Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 21. Feb. 2007 - 1 Ws 47/07

bei uns veröffentlicht am21.02.2007

Tenor

Der Antrag der Anzeigeerstatter auf gerichtliche Entscheidung gegen den Beschwerdebescheid der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart wird als unzulässig

verworfen.

Gründe

 
I.
Die Anzeigeerstatter werfen der Beschuldigten falsche Verdächtigung, vorsätzliche falsche uneidliche Aussage und schwere Freiheitsberaubung vor.
Gegen die Anzeigeerstatter war beim Landgericht ... unter dem Aktenzeichen ... ein Strafverfahren wegen versuchten Betruges zum Nachteil der Beschuldigten bzw. des ... anhängig. Dieses wurde bezüglich des Anzeigeerstatters Ziff. 1 durch Beschluss des Landgerichts ... vom ... gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt; der Anzeigeerstatter Ziff. 1 wurde aus der Untersuchungshaft freigelassen. Hinsichtlich des Anzeigeerstatters Ziff. 2 wurde das Verfahren bereits am ... gemäß § 153 a Abs. 2 StPO endgültig eingestellt.
Die Anzeigeerstatter werfen der Beschuldigten in ihrer Strafanzeige vom ... vor, als Zeugin im Strafprozess vor dem Landgericht ... am und ... zu verschiedenen Punkten im Zusammenhang mit dem ins Auge gefassten Verkauf einer Fabergé-Sammlung bewusst falsche Aussagen zu ihrem Nachteil gemacht zu haben. Gegen den Anzeigeerstatter Ziff. 1 sei die Untersuchungshaft in erster Linie aufgrund der Zeugenaussage der Beschuldigten bis zum 18. Oktober 2006 aufrecht erhalten worden.
II.
Der Antrag der Anzeigeerstatter auf gerichtliche Entscheidung ist nicht zulässig, da er jedenfalls in einem Punkt nicht den inhaltlichen Anforderungen des § 172 Abs. 3 S. 1 StPO entspricht. Nach dieser Vorschrift muss der Antrag in vollständiger und verständlicher Form diejenigen Tatsachen angeben, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen; auch müssen die Beweismittel benannt werden.
Daran fehlt es hier.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Anzeigeerstatter beruft sich zur Ergänzung seines Sachvortrags und zum Beweis für die Unrichtigkeit der Zeugenaussage der Beschuldigten zunächst auf ein Schreiben, das er unter dem ... an den Zeugen ... nach New York gesandt hat. Auf der Grundlage der dort gestellten Fragen hat er am ... mit diesem Zeugen telefoniert und hierüber ein „Memo“ (Gedächtnisprotokoll) gefertigt. Sowohl das Schreiben als auch das „Memo“ sind in englischer Sprache abgefasst. Eine (beglaubigte) Übersetzung in die deutsche Sprache liegt nicht bei.
Diese Antragsbegründung ist unzulässig. § 184 GVG bestimmt, dass die Gerichtssprache deutsch ist. Die Vorschrift bedeutet, dass allen deutschen Staatsbürgern vor deutschen Gerichten keine fremde Sprache aufgezwungen werden darf, auch nicht teilweise durch eine fremdsprachliche Urkunde. Es ist ein nicht ausdrücklich in die Verfassung aufgenommener Grundsatz, dass im Geltungsbereich des Grundgesetzes die deutsche Sprache das einzige offizielle Verständigungsmittel ist (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 4. Auflage, § 184 Rdn. 1 m. w. N.).
Dem entsprechend sind nicht in deutscher Sprache abgefasste Klageerzwingungsanträge unzulässig (vgl. Karlsruher Kommentar, StPO, 5. Auflage, § 172 Rdn. 33; Anwaltskommentar zur StPO, § 172 Rdn. 20).Das gilt auch für die ergänzende Bezugnahme auf fremdsprachliche Anlagen.
Nichts anderes kann gelten, wenn wichtige Zeugenaussagen in Form schriftlich niedergelegter Fragen und Aussagen in einer fremden Sprache im Antrag in Bezug genommen werden, obwohl keine Übersetzung in die deutsche Sprache beiliegt. Denn hierdurch soll die Wahrscheinlichkeitsprognose für die Beweisbarkeit des Vortrags (vgl. OLG Stuttgart, NStZ-RR 2005, 113) als für die Anzeigeerstatter günstig dargestellt werden. Es handelt sich daher um einen für die Schlüssigkeitsprüfung des Antrags entscheidenden Vortrag. Da die Schlüssigkeit hier ohne die in englischer Sprache abgefassten Urkunden vom Senat nicht beurteilt werden kann, führt der Verstoß gegen § 184 GVG zur Unzulässigkeit des Klageerzwingungsantrags. Es ist im Klageerzwingungsverfahren, in dem der Beibringungsgrundsatz herrscht, nicht die Aufgabe des Senats, durch eine Übersetzung auf Kosten der Staatskasse den Antrag erst schlüssig zu machen; dies ist vielmehr Aufgabe des in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalts, der den Antrag nach § 172 Abs. 3 S. 2 StPO abfassen und unterzeichnen muss.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 21. Feb. 2007 - 1 Ws 47/07

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 21. Feb. 2007 - 1 Ws 47/07

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 172 Beschwerde des Verletzten; Klageerzwingungsverfahren


(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der S

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 184


Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 21. Feb. 2007 - 1 Ws 47/07 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 172 Beschwerde des Verletzten; Klageerzwingungsverfahren


(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der S

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 184


Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2011 - 1 StR 302/11

bei uns veröffentlicht am 09.11.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 302/11 vom 9. November 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen zu 1.: Bestechlichkeit u.a. zu 2. und 3.: Bestechung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vo

Referenzen

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft wird die Frist gewahrt. Sie läuft nicht, wenn die Belehrung nach § 171 Satz 2 unterblieben ist.

(2) Gegen den ablehnenden Bescheid des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft kann der Antragsteller binnen einem Monat nach der Bekanntmachung gerichtliche Entscheidung beantragen. Hierüber und über die dafür vorgesehene Form ist er zu belehren; die Frist läuft nicht, wenn die Belehrung unterblieben ist. Der Antrag ist nicht zulässig, wenn das Verfahren ausschließlich eine Straftat zum Gegenstand hat, die vom Verletzten im Wege der Privatklage verfolgt werden kann, oder wenn die Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 1, § 153a Abs. 1 Satz 1, 7 oder § 153b Abs. 1 von der Verfolgung der Tat abgesehen hat; dasselbe gilt in den Fällen der §§ 153c bis 154 Abs. 1 sowie der §§ 154b und 154c.

(3) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muß die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Er muß von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein; für die Prozeßkostenhilfe gelten dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Der Antrag ist bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht einzureichen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag ist das Oberlandesgericht zuständig. Die §§ 120 und 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes sind sinngemäß anzuwenden.

Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.

(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft wird die Frist gewahrt. Sie läuft nicht, wenn die Belehrung nach § 171 Satz 2 unterblieben ist.

(2) Gegen den ablehnenden Bescheid des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft kann der Antragsteller binnen einem Monat nach der Bekanntmachung gerichtliche Entscheidung beantragen. Hierüber und über die dafür vorgesehene Form ist er zu belehren; die Frist läuft nicht, wenn die Belehrung unterblieben ist. Der Antrag ist nicht zulässig, wenn das Verfahren ausschließlich eine Straftat zum Gegenstand hat, die vom Verletzten im Wege der Privatklage verfolgt werden kann, oder wenn die Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 1, § 153a Abs. 1 Satz 1, 7 oder § 153b Abs. 1 von der Verfolgung der Tat abgesehen hat; dasselbe gilt in den Fällen der §§ 153c bis 154 Abs. 1 sowie der §§ 154b und 154c.

(3) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muß die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Er muß von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein; für die Prozeßkostenhilfe gelten dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Der Antrag ist bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht einzureichen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag ist das Oberlandesgericht zuständig. Die §§ 120 und 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes sind sinngemäß anzuwenden.