellen, sondern auf die konkret streitige Verpflichtung. Das sei ein Zahlungsanspruch, so dass die Gerichte am Wohnsitz der Beklagten international zuständig seien.

II.

4

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die deutschen Gerichte sind international zuständig.

5

1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bestimmt sich im vorliegenden Fall noch nach den Bestimmungen der bisherigen Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (EuGVVO alt). Diese Verordnung ist im Verhältnis zum Königreich Dänemark auf Grund von Art. 2 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 19. Oktober 2005 (ABl. EU Nr. L 299 S. 62) anwendbar. Das gilt nach Art. 3 Abs. 1 des Abkommens nicht für Änderungen der genannten Verordnung wie die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EU Nr. L 351 S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 2015/281 vom 26. November 2014, ABl. EU Nr. L 54 S. 1 - EuGVVO neu). Sie werden nach Art. 3 Abs. 2 des Abkommens erst nach einer entsprechenden Entscheidung Dänemarks anwendbar. Eine solche Entscheidung änderte indessen nach Art. 61 EuGVVO neu nichts an der Geltung der bisherigen Verordnung (EG) Nr. 44/2001, weil diese auf vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 eingeleitete Gerichtsverfahren wie das vorliegende weiterhin anzuwenden ist.

6

2. Die deutschen Gerichte sind für den geltend gemachten Anspruch auf Schadenersatz wegen Sachmängeln aus dem Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach Art. 5 Nr. 1 Buchstabe a EuGVVO alt international zuständig.

7

a) Diese Vorschrift begründet zwar nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union keinen einheitlichen Gerichtsstand für alle Verpflichtungen aus einem Vertrag etwa an dem Ort, an dem die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen wäre (EuGH, Urteile vom 15. Januar 1987 - Rs. C-266/85 - Shenavai/Kreischer, ECLI:EU:C:1987:11 Rn. 17 f. und vom 5. Oktober 1999 - Rs. C-420/97 - Leathertex, ECLI:EU:C:1999:483 Rn. 36). In Abhängigkeit von den Orten, an denen sie zu erfüllen sind, können sich danach unterschiedliche Gerichtsstände für die einzelnen Primärverpflichtungen ergeben. Das bedeutet aber nicht, dass auch für die Primärverpflichtung und die aus ihrer Verletzung abgeleiteten Sekundärverpflichtungen unterschiedliche Gerichtsstände bestünden. Vielmehr bestimmt sich der Gerichtsstand solcher Ansprüche nicht danach, wo diese selbst zu erfüllen wären, sondern danach, wo der Primäranspruch, an den sie anknüpfen, zu erfüllen war oder erfüllt wurde (EuGH, Urteile vom 6. Oktober 1976 - Rs. C-14/76 - de Bloos, ECLI:EU:C:1976, 134 Rn. 15/17, vom 15. Januar 1987 - Rs. C-266/85- Shenavai/Kreischer, ECLI:EU:C:1987:11 Rn. 9 und vom 5. Oktober 1999 - Rs. C-420/97 - Leathertex, ECLI:EU:C:1999:483 Rn. 31; BGH, Urteile vom 11. Dezember 1996 - VIII ZR 154/96, BGHZ 134, 201, 205 und vom 7. Dezember 2000 - VII ZR 404/99, WM 2001 904, 905; öst. OGH, Beschluss 27. Januar 1998 - 7 Ob 375/97s, www.ris.bka.gr.at; Czernich/Kodek/Mayr, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, Art. 7 EuGVVO [neu] Rn. 30; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 EuGVVO [alt] Rn. 37). Diese Rechtsprechung ist zwar zu dem Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungs-Übereinkommen und dem Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ergangen. Der Gerichtshof hat aber entschieden, dass die hier noch anzuwendende bisherige Verordnung Nr. 44/2001 genauso auszulegen ist, ausgenommen nur den hier nicht gegebenen Fall, dass der Verordnungsgeber bewusst von dem Übereinkommen abgewichen ist (Urteil vom 23. April 2009 - Rs. C-533/07 - Falco, ECLI:EU:C:2009:257 Rn. 54 f.). Für den hier geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz wegen Sachmängeln ist deshalb der Erfüllungsort der Primärleistung des Verkäufers - der Verpflichtung zur Verschaffung von Eigentum und Besitz an dem verkauften Grundstück - maßgeblich. Dieser bestimmt sich gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchstabe c VO (EG) Nr. 593/2008 (vom 17. Juni 2008, ABl. EU Nr. L 177 S. 6 - sog. Rom I-Verordnung) bei Grundstückskaufverträgen nach dem Belegenheitsstatut, hier also nach deutschem Recht. Danach liegt der Erfüllungsort in Deutschland.

8

b) Das von dem Berufungsgericht angeführte Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Besix/WABAG (Rs. 256/00, ECLI:EU:C:2002, 99) ergibt nichts anderes. Danach ist zwar ein einheitlicher Erfüllungsort zu bestimmen, wenn eine vertragliche Primärverpflichtung an einer Vielzahl von Orten zu erfüllen ist, nämlich derjenige, zu dem der Streitgegenstand die engste Verknüpfung aufweist (aaO Rn. 32). Um eine solche Fallgestaltung geht es hier aber nicht. Der Schadensersatzanspruch wird aus der Verletzung der Primärverpflichtung abgeleitet, das verkaufte Grundstück in vertragsgemäßem Zustand zu übereignen und zu übergeben. Diese Verpflichtung ist nur in Deutschland zu erfüllen.

9

c) Unbehelflich ist auch die Berufung auf die Urteile des OLG Saarbrücken vom 16. Februar 2011 (1 U 574/09, IPRax 2013, 74 Rn. 72 f.) und des OLG Köln vom 16. Dezember 2008 (9 U 47/07, juris Rn. 38, 44). Beide folgen der dargestellten Rechtsprechung des Gerichtshofs.

10

3. Auch für den weiter geltend gemachten, materiell-rechtlich konkurrierenden Anspruch des Klägers aus der Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten ist ein Gerichtsstand in Deutschland gegeben.

11

a) Es spricht viel dafür, dass der Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach Art. 5 Nr. 1 EuGVVO alt auch für solche Schadensersatzansprüche gegeben ist. Zwar können Ansprüche auf Schadensersatz wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil vom 17. September 2001 - Rs. C-334/00 - Tacconi, ECLI:EU:C:2002:499 Rn. 23, 27) nicht in diesem Gerichtsstand, sondern nur im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO alt verfolgt werden, wenn es z. B. wegen Abbruchs der Vertragsverhandlungen nicht zum Vertragsschluss kommt (Beispiel: öst. OGH, JBl 2007, 800, 803) oder eine vertragsfremde Person, z.B. ein Vertreter ohne Vertretungsmacht, in Anspruch genommen werden soll (Beispiel: öst. OGH, ZfRV 2007, 112). Grund für die Zuordnung solcher Ansprüche zu dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ist aber der Umstand, dass es in solchen Fällen an einer „freiwillig eingegangenen Verpflichtung“ fehlt (EuGH, Urteil vom 17. September 2001 - Rs. C-334/00 - Tacconi, ECLI:EU:C:2002:499 Rn. 23). Es liegt daher nicht fern anzunehmen, dass der Gerichtsstand des Erfüllungsorts der Primärleistung maßgeblich ist, auf die sich die verletzte vorvertragliche Pflicht bezieht, wenn - wie hier - der Vertrag tatsächlich zustande kommt und der Vertragspartner in Anspruch genommen wird (in diesem Sinne etwa: EuGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - Rs. C-180/06 - Ilsinger, ECLI:EU:C:2009:303 Rn. 57 allerdings obiter zu einer Gewinnzusage; Czernich/Kodek/Mayr, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, Art. 7 EuGVVO [neu] Rn. 24; Leible in Rauscher, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Art. 5 Brüssel I Verordnung [EuGVVO alt] Rn. 27 aE; Mankowski in Magnus/Mankowski, Brussels I Regulation, 2. Aufl., Art. 5 Rn. 55; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO [alt] Rn. 5; Jault-Seseke/Weller in Simons/Hausmann, Brüssel-I-Verordnung, dt. Ausgabe, Art. 5 Rn. 19; in diesem Punkt unklar: Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO [alt] Rn. 205; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 5 EuGVVO alt Rn. 75). Abschließend entschieden werden muss die Frage nicht, weil die deutschen Gerichte hier in einem wie im anderen Fall international zuständig sind.

12

b) Können Ansprüche wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten im Gerichtstand des Erfüllungsorts geltend gemacht werden, käme es - ebenso wie bei Sekundäransprüchen - nicht auf den Ort an, an dem der aus der Verletzung folgende Anspruch zu erfüllen ist, sondern auf den Ort, an dem die Primärpflicht aus dem zustande gekommenen Vertrag zu erfüllen ist, auf die sich die verletzte Aufklärungspflicht bezieht. Denn die Zuständigkeit ist insoweit umfassend (Czernich/Kodek/Mayr, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, Art. 7 EuGVVO [neu] Rn. 30). Das ist hier die in Deutschland zu erfüllende Eigentumsverschaffungspflicht. Müsste der aus der verletzten Aufklärungspflicht abgeleitete Anspruch im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung verfolgt werden, käme es nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO alt darauf an, wo das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Das sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort (Urteile vom 16. Mai 2013 - Rs. C-228/11 - Melzer, ECLI:EU:C:2013:305 Rn. 25 und vom 3. Oktober 2013 Rs. C-170/12 - Pinckney, ECLI:EU:C:2013, 635 Rn. 26). Beide liegen hier in Deutschland. Aufklärungspflichten sollen im Inland verletzt worden sein. Auch der Schaden ist im Inland eingetreten, da das Grundstück hier liegt und der Kläger hier ansässig ist.

III.

13

Der Beschluss des Berufungsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben. Weil sich die Vorinstanzen - bei ihrem Ausgangspunkt konsequent - mit den geltend gemachten Ansprüchen nicht inhaltlich befasst und die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen haben, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif.

14

Der Beschluss des Berufungsgerichts ist aufzuheben. Die Sache ist hier zur neuen Verhandlung und Entscheidung nicht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, sondern an das Landgericht. Eine solche Möglichkeit hat der Bundesgerichtshof bislang für den Fall anerkannt, dass das Berufungsgericht auf Grund der neuen Verhandlung die Sache an das Landgericht zurückverweisen müsste (Urteil vom 24. September 1998 - IX ZR 371/97, BGHZ 139, 325, 333). Eine gesetzliche Verpflichtung zur Zurückverweisung besteht nach geltendem Recht zwar nicht mehr. Die Zurückverweisung stünde nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO im Ermessen des Berufungsgerichts. Das Revisionsgericht kann die Sache aber unmittelbar an das erstinstanzliche Gericht zurückverweisen, wenn die Zurückverweisung an dieses Gericht auch nach einer neuen Verhandlung die ermessensgerechte Entscheidung des Berufungsgerichts wäre. So liegt es hier. Der Kläger hat die Zurückverweisung an das Landgericht schon im Berufungsverfahren und im Revisionsverfahren vor dem Senat beantragt. Die Beklagten haben nicht auf einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht bestanden und nichts dafür vorgebracht, was es rechtfertigen würde, dem Kläger die erste Tatsacheninstanz zu nehmen. Dann ist es ermessengerecht, wenn das Revisionsgericht die Sache unmittelbar an das Landgericht zurückverweist. Von dieser Möglichkeit macht der Senat Gebrauch.

Stresemann                    Schmidt-Räntsch                    Czub

                     Kazele                                  Göbel

11
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Klage ist schon deswegen unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist. Ihr steht der von Amts wegen zu prüfende (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1977 - 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342, 359) Grundsatz der Staatenimmunität entgegen (§ 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG). Die Frage, ob die Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität eröffnet ist und sich das nationale Gericht mit einer Klage gegen einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befassen darf, ist vor der Ermittlung der internationalen Zuständigkeit zu prüfen.
15
Zwar kann ein Zessionar nicht im Klägergerichtsstand klagen, wenn die Sonderzuständigkeit – wie etwa der Gerichtsstand des Unterhaltsberechtigten oder des Verbrauchers – einem besonderen Schutz des ursprünglichen Gläubigers dienen soll (EuGH, Urteil vom 15. Januar 2004 – Rs. C-433/01, JZ 2004, 407 – Freistaat Bayern ./. Blijdenstein, Rdnr. 25 ff. m.w.N.). So liegt es hier aber nicht. Der Grund für den besonderen Gerichtsstand für vertragliche Streitigkeiten liegt in der besonders engen Verbindung zwischen dem Vertrag und dem Gericht des Erfüllungsorts (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2007 – Rs. C-386/05, NJW 2007, 1799 – Color Drack GmbH ./. Lexx International Vertriebs GmbH, Rdnr. 22 f.). Diese besondere Verbindung besteht unabhängig davon, ob vertragliche Ansprüche auf Dritte übergegangen sind. Jedenfalls der zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien bestehende Gerichtsstand steht daher auch dem Zessionar offen (OGH, Beschluss vom 11. Mai 2005, aaO).

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 71/02
vom
1. Oktober 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 Alt. 2 ZPO) ist die Revision nur in Fällen der Divergenz sowie der
Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr zuzulassen. Darüber hinaus
werden Rechtsfehler im Einzelfall von diesem Zulassungsgrund auch
dann nicht erfaßt, wenn sie offensichtlich oder besonders schwerwiegend
sind oder einen Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte enthalten.

b) Grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) kann einer
Sache zukommen, wenn sie Rechtsfragen aufwirft, die in einer unbestimmten
Vielzahl von Fällen auftreten können, oder wenn andere Auswirkungen
des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in
besonderem Maße berühren. Darüber hinaus begründen Rechtsfehler im
Einzelfall ausnahmsweise dann eine grundsätzliche Bedeutung der Sache
, wenn offenkundig ist, daß die angefochtene Entscheidung sich als
objektiv willkürlich darstellt oder Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers
verletzt, und wenn jeweils nicht zweifelhaft erscheint, daß das
Bundesverfassungsgericht sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufheben
würde.

c) Eine ordnungsgemäße Darlegung (§ 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO) setzt vor-
aus, daß der Beschwerdeführer die Zulassungsgründe, auf die er die Beschwerde
stützt, benennt und zu deren Voraussetzungen so substantiiert
vorträgt, daß das Revisionsgericht allein anhand der Lektüre der Beschwerdebegründung
und des Berufungsurteils die Voraussetzungen der
Zulassung prüfen kann.
BGH, Beschluß vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann
und die Richterin Mayen
am 1. Oktober 2002

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Februar 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 409.033,50

Gründe:


I.


Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einer gepfändeten und ihr zur Einziehung überwiesenen Darlehensforderung in Anspruch.
Mit schriftlichem Vertrag vom 15. November 1992 gewährte die P. GmbH, später unfirmiert in V. für I. GmbH, den Beklagten ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 800.000 DM. Der Darlehensvertrag wurde für die Darlehensgeberin von dem Beklagten zu 1) unterzeichnet, der
zum damaligen Zeitpunkt und noch bis Ende Juni 1998 allein vertre- tungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der P. GmbH war. Gemäß Ziffer 4 des Darlehensvertrages sollte die Rückzahlung des Darlehens durch Verrechnung der Guthaben des Beklagten zu 1) auf dem Gesellschafterverrechnungskonto erfolgen. Die Darlehenssumme wurde im November 1992 und Februar 1993 ausgezahlt. Für die V. für I. GmbH wurde im Juli 1998 Konkursantrag gestellt; dieser wurde mangels Masse abgewiesen.
Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 28. September 1999 wurde die Darlehensforderung der V. für I. GmbH gegen die Beklagten gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen.
Die Beklagten berufen sich auf Erfüllung. Sie wenden, gestützt auf vorgelegte Ablichtungen des Buchungsjournals von 1993, auf von dem Beklagten zu 1) für die P. GmbH unterzeichnete Verrechnungsbestätigungen und auf einen in Ablichtung vorgelegten, mit dem Datum 3. März 1997 versehenen und von dem Beklagten zu 1) abgezeichneten "erledigt" -Stempel auf dem Darlehensvertrag, ein, die Darlehensschuld sei durch Verrechnung mit Guthaben des Beklagten zu 1) auf dem Gesellschafterverrechnungskonto erloschen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagten hätten den ihnen obliegenden Beweis der Erfüllung der Darlehensschuld nicht geführt. Es hat die Revision nicht zugelassen.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten , mit der diese geltend machen, eine Entscheidung des Revisionsgerichts sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfor- derlich; der Sache komme darüber hinaus grundsätzliche Bedeutung zu. Die Beklagten begründen ihren Antrag mit einem Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte , insbesondere gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Sie meinen, eine einheitliche Rechtsprechung sei nicht mehr gesichert , wenn einem Darlehensnehmer deswegen, weil er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen sei, der Beweiswert von Urkunden abgesprochen werde und diese als "schlichte Parteierklärungen" gewürdigt würden. § 181 BGB, von dem im Rechtsverkehr durchweg Gebrauch gemacht werde, werde dadurch unterlaufen. Das Berufungsgericht habe im übrigen Beweisantritte der Beklagten auf Einholung eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens zum Beweis der Richtigkeit des vorgelegten Buchungsjournals und auf Vernehmung von Zeugen übergangen und dadurch das Recht der Beweisführung für einen Darlehensnehmer für die Rückzahlung des Darlehens in einer weit über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung eingeschränkt.

II.


Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet, weil es an einer den Anforderungen der § 543 Abs. 2 Satz 1, § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO entsprechenden Beschwerdebegründung fehlt. Es kann daher offenbleiben, ob die Beklagten auch dem aus § 26 Nr. 8 EGZPO sich ergebenden Erfordernis der Darlegung einer mit der beabsichtigten Revision erstrebten Abänderung des Berufungs-
urteils in einem die Wertgrenze von 20.000 (vgl. BGH, Beschluß vom 27. Juni 2002 - V ZR 148/02, NJW 2002, 2720, 2721) mangels ausdrücklicher Angaben zu diesem Punkt nicht nachgekommen sind.
Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Diese Zulassungsgründe müssen gemäß § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO in der Beschwerdebegründung dargelegt werden. "Darlegen" bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als nur einen allgemeinen Hinweis; "etwas darlegen" bedeutet vielmehr soviel wie "erläutern", "erklären" oder "näher auf etwas eingehen" (so BVerwG 13, 90, 91; BVerwG, Beschluß vom 23. November 1995 - 9 B 362/95, NJW 1996, 1554 zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die bloße Behauptung eines Zulassungsgrunds reicht dazu nicht aus (BFH, Beschlüsse vom 14. August 2001 - XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51, 52 und vom 21. Februar 2002 - XI B 39/01, BFH/NV 2002, 1035 zu § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Der Beschwerdeführer hat die Zulassungsgründe, auf die er die Beschwerde stützt, zu benennen und zu deren Voraussetzungen substantiiert vorzutragen (vgl. Musielak /Ball, 3. Aufl. ZPO § 544 Rdn. 17). Das Revisionsgericht muß dadurch in die Lage versetzt werden, allein anhand der Lektüre der Beschwerdebegründung und des Berufungsurteils die Voraussetzungen für die Zulassung zu prüfen. Es soll davon entlastet werden, die Voraussetzungen der Zulassung anhand der Akten ermitteln zu müssen (so auch BFH, Beschluß vom 17. Oktober 2001 - III B 97/01, BFH/NV 2002, 366, 367 zu § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). In inhaltlicher Hinsicht richten sich die
an den Vortrag zu stellenden Anforderungen nach dem jeweils geltend gemachten Zulassungsgrund.
Die Beklagten haben die Voraussetzungen der von ihnen geltend gemachten Zulassungsgründe in der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde nicht ordnungsgemäß vorgetragen.
1. Das gilt zum einen für den von den Beklagten geltend gemachten Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
Zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich, wenn nur so zu vermeiden ist, daß schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im ganzen hat (BegrRegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; BGHSt 24, 15, 22 zu § 80 Abs. 1 Nr 2 OWiG).

a) Das kommt zunächst in Betracht bei Divergenz, d.h. wenn in der angefochtenen Entscheidung ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZR 75/02, WM 2002, 1811, 1812; Beschluß vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, WM 2002, 1899, 1900; zu dem gleichlautenden § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO: BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 - V ZB 11/02, WM 2002, 1567, 1568 m.w.Nachw., zum Ab-
druck in BGHZ vorgesehen; Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1898 m.w.Nachw., zum Abdruck in BGHZ vorgesehen). Um eine Divergenz ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die Vorentscheidung, zu der die Divergenz geltend gemacht wird, konkret zu benennen und zu zitieren, die angeblich divergierenden entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssätze aus dieser Vorentscheidung und aus der angefochtenen Entscheidung herauszustellen sowie vorzutragen, inwiefern diese nicht übereinstimmen (so zu § 116 Abs. 3 Satz 3, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO BFH, Beschluß vom 5. Dezember 2001 - IX B 85/01, BFH/NV 2002, 529 m.w.Nachw.).
Diesem Erfordernis sind die Beklagten nicht gerecht geworden. Sie haben nicht einmal konkrete Entscheidungen anderer Gerichte benannt, von denen das Berufungsurteil abweichen könnte. Erst recht fehlt es an der Herausstellung abstrakter Rechtssätze im Berufungsurteil einerseits und in anderen Entscheidungen andererseits, zwischen denen eine Divergenz bestehen könnte.

b) Eine Revisionszulassung unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung kommt ferner in Betracht, wenn einem Gericht bei der Anwendung von Rechtsnormen des revisiblen Rechts (§ 545 ZPO) Fehler unterlaufen, die die Wiederholung durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, daß eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn das Berufungsgericht - auch ohne daß sich dem angefochtenen Urteil ein divergierender abstrakter Rechtssatz (vgl.
dazu oben unter a) entnehmen ließe - in ständiger Praxis oder in einer Weise, die Wiederholungen oder Nachahmungen besorgen läßt, eine höchstrichterliche Rechtsprechung nicht berücksichtigt (so zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 aaO; zu § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG BGHSt 24, 15, 22). Diese Erfordernisse lassen sich dahin zusammenfassen, daß ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts mit "symptomatischer Bedeutung" die Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu rechtfertigen vermag (so zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 aaO).
Um die Voraussetzungen einer Revisionszulassung unter diesem Gesichtspunkt ordnungsgemäß darzulegen, muß der Beschwerdeführer nicht nur einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts benennen, sondern darüber hinaus auch konkrete Angaben zur symptomatischen Bedeutung des Fehlers machen. Dabei ist darzulegen und zu belegen, daß es sich bereits um eine ständige Praxis des Berufungsgerichts handelt, oder darzulegen, daß und warum eine Wiederholung oder Nachahmung konkret zu besorgen ist. Gegebenenfalls muß auch die geltend gemachte Nichtbeachtung einer höchstrichterlichen Rechtsprechung mit entsprechenden Entscheidungszitaten konkret dargelegt werden.
Auch diese Erfordernisse haben die Beklagten nicht erfüllt. Zur symptomatischen Bedeutung der von ihnen geltend gemachten angeblichen Rechtsfehler des Berufungsgerichts haben sie nichts vorgetragen.

c) Keinen Grund für die Zulassung der Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung bieten dagegen - unabhängig von
Gewicht und Evidenz sowie davon, ob es sich um materielle oder Verfahrensfehler handelt - Rechtsfehler im Einzelfall, die weder eine Divergenz in der Rechtsprechung hervortreten lassen (vgl. dazu oben unter 1. a) noch eine Wiederholungsgefahr oder Nachahmungsgefahr begründen (vgl. dazu oben unter 1. b).
aa) Die Schwere und die Evidenz eines Rechts- oder Verfahrensfehlers , den ein Urteil in einem Einzelfall aufweist, sind nach dem Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, aus dem sich der maßgebliche objektivierte Wille des Gesetzgebers ergibt (BVerfGE 11, 126, 130), ohne jede Bedeutung.
(1) Eine Differenzierung nach dem Gewicht des Fehlers, den ein in einem Einzelfall ergangenes Urteil aufweist, ist mit dem Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, der auf die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung abstellt, unvereinbar. Der Wortlaut erfaßt auch einfache Rechtsfehler, wenn zusätzlich die Voraussetzungen der Divergenz oder der Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr gegeben sind. Ein Zusammenhang zwischen dem Gewicht des Rechtsfehlers und seiner Auswirkung auf die Einheitlichkeit der Rechtsprechung besteht nicht. Insbesondere läßt sich nicht feststellen, daß ein schwerwiegender Rechtsfehler eher wiederholt wird oder Nachahmung findet als ein leichter. Nach der Lebenserfahrung kann eher vom Gegenteil ausgegangen werden. Auch der Rang der verletzten Norm ist insoweit ohne jede Bedeutung (so zu § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG: Steindorf, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG 2. Aufl. § 80 Rdn. 26). Ebensowenig läßt sich dem Wortlaut eine Differenzierung nach materiellen oder Verfahrensfehlern entnehmen.

(2) Auch eine Differenzierung nach der Evidenz eines Rechtsfeh- lers findet im Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO keine Stütze. Daß ein in einem Einzelfall ergangenes evident unrichtiges Urteil die Einheitlichkeit der Rechtsprechung stärker gefährdet als ein nicht offensichtlich unrichtiges, ist nicht ersichtlich. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat dementsprechend zum gleichlautenden Tatbestandsmerkmal der "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" in § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG entschieden, daß eine Fehlentscheidung in einem Einzelfall die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigt, auch wenn der Rechtsfehler offensichtlich ist (BGHSt 24, 15, 22). Nichts spricht dafür, daß die insoweit wörtlich gleichlautende Bestimmung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO anders auszulegen wäre.
bb) Insbesondere geben die Materialien des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses dazu keinen Anlaß. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es an einer Stelle zwar, materielle oder formelle Fehler bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts berührten über den Einzelfall hinaus allgemeine Interessen nachhaltig, wenn sie von erheblichem Gewicht und geeignet seien, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Dazu gehörten vor allem die Fälle, in denen Verfahrensgrundrechte, namentlich die Grundrechte auf Gewährung des rechtlichen Gehörs und auf ein objektiv willkürfreies Verfahren, verletzt seien (BT-Drucks. 14/4722, S. 104). Diese Ansicht des Regierungsentwurfs hat aber im Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO ("Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung") keinen Ausdruck gefunden und ist deshalb für dessen Auslegung unbeachtlich (vgl. BVerfGE 11, 126, 129 f.; 54, 277, 298). Insbesondere stellt § 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO nicht auf das in der Gesetzesbegründung er- wähnte Vertrauen in die Rechtsprechung ab, sondern auf die davon zu unterscheidende Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung ist vielmehr, wie unten noch darzulegen ist, nur bei der Auslegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung von Belang.
cc) Soweit der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs demgegenüber in zwei Beschlüssen vom 4. Juli 2002 (V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1898 und V ZB 75/02, WM 2002, 1811, 1812) sowie in einem weiteren Beschluß vom 25. Juli 2002 (V ZR 118/02, WM 2002, 1899, 1900) die Ansicht vertreten hat, schwerwiegende offensichtliche Fehler bei der Anwendung revisiblen Rechts, insbesondere eine offensichtliche Verletzung von Verfahrensgrundrechten, machten zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision bzw. einer Rechtsbeschwerde erforderlich, weil dadurch über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berührt würden, vermag der XI. Zivilsenat dem nicht zu folgen. In Fällen einer offensichtlichen Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder eines ebensolchen Verstoßes gegen das Willkürverbot kommt vielmehr ohne eine Divergenz oder Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr nur die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung in Betracht.
Anlaß für ein Verfahren nach § 132 Abs. 2 und 3 oder 4 GVG besteht nicht, weil sich die Abweichung in allen entschiedenen Fällen auf die Begründung beschränkt und den von der hier vertretenen Ansicht abweichenden Erwägungen des V. Zivilsenats zur Reichweite des Zulassungsgrundes der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung kei-
ne tragende Bedeutung zukam; in allen drei genannten Entscheidungen hat der V. Zivilsenat jeweils die Nichtzulassungsbeschwerde zurückge- wiesen bzw. die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.
2. Für den von den Beklagten geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) fehlt ebenfalls der erforderliche substantiierte Vortrag.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat (BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZR 75/02, WM 2002, 1811 und V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1897; jeweils m.w.Nachw.). Dies entspricht im Grundsatz dem Wortverständnis, das dem bereits in § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 554 b Abs. 1 ZPO a.F. sowie in zahlreichen Vorschriften über die Zulassung der Revision in anderen Verfahrensordnungen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, § 219 Abs. 2 Nr. 1 BEG, § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, § 100 Abs. 2 Nr. 1 PatentG, § 74 Abs. 2 Nr. 1 GWB) enthaltenen Begriff der grundsätzlichen Bedeutung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung beigemessen worden ist (vgl. BGHZ 2, 396, 397; BAG, Beschluß vom 5. Dezember 1979 - 4 AZN 41/79, NJW 1980, 1812, 1813; BVerwGE 13, 90, 91 f.; BVerwG, Beschluß vom 19. August 1997 - 7 B 261/97, NJW 1997, 3328; BFH, u.a. Beschlüsse vom 11. November 1997 - VII B 265/96, BFH/NV 1998, 753, 754, vom 18. Februar 1998 - VII B 253/97, BFH/NV 1998, 990 und vom 30. Juli 1998 - VII B 73/98, BFH/NV 1999, 204). Die Systematik des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO weicht allerdings darin von derjenigen des § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F., § 72
Abs. 2 ArbGG, § 132 Abs. 2 VwGO, § 160 Abs. 1 SGG ab, daß sie die grundsätzliche Bedeutung als eigenen Zulassungsgrund neben die weiteren Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts und der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung stellt. Daraus ergibt sich, daß als Kriterien für die Beurteilung der allgemeinen Bedeutung einer Rechtssache nicht lediglich die Gesichtspunkte der Rechtsfortbildung und der Erhaltung der Rechtseinheit, sondern auch weitere Gesichtspunkte in Betracht kommen (Musielak/Ball, 3. Aufl. ZPO § 543 Rdn. 4).

a) Grundsätzliche Bedeutung kann einer Rechtssache zum einen dann zukommen, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die nicht nur entscheidungserheblich , klärungsbedürftig und klärungsfähig ist, sondern darüber hinaus auch in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten kann (BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1897). Das kann insbesondere bei Musterprozessen und Verfahren, in denen die Auslegung typischer Vertragsbestimmungen, Tarife, Formularverträge oder allgemeiner Geschäftsbedingungen erforderlich wird, aber auch in sonstigen Fällen, in denen Leitentscheidungen des Revisionsgerichts notwendig erscheinen, der Fall sein (Büttner MDR 2001, 1201, 1203).
Um unter diesem Gesichtspunkt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage konkret zu benennen sowie ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen im einzelnen aufzuzeigen (BVerwGE 13, 90, 91; BFH, Beschluß vom 30. August 2001 - IV B 79, 80/01, DB 2001, 2429, 2431; Beschluß vom 13. September 2001 - IV B 87/01, BFH/NV 2002, 352,
353). Dabei müssen insbesondere auch Ausführungen darüber gemacht werden, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (BFH, Beschluß vom 30. August 2001 aaO).
Auch diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Beklagten nicht. Die Beklagten haben zwar verschiedene angebliche Rechtsfehler des Berufungsurteils geltend gemacht, aber weder eine durch das Urteil aufgeworfene konkrete Rechtsfrage herausgearbeitet noch Ausführungen zu ihrer Klärungsbedürftigkeit, insbesondere zu einem sie betreffenden Meinungsstreit, gemacht.

b) Grundsätzliche, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung kann eine Rechtssache auch dann haben, wenn es zwar nicht um die Klärung einer für eine Vielzahl von Fällen bedeutsamen Rechtsfrage geht, aber andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des Revisionsgerichts erforderlich machen. Dies kann sich insbesondere aus dem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gewicht der Sache für den Rechtsverkehr ergeben (BGHZ 2, 396, 397; BAGE 2, 26, 30; BegrRegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722 S. 105).
Die ordnungsgemäße Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung unter diesem Gesichtspunkt setzt voraus, daß die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit konkret dargestellt werden. Darüber hinaus sind Ausführungen darüber erforderlich, warum das Interesse der Allgemeinheit ein korrigierendes Eingreifen des Revisionsgerichts erforderlich macht.

An den danach erforderlichen konkreten Angaben fehlt es im vorliegenden Fall. Die pauschale Behauptung der Beklagten, die berufungsgerichtliche Handhabung der Darlegungs- und Beweislast unterlaufe die Vorschrift des § 181 BGB, von der in der Rechtswirklichkeit viel Gebrauch gemacht werde, genügt nicht. Sie vermag die fehlende konkrete Darstellung der angeblichen tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit nicht zu ersetzen.

c) Grundsätzliche, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung hat eine Rechtssache schließlich auch dann, wenn die angefochtene Entscheidung sich als objektiv willkürlich darstellt oder Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers verletzt und jeweils nicht zweifelhaft erscheint , daß das Bundesverfassungsgericht sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufheben würde. Daß eine Entscheidung in sonstiger Weise rechtsfehlerhaft ist, genügt allein nicht, auch wenn es sich um einen schwerwiegenden Rechtsfehler handelt.
Wie oben dargelegt, folgt aus der anders gestalteten Systematik des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Vergleich zu der von § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. sowie des § 72 Abs. 2 ArbGG, § 132 Abs. 2 VwGO, § 160 Abs. 1 SGG, daß der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung eine gewisse Ausweitung erfahren hat und die Gesichtspunkte der Fortbildung des Rechts und der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ihn nicht ausschöpfen. Dieser Begriff erfaßt nunmehr über die herkömmliche, oben unter 2. a) und b) dargelegte Bedeutung hinaus auch andere Fälle, in denen nicht nur die unterlegene Prozeßpartei, sondern auch die All-
gemeinheit ein unabweisbares Interesse an einer Korrektur des Berufungsurteils hat (vgl. Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 543 Rdn. 4).
Für eine solche Auslegung sprechen auch die Gesetzesmaterialien. Danach soll mit der Erweiterung der Zulassungsgründe und dem damit verbundenen erweiterten Verständnis der "grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache" künftig auch die Zulassung von Revisionen in Betracht kommen, wenn eine Ergebniskorrektur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit oder wegen der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts geboten erscheint (BegrRegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722 S. 67).
Das danach unverzichtbare Interesse der Allgemeinheit an einem korrigierenden Eingreifen des Revisionsgerichts kann in der Praxis nur in seltenen Ausnahmefällen bejaht werden. In aller Regel hat die Allgemeinheit an der Entscheidung eines gewöhnlichen Zivilrechtsstreits kein Interesse. Belange der Allgemeinheit werden auch dann nicht nachhaltig berührt, wenn dieser Streit unrichtig entschieden wurde. Daran ändert sich grundsätzlich auch dann nichts, wenn dem Gericht bei einer Einzelfallentscheidung schwerwiegende Rechtsfehler unterlaufen sind. Nicht offenkundige Fehler sind von vornherein nicht geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung als Ganzes zu erschüttern. Erst ein Urteil, das zweifelsfrei objektiv gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt oder Verfahrensgrundrechte verletzt und darauf beruht , kann das Vertrauen in die Rechtsprechung insgesamt beschädigen.
Offenkundig ist ein solcher Fehler nur dann, wenn die Grundrechtsverletzung sich geradezu aufdrängt. Das ist nur bei Rechtsfehlern der Fall, die in wenigen Sätzen zweifelsfrei aufgezeigt werden können.
Eine ordnungsgemäße Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache unter diesem Gesichtspunkt setzt dabei voraus, daß der Beschwerdeführer angibt, welches Grundrecht verletzt sein soll, in welchem Verhalten des Berufungsgerichts die Verletzung liegen soll, daß die angefochtene Entscheidung darauf beruht und daß unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zweifelhaft sein kann, daß das angegriffene Urteil einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhalten würde (so für den in § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG ausdrücklich geregelten Rechtsbeschwerdezulassungsgrund der Versagung des rechtlichen Gehörs: BVerfG NJW 1992, 2811, 2812; Göhler/König/Seitz, OWiG 13. Aufl. § 80 Rdn. 16 a; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG 3. Aufl. § 80 Rdn. 8; jeweils m.w.Nachw.).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung hier ersichtlich nicht gerecht. Die Beklagten behaupten zwar, das Berufungsgericht habe Beweisantritte übergangen. Das genügt zur Darlegung einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) aber nicht. Voraussetzung einer solchen Rechtsverletzung wäre vielmehr weiter, daß die Beweisantritte rechtswidrig übergangen worden wären. Art. 103 Abs. 1 GG verwehrt es den Gerichten nämlich nicht, das Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts außer Betracht zu lassen (BVerfGE 60, 96, 100; 60, 305, 310; 63, 80, 85; 70, 288, 294). Das Übergehen von Beweisantritten kann einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG daher nur
dann begründen, wenn die Beweisantritte nach der rechtlichen Lösung des Berufungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wären. Dazu haben die Beklagten nichts vorgetragen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Mayen
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Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Klage ist schon deswegen unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet ist. Ihr steht der von Amts wegen zu prüfende (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1977 - 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342, 359) Grundsatz der Staatenimmunität entgegen (§ 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG). Die Frage, ob die Gerichtsbarkeit nach den Grundsätzen der Staatenimmunität eröffnet ist und sich das nationale Gericht mit einer Klage gegen einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befassen darf, ist vor der Ermittlung der internationalen Zuständigkeit zu prüfen.