Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 07. Juli 2010 - 5 U 613/09 - 124
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 19.11.2009 – Az: 14 O 196/06 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt 86%, die Beklagte trägt 14% der Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des gesamten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 45.102,61 EUR bis zum 03.05.2010 und auf 36.102,61 EUR ab dem 04.05.2010 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 19.11.2009 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 51.378,00 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5% über Basiszinssatz hieraus seit dem 07.02.2006 und ihn von der Gebührenforderung seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 869,94 EUR freizustellen.
die Berufung zurückzuweisen.
II.
(1.)
(2.)
(a)
(aa)
(bb)
(b)
(c)
(d)
(3.)
(4.)
Urteilsbesprechung zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 07. Juli 2010 - 5 U 613/09 - 124
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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 07. Juli 2010 - 5 U 613/09 - 124 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
Der Versicherer verpflichtet sich mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei ihr am 1. Juni 2001 genommenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung in Anspruch.
- 2
- Im Januar 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Abschluss einer Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung, die einen anderweitig bestehenden vertraglichen Berufsunfähigkeitsschutz ersetzen sollte. In dem vom Versicherungsagenten der Beklagten, dem Zeugen F. , ausgefüllten Versicherungsantrag vom 24. Januar 2001 sind die Fragen nach Krankheiten, gesundheitlichen Störungen oder Beschwerden verneint; die Frage nach ärztlichen Behandlungen in den zurückliegenden fünf Jahren ist unter Hinweis auf einen grippalen Infekt im November 2000 bejaht. Im August 2003 begehrte der Kläger Versicherungsleistungen mit der Begründung, er könne seinen bisherigen Beruf als Kfz-Mechaniker wegen eines Bandscheibenvorfalls nicht mehr ausüben. Die Beklagte erklärte daraufhin den Rücktritt vom Versicherungsvertrag und focht diesen wegen arglistiger Täuschung an, weil der Kläger bei der Antragstellung mehrere Erkrankungen verschwiegen habe. Demgegenüber macht der Kläger geltend , er habe die Gesundheitsfragen ordnungsgemäß beantwortet; der Versicherungsagent der Beklagten habe die geschilderten Beschwerden jedoch als unerheblich für den Abschluss des Vertrages bezeichnet und deshalb nicht in das Antragsformular aufgenommen.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente sowie auf rückständige Rentenleistungen im Wesentlichen stattgegeben, den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses festgestellt und die Beklagte zur Beitragsfreistellung sowie zur Erstattung bereits geleisteter Beiträge verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 5
- I. Das Berufungsgericht sieht es nach dem Ergebnis der landgerichtlichen Beweisaufnahme als erwiesen an, dass der Kläger den Versicherungsagenten der Beklagten bei Antragstellung auf seine Vorerkrankungen , insbesondere auf eine frühere Rückenerkrankung hingewiesen und ihn auch von den zum Zeitpunkt der Antragstellung gegenwärtigen Kniebeschwerden in Kenntnis gesetzt hat. Der Versicherungsagent habe, so das Berufungsgericht weiter, daraufhin erklärt, die Rücken- und die Kniebeschwerden seien für den Abschluss des Versicherungsvertrages unerheblich; er habe dann lediglich einen grippalen Infekt in das Antragsformular aufgenommen. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, in einem solchen Fall komme eine arglistige Täuschung des Versicherers dann in Betracht, wenn Versicherungsnehmer und Versicherungsagent zu Lasten des Versicherers zusammengewirkt haben oder wenn der Agent von seiner Vertretungsmacht dergestalt in verdächtigter Weise Gebrauch macht, dass bei dem Versicherungsnehmer begründete Zweifel im Hinblick auf einen Treueverstoß des Agenten entstehen mussten. Dass der Kläger das im vorliegenden Fall auf der Hand liegende treuwidrige Handeln des Versicherungsagenten erkannt und gebilligt habe, ergebe sich daraus, dass nicht nur eine frühere, zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits abgeklungene Rückenerkrankung nicht in den Antrag aufgenommen worden sei, sondern auch der vom Kläger selbst als krankheitswertig empfundene Zustand des linken Knies. Auch angesichts der gegenteiligen Bekundungen des Agenten könne der Kläger nicht geglaubt haben, dass diese Vorerkrankungen für den Abschluss einer Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung unerheblich gewesen seien. Dass zum Zeitpunkt der Antragstellung schon eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bestand und diese durch die bei der Beklagten beantragte Versicherung habe ersetzt werden sollen, vermöge ausreichende Zweifel an der Arglist des Klägers nicht zu begründen.
- 6
- II. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
- 7
- 1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht für die Frage der Kenntniszurechnung bei Antragsaufnahme durch einen Versicherungsagenten von der Auge-und-Ohr-Rechtsprechung des Senats (vgl. dazu BGHZ 102, 194; 116, 387 und ständig) ausgegangen, die nunmehr auch Eingang in das reformierte, am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Versicherungsvertragsgesetz gefunden hat (vgl. § 70 VVG n.F.). Danach kann der Versicherer allein mit dem Inhalt des von seinem Agenten ausgefüllten Antragsformulars nicht den Beweis führen, der Versicherungsnehmer habe hinsichtlich seiner Vorerkrankungen falsche Angaben gemacht, sofern dieser seinerseits substantiiert behauptet, den Agenten mündlich zutreffend unterrichtet und damit seine vorvertragliche Anzeigeobliegenheit erfüllt zu haben. Dem Versicherer obliegt es in einem solchen Fall darzulegen und gegebenenfalls - im Regelfall durch die Aussage seines Agenten - zu beweisen, dass der Versicherungsnehmer diesen auch mündlich unzutreffend unterrichtet hat (BGHZ 107, 322, 325). Denn was dem Agenten in Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden (§§ 43 Nr. 1 VVG a.F., 166 Abs. 1 BGB), auch wenn der Versicherungsagent es nicht in das Formular aufgenommen hat (BGHZ 116, 387, 389).
- 8
- Das Berufungsgericht hat - insoweit von der Revision unangegriffen - festgestellt, dass der Kläger dem Versicherungsagenten der Be- klagten, dem Zeugen F. , seine Vorerkrankungen nicht verschwiegen , sondern vielmehr seine zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr vorhandenen Rückenbeschwerden ebenso genannt hat wie die gegenwärtigen Beschwerden im linken Knie und die in der Vergangenheit erforderlich gewordene Kniespiegelung. Damit war der Kläger seiner Anzeigeobliegenheit nachgekommen. Zu weiteren Angaben musste sich der Kläger nicht veranlasst sehen, zumal der Zeuge F. , wie vom Berufungsgericht ebenfalls festgestellt, die ihm geschilderten Beschwerden als für den Vertragsschluss unerheblich bezeichnet und sie - im Unterschied zu einem grippalen Infekt - nicht in das Antragsformular aufgenommen hat.
- 9
- 2.Durchgreifendenrechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Erwägung im angefochtenen Urteil, die vollständige mündliche Unterrichtung über die Vorerkrankungen habe ausnahmsweise nicht zu einer Wissenszurechnung geführt, weil der Versicherungsagent F. treuwidrig gehandelt und der Kläger dies erkannt und wenigstens billigend in Kauf genommen, also arglistig mit dem Agenten zu Lasten der Beklagten zusammengewirkt habe. Das Berufungsgericht hat die für einen solchen Ausnahmefall in der Rechtsprechung des Senats herausgearbeiteten Anforderungen nicht ausreichend in den Blick genommen und dabei, wie die Revision zu Recht rügt, die Voraussetzungen fehlender Kenntniszurechnung wegen evidenten Vollmachtsmissbrauchs von denen einer arglistigen Täuschung des Versicherers wegen kollusiven Zusammenwirkens zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsagent nicht ausreichend unterschieden.
- 10
- a) Die Wissenszurechnung auf dem Gebiet des Versicherungsvertragsrechts dient, wie der in § 166 Abs. 1 BGB für das Zivilrecht allge- mein geltende Grundsatz der Kenntniszurechnung zum Ausdruck bringt, dem Schutz des redlichen Vertragspartners, hier des künftigen Versicherungsnehmers , dem der Versicherer für den beabsichtigten Vertragsschluss einen zu seiner passiven Stellvertretung Bevollmächtigten und damit zur Entgegennahme antragsbezogener Erklärungen ausschließlich zuständigen Versicherungsagenten gegenüberstellt (BGHZ 102, 194, 198). Danach ist eine Wissenszurechnung nur dann nicht gerechtfertigt, wenn der künftige Versicherungsnehmer nicht schutzwürdig ist (Senatsurteil vom 7. März 2001 - IV ZR 254/00 - VersR 2001, 620 unter 2 b bb). Das ist der Fall, wenn er mit dem Versicherungsagenten arglistig zum Nachteil des Versicherers zusammenwirkt. Eine solche Kollusion - als besonders schwerer Fall des Vollmachtsmissbrauchs (so zutreffend Fricke VersR 2007, 1614, 1615) - setzt dabei voraus, dass der Versicherungsnehmer auf die Auskunft des Agenten, eine erhebliche Vorerkrankung sei nicht anzeigepflichtig, nicht vertraut, sondern im Bewusstsein der Anzeigeobliegenheit erkennt und billigt, dass der Versicherer durch das Vorgehen des Agenten über seinen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch in der Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst wird und er deshalb - im Einvernehmen mit dem Versicherungsagenten - will, dass die betreffende Erkrankung im Antragsformular unerwähnt bleibt (Senatsurteil vom 14. Juli 2004 - IV ZR 161/03 - VersR 2004, 1297 unter 3 m.w.N.; Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 43 Rdn. 54).
- 11
- Gemessendaranrechtf ertigen die im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen die Annahme kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Kläger und dem Zeugen F. zum Nachteil der Beklagten nicht. Fraglich ist schon, ob die vom Berufungsgericht für die Begründung arglistigen Verhaltens des Klägers in den Mittelpunkt gestellte Er- wägung tragfähig ist, wonach dieser nicht geglaubt haben könne, ein gegenwärtiger , also zum Zeitpunkt der Antragstellung vorhandener krankhafter Zustand seines Kniegelenks sei - trotz gegenteiliger Bekundung des ihn beratenden Agenten - für den Abschluss des Vertrages bedeutungslos , vielmehr sei für den Kläger das Gegenteil evident gewesen. Diese Ausführungen lassen besorgen, dass das Berufungsgericht den ihm unterbreiteten Tatsachenstoff nicht vollständig ausgeschöpft hat. Die Revision beanstandet insoweit zu Recht, dass die in den Urteilsgründen für diese Erwägung herangezogenen und auszugsweise wörtlich zitierten Bekundungen der Ehefrau des Klägers aus der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht in einem entscheidenden Punkt unvollständig wiedergegeben werden. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung hat diese ausgesagt, sie und ihr Ehemann hätten (dem Versicherungsagenten ) auch erklärt, dass schon eine Kniespiegelung gemacht wurde und dass "zu dem Zeitpunkt" das Knie auch nicht in Ordnung gewesen sei. Die Wendung "zu dem Zeitpunkt", die sich dem Sinnzusammenhang nach ersichtlich auf den Zeitpunkt der Kniespiegelung und nicht auf den der Antragstellung bezieht, fehlt in der wörtlichen Wiedergabe der Aussage der Zeugin in den Entscheidungsgründen. Über diesen Teil der Aussage der Zeugin, der gegen ein arglistiges Verhalten des Klägers spricht, hätte das Berufungsgericht nicht ohne nähere Erörterung hinweggehen dürfen. Dies gilt umso mehr, als es an weiteren, tragfähigen Feststellungen zur Arglist fehlt. Im angefochtenen Urteil ist insoweit lediglich weiter festgestellt, dass der Zeuge F. die ihm gegebenen Informationen zu den Vorerkrankungen des Klägers nicht in das Formular aufgenommen hat. Dafür, dass der Kläger dies gewollt und gebilligt hätte, ist jedoch nichts ersichtlich. Dass er bei Antragstellung schon eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bei einem anderen Versicherer unterhielt, stellt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts vielmehr ein gewichtiges Indiz gegen ein arglistiges Verhalten dar. Gerade weil es sich bei Arglist um eine innere Tatsache handelt, die regelmäßig nur aus Indizien gefolgert werden kann, hätte es näherer Erörterung bedurft, warum der gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit bereits abgesicherte Kläger in dem Bewusstsein gehandelt haben sollte, auf das Vorstellungsbild der Beklagten unlauter einzuwirken, um diese zu einem Vertragsschluss zu bewegen. Hinzu kommt, dass, von der Beklagten nicht bestritten, die Initiative zum Vertragsschluss von dem Versicherungsagenten F. ausging, der den Kläger nach vorheriger telefonischer Kontaktaufnahme von sich aus zu Hause aufsuchte.
- 12
- b) Die Beklagte kann dem Kläger auch einen sonstigen Missbrauch der Vertretungsmacht - als besonderer Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) - nicht entgegenhalten.
- 13
- In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist seit längerem anerkannt, dass der Vertretene auch in Fällen eines Vollmachtsmissbrauchs unterhalb der Schwelle der Kollusion mit dem Vertragspartner im Verhältnis zu diesem geschützt sein kann. Voraussetzung ist dafür indes, dass der Missbrauch aufgrund massiver Verdachtsmomente objektiv evident ist (BGH, Urteile vom 19. April 1994 - XI ZR 18/93 - NJW 1994, 2082 unter II 2 a und vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98 - WM 1999, 1617 unter I 2 a). Dementsprechend hat der Senat an die für § 242 BGB geforderte Evidenz des Vollmachtsmissbrauchs durch einen Versicherungsagenten ebenfalls einen strengen Maßstab angelegt, der dessen besonderer Stellung Rechnung trägt (Senatsurteil vom 30. Januar 2002 - IV ZR 23/01 - VersR 2002, 425 unter II 3 c; vgl. auch Fricke aaO). Denn der Versicherer, der aufgrund des Vertrauensverhältnisses während der Vertragsverhandlungen dem künftigen Versicherungsnehmer gegenüber zur Auskunft und Beratung verpflichtet ist, soweit sie dieser benötigt, erfüllt diese Pflicht durch Auskünfte seines Agenten. Dementsprechend darf der Antragsteller davon ausgehen, dass der Agent zur Erteilung solcher Auskünfte regelmäßig auch befugt ist. Mit der Vorgabe von Fragen nach gefahrerheblichen Umständen im Antragsformular hat der Versicherer selbst die Anzeigeobliegenheit so ausgestaltet, dass der künftige Versicherungsnehmer die Gefahrumstände anhand der ihm gestellten Fragen zu beantworten hat. Unterläuft das der Versicherungsagent dadurch , dass er dem Antragsteller durch einschränkende Bemerkungen verdeckt, was auf die jeweilige Frage anzugeben und in das Formular aufzunehmen ist, kann dieses Agentenverhalten nicht zu Lasten des künftigen Versicherungsnehmers gehen (Senatsurteil vom 30. Januar 2002 aaO, vgl. schon Senatsurteil vom 10. Oktober 2001 - IV ZR 6/01 - VersR 2001, 1541 unter II 1 d). Den Agenten hinsichtlich seiner Auskünfte , was von den offenbarten Umständen in das Formular aufzunehmen ist, zu kontrollieren, ist nicht Sache des künftigen Versicherungsnehmers (Senatsurteile jeweils aaO).
- 14
- Gemessen daran tragen die getroffenen Feststellungen die Annahme eines evidenten Missbrauchs der Vertretungsmacht im vorliegenden Fall nicht. Aus den oben näher dargelegten Gründen legen sie vielmehr die gegenteilige Annahme nahe.
- 15
- Sache Die bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 15.12.2005 - 13 O 108/04 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 20.09.2006 - 3 U 14/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zur Dynamisierung der Versicherungsleistungen aus einer Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung noch verpflichtet ist, nachdem der Kläger wegen Berufsunfähigkeit von der Beitragszahlungspflicht frei geworden ist.Er richtete im Mai 1977 an die Rechtsvorgängerin der Beklagten über deren Versicherungsagenten L. einen von diesem ausgefüllten schriftlichen Antrag auf Abschluß einer Kapitallebensversicherung nebst Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Zugleich beantragte er eine laufende Erhöhung des Versicherungsschutzes mit einer von der Beklagten vorformulierten Erklärung, die auszugsweise lautet:
"... Ich bin damit einverstanden, daß die dadurch bedingte Beitragserhöhung automatisch zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres in dem gleichen Verhältnis vorgenommen wird, wie sich der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten erhöht. Für diese automatische Erhöhung gelten die 'Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung'." Die Beklagte policierte den Versicherungsvertrag "auf Grund des gestellten Antrags und der hierzu gegebenen schriftlichen Erklärungen nach Maßgabe der beiliegenden Versicherungsbedingungen". Die dem Kläger mit dem Versicherungsschein übersandten "Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung" enthalten u.a. folgende Bestimmungen: "1. Gemäß der bei Vertragsschluß abgegebenen schriftlichen Erklärung des Versicherungsnehmers ist vereinbart, daß sich der jeweilige Beitrag im gleichen Verhältnis wie der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten erhöht. Die Beitragserhöhung bewirkt eine Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung. ... 2. Die Erhöhung des Beitrages und die entsprechende Erhöhung der Versicherungsleistungen erfolgen jeweils zu Beginn des Versicherungsjahres in dem Kalenderjahr, für das der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten erhöht worden ist. ... 5. Der Versicherungsschutz für die jeweilige Erhöhung beginnt mit dem Eingang des erhöhten Beitrags ..., jedoch nicht vor dem im Erhöhungsnachtrag angegebenen Termin. 7. Sind Zusatzversicherungen eingeschlossen, so werden ihre Versicherungsleistungen in dem gleichen Verhältnis wie die der Hauptversicherung erhöht.
Bei einer Versicherung mit Einschluû der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung sind Erhöhungen des Beitrags ausgeschlossen, solange wegen Berufsunfähigkeit die Verpflichtung zur Beitragszahlung ganz oder teilweise entfällt." Dem Versicherungsschein war auûerdem eine "Besondere Vereinbarung" mit folgenden Inhalt beigefügt: "Beitrag und Versicherungsleistungen erhöhen sich jährlich gemäû Ziffer 1 der ©Besonderen Bedingungen für die planmäûige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung©." Ab dem 1. April 1993 ist der Kläger berufsunfähig. Die Beklagte zahlt seitdem an ihn eine Berufsunfähigkeitsrente, die sie nach der bei Eintritt der Berufsunfähigkeit maûgebenden Lebensversicherungssumme berechnet; sie hat die Versicherung beitragsfrei gestellt.
Der Kläger behauptet, er habe bei Antragstellung ausdrücklich eine Dynamisierung der Versicherungssumme und der Rente auch für den Fall der Berufsunfähigkeit gewünscht, einen solchen Versicherungsschutz habe ihm der Versicherungsagent zugesagt.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger rückständige Renten in Höhe von 339,99 DM nebst Zinsen zu zahlen. Weiterhin hat es festgestellt, daû die Beklagte verpflichtet sei, an den Kläger bei Ablauf der Lebensversicherung eine über den 1. April 1993 hinaus fortlaufend erhöhte Versicherungssumme auszuzahlen und auf dieser Grundlage Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung vom 1. April 1993 bis längstens 1. April 2003 zu erbringen. Das Oberlan-
desgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger keinen Anspruch auf weitere fortlaufende Erhöhung der Versicherungssumme und der Berufsunfähigkeitsrente, weil seine Verpflichtung zur Beitragszahlung wegen Berufsunfähigkeit entfallen ist. Daû ausnahmsweise eine Dynamisierung auch im Leistungsstadium vorgenommen werden solle, ergebe sich nicht aus der dem Versicherungsschein beigefügten "Besonderen Vereinbarung". Diese habe nur die Bedeutung, die Dynamik als solche zu policieren. Ihr könne nicht entnommen werden, daû in den Vertrag nur Ziffer 1, nicht aber die Ziffern 2 bis 7 der "Besonderen Bedingungen für die planmäûige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung" einbezogen werden sollten. Diese hätten nach den Erklärungen im Antrag und in der Police insgesamt gelten sollen. Aus ihnen folge, daû die Dynamisierung mit dem Eintritt der Berufsunfähigkeit und der damit verbundenen Beitragsfreistellung ende.
Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme sei nicht erwiesen , daû der Kläger seinen Wunsch nach Dynamisierung auch im Leistungsfall gegenüber dem Versicherungsagenten geäuûert und so seinen schriftlich gestellten Antrag mündlich ergänzt habe. Der Kläger trage in-
soweit die Beweislast, weil die mündliche Ergänzung eines schriftlichen Versicherungsantrags rechtsbegründende Wirkung habe. Eine andere Beweislastverteilung gelte nicht deshalb, weil der Versicherungsagent das Antragsformular ausgefüllt habe. Die Grundsätze der "Auge-undOhr" -Rechtsprechung seien nicht anwendbar, wenn über den Inhalt eines Versicherungsantrags gestritten werde.
Die Beklagte habe auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Erfüllungs - oder Vertrauenshaftung einzustehen. Der Kläger habe nicht nachgewiesen , daû der Versicherungsagent ihm bei Aufnahme des Antrags zugesichert habe, die Rente werde auch nach Eintritt der Berufsunfähigkeit weiter dynamisiert.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Die Revision rügt ohne Erfolg, der Kläger habe eine Dynamisierung der Versicherungsleistungen auch für den Zeitraum nach Eintritt des Versicherungsfalls in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung beantragt.
a) Ein entsprechender Wille des Klägers ist seinem schriftlichen Antrag auf laufende Erhöhung des Versicherungsschutzes nicht zu entnehmen. Die Auslegung dieser Willenserklärung kann der Senat selbst vornehmen, da das Berufungsgericht sie unterlassen hat und weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind (vgl. BGHZ 124, 39, 45 m.w.N.; BGH, Urteile vom 3. April 2000 - II ZR 194/98 - NJW 2000, 2099
unter I 2 c; vom 14. November 2001 - IV ZR 181/00 - VersR 2002, 88 unter II).
aa) Maûgebend für die in erster Linie am Wortlaut auszurichtende Auslegung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist, wie sie aus der Sicht des Erklärungsempfängers nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsauffassung verstanden werden muûte (BGHZ 47, 75, 78; 103, 275, 280; BGH, Urteil vom 12. März 1992 - IX ZR 141/91 - NJW 1992, 1446 unter II 1 b m.w.N.). Aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die den Antrag auf laufende Erhöhung des Versicherungsschutzes vorformuliert hatte, kann der Kläger seinen Willen mit Unterzeichnung dieser Erklärung nur so erklärt haben, wie er seinerseits den vorgegebenen Text verstehen konnte. Deshalb muû die Beklagte den Antrag so gegen sich gelten lassen, wie er bei Berücksichtigung der für den Kläger erkennbaren Umstände objektiv zu verstehen ist (vgl. BGH, Urteile vom 23. März 1983 - VIII ZR 335/81 - NJW 1983, 1903 unter II 2 b bb; 12. März 1992 aaO NJW 1992, 1446 unter II 1 b). Der Kläger konnte aus dem vorgedruckten Text entnehmen, daû die von ihm beantragte laufende Erhöhung des Versicherungsschutzes mit einer automatischen Beitragserhöhung zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres verbunden war. Schon diese Verknüpfung deutet nach ihrem Wortsinn darauf hin, daû die Versicherungsleistungen nur solange erhöht werden, wie der Versicherungsnehmer zur Beitragszahlung verpflichtet ist.
bb) Eine Beendigung der Dynamisierung im Leistungsfall ergibt sich auch aus den "Besonderen Bedingungen für die planmäûige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung". Auf sie wird in dem Antragsformular ausdrücklich Bezug genommen.
Damit sind sie entgegen der Ansicht der Revision Bestandteil der Antragserklärung geworden und können zu deren Auslegung herangezogen werden.
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung , aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muû. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85 m.w.N.; BGH, Urteile vom 21. Februar 2001 - IV ZR 259/99 - VersR 2001, 489 unter 2; vom 21. Februar 2001 - IV ZR 11/00 - VersR 2001, 576 unter 2 a; vom 23. Januar 2002 - IV ZR 174/01 - VersR 2002, 436 unter 2 b). Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer versteht die "Besonderen Bedingungen für die planmäûige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung" insgesamt so, daû die Dynamisierung mit Eintritt eines Versicherungsfalls in der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung beendet sein soll. Bereits Ziffer 1 S. 2 macht deutlich, daû eine Erhöhung der Versicherungsleistungen durch eine Beitragserhöhung bewirkt wird. Daran anknüpfend werden in Ziffer 2 S. 1 "die Erhöhung des Beitrages und die entsprechende Erhöhung der Versicherungsleistungen" erwähnt. Die Abhängigkeit der Dynamisierung von der Beitragserhöhung kommt auch in Ziffer 5 zum Ausdruck , wonach der Versicherungsschutz für die jeweilige Erhöhung mit dem Eingang, d.h. der tatsächlichen Zahlung des erhöhten Beitrags beginnt. Daû dies auch für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gelten soll, ergibt sich aus Ziffer 7 S. 1, wonach Versicherungsleistungen aus eingeschlossenen Zusatzversicherungen im gleichen Verhältnis wie
die Hauptversicherung erhöht werden. Im Anschluû daran stellt Ziffer 7 S. 2 aber klar, daû bei einer Versicherung mit Einschluû der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung Erhöhungen des Beitrags ausgeschlossen sind, solange wegen Berufsunfähigkeit die Verpflichtung zur Beitragszahlung ganz oder teilweise entfällt. Damit scheidet für diesen Zeitraum auch die - von Beitragserhöhungen abhängige - Erhöhung der Versicherungsleistungen nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers aus. Vielmehr erwartet er nur dann höhere Versicherungsleistungen , wenn er erhöhte Beiträge zahlt.
b) Das Berufungsgericht hat nicht feststellen können, daû der Kläger bei Unterzeichnung des Antrags auf laufende Erhöhung des Versicherungsschutzes mündlich eine Dynamisierung der Versicherungsleistungen auch für den Fall der Berufsunfähigkeit begehrte.
aa) Die vom Kläger geltend gemachte mündliche Ergänzung des schriftlichen Antrags ist entgegen der Darstellung der Revision nach dem Tatbestand des Berufungsurteils nicht unstreitig. Daran ist das Revisionsgericht mangels Tatbestandsberichtigung nach § 561 Abs. 1 S. 1 ZPO a.F. gebunden.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat das Berufungsgericht nicht die Überzeugung gewonnen, daû der Kläger seinen Wunsch nach Dynamisierung auch im Leistungsfall gegenüber dem Versicherungsagenten der Rechtsvorgängerin der Beklagten deutlich machte. Die diesbezüglich allein erhobenen Verfahrensrügen zur Beweiswürdigung hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäû § 565 a S. 1 ZPO a.F. abgesehen.
bb) Die Beweislast für eine den schriftlichen Antrag ergänzende mündliche Willenserklärung hat das Berufungsgericht mit Recht dem Kläger auferlegt. Im Versicherungsvertragsrecht gilt dieselbe Grundregel wie im übrigen Zivilrecht. Jede Partei hat die tatsächlichen Voraussetzungen des ihr günstigen Rechtssatzes zu beweisen, dessen Rechtsfolge sie geltend macht. Den Anspruchsteller trifft die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen, der Gegner muû Beweis für rechtshindernde , rechtsvernichtende oder rechtshemmende Tatsachen erbringen (BGHZ 3, 342, 346; 113, 222, 225 m.w.N.; 121, 357, 364; Leipold in Stein/Jonas, ZPO 21. Aufl. § 286 Rdn. 38 f. m.w.N.; Baumgärtel, Beweislastpraxis im Privatrecht Rdn. 155 ff. m.w.N.). Demgemäû muû derjenige , der Rechte aus einem Versicherungsvertrag herleitet, nachweisen , daû ein Vertrag mit dem von ihm behaupteten Inhalt zustande gekommen ist. Dazu gehört auch der Nachweis eines entsprechenden Vertragsangebots. Wenn sich der Versicherungsnehmer auf eine mündliche Ergänzung seines schriftlichen Versicherungsantrags beruft, trägt er dafür die Beweislast (Prölss in Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht Band 5 § 1 VVG Rdn. 1, 2).
Diese Beweislastregelung gilt auch dann, wenn der Versicherungsnehmer - wie der Kläger - seinen Antrag auf einem Vordruck gestellt hat, den der Agent des Versicherers anhand der Angaben des Antragstellers ausgefüllt hat (vgl. Prölss in Baumgärtel aaO § 1 VVG Rdn. 2; a.A. Römer in Römer/Langheid, VVG § 5 Rdn. 22). Etwas anderes folgt nicht daraus, daû bei der Entgegennahme eines Antrags auf Abschluû eines Versicherungsvertrages dem Antragsteller - auf alleinige
Veranlassung des Versicherers - der empfangsbevollmächtigte Vermittlungsagent bildlich gesprochen als das Auge und Ohr des Versicherers gegenübersteht, so daû alles, was ihm mit Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt worden ist, dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden ist (vgl. BGHZ 102, 194, 197; 107, 322, 323; 116, 387, 389; 123, 224, 230 f.). Diese Grundsätze der Kenntniszurechnung haben mit der Beweislast nichts zu tun. Sie führen auch nicht zu einer Verschiebung der Beweislast für mündliche Angaben des Versicherungsnehmers, wenn der Agent den Antrag ausgefüllt hat.
So liegt die Beweislast dafür, daû der Versicherungsnehmer im Zuge der Antragstellung eine Obliegenheitsverletzung durch unzutreffende Beantwortung von Gesundheitsfragen begangen hat, stets beim Versicherer. Diesen Beweis kann er allerdings nicht allein mit der Vorlage des vom Agenten ausgefüllten Antragsformulars, sondern regelmäûig nur durch eine Aussage des Versicherungsagenten führen, sofern der Versicherungsnehmer substantiiert behauptet, den Agenten mündlich zutreffend unterrichtet zu haben (BGHZ 107, 323, 325). Damit wird dem Versicherer nur eine andere Art der Beweisführung abverlangt. Das berührt aber nicht die Beweislast, die der Versicherer deshalb trägt, weil eine Obliegenheitsverletzung ihn zum Rücktritt oder zur Anfechtung berechtigt und somit rechtsvernichtende Wirkung hat. Ebensowenig ändert die Funktion des Versicherungsagenten als "Auge und Ohr" des Versicherers etwas daran, daû dem Versicherungsnehmer die Beweislast für den Inhalt seines Versicherungsantrags obliegt. Sowohl der schriftliche Antrag als auch eine mündliche Ergänzung desselben haben rechtsbegründende Wirkung und sind daher vom Versicherungsnehmer zu beweisen.
c) Von dem schriftlichen Antrag des Klägers weicht die Annahmeerklärung der Beklagten nicht durch die dem Versicherungsschein beigefügte "Besonderen Vereinbarung" dergestalt ab, daû sie einen Willen zur unbegrenzten Dynamisierung zum Ausdruck bringt. Der "Besonderen Vereinbarung" hat das Berufungsgericht zutreffend nur die Bedeutung beigemessen, die Dynamik als solche zu policieren.
2. Ansprüche des Klägers aus gewohnheitsrechtlicher Erfüllungshaftung (vgl. BGHZ 40, 22, 26; BGH, Urteil vom 4. Juli 1989 - VI ZR 217/88 - VersR 1989, 948 unter II 2 aa m.w.N.) oder wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen scheiden ebenfalls aus. Daû der Versicherungsagent dem Kläger bei Aufnahme des Versicherungsantrags zusicherte , die Rente werde auch nach Eintritt der Berufsunfähigkeit weiter dynamisiert, hat das Berufungsgericht nicht als erwiesen angesehen. Auch insoweit greift die gegen die Beweiswürdigung gerichtete Verfahrensrüge nicht durch (§ 565 a S. 1 ZPO a.F.).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Der Versicherer verpflichtet sich mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten.
(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.
(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.