Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 13. März 2013 - 5 U 342/12
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.8.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, Az.: 16 O 253/11, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.223,70 EUR festgesetzt.
Gründe
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.223,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 359,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
die Klage abzuweisen.
die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 21.8.2012 abzuweisen.
die Berufung zurückzuweisen.
II.
1.
2.
a)
b)
aa)
bb)
3.
a)
aa)
b)
e)
4.
5.
6.
Urteilsbesprechung zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 13. März 2013 - 5 U 342/12
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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 13. März 2013 - 5 U 342/12 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin verlangt von dem beklagten Luftfahrtunternehmen aus eigenem und abgetretenem Recht Schadensersatz für den Verlust von Reisegepäck. Auf einem von der Beklagten am 31. Januar 2008 durchgeführten Flug von Frankfurt am Main nach Malaga, den die Klägerin zusammen mit ihrem Lebensgefährten angetreten hatte, ging die von der Klägerin als Reisegepäck aufgegebene Golfreisetasche verloren. Nach dem Vortrag der Klägerin befand sich in der Tasche außer ihrer eigenen auch die Golfausrüstung ihres Lebensgefährten. Die Beklagte hat der Klägerin für den Verlust der Reisetasche samt Inhalt Ersatz in Höhe von 232 Euro geleistet und die Zahlung weiteren Schadensersatzes abgelehnt.
- 2
- Die Klägerin hat zunächst Schadensersatz in Höhe von 2.025 Euro aus einem behaupteten Schaden von insgesamt 2.257 Euro, abzüglich der von der Beklagten bereits erstatteten 232 Euro, geltend gemacht.
- 3
- Das Amtsgericht hat die Klage unter Berücksichtigung des bereits geleisteten Schadensersatzes hinsichtlich des den Haftungshöchstbetrag nach Art. 22 Abs. 2 Satz 1 des Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vom 28. Mai 1999 (BGBl. 2004 II, S. 458; Montrealer Übereinkommen, im Folgenden: MÜ) übersteigenden Betrags abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
- 4
- Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die an sie abgetretenen Ersatzansprüche ihres Lebensgefährten für den Gepäckverlust in Höhe von 750 Euro weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils , soweit die Berufung gegen die Klageabweisung in Höhe von 750 Euro zurückgewiesen worden ist und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 6
- I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
- 7
- Der Klägerin stehe lediglich der vom Amtsgericht zugesprochene Schadensersatz in Höhe des Haftungshöchstbetrags nach Art. 22 Abs. 2 MÜ abzüglich des von der Beklagten bereits erstatteten Betrages zu. Darüber hinaus könne sie weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht Schadensersatz verlangen. Bei Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck sei Anspruchsberechtigter derjenige Fluggast, der das Gepäck aufgegeben und dadurch zum Objekt des Luftbeförderungsvertrags gemacht habe. Dabei müsse eine Verbindung zwischen dem Reisenden und dem Gepäck gegeben sein. Diese Zuordnung werde durch den Gepäckschein dokumentiert, der ein Legitimationspapier im Sinne des § 808 BGB sei. Aufgrund des verfassungsrechtlich garantierten Schutzes des Eigentums sei anerkannt, dass ein Dritter, der keinen Luftbeförderungsvertrag mit dem Luftfrachtführer geschlossen habe, Schadensersatz verlangen könne, wenn sein im Gepäck eines Fluggastes befindliches Eigentum verloren gehe. Deswegen müsse zwar erst recht auch ein Passagier, der einen eigenen Luftbeförderungsvertrag geschlossen habe, Schadensersatzansprüche gegenüber dem Luftfrachtführer geltend machen können, wenn er nicht von ihm selbst aufgegebenes Gepäck, sondern Eigentum im Gepäck eines Mitreisenden verloren habe. Habe jedoch der das Gepäck aufgebende Passagier, wie hier die Klägerin, für den Verlust des Gepäckstücks bereits die höchstmögliche Entschädigung nach den Vorschriften des Montrealer Übereinkommens erhalten, könne der Mitreisende für den Ver- lust seines Eigentums in dem verloren gegangenen Gepäckstück keinen Ersatz mehr verlangen.
- 8
- II. Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 9
- 1. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zutreffend - und insoweit von der Revision unbeanstandet - davon ausgegangen, dass dem Lebensgefährten der Klägerin aufgrund des zwischen ihm und dem Luftfrachtführer bestehenden Luftbeförderungsvertrags grundsätzlich ein eigener Ersatzanspruch zustehen kann, wenn seine Golfausrüstung mit der von der Klägerin als Reisegepäck aufgegebenen Golftasche in der Obhut des Luftfrachtführers verloren gegangen ist.
- 10
- Allerdings bedarf es zur Begründung eines solchen Anspruchs weder - wie das Berufungsgericht meint - eines Rückgriffs auf den verfassungsrechtlich garantierten Schutz des Eigentums, noch sind - wie die Revision geltend macht - die Vorschriften der §§ 44 ff. LuftVG oder des § 823 Abs. 1 BGB heranzuziehen.
- 11
- a) Grundlage des möglichen Anspruchs, den die Klägerin aus abgetretenem Recht ihres Lebensgefährten geltend machen kann, ist Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ. Danach hat der Luftfrachtführer einem Reisenden den Schaden zu ersetzen, der durch Verlust von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, wenn das schädigende Ereignis während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand.
- 12
- aa) Reisender und damit Anspruchsberechtiger nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ ist diejenige Person, die aufgrund eines Luftbeförderungsvertrags mit dem Luftfrachtführer befördert wird (Reuschle, Montrealer Übereinkommen, Art. 17 Rn. 65). Dies trifft für den Lebensgefährten der Klägerin zu. Über die Beförderung von Reisegepäck wird - anders als beim Transport von Gütern - regelmäßig kein gesonderter Vertrag geschlossen. Der Luftbeförderungsvertrag schließt vielmehr die Gepäckbeförderung als eine zur Personenbeförderung akzessorische Verpflichtung ein (Reuschle, aaO, Art. 3 Rn. 30; Art. 17 Rn. 41). Die Parteien eines Luftbeförderungsvertrags gehen davon aus, dass der Fluggast Gepäck mitnimmt, das zusammen mit ihm befördert wird (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - X ZR 165/03, RRa 2007, 74 Rn. 10). Der akzessorische Gepäckbeförderungsvertrag verpflichtet den Luftfrachtführer nicht nur, das ihm anvertraute Reisegepäck an den vereinbarten Ort zu bringen, sondern er begründet gleichzeitig eine Obhutspflicht, die darin besteht, dass der Luftfrachtführer die übernommenen Gegenstände gegen Verlust und Beschädigung zu schützen hat. Diese Pflicht tritt als zweite Hauptpflicht neben die werkvertragliche Pflicht zur Erbringung der Beförderungsleistung (Reuschle, aaO, Art. 17 Rn. 41) und bestand auch gegenüber dem Lebensgefährten der Klägerin.
- 13
- bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann nicht nur derjenige Fluggast Ansprüche nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ geltend machen, der das Gepäck unter seinem Namen aufgegeben und dafür einen Gepäckschein im Sinne des Art. 3 Abs. 3 MÜ erhalten hat.
- 14
- Eine solche Einschränkung der Anspruchsberechtigung ist weder dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ oder des Art. 3 Abs. 3 MÜ zu entnehmen , noch legen Sinn und Zweck dieser Vorschriften eine solche Interpretation nahe.
- 15
- Art. 17 Abs. 2 MÜ definiert den Begriff "aufgegebenes Reisegepäck" nicht näher, verwendet ihn allerdings ausdrücklich als Gegenstück zu dem Begriff "nicht aufgegebenes Reisegepäck". Diese Unterscheidung dient der Festlegung unterschiedlicher Haftungsmaßstäbe für diese Gepäckkategorien. Dafür, dass Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ darüber hinaus mit dem Begriff "aufgegebenes Reisegepäck" auch die Person des Anspruchsberechtigten in der Weise umschreiben soll, dass damit der Reisende gemeint sei, der das Gepäck aufgegeben und dafür gemäß Art. 3 Abs. 3 MÜ einen Gepäckschein erhalten habe, bestehen keine Anhaltspunkte. Insbesondere nimmt Art. 17 Abs. 2 MÜ in diesem Zusammenhang nicht auf die Regelung des Art. 3 Abs. 3 MÜ Bezug. Auch für die Kategorisierung des Gepäcks als "aufgegebenes Reisegepäck" spielt der Gepäckschein keine Rolle (Schmid in Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Art. 17 MÜ Rn. 124 (Stand: Oktober 2010). Vielmehr sind unter "aufgegebenem Reisegepäck" unabhängig hiervon alle Gegenstände zu verstehen, die der Reisende dem Luftfrachtführer vor oder bei Reiseantritt in dessen Obhut gegeben hat (Reuschle, aaO, Art. 17 Rn. 35). Dazu gehören somit auch Gegenstände, die ein Reisender in der Weise als Reisegepäck aufgibt, dass sie sich in einem Gepäckstück befinden, für das einem anderen Mitreisenden ein Gepäckschein ausgehändigt wurde.
- 16
- Ebenso wenig spricht Art. 3 Abs. 3 MÜ dafür, dass nur derjenige Reisende Ansprüche wegen Verlusts von Reisegepäck geltend machen kann, der die Aufgabe des Gepäcks mit einem Gepäckschein belegen kann. Der Gepäckschein dient nach dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 MÜ der Gepäckidentifizierung. Er stellt ein Legitimationspapier nach § 808 BGB dar. Dies bedeutet, dass der Luftfrachtführer, wenn die Herausgabe des Gepäcks verlangt wird, der Prüfung enthoben ist, ob der Inhaber des Gepäckscheins der Berechtigte ist. Umgekehrt kann der Luftfrachtführer aber trotz Vorlage des Gepäckbelegs durch den Inhaber von diesem den Nachweis der Berechtigung verlangen (Reuschle, aaO, Art. 3 Rn. 28). Der Gepäckschein mag demnach die Beweisführung, dass ein Gepäckstück aufgegeben worden ist, erleichtern (Schmid in Giemulla/Schmid, aaO, Art. 3 MÜ Rn. 39). Er verbrieft jedoch nicht die Berechtigung zur Geltendmachung des Herausgabeanspruchs. Für die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs aus Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ kann nichts anderes gelten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann somit die Berechtigung für einen Anspruch aus Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ nicht an die Dokumentation der Gepäckaufgabe durch einen Gepäckschein geknüpft werden. Entscheidend ist allein, dass der Reisende tatsächlich Gepäck in die Obhut des Luftfrachtführers gegeben hat. Dies kann auch in der Weise geschehen, dass das Gepäck von einem anderen Mitreisenden in einem seiner Gepäckstücke mit aufgegeben wird.
- 17
- b) § 47 LuftVG kommt entgegen der Auffassung der Revision als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die von der Klägerin aufgegebene Golfreisetasche verloren gegangen, solange sie sich in der Obhut der Beklagten befand. Mit dem Verlust der Golfreisetasche hat sich daher ein für die Luftbeförderung typisches Schadensrisiko verwirklicht, das durch das Montrealer Übereinkommen abschließend geregelt ist. Nach § 44 Nr. 4 LuftVG kommen die §§ 44 ff. LuftVG daher nicht zur Anwendung (vgl. Giemulla in Giemulla/Schmid, aaO, Art. 29 MÜ Rn. 3).
- 18
- c) Auch der von der Revision geltend gemachte Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB unterliegt gemäß Art. 29 MÜ den Voraussetzungen und Beschränkungen des Übereinkommens. Im Übrigen kann sich die Revision schon deshalb nicht mit Erfolg auf diese Anspruchsgrundlage berufen, weil das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat und die Revision auch keinen Tatsachenvortrag aufzeigt.
- 19
- 2. Der an die Klägerin abgetretene Anspruch ihres Lebensgefährten aus Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ unterliegt als eigenständiger Anspruch der Haftungshöchstgrenze nach Art. 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 MÜ.
- 20
- a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Haftung der Beklagten gegenüber dem Lebensgefährten der Klägerin nicht deshalb ausgeschlossen , weil die Haftungshöchstgrenze nach Art. 22 MÜ bereits mit der Befriedigung der Ansprüche der Klägerin ausgeschöpft wäre.
- 21
- Art. 22 Abs. 2 Satz 1 MÜ bemisst die Höchstgrenze für die Haftung des Luftfrachtführers bei Beschädigung oder Verlust des Reisegepäcks nach sei- nem Wortlaut ausdrücklich je Reisenden. Wie schon bei der Frage nach der Anspruchsberechtigung nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ kann es auch bei der Frage nach der Haftungsbegrenzung nicht darauf ankommen, ob die Aufgabe des abhanden gekommenen Gepäcks durch einen Gepäckschein dokumentiert ist. Diese Überlegung wird auch durch die Ausführungen in der Denkschrift zum Montrealer Übereinkommen gestützt. Dort ist zu Art. 22 MÜ ausgeführt, dass die Haftungsgrenze jeweils bezogen auf den Reisenden gelte und die Verschuldenshaftung für nicht aufgegebenes Gepäck und persönliche Gegenstände sowie die verschuldensabhängige Haftung für aufgegebenes Gepäck umfasse (BT-Drucks. 15/2285, S. 44). Es kann also nicht darauf ankommen, dass der Reisende einen Gepäckschein vorweisen kann. Er muss nur nachweisen können, dass es sich um sein Gepäck handelt, das verloren gegangen ist. Da die in Art. 22 MÜ festgelegten Beträge nicht als pauschalierter Schadensersatz ausgestaltet sind, sondern Haftungshöchstbeträge darstellen, muss außerdem die tatsächliche Schadenshöhe nachgewiesen werden (Reuschle, aaO, Art. 22 Rn. 6).
- 22
- b) Umgekehrt kann die Revision nicht mit Erfolg geltend machen, dass für den Ersatzanspruch des Lebensgefährten keine Haftungshöchstbeträge gälten. Der Lebensgefährte der Klägerin und sein Gepäck wurden aufgrund eines Luftbeförderungsvertrags mit der Beklagten befördert. Er ist damit Reisender, für den die Regelungen des Montrealer Übereinkommens und insbesondere auch Art. 22 Abs. 2 MÜ gelten, und hat nicht die Stellung eines Dritten, dem im Schrifttum aufgrund des verfassungsrechtlich garantierten Schutzes des Eigentums bei Verlust seines im Gepäck eines Reisenden befindlichen Eigentums Ansprüche zuerkannt werden, die nicht den Beschränkungen des Art. 29 MÜ unterliegen sollen, weil zwischen dem Dritten und dem Luftfrachtführer kein Luftbeförderungsvertrag bestehe (Reuschle, aaO, Art. 29 Rn. 13; Pokrant in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Art. 29 MÜ Rn. 10; MünchKomm.HGB /Ruhwedel, 2. Aufl., Art. 29 MÜ Rn. 13; MünchKomm.HGB/ Ruhwedel, 1. Aufl., § 44 LuftVG Rn. 55 f.).
- 23
- Im Übrigen steht die Argumentation der Revision im Widerspruch zu den Grundgedanken der Vorschriften des Montrealer Übereinkommens. Danach soll für die Schäden, die typischerweise mit der Luftbeförderung als solcher verbunden sind, eine einheitliche Haftung geschaffen werden. Dem nationalen Recht dürfen keine weitergehenden Ansprüche entnommen werden, als sie die Art. 17 ff. MÜ gewähren (Reuschle, aaO, Art. 29 Rn. 9; Giemulla in Giemulla/ Schmid, aaO, Art. 29 MÜ Rn. 2 ff.). Mit dem Verlust der Golfreisetasche hat sich ein für die Luftbeförderung typisches Risiko verwirklicht. Würde einem Reisenden , der sein Gepäck in einem Gepäckstück eines Mitreisenden aufgegeben hat, Ansprüche ohne die Begrenzung nach Art. 22 MÜ zugebilligt, stünde er besser als andere Reisende, die ihr Gepäck unter eigenem Namen aufgegeben haben.
- 24
- c) Der maßgebliche Haftungshöchstbetrag nach Art. 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 MÜ beträgt im vorliegenden Fall 1000 Sonderziehungsrechte. Die Anpassung des Haftungshöchstbetrags auf 1131 Sonderziehungsrechte ist erst nach dem Eintritt des Schadensereignisses gemäß Art. 1 der Verordnung über die Inkraftsetzung der angepassten Haftungshöchstbeträge des Montrealer Übereinkommens (BGBl. 2009 II, S. 1258) am 30. Dezember 2009 in Kraft getreten und somit auf den Streitfall nicht anwendbar.
- 25
- III. Die angefochtene Entscheidung ist somit aufzuheben. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen zu dem dem Zedenten entstandenen Schaden getroffen hat, ist die Sache zu neuer Verhandlung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Grabinski Schuster
Vorinstanzen:
AG Rüsselsheim, Entscheidung vom 05.11.2009 - 3 C 1216/08 (32) -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 16.06.2010 - 7 S 225/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird weiter verurteilt, es bei Meidung der im angefochtenen Urteil angedrohten Ordnungsmittel zu unterlassen, die folgende oder eine dieser inhaltsgleiche Klausel in Bezug auf Luftbeförderungsverträge zu verwenden, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausführung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer ): "Im aufzugebenden Gepäck des Fluggastes dürfen zerbrechliche oder verderbliche Gegenstände, Computer oder sonstige elektronische Geräte, Geld, Juwelen, Edelmetalle, Wertpapiere , Effekten und andere Wertsachen und ferner Geschäftspapiere und Muster nicht enthalten sein; der Luftfrachtführer darf die Beförderung als aufzugebendes Gepäck verweigern." Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß §§ 4, 16 Abs. 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte betreibt ein Luftfahrtunternehmen und verwendet in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen die folgenden Klauseln:
- 2
- Art. VIII Nr. 5 c (nachfolgend Klausel 1): "Im aufzugebenden Gepäck des Fluggastes dürfen zerbrechliche oder verderbliche Gegenstände, Computer oder sonstige elektronische Geräte, Geld, Juwelen, Edelmetalle, Wertpapiere, Effekten und andere Wertsachen und ferner Geschäftspapiere und Muster nicht enthalten sein; der Luftfrachtführer darf die Beförderung als aufzugebendes Gepäck verweigern."
- 3
- Art. XV Nr. 3 c (nachfolgend Klausel 2): "Der Luftfrachtführer haftet für Schäden an zerbrechlichen oder verderblichen Gegenständen (Computern oder sonstigen elektronischen Geräten), Schmuck, Silbersachen, Geld, Wertpapieren, Sicherheiten oder anderen Wertsachen, Geschäftspapieren oder Mustern, Reisepässen oder Personalausweisen, welche im aufgegebenen Gepäck des Fluggastes enthalten sind, gleichgültig, ob mit oder ohne Wissen des Luftfrachtführers, nur, wenn er diese grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht hat; die Vorschriften des [Warschauer] Abkommens bleiben unberührt."
- 4
- Der Kläger begehrt die Unterlassung der Verwendung dieser Klauseln in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten, da durch sie die Vertragspartner der Beklagten unangemessen benachteiligt würden.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen zur Unterlassung der Verwendung der Klausel 2 verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht für die Beklagte zugelassenen Revision greift diese das angefochtene Urteil (veröffentlicht in RRa 2003, 234 f.) an, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Der Kläger ist der Revision entgegengetreten und greift das Berufungsurteil im Wege der Anschlussrevision an, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist. Die Beklagte ist der Anschlussrevision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe:
- 6
- I. Revision und Anschlussrevision sind in zulässiger Weise eingelegt. Der Zulässigkeit der Anschlussrevision steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht die Revision nur für die Beklagte zugelassen hat. Denn die Anschlussrevision ist auch dann statthaft, wenn die Revision für den Revisionsbeklagten nicht zugelassen worden ist, sofern mit der Anschlussrevision ein Anspruch zur Überprüfung gestellt wird, der mit dem Streitgegenstand der Hauptrevision jedenfalls in unmittelbarem rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang steht (BGHZ 155, 189, 191 f.; BGH, Urt. v. 30.9.2003 - XI ZR 232/02, WM 2003, 2286, 2287). Das ist hier der Fall, da die Anschlussrevision ebenso wie die Hauptrevision eine Klausel über den Gepäcktransport in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen der beklagten Luftverkehrsgesellschaft betrifft.
- 7
- II. 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, beide mit der Klage angegriffenen Klauseln seien nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB entzogen. Für der Inhaltskontrolle entzogene Leistungsbeschreibungen verbleibe nach der Rechtsprechung nur der enge Bereich derjenigen Leistungsbezeichnungen , ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden könne. Zu diesem engen Bereich gehörten beide mit der Klage angegriffenen Klauseln nicht. Denn sie modifizierten lediglich die Hauptleistungspflicht der Beklagten (Beförderung des Fluggastes und seines Gepäcks), so dass beide Klauseln nicht notwendig seien, um den wesentlichen Vertragsinhalt zu bestimmen.
- 8
- 2. Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
- 9
- Der Inhaltskontrolle steht weder - wie die Beklagte meint - die weltweite Verwendung der Klausel 2 durch fast alle Fluggesellschaften noch die Genehmigung der Klauseln durch die zuständige Behörde entgegen, denn auch solche Beförderungsbedingungen unterliegen der Inhaltskontrolle auf der Grundlage der §§ 305 ff. BGB (so schon zum AGB-Gesetz BGHZ 86, 284, 288 f., 291; vgl. auch Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand Dezember 2004, § 44 LuftVG Rdn. 46 m.w.N.).
- 10
- Bei den Klauseln handelt es sich, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht um Leistungsbeschreibungen, die Art und Güte sowie Umfang der Hauptleistungspflicht der Beklagten aus dem in der Regel als Werkvertrag zu qualifizierenden Beförderungsvertrag (BGHZ 62, 71, 75; Giemulla/ Schmid, aaO, § 44 LuftVG Rdn. 27 m.w.N.) unmittelbar festlegen und deshalb der Inhaltskontrolle entzogen wären. Die Beklagte schuldet aus dem Beförderungsvertrag den Transport des Passagiers und seines Gepäcks als Erfolg, wobei über die Gepäckbeförderung kein gesonderter Vertag geschlossen wird, sondern bei Vertragsschluss von den Vertragsparteien davon ausgegangen wird, dass der Fluggast Gepäck mitnimmt und dieses zusammen mit ihm befördert wird (vgl. Giemulla/Schmid, aaO, § 44 LuftVG Rdn. 27 m.w.N.). Klausel 1 modifiziert diese Leistungspflicht der Beklagten und gestaltet sie näher dahin aus, dass im aufgegebenen Gepäck bestimmte Gegenstände nicht enthalten sein dürfen; Klausel 2 regelt Haftungsfragen. Beide Klauseln gehören damit nicht zu dem engen Bereich derjenigen Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGH, Urt. v. 23.6.1993 - IV ZR 135/92, NJW 1993, 2369; Urt. v. 30.11.1993 - XI ZR 80/93, NJW 1994, 318 jew. m.w.N.), und unterliegen daher der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB.
- 11
- III. Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
- 12
- 1. Das Berufungsgericht hat Klausel 2 als unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagen gewertet und dazu ausgeführt, diese Regelung weiche von den zwingenden Regeln des Warschauer Abkommens 1955 (nachfolgend WA) und des Luftverkehrsgesetzes in der bis zum 28. Juni 2004 geltenden Fassung (nachfolgend LuftVG a.F.) zum Nachteil der Passagiere ab. Nach § 44 Abs. 1 Satz 2 LuftVG a.F. hafte der Luftfrachtführer für Schäden , die an Sachen entstehen, die der Fluggast an sich trage oder mit sich führe. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 LuftVG a.F. hafte der Luftfrachtführer ferner für den Schaden, der an Frachtgütern und aufgegebenem Reisegepäck entstehe. Die Luftbeförderung umfasse nach § 44 Abs. 2 Satz 2 LuftVG a.F. den Zeitraum, in dem sich die Güter oder das Reisegepäck auf einem Flughafen, an Bord eines Luftfahrzeugs oder sonst in der Obhut des Luftfrachtführers befänden. Diese Regelungen seien gemäß § 49 Abs. 1 LuftVG a.F. durch im Voraus geschlossene Vereinbarungen nicht abdingbar. Die Vorschriften der §§ 44 ff. LuftVG a.F. beinhalteten eine Verschuldenshaftung mit widerlegbarer Verschuldensvermutung. Von ihr weiche die in der Klausel 2 getroffene Regelung ab, indem sie die Haftung der Beklagten generell für den Fall ausschließe, dass die Beklagte lediglich leichte Fahrlässigkeit an der Entstehung des Schadens treffe. Diese Abweichung von den zwingenden Regeln der §§ 44 bis 49 LuftVG a.F. benachteilige den Fluggast unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
- 13
- 2. Diese Ausführungen greift die Revision im Ergebnis ohne Erfolg an. Klausel 2 hält der Inhaltskontrolle nicht stand. Ihre Unwirksamkeit ergibt sich, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, aus § 307 Abs. 1 BGB, weil die Klausel gegen zwingendes Recht verstößt und die Vertragspartner der Beklagten aus diesem Grunde unangemessen benachteiligt (BGHZ 118, 194, 198; 152, 121, 133, jew. m.w.N.).
- 14
- a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob, wie das Berufungsgericht gemeint hat, die Klausel 2 von zwingenden Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes in seiner früheren Fassung abweicht. Denn der Kläger macht mit der Klage ausschließlich in die Zukunft gerichtete Unterlassungsansprüche geltend. Für diese ist das im Zeitpunkt der Entscheidung über die Revision geltende Recht maßgeblich , so dass der rechtlichen Beurteilung das im Laufe des Revisionsverfahrens in Kraft getretene Recht zugrunde zu legen ist (BGHZ 9, 101 f.; 141, 329, 336 - Tele-Info-CD m.w.N.).
- 15
- Für die Bundesrepublik Deutschland ist am 28. Juni 2004 das Übereinkommen vom 28. Mai 1999 zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (Montrealer Abkommen, BGBl. 2004 II, 458, nachfolgend MÜ) in Kraft getreten (BGBl. 2004 II, 1371). Durch Hinterlegung der Ratifikationsurkunde seitens der Europäischen Gemeinschaft ist das Abkommen auch für die Europäische Gemeinschaft in Kraft getreten (vgl. Giemulla/Schmid, aaO, MÜ Einl. Rdn. 35). Es enthält in den Art. 17, 22 und 26 Vorschriften über die Haftung des Luftfrachtführers für die Zerstörung, den Verlust oder die Beschädigung aufgegebenen und nicht aufgegebenen Reisegepäcks, so dass die genannten Vorschriften auf Beförderungsverträge der Beklagten anzuwenden sind, die Flüge zwischen Mitgliedstaaten des Abkommens betreffen.
- 16
- Die Haftung von Luftfahrtunternehmen ist ferner Gegenstand der Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 des Rates vom 9. Oktober 1997 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei Unfällen (ABl. EG Nr. L 285, 1) in der Fassung der Änderung durch die Verordnung (EG) Nr. 889/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Mai 2002 (ABl. EG Nr. L 140, 2). Diese Verordnung ist für die Gemeinschaft mit dem Inkrafttreten des Montrealer Übereinkommens in Kraft getreten (Art. 2 VO/EG 889/2002). Der Geltungsbereich ihrer Vorschriften über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei der Beförderung von Fluggästen und ihres Gepäcks im Luftverkehr ist auf Beförderungen im Luftverkehr innerhalb eines einzelnen Mitgliedstaates erstreckt (Art. 1 Abs. 2 VO/EG 889/2002) und es ist bestimmt worden, dass für die Haftung eines Luftfahrtunternehmens der Gemeinschaft für Fluggäste und deren Gepäck alle einschlägigen Bestimmungen des Montrealer Übereinkommens gelten (Art. 1 Abs. 4 VO/EG 889/2002). Bei der Beklagten handelt es sich, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat, um ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft.
- 17
- Schließlich ist das Luftverkehrsgesetz durch das Gesetz zur Harmonisierung des Haftungsrechts im Luftverkehr vom 6. April 2004 (BGBl. 2004 I, 550) geändert worden; die Änderung ist am 28. Juni 2004 in Kraft getreten. § 44 LuftVG bestimmt nunmehr, dass die Vorschriften des 2. Unterabschnitts des Luftverkehrsgesetzes (§§ 44 ff. LuftVG) in der seit dem 28. Juni 2004 geltenden Fassung gegenüber den Regelungen in den in § 44 Nr. 1 bis 6 genannten Abkommen und Verordnungen nur subsidiäre Geltung haben.
- 18
- Maßgebend für die Inhaltskontrolle der umstrittenen Klauseln sind daher nunmehr die Vorschriften des Montrealer Übereinkommens.
- 19
- b) Nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ hat der Luftfrachtführer im Rahmen der Höchstbetragshaftung nach Art. 22 Abs. 2 MÜ den Schaden zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand. Wie sich aus der Erwägung 7 der Verordnung (EG) 889/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Mai 2002 ergibt, mit der diese Regelung in das Gemeinschaftsrecht übernommen worden ist (Art. 1 Nr. 4 der Verordnung), dient die Regelung der Verstärkung des Schutzes der Fluggäste und ihrer Angehörigen; sie ist daher eine Gefährdungshaftung (vgl. Littger/Kirsch, ZLW 2003, 563, 572) oder eine der Gefährdungshaftung angenäherte Erfolgshaftung (Giemulla/Schmid, aaO, § 44 LuftVG Rdn. 4) und nicht mehr eine Haftung für vermutetes Verschulden wie nach Art. 20 WA. Sie unterscheidet sich von der Haftung des Luftfrachtführers für nicht aufgegebenes Reisegepäck (sog. Handgepäck). Nach der Regelung des Art. 17 Abs. 2 Satz 3 MÜ haftet der Luftfrachtführer bei nicht aufgegebenem Reisegepäck einschließlich persönlicher Gegenstände nur dann, wenn der Schaden auf sein Verschulden oder das Verschulden seiner Leute zurückzuführen ist. Im Unterschied zur Haftung für aufgegebenes Reisegepäck ist die Haftung für das sog. Handgepäck daher als Verschuldenshaftung ausgebildet.
- 20
- Die Haftung nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ ist zwingend. Eine Bestimmung in Beförderungsverträgen, durch welche die Haftung des Luftfrachtführers ganz oder teilweise ausgeschlossen oder der in dem Montrealer Übereinkommen festgesetzte Haftungshöchstbetrag herabgesetzt werden soll, ist gemäß Art. 26 MÜ nichtig.
- 21
- c) Die angegriffene Klausel bestimmt, dass die Beklagte für Schäden an bestimmten Gegenständen im aufgegebenen Reisegepäck nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haften will, gleichgültig, ob diese Gegenstände mit oder ohne Wissen der Beklagten im aufgegebenen Gepäck des Fluggastes enthalten sind. Das soll auch für schädigende Ereignisse gelten, die an Bord des Flugzeugs oder während der Zeit eintreten, in der das aufgegebene Gepäck sich in der Obhut des Luftfrachtführers befindet. Diese Regelung bedingt die Haftung des Luftfrachtführers für aufgegebenes Reisegepäck nach der zwingenden Vor- schrift des Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ für die in Klausel 2 genannten Gegenstände ab, indem an deren Stelle eine Haftung für Verschulden des Luftfrachtführers in der Form von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit gesetzt wird. Dies widerspricht Art. 17 Abs. 2 MÜ, da die Vorschrift das aufgegebene Reisegepäck erfasst und die in Klausel 2 genannten Gegenstände nicht von der verschuldensunabhängigen Haftung des Luftfrachtführers für die Zerstörung, den Verlust oder die Beschädigung an Bord des Luftfahrzeugs oder während der Zeit, in der es sich in der Obhut des Luftfrachtführers befand, ausnimmt.
- 22
- Indem durch die Klausel 2 von den zwingenden Vorgaben des Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ abgewichen und eine im Montrealer Übereinkommen nicht vorgesehene, der Verschuldenshaftung für nicht aufgegebenes Reisegepäck nachgebildete Haftung für Teile des aufgegebenen Reisegepäcks begründet werden soll, bewirkt diese Klausel eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten und ist mithin unwirksam (§ 307 Abs. 1 BGB). Daher kommt es nicht darauf an, ob - wie die Revision meint - aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Obhutshaftung folgt, der Luftfrachtführer habe nur dann Obhut an den von ihm beförderten Gütern, wenn es sich um mit seinem Willen in seinem Einflussbereich befindliche Gegenstände handle, weil Gegenstand der Haftungsbeschränkung nach Klausel 2 lediglich Schäden an solchen Sachen seien, die gegen den Willen der Beklagten in ihren Einflussbereich gelangt seien. Die Revision verkennt insoweit bereits, dass die Klausel die Haftung der Beklagten auch für solche Gegenstände im aufgegebenen Reisegepäck regelt, von denen die Beklagte Kenntnis hat und die sie daher mit ihrem Willen in ihre Obhut genommen hat.
- 23
- IV. Die Anschlussrevision des Klägers ist begründet.
- 24
- 1. Hinsichtlich der Klausel 1 hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, diese Bestimmung benachteilige die Vertragspartner nicht unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil der Luftfrachtführer ein legitimes Interesse daran habe, dass zerbrechliche oder verderbliche, insbesondere aber wertvolle und nur schwer wiederzubeschaffende Gegenstände nicht in das aufzugebende Gepäck gelangten.
- 25
- 2. Diese Ausführungen greift die Anschlussrevision mit Erfolg an, da die Klausel 1 im Zusammenwirken mit Klausel 2 die Vertragspartner der Beklagten entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 BGB).
- 26
- Bei der Entscheidung kann dahinstehen, ob Klausel 1 für sich betrachtet nicht beanstandet werden könnte, weil das Verbot des ersten Halbsatzes nur der Wahrnehmung des Zurückweisungsrechts des zweiten Halbsatzes dienen und ein berechtigtes Interesse der Beklagten anzuerkennen sein könnte, aufzugebendes Reisegepäck von Flugpassagieren dann zurückzuweisen und nicht zu befördern, wenn dieses die in der Klausel genannten zerbrechlichen, verderblichen oder wertvollen Gegenstände enthält. Denn Klausel 1 beschränkt sich nicht darauf, der Beklagten ein Recht zur Zurückweisung von Reisegepäck vorzubehalten, das den Beförderungsbedingungen widersprechende Gegenstände enthält, sondern steht im Zusammenhang mit der Klausel 2, die die Haftung der Beklagten für aufgegebenes Reisegepäck betrifft, das die in Klausel 1 genannten Gegenstände enthält und unabhängig davon gelten soll, ob der Flugpassagier diese Gegenstände bei der Aufgabe des Reisegepäcks deklariert. Indem Klausel 1 die Gegenstände benennt, die im aufzugebenden Reisegepäck nicht enthalten sein dürfen, und Klausel 2 die Haftung der Beklagten für aufgegebenes Reisegepäck unabhängig davon beschränken will, ob die Beklagte von dem nach Klausel 1 ihr vorbehaltenen Recht Gebrauch gemacht hat, die Beförderung von Reisegepäck, das derartige Gegenstände enthält, zu verweigern , dient Klausel 1 der Durchsetzung der mit der Klausel 2 angestrebten Haftungsbeschränkung.
- 27
- In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass die belastende Wirkung einer Klausel, die für sich betrachtet noch hinnehmbar sein mag, durch eine oder mehrere andere Vertragsbestimmungen derart verstärkt werden kann, dass der Vertragspartner des Verwenders im Ergebnis unangemessen benachteiligt wird. Stehen zwei Klauseln in Wechselwirkung, von denen eine schon isoliert betrachtet eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner des Verwenders enthält, während die andere für sich gesehen nicht zu beanstanden ist, kann sich die Unwirksamkeit auf beide Klauseln erstrecken (BGH, Urt. v. 14.5.2003 - VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234 m.w.N.; vgl. auch Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 Rdn. 155). Eine solche Wechselwirkung weisen die Klauseln 1 und 2 auf, denn die Beklagte will auch dann nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für Schäden am aufgegebenen Reisegepäck des Flugpassagiers haften, wenn sie Kenntnis davon hat, dass dieses Gegenstände enthält, die den Beförderungsbedingungen widersprechen , und sie das Gepäck gleichwohl bei der Aufgabe zur Beförderung entgegengenommen hat, statt es in Ausübung des in Klausel 1 vorbehaltenen Rechts zurückzuweisen. Klausel 1 stellt demzufolge zusammen mit Klausel 2 eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten dar und ist wegen ihres Zusammenwirkens mit Klausel 2 unwirksam. Im Falle eines derartigen Zusammenwirkens zweier Klauseln sind beide Klauseln unwirksam, weil es nicht Sache des Gerichts ist auszusuchen, welche der Klauseln bestehen bleiben soll (BGHZ 127, 245, 253). Deshalb bedarf es auch keiner Entscheidung , ob Klausel 1 in Allgemeinen Beförderungsbedingungen, die Klausel 2 nicht enthalten, der Inhaltskontrolle standhalten würde.
- 28
- Die Beklagte ist daher auf die Anschlussrevision dem auf Klausel 1 bezogenen Unterlassungsbegehren entsprechend zu verurteilen.
- 29
- V. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 91 ZPO.
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 04.09.2002 - 26 O 48/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 11.04.2003 - 6 U 206/02 -
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.
(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, Transportversicherer der S. GmbH in Meitingen (im folgenden: S. -GmbH), nimmt das beklagte Speditionsunternehmen aus abgetretenem Recht wegen der Beschädigung eines Wärmetauschers auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Eigentümerin des Wärmetauschers, die C. mbH in Bad Honnef (im folgenden: C.-GmbH), erteilte der S. -GmbH den Auftrag, Reparaturarbeiten an dem Gerät durchzuführen. Anschließend sollte der Wärmetauscher aufgrund einer Weisung der C.-GmbH an deren Kundin, die Firma F. S. (im folgenden: Firma S.) in Mönchengladbach , ausgeliefert werden. Nach Abschluß der Reparaturarbeiten Anfang
Oktober 1995 erteilte die S. -GmbH der B. & Co. Speditionsgesellschaft in A. (im folgenden: B.-GmbH) den Auftrag, die Beförderung des Wärmetauschers im Direkttransport ohne Umladung von Haus zu Haus von Meitingen nach Mönchengladbach zur Firma S. zu besorgen.
Der Wärmetauscher wurde daraufhin bei der S. -GmbH auf eine von der B.-GmbH gestellte Wechselbrücke verladen und am 5. Oktober 1995 mit einem Fahrzeug der B.-GmbH zunächst in deren Lager in Meitingen gebracht. Nach der Zuladung von weiterem Sammelgut beförderte die B.-GmbH die Wechselbrücke nach Mannheim, wo sie von einem Fahrer der Beklagten, mit der die B.GmbH im Fernverkehr innerhalb Deutschlands in ständiger Geschäftsbeziehung im Begegnungsverkehr zusammenarbeitet, übernommen und anschließend in das Lager der Beklagten in H. transportiert wurde. Am 6. Oktober 1995 wurde die Wechselbrücke mit einem Nahverkehrsfahrzeug von dem Fahrer R. der Beklagten bei der Firma S. angeliefert, wo der Mitarbeiter Hö. der C.-GmbH wartete, um den Wärmetauscher in Empfang zu nehmen. Aufgrund der Beschaffenheit des Wärmetauschers wurde zur Entladung des Gerätes ein Kran benötigt, der auf dem Gelände der Firma S. nicht sofort verfügbar war. Nachdem der Fahrer R. erklärt hatte, er könne das Eintreffen eines Krans nicht abwarten, verweigerte der Mitarbeiter der C.GmbH die Annahme des Wärmetauschers. Daraufhin brachte der Fahrer die Wechselbrücke in das Lager der Beklagten in H. zurück. Dort entluden Mitarbeiter der Beklagten die Wechselbrücke und nahmen den Wärmetauscher auf Lager.
Die Beklagte setzte die B.-GmbH und die S. -GmbH mit Telefax-Schreiben vom 6. Oktober 1995 von der Annahmeverweigerung in Kenntnis und teilte gleichzeitig mit, daß der Wärmetauscher nunmehr zu einer anderen Empfänge-
rin nach Würselen befördert werden solle. Mit einem weiteren Telefax vom selben Tag fragte die C.-GmbH bei der Beklagten an, ob der Wärmetauscher in der kommenden Woche an die Empfängerin in Würselen ausgeliefert werden könne. Schließlich wies auch die B.-GmbH - nach Abstimmung mit der C.GmbH - die Beklagte an, das Gerät nunmehr nach Würselen zu transportieren. Am 10. Oktober 1995 kippte der Wärmetauscher im Lager in H. von einem Hubwagen, mit dessen Hilfe Mitarbeiter der Beklagten das Gerät für den Transport nach Würselen auf eine Wechselbrücke verladen wollten. Anschließend wurde der Wärmetauscher auf eine Palette gesetzt und noch am selben Tag in Würselen gegen reine Quittung abgeliefert.
Die Empfängerin reklamierte am 13. Oktober 1995 gegenüber der B.GmbH einen Schaden am Wärmetauscher, den der Havariegutachter mit 90.944,96 DM beziffert hat. Die B.-GmbH hat am 10. Juni 1996 sämtliche ihr gegenüber der Beklagten aus dem streitgegenständlichen Transport zustehenden Schadensersatzansprüche an die Klägerin abgetreten.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei ihr zum Ersatz des Sachschadens und der Kosten für das Havariegutachten (1.882,40 DM) verpflichtet. Sie hat behauptet, die Beklagte habe vor der Einlagerung des Wärmetauschers in ihrem Lager in H. keine Weisung der B.-GmbH eingeholt. Vielmehr habe sie die B.-GmbH über die Annahmeverweigerung und die neue Lieferadresse, die sie sich vermutlich bei der C.-GmbH besorgt habe, erst nach der Einlagerung informiert.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 92.827,36 DM nebst Zinsen zu verurteilen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vorgetragen, ihr Fahrer habe sie noch vom Gelände der Firma S. aus von dem Ablieferungshindernis unterrichtet. Die B.-GmbH, die sie umgehend von der Annahmeverweigerung in Kenntnis gesetzt habe, habe ihr daraufhin - so die Behauptung der Beklagten in der Berufungsinstanz - zunächst nur die Weisung erteilt, den Wärmetauscher einzulagern. Das Faxschreiben der C.-GmbH vom 6. Oktober 1995 sei bei ihr erst nach der Einlagerung des Gerätes, nämlich am 9. Oktober 1995, eingegangen. Auf telefonische Nachfrage habe die B.-GmbH ihr noch am selben Tag den Transport des Wärmetauschers nach Würselen bestätigt. Die Beklagte hat sich zudem auf Verjährung berufen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten für den am Wärmetauscher entstandenen Schaden gemäß § 29 KVO und für die Schadensermittlungskosten nach § 32 Satz 2 KVO angenommen. Dazu hat es ausgeführt :
Die Anspruchsberechtigung der Klägerin ergebe sich daraus, daß die B.-GmbH sämtliche Schadensersatzansprüche, die sie wegen der Beschädigung des Wärmetauschers gegenüber der Beklagten geltend machen könnte, am 10. Juni 1996 an die Klägerin abgetreten habe. Die B.-GmbH sei als Absenderin berechtigt gewesen, im Wege der Drittschadensliquidation auch diejenigen Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die der S. -GmbH als Versenderin entstanden seien. Die S. -GmbH selbst habe zwar keinen Schaden erlitten. Dieser Umstand stehe der Aktivlegitimation der Klägerin jedoch nicht entgegen, weil die S. -GmbH berechtigt sei, den der C.-GmbH als Eigentümerin entstandenen Schaden nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation geltend zu machen mit der Folge, daß die Beklagte sich im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits so behandeln lassen müsse, als hätte die S. -GmbH selbst einen Schaden erlitten.
Die Beklagte habe den Wärmetauscher aufgrund eines zwischen ihr und der B.-GmbH bestehenden Rahmenfrachtvertrags im Fernverkehr von Mannheim nach Würselen mit einem eigenen Fahrzeug befördert, so daß sich ihre Haftung nach den Bestimmungen der Kraftverkehrsordnung (KVO) richte. Gemäß § 29 KVO müsse die Beklagte alle Schäden ersetzen, die in der Zeit von der Annahme des Gutes zur Beförderung bis zu dessen Auslieferung entstanden seien. Der streitgegenständliche Schaden sei im Lager der Beklagten bei dem Sturz des Wärmetauschers vom Hubwagen eingetreten. Die Umladung des Gerätes habe innerhalb des von § 29 KVO umfaßten Haftungszeitraums stattgefunden. Entgegen der erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vertretenen Auffassung der Beklagten habe deren Haftung gemäß § 29 KVO nicht bereits im Zeitpunkt des erstmaligen Eintreffens des Wärmetauschers in ihrem Lager in H. geendet; denn bis zum Schluß der
mündlichen Verhandlung sei unstreitig gewesen, daß die Beklagte mit dem Direkttransport ohne Umladung als Frachtführerin beauftragt worden sei. Der Transport des Wärmetauschers sei auch nicht mit der erneuten Einlagerung in H. (nach der fehlgeschlagenen Auslieferung an die Firma S.) gemäß § 28 Abs. 6 KVO beendet gewesen, weil der Inhalt des ursprünglichen Frachtvertrags dahingehend abgeändert worden sei, daß die Beförderung zur Empfängerin in Würselen zu erfolgen habe. Bezogen auf den nunmehr geschuldeten Transport nach Würselen habe es sich bei der Verbringung des Wärmetauschers vom Gelände der Firma S. zum Lager der Beklagten in H. daher um eine Zwischenlagerung i.S. des § 33 lit. e KVO gehandelt, die während der Beförderung des Gutes erforderlich geworden sei. Die in zweiter Instanz durchgeführte Beweisaufnahme habe nämlich ergeben, daß die B.-GmbH, vertreten durch den Mitarbeiter Hö. der C.-GmbH, noch auf dem Gelände der Firma S. von dem ihr gemäß § 27 KVO zustehenden Verfügungsrecht Gebrauch gemacht und mit der Beklagten vereinbart habe, den Wärmetauscher zunächst zum Lager in H. und von dort am nächsten oder übernächsten Tag zur Empfängerin nach Würselen zu transportieren.
Ein Ausschluß der Schadensersatzansprüche nach § 34 lit. c KVO komme ebensowenig in Betracht wie eine Minderung wegen Mitverschuldens eines Verfügungsberechtigten gemäß § 254 BGB. Schließlich greife auch die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht durch.
II. Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß der Klägerin gegen die Beklagte wegen der Beschädigung des Wärmetauschers in deren Lager in H. aus abgetretenem Recht der B.-GmbH gemäß § 29 KVO i.V. mit § 398 BGB ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 90.944,96 DM zusteht und daß die Beklagte darüber
hinaus nach § 32 Satz 2 KVO zur Erstattung der für die Schadensermittlung angefallenen Gutachterkosten in Höhe von 1.882,40 DM verpflichtet ist.
1. Das Berufungsgericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht, weil die B.-GmbH die ihr gegen die Beklagte zustehenden Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung des Wärmetauschers am 10. Juni 1996 an die Klägerin abgetreten habe. Es hat angenommen, die B.-GmbH sei nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation berechtigt gewesen, den der Eigentümerin des Wärmetauschers, der C.-GmbH, entstandenen Substanzschaden geltend zu machen. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.
a) In Rechtsprechung und Literatur ist seit langem allgemein anerkannt, daß ein Gläubiger ausnahmsweise berechtigt sein kann, nicht nur den eigenen, sondern auch den Schaden eines Dritten im Wege der Drittschadensliquidation geltend zu machen.
Dabei handelt es sich (u.a.) um Fälle mittelbarer Stellvertretung, die dadurch gekennzeichnet sind, daß eine Partei im eigenen Namen, aber auf Rechnung eines Dritten einen Vertrag abschließt (z.B. der Spediteur mit einem Frachtführer). Kommt das Gut des Dritten durch eine Vertragsverletzung zu Schaden, so soll der Schuldner aus dem zufälligen Auseinanderfallen von Anspruchsberechtigung und Schaden jedenfalls dann keinen Nutzen ziehen dürfen , wenn die der Schadensverlagerung zugrundeliegende Rechtsbeziehung die Wahrnehmung der Drittinteressen durch den Gläubiger des vertraglichen Schadensersatzanspruchs rechtfertigt (vgl. RGZ 90, 240, 246 f.; 115, 419, 425; BGHZ 25, 250, 258; BGH, Urt. v. 20.4.1989 - I ZR 154/87, TranspR 1989, 413, 414 = VersR 1989, 1168; MünchKommBGB/Grunsky, 3. Aufl., Vor § 249
Rdn. 120; Erman/Kuckuk, BGB, 10. Aufl., Vor § 249 Rdn. 140; Palandt/ Heinrichs, BGB, 60. Aufl., Vor § 249 Rdn. 15).
Eine weitere Fallgruppe betrifft die Verletzung von vertraglichen Obhutspflichten. Hier soll derjenige, der die vertragliche Pflicht zur Obhut und Fürsorge über eine ihm zur Verfügung gestellte Sache übernommen hat, seinem Vertragspartner gegenüber aus einer Verletzung der Obhutspflicht selbst zum Schadensersatz verpflichtet sein, auch wenn die in Obhut genommene Sache einem Dritten gehört (vgl. BGHZ 40, 91, 101; BGH, Urt. v. 10.4.1974 - I ZR 84/73, NJW 1974, 1614, 1616; Urt. v. 10.5.1984 - I ZR 52/82, TranspR 1984, 283, 284 = VersR 1984, 932; MünchKommBGB/Grunsky aaO Vor § 249 Rdn. 121; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., Vor § 249 Rdn. 254; Erman/Kuckuk aaO Vor § 249 Rdn. 143; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., § 425 HGB Rdn. 49). Eine derartige Sachverhaltsgestaltung ist im Streitfall gegeben.
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß der Schaden nicht bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin, der S. -GmbH, sondern bei der C.-GmbH eingetreten ist, da diese im Zeitpunkt des Schadensereignisses Eigentümerin des beschädigten Wärmetauschers war. Des weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt , die S. -GmbH sei aufgrund eines ihr von der C.-GmbH erteilten Reparaturauftrages unmittelbare Besitzerin des Wärmetauschers geworden. Nach Durchführung der Reparatur sei die S. -GmbH verpflichtet gewesen, den Wärmetauscher an ihre Auftraggeberin zurückzugeben, was aufgrund einer Absprache mit der C.-GmbH durch Auslieferung des Gerätes an die Firma S. habe geschehen sollen. Nach den weiteren rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die S. -GmbH die B.-GmbH mit der Besorgung des Transports des Wärmetauschers von Meitingen nach Mönchenglad-
bach zur Firma S. beauftragt. Das auf eine Wechselbrücke verladene Gerät wurde daraufhin am 5. Oktober 1995 von der B.-GmbH bei der S. -GmbH abgeholt und zunächst in das Lager der B.-GmbH in Meitingen gebracht. Dadurch erlangte die B.-GmbH berechtigten Besitz an dem Wärmetauscher. Unstreitig hat dann ein Fahrer der Beklagten die Wechselbrücke, auf der sich der Wärmetauscher befand, in Mannheim zur Weiterbeförderung im Fernverkehr übernommen.
c) Aufgrund der vertraglichen Beziehungen mit der B.-GmbH und der tatsächlichen Übernahme des Wärmetauschers in ihren Gewahrsam wurden seitens der Beklagten im Verhältnis zur B.-GmbH Obhuts- und Fürsorgepflichten hinsichtlich des übernommenen Guts begründet mit der Folge, daß die B.GmbH als Vertragspartnerin der Beklagten grundsätzlich zur Schadensliquidation im Drittinteresse berechtigt ist (vgl. BGH TranspR 1984, 283, 284). Es ist nicht erforderlich, daß der Vertragsberechtigte in direkten Vertragsbeziehungen zum materiell Geschädigten steht. Denn in den Obhutsfällen ist es zur Wahrnehmung der Interessen des tatsächlich Geschädigten ausreichend, daß der Vertragsberechtigte durch eine Kette von Verträgen mit dem Geschädigten verbunden ist und die Übertragung der Obhut auf den Schädiger bei Gesamtbetrachtung der einzelnen Verträge dem Interesse des Geschädigten entsprach (vgl. OLG Hamburg VersR 1987, 558; Piper, VersR 1988, 201, 202 f.).
Davon ist im Streitfall nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen. Für eine eingeschränkte Anwendung der Drittschadensliquidation ist im Frachthaftungsprozeß im übrigen auch deshalb kein Raum, weil die Frage, wem die Entschädigung letztlich zusteht, die Interessen des Transportunternehmers im Ergebnis nicht berührt (vgl. Piper aaO S. 203).
d) Die streitgegenständliche Schadensersatzforderung wird auch von der Abtretungserklärung der B.-GmbH vom 10. Juni 1996 umfaßt. Soweit die Revision rügt, nach der Formulierung betreffe die Abtretung nur den Auftrag zur Beförderung des Gutes an die Firma S. in Mönchengladbach, nicht aber die Ein-/Auslagerung und Zustellung an die Empfängerin in Würselen, verhilft ihr das nicht zum Erfolg. Es geht in der Erklärung vom 10. Juni 1996 ersichtlich um die Abtretung der hier geltend gemachten Schadensersatzansprüche. Eine ungenaue Kennzeichnung des abgetretenen Anspruchs ist unschädlich, weil sich der Gegenstand der Abtretung zweifelsfrei aus den Umständen ergibt.
2. Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht angenommen, daß der Klägerin gegen die Beklagte gem. §§ 29, 32 Satz 2 KVO aus abgetretenem Recht der B.-GmbH Ansprüche auf Schadensersatz wegen der Beschädigung des Wärmetauschers und auf Erstattung der Schadensermittlungskosten zustehen. Die Revision macht demgegenüber ohne Erfolg geltend, der Schaden sei nicht während des KVO-Haftungszeitraums eingetreten.
a) Die Entscheidung darüber hängt zunächst davon ab, ob zwischen der B.-GmbH und der Beklagten ein Frachtvertrag - so das Berufungsgericht - oder - so die Revision - ein Speditionsvertrag zustande gekommen ist.
Ein originär als Frachtführer mit dem Transport beauftragter Unternehmer unterliegt während des gesamten in § 29 KVO geregelten Haftungszeitraums - also von der Annahme des Gutes zur Beförderung bis zur Auslieferung - der unabdingbaren KVO-Haftung (vgl. BGH, Urt. v. 22.2.2001 - I ZR 282/98, Umdr. S. 10, m.w.N.). Dies folgt unmittelbar aus der gesetzlichen Haftungsbestimmung der KVO, die in § 29 KVO den Haftungszeitraum des
KVO-Unternehmers auf den gesamten Zeitraum zwischen Annahme des Gutes zur Beförderung und Auslieferung erstreckt. Dieser Haftungszeitraum wird in § 33 KVO noch dahingehend konkretisiert, daß der Unternehmer auch für Schäden bei der Abholung oder Zuführung der Güter (§ 33 lit. a KVO), beim Ver-, Aus- oder Umladen (§ 33 lit. b KVO) sowie bei der Vor-, Nach- und Zwischenlagerung (§ 33 lit. d und e KVO) eintreten muß. Demgemäß umfaßt die gesetzliche Konzeption der KVO-Haftung auch solche Tätigkeiten des KVOUnternehmers , die das Gepräge speditioneller Tätigkeiten tragen. Bei Abschluß eines Frachtvertrages wäre der Schaden daher noch während des KVO-Haftungszeitraums eingetreten.
Im Falle des Abschlusses eines Speditionsvertrages hätte die Beklagte vorliegend - worauf die Revision sich beruft - lediglich die Stellung eines Spediteur -Frachtführers (§§ 412, 413 HGB a.F.). Dieser haftet gem. § 1 Abs. 5 KVO nur insoweit nach den zwingenden Vorschriften der KVO, als er den Transport im Güterfernverkehr mit eigenen Fahrzeugen selbst ausführt (BGH, Urt. v. 15.11.1984 - I ZR 110/82, TranspR 1985, 47 = VersR 1985, 157; Urt. v. 9.5.1985 - I ZR 38/83, TranspR 1986, 13 = VersR 1985, 881; Urt. v. 15.5.1985 - I ZR 126/83, TranspR 1985, 327 = VersR 1985, 829). Danach komme im Streitfall - so die Revision - die zwingende KVO-Haftung nur insoweit in Betracht , als die Beklagte das Gut mit einem eigenen Fahrzeug im Fernverkehr von Mannheim zu ihrem Lager in H. befördert habe. Die KVO-Haftung habe damit vor Schadenseintritt geendet, da die anschließende Zustellung des Gerätes an den Empfänger im Bereich der speditionellen Tätigkeit erfolgt sei.
Damit vermag die Revision indessen nicht durchzudringen. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Beklagte habe die Beförderung des Wärmetauschers zum bestimmungsgemäßen Endempfänger als "Di-
rekttransport ohne Umladung" durch einen mit der B.-GmbH abgeschlossenen Frachtvertrag übernommen.
Die Vertragsauslegung ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Das Revisionsgericht kann sie nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln oder Denkgesetze verstößt, erfahrungswidrig ist, wesentlichen Tatsachenstoff außer acht läßt oder von einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung beeinflußt wird. Solche Rechtsfehler läßt das Berufungsurteil nicht erkennen.
aa) Die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Rechtsnatur des zwischen der B.-GmbH und der Beklagten geschlossenen Vertrags beruhen maßgeblich auf dem Umstand, daß die Parteien den der Beklagten erteilten Auftrag übereinstimmend als Frachtvertrag bezeichnet haben. Auch nach der mündlichen Verhandlung vom 12. März 1998, in deren Rahmen der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zur Abwicklung des Transports weiter vorgetragen hatte, ist die Beklagte dem im Schriftsatz der Klägerin vom 28. April 1998 enthaltenen Vortrag, das Vertragsverhältnis sei als Frachtvertrag zu qualifizieren, nicht entgegengetreten. Entgegen der Auffassung der Revision konnte das Berufungsgericht das Verständnis der Parteien bei der Beurteilung der Rechtsnatur des in Rede stehenden Auftrags schon deshalb als erheblich berücksichtigen , weil es davon ausgehen durfte, daß einem Speditionsunternehmen die rechtlichen Unterschiede zwischen Speditions- und Frachtverträgen erfahrungsgemäß geläufig sind mit der Folge, daß das rechtliche Verständnis der branchenangehörigen Unternehmen auch den Tatsachen entspricht.
bb) Die Parteien des zu beurteilenden Vertrags haben mit dem übereinstimmenden Vorbringen, die Beklagte sei von der B.-GmbH als Frachtführerin
beauftragt worden, zudem nicht nur eine für das Berufungsgericht unbeachtliche Rechtsauffassung geäußert, sondern ihre identische Rechtsbehauptung auch auf einen unstreitigen Sachverhalt gestützt. Die Klägerin hat unwidersprochen darauf hingewiesen, daß die Beklagte den Transport als "Direkttransport ohne jede Umladung direkt von Haus zu Haus" ausführen sollte. Die Beklagte hat diesen Sachvortrag in ihrem Schriftsatz vom 11. Oktober 1996 aufgegriffen und vorgebracht, sie habe lediglich den Transport, "hingegen weder Verladung noch Entladung" übernommen. Auch die Beklagte leitet die Rechtsnatur des zu beurteilenden Vertrags mithin daraus her, daß sie verpflichtet war, das Transportgut ohne zwischenzeitliche Umladung direkt zur Empfängerin zu befördern.
Mit Recht hat das Berufungsgericht die Vereinbarung eines Direkttransports "von Haus zu Haus ohne Umladung" als deutliches Indiz dafür gewertet, daß die Beklagte als Frachtführerin und nicht lediglich mit der Organisation des Transports beauftragt wurde. Hierbei ist es ohne Bedeutung, daß die Beklagte das Transportgut nicht bereits in Meitingen, sondern erst in Mannheim übernommen hat. Denn die Annahme eines Frachtvertrags liegt um so näher, je genauer die Vorgaben für die technische Abwicklung des Transports gefaßt sind (vgl. BGH, Urt. v. 22.10.1992 - I ZR 244/90, TranspR 1993, 143, 144 = VersR 1993, 633; OLG München TranspR 1997, 433 = VersR 1999, 341; Koller aaO § 453 HGB Rdn. 19).
cc) Daß die Durchführung des Transports und nicht nur dessen Organisation den Gegenstand der von der Beklagten geschuldeten Leistung bildete, folgt im übrigen daraus, daß die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag die vertragstypischen Speditionsleistungen des Be- und Entladens gerade nicht übernommen hat. Dem steht nicht entgegen, daß die Beklagte den Wärmetauscher
im Rahmen einer Sammelladung befördert hat. Maßgeblich ist insoweit, daß sie beim Zusammenstellen der Sammelladung hinsichtlich des Wärmetauschers keine speditionellen Umschlagleistungen vornehmen mußte. Vielmehr beschränkte sich ihre Leistung darauf, die bereits beladene Wechselbrücke mit einem eigenen Fahrzeug zu übernehmen und zur Empfängerin des Wärmetauschers zu befördern. Diese Tätigkeit entspricht - anders als die Sammelladungsorganisation eines Massenversenders (vgl. dazu BGH, Urt. v. 6.12.1990 - I ZR 138/89, TranspR 1991, 114 = VersR 1991, 480) - derjenigen eines Frachtführers.
dd) Der Umstand, daß die Beklagte bei der Trennung der Sammelladung speditionelle Nebenleistungen erbringen mußte, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme, die B.-GmbH habe die Beklagte als Spediteurin beauftragt. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, daß in § 33 KVO gerade vorgesehen ist, daß der Frachtführer gegebenenfalls auch speditionelle Nebentätigkeiten zu erbringen hat.
ee) Der Beurteilung des Berufungsgerichts steht schließlich nicht entgegen , daß die B.-GmbH und die Beklagte im Fernverkehr innerhalb Deutschlands in ständiger Geschäftsbeziehung im Begegnungsverkehr zusammenarbeiten. Diesem Umstand läßt sich entgegen der Auffassung der Revision nichts für die rechtliche Einordnung der im Begegnungsverkehr ausgeführten Aufträge entnehmen. Insbesondere ergibt sich daraus nicht zwingend, daß die Beklagte die im Begegnungsverkehr übernommenen Güter stets aufgrund von Speditionsverträgen weiterbefördert. Im Streitfall spricht gegen eine derartige Annahme vor allem die unstreitige Tatsache, daß die Beklagte die Beförderung "von Haus zu Haus im Direkttransport" durchführen sollte. Aus diesem Grund kann sich die Beklagte auch nicht auf den Erfahrungssatz berufen, daß Spedi-
tionsunternehmen im allgemeinen Speditionsverträge miteinander abschließen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 14.5.1998 - I ZR 95/96, TranspR 1998, 475 = VersR 1998, 1443).
b) Entgegen der Auffassung der Revision endete die KVO-Haftung der Beklagten gegenüber der B.-GmbH nicht gemäß § 28 Abs. 6 KVO dadurch, daß die Beklagte den Wärmetauscher nach der fehlgeschlagenen Ablieferung bei der Firma S. auf ihr Lager genommen hat.
aa) Nach § 28 Abs. 6 KVO ist der Frachtführer im Falle eines Ablieferungshindernisses unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, das transportierte Gut bei einem Spediteur oder einem öffentlichen Lagerhaus auf Gefahr und Kosten des Absenders zu hinterlegen mit der Folge, daß seine Haftung nach den Bestimmungen der KVO mit der Hinterlegung des Gutes endet. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall jedoch nicht erfüllt, weil § 28 Abs. 6 KVO eine Drittverwahrung des Gutes erfordert. Eine Hinterlegung im eigenen Lager führt dagegen nicht zur Beendigung der KVO-Haftung des Frachtführers (vgl. MünchKommHGB/Dubischar, § 28 KVO Rdn. 17, § 437 HGB Rdn. 14; Staub/Helm, GroßkommHGB, 4. Aufl., § 437 HGB Rdn. 18; Schlegelberger/ Geßler, HGB, 5. Aufl., § 437 Rdn. 17; Heymann/Honsell, HGB, § 437 Rdn. 15; a.A. Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl., § 437 Rdn. 2). Anders als in § 419 Abs. 3 HGB n.F. ist in § 28 Abs. 6 KVO die Möglichkeit, das Gut im Falle eines Ablieferungshindernisses anstelle einer Dritthinterlegung auf das eigene Lager zu nehmen, nicht vorgesehen. Der Annahme, im Falle eines Ablieferungshindernisses führe die Einlagerung des Gutes im eigenen Lager zu einer Beendigung der KVO-Haftung des Frachtführers, steht zudem die Systematik der KVO entgegen. Die Vorschrift des § 28 Abs. 6 KVO ist im Lichte der grundlegenden Haftungsnorm des § 29 KVO auszulegen. Danach haftet der Unternehmer für
alle Schäden, die in der Zeit von der Annahme des Gutes zur Beförderung bis zur Auslieferung entstehen. Die Auslieferung setzt dabei nach allgemeiner Meinung voraus, daß der Unternehmer den Gewahrsam an dem beförderten Gut aufgibt und statt dessen den Empfänger in die Lage versetzt, die tatsächliche Gewalt über das Gut auszuüben (vgl. Willenberg, KVO, 4. Aufl., § 29 Rdn. 13 f.). Daraus ergibt sich im Umkehrschluß, daß der Frachtführer nach der Konzeption des § 29 KVO jedenfalls solange haftet, wie er eigenen Gewahrsam über das übernommene Gut ausübt. Auf diesem Verständnis beruht auch § 28 Abs. 6 KVO, der es dem Frachtführer ermöglicht, seine Haftung nach § 29 KVO im Falle eines Ablieferungshindernisses durch Aufgabe des haftungsbegründenden Gewahrsams, nämlich durch Dritthinterlegung, zu beenden.
Macht der Frachtführer dagegen - wie im Streitfall - von seinem Hinterlegungsrecht keinen Gebrauch, verwahrt er das Gut also selbst weiter, so dauert seine Obhut und damit die Frachtführerhaftung fort (vgl. Staub/Helm aaO § 437 HGB Rdn. 18). Dieses Rechtsverständnis findet zudem in § 33 lit. e KVO eine Stütze, der bestimmt, daß der Unternehmer im Rahmen der §§ 29, 32, 34 KVO auch Güterschäden zu ersetzen hat, die bei Zwischenlagerungen bis zur Dauer von acht Tagen eintreten, sofern die Zwischenlagerung während der Beförderung des Gutes erforderlich geworden ist.
bb) Da die KVO-Haftung der Beklagten aufgrund ihres fortdauernden Gewahrsams am Wärmetauscher zum Schadenszeitpunkt noch bestanden hat, ist sie gemäß § 29 KVO zum Ersatz des am Wärmetauscher entstandenen Substanzschadens, der nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts 90.944,96 DM betragen hat, verpflichtet. Gemäß § 32 Satz 2 KVO schuldet die Beklagte darüber hinaus Ersatz der Kosten, die durch die
Ermittlung und Feststellung des Schadens entstanden sind, und sich unstreitig auf 1.882,40 DM belaufen.
Auf die von der Revision angegriffene Feststellung des Berufungsgerichts , die Beklagte habe den Wärmetauscher auf Weisung der B.-GmbH, vertreten durch den Mitarbeiter Hö. der C.-GmbH, auf ihr Lager genommen, kommt es danach für die Haftung der Beklagten ebensowenig an wie auf den Einwand der Revision, die Weisungen Hö. hätten sich für die Beklagte als neuer Auftrag dargestellt, den sie auf der Grundlage der ADSp angenommen und ausgeführt habe.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision schließlich auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Ersatzpflicht der Beklagten sei weder gemäß § 34 lit. c KVO ausgeschlossen noch wegen Mitverschuldens eines Verfügungsberechtigten gemäß § 254 BGB gemindert.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, aus dem Fehlen einer Transportverpackung und der unterbliebenen Warnung, den Wärmetauscher unter Einsatz eines Flurförderzeugs umzuladen, könne deshalb kein Mitverschulden der B.-GmbH bzw. der S. -GmbH abgeleitet werden, weil eine Umladung des Wärmetauschers nach dem Inhalt des erteilten Transportauftrags nicht habe erfolgen sollen. Eine Anweisung zum Abladen habe sich auch nicht aus den Umständen der fehlgeschlagenen Ablieferung bei der Firma S. ergeben , da es ohne weiteres möglich gewesen sei, den Wärmetauscher bis zum 11. Oktober 1995 auf der Wechselbrücke zu belassen. Insbesondere wären hierfür keine erheblichen Mehrkosten entstanden, so daß die Entladung und anschließende Neuverladung nicht im mutmaßlichen Interesse der B.-GmbH
gelegen hätten. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand.
b) Die Revision rügt, die Beklagte hätte spätestens nach der Annahmeverweigerung durch die Firma S. darauf hingewiesen werden müssen, daß es sich bei dem Wärmetauscher um ein kopflastiges Gerät handelte, das nur hängend hätte entladen werden dürfen. Die B.-GmbH habe nicht annehmen dürfen , daß der Wärmetauscher, über dessen voraussichtliche Einlagerungsdauer noch nicht abschließend entschieden gewesen sei, auf der Wechselbrücke verbleiben würde. Mit diesem Vorbringen vermag die Revision nicht durchzudringen.
Sie läßt außer acht, daß der Beklagten aufgrund des Ablieferungshindernisses bei der Firma S., das in der fehlenden Verfügbarkeit eines Entladekrans bestanden hat, hätte bekannt sein müssen, daß eine Entladung des Geräts nur hängend vorgenommen werden durfte. Eines besonderen Hinweises hierauf bedurfte es nach den Vorgängen auf dem Gelände der Firma S. nicht mehr. Nach ihrem eigenen Vortrag verfügte die Beklagte in ihrer Lagerhalle auch über einen Kran. Diesen hätte sie bei der Umladung des Wärmetauschers einsetzen müssen.
III. Danach war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Pokrant Schaffert
Durch den Leihvertrag wird der Verleiher einer Sache verpflichtet, dem Entleiher den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten.
(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.
(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Am 30. Mai 2006 parkte die Klägerin ihren PKW in der Nähe einer Feldscheune. Diese geriet gegen 15 Uhr in Brand und stand gegen 15:22 Uhr vollständig in Flammen. Der Brand beschädigte auch das Fahrzeug der Klägerin. Die beiden damals elf Jahre alten Beklagten hatten sich kurz vor Ausbruch des Feuers in der Scheune befunden und mit einem Feuerzeug hantiert, das sie dort gefunden hatten. Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten den Brand verursacht, und hat diese deshalb auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens in Anspruch genommen.
- 2
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht führt aus: Die Klägerin habe nicht das Vorliegen eines typischen Geschehensablaufes nachgewiesen, in Ansehung dessen es nach den Regeln des Lebens und nach der Erfahrung typischerweise zur Entstehung des streitgegenständlichen Scheunenbrandes gekommen sei. Als zur Begründung der Annahme eines Anscheinsbeweises dienender Sachverhalt sei aufgrund der übereinstimmenden Angaben der beiden Beklagten im Rahmen ihrer informatorischen Anhörungen lediglich festzustellen, dass die Beklagte zu 1, gemeinsam mit der Beklagten zu 2 in der Scheune stehend, das handelsübliche Feuerzeug kurzzeitig dergestalt betätigt habe, dass eine Flamme erzeugt worden sei. Dass bzw. wie diese Flamme mit brennbarem Material in Verbindung geraten sei, sei auch unter Berücksichtigung des Inhaltes der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft nicht festzustellen gewesen. Wenn auch generell das Hantieren mit offenem Feuer in einer mit Stroh, Heu etc. gefüllten Feldscheune, zudem im Mai, unzweifelhaft ein gefahrträchtiges Tun darstelle und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sei, die Entstehung eines Brandes herbeizuführen, so sei jedoch vorliegend zu berücksichtigen, dass die Klägerin als Geschädigte für das Vorliegen eines Anscheinsbeweises ein Geschehen darzulegen und zu beweisen habe , das nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig und üblicherweise einen Brand zur Folge habe. Dies sei der Klägerin im Ergebnis jedoch nicht gelungen, da das vorliegend allein festzustellende kurzzeitige, einmalige Entzünden eines handelsüblichen Feuerzeuges in einer mit Stroh u.a. brennbaren Materialien gefüllten Scheune ohne Berührung mit brennbarem Material und ohne Hinzutreten weiterer Umstände eben nicht regelmäßig und üblicherweise zur Brandentfachung führe. Der nach dem Ergebnis der informatorischen Anhörungen der Beklagten, der Beweisaufnahme durch sachverständige Beratung sowie Beiziehung der polizeilichen Ermittlungsakte festzustellende Geschehensablauf rechtfertige die Annahme eines Anscheinsbeweises für die Inbrandsetzung der Feldscheune infolge des Betätigens des Feuerzeuges durch die Beklagte zu 1 nicht. Denn als Ausgangspunkt für den typisierten Geschehensablauf sei vorliegend gerade nicht ein allgemeines "Spielen mit dem Feuer in einer Scheune" zugrunde zu legen, sondern der konkret im Einzelfall festgestellte Sachverhalt, also das einmalige Entzünden eines Feuerzeuges durch eine stehende Person "mitten in der Luft". Dieses aber sei, im Gegensatz zu dem unbewiesenen "Spielen" mit offenem Feuer, nicht geeignet, als Anscheinsbeweis für die Entstehung des Scheunenbrandes zu dienen, weil bei lebensnaher Betrachtung alles dagegen spreche, dass durch einen solchen Vorgang die Inbrandsetzung einer Scheune erfolge.
- 4
- Soweit man einen Anscheinsbeweis bejahen wollte, sei es den Beklagten allerdings nicht möglich, diesen zu entkräften. Denn ernsthaft in Betracht zu ziehende andere Ursachen für die Brandentstehung seien von den Beklagten entweder bereits nicht hinreichend dargelegt (betreffend die sich auf dem Gelände der Agrargenossenschaft gegen 15:00 Uhr aufhaltenden drei erwachsenen Personen sowie eine mit dem Linienbus nach B. fahrende männliche Person ) oder aber nicht bewiesen worden (betreffend in der Scheune aufhältige und rauchende Jugendliche/Kinder).
II.
- 5
- Die Revision hat Erfolg. Da die Beklagte zu 1 in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Bekanntgabe des Termins nicht vertreten war, ist über ihre Revision antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, §§ 557, 331 ZPO. Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge , sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.).
- 6
- Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten aus §§ 823 Abs. 1, 840 Abs. 1 BGB zu.
- 7
- 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin im Wege des Anscheinsbeweises bewiesen, dass die Beklagten den Brand verursacht haben.
- 8
- a) Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist (Senatsurteil BGHZ 163, 209, 212). Zutreffend geht das Beru- fungsgericht davon aus, dass der Beweis des ersten Anscheins grundsätzlich auch bei der Feststellung von Brandursachen in Betracht kommen kann (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 1974 - VI ZR 53/71 - VersR 1974, 750; vom 18. Oktober 1983 - VI ZR 55/82 - VersR 1984, 63 f.; BGH, Urteile vom 9. November 1977 - IV ZR 160/76 - VersR 1978, 74, 75; vom 28. Februar 1980 - VII ZR 104/79 - VersR 1980, 532; vom 12. Mai 1993 - IV ZR 120/92 - VersR 1993, 1351; vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90 - VersR 1991, 460, 461; OLG Düsseldorf, r+s 1993, 138 f.; OLG Hamm, VersR 2000, 55, 56 f.; OLG Köln, VersR 1994, 1420; OLG Rostock, OLGR 2008, 736 f.). Im Wege des Anscheinsbeweises kann gegebenenfalls von einem bestimmten eingetretenen Erfolg auf die Ursache geschlossen werden (Senatsurteile vom 22. Mai 1979 - VI ZR 97/78 - VersR 1979, 822, 823; vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89 - VersR 1991, 195; vom 5. November 1996 - VI ZR 343/95 - VersR 1997, 205, 206). Dieser Schluss setzt einen typischen Geschehensablauf voraus (Senatsurteil vom 5. November 1996 - VI ZR 343/95 - aaO, m.w.N.). Typizität bedeutet in diesem Zusammenhang allerdings nur, dass der Kausalverlauf so häufig vor- kommen muss, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben , sehr groß ist (Senatsurteil vom 5. November 1996 - VI ZR 343/95 - aaO; BGH, Urteil vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90 - aaO, S. 461 f.).
- 9
- b) Mit Recht beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht einen typischen Geschehensablauf mit der unzutreffenden Begründung verneint habe , das Betätigen des Feuerzeuges sowie die Entzündung der Flamme in der Scheune reichten hierfür nicht aus.
- 10
- aa) Das Berufungsgericht stellt fest, dass der Brand der Scheune nach den Feststellungen des Sachverständigen sowohl in technischer wie in zeitlicher Hinsicht durch das Hantieren der Beklagten mit dem Feuerzeug verursacht worden sein kann. Allerdings trifft es ersichtlich keine Feststellungen zum konkreten Geschehensablauf. Darauf kommt es für die Frage, ob ein Anscheinsbeweis greift, aber auch nicht an.
- 11
- In Fällen, in denen - wie hier - darum gestritten wird, ob ein an sich schadensträchtiges Verhalten einen entstandenen Schaden tatsächlich ausgelöst hat, soll der Anscheinsbeweis dem Geschädigten den Kausalitätsbeweis erleichtern. Steht das zur Herbeiführung des Schadens geeignete Verhalten des in Anspruch genommenen fest und ist der entstandene Schaden eine typische Folge eines solchen Verhaltens, greift zunächst der Anscheinsbeweis und es ist Sache des in Anspruch genommenen, den Anschein durch die Behauptung und den Beweis konkreter Tatsachen zu entkräften. Die Funktion dieser Beweiserleichterung , den Anspruchsteller vom Vortrag konkreter - ihm zumeist unbe- kannter - Einzelheiten des Kausalverlaufs zu entlasten, würde nicht unbeträchtlich entwertet, wenn dem Anspruchsteller abverlangt würde, als Teil des typischen Lebenssachverhalts vorzutragen und zu beweisen, dass bestimmte Einzelheiten , welche die Gegenseite zum Kausalverlauf vorträgt, unrichtig seien. Der Anscheinsbeweis unterscheidet sich von Feststellungen nach allgemeinen Beweisregeln gerade dadurch, dass der konkrete Geschehensablauf nicht festgestellt zu werden braucht, weil von einem typischen Hergang ausgegangen werden kann, solange nicht von dem Gegner Tatsachen bewiesen werden, die den Anschein entkräften (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 1974 - VI ZR 53/71 - aaO).
- 12
- bb) Bezogen auf den Streitfall nimmt das Berufungsgericht zu Recht an, das Hantieren mit offenem Feuer in einer mit Stroh, Heu etc. gefüllten Feldscheune stelle unzweifelhaft ein gefahrträchtiges Tun dar und sei nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet, die Entstehung eines Brandes herbeizuführen. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die Beklagten seinerzeit mit dem Feuerzeug in der Scheune hantierten, dass dabei eine offene Flamme erzeugt wurde und dass in unmittelbarer zeitlicher Folge die Scheune in Brand stand. Anhaltspunkte für andere Brandursachen sind nach den Ausführungen des Berufungsgerichts entweder nicht substantiiert vorgetragen oder jedenfalls nicht beweisbar. Das Berufungsgericht meint, dies spiele nur insoweit eine Rolle, als es um die von den Beklagten darzulegende und zu beweisende Entkräftung des Anscheinsbeweises gehe.
- 13
- Das ist indes unrichtig. Bereits bei der Bestimmung des typischen Lebenssachverhalts darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass für andere Ursachen als die, die der Geschädigte vorgetragen hat, keine Anhaltspunkte bestehen. Dementsprechend hat der erkennende Senat entschieden, dass dann, wenn bei einem bestimmten Erfolg für eine Ursache feste Anhaltspunkte bestehen, die diese Ursache als möglich erscheinen lassen, während für andere in Frage kommende Ursachen solche Anhaltspunkte tatsächlicher Art völlig fehlen, der Beweis des ersten Anscheins für die erste Ursache spricht (vgl. BGHZ 11, 227, 230; Senatsurteil BGHZ 172, 1, 6). Kommt der in Anspruch Genommene als Verursacher eines schädigenden Erfolgs in Betracht, ist von dem festgestellten Erfolg aus rückblickend auch zu fragen, welche Anhaltspunkte für das Vorhandensein etwaiger anderer möglicher Ursachen bestehen (vgl. BGHZ 11, 227, 230; Senatsurteile BGHZ 114, 284, 290; 163, 209, 212 f.). Denn wenn eine gefährliche Handlung in Frage steht, die allgemein geeignet sein kann, den schädigenden Erfolg herbeizuführen, und wenn dieser Erfolg in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Vornahme der gefährlichen Handlung eingetreten ist, kann bei der Beantwortung der Frage, ob eine den Anscheinsbeweis rechtfertigende typische Situation vorlag, nicht unberücksichtigt bleiben, ob konkrete Anhaltspunkte für eine andere Ursache ersichtlich sind.
- 14
- cc) Der vom Anspruchsteller vorzutragende typische Lebenssachverhalt beschränkt sich danach in Fällen der vorliegenden Art darauf, dass es nach dem Hantieren mit einem feuergefährlichen Gegenstand in einer extrem brandgefährdeten Umgebung zur Entwicklung offenen Feuers gekommen ist, in unmittelbarer zeitlicher Folge ein Brand ausgebrochen ist und konkrete Anhaltspunkte für eine andere Brandursache fehlen. Es obliegt dann dem in Anspruch Genommenen, Umstände vorzutragen und zu beweisen, die den Anschein entkräften. Dies ist im Streitfall den Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gelungen.
- 15
- 2. Die Revision ist danach begründet. Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, kann der erkennende Senat selbst in der Sache entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Wenn das Berufungsgericht die den Anscheinsbeweis begründenden Tatsachen rechtsfehlerfrei festgestellt und allein die Grundsätze des Anscheinsbeweises verkannt hat, kann das Revisionsgericht selbst die rechtliche Schlussfolgerung daraus ziehen und die Ursächlichkeit bejahen (Senatsurteil vom 28. Februar 1980 - VII ZR 104/79 - aaO). Die Höhe des entstandenen Schadens ist unstreitig.
- 16
- Allerdings macht die Revisionserwiderung geltend, die Beklagte zu 2 hafte schon deshalb nicht, weil sie nach den im Berufungsurteil wiedergegebenen Äußerungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung das gefundene Feuerzeug lediglich zunächst betätigt habe, ohne eine Flamme zu erzeugen. Das Berufungsgericht meint in anderem rechtlichen Zusammenhang, bei diesem Sachverhalt handele es sich nicht um ein gemeinsames Spielen in einer Scheune mit offenem Feuer. Für die Frage der Mithaftung ist darauf jedoch nicht abzustellen. Nach dem der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legenden Sachverhalt waren beide Kinder an der Schaffung der Brandgefahr beteiligt. Die Beklagte zu 2 war bei dem gefährlichen Tun der Beklagten zu 1 nicht etwa nur anwesend, sondern hat, indem sie das Feuerzeug zunächst selbst ausprobierte und es sodann der Beklagten zu 1 zur weiteren Betätigung überließ, selbstständig zu dem schädlichen Erfolg beigetragen, was ihre Haftung begründet (vgl. Senatsurteile BGHZ 111, 282, 284 f. und vom 23. Februar 1988 - VI ZR 151/87 - VersR 1988, 800 f.; OLG Hamm, OLGR 1998, 284 f.; OLG Oldenburg, NJW-RR 2004, 1671 f.).
- 17
- Da die Klage demnach begründet ist, sind die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts zurückzuweisen. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
AG Rudolstadt, Entscheidung vom 15.11.2007 - 1 C 705/06 -
LG Gera, Entscheidung vom 07.01.2009 - 1 S 485/07 -
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften des § 7 gelten nicht,
- 1.
wenn der Unfall durch ein Kraftfahrzeug verursacht wurde, das auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 Kilometer in der Stunde fahren kann, es sei denn, es handelt sich um ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion im Sinne des § 1d Absatz 1 und 2, das sich im autonomen Betrieb befindet, - 2.
wenn der Verletzte bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig war oder - 3.
wenn eine Sache beschädigt worden ist, die durch das Kraftfahrzeug befördert worden ist, es sei denn, dass eine beförderte Person die Sache an sich trägt oder mit sich führt.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Zwischen den Parteien besteht Streit über die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer eines LKW für die Kosten der Entsorgung von Transportgut nach einem Verkehrsunfall.
- 2
- Der bei der Beklagten versicherte LKW geriet am 17. März 2003 auf der BAB A 81 in Brand, nachdem ein Reifen geplatzt war. Er brach sodann auseinander. Die Ladung des Fahrzeugs, die aus 25 t Orangen bestand, wurde durch den Brand weitgehend unbrauchbar und blockierte zusammen mit dem beschädigten LKW die Fahrbahn. Die Klägerin ließ die Fahrbahn räumen und sodann die Orangen durch Verbrennen entsorgen.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage auf Erstattung der Entsorgungskosten stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 7 StVG, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 31 Abs. 2 StVZO, § 3 Nr. 1 PflVG. Infolge der - unstreitig - vom Versicherungsnehmer der Beklagten verursachten Eigentumsverletzung habe die Klägerin die Orangen entsorgen müssen. Die Entsorgungskosten seien ein Schaden im Sinne des § 249 BGB. Zu ersetzen seien die erforderlichen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten dürfe. Da die Orangen unverwertbar bzw. unverkäuflich gewesen seien, habe die Klägerin entsprechend dem mutmaßlichen Willen des Versicherungsnehmers der Beklagten das Gut vernichten dürfen.
II.
- 5
- Das Urteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
- 6
- 1. Auch wenn das Berufungsgericht die Revision zur Klärung der Frage zugelassen hat, ob die Entsorgungskosten einen adäquat-kausalen Schaden im Rahmen der Eigentumsverletzung durch den Versicherungsnehmer der Beklagten darstellten, ist eine Beschränkung der Zulassung der Revision nicht gege- ben. Wird die Revision zugelassen, so erfasst die Zulassung den gesamten Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat und für den die zur Zulassung führende Rechtsfrage von Bedeutung ist (vgl. Senatsurteile vom 25. März 2003 - VI ZR 131/02 - VersR 2003, 1441, 1442 und vom 28. März 2006 - VI ZR 50/05 - VersR 2006, 944). Die Frage des Ursachenzusammenhangs zwischen Schadensereignis und Entsorgungskosten ist für den Klageanspruch insgesamt entscheidend.
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- 2. Die Beklagte haftet für die Kosten der Verbrennung der Orangen nach § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 3 Nr. 1 PflVG. Die zur Behebung der Sachbeschädigung, d.h. zur Wiederherstellung der Benutzbarkeit der Bundesautobahn , erforderlichen Kosten umfassen neben den nicht mehr im Streit befindlichen Kosten für Reinigung der Straße, Aufnahme und Abtransport der die Fahrbahn blockierenden Ladung auch die Kosten der Vernichtung der unstreitig zerstörten Ladung (vgl. zu Entsorgungskosten Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 27 Rn. 15).
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- a) Der Brand des LKW während der Fahrt auf der Autobahn war Folge eines Betriebsvorgangs (vgl. OLG Saarbrücken, VRS 99, 104, 105 mit Nichtannahmebeschluss des erkennenden Senats vom 28. März 2000 - VI ZR 217/99; vgl. auch OVG Koblenz, NVwZ-RR 2001, 382), dessen Auswirkungen eine Sache der Klägerin, nämlich die Bundesautobahn (§ 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 FStrG), beschädigten. Der Schadensbegriff des § 7 StVG entspricht dem des BGB (BGHSt 29, 132, 135; BGH, Urteil vom 20. Dezember 2006 - IV ZR 325/05 - VersR 2007, 200, 201; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 7 Rn. 26; Schneider, MDR 1989, 193, 194 ff.). Danach ist eine Sache beschädigt, wenn entweder ihre Substanz nicht unerheblich verletzt oder ihre Brauchbarkeit zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung nicht unerheblich beeinträchtigt worden ist, ohne dass zugleich in ihre Substanz eingegriffen werden müsste (Se- natsurteil vom 7. Dezember 1993 - VI ZR 74/93 - VersR 1994, 319, 320; BGH, Urteil vom 20. Dezember 2006 - IV ZR 325/05 - aaO; Urteil vom 21. Dezember 1970 - II ZR 133/68 - VersR 1971, 418, 420; OLG Köln VersR 1983, 287). Nach den von den Parteien nicht in Zweifel gezogenen tatsächlichen Umständen war die Bundesautobahn an der Unfallstelle durch die Ladung blockiert und musste gereinigt werden, bevor sie wieder dem Verkehr übergeben werden konnte. Dementsprechend hat die Beklagte inzwischen die zur Wiederherstellung der Benutzbarkeit der Bundesautobahn erforderlichen Kosten für die Reinigung der Straße und den Abtransport der die Fahrbahn blockierenden Ladung beglichen.
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- b) Schadensrechtlich sind die Entsorgungskosten jedenfalls im vorliegenden Fall, in dem die zerstörte Ladung die Bundesautobahn verschmutzte und blockierte, nicht als Folgeschäden der Eigentumsverletzung an der transportierten Sache (Zerstörung der Orangen) einzustufen, sondern als - allerdings ursächlich in der Zerstörung der transportierten Sache begründete - Folgekosten aus der bei der Klägerin eingetretenen Eigentumsverletzung an der Bundesautobahn. An der Adäquanz, d.h. der Eignung des zum Schaden führenden Ereignisses im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen, einen Erfolg der eingetretenen Art herbeizuführen (vgl. Senatsurteil vom 16. April 2002 - VI ZR 227/05 - VersR 2002, 773), besteht nach Lage des Falles kein Zweifel (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - IV ZR 325/05 - VersR 2007, 200, 201). Die durch den Betrieb des Fahrzeugs zerstörte Ladung blockierte die Fahrbahn; zur Wiederherstellung der Brauchbarkeit der Fahrbahn war die Ladung aufzunehmen, abzutransportieren und - da zerstört und damit wertlos - zu entsorgen. Erst dann war der Schaden beseitigt und der vor dem schädigenden Ereignis bestehende Zustand wieder hergestellt. Eine weitere Verwahrung hätte, weil letztlich nur die Vernichtung der Ware in Frage kam, nur überflüssige Kosten verursacht. Bei den getroffenen Maßnahmen ging es mithin darum, den zur Beseitigung der Unfallfolgen erforderlichen Aufwand und damit den Schaden zu begrenzen, für den die Beklagte als Versicherer des Fahrzeugs einzustehen hat.
- 10
- Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegensetzen, dass die Ladung unter Umständen zu Dünger hätte verarbeitet werden können. Dieser Vortrag steht in Widerspruch zu den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des Urteils des Landgerichts, dass die Fracht unstreitig "weitgehend zerstört" und "verdorben" gewesen sei. Er kann deshalb in der Revision nicht berücksichtigt werden (§ 559 Abs. 2 ZPO).
- 11
- c) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Haftung gemäß § 7 StVG, § 3 Nr. 1 PflVG nicht deshalb nach § 8 Nr. 3 StVG ausgeschlossen, weil die Orangen Transportgut des verunfallten LKW waren. Zwar schließt § 8 Nr. 3 StVG die Haftung des Halters aus, "wenn eine Sache beschädigt worden ist, die durch das Kraftfahrzeug... befördert wurde ...". Doch sind damit nur Schäden an der transportierten Sache selbst gemeint (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 1980 - IV ZR 39/78 - VersR 1980, 522, 524; vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 8 Nr. 3 StVG in BT-Drs. 14/7752, S. 31). Entgegen der Auffassung der Revision hat § 8 Nr. 3 StVG keinen anderen Regelungsgehalt. Schon nach dem Wortlaut des § 8 Nr. 3 StVG sind nur Schäden an der transportierten Sache selbst von der Haftung nach § 7 StVG nicht umfasst. Außerdem ist § 8 Nr. 3 StVG als Ausnahmevorschrift zur grundsätzlichen Haftung des Halters für Sachschäden eng zu verstehen (vgl. zu § 8 StVG a.F. Senatsurteile BGHZ 116, 200, 205; vom 7. Juli 1956 - VI ZR 157/55 - VersR 1956, 640). Dieses Verständnis der Regelung in § 8 Nr. 3 StVG stimmt überein mit der Auffassung des IV. Zivilsenats des BGH, wonach die Haftungsausschlussklausel in § 11 AKB, die für das Deckungsverhältnis zwischen Versicherer und Halter gilt, nur Schäden erfasst, die unmittelbar an den beförderten Gütern selbst eingetreten sind, (BGH, Urteil vom 23. November 1994 - IV ZR 48/94 - VersR 1995, 162, 163; ebenso schon Urteil vom 28. Mai 1969 - IV ZR 615/68 - VersR 1969, 726, 727; siehe auch Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., § 11 Rn. 24 AKB).
- 12
- Nach alledem gilt der Haftungsausschluss nicht für Kosten, die dadurch entstehen, dass die beförderte Sache beseitigt werden muss, weil sie eine andere beeinträchtigt.
- 13
- 3. Im Hinblick auf den nach § 7 StVG in Verbindung mit § 3 Nr. 1 PflVG gegebenen Anspruch bedarf keiner Klärung, ob der Anspruch der Klägerin auch unter dem Gesichtspunkt der Verschuldenshaftung begründet wäre. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen kann dies vom erkennenden Senat nicht beurteilt werden. Ebenso kann offen bleiben, ob die Klägerin Ersatz ihrer Aufwendungen im Wege des Direktanspruchs nach § 3 Nr. 1 PflVG für eine Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen könnte (vgl. hierzu Senatsurteil vom 4. Juli 1978 - VI ZR 96/77 - VersR 1978, 962 f. unter II. 2.).
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- 4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
LG Stuttgart, Entscheidung vom 25.04.2006 - 15 O 70/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 18.10.2006 - 3 U 114/06 -
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, weil das Fahrzeug den Bau- und Betriebsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht entsprach oder von einem unberechtigten Fahrer oder von einem Fahrer ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis geführt wurde, kann der Versicherer den Dritten abweichend von § 117 Abs. 3 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes nicht auf die Möglichkeit verweisen, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger zu erlangen. Soweit der Dritte jedoch von einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 von der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughalter Ersatz seines Schadens erlangen kann, entfällt die Leistungspflicht des Versicherers.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.