Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 06. Juli 2006 - 1 U 31/06

bei uns veröffentlicht am06.07.2006

Tenor

1. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers gegen das am 31. Januar 2006 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ulm - 6 O 14/05 - wird als unzulässig

v e r w o r f e n .

3. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 96.522,70 EUR

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger als Inhaber der früheren Firma S. Ausgleichsansprüche nach § 28 Abs. 4 Rettungsdienstgesetz gegen den Beklagten zustehen wegen Einsätzen in der Notfallrettung, die die Firma S. in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis 15. Februar 2000 durchgeführt hat.
Das Landgericht hat die Klage durch das dem Kläger am 9. Februar 2006 zugestellte (Bl. 246 d.A.) Urteil abgewiesen. Dagegen hat der Kläger am 9. März 2006 (Bl. 255 d.A.) Berufung eingelegt. Mit am Dienstag, dem 11. April 2006, eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag hat der Kläger Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist beantragt und zugleich sein Rechtsmittel begründet.
Zur Wiedereinsetzung stützt sich der Klägervertreter auf ein dem Kläger nicht zurechenbares Versehen seiner langjährigen und äußerst zuverlässigen Rechtsanwaltsfachangestellten I. M. Er habe den korrigierten Berufungsbegründungsschriftsatz am frühen Montagnachmittag des 10. April 2006 unterschrieben und Frau M. angewiesen, den Schriftsatz wegen des Fristablaufs „noch heute“ vorab per Fax an das Oberlandesgericht Stuttgart zu übermitteln. Frau M. habe sodann die Tagespost fertig gemacht, indem sie sie einkuvertiert und frankiert habe. Anschließend habe sie sich auf den Weg gemacht, um das Gerichtsfach der Kanzlei - wohl beim Amtsgericht Göppingen - zu leeren. Hierbei habe sie die frankierte Post in den auf dem Weg gelegenen Briefkasten eingeworfen. Nach der Rückkehr in die Kanzlei habe sie im Fristenkalender die Erledigung der Gerichtspost vermerkt. Da sie die Berufungsbegründungsschrift im vorliegenden Fall in den Briefkasten eingeworfen habe, habe sie auch hier einen Erledigungsvermerk im Fristenkalender angebracht, wobei sie die Faxübermittlung vergessen habe.
Der Klägervertreter hat ausgeführt, die Fristenkontrolle sei so geregelt, dass nach Erbringung der zur Fristwahrung erforderlichen Leistung die Frist im Kalender mit einem Haken versehen werde. Bei einer Übermittlung per Telefax dürfe dies erst nach Ausdruck eines beizuheftenden Sendeprotokolls mit dem Vermerk „OK“ erfolgen. Im Falle des Postversands werde der Erledigungsvermerk angebracht, sobald der frankierte Brief in der Postausgangsmappe liege, die regelmäßig um 18.00 Uhr zur Post gebracht werde.
Nach der kanzleiinternen Regelung für Fristen hätte der Erledigungsvermerk im Fristenkalender wegen der Anweisung, den Schriftsatz „noch heute“ per Telefax zu übermitteln, nur nach Ausdruck eines mit „OK“-Vermerk versehenen Sendeprotokolls angebracht werden dürfen.
Der Beklagte ist dem Wiedereinsetzungsgesuch entgegengetreten.
II.
1. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist ist zurückzuweisen.
Der Klägervertreter hat nicht hinreichend dargetan, dass die Berufungsbegründungsfrist nicht ohne sein Verschulden versäumt worden ist, § 233 ZPO. Dieses Versäumnis seines Prozessbevollmächtigen muss sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO wie ein eigenes Verschulden zurechnen lassen.
a) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. u.a. Beschluss vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03, NJW 2004, 688) muss ein Rechtsanwalt durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür Vorsorge treffen, dass eventuelle Fehler von Büroangestellten möglichst ohne Folgen bleiben. Wird eine Fachangestellte mündlich angewiesen, eine ihr nur mündlich mitgeteilte Berufungsfrist in den Fristenkalender einzutragen, muss durch ausreichende organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden, dass dies nicht in Vergessenheit gerät und die Fachangestellte die Eintragung der Frist in den Fristenkalender vergisst (BGH aaO mit Hinweis weitere Beschlüsse des BGH vom 17. September 2002 - VI ZR 43/87, NJW 2002, 3782, 3783 und vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01, NJW 2003, 435, 436). Weist ein Rechtsanwalt eine Fachangestellten an, eine schon fertig gestellte und im Original von ihm unterschriebene Berufungsbegründungsfrist noch am selben Tag per Fax an das Gericht zu versenden, wird den an die Organisation einer Rechtsanwaltskanzlei zu stellenden Anforderungen nur dann ausreichend Rechnung getragen, wenn geeignete Maßnahmen getroffen werden, die einem möglichen Vergessen der mündlichen Anweisung entgegenwirken. Solche Maßnahmen können in der allgemeinen Anweisung an die Fachangestellte bestehen, eine Einzelweisung zur Übermittlung eines versandfertigen und unterschriebenen fristgebundenen Schriftsatzes per Fax entweder sofort auszuführen oder sofort im Fristenkalender einen Vermerk über die gebotene Versendung per Fax anzubringen, damit die Fachangestellte bei einer späteren Kontrolle des Fristenkalenders erkennen kann, ob der Schriftsatz der Einzelanweisung entsprechend per Fax herausgegeben worden ist und ein eventuelles Versäumnis noch innerhalb der Frist nachgeholt werden kann.
10 
b) Diesen Anforderungen an die Organisation der Erledigung einer Einzelanweisung zur Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Fax werden die vom Klägervertreter geschilderten Regelungen zur Fristenorganisation in seinem Büro nicht gerecht. Die Fachangestellte konnte die Einzelanweisung zur Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift per Fax nur deswegen vergessen, weil der Klägervertreter nicht durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt hat, dass die Befolgung der Einzelanweisung sichergestellt ist. Hätte der Klägervertreter solche generellen Anweisungen erteilt, hätte die Fachangestellte bei der Fristenkontrolle bemerkt, dass der Schriftsatz nicht - wie angewiesen - per Fax versandt worden ist. Sie hätte in diesem Fall Zeit gehabt, den Faxversand noch fristgerecht nachzuholen.
11 
Der Klägervertreter hat nicht durch geeignete organisatorische Maßnahmen sichergestellt, dass die Fachangestellte rechtzeitig erkennen konnte, falls sie die Einzelanweisung zur Übermittlung der vom Klägervertreter unterschriebenen versandfertigen Berufungsbegründungsschrift noch am selben Tag per Fax vergessen würde. Die Fachangestellte, die nicht angewiesen war, die Einzelanweisung zur Faxübermittlung sofort, d.h. vor jeder anderen Tätigkeit, auszuführen, war auch nicht durch eine generelle Anweisung dazu angehalten, die besondere Versandart sofort im Fristenkalender kenntlich zu machen, damit sie bei der abendlichen Fristenkontrolle erkennen konnte, dass der Schriftsatz noch nicht per Fax versandt wurde. Hätte eine solche Anweisung bestanden, hätte die Fachangestellte aufgrund der vom Klägervertreter geschilderten Anweisung, dass per Fax zu übermittelnde Schriftstücke erst ausgetragen werden dürfen, wenn ein den Versand als „OK“ bestätigendes Sendeprotokoll vorliegt, festgestellt, dass das Sendeprotokoll fehlte und der Schriftsatz nicht per Fax das Büro verlassen hatte.
12 
c) Diesen Organisationsmangel seines Klägervertreters muss sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen mit der Folge, dass das Fristversäumnis nicht als unverschuldet anzusehen und der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zurückzuweisen ist, § 233 ZPO.
13 
2. Die Berufung des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen.
14 
a) Ohne Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist hat der Kläger sein Rechtsmittel verspätet eingelegt. Gemäß § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO beginnt die zweimonatige Frist zur Berufungsbegründung unter anderem mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils zu laufen. Das Urteil wurde dem Klägervertreter am 9. Februar 2006 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Die Frist zur Begründung des Rechtsmittels lief somit wegen § 222 Abs. 2 ZPO am Montag, dem 10. April 2006, ab. Die im Rahmen des Wiedereinsetzungsantrags vorgelegte Berufungsbegründung ging bei Gericht erst am 11. April 2006, und damit verspätet, ein.
15 
b) Die Verwerfung der Berufung als unzulässig hat zur Folge, dass der Kläger die Kosten des Rechtsmittels zu tragen hat, § 97 Abs. 1 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 06. Juli 2006 - 1 U 31/06

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 06. Juli 2006 - 1 U 31/06

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 06. Juli 2006 - 1 U 31/06 zitiert 6 §§.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 06. Juli 2006 - 1 U 31/06 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Nov. 2003 - VI ZB 50/03

bei uns veröffentlicht am 04.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 50/03 vom 4. November 2003 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fb a) In einer Anwaltskanzlei müssen organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß eine mündliche Ei

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2002 - VI ZR 399/01

bei uns veröffentlicht am 05.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 399/01 vom 5. November 2002 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO §§ 212 a.F., 233 Fb, Fd Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung unterzeichnet und zurückgegeb
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 06. Juli 2006 - 1 U 31/06.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Apr. 2007 - III ZB 85/06

bei uns veröffentlicht am 04.04.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 85/06 vom 4. April 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fd Ein Rechtsanwalt, der seiner Kanzleiangestellten die Einzelanweisung erteilt, einen Schriftsatz zur Wah

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 50/03
vom
4. November 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) In einer Anwaltskanzlei müssen organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen
sein, daß eine mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine
Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät
und die Fristeintragung deshalb unterbleibt.

b) Werden die (gegen das Vergessen einer lediglich mündlichen Anweisung) getroffenen
organisatorischen Vorkehrungen nicht mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung
gegen die Versäumung der Berufungsfrist vorgetragen und glaubhaft gemacht
, ist ein Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2
ZPO) zu vermuten und der Antrag zurückzuweisen.
BGH, Beschluß vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - LG Saarbrücken
AG Saarbrücken
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß der 13. Zivilkammer A des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Juli 2003 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger hat auch die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 1.565,74

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 17. April 2003 die Klage abgewiesen. Die Berufungsfrist lief am 30. Mai 2003 ab. Die Berufung des Klägers ist am 17. Juni 2003 zusammen mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beim Landgericht eingegangen. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, er habe am 13. Mai 2003 seine Prozeßbevollmächtigten mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragt. Der die Sache bearbeitende Assessor T. habe die Unterlagen zur Neuanlage der Akte, Notierung der Berufungsfrist auf den 30. Mai 2003 und der Berufungsbegründungsfrist auf den 30. Juni 2003 an die Fachangestellte C. verfügt. Bei einer
routinemäßigen Durchsicht der Akte zur Vorbereitung der Berufungsbegründung am 13. Juni 2003 habe T. festgestellt, daß die Berufung nicht eingelegt war und die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist im Terminbuch nicht eingetragen gewesen seien. Auf Frage habe die Mitarbeiterin C. mitgeteilt, sie habe trotz entsprechender Weisung versäumt, die Fristen einzutragen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 8. Juli 2003 die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen und seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen. Der Kläger habe nichts dazu vorgetragen, in welcher Form der Fristenkalender bei seinen Prozeßbevollmächtigten geführt werde, ob hier eine Wiedervorlagefrist verfügt und ob der Zustellungstag in der Handakte vermerkt worden sei. Eine Überprüfung, ob die Fristeneintragung und -überwachung ausreichend organisiert gewesen sei, sei nicht möglich. Von einem fehlenden Verschulden des zweitinstanzlichen Anwalts an der Fristversäumung könne daher nicht ausgegangen werden. Gegen den ihm am 18. Juli 2003 zugestellten Beschluß des Landgerichts hat der Kläger am 12. August 2003 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Begründungsfrist am 18. September 2003 begründet.

II.

Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist entgegen der Ansicht des Klägers zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO) nicht erforderlich.
1. Eine Divergenz (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – NJW-RR 2003, 1366; BGHZ 151, 221, 225 f.) macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend. 2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – aaO; BGHZ aaO). Das kann insbesondere auch bei einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten der Fall sein, etwa wenn der angefochtene Beschluß die Partei in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - VersR 2003, 1144, 1146, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) oder wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. mit dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 - aaO) beeinträchtigt. Eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten muß nach den Darlegungen des Beschwerdeführers im Einzelfall klar zutage treten, also offenkundig sein; ferner muß die angefochtene Entscheidung hierauf beruhen (vgl. BGHZ aaO und BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - aaO). Ein solcher Zulassungsgrund liegt hier nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht nicht auf einem entscheidungserheblichen klar zutage tretenden Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte des Klägers; sie ist zudem einzelfallbezogen und erfordert deshalb keine korrigierende Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
a) Dies gilt insbesondere, soweit das Berufungsgericht Angaben zur allgemeinen Organisation und Fristenkontrolle vermißt, obwohl der Kläger eine
Einzelanweisung seines Berufungsanwalts im konkreten Fall zur Fristeintragung vorgetragen hat, die von der Fachangestellten versehentlich nicht berücksichtigt worden sei. Die Rechtsbeschwerde verkennt die für einen solchen Fall in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Das ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Berufungsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. aa) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Einlegung des Rechtsmittels setzt voraus, daß die Berufungsschrift rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muß der Anwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen (vgl. BGH, Beschluß vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - VersR 2002, 380, 381). Dabei setzt eine wirksame Fristenkontrolle voraus, daß Fristen zur Einlegung und Begründung von Rechtsbehelfen deutlich als solche gekennzeichnet werden. Sie müssen so notiert werden, daß sie sich von gewöhnlichen Wiedervorlagefristen unterscheiden (vgl. BGH, Beschluß vom 21. Juni 2000 - XII ZB 93/00 - VersR 2001, 607, 608). Ferner obliegt dem Prozeßbevollmächtigten eine wirksame Ausgangskontrolle, durch die gewährleistet wird, daß fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Er hat sicherzustellen , daß eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet wird, wenn der Schriftsatz abgesandt oder zumindest postfertig gemacht ist (vgl. BGH, Beschluß vom 2. März 2000 - V ZB 1/00 - VersR 2000, 1564). Daß die Organisation der Fristenkontrolle im Büro seines Prozeßbevollmächtigten diesen Anforderungen genügt hätte, hat der Kläger weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Das Berufungsgericht hat hiernach ohne Rechtsfehler ein
Verschulden des Klägers bzw. seines Prozeßbevollmächtigten für nicht ausgeschlossen erachtet und dementsprechend den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95 - VersR 1996, 256, 257 und vom 9. Juni 1994 - I ZB 5/94 - VersR 1995, 72, 73). bb) Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang darauf, vorliegend komme es auf die allgemeine Organisation der Fristenkontrolle im Büro der Prozeßbevollmächtigten des Klägers nicht an, weil die Fachangestellte eine auf den konkreten Fall bezogene Einzelanweisung zur Fristeintragung versehentlich nicht befolgt habe. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers hierzu nicht übergangen und nicht gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. Allerdings braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - VersR 1992, 764, 765). Im allgemeinen kann er ferner darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Weisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185, 186). In der Anwaltskanzlei müssen jedoch ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - NJW 2002, 3782, 3783 und vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435, 436). Wenn ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Berufungsfrist nur mündlich vermittelt wird, dann bedeutet das Fehlen jeder Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO).

b) Aus demselben Grund ist auch keine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen. Der Rechtsbeschwerde kann nicht darin gefolgt werden, daß auch bei Beachtung der erforderlichen Organisationsmaßnahmen die Fehlleistung der Büroangestellten nicht vermieden worden wäre. Sie verkennt, daß es nicht darum geht, die Möglichkeit eines Fehlers auszuschließen. Es muß vielmehr Vorsorge dagegen getroffen werden, die Folgen eines Fehlers von Büroangestellten möglichst zu vermeiden. Das aber wäre durch eine Kontrolle der Fristeintragung erreicht worden, beispielsweise in Form der vom Berufungsgericht vermißten Wiedervorlageanweisung, wozu selbstverständlich auch deren Vermerk gehört, oder durch einen deutlich sichtbaren Vermerk auf der Handakte, wenn dessen Bearbeitung durch eine weitere Person sichergestellt worden wäre.
c) Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde auch nicht deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich einer auf den konkreten Fall bezogenen Einzelanweisung verstoßen hätte. Die hierzu aufgestellten Grundsätze (etwa zum Vertrauen auf die Ausführung durch eine bisher zuverlässige Büroangestellte - vgl. BGH, Beschluß vom 18. Februar 1998 - VIII ZB 1/98 - NJW-RR 1998, 932) betrafen die Übermittlung eines Schriftsatzes an das Rechtsmittelgericht oder eine eigenmächtige Berechnung der
Rechtsmittelfrist trotz anderweitigem Vermerk auf einem Handzettel (vgl. BGH, Beschluß vom 23. November 2000 - IX ZB 83/00 - VersR 2002, 211 f.). Hier dagegen geht es um die unterlassene Ausführung einer lediglich mündlich erteilten Anweisung über die Eintragung einer Rechtsmittelfrist, die schon aufgrund allgemeiner Anweisung hätte sichergestellt werden müssen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 399/01
vom
5. November 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO §§ 212 a.F., 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen sind, daß eine korrekte
Fristeintragung erfolgt.
BGH, Beschluß vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. November 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederich-
sen sowie die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Der Antrag des Beklagten zu 3) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Beklagten zu 3) gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. September 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte zu 3) trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 189.015, 66 DM)

Gründe:

I.


Das am 19. September 2001 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts ist dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) (zukünftig : Beklagter) am 15. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 19. November 2001 erteilte der Beklagte den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts, das am 17. Oktober 2001 zugestellt worden sei, Revision einzulegen. Am selben Tage ging die Revisionsschrift beim Bundesgerichtshof ein. Nach Eingang der Revisionsbegründung wies der Berichterstatter mit Ver-
fügung vom 17. Juli 2002, dem Revisionsanwalt zugegangen am 19. Juli 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 15. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 2. August 2002 begehrt der Beklagte unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Zur Begründung führt er aus: Am 15. Oktober 2001 sei das Berufungsurteil im Büro des Berufungsanwalts eingegangen. Mit der Behandlung des Posteingangs, der Führung des Terminkalenders und der Fristenkontrolle sei zu jener Zeit die ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte S. betraut gewesen. Diese habe am selben Tag das Urteil nebst Empfangsbekenntnis dem Berufungsanwalt vorgelegt. Dieser habe das mit dem Datum des 15. Oktober 2001 vorbereitete Empfangsbekenntnis unterschrieben, mit ihr das weitere Vorgehen besprochen und insbesondere darauf hingewiesen, daß die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren sei. Frau S. habe allerdings versehentlich nicht auch das Urteil mit dem Eingangsstempel 15. Oktober 2001 abgestempelt. Sie führe dies darauf zurück, daß sie es dem Berufungsanwalt aufgrund einer ausdrücklichen Weisung sofort vorgelegt habe, ohne - wie sonst üblich - sämtlichen Posteingang komplett abzustempeln. Nach Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch den Berufungsanwalt habe sie dieses vom Urteil entfernt und zum Postausgang für das Berufungsgericht gereicht, ohne nochmals zu überprüfen, ob auch das Urteil einen Eingangsstempel enthielt. Frau S. habe die Sache dann am 17. Oktober 2001 bearbeitet und das Urteil mit diesem aktuellen Tagesstempel versehen. Ausgehend von diesem Zustellungsdatum habe sie die Revisionsfrist auf Montag, den 19. November
2001 berechnet und in dem Schreiben an den eingeschalteten Korrespondenzanwalt mitgeteilt. Diese Mitteilung habe der Berufungsanwalt erst unterschrie- ben, nachdem ihm Frau S. auf Nachfrage bestätigt habe, daß der Eingangsstempel des Urteils den 17. Oktober 2001 ausweise und die Frist am Montag, dem 19. November 2001, ende. Am Nachmittag des 17. Oktober 2001 sei ihr der falsche Eingangsstempel aufgefallen. Sie habe das Datum dann aber - vermutlich wegen eines Migräneanfalls - lediglich in der Akte korrigiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F.). Sie ist erst am 19. November 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 15. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Beklagten nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Dies ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Beklagte selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil dem mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwalt nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, sein mündlicher Hinweis an Frau S. beim
Unterschreiben des Empfangsbekenntnisses, die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren, sei richtig ausgeführt worden, und das Datum des Eingangsstempels auf dem Berufungsurteil stimme - gemäß der Antwort bei der Nachfrage am 17. Oktober 2001 - mit dem Datum der Urteilszustellung überein. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln und festzuhalten (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 15. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben.
Zwar braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschluß vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - zur Veröffentlichung bestimmt; BAGE 78, 184, 186). Den Berufungsanwalt des Beklagten trifft ein Organisationsverschulden, weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Umsetzung seines mündlichen Hinweises unterblieb. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Der allgemeine Vortrag, die Arbeiten der Bürofachangestellten würden wöchentlich stichprobenartig kontrolliert, reicht hierfür nicht aus. Auch fehlt jeder Vortrag dazu, in welcher Weise in dem Anwaltsbüro die Notierung von Fristen kontrolliert wird. Dieses Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 -, aaO). Im übrigen erfolgte hier aufgrund einer ausdrücklichen Anweisung des Berufungsanwalts eine vom üblichen Ablauf abweichende Handhabung. Dies gab in besonderer Weise Anlaß sicherzustellen , daß die konkrete Fristeintragung richtig erfolgte.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Es besteht die Gefahr, daß dieses Datum nicht mit dem allein
maßgeblichen Datum übereinstimmt, unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F. unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.). Demgemäß liegt ein weiterer Sorgfaltsverstoß des Berufungsanwalts der Beklagten darin, daß er am 17. Oktober 2001 zwar nach der Übereinstimmung zwischen dem Eingangsstempel auf dem Urteil und der Mitteilung des Ablaufs der Revisionsfrist an den Korrespondenzanwalt fragte, jedoch nicht nachprüfte, ob die Mitteilung mit dem - für die Fristwahrung ausschlaggebenden Empfangsbekenntnis – übereinstimmte.
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich. Wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)