Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 06. Okt. 2010 - 5 U 88/10 - 16

bei uns veröffentlicht am06.10.2010

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 27.01.2010 – 12 O 236/09 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Fahrzeugversicherung (Versicherungsschein-Nummer ~4 vom 16.02.2010) wegen des Verlustes des versicherten Fahrzeugs, eines VW Golf, mit dem amtlichen Kennzeichen ...-...-..., in Anspruch.

Eine seit dem 01.01.2008 bestehende Haftpflichtversicherung bei der Beklagten erweiterte die Klägerin zum 01.01.2009 um eine Teilkaskoversicherung mit Basisschutz und einer Selbstbeteiligung von 150,00 EUR (Bl. 91 d.A.). Die Parteien haben dem Vertrag Allgemeine Bedingungen und Tarifbestimmungen für die Kraftfahrtversicherung zugrunde gelegt, deren Fassung streitig ist.

Der Ehemann der Klägerin erstattete am 17.02.2009 Strafanzeige in wegen des Verlustes des versicherten Pkw’s (Bl. 10 d.A.). Die Beklagte forderte die Klägerin unter Belehrung (Bl. 12 d.A.) auf, eine Schadensmeldung (Bl. 13 d.A.) auszufüllen. Das Antwortfeld der Frage „Welche Unfall- oder sonstigen Schäden hatte das Fahrzeug vor diesem Schadenfall erlitten?“ war durchgestrichen, ebenso wie jenes der Fragen „Welche Schäden sind entstanden?“, „Wurden diese vor diesem Schadenfall vollständig repariert?“ und „Erhielten Sie eine Entschädigung(Versicherer)?“. Die von der Klägerin blind unterschriebene Schadenmeldung hatte der Ehemann der Klägerin ausgefüllt.

In einem Schreiben vom 04.03.2009 stellte die Beklagte weitere Fragen, u.a. auch nach der Unfallfreiheit des Pkw’s zur Tatzeit (Bl. 20 d.A.). Im Antwortschreiben vom 10.03.2009 (Bl. 114 d.A.) bestätigte die Klägerin die Unfallfreiheit. Nachdem die Beklagte festgestellt hatte, dass ein Ersatzschlüssel bestellt worden war, stellte sie der Klägerin weitere Fragen. Im Schreiben vom 04.04.2009 (Bl. 22 d.A.) beantwortete die Klägerin diese und beschrieb einen Schaden an der Heckklappe im Jahr 2008. Der Sohn der Klägerin teilte mit, dass er einen Schlüssel verloren und 2006 einen neuen Schlüssel bei VW bestellt habe. Durch E-Mail vom 21.04.2009 (Bl. 24 d.A.) übermittelte die Beklagte weitere Fragen an die Klägerin und bat um eine detaillierte Aufstellung der durchgeführten Reparaturarbeiten inklusive aller diesbezüglicher Werkstattunterlagen. Im Antwortschreiben vom 21.04.2009 (Bl. 25 d.A.) ging die Klägerin nur auf den Heckklappenschaden aus dem Jahr 2008 ein.

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 06.05.2009 Leistungen wegen arglistigen Verschweigens von Vorschäden ab. Über einen früheren Versicherer hatte die Beklagte zusätzlich einen Kaskoschaden im Jahr 2006 ermittelt.

Aus einem Anwaltsschreiben vom 22.05.2009 im Namen der Klägerin ergab sich, dass der Pkw in den Jahren 2004, 2005 und 2006 Steinschlagschäden erlitten hatte, die über die frühere Kaskoversicherung abgewickelt worden waren. Im Jahr 2004 war der Pkw bei einem Unfall so beschädigt worden, dass 3.212,78 EUR Reparaturkosten in einem Gutachten beziffert worden waren. Im Jahr 2005 hatte es einen Schaden am Pkw durch einen Einbruchsversuch gegeben, im Jahr 2006 einen Schaden in Höhe von 1.743,99 EUR, der ebenfalls über die frühere Kaskoversicherung abgewickelt worden war, und im Jahr 2008 einen Schaden an der Heckscheibe und der Heckklappe, der durch ein Garagentor verursacht worden war.

Die Klägerin hat behauptet, ihr Pkw sei in der Nacht vom 10.02.2009 auf den 11.02.2009 in Prag vor dem Haus gestohlen worden. Alle Vorschäden seien ordnungsgemäß repariert worden. Der Pkw habe noch einen Wert von 7.000,00 EUR gehabt. Von allen Schäden bis 2008 habe sie nichts gewusst, weil ihr Sohn den Pkw ständig gefahren und sich um alles gekümmert habe. Auch den Prozess nach dem Schaden im Jahr 2004 habe sie nicht selbst geführt, vielmehr habe ihr Sohn selbständig die damaligen Anwälte beauftragt. Die Striche in der Schadensmeldung bei den Fragen nach früheren Schäden und Reparaturen seien gemacht worden, weil diese Fragen im Zusammenhang mit dem Diebstahlschaden nicht gepasst hätten.

Das Landgericht Saarbrücken hat die Klägerin informatorisch angehört und anschließend die Klage durch Urteil vom 27.01.2010 – Az: 12 O 236/09 – abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung und beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 10.09.2009 zu zahlen,

2. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihr für den Diebstahlschaden vom 10.02.2009 VW Golf 1.9 TDI Versicherungsschutz zu gewähren,

3. hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin für den Diebstahlschadensfall vom 10.02.2009 VW Golf 1.9 TDI Versicherungsschutz zu gewähren hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

In der Berufungsinstanz hat die Klägerin behauptet, nicht nur die Schadensmeldung, sondern auch alle anderen Schreiben habe ihr Ehemann verfasst, bevor sie diese lediglich unterschrieben habe.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Das Urteil des Landgerichts beruht weder auf einer Verletzung des Rechts noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus den §§ 1 Abs. 1 Satz 1 VVG i.V.m. den Ziffern A.2.1.1 und A.2.2.2 AKB 2008 auf Zahlung von 7.000,00 EUR. Die Beklagte ist nach § 28 Abs. 2 VVG i.V.m. den Ziffern E.1.3, E.7.1 und E.7.2 AKB 2008 (bzw. der AKB in der vorherigen Fassung) wegen einer arglistig begangenen Obliegenheitsverletzung der Klägerin leistungsfrei.

Nach Ziffer E.1.3 AKB 2008 oblag es der Klägerin, die Fragen der Beklagten zu den Umständen des Schadenereignisses wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Diese Obliegenheit hat die Klägerin dadurch verletzt, dass sie blind die von ihrem Ehemann ausgefüllte Schadenmeldung unterschrieben hat, in der die Frage nach Unfall- oder sonstigen Schäden verneint war, obwohl der versicherte Pkw bereits sieben Schäden erlitten hatte. Dies ist arglistig geschehen. Daher ist es unerheblich, dass die Beklagte von den Vorschäden und Vorunfällen erfahren hat, ihr Verschweigen folglich für ihre Feststellungen nicht (mehr) ursächlich war.

§ 28 VVG ist anzuwenden, weil der Versicherungsvertrag zum 01.01.2009 geschlossen wurde.

Ohne Bedeutung ist der genaue Inhalt der vorliegend geltenden AKB. Dass eine frühere Fassung der AKB vor 2008 eine Leistungsfreiheit bei vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nicht vorgesehen hat, ist nicht behauptet und ersichtlich, und eine möglicherweise falsch erfolgte Rechtsfolgendarstellung hat im Falle arglistigen Verhaltens keine Auswirkung. Wie § 28 Abs. 4 VVG zeigt, ist der arglistig handelnde Versicherungsnehmer nicht schutzwürdig.

(1.)

Die Klägerin hat ihre Auskunftsobliegenheit objektiv durch die Abgabe der Schadenmeldung verletzt.

(a)

Der objektive Tatbestand der Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Kenntnis des Versicherungsnehmers von der anzugebenden Tatsache voraus. Begründet wird dies damit, dass bei Fehlen dieser Kenntnis die Aufklärungsobliegenheit ins Leere laufe. Schon objektiv könne der Versicherungsnehmer die Obliegenheit bei fehlender Kenntnis nicht verletzen, denn es gebe nichts, worüber er nach seinem Kenntnisstand seinen Versicherer aufklären könne. Dieses positive Wissen um die die Obliegenheit auslösenden Umstände muss der Versicherer, will er sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Obliegenheit berufen, beweisen (BGH, Urt. v. 16.09.2009 – IV ZR 246/08 – VersR 2009, 1659; BGH, Beschl. v. 12.12.2007 – IV ZR 40/06 – VersR 2008, 484; BGH, Urt. v. 13.12.2006 – IV ZR 252/05 – VersR 2007, 389).

Anzuknüpfen ist bei der Anwendung dieser Grundsätze aber an die genaue Frage und alle Umstände des Einzelfalles zur Bestimmung des Umfangs der notwendigen Antwort. Die Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers erschöpft sich nicht in der formalistischen Beantwortung des Wortlauts der gestellten Fragen. In welchem Umfang Auskunft zu erteilen ist, ergibt sich aus dem Sinn der Frage. Die Antwort soll gewährleisten, dass der Versicherer in die Lage versetzt wird, die sachgemäßen Entschließungen über die Behandlung des Versicherungsfalls zu treffen (BGH, Urt. v. 21.04.1993 – IV ZR 34/92 – VersR 1993, 828). Anders als bei Anzeigeobliegenheiten kommt es bei der Auskunftsobliegenheit auch nicht darauf an, ob der Versicherungsnehmer das zu vermittelnde Wissen bereits selbst hat. Er muss sich über die Tatsachen, zu denen der Versicherer berechtigt Auskunft verlangt, gegebenenfalls erkundigen (BGH, Urt. v. 13.12.2006 – IV ZR 252/05 – VersR 2007, 389; BGH, Urt. v. 21.04.1993 – IV ZR 34/92 – VersR 1993, 828).

Danach liegt beispielsweise schon objektiv keine Verletzung einer Auskunftsobliegenheit vor, wenn der Versicherungsnehmer einen tatsächlich vorhandenen Zeugen eines Unfalles in der Schadenmeldung nicht angibt und er keine Anhaltspunkte dafür hat, dass es Zeugen gibt. Deshalb begründet der Bundesgerichtshof in der oben genannten Entscheidung (Beschl. v. 12.12.2007 – IV ZR 40/06 – VersR 2008, 484) die Ablehnung einer Obliegenheitsverletzung damit, es gebe nichts, worüber der Versicherungsnehmer nach seinem Kenntnisstand seinen Versicherer aufklären könne. Hat er dagegen von Seiten Dritter gehört, dass eine andere Person erklärt hat, den Unfall gesehen zu haben, fehlt ihm zwar die positive Kenntnis von einem tatsächlich vorhandenen Zeugen. Da die Frage in der Schadenmeldung nach vorhandenen Zeugen ihn aber dazu verpflichtet, auch diesen Umstand mitzuteilen, ist die vollständige Verneinung der Frage nach Zeugen eine objektive Obliegenheitsverletzung. Es gibt dann nämlich noch etwas, worüber der Versicherungsnehmer nach seinem Kenntnisstand seinen Versicherer aufklären muss. Es kommt dann nicht darauf an, dass er keine positive Kenntnis von dem Zeugen hat, sondern darauf, dass er eine positive Kenntnis davon hat, dass möglicherweise ein Zeuge vorhanden ist, und er sich nach diesem weder erkundigt noch dies dem Versicherer mitteilt.

Es darf deshalb aus der oben zitierten Rechtsprechung nicht der Schluss gezogen werden, dass ein Kennenmüssen erfragter Umstände bei der Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit nicht genügt, wenn die konkret erfragten Tatsachen (hier: sonstige Schäden) nicht positiv bekannt sind. Vielmehr muss gefragt werden, ob eine Kenntnis von gleichzeitig miterfragten – und deshalb anzugebenden – Umständen vorhanden war und eine Erkundigungspflicht bestand.

(b)

Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin ihre Aufklärungsobliegenheit nach Ziffer E.1.3 AKB 2008 durch Abgabe der Schadenmeldung objektiv verletzt.

Die Schadenmeldung stammt von der Klägerin selbst. Mit seiner Unterschrift macht sich der Versicherungsnehmer die Angaben im Schadenformular zu Eigen, auch wenn er dies nicht selbst ausgefüllt hat. Damit gibt er eine eigene Erklärung ab. Der Dritte, der das Formular ausgefüllt, aber nicht unterzeichnet hat, bereitet lediglich eine Erklärung des Versicherungsnehmers vor, wenn der Versicherungsnehmer dieses unterschreibt. Der Dritte gibt die Erklärung nicht selber anstelle des Versicherungsnehmers ab. Aus der Sicht des Erklärungsempfängers erscheint das vom Versicherungsnehmer unterschriebene Formular als dessen Erklärung und nicht als die eines mit der Erfüllung von Obliegenheiten betrauten Dritten (BGH, Urt. v. 14.12.1994 – IV ZR 304/93 – VersR 1995, 281; Senat, Urt. v. 12.07.2006 – 5 U 6/06-1 – VersR 2007, 532).

Auf die Frage nach Unfall- oder sonstigen Schäden waren alle 7 Schäden am versicherten Pkw anzugeben. Dies ist dadurch unterblieben, dass die Antwortfelder zu dieser Frage und zu den Fragen nach einer Reparatur und einer Entschädigungsleistung in der von der Klägerin unterschriebenen Schadenmeldung gestrichen waren. Die positive Kenntnis der Klägerin von diesen 7 Schäden ist zwar nicht nachgewiesen. Die Klägerin hatte aber positive Kenntnis davon, dass sie sich von 2001 bis 2008 um den versicherten Pkw nicht gekümmert hatte, der Pkw vielmehr von ihrem Sohn, der nicht mehr in ihrem Haushalt gelebt hatte, alleine genutzt worden war. Deshalb war für die Klägerin bei Unterzeichnung der Schadenmeldung offensichtlich, dass sie die Fragen nach Schäden, Reparaturen und Entschädigungsleistungen nicht beantworten konnte, ohne sich bei ihrem Sohn zu erkundigen. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass sie deshalb von einer Schadenfreiheit ausgehen konnte, weil ihr Sohn ihr nichts von Schäden erzählt hat und er dies sicher getan hätte, wenn es Schäden gegeben hätte. Vielmehr hat die Klägerin im vorliegenden Prozess jegliche Kenntnisse über alle Vorgänge, die den versicherten Pkw betrafen, bis hin zu dem Prozess im Jahr 2004, den ihr Sohn in ihrem Namen geführt hat, von sich gewiesen. Das spricht dafür, dass die Klägerin sich um den Pkw überhaupt nicht gekümmert hat und er nie Gesprächsgegenstand zwischen ihr und ihrem Sohn gewesen war. Deshalb wusste sie positiv, dass sie über den Pkw keine zutreffenden Aussagen machen konnte, ohne sich nach dem Wissen ihres Sohnes zu erkundigen.

Eine vollständige und richtige Auskunft durch die Klägerin wäre es deshalb nur gewesen, wenn sie sich entweder bei ihrem Sohn erkundigt und die ermittelten Umstände der Beklagten offenbart oder wenigsten der Beklagten mitgeteilt hätte, sie könne die Frage mangels jeglicher eigener Kenntnisse nicht beantworten und die Beklagte an ihren Sohn verwiesen hätte. Diese Sachlage war der Klägerin positiv bekannt. Gegenteiliges ist nicht vorgetragen.

Dagegen kann nicht argumentiert werden, die Klägerin habe die Schadenmeldung blind unterschrieben, so dass nicht einmal eine positive Kenntnis von den Fragen nach „sonstigen Schäden“ und den Antworten vorlag, so dass sogar eine Erkundigungspflicht ins Leere ginge. Der Klägerin werden nach dem oben Gesagten die Antworten als eigene Erklärungen zugerechnet und damit auch denknotwendig eine positive Kenntnis der Fragen. Andernfalls müsste die Argumentation daran ansetzen, dass die Klägerin blind unterschrieben und alleine dadurch eine objektive Obliegenheitsverletzung begangen hat, weil sie dies der Beklagten nicht angezeigt hat.

(c)

Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass der Klägerin das Wissen ihres Sohnes als Wissensvertreter wie eigenes Wissen zugerechnet wird.

Wissensvertreter ist, wer in nicht ganz untergeordneter Stellung vom Versicherungsnehmer zumindest in einem Teilbereich damit betraut ist, an dessen Stelle - oder an Stelle des dazu berufenen Organs - für das Versicherungsverhältnis rechtserhebliche Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen (BGH, Urt. v. 23.06.2004 – IV ZR 219/03 – VersR 2005, 218). Dazu genügt es, wenn der Versicherungsnehmer einem Familienangehörigen den versicherten Pkw vollständig zur Benutzung zur Verfügung stellt und sich um den Pkw in der Folgezeit nicht mehr kümmert. Dann wird der Familienangehörige damit betraut an Stelle des Versicherungsnehmers den Pkw betreffende Umstände zur Kenntnis zu nehmen (Senat, Urt. v. 15.01.2003 – 5 U 261/02-25 – r+s 2003, 147).

So liegt es beim Sohn der Klägerin. Wie unter (b) bereits ausgeführt, kümmerte sich der Sohn der Klägerin jahrelang um den Pkw unter völligem Ausschluss der Klägerin. Der Sohn der Klägerin hat nach ihrem Vortrag sieben Schadensfälle abgewickelt, in einem Fall sogar im Namen der Klägerin prozessiert, ohne mit ihr Rücksprache zu nehmen.

(2.)

Die Obliegenheitsverletzung nach § 28 Abs. 2 VVG hat die Klägerin arglistig begangen, weil ihr die Arglist ihres Ehemannes zuzurechnen ist, so dass es weder auf eine wirksame Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG ankommt noch der Klägerin der Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 VVG zugute kommen kann.

(a)

Arglist verlangt, dass der Versicherungsnehmer bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers ist nicht erforderlich. Es reicht aus, dass er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH, Beschl. v. 04.05.2009 – IV ZR 62/07 – VersR 2009, 968). Dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen immer in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers Einfluss zu nehmen. Denn häufig werden unrichtige Angaben aus Gleichgültigkeit, aus Trägheit oder einfach in der Annahme gemacht, dass sie bedeutungslos seien.

Arglistig kann auch derjenige handeln, der einem anderen vorspiegelt, eine bestimmte Kenntnis von Vorgängen oder Umständen zu haben, diese Kenntnis aber in Wirklichkeit nicht hat, ebenso wie derjenige, der sich der ihm ohne weiteres möglichen und zumutbaren Erkenntnis der die Täuschung begründenden Umstände verschließt und das Fehlen derartiger Umstände blindlings erklärt. Dass ihm die Umstände tatsächlich nicht bekannt waren, ist dabei unerheblich. Das arglistige Verhalten liegt gerade darin, dass dem Erklärenden, was ihm auch bewusst war, jegliche zur sachgemäßen Beantwortung erforderliche Kenntnis fehlte und er gleichwohl diesen Umstand gegenüber dem anderen Teil verschwieg (BGH, Urt. v. 08.05.1980 – IVa ZR 1/80 – NJW 1980, 2460; BGH, Urt. v. 11.05.2001 – V ZR 14/00 – NJW 2001, 2326; Wandt in: MünchKomm(VVG), § 28 Rdn. 302). Dabei genügt es, wenn der arglistig Handelnde es zumindest billigend in Kauf nimmt, dass die ins Blaue hinein gemachten Angaben für den Versicherer nachteilige Auswirkungen haben können, er also dessen freie rechtsgeschäftliche Willensentscheidung unlauter beeinflusst (Wandt in: MünchKomm(VVG), § 28 Rdn. 302; Felsch in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, § 28 Rdn. 76). Sowohl für das Bewusstsein der Obliegenheitsverletzung als auch der nachteiligen Auswirkung für den Versicherer genügt folglich bedingter Vorsatz, wenn Angaben „ins Blaue hinein“ erfolgen.

Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheitsverletzung und die nachteilige Auswirkung für die Entscheidung des Versicherers zwar nicht direkt gewollt, sie sich aber immerhin als möglich vorgestellt und für den Fall ihres Vorliegens gebilligt hat. Entscheidend – in Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit – ist demnach das Inkaufnehmen der als möglich erkannten Obliegenheitsverletzung. Ein solches Inkaufnehmen/Billigen ist anzunehmen, wenn sich der Handelnde die reale Möglichkeit des Erfolgseintritts vor Augen hält und trotzdem handelt oder er die Augen vor der Möglichkeit des Erfolgseintritts verschließt, also „ins Blaue handelt“, ohne das Risiko des Erfolgseintritts nachzuprüfen. Der Vorsatz ist dagegen dann zu verneinen, wenn der Handelnde ernsthaft darauf vertraute, der Erfolg werde nicht eintreten oder er werde ihn abwenden können. Hierfür ist maßgeblich, wie begründet diese Hoffnung war (vgl. Senat, Urt. v. 12.07.2006 – 5 U 6/06-1 – VersR 2007, 532 m.w.N.; Grundmann in: MünchKommBGB, 4. Aufl., § 276 Rn. 161).

(b)

Danach ist das Handeln der Klägerin selbst zwar nicht als arglistig zu qualifizieren.

Die Fragen im Schadenformular dienten der Feststellung des Versicherungsfalles, also der Frage, ob der Versicherer eintrittspflichtig ist, andererseits der Klärung der Höhe der Entschädigungsleistung, also der Feststellung des Wiederbeschaffungswertes des entwendeten Pkw’s, den die Klägerin bei der Beklagten geltend gemacht hat. Durch das blinde Unterschreiben der von ihrem Ehemann ausgefüllten Schadenmeldung, ohne sich in irgendeiner Weise Gedanken um die Richtigkeit und Vollständigkeit der Antworten zu machen, konnte die Klägerin die Möglichkeit der Falschbeantwortung und der falschen Feststellung des Wiederbeschaffungswertes nicht ausschließen. Das Risiko, dass es dazu kam, hat sie nicht nachgeprüft, hat mit ihrem Ehemann nicht über die Fragen gesprochen, hat ihn nicht gefragt, ob die Beantwortung schwierig war und weitere Informationen eingeholt werden mussten, hat sich nicht einmal vergewissert, ob er vorher den Sohn befragte hatte. Für sie lag es auf der Hand, dass nur der Sohn, der sich völlig unabhängig in den letzten Jahren um den Pkw gekümmert hatte, Angaben zu dem Pkw machen konnte. Trotzdem hat sie sich um nichts gekümmert.

Allerdings hat die Klägerin sich auf ihren Ehemann verlassen. Deshalb kann, obwohl die Klägerin bewusst trotz Fehlens jeglicher eigener Entscheidungsgrundlage gehandelt hat, nicht davon ausgegangen werden, dass ihr der Erfolgseintritt, also nachteilige Auswirkungen für die Beklagte aufgrund von falschen oder unvollständigen Antworten, gleichgültig war, sie also den Erfolg billigend in Kauf genommen hat. Vielmehr konnte sie ernsthaft darauf vertrauen, der Erfolg werde nicht eintreten. Diese Hoffnung war auch nicht von vornherein unbegründet, wenn ihr Ehemann – wie in der Vergangenheit – die Angelegenheit ordnungsgemäß behandelte. Anhaltspunkte dafür, dass der Ehemann der Klägerin ihr nicht als zuverlässig erscheinen konnte, sind nicht dargetan.

Dementsprechend hat die Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen auch kein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers angenommen (OLG Schleswig, OLGR Schleswig 1996, 130 – Ausfüllen des Schadenformulars durch eine Vertrauensperson; OLG Hamm, NJWE-VHR 1997, 101, – in einem Fall, in dem sich eine Ehefrau auf die Kilometerangabe ihres Ehemannes blind verlassen hatte; OLG Düsseldorf, Schaden-Praxis 1998, 361, – Qualifizierung „blinden Unterschreibens“ im Vertrauen auf einen 20 Jahre lang ohne Beanstandung tätigen selbständigen Versicherungsagenten als lediglich grob fahrlässig bzw. leichtfertig.

Da die Klägerin durch das „blinde“ Unterschreiben weder vom Inhalt der Fragen noch von den Antworten tatsächlich Kenntnis hatte, kann ihr subjektiv nicht vorgehalten werden, dass sie die Frage nach „sonstigen Schäden“ nicht falsch verstehen konnte, und es keine andere Erklärung dafür gibt, die vielfachen Vorschäden nicht angegeben zu haben, um die Kalkulation des Wiederbeschaffungswertes nicht zu ihrem Nachteil zu belasten. Auffallend ist zwar, dass sie bis heute keine Reparaturrechnungen vorgelegt und nicht einmal substantiiert dargelegt hat, durch wen, wie und wann die Reparaturen erfolgt sind. Weil sie aber „blind“ unterschrieben hat, ist ihr keine inhaltliche Falschangabe vorzuhalten, sondern nur der generelle Umstand ihrer Angaben „ins Blaue hinein“, was nach dem eben Gesagten nicht genügt, um von einem arglistigen Handeln auszugehen.

(c)

Allerdings hat der Ehemann der Klägerin arglistig gehandelt, indem er die Fragen im Schadenformular „ins Blaue hinein“ verneint hat.

Die Annahme arglistigen Verhaltens liegt nahe, wenn der Versicherer über den Wert der versicherten und zu entschädigenden Sache oder über diesen Wert bestimmende Faktoren in erheblichem Maße getäuscht wird. Davon ist auszugehen, wenn dem Versicherer auf klare und unmissverständliche Fragen hin erhebliche Vorschäden verschwiegen werden. Es ist für den Versicherungsnehmer leicht zu erkennen, dass der Versicherer ein offenkundiges Interesse daran hat zu erfahren, ob Vorschäden vorlagen, ob und wie die für notwendig gehaltenen Reparaturen vorgenommen worden sind, und entsprechende Belege zu erhalten, damit die Höhe der von ihm zu leistenden Entschädigung richtig festgelegt werden kann (Senat, Urt. v. 30.04.2008 – 5 U 614/07-58). Auch der Ehemann der Klägerin wusste, dass er zu Vorschäden des Pkw’s wegen der jahrelangen Besitzzeit des Sohnes nichts sagen konnte. Er hat Angaben „ins Blaue hinein“ gemacht, indem er die Fragen „Welche Unfall- oder sonstigen Schäden hatte das Fahrzeug vor diesem Schadenfall erlitten?“, „Welche Schäden sind entstanden?“, „Wurden diese vor diesem Schadenfall vollständig repariert?“ und „Erhielten Sie eine Entschädigung(Versicherer)?“ durch ein Durchstreichen der Antwortfelder verneint hat. Diese Fragen waren eindeutig und nicht miss zu verstehen. Da auch danach gefragt war, ob die Schäden vor dem Schadenfall vollständig repariert worden waren, war eindeutig nicht nur nach Schäden gefragt, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls noch vorhandenen waren. Auch dem Ehemann der Klägerin muss außerdem beim Ausfüllen des Formulars klar gewesen sein, dass die Fragen nicht nur der Feststellung des Versicherungsfalles, sondern auch der Klärung der Höhe der Entschädigungsleistung, also der Feststellung des Wiederbeschaffungswertes des entwendeten Pkw’s, dienten, den die Klägerin bei der Beklagten geltend gemacht hat. Dass dazu Vorschäden und die Art und Weise ihrer Reparatur für die Beklagte von Interessen waren, war offensichtlich. Da der Ehemann der Klägerin an anderer Stelle im Schadenformular durchaus Fragen detailliert beantwortet hat, muss er erkannt haben, dass es der Beklagten um die Feststellung der wertrelevanten Faktoren ging. Da wertsteigernde Faktoren angegeben waren (der Austauschmotor und die Scheckheftpflege), die möglicherweise wertsenkenden Faktoren (wie Vorschäden) aber nicht, spricht alles dafür, dass der Ehemann der Klägerin diese bewusst weggelassen hat, um entweder eine höhere Versicherungsleistung zu erreichen oder zumindest Nachfragen der Beklagten zu verhindern, was genügt, weil eine Betrugsabsicht nicht erforderlich ist. Jedenfalls hat er aber vorher seinen Sohn nicht befragt, so dass er „Angaben ins Blaue hinein“ durch das Ausfüllen des Schadenformulars verursachte. Es lag für ihn auf der Hand, dass nur sein Sohn, der sich völlig unabhängig in den letzten Jahren um den Pkw gekümmert hatte, Angaben zu dem Pkw machen konnte, so dass er eine unlautere Willensbeeinflussung der Beklagten billigend in Kauf genommen hat. Er hat nämlich die reale Möglichkeit des Erfolgseintritts erkannt und trotzdem gehandelt bzw. die Augen vor der Möglichkeit des Erfolgseintritts verschlossen, ohne das Risiko des Erfolgseintritts nachzuprüfen. Dabei gab es für ihn keine Anhaltspunkte, darauf vertrauen zu können, der Erfolg werde nicht eintreten.

(d)

Diese Arglist ist der Klägerin analog § 166 BGB zuzurechnen.

Der Bundesgerichtshof hat zwar unter Geltung des früheren VVG entschieden, dass sich der Versicherungsnehmer mit seiner Unterschrift unter das Schadenformular die dortigen Angaben zu eigen macht und dadurch eine eigene Erklärung abgibt, die ein Dritter lediglich vorbereitet hat, so dass für eine entsprechende Anwendung des § 166 BGB kein Raum sei, auch wenn er die Unterschrift „blind“ oder „blanko“ geleistet habe. Im Unterschied zum Wissenserklärungsvertreter habe der Versicherungsnehmer, der sich die Unterschrift unter die Erklärung vorbehalten habe, den Erklärungsgehilfen nicht damit betraut, die Erklärung selbst abzugeben. Der bloße Auftrag des Versicherungsnehmers an einen Dritten, ihm bei der Abfassung der Erklärung behilflich zu sein, reiche als Zurechnungsgrund nicht aus. Die Zurechnung von subjektiven Mängeln, die der Erklärungsgehilfe verursacht habe, komme der Haftung für einen Erfüllungsgehilfen gleich, die das Versicherungsrecht nicht kenne (BGH, Urt. v. 14.12.1994 – IV ZR 304/93 – VersR 1995, 281).

Diese früher vom Bundesgerichtshof angestellten Überlegungen überzeugen vollständig in den Fällen, in denen der Versicherungsnehmer die Fragen und die vom Dritten bereits ausgefüllten Antworten liest, bevor er unterschreibt. Dort ist – um den Versicherungsschutz nicht durch eine Haftung für Erfüllungsgehilfen zu entwerten – eine Zurechnung ausgeschlossen. Der Versicherungsnehmer hat sich in diesen Fällen eigene Gedanken gemacht und will eine eigene Erklärung abgeben. Es ist wegen seiner eigenen Gedanken auch Raum für eine differenzierte Prüfung seines eigenen Verschuldens. Das ist aber in den Fällen anders, in denen der Versicherungsnehmer – so wie hier – das fertig ausgefüllte Formular blind unterschreibt. Mangels jeglicher eigener Gedanken des Versicherungsnehmers gibt es keinen Anknüpfungspunkt für eine Arglistprüfung außer dem Umstand des blinden Unterschreibens. Dies führt in den Fällen, in denen der Erklärungsgehilfe nicht vertrauenswürdig ist – so wie wohl in dem oben genannten vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall – nicht zu unbilligen Ergebnissen, weil dann bereits ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers durch Angaben „ins Blaue hinein“ im Raum steht. Anders ist dies jedoch in dem hier zu entscheidenden Fall, wenn der Versicherungsnehmer sich auf eine vertrauenswürdige Person verlassen darf. Findet dann nämlich keine Zurechnung statt, entstehen – zumindest nach neuem Recht, welches keine Vorsatzvermutung mehr kennt und nur noch im Fall von Arglist keinen Kausalitätsgegenbeweis mehr zulässt – willkürliche Ergebnisse.

Denn dann entscheidet über die Frage, ob ein arglistiges Verhalten des Erklärungsgehilfen zugerechnet werden kann oder nicht alleine der formale Unterschied, ob der Versicherungsnehmer die Unterschrift selbst leistet oder dies auch noch dem Erklärungsgehilfen überlässt. Im letzteren Fall erfolgte eine Zurechnung über § 166 BGB analog wegen des Einsatzes des Dritten als Wissenserklärungsvertreter. Obwohl kein Unterschied erkennbar ist, wenn der Versicherungsnehmer eine Vertrauensperson, beispielsweise seinen Ehegatten mit dem Ausfüllen beauftragt, ob er anschließend selbst „blind“ unterschreibt oder dies von seiner Vertrauensperson auch noch erledigen lässt, wird einmal arglistiges Verhalten zugerechnet und im anderen Fall nicht.

Zur Begründung einer unterschiedlichen Entscheidung in beiden Fällen kann nicht argumentiert werden, anders als beim Wissenserklärungsvertreter habe sich der Versicherungsnehmer im anderen Fall die Unterschrift unter die Erklärung vorbehalten und den Erklärungsgehilfen gerade nicht damit betraut, eine eigene Erklärung abzugeben. Für die Frage der Zurechnung spielt das keine Rolle, sondern nur für die überzeugende Annahme des Bundesgerichtshofs, der Versicherungsnehmer gebe eine eigene Erklärung ab, wenn er selbst unterschreibe, die Ansatzpunkt für eine Prüfung des eigenen Verschulens des Versicherungsnehmers sei.

Ein unterschiedliches Ergebnis in beiden Fällen kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass der bloße Auftrag des Versicherungsnehmers an einen Dritten, ihm bei der Abfassung der Erklärung behilflich zu sein, als Zurechnungsgrund nicht ausreiche und das Versicherungsrecht eine Haftung für einen Erfüllungsgehilfen nicht kenne. Damit wird überzeugend begründet, dass keine Zurechnung für ein Verhalten eines Dritten angenommen werden darf, der dem Versicherungsnehmer nur in irgendeiner Weise bei der Abfassung der Erklärung behilflich ist. Das hat aber seine Grenze dort, wo der Versicherungsnehmer „blind“ das vom Dritten selbstständig ausgefüllte Schadenformular unterschreibt. Denn dann geht es nicht mehr um die Zurechnung des Handelns einer Hilfsperson, sondern um die Zurechnung des Handelns einer Ersatzperson, genauso wie beim Handeln eines Wissenserklärungsvertreters. Das wird besonders deutlich, wenn man das vom Bundesgerichtshof angeführte Argument betrachtet, ein Unterschied sei gerechtfertigt, weil sich der Versicherungsnehmer anders als beim Wissenserklärungsvertreter die Unterschrift unter der Erklärung vorbehalten habe. Das ist beim Handeln einer Hilfsperson richtig und ein gewichtiger Unterschied zur eigenverantwortlichen Beauftragung mit dem Ausfüllen und Unterschreiben des Schadenformulars, aber nur bei eigener Durchsicht und Überlegung des Versicherungsnehmers vor seiner Unterschriftsleistung. Ohne entscheidende Bedeutung ist dieses Argument aber im Falle des blinden Unterschreibens, weil das „Vorbehalten der Unterschriftsleistung“ dann ein rein formaler Akt ist, der keinen sachlichen Unterschied bei der Zurechnung in beiden Fällen rechtfertigt.

Aus diesen Gründen ist es in dem Fall, in dem der Versicherungsnehmer „blind“ handelt, gerechtfertigt, eine Arglist des Dritten zuzurechnen. Dies nimmt der Versicherungsnehmer gerade in Kauf, wenn er konkret im Vertrauen auf den Dritten handelt. Er weiß dann, dass es nicht alleine auf seine Person ankommen kann, er sich also nicht durch die formale Arbeitsteilung entlasten kann. Durch sein Verhalten hat er vielmehr einen konkreten Zurechnungstatbestand gesetzt. Dogmatisch ist dies dadurch zu begründen, dass die Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB auf die Fälle des bewusst ungeprüften Handelns bei der Erfüllung von Aufklärungsobliegenheiten erweitert wird.

Durch diese Zurechnung wird nicht nur verhindert, dass ein rein formaler Unterschied entscheidende und ihm nicht zustehende Bedeutung erlangt, sondern es wird zugleich verhindert, dass – gerade im Zusammenwirken von Ehegatten – ein formaler Weg zur Verfügung steht, in der Praxis nicht beweisbare, bewusste Aufklärungspflichtverletzungen folgenlos vornehmen zu können. Wegen der Einschränkung des Kausalitätsgegenbeweises ist die Gefahr eines solchen Verhaltens ohnehin angewachsen.

Gegen die Zurechnung eines arglistigen Verhaltens des Erklärungsgehilfen bei bewusst ungeprüften Handelns bei der Erfüllung von Aufklärungsobliegenheiten kann auch nicht eingewandt werden, ohne Zurechnung bleibe der Versicherer zwar leistungspflichtig, könne aber bei dem Erklärungsgehilfen Regress nehmen. Zum einen erscheint es nicht praxistauglich, den Versicherer zur Leistung zu verpflichten und von ihm ein Vorgehen gegen den Erklärungsgehilfen zu verlangen, weil dieser aufgrund seiner Vertrauensstellung dem Versicherungsnehmer gewöhnlich sehr nahe stehen wird, so dass eine unbefriedigende Anspruchsaufspaltung entstehen würde. Außerdem müssen die in Frage kommenden deliktischen Anspruchsgrundlagen gegen den Erklärungsgehilfen selbst in Fällen seiner Arglist nicht immer begründet sein, weil diese den Nachweis eines Vorsatzes voraussetzen, den Versicherer finanziell zu schädigen. Dieser Nachweis wird oft nicht zu führen sein. Außerdem entstände praktisch die Möglichkeit eines Kausalitätsgegenbeweises in Fällen, in denen dem Versicherer gegenüber in Arbeitsteilung arglistig gehandelt wurde.

Eine Zurechnung des Verschuldens eines Erklärungsgehilfen außerhalb der Haftung für Wissenserklärungsvertreter – etwa über die Repräsentation durch Vertragsverwaltung (siehe dazu Pröss in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28.Aufl., § 28 Rdn. 69) – erscheint nicht sinnvoll und würde – ohne Vorteile – die Grenzen beider Rechtsfiguren verwischen (so auch Looschelders in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 17 Rdn. 46). Grundsatz der Repräsentantenhaftung ist auch, dass der Versicherungsnehmer sich das Repräsentantenverhalten nur insoweit zurechnen lassen muss, als er den Dritten an seine Stelle hat treten lassen (BGH, Urt. v. 14.03.2007 – IV ZR 102/03 – VersR 2007, 673). Zur Beantwortung dieser Frage würden sich dieselben Probleme stellen, wie sie oben behandelt sind, ob die eigene – „blinde“ – Unterschriftsleistung die Annahme zulässt, dass der Dritte an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Es erscheint deshalb vorzugswürdig, diese Rechtsfrage bei der Erfüllung der Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit beim Handeln Dritter im Rahmen der Rechtsfigur des Wissenserklärungsvertreters zu behandeln.

Gleiches gilt für die Rechtsfigur des Wissensvertreters. Für den Bereich der Aufklärungsobliegenheiten ist die Zurechnung des Handelns eines Wissenserklärungsvertreters beim Einsatz eines Erklärungsgehilfen, der ein Schadenformular ausfüllt, ein speziellerer Fall. Vergleichbare Überlegungen aber bei der Wissensvertretung anzustellen, verwischt die Grenzen beider Rechtsfiguren. Außerdem ist nach der Rechtsprechung Wissensvertreter derjenige, den der Geschäftsherr dazu berufen hat, im Rechtsverkehr für ihn bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls weiterzugeben (BGH, Urt. v. 21.06.2000 – IV ZR 157/99 – VersR 2000, 1133). Zur Feststellung dieser Tatbestandsmerkmale kommt es also auf die Frage an, inwieweit der Versicherungsnehmer den Erklärungsgehilfen zur Aufgabenerledigung berufen hat, wenn er ungeprüft unterschreibt, also auf dieselben Wertungsfragen wie oben. Würde argumentiert, in der Beauftragung mit dem Ausfüllen eines Schadenformulars liege die Betrauung, die für die Beantwortung der Fragen nötigen Informationen zu ermitteln und zu verwerten, und beim „blinden“ Unterschreiben geschehe dies in eigener Verantwortung, würde eine Zurechnung als Wissensvertreter ebenfalls entsprechend § 166 BGB analog erfolgen. Es erscheint auch fraglich, ob die Beauftragung mit dem Ausfüllen eines Schadenformulars stets als eine solche in eigener Verantwortung verstanden werden kann, weil der Beauftragte nicht immer wissen kann, dass der Versicherungsnehmer später „blind“ unterschreibt, anstatt lediglich nach einer Hilfeleistung die Angaben selber prüft und verantworten will.

Es ändert auch nichts, dass nach dem oben Gesagten der Sohn der Klägerin als ihr Wissensvertreter anzusehen ist, so dass die Klägerin so zu behandeln ist, als habe sie in Kenntnis seines Wissens (von den sieben Schäden) sich so verhalten wie geschehen. Dies änderte nichts daran, dass ihr Vertrauen in die Richtigkeit der Angaben durch ihren Ehemann einer eigenen Arglist entgegenstände. Weil sie das Schadenformular nicht gelesen hat, hatte sie keine Kenntnis von den Fragen und den Antworten, wusste also nicht, dass nach Schäden gefragt war und diese verneint waren.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass es bei der Verschuldensprüfung im Rahmen einer Obliegenheitsverletzung zunächst alleine auf die Person des Versicherungsnehmers ankommt, wenn er selbst unterschrieben hat. In dem Fall aber, dass er die erheblichen Tatsachen nicht selbst überprüft hat und überprüfen wollte, sondern sich vollständig auf die Information des Dritten verlassen hat, ist zunächst zu prüfen, ob dieses Vertrauen gerechtfertigt war, also nicht bereits deshalb ein eigenes arglistiges Verhalten anzunehmen ist, weil der Versicherungsnehmer bewusst falsche Antworten billigend in Kauf genommen hat. Durfte er sich aber auf den Dritten verlassen, wird ein arglistiges Handeln des Dritten zugerechnet. Es kommt für diese Zurechnung nicht darauf an, wer unterschrieben hat, sondern darauf, dass der Versicherungsnehmer die erheblichen Tatsachen nicht selbst überprüft hat und überprüfen wollte.

Die Zurechnung in vorliegendem Fall steht auch mit der Entscheidung des Senats vom 16.06.2010 – 5 U 272/08-35 – in Einklang. Dort ist eine Arglist des beratenden Versicherungsmaklers dem Versicherungsnehmer nicht zugerechnet worden. Allerdings hatte in diesem Fall der Versicherungsnehmer das vom Makler vorbereitete Formular nicht „blind“ unterschrieben, so dass dort kein bewusst ungeprüftes Handeln vorlag, welches Anknüpfungspunkt der Zurechnung sein konnte. Vielmehr war dort der Versicherungsnehmer bei seinem eigenen Handeln nach der falschen Beratung des Maklers schutzwürdig.

(4.)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen. Die Entscheidung weicht teilweise von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.12.1994 – IV ZR 304/93 – VersR 1995, 281 ab.

Urteilsbesprechung zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 06. Okt. 2010 - 5 U 88/10 - 16

Urteilsbesprechungen zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 06. Okt. 2010 - 5 U 88/10 - 16

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 06. Okt. 2010 - 5 U 88/10 - 16 zitiert 10 §§.

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Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 166 Willensmängel; Wissenszurechnung


(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. (2) H

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 28 Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit


(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Ke

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 1 Vertragstypische Pflichten


Der Versicherer verpflichtet sich mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat. Der Versiche

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 06. Okt. 2010 - 5 U 88/10 - 16 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

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Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Der Versicherer verpflichtet sich mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten.

(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 246/08 Verkündetam:
16.September2009
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterinnen
Dr. Kessal-Wulf und Harsdorf-Gebhardt auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2009

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 2. Oktober 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Marktwert-Versicherung in Anspruch, die er für den Fall der Invalidität der Spieler seiner in den Jahren 2000 bis 2002 in der Zweiten Fußball-Bundesliga spielenden Mannschaft abgeschlossen hat. Versichert ist unter anderem der nigerianische Spieler S. M. , für den die Versicherungssumme auf 1.500.000 DM - 766.937,82 € - festgesetzt ist, deren Zahlung mit der Klage verfolgt wird.
2
DerMarktwert-Versicherungliege n Versicherungsbedingungen der Beklagten (VB) zugrunde, die auszugsweise lauten: "§ 1 Versicherungsumfang 1. Für den Fall, dass die versicherte Person einen Personenschaden nach Maßgabe des § 3 Nr. 2 erleidet, der ausschließlich durch einen während der Geltungsdauer dieses Vertrags auftretenden Unfall verursacht wird und der ausschließlich von sich aus und unabhängig von irgendeiner anderen Ursache binnen sechs Monaten vom Unfalltag an zur Vollinvalidität führt, die unmittelbar in eine dauernde Vollinvalidität der versicherten Person übergeht , erbringt der Versicherer dem Versicherungsnehmer die im Versicherungsvertrag genannten Leistungen. (…) § 3 Begriffsbestimmungen (…) 4. 'Vollinvalidität' bezeichnet das vollkommene und vollständige physische Unvermögen der versicherten Person, ihre im Versicherungsvertrag festgehaltene berufliche Tätigkeit auszuüben. 5. 'Dauernde Vollinvalidität' bedeutet, dass die versicherte Person für die Dauer von zwölf aufeinanderfolgenden Monaten unter einer Vollinvalidität gelitten hat und dass aufgrund des unfallbedingten Personenschadens oder der durch diese Police gedeckten physischen Behinderung, die zu der Vollinvalidität führten, für die versicherte Person keine Aussicht auf eine derartige Besserung besteht, die ausreichend wäre, um jemals wieder ihre in dem Versicherungsvertrag festgehaltene berufliche Tätigkeit auszuüben. (…) 8. 'Ausüben'/'Teilnehmen', 'Ausübung' bedeuten, dass sich die versicherte Person auf der aktiven Spielerliste der professionellen Sportmannschaft befindet, für die zu spielen die versicherte Person, wie im Versicherungsvertrag fest- gehalten, vertraglich verpflichtet ist, und/oder das Trikot trägt, um mit der betreffenden Mannschaft zu trainieren oder zu spielen und/oder dafür zur Verfügung steht und/oder tatsächlich dazu in der Lage ist.
§ 5 Leistungsvoraussetzungen, Obliegenheiten und weitere Bestimmungen I. (…) 5. Gesundheitliche Wiederherstellung: sollte die versicherte Person während der Dauer von zwölf Monaten ab Beginn der Vollinvalidität oder vor Beendigung der Saison, welche unmittelbar auf diejenige folgt, in der die Vollinvalidität der versicherten Person eintritt, je nachdem, welcher Zeitraum länger ist, an der in den Vertragdaten aufgeführten Anzahl von Spielen teilnehmen, so wird die versicherte Person folglich als voll gesundheitlich wiederhergestellt erachtet und es wird keine Leistung unter vorliegender Police ausgezahlt.
II. Der Versicherungsnehmer und die versicherte Person haben im Versicherungsfall, für den Leistungen des Versicherers begehrt werden, folgende Obliegenheiten zu erfüllen : (…) 3. Vorlage des Nachweisformulars über dauernde Vollinvalidität : innerhalb von 20 Tagen nach Beginn der dauernden Vollinvalidität hat die versicherte Person ein Nachweisformular zur dauernden Vollinvalidität vorzulegen, in welchem von einem niedergelassenen Arzt attestiert wird, dass die versicherte Person eine dauernde Vollinvalidität im Sinne von § 3 Nr. 5 erlitten hat. Das Formular hierzu ist bei dem Versicherer oder seinem Agenten erhältlich. Ein derartiges Formular kann erst nach dem Beginn der dauernden Vollinvalidität eingereicht werden, wobei vereinbart wird, dass erst nach Vollendung eines Zeitraums von zwölf aufeinanderfolgenden Monaten der Vollinvalidität und bei Erfüllung aller Bestimmungen und Bedingungen
dieser Police Forderungen hierunter gedeckt sind und Leistungen fällig oder zahlbar werden. (…) 6. Verletzen der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person eine der vorstehenden Obliegenheiten, ist der Versicherer nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen in § 6 Abs. 3 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei."
3
Bei einem Punktspiel am 29. September 2000 zog sich der Spieler M. eine Knieverletzung zu. Im März 2001 nahm er wieder am Mannschaftstraining teil. Im Zeitraum von Dezember 2001 bis März 2002 wurde er bei insgesamt sechs Punktspielen der Zweiten Fußball-Bundesliga aktiv eingesetzt, bei vier weiteren Spielen war er als Ersatzspieler benannt. Mit Schreiben vom 16. Juli 2002 zeigte der Kläger die dauernde Vollinvalidität des Spielers gegenüber der Beklagten an.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Beklagte grundsätzlich zur Leistung nach § 1 Nr. 1 VB verpflichtet ist. Der Lizenzspieler M. habe als versicherte Person am 29. September 2000 eine Knieverletzung erlitten, die unmittelbar zu einer "Vollinvalidität" nach § 3 Nr. 4 VB geführt habe. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei von einem vollkommenen und vollständigen physischen Unvermögen der versicherten Person auszugehen, ihre im Versicherungsvertrag festgehaltene berufliche Tätigkeit i.S. des § 3 Nr. 8 VB "auszuüben". Hierfür sei nicht nur erforderlich , dass die versicherte Person das Trikot trage, um mit der betreffenden Mannschaft zu trainieren oder zu spielen, sondern zusätzlich, dass die versicherte Person hierzu in der Lage sei. Dies sei jedoch zu verneinen. Es liege auch eine "dauernde Vollinvalidität" nach § 3 Nr. 5 VB vor, da die infolge des Unfalls vom 29. September 2000 eingetretene "Vollinvalidität" für einen Zeitraum von zwölf aufeinanderfolgenden Monaten bestanden habe. Hierauf habe die Teilnahme des Spielers am Trainingsund Spielbetrieb der Saison 2001/2002 keinen Einfluss, da er nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme tatsächlich nicht in der Lage gewesen sei, seinen Sport "auszuüben".
7
Die Beklagte sei jedoch wegen einer grob fahrlässigen Verletzung der sich aus § 5 II Nr. 3 VB ergebenden Obliegenheit leistungsfrei. Der Kläger habe nicht innerhalb von 20 Tagen nach Beginn der "dauernden Vollinvalidität" das geforderte Nachweisformular vorgelegt. Zudem habe er durch Schreiben vom Dezember 2000 und Januar 2001 - den Tatsachen zuwider - zum Ausdruck gebracht, dass eine zuvor angezeigte "Vollinvalidität" wieder beendet sei. Erst im Juli 2002 - und damit nach Ablauf der in den Vertragsbedingungen vereinbarten Fristen - habe der Kläger die unfallbedingte "dauernde Vollinvalidität" angezeigt. Da dem Kläger und dem Vereinsarzt, dessen Wissen dem Kläger zuzurechnen sei, die Beschwerden des Spielers und das objektive Beschwerdebild bekannt gewesen seien, seien die fehlerhaften und unterbliebenen An- zeigen als grob fahrlässig zu qualifizieren. Dem Kläger sei der Nachweis fehlender Relevanz der Verletzung der Obliegenheit nicht gelungen. Dies beruhe vor allem darauf, dass eine rechtzeitig durchgeführte zweite Operation eine erhebliche Chance auf Wiederherstellung des verletzten Kniegelenks geboten hätte, was den Eintritt der "dauernden Vollinvalidität" hätte verhindern können. Die Verletzung der Obliegenheit habe der Beklagten die Möglichkeit genommen, eine rechtzeitige Überprüfung vorzunehmen und/oder weitere erforderliche Maßnahmen zu veranlassen sowie den verfrühten Einsatz des Spielers zu verhindern.
8
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
9
1. Die hier genommene Marktwert-Versicherung ist eine Summenversicherung i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F., die nicht auf die Deckung eines konkreten Schadens ausgerichtet ist. Die Leistungspflicht des Versicherers geht dahin, bei Eintritt des in § 1 Nr. 1 VB näher umschriebenen Versicherungsfalls eine bestimmte, vorher festgelegte Summe zu zahlen, die in ihrer Höhe unabhängig von einem etwaigen Schaden ist (vgl. Senatsurteil vom 4. Juli 2001 - IV ZR 307/00 - VersR 2001, 1100 unter II 2 b; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 1 Rdn. 4).
10
Schon 2. im rechtlichen Ausgangspunkt unzutreffend nimmt das Berufungsgericht an, eine Leistungspflicht der Beklagten nach § 1 Nr. 1 VB sei wegen einer Verletzung der Obliegenheit aus § 5 II Nr. 3 VB nicht gegeben.
11
a) Angesichts des einleitenden Satzes in § 5 II VB, in dem ausdrücklich von der Erfüllung nachfolgend im einzelnen aufgeführter Oblie- genheiten die Rede ist, und des Wortlauts und Sinngehalts der Nr. 3 ist aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis der Klausel bemühten Versicherungsnehmers (vgl. nur BGHZ 123, 83, 85) grundsätzlich von der Vereinbarung einer Obliegenheit auszugehen, als deren Rechtsfolge in § 5 II Nr. 6 VB i. V. mit § 6 Abs. 3 VVG a.F. Leistungsfreiheit des Versicherers vorgesehen ist.
12
b) Das Berufungsgericht hat jedoch nicht beachtet, dass die Kenntnis der nach Eintritt eines Versicherungsfalls mitzuteilenden oder - wie hier - nachzuweisenden Umstände oder Tatsachen bereits zum objektiven Tatbestand der Verletzung einer solchen Obliegenheit gehört. Fehlt dem Versicherungsnehmer oder der versicherten Person diese Kenntnis, läuft die entsprechende Obliegenheit ins Leere. Schon objektiv kann sie nicht verletzt werden, denn es gibt nichts, worüber Versicherungsnehmer und versicherte Person nach ihrem Kenntnisstand den Versicherer aufklären könnten. Dieses positive Wissen um die die Obliegenheit auslösenden Umstände muss der Versicherer, will er sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Obliegenheit berufen, beweisen (vgl. Senatsurteile vom 13. Dezember 2006 - IV ZR 252/05 - VersR 2007, 389 Tz. 10, 13 f. und vom 30. April 2008 - IV ZR 227/06 - VersR 2008, 905 Tz. 15, 18; Römer aaO § 6 Rdn. 19). Die Beklagte als Versicherer hätte also belegen müssen, wann die Kenntnis - und nicht das bloße Kennenmüssen - vom "Beginn der dauernden Vollinvalidität" gegeben war, damit die Nachweisfrist von 20 Tagen überhaupt in Gang gesetzt werden konnte. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Stattdessen hat es ein Kennenmüssen ausreichen lassen und dieses zudem der Prüfung des Verschuldens zugeordnet; damit hat es zugleich die Maßstäbe der von ihm zugrunde gelegten groben Fahrlässigkeit verkannt.
13
c) Nach ihrem eindeutigen Wortlaut richtet sich die Obliegenheit zudem - nur - an die versicherte Person. Daher kommt es von vornherein nicht darauf an, ob der Kläger als Versicherungsnehmer Kenntnis vom Gesundheitszustand des Spielers M. hatte; vielmehr ist allein auf den Kenntnisstand der versicherten Person abzustellen. Auch das hat das Berufungsgericht übersehen.
14
Weiter - und jedenfalls missverständlich - untersucht das Berufungsgericht , ob dem Kläger ein ihm obliegender Nachweis fehlender Relevanz der Obliegenheitsverletzung gelungen ist. Diese Frage stellt sich nach der Rechtsprechung des Senats im Falle einer vorsätzlichen folgenlosen Obliegenheitsverletzung (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Mai 2009 - IV ZR 62/07 - VersR 2009, 968 unter Tz. 9; Senatsurteile vom 28. Februar 2007 - IV ZR 331/05 - VersR 2007, 785 Tz. 15; vom 21. Januar 1998 - IV ZR 10/97 - VersR 1998, 447 unter 2 b, jeweils m.w.N.). Bei Annahme grober Fahrlässigkeit, von der das Berufungsgericht ausgeht, ist hingegen nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG a.F. zu prüfen, ob dem Versicherungsnehmer ein Kausalitätsgegenbeweis gelingt (vgl. BGHZ 169, 86, 93; Senatsurteil vom 10. Februar 1999 - IV ZR 60/98 - VersR 1999, 1004 unter II 3).
15
3. Darauf kommt es letztlich jedoch nicht an, denn die Klausel in § 5 II Nr. 3 VB benachteiligt den Versicherungsnehmer wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) unangemessen und ist deshalb unwirksam. Sie ist ferner nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, da sie mit dem durch die Rechtsprechung geprägten Leitbild des Rechts der Obliegenheiten vor und nach Eintritt des Versicherungsfalls (§ 6 VVG a.F.) nicht zu vereinbaren ist.
16
a) Von der versicherten Person wird in § 5 II Nr. 3 VB gefordert, ein Nachweisformular innerhalb von 20 Tagen nach "Beginn der dauernden Vollinvalidität" vorzulegen. Diese setzt nach § 3 Nr. 5 VB voraus, dass die versicherte Person für die Dauer von zwölf aufeinander folgenden Monaten unter "Vollinvalidität" gelitten hat und aufgrund des unfallbedingten Personenschadens, der zur Vollinvalidität geführt hat, eine Aussicht auf Besserung nicht besteht. "Vollinvalidität" wiederum ist gemäß § 3 Nr. 4 VB anzunehmen, wenn ein vollkommenes oder physisches Unvermögen der versicherten Person besteht, ihre im Versicherungsvertrag festgehaltene berufliche Tätigkeit auszuüben.
17
Die Begriffe der "Vollinvalidität" und der "dauernden Vollinvalidität" nach § 3 Nrn. 4, 5 VB sind unter Einbeziehung des § 3 Nr. 8 VB zu bestimmen. Dort ist festgelegt, was unter der Ausübung der beruflichen Tätigkeit der versicherten Person - hier als Berufsfußballer - zu verstehen ist. Erforderlich soll zunächst sein, dass sich die versicherte Person auf der aktiven Spielerliste der professionellen Sportmannschaft befindet , für die zu spielen sie vertraglich verpflichtet ist. Über verschiedene Und-, aber auch Oder-Verknüpfungen werden sodann bestimmte weitere Voraussetzungen aufgeführt, bei deren Vorliegen ein "Ausüben" anzunehmen ist, nämlich und/oder das Tragen des Trikots, um mit der betreffenden Mannschaft zu trainieren oder zu spielen, und/oder dafür zur Verfügung zu stehen und/oder tatsächlich dazu in der Lage zu sein.
18
b) Mit diesem Inhalt wird die Klausel des § 5 II Nr. 3 VB dem Erfordernis des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nach ausreichender Transparenz nicht gerecht.
19
Danach (1) ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (vgl. BGHZ 136, 394, 401 f.; 141, 137, 143; 147, 354, 361 f.; Senatsurteile vom 30. April 2008 - IV ZR 241/04 - VersR 2008, 816 Tz. 14 f. und vom 26. September 2007 - IV ZR 252/06 - VersR 2007, 1690 Tz. 16).
20
Schon auf erste Sicht kann die Klausel diesen Anforderungen nicht genügen. Ein um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer bzw. hier eine gleichermaßen um Verständnis bemühte versicherte Person kann nicht erkennen, was von ihr verlangt wird, um den Anspruch auf Versicherungsleistung nicht zu gefährden.
21
(2) Sie muss in ihre Überlegungen verschiedene, in ihren Voraussetzungen nicht eindeutig festgelegte Ereignisse einbeziehen, um beurteilen zu können, ob die - mit nur 20 Tagen zudem knapp bemessene - Nachweisfrist in Gang gesetzt ist.
22
Fristbeginn Der hängt zum einen vom Eintritt einer dauernden - d.h. zwölf aufeinander folgende Monate umfassenden - Vollinvalidität ab. Darüber muss die versicherte Person, die regelmäßig nicht über medizinisches Fachwissen verfügt, sich zunächst ein Urteil bilden. Eine "dauernde Vollinvalidität" ist nach § 3 Nr. 5 VB überdies nicht allein objektiv nach dem Zustandsbild dieser zwölf Monate zu bestimmen, son- dern es tritt die auf ihren Ablauf bezogene Prognose hinzu, ob für die Zukunft Aussicht auf Besserung besteht. Auch das muss die versicherte Person erkennen, denn nur dann hat sie Veranlassung, sich um die erforderliche ärztliche Feststellung zu kümmern und nach § 5 II Nr. 3 Satz 2 VB das entsprechende Formular beim Versicherer oder seinem Agenten zu beschaffen, ohne das ausweislich der Klausel der Nachweis einer dauernden Vollinvalidität nicht erbracht werden kann. Dazu werden ihr umfassende, bis ins Einzelne gehende medizinische Überlegungen und Bewertungen abverlangt, zu denen sie ebenfalls in aller Regel nicht in der Lage ist.
23
Zum anderen wird die versicherte Person darüber im Unklaren gelassen , ob die in § 5 II Nr. 3 VB aufgenommene Frist von 20 Tagen schon, wie es der Wortlaut nahe legt, ab dem tatsächlichen Beginn der dauernden Vollinvalidität zu laufen beginnt, so dass sie binnen dieser kurzen Frist für die ärztliche Feststellung und die Einreichung des Nachweises beim Versicherer zu sorgen hat, oder ob sich die Frist erst ab der ärztlichen Feststellung hierüber berechnet, wofür der Sinn und Zweck der Regelung spricht, dem Versicherer anhand der Invaliditätsbescheinigung Gelegenheit zu geben, dem geltend gemachten Versicherungsfall nachzugehen und seine Leistungspflicht auf der Grundlage der ärztlichen Feststellung zeitnah zu überprüfen (vgl. Senatsurteil vom 7. März 2007 - IV ZR 137/06 - VersR 2007, 1114 unter Tz. 12).
24
Ihre (3) Unklarheit über den Fristbeginn wird dadurch verstärkt, dass die Umschreibung des Versicherungsfalls in § 1 Nr. 1 VB nicht deckungsgleich ist mit den Voraussetzungen der dauernden Vollinvalidität, wie sie sich in § 3 Nr. 5 VB finden. Während für den Eintritt des die Versicherungsleistung auslösenden Versicherungsfalls erforderlich ist, dass ein unfallbedingter Personenschaden binnen sechs Monaten vom Unfalltag an zu einer Vollinvalidität führt, sofern diese unmittelbar in eine dauernde Vollinvalidität "übergeht" (nicht: "übergegangen ist"), muss nach der Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 5 VB die Vollinvalidität über zwölf Monate bestanden haben, um (erstmals) als eine "dauernde" bezeichnet werden zu können. Da in § 5 II Nr. 3 VB jedenfalls für das den Beginn der 20-tägigen Frist auslösende Ereignis keine Bezugnahme auf § 1 Nr. 1 VB oder § 3 Nr. 5 VB erfolgt, ist für die versicherte Person nicht hinreichend durchschaubar, woran die Verhaltensanforderung anknüpft, ob also für die Nachweisobliegenheit der "Übergang" der binnen sechs Monaten nach dem Unfallereignis eingetretenen Vollinvalidität in eine dauernde, also eine künftig mindestens zwölf Monate währende Vollinvalidität entscheidend ist, oder ob auf den Ablauf der zwölf Monate abzustellen ist. Diese Unsicherheit verstärkt sich mit Blick auf § 5 II Nr. 3 Satz 4 VB. Dort ist geregelt, dass das erforderliche Formular erst nach dem "Beginn" der dauernden Vollinvalidität eingereicht werden kann, was auf § 1 Nr. 1 VB deutet. Zugleich wird vereinbart, dass erst nach Vollendung eines Zeitraums von zwölf aufeinander folgenden Monaten der Vollinvalidität Leistungen "fällig und zahlbar" werden, was der versicherten Person den Hinweis auf einen Zusammenhang mit § 3 Nr. 5 VB gibt.
25
(4) Weiter erschließt sich ihr der Begriff einer "Ausübung" der beruflichen Tätigkeit i.S. des § 3 Nr. 8 VB nicht einmal ansatzweise. Zunächst soll maßgeblich sein, dass die versicherte Person auf der aktiven Spielerliste "geführt" wird. Was dies im Einzelnen bedeutet, wird nicht näher erläutert. Vielmehr wird das Verständnis von § 3 Nr. 8 VB nachfolgend durch die Aufzählung mehrerer Und/Oder-Alternativen erschwert. Es ist angesichts der Fülle der sich daraus ergebenden Kombinationsmöglichkeiten nicht klar, ob es bereits ausreichend ist, dass ein Spieler sich überhaupt auf der aktiven Liste befindet. Steht die versicherte Person nicht auf dieser Liste, muss sie jedenfalls entweder das Trikot tragen , um mit der betreffenden Mannschaft zu trainieren oder zu spielen, und/oder dafür zur Verfügung stehen und/oder tatsächlich dazu in der Lage sein. Nach dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen wäre ein "Ausüben" selbst dann anzunehmen, wenn der Spieler lediglich das Trikot trägt, um am Mannschaftstraining teilzunehmen, obwohl sein physischer Zustand dies eigentlich nicht erlaubt. Insoweit verhalten sich die Formulierung "zur Verfügung stehen", die auf eine subjektive Bereitschaft zur Teilnahme am Spiel- und Trainingsbetrieb deutet, und die Formulierung "tatsächlich in der Lage sein", die auf das objektive Leistungsvermögen abstellt, in einem unauflöslichen Widerspruch zueinander.
26
Die Klausel ist mithin derart weit und konturenlos gefasst, dass die versicherte Person auch nach der gebotenen verständigen Durchsicht der Versicherungsbedingungen nicht in der Lage ist, verlässlich zu bestimmen, wann ihr vollkommenes und vollständiges physisches Unvermögen vorliegen soll, um die im Versicherungsvertrag festgehaltene Tätigkeit i.S. des § 3 Nr. 4 VB "auszuüben". Sie widerspricht damit evident dem Transparenzgebot.
27
c) Das Wesen einer vertraglich vereinbarten, mit der Sanktion der Leistungsfreiheit verbundenen Obliegenheit besteht weiter darin, dass ein Verhalten - also bestimmte Handlungen oder ein Unterlassen - vorgeschrieben wird, das es zu beachten gilt, wenn der Versicherungsschutz erhalten werden soll. Wegen der einschneidenden Wirkung der Leistungsfreiheit muss das auferlegte Tun oder Unterlassen ausdrücklich vereinbart sein, klar und eindeutig erkennen lassen, was im Einzelnen verlangt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 2008 - IV ZR 53/05 - VersR 2008, 961 Tz. 5; Senatsurteile vom 17. Dezember 2008 - IV ZR 9/08 - VersR 2009, 341 Tz. 18; vom 9. Dezember 1987 - IVa ZR 155/86 - VersR 1988, 267 unter II und vom 12. Juni 1985 - IVa ZR 261/83 - VersR 1985, 979 unter 4 b; BGH, Urteil vom 18. Dezember 1989 - II ZR 34/89 - VersR 1990, 384 unter 3). Diese durch Rechtsprechung und Literatur geprägte Auslegung des Obliegenheitsbegriffs gehört zum gesetzlichen Leitbild i.S. des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 21. April 1993 - IV ZR 33/92 - VersR 1993, 830 unter I 3 a).
28
Dem widerspricht es, wenn in § 5 II Nr. 3 VB aus den genannten Gründen Anforderungen an die versicherte Person gestellt werden, die sie deshalb nicht zu erfüllen vermag, weil sie ihr nicht deutlich genug aufgezeigt werden. Daran ändern der gemäß § 5 II Nr. 6 VB i.V. mit § 6 Abs. 3 VVG a.F. vorbehaltene Entschuldigungsbeweis und der Kausalitätsgegenbeweis nichts (BGHZ 111, 278, 281). Denn der Versicherungsnehmer bzw. hier die versicherte Person werden dadurch in die Lage gebracht , sich entlasten zu müssen. Sie sind - entgegen dem zum Recht der Obliegenheiten entwickelten Leitbild - schlechter gestellt, weil Zweifel an Inhalt und Umfang der Obliegenheit im Ergebnis zu ihren Lasten gehen. Anders ist es, wenn es dem Versicherer aufgegeben ist, die Verhaltensanforderung unmissverständlich zu formulieren und den objektiven Verstoß gegen die in ihren Voraussetzungen eindeutig festgelegte Obliegenheit zu beweisen.
29
III. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:
30
Die 1. Voraussetzungen eines bedingungsgemäßen Versicherungsfalls folgen aus § 1 Nr. 1 VB. Dabei ist zwischen den Parteien mittlerweile unstreitig, dass durch den Vorfall vom 29. September 2000 und die dabei erlittene Verletzung bei dem Spieler M. ein unfallbedingter Personenschaden eingetreten ist. Nach den bisherigen Feststellungen ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass es noch an diesem Tage zu einer "Vollinvalidität" gemäß § 3 Nr. 4 VB gekommen ist. Allerdings kann die Vollinvalidität, mithin das Unvermögen der versicherten Person, ihre berufliche Tätigkeit "auszuüben", nicht nach Maßgabe des § 3 Nr. 8 VB bestimmt werden, da diese Klausel - wie aufgezeigt - ebenfalls intransparent und damit auch außerhalb ihrer Verknüpfung mit § 5 II Nr. 3 VB unwirksam ist.
31
2. Die Prüfung der Voraussetzungen einer "dauernden Vollinvalidität" nach §§ 1 Abs. 1, 3 Nr. 5 VB durch das Berufungsgericht ist nicht vollständig. Es fehlt an Feststellungen dazu, dass zwölf Monate nach dem Unfallereignis bei dem versicherten Spieler keine Aussicht auf eine Besserung seines Zustands bestand, die ausreichend gewesen wäre, um jemals wieder die Tätigkeit als Berufsfußballer auszuüben. Das wird das Berufungsgericht nachzuholen haben.
32
3. Zu § 5 I Nr. 5 VB sind gleichfalls noch keine Feststellungen getroffen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Würzburg, Entscheidung vom 20.12.2007 - 22 O 1859/04 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 02.10.2008 - 1 U 12/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 40/06
vom
12. Dezember 2007
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke
am 12. Dezember 2007

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird seine Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. Januar 2006 zugelassen.
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 35.316,12 €

Gründe:


1
I. 1. Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei der Beklagten genommenen Haftpflicht- und Fahrzeugversicherung für KfzHandel und -Handwerk. Am 5. Februar 2004 meldete der Kläger der Polizei den Diebstahl eines von ihm kurz zuvor erworbenen Personenkraftwagens. Nach seiner Darstellung hatte er den PKW am Abend zuvor vor seinem Privathaus abgestellt und tags darauf nicht mehr dort vorgefun- den. In der schriftlichen Schadensmeldung an die Beklagte vom 6. Februar 2004 beantwortete der Kläger die Frage nach möglichen Zeugen für das Abstellen des Fahrzeugs mit "meine Frau". Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 23. März 2004 mitgeteilt hatte, ein bedingungsgemäßer Teilkaskoschadensfall werde bestritten und eine Regulierung deshalb nicht vorgenommen, erhob der Kläger Zahlungsklage vor dem Landgericht. Auf die Ausführungen der Beklagten in der Klagerwiderung reagierte der Kläger mit Schriftsatz vom 17. August 2004, indem er unter anderem neben seiner Ehefrau eine Frau S. G. als Zeugin dafür benannte, dass er, der Kläger, am Abend des 4. Februar 2004 mit dem als gestohlen gemeldeten Fahrzeug nach Hause gekommen war und dieses vor seinem Haus abgestellt hatte. Daraufhin berief sich die Beklagte auf Leistungsfreiheit, weil der Kläger die Zeugin G. nicht schon in der schriftlichen Schadensmeldung benannt hatte; damit habe er seine aus § 7 (I) Nr. 2 Satz 3, (V) Nr. 4 AKB folgende Obliegenheit verletzt, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein könne.
2
2. Das Landgericht hat Leistungsfreiheit der Beklagten wegen Obliegenheitsverletzung angenommen und die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Berufung hat der Kläger vorgetragen, er habe die Zeugin G. bei seiner Rückkehr mit dem als gestohlen gemeldeten PKW am Abend des 4. Februar 2004 nicht wahrgenommen. Erst nachdem die Beklagte die Entschädigung abgelehnt und sich in ihrer Klagerwiderung auf falsche Angaben in der Schadensanzeige berufen habe, sei er von seiner Ehefrau darauf hingewiesen worden, dass auch die Zeugin G. , mit der sie sich an jenem Nachmittag vor der Haustür unterhalten habe, seine Rückkehr und das Abstellen des PKW beobachtet hätte. Das Oberlandesgericht hat diesen Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO als verspätet zurückgewiesen und der Berufung des Klägers den Erfolg versagt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe in erster Instanz nicht vorgetragen, die Zeugin G. nicht bemerkt und erst später von ihrer Anwesenheit und von ihren Beobachtungen erfahren zu haben, obwohl die Beklagte sich bereits mit Schriftsatz vom 24. September 2004 ausdrücklich auf eine Obliegenheitsverletzung durch Verschweigen dieser Zeugin berufen habe.
3
Das II. Berufungsgericht hat verfahrensfehlerhaft angenommen, der Kläger sei mit seinem unter Beweis gestellten Vortrag dazu, er habe erst nach Beantwortung der Fragen in dem Schadensmeldeformular der Beklagten von seiner Ehefrau davon erfahren, dass auch die Zeugin G. das Abstellen des als gestohlen gemeldeten Kraftfahrzeugs am Abend vor dem behaupteten Diebstahl beobachtet hatte, gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Damit hat es zugleich in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
4
1. Wie die Beschwerde zutreffend beanstandet, betrifft die Frage, ob der Kläger im Zeitpunkt des Ausfüllens seiner Schadensmeldung wusste, dass auch die Zeugin G. das Abstellen des Fahrzeugs am Abend des 4. Februar 2004 wahrgenommen hatte, nicht die Widerlegung der Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG, sondern das Vorliegen der Voraussetzungen einer Obliegenheitsverletzung als solcher. Nach der Rechtsprechung des Senats gehört die Kenntnis der nach Eintritt des Versicherungsfalles mitzuteilenden Umstände zum objektiven Tatbestand der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des § 7 (I) Abs. 2 Satz 3 AKB, den der Versicherer zu beweisen hat (Senatsurteil vom 13. De- zember 2006 - IV ZR 252/05 - VersR 2007, 389 Tz. 13 f.). Diese Obliegenheit kann der Versicherungsnehmer bei Unkenntnis schon objektiv nicht verletzen, denn es gibt nichts, worüber er nach seinem Kenntnisstand den Versicherer aufklären könnte (Senatsurteil vom 13. Dezember 2006 aaO Tz. 14).
5
Der 2. Kläger hat erstinstanzlich lediglich vorgetragen, dass die Zeugin G. das Abstellen des Fahrzeugs beobachtet hätte und dafür durch Benennung der Zeugin Beweis angetreten. Dieser Vortrag im Prozess belegt aber für sich genommen noch nicht, dass der Kläger Kenntnis von den Beobachtungen der Zeugin schon bei Abfassung der Schadensanzeige hatte; er gab dafür nichts her. Es wäre vielmehr Sache der Beklagten gewesen, solche Kenntnis zu behaupten und gegebenenfalls zu beweisen. Auch daran fehlt es; die Beklagte hat zur Kenntnis des Klägers vielmehr überhaupt nichts vorgetragen, sich vielmehr auf die Bemerkung beschränkt, aus der Nichtangabe der Zeugin in der Schadensanzeige ergebe sich bereits eine leistungsbefreiende Obliegenheitsverletzung.
6
Das erstinstanzliche Urteil legt aber ein Verständnis dahin nahe, die Kenntnis des Versicherungsnehmers von den mitzuteilenden Umständen gehöre als subjektives Element zur Schuldseite, für die die Beweislastverteilung des § 6 Abs. 3 VVG gelte. Damit hat sich das Landgericht den Blick darauf verstellt, dass es nicht Sache des Klägers, sondern der Beklagten war, zur Kenntnis des Klägers bei Abfassung der Schadensanzeige vorzutragen und Beweis anzutreten. Selbst wenn das Landgericht den Vortrag des Klägers dahin verstehen wollte, dieser habe seine Kenntnis zum maßgeblichen Zeitpunkt eingeräumt, hätte es ihn gemäß § 139 ZPO darauf hinweisen müssen. Denn aus seiner fehlerhaf- ten Sicht stand damit zugleich der subjektive Tatbestand der Obliegenheitsverletzung fest. Dass dem Kläger ein solcher Hinweis erteilt worden ist, ergibt sich aus dem insoweit maßgeblichen Sitzungsprotokoll nicht. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger bei rechtzeitiger Erteilung des Hinweises schon in erster Instanz vorgetragen hätte, dass er von den Wahrnehmungen der Zeugin G. erst nach Abfassung der Schadensanzeige durch seine Ehefrau in Kenntnis gesetzt worden war. Schon danach kam die Zurückweisung dieser nunmehr erst in zweiter Instanz vorgetragenen und unter Beweis gestellten Behauptungen des Klägers nicht in Betracht (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
7
III. Für den Fall, dass es das Berufungsgericht in der neuen Verhandlung unter Beachtung der zutreffenden Verteilung der Darlegungsund Beweislast als erwiesen ansehen sollte, dass der Kläger seine nach dem Versicherungsvertrag bestehende Obliegenheit im Sinne von § 7 (I) Nr. 2 Satz 3 AKB objektiv verletzt hat, ist es Sache des Klägers, die nach § 6 Abs. 3 VVG bestehende Vermutung des Vorsatzes zu widerlegen. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht die Grundsätze der sogenannten Relevanzrechtsprechung herangezogen (vgl. Senatsurteile vom 7. Juli 2004 - IV ZR 265/03 - RuS 2004, 368 unter II 3 und vom 21. Januar 1998 - IV ZR 10/97 - VersR 1998, 447 unter 2 b). Die bislang dazu getroffenen Feststellungen legen die Annahme nahe, dass der Beklagten bei der Feststellung des Versicherungsfalles bzw. des Schadensumfangs noch keine Nachteile entstanden sind, eine mögliche Obliegenheitsverletzung des Klägers mithin folgenlos geblieben ist. Zur Frage des erheblichen Verschuldens verweist der Senat auf die Ausführungen in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 10.02.2005 - 24 O 215/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 17.01.2006 - 9 U 60/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 252/05 Verkündetam:
13.Dezember2006
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VVG § 6 Abs. 3; AKB §§ 7 (I) Abs. 2 Satz 3, (V) Abs. 4
Die Kenntnis der nach Eintritt des Versicherungsfalles mitzuteilenden Umstände gehört
zum objektiven Tatbestand der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, den der
Versicherer zu beweisen hat.
Steht fest, dass der Versicherungsnehmer zunächst Kenntnis von dem Versicherer
mitzuteilenden Umständen hatte, wird vorsätzliches Handeln vermutet, wenn er diese
dem Versicherer nicht vollständig mitteilt. Für seine Behauptung, die Kenntnis der
betreffenden Umstände nachträglich durch eine tief greifende Bewusstseinsstörung
verloren zu haben (hier: retrograde Amnesie), trägt der Versicherungsnehmer die
Beweislast.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2006 - IV ZR 252/05 - Kammergericht
LG Berlin
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2006

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Kammergerichts vom 4. Oktober 2005 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Versicherungsleistungen aus einer Kaskoversicherung für einen von ihm geleasten Pkw. Dem Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) zu Grunde.
2
Fahrzeug Das kam in der Nacht zum 21. Oktober 2001 ohne Fremdeinwirkung von der Fahrbahn ab, überschlug sich und blieb stark beschädigt auf dem Dach liegen. Ein Zeuge traf kurze Zeit nach dem Unfall lediglich den Kläger im Fahrzeug an und half diesem beim Aussteigen. Der Kläger hatte neben multiplen Prellungen sowie Schürf- und Schnittwunden im Gesicht auch ein Schädelhirntrauma geringeren Grades erlitten. Eine noch in der Nacht bei ihm entnommene Blutprobe er- gab eine Blutalkoholkonzentration von 1,7 Promille. Nach der von der Beklagten bestrittenen Behauptung des Klägers war das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt von einem Mann gefahren worden, den er kurz zuvor in einer Diskothek kennen gelernt hatte. Er selbst sei unangeschnallt auf dem Beifahrersitz mitgefahren. An das Unfallgeschehen habe er wegen der Kopfverletzung keine Erinnerung. Zur Identität des Fahrers könne er deshalb ebenfalls keine Angaben machen. Entsprechende Eintragungen nahm der Kläger in seiner Schadensmeldung vom 13. Dezember 2001 vor.
3
Ein von der Beklagten beauftragter Sachverständiger für Straßenverkehrsunfälle stellte bei einer Untersuchung des Unfallfahrzeugs fest, dass bei dem Unfall der pyrotechnische Gurtstrammer und die Airbags auf der Fahrerseite ausgelöst worden waren, auf der Beifahrerseite jedoch nicht. Das Fahrzeug war mit einer Sitzbelegungserkennung für den Beifahrersitz ausgestattet, bei der die Auslösung der Airbags auf der Beifahrerseite nur bei einer Sitzbelegung erfolgt. Die Beklagte verweigerte daraufhin die Regulierung des Schadens und berief sich auf Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles sowie wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des § 7 (I) Abs. 2 Satz 3 AKB.
4
Landgericht Das hat die Klage auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes abzüglich Restwert (wirtschaftlicher Totalschaden) und Selbstbeteiligung in Höhe von insgesamt 28.964,68 € abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat keinen Erfolg.
6
I. 1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Leistungspflicht der Beklagten wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles im Sinne von § 61 VVG entfallen sei. Ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Unfallspuren am Fahrzeug und zu den vorhandenen Airbag- und Sitzplatzerkennungssystemen könne nicht verlässlich beurteilt werden, ob die von der Beklagten zu beweisenden Voraussetzungen dieser Norm gegeben seien, ob also der Kläger entgegen seiner Behauptung das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt - unter Alkoholeinfluss - geführt habe.
7
2. a) Jedenfalls sei die Beklagte leistungsfrei, weil der Kläger jegliche Angaben zum Unfallhergang und zum Fahrer verweigert habe und damit entgegen § 7 (I) Abs. 2 Satz 3 AKB seiner Verpflichtung zur umfassenden Aufklärung aller Tatumstände nach Eintritt des Versicherungsfalles nicht nachgekommen sei. Die Vermutung vorsätzlichen Handelns nach §§ 7 (V) Abs. 4 AKB, 6 Abs. 3 VVG habe er nicht widerlegen können , da seine Behauptung, er habe als Folge der Kopfverletzung die Erinnerung an das Unfallgeschehen verloren, durch das Gutachten des medizinischen Sachverständigen nicht bestätigt worden sei.
8
b) Der Ansicht des Klägers, die Beweislast müsse davon abweichend verteilt werden, da er sich auf die Unkenntnis der aufklärungsbe- dürftigen Tatumstände berufen habe, ist das Berufungsgericht nicht gefolgt. Die Klausel des § 7 (I) Abs. 2 Satz 3 AKB sei so gefasst, dass die Kenntnis aufklärungspflichtiger Umstände nicht zu den objektiven Tatbestandsvoraussetzungen zähle. Vielmehr verlange die Klausel über eine Mitteilung bekannter Umstände hinaus auch, sich die Kenntnis von unbekannten Umständen zu verschaffen, die für den Versicherer von Bedeutung sein können. Dieses Verständnis des Inhalts der Aufklärungsobliegenheit schließe eine generelle Beschränkung der Aufklärungspflicht auf bekannte Tatumstände von vornherein aus. Auch der Bundesgerichtshof vertrete in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Kenntnis aufklärungsbedürftiger Umstände bei Obliegenheiten, die nach dem Versicherungsfall zu erfüllen seien, zum subjektiven Tatbestand derjenigen Klausel gehöre, aus der die Leistungsfreiheit des Versicherers folge.
9
II. Das hält nur im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
10
Der 1. Senat folgt dem Berufungsgericht nicht, soweit es die Kenntnis der Umstände, die der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalles mitzuteilen hat, nicht zum objektiven Tatbestand der Aufklärungsobliegenheit (§ 7 (I) Abs. 2 Satz 3 AKB) rechnet. Für diese Kenntnis trifft - wie für den objektiven Tatbestand insgesamt - die Beweislast den Versicherer.
11
a) Ob bei streitiger Kenntnis des Versicherungsnehmers von den mitzuteilenden Umständen der Versicherer diese Kenntnis als Bestandteil des objektiven Tatbestandes der Obliegenheitsverletzung zu bewei- sen hat oder der Versicherungsnehmer insoweit den vermuteten Vorsatz widerlegen muss, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Zur Begründung der Auffassung, die Kenntnis des Versicherungsnehmers gehöre als subjektives Element zur Schuldseite, für die generell die Beweislastverteilung des § 7 (V) AKB i.V. mit § 6 Abs. 3 VVG gelte, wird darauf hingewiesen, dass nur so entsprechende Obliegenheitsverletzungen wirkungsvoll unterbunden werden könnten (OLG Oldenburg VersR 1995, 952, 953; ähnlich OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1496, 1497; offen gelassen von OLG Düsseldorf VersR 2001, 1019 f.; im Ergebnis ebenso Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 6 Rdn. 125). Dem wird entgegengehalten, ein Versicherungsnehmer könne nur das anzeigen, was ihm auch bekannt sei, so dass zum Nachweis eines - objektiven - Verstoßes gegen die Auskunftsobliegenheit auch der Nachweis gehöre, dass der Versicherungsnehmer die Tatsachen kennt, die von der Aufklärungsobliegenheit erfasst werden (OLG Hamm NJW-RR 1990, 1310; OLG Hamm RuS 1994, 42, 43 m. Anm. Langheid; ebenso Römer in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. § 6 Rdn. 113).
12
Auch b) in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, wer die Beweislast für die Kenntnis der dem Versicherer mitzuteilenden Umstände nach Eintritt des Versicherungsfalles zu tragen hat, bisher nicht eindeutig geklärt. In dem auch vom Berufungsgericht herangezogenen Senatsurteil vom 30. April 1969 (BGHZ 52, 86, 89) ist die Kenntnis des Versicherungsnehmers vom Versicherungsfall als subjektives Element der Schuldseite zugeordnet worden (ebenso Senatsurteil vom 21. April 1993 - IV ZR 34/92 - VersR 1993, 828 unter 2 c, insoweit in BGHZ 122, 250 nicht abgedruckt). Einer anderen Entscheidung (BGH, Urteil vom 21. April 1966 - II ZR 239/63 - VersR 1966, 577 unter IV 2) lässt sich eine Zuordnung der Kenntnis mitteilungspflichtiger Umstände zu den objektiven Voraussetzungen einer Obliegenheitsverletzung entnehmen mit der Folge, dass die Kenntnis dieser Umstände der Versicherer darzulegen und im Streitfall zu beweisen hat.
13
c) Die Kenntnis der nach Eintritt des Versicherungsfalles mitzuteilenden Umstände gehört zum objektiven Tatbestand der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, den der Versicherer zu beweisen hat.
14
§ 7 (I) Abs. 2 Satz 3 AKB verpflichtet den Versicherungsnehmer, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Geht es - wie hier - um den Eintritt des Versicherungsfalles, obliegt es dem Versicherungsnehmer demgemäß, seinem Versicherer alle Umstände mitzuteilen, die mit dem Ereignis in Zusammenhang stehen, das den Schaden verursacht hat, um ihm so eine sachgemäße Prüfung der Voraussetzungen seiner Leistungspflicht zu ermöglichen. Dazu gehören selbst solche mit dem Schadensereignis in Zusammenhang stehende Tatsachen, aus denen sich die Leistungsfreiheit des Versicherers ergeben kann (Senatsurteil vom 1. Dezember 1999 - IV ZR 71/99 - VersR 2000, 222 unter II 2 m.w.N.). Das setzt aber stets voraus, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis von den Umständen oder Tatsachen hat, die er seinem Versicherer in Erfüllung der Obliegenheit mitzuteilen hat. Fehlt ihm diese Kenntnis, läuft die Aufklärungsobliegenheit ins Leere. Schon objektiv kann er sie nicht verletzen, denn es gibt nichts, worüber er nach seinem Kenntnisstand seinen Versicherer aufklären könnte. Auf eine etwaige Erkundigungspflicht des Versicherungsnehmers , die allerdings die Kenntnis von Anhaltspunkten für Umstände voraussetzt, die dem Versicherer nach § 7 (I) Abs. 2 Satz 3 AKB mitzuteilen sind, kommt es hier nicht an (vgl. dazu Senatsurteil vom 21. April 1993 aaO).
15
Ordnete man dagegen die Kenntnis von dem Versicherer mitzuteilenden Umständen als ein subjektives Element der Schuldseite zu, müsste sich der Versicherungsnehmer vom Vorwurf der objektiven Verletzung einer Obliegenheit entlasten, obgleich nicht feststeht, dass er überhaupt in der Lage war, sie zu erfüllen. Eine solche Einordnung ist auch Wertungsgesichtspunkten des § 6 Abs. 3 VVG nicht zu entnehmen, auf den § 7 (V) Abs. 4 AKB verweist. Diese gesetzliche Beweisregel, wonach sich der Versicherungsnehmer vom vermuteten Vorsatz entlasten muss, macht vielmehr erst und gerade vor dem Hintergrund Sinn, dass die Kenntnis des Versicherungsnehmers von einem dem Versicherer mitzuteilenden Umstand bereits feststeht, dieser die Mitteilung aber dennoch unterlässt.
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2. Dass der Kläger zunächst Kenntnis vom Unfallgeschehen hatte, stellt das Berufungsgericht in tatrichterlicher und von der Revision nicht angegriffener Würdigung unter Berücksichtigung des Klägervortrags fest. Danach hat der Kläger die Vorgänge bis zum Unfall persönlich als Beifahrer bei ungetrübtem Bewusstsein miterlebt. Damit liegen die objektiven Voraussetzungen einer Verletzung von § 7 (I) Abs. 2 Satz 3 AKB vor.
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3. Die Beklagte wäre deshalb nur dann leistungsfrei, wenn der Kläger die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG widerlegt hätte. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass dem Kläger dies nicht gelungen ist.

18
a) Der Kläger hat behauptet, die Kenntnis der anzuzeigenden Umstände durch eine retrograde Amnesie als Folge des Unfalls nachträglich wieder verloren zu haben. Diese Behauptung ist zwar, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, grundsätzlich geeignet, den Vorwurf vorsätzlichen Handelns in Frage zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1966 - II ZR 5/64 - VersR 1966, 458 unter III). Da der Kläger als Ursache für den nachträglichen Erinnerungsverlust eine tief greifende Bewusstseinsstörung im Sinne von § 827 BGB geltend macht, trifft ihn die volle Beweislast insoweit nicht nur nach § 6 Abs. 3 VVG, sondern auch nach dem Rechtsgedanken des § 827 Satz 1 BGB, wonach derjenige die Voraussetzungen dieser Vorschrift darzulegen und zu beweisen hat, der sich auf sie beruft (BGHZ 39, 103, 108).

19
Der b) im Berufungsrechtszug gehörte Sachverständige konnte weder bestätigen noch ausschließen, dass es entsprechend der Behauptung des Klägers bei ihm durch das erlittene Schädelhirntrauma zu einer Beeinträchtigung der Bewusstseinslage bzw. des Gedächtnisses gekommen war. Die danach verbleibenden Zweifel gehen zu seinen Lasten.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 25.03.2003 - 17 O 167/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 04.10.2005 - 6 U 233/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 219/03 Verkündet am:
23. Juni 2004
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juni 2004

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 4. September 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen derM. T. GmbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin). Diese betrieb, ab dem 1. September 1995 vertreten durch den Geschäftsführer S. , einen Elektro-Einzelhandel; zu diesem Zwecke hatte sie im Hause Bahnhofstraße 5a in E. das Keller-, Erd- und erste Obergeschoß angemietet. Bei der Beklagten unterhielt sie eine Leitungswasser - und Betriebsunterbrechungsversicherung, der die Allgemeinen Bedingungen für die Leitungswasserversicherung (AWB 1987)

und die Zusatzbedingungen für die Betriebsunterbrechungs-Versicherung (ZKBU 1987) zugrunde lagen.
Im Hause Bahnhofstraße 5a, das im Miteigentum der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) P. /G. steht, blieben seit dem Jahre 1992 das zweite und dritte Obergeschoß ungenutzt. Die GbRGesellschafter P. und G. waren bis zum 31. August 1995 zugleich Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin. In den Wintern 1992 bis 1996 stellten sie in den leerstehenden Räumlichkeiten Heizlüfter auf und führten Kontrollgänge durch. In der Nacht vom 4. auf den 5. Februar 1996 kam es während einer seit November 1995 anhaltenden starken Frostperiode im dritten Obergeschoß zu einer Leckage an einem der über Putz verlaufenden Leitungsrohre, die der Kläger auf Erosion, die Beklagte auf einen Frostschaden zurückführt. Durch das austretende Leitungswasser kam es zu Überschwemmungen in den darunterliegenden Stockwerken. Die Gemeinschuldnerin, die ihren Anspruch gegen die Beklagte an die Sparkasse E. abgetreten hat, hat den ihr entstandenen Schaden an Einrichtung und Vorräten und aus der darauf beruhenden Betriebsunterbrechung zuletzt mit 72.098,29 € beziffert. Die Beklagte lehnt Versicherungsleistungen unter anderem deshalb ab, weil die Gemeinschuldnerin ihr die von den leerstehenden Räumlichkeiten ausgehende erhöhte Gefahr nicht angezeigt und überdies den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe, indem sie keine Maßnahmen zum Schutz der frostgefährdeten Leitungen ergriffen habe.
Das Landgericht hat der Leistungsklage nebst Zinse n stattgegeben , das Oberlandesgericht sie auf die Berufung der Beklagten abgewie-

sen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefocht enen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Beklagte sei wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles durch die Gemeinschuldnerin leistungsfrei. Es habe über einen Zeitraum von mehreren Jahren die von den leerstehenden Räumlichkeiten ausgehende dauernde und jedem einleuchtende Gefahr eines Leitungswasserschadens bestanden. Diese Gefahr habe eine Pflicht der Gemeinschuldnerin zum Handeln begründet, der sie durch Betätigen der vorhandenen Absperrvorrichtungen an den Steigleitungen zum zweiten und dritten Obergeschoß hätte nachkommen müssen. Ein Absperren hätte bei einem Frost- oder auch Korrosionsschaden auf jeden Fall den Austritt einer größeren Menge Wasser verhindert. Die notwendige Kenntnis von der Gefahrenlage hätten die früheren Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin in ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als Miteigentümer des Gebäudes gehabt. Die Geschäftsführer hätten schon in den Jahren 1992 bis 1995 auch zum Schutze des Vermögens der Gemeinschuldnerin entsprechende Maßnahmen einleiten müssen. Daß diese Maßnahmen außerhalb des Versicherungsortes durchzuführen gewesen wären, sei dabei ohne Belang. Dieses Unterlassen habe über den Zeitpunkt des Ausscheidens der Ge-

schäftsführer fortgewirkt, denn im Februar 1996 sei der Schadensfall eingetreten.
Die Beklagte könne sich zudem auf Leistungsfreihei t wegen der nicht erfolgten Anzeige einer Gefahrerhöhung berufen. Dabei bedeute das Nichtbeheizen der Räume im zweiten und dritten Obergeschoß eine Gefahrerhöhung auch für die darunter liegenden versicherten Räume, denn mit Wasser gefüllte Leitungen könnten bei Frost zerstört werden und erhebliche Schäden verursachen. Die Gefahrerhöhung habe seit dem Jahre 1992 bestanden, so daß die damaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin spätestens im Winter 1992/93 zur Anzeige bei der Beklagten verpflichtet gewesen seien. Die Geschäftsführer hätten Kenntnis von der Gefahrerhöhung gehabt, was daraus folge, daß sie versucht hätten, der Gefahr durch - wenn auch völlig ungeeignete - Maßnahmen zu begegnen. Das schlichte Auswechseln der Person der Geschäftsführer , wie hier zum 1. September 1995 geschehen, führe nicht notwendig dazu, daß der alte Kenntnisstand der juristischen Person vollständig erlösche ; zumindest für eine Übergangszeit sei ihr die Kenntnis ehemaliger Geschäftsführer zuzurechnen.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung in wesent lichen Punkten nicht stand. Dabei kommt es auf die Fragen, die dem Berufungsgericht Anlaß zur Zulassung der Revision gegeben haben, nicht an oder sie sind durch die bisherige Rechtsprechung des Senats bereits beantwortet; dennoch war der Senat an die Zulassung gebunden (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO).

1. Nach § 6 Nr. 2 Abs. 1 und 2 AWB 1987 darf der V ersicherungsnehmer nach Stellung des Versicherungsantrages ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder gestatten. Er hat jede Gefahrerhöhung, die ihm bekannt wird, dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen, und zwar auch dann, wenn sie ohne seinen Willen eintritt. Wird die Anzeige nicht gemacht, so ist der Versicherer nach § 6 Nr. 2 Abs. 3 AWB 1987, der auf die §§ 23 bis 30 VVG und damit auch auf § 28 Abs. 1 VVG verweist, von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen. Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht auf Grundlage des bisherigen Vorbringens rechtsfehlerhaft bejaht.

a) Es hat bereits keine Feststellungen zum Beginn des Versicherungsverhältnisses getroffen. Den von den Parteien eingereichten Versicherungsunterlagen ist zu entnehmen, daß die Gemeinschuldnerin bei der Beklagten eine Leitungswasserversicherung mit Beginn zum 1. Mai 1993 genommen hat. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers , wie er in der Klagschrift enthalten ist, ist der Versicherungsvertrag sogar erst unter dem 9. August 1995 zustande gekommen. In beiden Fällen findet die Ansicht des Berufungsgerichts, die Gemeinschuldnerin sei spätestens im Winter 1992/93 zur Anzeige einer Gefahrerhöhung im Sinne des § 6 Nr. 2 AWB 1987 verpflichtet gewesen, keine tatsächliche Grundlage. Denn es war noch kein Versicherungsverhältnis zur Beklagten begründet, so daß die vom Berufungsgericht angenommene nachträgliche Gefahrerhöhung nicht gegeben sein konnte.


b) Auch im weiteren ist den Erwägungen des Berufun gsgerichts aus Rechtsgründen nicht zu folgen. Es hat die bei der Prüfung einer Gefahrerhöhung zu beachtenden Grundsätze unzutreffend angewandt.
(1) Durch die Bestimmungen der §§ 23 ff. VVG, auf die § 6 Nr. 2 Abs. 3 AWB 1987 verweist, soll das Gleichgewicht zwischen Prämienaufkommen und Versicherungsleistung erhalten bleiben. Der Versicherer soll nicht gezwungen sein, am Versicherungsvertrag festzuhalten, obwohl sich die Risikolage so geändert hat, daß das Verhältnis zwischen Risiko und Prämie nicht mehr der Risikolage entspricht, die er bei Abschluß des Versicherungsvertrages voraussetzen durfte. Von einer Gefahrerhöhung kann demnach nur dann gesprochen werden, wenn nachträglich eine Gefahrenlage eingetreten ist, bei der der Versicherer den in Rede stehenden Versicherungsvertrag überhaupt nicht oder jedenfalls nicht zu der vereinbarten Prämie abgeschlossen hätte. Folgerichtig kommt es in diesem Zusammenhang nicht auf einzelne Gefahrumstände an; statt dessen ist zu fragen, wie sich die Gefahrenlage ab Antragstellung (§ 6 Nr. 2 Abs. 2 AWB 1987, § 29a VVG) im ganzen entwickelt hat. Dabei sind alle ersichtlichen gefahrerheblichen Tatsachen in Betracht zu ziehen. Soweit den gefahrerhöhenden Umständen gefahrvermindernde entgegenstehen, sind sie gegeneinander abzuwägen (BGHZ 79, 156, 158; Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - IV ZR 183/03 - unter II 2 a aa bei juris abrufbar).
(2) Das Berufungsgericht hat diese Prüfung nicht v orgenommen.
Dabei wäre zu berücksichtigen gewesen, daß der Lee rstand nicht die Geschäftsräume der Gemeinschuldnerin, sondern die darüber lie-

genden Räumlichkeiten im zweiten und dritten Obergeschoß betraf. Es haben sich nicht die Gegebenheiten der versicherten Sache selbst nachträglich verändert, es war lediglich ihr äußeres Umfeld betroffen. Soweit das Berufungsgericht der Auffassung ist, auch Einflüsse außerhalb der versicherten Sache seien geeignet, das bei Antragstellung vorausgesetzte Verhältnis zwischen Prämie und Risiko zu Lasten des Versicherers zu verschieben, hätte es die Risikolage in ihrer Gesamtheit untersuchen müssen. Während sich bei einem Leerstand von Räumlichkeiten einerseits das Risiko erhöht, daß infolge unzureichender Beheizung und Wartung der Rohre ein Leitungswasserschaden eintritt und nicht alsbald entdeckt wird, fallen andere für Leitungswasserschäden typische Risikoursachen weg, die von regelmäßig genutzten Räumen ausgehen, wie etwa aufgrund ungenügender Beaufsichtigung wasserführender Haushaltsgeräte oder von Verstopfungen der Leitungsrohre. Damit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt; eine - nach der erforderlichen Gefahrenaufrechnung - verbleibende überschießende Gefahrensituation ist auch sonst nicht ersichtlich.
(3) Sofern das Berufungsgericht davon ausgehen wol lte, ein besonderer Umstand - wie hier eine strenge winterliche Frostperiode - sei geeignet, die allgemeine Risikolage nachhaltig zu Lasten des Versicherers zu verändern, so übersieht es, daß ein solcher Zustand nicht durchgehend seit dem Winter 1992/93 bestanden haben kann, er vielmehr durch das Einsetzen der frostfreien Jahreszeit unterbrochen worden ist. Mit dem Wegfall der Gefahrerhöhung ist aber auch die Anzeigepflicht gegenstandslos geworden (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 1975 - IV ZR 95/73 - VersR 1975, 845 unter A II). Die vom Berufungsgericht angenommene Anzeigepflicht der vormaligen Geschäftsführer hätte zu Beginn

des betreffenden Winterhalbjahres jeweils neu eingesetzt und mit seinem Ablauf geendet, denn nur während der Frostperiode ist denkbar, daß ein Zustand erhöhter Gefahr geschaffen wurde, der seiner Natur nach geeignet war, von so langer Dauer zu sein, daß er die Grundlage eines neuen natürlichen Gefahrenverlaufs bilden und damit den Eintritt des Versicherungsfalles generell fördern konnte (vgl. BGHZ 7, 311, 317; Senatsurteil vom 27. Januar 1999 - IV ZR 315/97 - VersR 1999, 484 unter 2 a). Darüber hinaus gilt auch hier, daß es das Berufungsgericht hinsichtlich der Frostperioden ab 1992 an einer Gesamtabwägung aller gefahrerheblichen Umstände hat fehlen lassen.

c) Danach ist für die Leistungsfreiheit der Beklag ten nur maßgeblich , ob die Gemeinschuldnerin eine im konkreten Winterhalbjahr 1995/96 eingetretene Gefahrerhöhung entgegen § 6 Nr. 2 Abs. 2 AWB 1987, § 27 Abs. 2 VVG nicht zur Anzeige gebracht hat.
(1) Dazu gehört nach den genannten Bestimmungen ne ben der objektiven Gefahrerhöhung die Kenntnis des Versicherungsnehmers von der erhöhten Gefahr. Diese Kenntnis konnte zu der betreffenden Zeit allein der Geschäftsführer S. haben. Auf die Zurechnung von Kenntnissen der vormaligen Geschäftsführer P. und G. kommt es schon deshalb nicht an, weil bislang nicht rechtsfehlerfrei festgestellt worden ist, daß es in den Jahren zuvor überhaupt anzeigepflichtige Zustände erhöhter Gefahr gab. Die Hinweise des Berufungsgerichts auf unzureichende Maßnahmen der Geschäftsführer setzen sich zudem nicht mit den Anforderungen auseinander, die sich aus § 7 AWB 1987 ergeben. Sollten die Geschäftsführer diesen Anforderungen auch mit Blick auf die leer stehenden Räume genügt haben, dürfte eine Gefahrerhö-

hung bereits aus diesem Grunde ausscheiden. Damit erübrigt sich zugleich die vom Berufungsgericht als zulassungswürdig erachtete Frage nach der - zumindest "übergangsweisen" - Zurechnung des Kenntnisstandes der ehemaligen Geschäftsführer nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt. Davon abgesehen, läßt es die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht erkennen, weil es lediglich zum Ausdruck gebracht hat, es "neige einer solchen Annahme zu".
(2) Zum Kenntnisstand des Geschäftsführers S. im November 1995 und danach hat das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz haben die Gesellschafter der GbR P. und G. in den oberen Geschossen regelmäßig Kontrollgänge vorgenommen, von denen der Geschäftsführer S. wußte. Das Berufungsgericht hat sich nicht dazu geäußert, ob der Geschäftsführer S. über diese Kenntnis, daß sich die Gesellschafter um die oberen Geschosse kümmerten , hinaus auch wußte, welche Maßnahmen - etwa das Aufstellen von Heizlüftern - im einzelnen ergriffen wurden und daß diese den zu beachtenden Sicherheitsvorschriften nicht genügten. Nur dann aber wäre zu prüfen, ob der Geschäftsführer S. insgesamt davon auszugehen hatte, daß ein gefahrerhöhender Zustand nicht beseitigt und daher der Beklagten anzuzeigen war.
(3) Der Umstand, daß die Gesellschafter der GbR zu gleich Gesellschafter der Gemeinschuldnerin und deren frühere Geschäftsführer gewesen sind, ist unbeachtlich, solange diese im Winter 1995/96 nicht neben dem GeschäftsführerS. Repräsentanten oder Wissensvertreter der Gemeinschuldnerin gewesen sind. Wissensvertreter ist dabei, wer

in nicht ganz untergeordneter Stellung vom Versicherungsnehmer zumindest in einem Teilbereich damit betraut ist, an dessen Stelle - oder an Stelle des dazu berufenen Organs - für das Versicherungsverhältnis rechtserhebliche Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen (vgl. Römer, in: Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 6 Rdn. 167; BK/Schwintowski, § 6 VVG Rdn. 249; BK/Voit, § 16 VVG Rdn. 56). Als Repräsentant ist anzusehen, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten und befugt ist, selbständig in einem gewissen , nicht ganz unbedeutendem Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (Risikoverwaltung; BGHZ 122, 250, 252 f.). Zu beidem hat weder die Beklagte substantiiert vorgetragen, noch liegen sonst dazu Feststellungen vor.

d) Selbst wenn der Geschäftsführer S. Ke nntnis von einer Erhöhung der Gefahr erlangt hätte, ohne diese der Beklagten unverzüglich zur Anzeige zu bringen, hätte dem Berufungsgericht immer noch die Prüfung oblegen, ob dem Kläger der Kausalitätsgegenbeweis gelungen ist (§ 6 Nr. 2 Abs. 3 Satz 1 AWB 1987, § 28 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 VVG). Er hat geltend gemacht, der Leitungswasserschaden sei nicht frostbedingt , sondern auf eine Erosion des Leitungsrohres zurückzuführen; es sei zu einer allmählichen Wandstärkereduzierung gekommen, die dem vorhandenen Innendruck nicht mehr habe entgegenwirken können. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, insbesondere das in dem zwischen den Parteien geführten selbständigen Beweisverfahren zur Klärung der Ursache der Leckage eingeholte Sachverständigengutachten nicht gewürdigt. Dazu hätte nach § 493 Abs. 1 ZPO Veranlassung bestanden; berufen sich beide oder auch nur eine Partei auf

Tatsachen, über welche selbständiger Beweis erhoben worden ist, erfolgt die Beweisverwertung von Amts wegen (Zöller/Herget, ZPO 24. Aufl. § 493 Rdn. 1; Musielak/Huber, ZPO 3. Aufl. § 493 Rdn. 2).
2. Auch die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es die Voraussetzungen des subjektiven Risikoausschlusses des § 61 VVG bejaht hat, sind nicht frei von Rechtsfehlern. Die sich für diese Vorschriften ergebenden "Fragen des Pflichtenkreises eines Versicherungsnehmers" sind allerdings durch die Rechtsprechung des Senats geklärt; einer Zulassung der Revision hätte es mithin - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht bedurft.

a) Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur L eistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt. Dazu bedarf es nicht stets eines Handelns des Versicherungsnehmers. Tritt der Versicherungsfall ein, weil er trotz dringender Gefahr die ihm möglichen, geeigneten und zumutbaren Maßnahmen zum Schutze des versicherten Gegenstandes nicht ergriffen hat, so hat er den Versicherungsfall durch Unterlassen "herbeigeführt", denn er hat das ursächliche Geschehen in der Weise beherrscht, daß er die Entwicklung und die drohende Verwirklichung der Gefahr zuließ, obwohl er die geeigneten Mittel zum Schutze des versicherten Interesses in der Hand hatte und bei zumutbarer Wahrnehmung seiner Belange davon ebenso Gebrauch machen konnte und sollte, wie eine nicht versicherte Person. Um den Versicherungsschutz andererseits nicht unangemessen zu beschränken, muß der Versicherungsnehmer das zum Versicherungsfall führende Geschehen gekannt haben, wobei notwendig und ausreichend die Kenntnis von Umständen ist, aus denen sich ergibt, daß der

Eintritt des Versicherungsfalles in den Bereich der praktisch unmittelbar in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten gerückt ist. Nur dann setzt sich der Versicherungsnehmer, der es durch Untätigkeit zum Eintritt des Versicherungsfalles hat kommen lassen, mit der Inanspruchnahme der Versicherungsleistung regelmäßig ebenso treuwidrig mit seinem eigenen Verhalten in Widerspruch wie derjenige, der den Versicherungsfall durch positives Tun herbeigeführt hat (Senatsurteile vom 14. April 1976 - IV ZR 29/74 - MDR 1976, 827; vom 14. Juli 1986 - IVa ZR 22/85 - VersR 1986, 962 unter III 1).

b) Das Berufungsgericht hält der Gemeinschuldnerin eine solche Untätigkeit vor. Es hat angenommen, sie habe den Versicherungsfall dadurch herbeigeführt, daß ihr Geschäftsführer es unterlassen habe, die Absperrhähne der zu den oberen Stockwerken führenden Steigleitungen zu betätigen, um auf diese Weise im Falle eines frost- oder erosionsbedingten Schadens den Austritt einer größeren Menge Wasser zu verhindern. Die erforderliche Kenntnis von der Gefahrenlage hätten schon die früheren Geschäftsführer P. und G. gehabt, die bereits in den Jahren 1992 bis 1995 in der Lage und verpflichtet gewesen wären, entsprechend tätig zu werden. Das übersieht abermals, daß die Gefahrenlage , soweit sie das Berufungsgericht auf einen drohenden frostbedingten Leitungswasserschaden zurückführen möchte, mit Ende der winterlichen Frostperioden ihre Erledigung gefunden hatte und erst im nachfolgenden Winter neu eintrat. Während der frostfreien Jahreszeit bestand keine Pflicht zum Betätigen der Absperrvorrichtungen; ohnehin hätten sich Versäumnisse nicht ausgewirkt, weil sie nicht ursächlich für den späteren Versicherungsfall geworden sein können. Auf eine Kenntnis der beiden vormaligen Gesellschafter von der (früheren) Gefahrenlage

kommt es mithin schon deshalb nicht an. Soweit das zum Versicherungsfall führende Geschehen seine Ursache in einer Erosion des Leitungsrohres gefunden haben sollte, wie der Kläger behauptet, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, daß bereits in den vorangegangenen Jahren während der Amtszeit der Geschäftsführer P. und G. eine dringende und praktisch unmittelbar in Betracht zu ziehende Gefahr für das versicherte Gut bestand; dagegen spricht bereits der Schadenseintritt erst im Februar 1996. Für den Geschäftsführer S. fehlt es ebenfalls an den genannten Feststellungen. Das Berufungsgericht hat sich noch nicht einmal damit auseinandergesetzt, ob er überhaupt wußte, daß Absperrvorrichtungen vorhanden waren, und ob er zu diesen freien Zugang hatte.

c) Schließlich ist dem Berufungsurteil nicht zu en tnehmen, aus welchen Gründen das Berufungsgericht einen - von § 61 VVG vorausgesetzten - gesteigerten Fahrlässigkeitsvorwurf für gerechtfertigt hält. Insbesondere hat es in seine Überlegungen nicht einbezogen, daß aus Sicht des Geschäftsführers S. die Gesellschafter der GbR im zweiten und dritten Obergeschoß regelmäßige Kontrollgänge vornahmen, er also möglicherweise darauf vertrauen durfte, daß von dieser Seite ausreichende Maßnahmen zur Abwehr von Leitungswasserschäden getroffen wurden. Zu den Anforderungen, die an das Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit zu stellen sind, verweist der Senat auf seine

bisherige Rechtsprechung (Senatsurteile vom 12. Oktober 1988 - IVa ZR 46/87 - VersR 1989, 141 unter 1 und 2; vom 14. Juli 1986 aaO unter II 2; vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - VersR 2003, 364 unter II 2).
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 62/07
vom
4. Mai 2009
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und die
Richterin Harsdorf-Gebhardt
am 4. Mai 2009

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Februar 2007 zugelassen.
Nach § 544 Abs. 7 ZPO wird das vorgenannte Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:


1
I. Die Klägerin macht Leistungen aus einem Unfallversicherungsvertrag geltend, den sie für ihre am 22. Februar 1920 geborene Mutter als versicherte Person im Oktober 2002 nach Vermittlung über eine Versicherungsmaklerin mit der Beklagten abschloss.
2
Am 29. Dezember 2002 stürzte die Mutter der Klägerin und brach sich dabei das rechte Handgelenk und die rechte Hüfte. In der ersten, auf einem Formular der Versicherungsmaklerin abgegebenen, von der Klägerin unterzeichneten Schadenanzeige vom 7. Januar 2003 wurden die Frage "War der Verletzte vor Eintritt des Unfalls vollkommen gesund und arbeitsfähig?" bejaht und die Frage "War der Verletzte in den letzten Jahren wegen allgemeiner Erkrankungen in ärztlicher Behandlung gewesen ?" verneint. In der zweiten Schadenanzeige vom 27. März 2003 auf einem Formular der Beklagten ließ die Klägerin die Frage "Leidet oder litt die/der Verletzte zur Zeit des Unfalls an einer Krankheit oder einem Gebrechen? (z.B. …)" unbeantwortet. Dieses Formular enthält - anders als die erste Schadenanzeige - eine Belehrung darüber, dass bewusst unwahre oder unvollständige Angaben zum Verlust des Versicherungsschutzes führen, auch wenn dem Versicherer durch diese Angaben kein Nachteil entsteht. Mit Schreiben vom 30. April 2004 bat die Beklagte unter Bezugnahme auf ein ärztliches Gutachten vom 18. März 2004 um Auskunft über den Gesundheitszustand der Mutter der Klägerin vor dem Unfall. Aus den daraufhin von der Klägerin übersandten Arztberichten ergab sich, dass ihre Mutter in der Vergangenheit wiederholt gestürzt war, was die behandelnden Ärzte auf Schwindelanfälle und Gangunsicherheiten infolge cerebraler Durchblutungsstörungen zurückführten.
3
Das Landgericht hat die auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der vereinbarten Versicherungssumme von 100.000 €, hilfsweise auf Rentenleistung gerichtete Klage abgewiesen.
4
Oberlandesgericht Das hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte sei gemäß § 15 Satz 1 AUB 99 i.V. mit § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit der Klägerin leistungsfrei. Ob die Klägerin eine Obliegenheitsverletzung begangen habe, indem sie in der zweiten Anzeige die Frage nach Vorerkrankungen ihrer Mutter unbeantwortet gelassen habe, könne dahinstehen. Jeden- falls habe sie in der ersten Anzeige diese Frage definitiv verneint. Dass dieser Fragebogen nicht die notwendige Belehrung über die Folgen wahrheitswidriger Angaben enthalte, sei unschädlich, weil die Gesamtumstände den Schluss auf ein arglistiges Verhalten der Klägerin zuließen. Dafür sprächen folgende Umstände: Schon in der ersten Schadenanzeige werde die Mutter der Klägerin fälschlich als vollkommen gesund bezeichnet und die Frage nach ärztlichen Behandlungen wegen allgemeiner Erkrankungen in den letzten Jahren wahrheitswidrig verneint. Nach dem Vorbringen der Klägerin habe sich die von ihr beauftragte Versicherungsmaklerin vor Abschluss des Vertrages eigens bei der Beklagten erkundigt, ob sie die Mutter der Klägerin ohne Gesundheitsprüfung versichere. Die Vorerkrankungen und gesundheitlichen Probleme ihrer Mutter seien der Klägerin demnach bewusst gewesen. Unstreitig sei die Mutter der Klägerin zuvor immer häufiger gestürzt. Bei ihr seien cerebrale Durchblutungsstörungen, wiederholt auftretende Schwindelanfälle und eine Gangunsicherheit ärztlich dokumentiert worden. Damit habe, und zwar für die Klägerin ohne weiteres erkennbar, ein signifikant erhöhtes Unfallrisiko bestanden. Weiter sei zu berücksichtigen, dass sich der Unfall lediglich zwei Monate nach Abschluss des Versicherungsvertrages ereignet habe.
5
Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
6
II. Die Beschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
7
1. Das Berufungsgericht hat den Unfallversicherungsvertrag ohne Rechtsfehler als wirksam angesehen. Eine Unfallversicherung für eigene Rechnung der Klägerin konnte nicht begründet werden, weil es an der nach § 179 Abs. 3 Satz 1 VVG erforderlichen schriftlichen Einwilligung der versicherten Person, der Mutter der Klägerin, fehlte. Entsprechend der Zweifelsregel des § 179 Abs. 2 Satz 1 VVG hat das Berufungsgericht den Unfallversicherungsvertrag als Fremdversicherung eingeordnet. Diese sei nicht durch den Vertragsinhalt ausgeschlossen; insbesondere sei dem Versicherungsvertrag nicht zu entnehmen, dass sich die Klägerin ausdrücklich die Auszahlung der Versicherungsleistung an sich selbst vorbehalten habe. Diese Auslegung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
8
2. Auf einer Verletzung des Rechts der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs beruhen die Überlegungen, mit denen das Berufungsgericht eine arglistige Obliegenheitsverletzung der Klägerin bei Abgabe der ersten Schadenanzeige angenommen hat.
9
Nach a) der dem Berufungsurteil zugrunde liegenden Relevanzrechtsprechung des Senats kann sich der Versicherer bei einer vorsätzlichen folgenlosen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers nur dann auf Leistungsfreiheit berufen, wenn - was das Berufungsgericht hier bejaht hat - die Obliegenheitsverletzung generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden und dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fiel (Senatsurteile vom 28. Februar 2007 - IV ZR 331/05 - VersR 2007, 785 Tz. 15; vom 21. Januar 1998 - IV ZR 10/97 - VersR 1998, 447 unter 2 b, jeweils m.w.N.). Voraussetzung für die Leistungsfreiheit ist weiterhin, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer vorher deutlich über den Anspruchsverlust belehrt hat, der ihm bei vorsätzlich falschen Angaben droht (Senatsbeschluss vom 28. Februar 2007 - IV ZR 152/05 - VersR 2007, 683 Tz. 2 m.w.N.; Senatsurteil vom 21. Januar 1998 aaO unter 2 c). Eine derartige Belehrung hatte die Klägerin vor Abgabe der ersten Schadenanzeige von der Beklagten nicht erhalten. In einem solchen Fall wird - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - der Versicherer gleichwohl leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer arglistig seine Aufklärungspflicht verletzt hat und deshalb den mit der Belehrungspflicht bezweckten Schutz nicht verdient (vgl. Senatsurteile vom 12. März 1976 - IV ZR 79/73 - VersR 1976, 383 unter 2; vom 20. Dezember 1972 - IV ZR 57/71 - VersR 1973, 174 unter VI 4; vom 10. Februar 1971 - IV ZR 143/69 - VersR 1971, 405 unter II 2; vom 20. November 1970 - IV ZR 1074/68 - VersR 1971, 142 unter II 3). Eine arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 aaO Tz. 8 m.w.N.). Eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers ist nicht erforderlich. Es reicht aus, dass er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH, Urteil vom 8. Juli 1991 - II ZR 65/90 - VersR 1991, 1129, 1131 unter 2 c (2) m.w.N.).
10
b) Das Berufungsgericht hat eine Arglist der Klägerin im Kern damit begründet, dass ihr schon bei Abschluss des Unfallversicherungsvertrages die Vorerkrankungen und gesundheitlichen Probleme ihrer Mutter und das daraus folgende erhöhte Unfallrisiko bewusst gewesen seien. Dieses Bewusstsein hat das Berufungsgericht daraus abgeleitet, dass sich die von der Klägerin beauftragte Versicherungsmaklerin vor Abschluss des Vertrages bei der Beklagten erkundigte, ob sie die Mutter der Klägerin ohne Gesundheitsprüfung versichere. Bei dieser Würdigung hat das Berufungsgericht unter Missachtung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs wesentlichen Sachvortrag nicht berücksichtigt. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, die Anfrage bei der Beklagten sei nicht von ihr veranlasst worden, sondern von der Versicherungsmaklerin ausgegangen. Dieses vom Berufungsgericht übergangene Vorbringen ist entscheidungserheblich. Wenn die Klägerin die Frage nach Versicherung ihrer Mutter ohne Gesundheitsprüfung nicht initiiert hatte, kann ihr nicht angelastet werden, den Vertrag bewusst in Kenntnis einer gesteigerten Unfallgefahr abgeschlossen zu haben und mit gleichgerichteter Täuschungsabsicht die Vorerkrankungen ihrer Mutter in der ersten Schadenanzeige verschwiegen zu haben. Die weiteren vom Berufungsgericht genannten Umstände lassen nach den dargelegten Maßstäben nicht den Schluss auf eine arglistige Obliegenheitsverletzung der Klägerin zu. Dafür genügt es nicht, dass in der ersten Schadenanzeige die Mutter der Klägerin fälschlich als vollkommen gesund bezeichnet und die Frage nach ärztlichen Behandlungen wahrheitswidrig verneint wurde. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer vom Versicherer gestellten Frage immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken, gibt es nicht (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 aaO Tz. 8 m.w.N.). Welche Bedeutung der vom Berufungsgericht hervorgehobene relativ kurze Zeitablauf zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dem Unfall haben soll, ist nicht verständlich. Dass die Klägerin zur Zeit des Vertragsschlusses den späteren Unfall vorhersehen konnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Schließlich hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass die erste Schadenanzeige von der Versicherungsmaklerin auf ihrem Formular ausgefüllt und von der Klägerin unterschrieben wurde. Es spricht einiges dafür, dass sich der die Klägerin treffende Vorwurf darin erschöpft, die ausgefüllte Schadenanzeige vor Unterzeichnung nicht genau durchgelesen zu haben.
11
c) Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Würdigung aller Umstände zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird es sich auch mit der zweiten Schadenanzeige zu be fassen und zu prüfen haben, ob die Klägerin durch Nichtbeantwortung der Frage nach Vorerkrankungen ihre Aufklärungsobliegenheit vorsätzlich verletzt hat.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.04.2006 - 11 O 325/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.02.2007 - I-4 U 104/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 14/00 Verkündet am:
11. Mai 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
Hat der Verkäufer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses an das Vorhandensein eines
offenbarungspflichtigen Mangels des Grundstücks keine Erinnerung mehr, begründet
seine Versicherung in dem Kaufvertrag, daß ihm erhebliche Mängel nicht bekannt
seien, auch unter dem Gesichtspunkt der "Erklärung ins Blaue hinein" nicht
den Vorwurf arglistigen Verhaltens.
BGH, Urt. v. 11. Mai 2001- V ZR 14/00 - OLG München
LG Augsburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Dr. Lambert-Lang, Tropf, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 30. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München - Zivilsenate in Augsburg - vom 8. November 1999 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 20. Dezember 1996 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 10. Februar 1977 erwarb der Beklagte eine Teilfläche von ca. 3.345 qm des Flurstücks 742/2 der Gemarkung O. In Nr. VIII des Vertrags hieß es u.a.:
"Der Verkäufer hat den Käufer darauf hingewiesen, daß es sich beim Vertragsgrundstück um Aufschüttungsgelände handelt."

Wegen der Aufschüttung mußten die Fundamente einer von dem Beklagten errichteten Halle tiefer gegründet werden.
Der Beklagte veräußerte die Flurstücke 742/2 und 744/2 (579 qm groß) mit notariellem Vertrag vom 5. Juni 1992 an die S. GmbH zum Preis von 2.999.000 DM. In Nr. V 3 des Vertrags heißt es:
"Der Vertragsgegenstand wird in seinem derzeitigen Zustand veräußert. Der Veräußerer haftet nicht für Sachmängel aller Art, insbesondere nicht für Bauzustand, Bodenbeschaffenheit und Tauglichkeit des Vertragsgegenstandes für Zwecke des Erwerbers. Er versichert jedoch, daß ihm erhebliche verborgene Mängel nicht bekannt sind. Besondere Eigenschaften , insbesondere eine bestimmte Grundstücksgröße werden nicht zugesichert."
Mit notariellem Vertrag vom 14. August 1992 verkaufte die S. GmbH das Flurstück 742/2 an die Klägerin zum Preis von 3.400.000 DM. Nr. V des Vertrags enthält einen Gewährleistungsausschluß.
Die S. GmbH trat ihre Gewährleistungsansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin ab.
Mit der Behauptung, das Kaufgrundstück habe Bodenverunreinigungen aufgewiesen, was der Beklagte gewußt, aber verschwiegen habe, verlangt die Klägerin von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe eines Teilbetrags von 100.000 DM nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist - bis auf einen Teil der Zinsforderung - erfolgreich gewesen. Mit seiner Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des
landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht nimmt an, das verkaufte Grundstück sei fehlerhaft gewesen, was der Beklagte der S. GmbH habe offenbaren müssen. Dies sei nicht geschehen, vielmehr habe er den Umstand, daß es sich um ein Auffüllgrundstück handele, arglistig verschwiegen. Auch wenn er diesen Umstand nicht mehr in Erinnerung gehabt haben sollte, wäre ihm Arglist vorzuwerfen; er habe dann nämlich "ins Blaue hinein" versichert, daß ihm erhebliche verborgene Mängel nicht bekannt gewesen seien, anstatt korrekterweise anzugeben, daß er die Vorgänge aus der Vergangenheit nicht mehr in Erinnerung habe.

II.

Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Allerdings sieht das Berufungsgericht zutreffend in dem Umstand, daß es sich bei dem verkauften Grundstück um ein Auffüllgrundstück handelt, einen offenbarungspflichtigen Mangel. Aufgrund dieser Beschaffenheit war das Grundstück mit einem Fehler behaftet, der den Wert und die Tauglichkeit zu dem nach dem Kaufvertrag vorausgesetzten Gebrauch - nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wurde das Grundstück als
Bauland verkauft - nicht unerheblich minderte. Bei einem Auffüllgrundstück besteht nämlich nicht nur die Gefahr eines erhöhten Gründungsaufwands, worauf die Revision abstellt; vielmehr muß auch die Möglichkeit in Rechnung gestellt werden, daß das Auffüllmaterial wegen seiner Zusammensetzung eine Gefahr darstellt. Dies gilt hier in besonderem Maße, weil das Grundstück bereits vor 1977 aufgefüllt worden war, also in einer Zeit, in der die durch Bodenkontaminierungen hervorgerufenen Gefahren noch nicht so in das allgemeine Bewußtsein gedrungen waren, wie dies heute der Fall ist. Insoweit ist der vorliegende Sachverhalt mit den Fällen vergleichbar, die den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur früheren Nutzung verkaufter Grundstücke als Deponie zugrunde lagen (s. nur Senatsurt. v. 3. März 1995, V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550 m.w.N.). Hier hat sich nach dem Vorbringen der Klägerin gerade die besondere Gefahr aufgrund der Zusammensetzung des Auffüllmaterials verwirklicht.
2. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht jedoch ein arglistiges Verhalten des Beklagten an; die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung tragen diese Beurteilung nicht.

a) Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels handelt arglistig, wer einen Fehler mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, daß der Vertragsgegner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte; das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfaßt damit nicht nur ein Handeln des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen , die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens" reduziert
sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muß (Senatsurt. v. 3. März 1995, aaO). Das Berufungsgericht läßt es offen, ob sich der Beklagte bei den Kaufvertragsverhandlungen und dem Vertragsabschluß an den Umstand, daß es sich um ein Auffüllgrundstück handelt, erinnerte oder ihn vergessen hatte. Revisionsrechtlich ist deswegen zugunsten des Beklagten davon auszugehen, daß er keine entsprechende Erinnerung besaß. Dies schließt es denkgesetzlich aus, daß er den Fehler wenigstens für möglich hielt.

b) Arglistig kann aber auch derjenige handeln, der einem anderen versichert , eine bestimmte Kenntnis von Vorgängen oder Umständen zu haben, diese Kenntnis aber in Wirklichkeit nicht hat; eine vertragliche Zusicherung kann daher den Arglistvorwurf begründen, wenn sie zwar nicht bewußt den Tatsachen widerspricht, jedoch ohne jede sachliche Grundlage abgegeben und dieser Umstand dem Vertragspartner gegenüber verschwiegen wird (vgl. BGH, Urt. v. 8. Mai 1980, IVa ZR 1/80, NJW 1980, 2460, 2461; Urt. v. 18. März 1981, VIII ZR 44/80, NJW 1981, 1441, 1442; Senatsurt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 m.w.N.). Offensichtlich haben diese Grundsätze das Berufungsgericht geleitet, dem Beklagten vorzuwerfen, er habe "ins Blaue hinein" versichert, daß ihm erhebliche verborgene Mängel nicht bekannt seien. Dieser Vorwurf ist indes unbegründet. Der Beklagte hat nämlich nicht versichert, daß das verkaufte Grundstück frei von verborgenen Mängeln gewesen sei. Seine Erklärung, daß ihm solche Mängel nicht bekannt seien, traf jedoch zu. Denn eine Kenntnis von zeitlich zurückliegenden Umständen und Vorgängen ohne Erinnerung gibt es nicht.

c) Da der Beklagte sich nicht arglistig verhalten hat, stand der S. GmbH gegen ihn auch kein Schadensersatzanspruch nach § 463 Satz 2 BGB zu. Einem Minderungsanspruch nach §§ 459 Abs. 1, 462, 472 BGB stand der vereinbarte Gewährleistungsausschluß entgegen. Deswegen ging die Abtretung von Ansprüchen der S. GmbH an die Klägerin ins Leere.
3. Da Zweifel an der fehlenden Erinnerung des Beklagten weder geltend gemacht noch angebracht und insoweit weitere Feststellungen durch das Berufungsgericht nicht erforderlich und auch nicht zu erwarten sind, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Lemke Gaier

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 102/03 Verkündetam:
14.März2007
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
1. Hat der Versicherungsnehmer die eigenverantwortliche Wahrnehmung der Rechte
und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag einem Dritten übertragen, ist dieser
insoweit sein Repräsentant.
2. Überträgt der Versicherungsnehmer dem Dritten die selbständige Wahrnehmung
seiner Befugnisse nur in einem bestimmten, abgrenzbaren Geschäftsbereich - hier:
Vertragsverwaltung -, ist die Zurechnung des Repräsentantenverhaltens darauf
beschränkt und kann nicht auf andere Tätigkeitsbereiche ausgedehnt werden.
BGH, Urteil vom 14. März 2007 - IV ZR 102/03 - OLG Köln
LG Köln
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. März 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerinnen verlangen von der Beklagten Versicherungsleistungen wegen eines Brandes vom 15. August 1994 in ihren Geschäftsräumen in der N. straße 57 in F. . Sie betrieben dort unter der Firma C. K. E. im dritten Obergeschoss einen Pelzgroßhandel mit Lager. Sie unterhielten bei der Beklagten eine Rauchwaren-Einheitsversicherung, eine Geschäfts- und Betriebsversicherung sowie eine Betriebsunterbrechungsversicherung.
2
Am 15. August 1994 brach kurz vor 4.00 Uhr in dem Gebäude an mehreren Stellen infolge vorsätzlicher Brandstiftung unter Verwendung brennbarer Flüssigkeiten Feuer aus, und zwar in den Treppenräumen vom dritten bis zum sechsten Obergeschoss, im Pelzlager eines anderen Unternehmens im vierten Obergeschoss und in den Geschäftsräumen der Klägerinnen im dritten Obergeschoss. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Zeuge W. in den Geschäftsräumen der Klägerinnen. Er ist der Vater der damals 19 Jahre alten Klägerin zu 2 und nach Behauptung der Beklagten der Lebensgefährte der Klägerin zu 1.
3
DieBeklagteberuft sich auf Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Brandstiftung durch den Zeugen W. nach § 61 VVG und entsprechenden Bestimmungen in den vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB). Dessen Verhalten müssten sich die Klägerinnen zurechnen lassen, da er als deren Repräsentant anzusehen sei. Er sei faktisch alleiniger Geschäftsführer gewesen und habe insbesondere alle Versicherungsangelegenheiten mit der Beklagten vor und nach dem Brand in eigener Verantwortung erledigt.
4
Die Klägerinnen machen mit der Klage einen Schaden an den Waren , an der Geschäftseinrichtung und durch Betriebsunterbrechung von etwa 350.000 € gelten. Die darauf gerichteten, in den Vorinstanzen abgewiesenen Anträge verfolgen sie mit der Revision weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision der Klägerinnen führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
Das I. Oberlandesgericht nimmt an, die Beklagte sei nach § 61 VVG in Verbindung mit entsprechenden Bestimmungen in den AVB von der Leistungspflicht frei, weil der als Repräsentant der Klägerinnen anzusehende Zeuge W. den Brand vorsätzlich gelegt habe. Repräsentanteneigenschaft könne nicht nur bei Übertragung der Risikoverwaltung , sondern auch dann vorliegen, wenn jemand aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Versicherungsvertrages eigenverantwortlich ausübe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Zeuge W. in eigener Verantwortung die Verwaltung des Versicherungsvertrages ausgeübt habe. Auf die Frage, ob er außerdem faktisch Geschäftsführer des Unternehmens der Klägerinnen gewesen sei, komme es daher nicht an.
7
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die vorsätzliche Brandstiftung durch einen Dritten, der nur für die Verwaltung des Versicherungsvertrages als Repräsentant anzusehen ist, braucht sich der Versicherungsnehmer nicht zurechnen zu lassen. Die Annahme einer vorsätzlichen Brandstiftung durch den Zeugen W. beruht auf einem Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht der Klägerinnen aus Art. 103 Abs. 1 GG.
8
1. a) Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Versicherungsnehmer für das - selbst vorsätzliche - Verhalten seines Repräsentanten wie für eigenes Verhalten einzustehen (vgl. Urteil vom 10. Juli 1996 - IV ZR 287/95 - VersR 1996, 1229 unter 2 b m.w.N. insbesondere auf das Urteil vom 20. Mai 1981 - IVa ZR 86/80 - VersR 1981, 822). Der Grund der Haftungszurechnung liegt darin, dass es dem Versicherungsnehmer nicht freistehen darf, den Versicherer dadurch schlechter und sich besser zu stellen, dass er einen Dritten an seine Stelle hat treten lassen. Dieser Zurechnungsgrund greift nicht nur dort, wo es im Rahmen der übertragenen Gefahrverwaltung (Risikoverwaltung im engeren Sinne) um die Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Repräsentanten geht. Ihm ist vielmehr auch dann Rechnung zu tragen, wenn das vertraglich oder gesetzlich geschützte Interesse des Versicherers an der Einhaltung von Obliegenheiten gerade deshalb durch einen Dritten verletzt werden kann, weil der Versicherungsnehmer den Dritten in die Lage versetzt hat, insoweit selbständig und in nicht unbedeutendem Umfang für ihn zu handeln, er ihm also insoweit die eigenverantwortliche Verwaltung des Versicherungsvertrages übertragen hat. Repräsentation kraft Vertragsverwaltung ist nicht erst nach Eintritt des Versicherungsfalles möglich (a.A. Bruck/Möller/Johannsen, VVG 8. Aufl. Bd. 3 G 49; unklar Knappmann, VersR 1997, 261, 262 f., 267). Den Versicherungsnehmer treffen auch vor Eintritt des Versicherungsfalles Anzeige- und sonstige Obliegenheiten, deren Verletzung zur Leistungsfreiheit führen kann. Davon kann er sich zu Lasten des Versicherers nicht dadurch befreien, dass er diese Obliegenheiten einem Dritten zur selbständigen Wahrnehmung überträgt.
9
b) Aus dem tragenden Grund dafür, dass der Versicherungsnehmer für das Verhalten seines Repräsentanten wie für eigenes Verhalten einzustehen hat, ergibt sich zugleich die Grenze der Zurechnung. Der Versicherungsnehmer muss sich Repräsentantenverhalten nur insoweit zurechnen lassen, als er den Dritten an seine Stelle hat treten lassen. Überträgt er dem Dritten die selbständige Wahrnehmung seiner Befugnisse nur in einem bestimmten abgrenzbaren Geschäftsbereich, ist die Zurechnung darauf beschränkt und kann nicht auf andere Tätigkeitsbereiche ausgedehnt werden (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1986 - IVa ZR 182/84 - VersR 1986, 541 unter 3). Eine auf einen bestimmten Bereich bezogene Repräsentantenstellung kommt insbesondere bei Geschäftsund Betriebsversicherungen in Betracht (vgl. Senatsurteile vom 25. März 1992 - IV ZR 17/91 - VersR 1992, 865 unter 2 und vom 14. April 1971 - IV ZR 17/70 - VersR 1971, 538 unter 3). Für die Übertragung der Vertragsverwaltung folgt daraus, dass der Versicherungsnehmer sich ein Fehlverhalten des Repräsentanten nur in Vertragsangelegenheiten zurechnen lassen muss. Das betrifft Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles , z.B. Mitteilungen zur Begrenzung des subjektiven Risikos (§§ 11 VGB 62, 9 Abs. 1 AFB 87), die Anzeige von Gefahrerhöhungen (§§ 23 Abs. 2, 27 Abs. 2 VVG) und Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalles i.S. von § 6 Abs. 3 VVG. Dagegen braucht er sich ein Verhalten des Vertragsverwalters, das zum Eintritt des Versicherungsfalles führt, nicht zurechnen zu lassen, sofern ihm nicht auch die Gefahrverwaltung übertragen ist (so im Ergebnis auch Johannsen, aaO; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 6 Rdn. 58 a.E.; Knappmann, VersR 1997, 262 f.; Versicherungsrechts-Handbuch/Looschelders, § 17 Rdn. 45; ders. VersR 1999, 666, 671).
10
c) Nach diesen Grundsätzen ist die vom Berufungsgericht angenommene vorsätzliche Brandstiftung des Zeugen W. den Klägerinnen nicht nach § 61 VVG zuzurechnen. Das Berufungsgericht hat nur festgestellt, dass er deren Repräsentant im Bereich der Vertragsverwaltung war. Ob ihm als faktischem Geschäftsführer auch die Gefahrverwaltung übertragen war, wie die Beklagte behauptet, hat es offen gelassen.
11
2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Die Revisionserwiderung macht unter Hinweis auf §§ 14 Nr. 2, 17 AFB 87 geltend, die Beklagte sei von der Leistungspflicht frei, weil der Zeuge W. versucht habe, sie arglistig über seine Beteiligung an der Brandstiftung zu täuschen und dieses Verhalten seiner Stellung als Vertragsverwalter zuzuordnen sei.
12
a) Dem ist zu folgen, soweit das Berufungsgericht den Zeugen W. als Repräsentant im Bereich der Verwaltung des Versicherungsvertrages angesehen hat. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht hierzu ausreichende Feststellungen getroffen. Danach sind die Verhandlungen mit den Vertretern der Beklagten fast ausschließlich von dem Zeugen geführt worden. Soweit die Klägerin zu 1 in geringem Umfang daran beteiligt war, hat sie keine Entscheidungen getroffen , sondern dies dem Zeugen überlassen. Daraus hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung der gesamten Umstände des Falles (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2003 - IV ZR 166/02 - r+s 2003, 367 unter II 2 a) rechtsfehlerfrei geschlossen, der Zeuge habe in eigener Verantwortung die Verwaltung des Versicherungsvertrages ausgeübt.
13
und Ob in welchem Umfang der Zeuge der Beklagten Angaben über das Brandgeschehen gemacht hat, wird nach der Zurückverweisung zu klären sein. Die Schadensanzeige erweckt jedenfalls den Eindruck, dass sie von ihm ausgefüllt und zweimal unterschrieben worden ist.

14
b) Dagegen hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche Brandstiftung durch den Zeugen W. nicht verfahrensfehlerfrei festgestellt. Es hat den Anspruch der Klägerinnen auf rechtliches Gehör in mehreren Punkten verletzt. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfG NJW-RR 2002, 68, 69 m.w.N.). Es ist nicht auszuschließen, dass die Entscheidung auf dem Gehörsverstoß beruht.
15
aa) Die Klägerinnen hatten vorgetragen, der Zeuge habe den mit erheblichem zügigem Treppensteigen über mehrere Stockwerke verbundenen Tathergang aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes unmöglich ausführen können. Zum Beweis dafür haben sie sich auf dessen Zeugnis, Zeugnis des Hausarztes und ein ärztliches Sachverständigengutachten berufen. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag nur im Tatbestand kurz erwähnt. In den Entscheidungsgründen hat es dazu und zu den Beweisangeboten nichts ausgeführt, den Vortrag also ersichtlich nicht in seine Erwägungen einbezogen.
16
bb) An der Kleidung des Zeugen wurde kein Benzingeruch festgestellt. Zur Tatausführung wurde aus mehreren Kanistern Benzin verschüttet. Die Klägerinnen hatten dazu unter Bezugnahme auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen und des von ihnen beauftragten Privatgutachters vorgetragen, das Fehlen von Benzingeruch an der Kleidung und am Körper des Zeugen schließe seine Täterschaft zwingend aus. Hätte der Zeuge das Benzin verschüttet, wäre noch Stunden danach Benzingeruch an der Kleidung und den freien Hautoberflächen wahrzunehmen gewesen.
17
Die Frage des Benzingeruchs hat das Berufungsgericht im Tatbestand erwähnt und in den Entscheidungsgründen allein mit den Sätzen beschieden, das Fehlen von entsprechendem Geruch schließe eine Täterschaft nicht aus, es habe unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Zeit die Möglichkeit bestanden, Geruchsanhaftungen an der Kleidung zu vermeiden. Wie das konkret hätte vermieden werden können oder von dem Zeugen vermieden worden ist, führt das Berufungsgericht nicht aus. Es geht insbesondere nicht darauf ein, dass der gerichtliche Sachverständige und seine Mitarbeiter, die bei ihrem Versuch sicherlich sorgfältig mit dem Benzin umgegangen sind, starke Benzinanhaftungen an der Kleidung nicht vermeiden konnten. Die Frage des Benzingeruchs an den freien Hautoberflächen übergeht das Berufungsgericht völlig. Seine Begründung erschöpft sich damit in einer bloßen Leerformel, die nicht erkennen lässt, dass es den Vortrag der Klägerinnen erwogen hat.
18
cc) Die Klägerinnen hatten weiter vorgetragen und mit dem Privatgutachten belegt, dass der Zeuge W. bei der Brandstiftung zwangsläufig Brandverletzungen hätte erleiden müssen. Dazu hat das Berufungsgericht nur ausgeführt, der Umstand, dass das Vorgehen des Brandstifters mit einer gewissen Selbstgefährdung verbunden gewesen sei, wie der Gutachter im Einzelnen erläutert habe, führe ebenfalls nicht dazu, eine Täterschaft des Zeugen ausgeschlossen erscheinen zu lassen. Auch dies ist eine bloße Leerformel, die nichts dazu besagt, weshalb die auch nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen durchaus mögliche erhebliche Selbstgefährdung die Täterschaft des Zeugen nicht als ausgeschlossen erscheinen lässt.
19
dd) Der Senat verkennt nicht, dass erhebliche Verdachtsmomente für die Täterschaft des Zeugen sprechen und die Revisionserwiderung den Rügen der Revision mit einer nachvollziehbaren, aber revisionsrechtlich unbeachtlichen Würdigung entgegentritt. Die Beweiswürdigung ist nicht Sache des Revisionsgerichts, sondern des Tatrichters, der sich dieser Aufgabe erneut zu unterziehen hat.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 16.12.1999 - 24 O 412/96 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.03.2003 - 9 U 13/00 -

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.