Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 24. Nov. 2014 - 7 U 101/14

bei uns veröffentlicht am24.11.2014

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn - 4 O 170/12 Ko - vom 30. April 2014

abgeändert:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 157.829,28 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Januar 2014 zu zahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Forderungen der Rechtsanwälte ..., an vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten über 5.586,81 Euro freizustellen.

c) Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger den über den Ausspruch in lit. a und lit. b hinausgehenden Schaden, der ihm aus und im Zusammenhang mit dem von diesem im Jahre 2001 abgeschlossenen Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodell, in dessen Rahmen insbesondere

mit der Beklagten der Lebensversicherungsvertrag Nr. ... über 383.468,90 Euro und

mit der heutigen ... ein Darlehensvertrag über nominal 309.842,87 Euro (Darlehens-Nr. ...) mit einer Kontokorrentlinie über 284.451 Euro (Konto-Nr. ...) abgeschlossen worden ist,

entstanden ist, zu ersetzen hat.

d) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers

zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 1/6, die Beklagte 5/6 zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 200.000 Euro leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert:  

173.693,78 Euro

        

(Klagantrag Ziff. 1:
163.693,78 Euro ohne Berücksichtigung des hier als
gleich bleibender Hundertsatz einer bestimmten Summe
geltend gemachten entgangenen Gewinns,
vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - XI ZR 261/10,
NJW 2012, 2446 Rn. 14;

        

Klagantrag Ziff. 2: ohne Ansatz, § 4 ZPO;

        

Klagantrag Ziff. 3: 10.000 Euro, § 3 ZPO).

Gründe

 
I.
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aufgrund von ihm behaupteter Verletzungen von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrages geltend.
Die Beklagte ist ein seit 1995 auf dem deutschen Markt tätiges britisches Versicherungsunternehmen mit Sitz in den Niederlanden und Großbritannien.
Über den Zeugen ... schloss der Kläger aufgrund des Antrages vom 31. Juli 2001 (Anlage B 1 - GA II 159 ff.) eine von der Beklagten angebotene Lebensversicherung des Typs „Wealthmaster Noble“ über einen Beitrag i.H.v. 383.468,90 Euro ab (vgl. den Versicherungsschein in Anlage K 1 = GA I 18). Im Antrag ist angegeben, dass Eigenkapital i.H.v. 76.693,78 Euro investiert werde (GA II 161). Versicherungsbeginn war der 20. Dezember 2001, Ablaufdatum der 20. Dezember 2011. Als garantierte Mindesttodesfallleistung waren 1,01 Prozent des Rücknahmewertes von Einheiten/Anteilen vereinbart, als Versicherungsfall war das Letztversterben des Klägers oder seiner Ehefrau bestimmt. Dem Versicherungsvertrag ordnet die Beklagte von ihr vorgelegte Policenbedingungen (vgl. Anlage B 2 - GA II 163 ff.), Verbraucherinformationen (vgl. Anlage B 3 - GA II 169 ff.) und Poolinformationen (vgl. Anlage B 4 - GA II 177) zu.
Zur Finanzierung des Beitrages schlossen der Kläger und seine Ehefrau ein Darlehen über nominal 309.842,87 Euro - einschließlich einer einmaligen Bearbeitungsgebühr i.H.v. 3.067,75 Euro - ab (vgl. Darlehensvertrag vom 8./23. November 2011 zum Zwecke der „Mitfinanzierung einer Einmalzahlung in einen Wealthmaster Noble-Plan“ i.H.v. 383.468,90 Euro in Anlage K 21 - GA III 610 ff.). Als Sicherheit ist die „Abtretung aller gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus dem neu abzuschließenden Wealthmaster Noble-Plan“ vereinbart (GA III 613). An den Zeugen ... zahlte der Kläger im Dezember 2001 Vermittlungskosten i.H.v. 12.000 DM (vgl. Anlage K 31 - GA III 655).
Die finanzierende Bank erhielt vom Kläger und seiner Ehefrau einen Zahlungsauftrag vom 23. November 2001 (Anlage K 22 - GA III 616) zur Auszahlung von 383.468,90 Euro an die Beklagte. Der Vertrag wurde zum 20. Dezember 2011 zur Auszahlung fällig. Der Vertragswert i.H.v. 402.937,25 Euro wurde auf ein Konto des Klägers bei der finanzierenden Bank eingezahlt (vgl. Anlage K 23 - GA III 617 f.). Bis zum 22. Dezember 2011 machte diese eine Darlehensforderung i.H.v. etwa 586.000 Euro geltend. Mit Blick auf die Ablaufleistung der streitgegenständlichen Lebensversicherung reduzierte sich dieser Betrag auf etwas mehr als 200.000 Euro - inklusive Zinsen. In der Folge schlossen der Kläger und seine Ehefrau einen Vergleich mit der finanzierenden Bank, nach dem noch 75.000 Euro gezahlt werden und die Bank im Gegenzug auf 132.000 Euro verzichtet (vgl. Anlage K 24 - GA III 618 f.).
Bei der Versicherung „Wealthmaster Noble“ handelt es sich um eine Kapitallebensversicherung gegen Zahlung eines Einmalbetrages. Der Einmalbetrag wird bei dieser Versicherung von der Beklagten in Wertpapiere investiert, die in sogenannten Pools mit garantiertem Wertzuwachs zusammengefasst sind. Die den einzelnen Pools zugrunde liegenden Vermögenswerte sind Teil des With-Profit Funds der Beklagten, der einem Sondervermögen gleicht. Jedem einzelnen Lebensversicherungsvertrag werden rechnerische Anteile an den jeweiligen Pools zugeteilt. Die Unterteilung des With-Profit Funds“ in Pools und der Pools in Anteile erfolgt lediglich zur Berechnung von Leistungen.
Der Kläger hat in erster Instanz vorgebracht, er habe die Lebensversicherung im Rahmen eines Altersvorsorgemodells - Geared Investment Pack - abgeschlossen, das von der Firma ... in ... entwickelt worden sei. Die Beklagte sei aufgrund der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten verpflichtet, ihm alle Schäden aus dem streitgegenständlichen Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodell zu erstatten bzw. ihn so zu stellen, als wäre es nicht zu dessen Abschluss gekommen. Es sei irreführend mit Vergangenheitsrenditen geworben worden, zudem seien fehlerhafte Angaben zu der zu erwartenden Rendite aus dem Lebensversicherungsvertrag gemacht worden. Des Weiteren sei ihm - fehlerhaft - mitgeteilt worden, dass die Beklagte keine stillen Reserven wie die deutschen Lebensversicherer bilde, sondern die mit den Kapitalanlagen erwirtschafteten Gewinne vollständig an die Versicherungsnehmer weitergebe. Darüber hinaus sei gesagt worden, die Beklagte verwalte die Einzahlungen der Versicherungsnehmer nach dem jeweiligen Pool bzw. Tarif und dem Quartal des Vertragsabschlusses getrennt und gewährleiste durch ein sogenanntes Glättungsverfahren bzw. Smoothing eine gleichmäßige Wertentwicklung, was indes nicht zutreffend gewesen sei. Letztlich sei hinsichtlich der vermeintlich von der Beklagten zu gewährenden Garantien nicht darauf hingewiesen worden, dass die Versicherungsnehmer auch für Verträge einstehen müssten, die vor und nach ihrem Vertrag abgeschlossen worden seien. Es finde eine Querfinanzierung über alle Pools hinweg statt.
Im Vertrauen auf die Angaben des Zeugen ... habe er sich zum Abschluss des Lebensversicherungsvertrages entschlossen, jedoch hätten diese nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen. Wäre ihm dies bekannt gewesen, hätte er vom Abschluss des streitgegenständlichen Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodells abgesehen. Der Beklagten, die an dem Altersvorsorgemodell der ... in ... beteiligt gewesen sei, sei bekannt, wie die Lebensversicherungsverträge vorgestellt worden seien. Dies habe auch deren Vorgaben entsprochen, die diese gegenüber ihrem Vertrieb in Deutschland gemacht habe. Die Beklagte müsse sich nach § 278 BGB das Handeln und die Erklärungen der tätig gewordenen Untervermittler zurechnen lassen, da sie im Rahmen eines sogenannten Strukturvertriebes die mit dem Vertrieb der Lebensversicherung in Deutschland verbundenen Aufgaben selbstständigen Vermittlern überlassen habe.
Er habe - neben dem aufgenommenen Darlehen - einen Eigenkapitalbeitrag i.H.v. 76.693,78 Euro an die finanzierende Bank erbracht (vgl. Anlage K 30 = GA III 636). Diesen Betrag könne er ersetzt verlangen, ebenso die Vermittlungsgebühren i.H.v. 12.000 Euro und den von ihm an die finanzierende Bank gezahlten Vergleichsbetrag von 75.000 Euro (Anlage K 25 - GA III 620). Zudem stehe ihm ein Anspruch auf entgangenen Gewinn zu. Konkret hätte er das Geld alternativ in eine deutsche Lebens- bzw. Rentenversicherung mit aufgeschobenem Rentenbeginn investiert, da er eine bessere Absicherung für das Alter gewollt habe. Bei einer Rendite von jedenfalls 4 Prozent ergebe sich ein Betrag von 28.450,05 Euro. Aus diesem Betrag und dem vertragsbedingten Aufwand i.H.v. 163.693,78 Euro errechne sich der Klagebetrag i.H.v. 192.143,83 Euro. Steuervorteile müsse er sich nicht anrechnen lassen (GA III 539 f.).
10 
Der von ihm erhobene Anspruch sei auch nicht verjährt. Insofern habe er aus den von der Beklagten in Bezug genommenen Unterlagen keine ausreichende Kenntnis erlangen können. Im Jahr 2004 habe er nicht das von der Beklagten vorgelegte Schreiben erhalten, ebenso wenig andere Unterlagen. Der Lauf der Verjährungsfrist sei durch das von ihm eingeleitete Güteverfahren bei der Gütestelle ... gehemmt worden (vgl. dazu im Einzelnen bei GA III 544 ff.).
11 
Das Feststellungsbegehren ergebe sich mit Blick auf einen weitergehenden Schaden, z.B. wegen möglichen Säumniszuschlägen des Finanzamtes auf Steuerrückforderungen. Zudem habe er für den Vergleichsbetrag von 75.000 Euro eine neue Darlehensverbindlichkeit aufnehmen müssen. Dieses Darlehen laufe noch.
12 
Ihm stehe zudem ein Anspruch auf Freistellung bezüglich der außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten zu. Hier sei eine 2,5 Geschäftsgebühr angemessen. Dies rechtfertige sich aus dem konkreten Einzelfall, dem Umfang, der notwendigen Spezialisierung und dem Haftungsrisiko sowie der Bedeutung für ihn - den Kläger. Auszugehen sei von einem Gegenstandswert von 703.000 Euro, so dass sich mit Blick auf die vergleichsweise Einigung und eine dadurch entstandene Einigungsgebühr aus einem Gegenstandswert von 201.800 Euro ein Anspruch i.H.v. 14.620,34 Euro ergebe.
13 
Die erfolgte Sicherungsabtretung erfasse nicht den geltend gemachten Schadensersatzanspruch. Vorsorglich werde dennoch hilfsweise eine Leistung an die finanzierende Bank begehrt.
14 
In erster Instanz hat der Kläger zuletzt beantragt,
15 
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 192.143,83 Euro nebst jährlichen Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz aus einem Betrag von 117.143,83 Euro für den Zeitraum vom 7. Januar 2010 bis 16. Juli 2012 und aus einem Betrag von 192.143,83 Euro seit dem 17. Juli 2012 zu bezahlen,
16 
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn von den Forderungen der Rechtsanwälte ... an vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten über 14.620,34 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen,
17 
3. festzustellen, dass die Beklagte ihm den über Anträge Ziff. 1 und 2 hinausgehenden Schaden, der ihm aus und im Zusammenhang mit dem von ihm im Jahre 2001 abgeschlossenen Altersvorsorge- und Kapitalanlagemodell, in dessen Rahmen insbesondere
18 
mit der Beklagten der Lebensversicherungsvertrag Nr. ... über 383.468,90 Euro und
19 
mit der heutigen .. ein Darlehensvertrag über nominal 309.842,87 Euro (Darlehens-Nr. ...) mit einer Kontokorrentlinie über 284.451 Euro (Konto-Nr. ...) abgeschlossen worden ist,
20 
entstanden ist, zu ersetzen hat.
21 
hilfsweise für den Fall, dass das Gericht ihn für nicht aktivlegitimiert oder einziehungsberechtigt erachte,
22 
die jeweilige Zahlung an die ... auf ein von dieser noch zu benennendes Konto zu erbringen.
23 
Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt,
24 
die Klage abzuweisen.
25 
Die Beklagte hat vorgebracht, bereits im Rahmen des Beratungsgesprächs habe der Zeuge ... die Policenbedingungen, die Verbraucherinformation und die Poolinformation dem Kläger überreicht. Sie selbst bzw. ihre Organe und Vertreter seien vor Vertragsschluss zu keinem Zeitpunkt in persönlichen Kontakt mit dem Kläger getreten und hätten diesen mithin auch nicht beraten. Eine Beratung sei nur durch den Zeugen ... als Versicherungsmakler erfolgt, der nicht in ihrem Auftrag gehandelt habe und dessen Handeln ihr nicht zuzurechnen sei. Die von ihr verwendeten Vertragsunterlagen seien richtig, vollständig und für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne weiteres verständlich. Fehlerhafte Angaben über Vergangenheitsrenditen oder zur Policenverwaltung sowie nicht vertretbare Prognosen seien weder durch sie noch durch den Zeugen ... erfolgt. Überdies bestehe keine Aufklärungspflicht über Details der Vertragsverwaltung. Die klägerischen Annahmen hinsichtlich einer „poolübergreifenden Reservenbildung“ seien nicht zutreffend; eine solche finde in dem von ihr geführten With-Profits Funds nicht statt. Eine „Quersubventionierung“, aufgrund der die mit der Einzahlung des Klägers erwirtschaftete Rendite auch zur Gewährleistung von Garantieansprüchen aller anderen Versicherungsnehmer verwendet werden könne, habe es im Zeitpunkt der Abschlussentscheidung des Klägers nicht gegeben. Eine unzureichende Auskunft über das Glättungsverfahren sei nicht erfolgt. Insofern ließen sich etwaige Pflichtverletzungen ihrerseits ohnehin nicht auf eine vermeintlich unterbliebene Aufklärung über das Glättungsverfahren oder eine poolübergreifende Reservebildung stützen. Überdies fehle es an der Kausalität; die angeblichen Pflichtverletzungen seien für die Anlageentscheidung in keiner Weise ausschlaggebend gewesen. Dem Kläger sei es zudem in erster Linie auf die Renditeerwartung und die von ihr gewährleisteten Garantien angekommen, ebenso auf die Erzielung einer möglichst hohen Eigenkapitalrendite und von Steuervorteilen.
26 
Hinsichtlich des behaupteten Schadens werde bestritten, dass der Kläger einen Eigenkapitalbeitrag i.H.v. 76.693,78 Euro geleistet habe. Es ergebe sich selbst bei Annahme einer entsprechenden Zahlungspflicht nichts dafür, dass die Zahlung aus dessen Vermögen erfolgt sei. Ferner werde bestritten, dass die Vergleichszahlung an die finanzierende Bank aus dem eigenen Vermögen des Klägers geleistet worden sei. Hinzukomme, dass der Darlehensvertrag auch von dessen Ehefrau abgeschlossen worden sei. Bestritten werde auch, dass der Kläger sein etwaiges anfängliches Eigenkapital alternativ in eine deutsche Lebens- bzw. Rentenversicherung mit aufgeschobenem Rentenbeginn investiert hätte. Es entspreche überdies nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, dass eine Geldanlage überhaupt Gewinn abwerfe.
27 
Soweit der Kläger Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten begehre, werde bestritten, dass diese i.H.v. 14.620,34 Euro in Rechnung gestellt worden seien. Diese seien auch nicht erforderlich und zweckmäßig; den Prozessbevollmächtigten des Klägers sei aus zahlreichen Parallelverfahren bekannt gewesen, dass sie nicht bereit sei, die geltend gemachten Ansprüche außergerichtlich anzuerkennen. Der Anfall einer Einigungsgebühr sei nicht schlüssig dargelegt.
28 
Es fehle infolge der Abtretung sämtlicher Rechte und Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Lebensversicherungsvertrag mit der Beklagten an die finanzierende Bank an der Aktivlegitimation des Klägers.
29 
Etwaige Ansprüche des Klägers seien zudem verjährt. Dieser habe aufgrund jährlicher Mitteilungen bereits frühzeitig Kenntnis von vermeintlichen Pflichtverletzungen gehabt, ebenso aufgrund der jährlich übersandten Kontoauszüge sowie aufgrund im Jahr 2004 an ihn versandter Informationsunterlagen einschließlich des dortigen Hinweises auf ein bei ihr erhältliches Handbuch über den Finanzberater (vgl. Anlage B 14 + B 15 = GA II 331 ff.). Mit Ablauf des 2. Januar 2012 sei absolute kenntnisunabhängige Verjährung eingetreten sowie - im Hinblick auf die auf der Hand liegenden Erkenntnismöglichkeiten - mit Ablauf des Jahres 2009 bereits kenntnisabhängige Verjährung. Die durch die Anrufung der Gütestelle eingetretene zeitliche Verzögerung müsse sich der Kläger zurechnen lassen. Überdies sei die Einleitung des Güteverfahrens rechtsmissbräuchlich gewesen, nachdem den Klägervertretern bereits vor unterstellter Einleitung des Güteverfahrens im Dezember 2009 bekannt gewesen sei, dass sie zu einer gütlichen Einigung nicht bereit sei. Schließlich sei das Güteverfahren mit Eingang (26. März 2010) ihrer Mitteilung an die Gütestelle vom 23. März 2010, nicht am Güteverfahren teilzunehmen, beendet gewesen. Die Hemmung habe sodann am 26. September 2010 geendet, die Klage sei jedoch erst im Oktober 2012 - mithin in verjährter Zeit - eingereicht worden.
30 
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des dortigen Urteils verwiesen.
31 
Das Landgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung den Zeugen ... vernommen (GA III 660 ff.).
32 
Mit Urteil vom 30. April 2014 (GA IV 871 ff.), auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Hierzu hat das Erstgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte an und für sich einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen auf weitergehenden Ersatz des geltend gemachten Schadens. Er wäre bei Klageerhebung in unverjährter Zeit so zu stellen, als hätte er den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag nicht abgeschlossen. Die Beklagte habe ihn weder durch schriftliches Informationsmaterial noch im Zuge des persönlichen Gesprächs mit dem Zeugen ... ausreichend über die Verwaltung und Funktionsweise ihrer Lebensversicherung sowie über die dadurch begründeten Risiken aufgeklärt. Das verwendete Prospekt- und Informationsmaterial sei nicht ausreichend gewesen, das Glättungsverfahren und die damit zusammenhängende Reservenbildung im Rahmen der nach dem With-Profit Funds organisierten Police sowie deren Folgen für den Versicherungsnehmer diesem schon bei Vertragsschluss klar vor Augen zu führen. Es finde sich in den Policenbedingungen keine dezidierte Erläuterung des Glättungsverfahrens oder der poolübergreifenden Verwaltung des With-Profit Funds. Eine ordentliche Aufklärung sei auch nicht durch den Zeugen ... erfolgt, dessen Verhalten und/oder Erklärungen sich die Beklagte nach § 278 BGB zurechnen lassen müsse. Dessen Vernehmung habe nicht ergeben, dass eine über die schriftlichen Unterlagen hinausgehende Aufklärung des Klägers zu den für die Anlageentscheidung relevanten Umständen des Glättungsverfahrens und/oder der poolübergreifenden Reservenbildung stattgefunden habe. Der Zeuge habe vielmehr angegeben, zu einer „Subventionierung zwischen Pools oder innerhalb aller Anleger“ nichts gesagt zu haben. Eben das sei für den Kläger aber von besonderem Interesse gewesen. Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Zeugen seien keine Zweifel angezeigt. Einer ergänzenden Parteivernehmung des Klägers habe es insofern nicht bedurft, da das Gericht aufgrund der Zeugenvernehmung schon vom Gegenteil der von der Beklagten zu beweisenden ordentlichen Aufklärung überzeugt sei. Insofern könne sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass eine Quersubventionierung zwischen Pools nicht praktiziert werde.
33 
Der Schadensersatzanspruch des Klägers sei indes verjährt. Insofern komme zwar eine Anwendung von § 12 Abs. 1 VVG a.F. nicht in Betracht, auch griffen die allgemeinen Verjährungsregeln der §§ 195, 199 BGB im Streitfall nicht. Der Kläger habe weder bei Abschluss des Vertrages noch vor Klageerhebung Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen seines Schadensersatzanspruchs gehabt. Bei Überprüfung der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen hätte der Kläger die gerügten Pflichtverletzungen unter dem Aspekt der unterlassenen Aufklärung über die wechselseitige Subventionierung zwischen Pools nicht frühzeitig erkennen können. Hier greife allerdings die absolute Verjährung nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB von zehn Jahren durch, § 214 BGB. Die streitbefangenen Schadensersatzansprüche seien ab dem 1. Januar 2012 verjährt. Zu einer rechtzeitigen Verjährungshemmung durch die Klageerhebung am 17. Oktober 2012 käme man nur, wenn in Folge des bei Rechtsanwalt Ritter betriebenen Güteverfahrens eine Verjährungshemmung ausreichender Dauer angenommen werden könne. Unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrages sei der Güteantrag noch vor Ablauf des Kalenderjahres 2009 bei der Gütestelle eingegangen. Frühestens ab dem 27. Dezember 2009 könnten insofern verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen sein. Durch dieses Güteverfahren sei einschließlich einer halbjährigen Nachhemmung nach § 204 Abs. 2 BGB die Hemmung am 26. September 2010 abgelaufen, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 23. März 2010, bei der Gütestelle am 26. März 2010 eingegangen, mitgeteilt habe, an dem Güteverfahren nicht teilzunehmen. Die Beendigung des Güteverfahrens sei mit Eingang dieses Schreibens, nicht erst mit der entsprechenden Mitteilung der Gütestelle an den Kläger eingetreten. Infolgedessen sei die erst am 17. Oktober 2012 bei Gericht eingegangene Klage - selbst bei Bemessung nach § 167 ZPO - einige Tage in verjährter Zeit eingereicht worden.
34 
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug nimmt. Zur Begründung bringt der Kläger zudem vor, es handele sich um eine Überraschungsentscheidung. Das Erstgericht habe erst eine Beweisaufnahme durchgeführt und sodann die Klage wegen angeblichen Ablaufs der 10jährigen absoluten Verjährungsfrist abgewiesen. Das Landgericht habe fehlerhaft angenommen, dass hinsichtlich des eingeleiteten Güteverfahrens die sechsmonatige Nachfrist früher als von ihm berechnet in Gang gesetzt worden sei. Der Eingang des Güteantrags sei jedenfalls vor Ablauf des Jahres 2009 zu verzeichnen gewesen. Aufgrund der Mitteilung der Beklagten habe die Gütestelle mit Schreiben vom 20. April 2010, das bei den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21. April 2010 eingegangen sei, das Güteverfahren für gescheitert erklärt. Erst an den Zugang dieser Mitteilung beim Kläger könne hinsichtlich des Beginns des Laufs der sechsmonatigen Frist angeknüpft werden; dies entspreche auch dem Verständnis des Inhabers der Gütestelle.
35 
Der Kläger beantragt mit der Berufungsbegründung vom 2. Juni 2014,
36 
das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 30. April 2014 - 4 O 170/12 Ko - abzuändern und, wie in erster Instanz beantragt, zu erkennen.
37 
Die Beklagte beantragt,
38 
die Berufung zurückzuweisen.
39 
Sie hat unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen in zweiter Instanz vorgebracht, den Ausführungen des Landgerichts sei vollumfänglich zuzustimmen. Eine Verjährungshemmung durch die Einleitung eines Güteverfahrens ergebe sich vorliegend nicht. Selbst wenn man eine Hemmungswirkung des Güteverfahrens dem Grunde nach bejahte, würde diese in zeitlicher Hinsicht angesichts der erst im Oktober 2012 erhobenen Feststellungsklage nicht ausreichen. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass eine etwaige Verjährungshemmung jedenfalls mit dem Eingang der Nichtteilnahmeerklärung der Beklagten bei der Gütestelle ende.
40 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
41 
Ergänzend wird verwiesen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 24. November 2014, in der der Zeuge ... vernommen worden ist.
II.
42 
Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet.
43 
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Vertrauensschadens aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen zu. Er ist im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den „Wealthmaster Noble“-Lebensversicherungsvertrag nicht geschlossen. Aufgrund dessen ist die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 157.829,28 Euro nebst Zinsen zu zahlen.
44 
a) Auf das Vertragsverhältnis der Parteien ist deutsches Recht anwendbar, Art. 7 Abs. 2 Nr. 4a, Art. 8 EGVVG a.F., Art. 27 EGBGB a.F. Der Kläger hatte bei Vertragsschluss seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, Art. 8 EGVVG a.F.
45 
b) Der Kläger ist zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs aktivlegitimiert. Er ist trotz der Sicherungsabtretung an die finanzierende Bank (vgl. Anlage K 21 - GA III 613) als Zedent von Anfang an selbst Inhaber etwaiger Schadensersatzforderungen geblieben. Die Sicherungsabtretung umfasst nur alle „gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche“ aus dem Lebensversicherungsvertrag und ist nach dem Wortlaut und dem Sicherungszweck so auszulegen, dass nur Primäransprüche, nicht aber auch Schadensersatzforderungen abgetreten worden sind, §§ 133, 157 BGB. Soweit Zweifel zu Lasten des Klägers als Verbraucher verblieben, gingen diese zu Lasten der finanzierenden Bank als Verwenderin der Klausel, § 5 AGBG. Damit ist der Kläger als Zedent von Anfang an selbst Inhaber etwaiger Schadensersatzforderungen geblieben (vgl. nur Senatsurteil vom 29. Oktober 2012 - 7 U 201/11, VersR 2013, 482; BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 286/10, VersR 2012, 1237 Rn. 15 - 17).
46 
c) Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss zu. Sie ist verpflichtet, diesen im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als ob er den Vertrag nicht geschlossen hätte. Der Kläger hat deshalb einen Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens - i.S. des negativen Interesses -, der mit der Abwicklung des Kapitalanlagemodells, insbesondere im Zusammenhang mit dem bei der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag „Wealthmaster Noble“ entstanden ist.
47 
aa) Auf das Rechtsverhältnis der Parteien ist dabei das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Fassung anwendbar, Art. 229 § 5 EGBGB.
48 
bb) Die Beklagte hat den Kläger nicht ausreichend über die Funktionsweise und die dadurch begründeten Risiken ihrer Lebensversicherung „Wealthmaster Noble“ aufgeklärt.
49 
Wie das Landgericht, auf dessen zutreffende, im Einklang mit der Rechtsprechung des Senates stehende (vgl. nur Senatsurteil vom 11. Juli 2013 - 7 U 95/12, juris Rn. 87 ff. und Rn. 95 ff.) und von der Beklagten in zweiter Instanz nicht mehr in Frage gestellte Ausführungen Bezug genommen wird, festgestellt hat, hat die Beklagte den Kläger weder durch schriftliches Informationsmaterial noch im Zuge des persönlichen Gesprächs mit dem Zeugen ... ausreichend über die Verwaltung und Funktionsweise ihrer Lebensversicherung sowie die dadurch begründeten Risiken aufgeklärt. Das verwendete Prospekt- und Informationsmaterial war nicht ausreichend. Das Glättungsverfahren und die damit zusammenhängende Reservenbildung im Rahmen der nach dem With-Profit Funds organisierten Police sowie deren Folgen für den Kläger waren diesem schon bei Vertragsschluss klar vor Augen zu führen. Es findet sich indes insbesondere in den Policenbedingungen keine dezidierte Erläuterung des Glättungsverfahrens oder der poolübergreifenden Verwaltung des With-Profit Funds. Eine ordentliche Aufklärung erfolgte auch nicht durch den Zeugen ..., dessen Verhalten und/oder Erklärungen sich die Beklagte nach § 278 BGB zurechnen lassen muss (vgl. nur Senatsurteil vom 11. Juli 2013 - 7 U 95/12, juris Rn. 108 ff.). Dessen Vernehmung ergab, dass er zu einer „Subventionierung zwischen Pools oder innerhalb aller Anleger“ nichts gesagt hat.
50 
Diese Pflichtverletzung war nach den tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts für die Anlageentscheidung des Klägers kausal i.S. einer haftungsbegründenden Kausalität, nachdem der Zeuge ... bekundet hat, dass die Frage der Subventionierung zwischen Pools oder innerhalb aller Anleger für den Kläger von besonderem Interesse gewesen sei. Überdies spricht für einen solchen Ursachenzusammenhang eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung. Die insoweit beweisbelastete Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die diese Vermutung entkräften könnten (vgl. dazu nur Senatsurteile vom 11. Juli 2013 - 7 U 95/12, juris Rn. 125 f. und vom 29. Oktober 2012 - 7 U 201/11, VersR 2013, 482).
51 
cc) Der Kläger ist im Wege der Naturalrestitution i.S. des § 249 BGB so zu stellen, als ob er den streitgegenständlichen Lebensversicherungsvertrag im Jahr 2001 nicht geschlossen hätte.
52 
(1) Der Schaden des Klägers liegt hier in der Belastung mit einem für ihn nachteiligen Vertrag. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, deren Grundgedanken auch im hier zu entscheidenden Rechtsstreit anzuwenden sind, ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Information eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt. Zwar setzt der auf Rückabwicklung des Vertrages aufgrund einer Verletzung von Aufklärungspflichten gerichtete Schadensersatzanspruch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Vermögensschaden voraus; hierfür genügt aber jeder wirtschaftliche Nachteil, der für den Gläubiger mit dem aufgrund der Aufklärungspflichtverletzung eingegangenen Vertrag verbunden ist, so z.B. die nachhaltige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit. Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (vgl. dazu nur Senatsurteile vom 11. Juli 2013 - 7 U 95/12, juris Rn. 123 und vom 29. Oktober 2012 - 7 U 201/11, VersR 2013, 482; BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 Rn. 64).
53 
(2) Dies zugrunde gelegt umfasst der hier zu ersetzende Schaden die Vermögenseinbuße, die dem Kläger erspart geblieben wäre, wenn er - verleitet durch die unzulängliche Aufklärung und Beratung der Beklagten - die „Wealthmaster Noble“-Versicherung nicht abgeschlossen hätte (vgl. dazu nur Senatsurteil vom 29. Oktober 2012 - 7 U 201/11, VersR 2013, 482).
54 
(a) Hier hat der Kläger auf den Versicherungsvertrag zunächst eine Zahlung i.H.v. von 383.468,90 Euro erbracht. Ausweislich der von ihm vorgelegten Unterlagen entstammen hiervon 306.775,12 Euro (309.842,87 Euro abzüglich 3.067,75 Euro) aus dem Darlehen der finanzierenden Bank. Der restliche Betrag i.H.v. 76.693,78 Euro ist - wie schon im Versicherungsantrag vom 31. Juli 2001 (Anlage B 1 - GA II 159 ff.) vorgesehen - außerhalb einer Kreditfinanzierung aufgebracht worden. Ob es sich hierbei um einen Eigenkapitalbetrag aus dem Vermögen des Klägers gehandelt hat oder nicht, ist hier nicht erheblich, da es insofern nur auf den Umstand der vom Kläger veranlassten Leistungserbringung an die Beklagte ankommt.
55 
Daher hat die Beklagte dem Kläger die außerhalb des Darlehens erbrachte Einzahlung i.H.v.
56 
76.693,78 Euro
57 
als Schaden zu ersetzen.
58 
(b) Darüber hinaus stellt sich die im Zusammenhang mit dem Abschluss des streitgegenständlichen Lebensversicherungsvertrages eingegangene darlehensweise Verpflichtung als grundsätzlich ersatzpflichtiger Schaden dar.
59 
Das ursprüngliche Darlehen ist aufgrund einer Vereinbarung des Klägers mit der finanzierenden Bank indes bereits vollständig abgewickelt und vom Kläger zurückgeführt worden. Dazu fand zunächst der Auszahlungsbetrag für den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag i.H.v. 402.937,25 Euro Verwendung. Über diesen Betrag hinaus bestand jedoch eine weitere Verpflichtung des Klägers gegenüber der finanzierenden Bank, die sich bis zum 30. Juni 2012 auf einen Betrag von 207.149,23 Euro (183.524,62 Euro zuzüglich einer Zinsforderung i.H.v. 23.624,61 Euro) belaufen hatte. Insofern konnte der Kläger mit der finanzierenden Bank jedoch eine Vergleichsvereinbarung treffen (Anlage K 24 = GA III 618 f.), aufgrund der er nur noch einen Betrag von
60 
75.000 Euro
61 
aufbringen musste, was ausweislich der Bestätigung der finanzierenden Bank vom 14. August 2012 (Anlage K 25 = GA III 620) auch erfolgt ist. Diesen Betrag hat die Beklagte - wiederum unabhängig von der konkreten Mittelherkunft - dem Kläger zu ersetzen.
62 
Entgegen der Annahme der Beklagten ist insofern ohne Bedeutung, dass der Kläger neben seiner Ehefrau nur Mitdarlehensnehmer gewesen ist; ihn hat als Gesamtschuldner die betreffende Verpflichtung gegenüber der finanzierenden Bank in vollem Umfang getroffen; etwaige interne Ausgleichsansprüche des Klägers gegenüber seiner Ehefrau können der Beklagten indes nicht zugutekommen.
63 
(c) Der Kläger hat des Weiteren an den Zeugen ... als Provision für die Finanzierungsvermittlung einen Betrag von 12.000 DM bzw.
64 
6.135,50 Euro
65 
gezahlt (vgl. dazu Anlage K 31 - GA III 655). Auch diesen Betrag kann er von der Beklagten erstattet verlangen, nicht aber 12.000 Euro.
66 
(d) Nach alledem beläuft sich - nach Rückführung der Darlehensverpflichtungen - das noch bestehende negative Interesse des Klägers auf insgesamt
67 
157.829,28 Euro.
68 
(e) Hinsichtlich der unter (a) und (c) genannten Beträge kann der Kläger nicht zusätzlich noch entgangenen Gewinn i.S. von § 252 BGB wegen entgangener Anlagezinsen geltend machen.
69 
(aa) Der Kläger hat - trotz des diesbezüglich erheblichen entsprechenden Bestreitens der Beklagten - nicht nachgewiesen oder unter Beweis gestellt, dass der neben dem aufgenommenen Darlehen aufgewendete Betrag von 76.693,78 Euro aus seinem eigenen Vermögen entstammte. Die mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2013 vorgelegte Kopie eines Überweisungsauftrages, der als Kontoinhaber nur unspezifisch ausweist (Anlage K 30 = GA III 636), reicht dafür nicht aus.
70 
Daher kann nicht angenommen werden, dass der Kläger - wie behauptet - diesen Betrag in eine deutsche Lebens- bzw. Rentenversicherung mit aufgeschobenem Rentenbeginn investiert hätte. Überdies bleibt das entsprechende Vorbringen des Klägers hinsichtlich der alternativen Investition zu pauschal und ist daher einer Beweisaufnahme von vornherein nicht zugänglich.
71 
(bb) Hinsichtlich der in Rede stehenden Provision von 6.135,50 Euro wäre bei einer anderweitigen Investition nicht zu erwarten gewesen, dass der Kläger diese zur Mehrung des eigenen Vermögens hätte einsetzen können. So wären beim Abschluss einer deutschen Lebens- bzw. Rentenversicherung ebenfalls Provisionszahlungen zu erbringen gewesen, ohne dass der Kläger - im Rahmen seines pauschalen Vorbringens - hierauf näher eingehen würde.
72 
(cc) Anderes ergibt sich nicht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Erstattungsfähigkeit entgangenen Gewinns bei Anlagegeschäften.
73 
Nach dem Urteil des XI. Zivilsenates vom 8. Mai 2012 (XI ZR 262/10, NJW 2012, 2427 Rn. 64) kann der geschädigte Anleger sich zwar auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird. Zur Feststellung der Höhe des allgemein üblichen Zinssatzes kann der Tatrichter auch von der Möglichkeit einer Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO Gebrauch machen. Indes muss der Anleger jedoch darlegen, welcher Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einem anderen Anlagegeschäft erzielt worden wäre, auch wenn hieran keine strengen Anforderungen zu stellen sind und eine gewisse Wahrscheinlichkeit genügt.
74 
Hier fehlt es jedoch an einem entsprechenden - ausreichenden - Vortrag des Klägers. Insbesondere stellt sich die pauschale Angabe, er hätte sich für eine deutsche Lebens- bzw. Rentenversicherung entschieden, nicht als nachvollziehbar dar, nachdem der Kläger sich auf eine Vertragsgestaltung eingelassen hat, die - sein Vorbringen zugrunde gelegt - eine besonders hohe Rendite bei minimalstem Versicherungsschutz versprochen haben soll. Gerade dies stünde bei einer nicht-fondsgebundenen Lebens- oder Rentenversicherung von vornherein nicht zu erwarten, so dass auch aus dem dokumentierten Verhalten des Klägers nicht auf eine gewisse Wahrscheinlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geschlossen werden kann.
75 
(f) Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht durch die Anrechnung von Steuervorteilen im Wege der Vorteilsausgleichung zu reduzieren (vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 2012 - 7 U 201/11, VersR 2013, 482; OLG Karlsruhe, Urteil vom 2. August 2011 - 12 U 173/10, BeckRS 2011, 20171 unter II 7 f; OLG München, Schlussurteil vom 2. Dezember 2011 - 25 U 2195/09, BeckRS 2013, 06750).
76 
(g) Die Beklagte hat auf den Betrag von 157.829,28 Euro lediglich Rechtshängigkeitszinsen nach §§ 291, 288 Abs. 1 BGB i.V.m. § 187 BGB in entsprechender Anwendung zu erbringen, jedoch keine Verzugszinsen - wie beantragt - ab Januar 2010 bzw. Juli 2012.
77 
(aa) Der Kläger hat der Beklagten zwar mit anwaltlichen Schreiben vom 26. Dezember 2009 (Anlage K 19 = GA III 598 ff.) mitteilen lassen, dass er wegen fehlerhafter Aufklärung Schadensersatzansprüche geltend mache, und diese aufgefordert, ihn Zug um Zug gegen Übertragung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag im Rahmen des Schadensersatzes vom Darlehensvertrag freizustellen und das Eigenkapital zurückzuzahlen. Insofern fehlt es indes an einer wirksamen Mahnung, da der Kläger mit Blick auf die an die finanzierende Bank erfolgte Sicherungsabtretung aller „gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche“ aus dem Lebensversicherungsvertrag nicht zu der Zug um Zug angebotenen Abtretung der Ansprüche an die Beklagte berechtigt gewesen ist.
78 
(bb) Nachdem der Kläger den Zahlungsanspruch erst mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2013, der am 10. Januar 2014 zugestellt wurde (GA III 657), erhoben hat und ein Feststellungsantrag nicht genügt, um die Rechtshängigkeit des Geldschuldanspruchs zu begründen (vgl. Hager in Erman, BGB 14. Aufl. § 291 Rn. 3), können Rechtshängigkeitszinsen in entsprechender Anwendung von § 187 Abs. 1 BGB erst ab dem 11. Januar 2014 verlangt werden.
79 
d) Der Anspruch des Klägers ist nicht verjährt, § 214 Abs. 1 BGB.
80 
aa) Insofern hat das Landgericht - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senates - zutreffend den Eintritt einer kenntnisabhängigen Verjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verneint. Auf die dortigen Ausführungen hinsichtlich einer etwaigen Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Umständen wird Bezug genommen (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 29. Oktober 2012 - 7 U 201/11, VersR 2013, 482).
81 
bb) Der Anspruch des Klägers ist auch nicht nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB verjährt.
82 
(1) Der hier geltend gemachte Anspruch ist bereits mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages im Jahr 2001 entstanden. Für diesen nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen herzuleitenden Anspruch hat zunächst die 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. gegolten. Nach der für das Verjährungsrecht geltenden Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB finden auf Ansprüche, die - wie der Schadenersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte - am 1. Januar 2002 bestanden haben und noch nicht verjährt gewesen sind, jedoch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung.
83 
Demnach wäre der Anspruch des Klägers nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von seiner Entstehung an verjährt, da diese Frist kürzer als die für die streitgegenständlichen Ansprüche ursprünglich geltende Verjährungsfrist des alten Rechts ist. Demnach wäre, nachdem die Frist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vom 1. Januar 2002 an berechnet wird, hier eine Verjährung mit Ablauf des 31. Dezember 2011 eingetreten.
84 
(2) Der Lauf dieser Verjährungsfrist ist indes durch die Anrufung der staatlich anerkannten Gütestelle ... gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung gehemmt worden.
85 
Die sich danach ergebende Hemmungswirkung wirkt auf den Zeitpunkt zurück, in dem der - nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehende - Güteantrag eingereicht worden ist, wenn die Bekanntgabe „demnächst“ nach Einreichung des Antrags veranlasst wird (vgl. nur BGH, Urteil vom 22. September 2009 - XI ZR 230/08, NJW 2010, 222 Rn. 13 ff.; Henrich in BeckOK-BGB, Stand: August 2014 § 204 Rn. 26; Grothe in MünchKomm-BGB, 6. Aufl. § 204 Rn. 36).
86 
(a) Aufgrund der in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senates fest, dass der mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2009 (Anlage K 18 = GA III 593 f.) gestellte Güteantrag bei der Gütestelle am 31. Dezember 2009 eingegangen ist. Das ergibt sich aufgrund der Angaben des Zeugen ..., die dieser durch Vorlage von Unterlagen der von ihm geführten Gütestelle belegen konnte und an deren Richtigkeit der Senat keinen Zweifel hegt.
87 
(b) Der Güteantrag war ordnungsgemäß und daher geeignet, die Hemmungswirkung eintreten zu lassen. Aufgrund des diesem - nach den Angaben des Zeugen ... - beigefügten Anspruchsschreibens vom 26. Dezember 2009 (Anlage K 19 = GA III 598 ff.) war der geltend gemachte Anspruch hinreichend genau bezeichnet (vgl. dazu nur Henrich in BeckOK-BGB, Stand: August 2014 § 204 Rn. 26).
88 
(c) Die Bekanntgabe des Güteantrages erfolgte - ohne dass die Beklagte sich insofern auf einen etwaigen Rechtsmissbrauch berufen könnte - noch „demnächst“ i.S. von § 167 ZPO. Zwar ist der Antrag erst am 19. März 2010 bei der Beklagten eingegangen (vgl. Anlage K 18 = GA III 596), jedoch liegen die diesbezüglichen Verzögerungen - die Weiterleitung durch die Gütestelle erfolgte am 17. März 2010 - nicht im Verantwortungsbereich des Klägers begründet, sondern in der Arbeitsbelastung der Gütestelle (vgl. auch OLG München, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 27 U 29/13 - Anlage K 30 = GA V 909 ff.).
89 
(3) Das Verfahren vor der Gütestelle ... fand seinen Abschluss mit der Erteilung der Erfolglosigkeitsbescheinigung im Schreiben vom 20. April 2010 und dem - dies ist maßgeblich - damit verbundenen Zugang der Mitteilung der Beklagten vom 23. März 2010 (Anlage K 18 - GA III 595). Beides ist bei den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21. April 2010 eingegangen (vgl. dazu allgemein Henrich in BeckOK-BGB, Stand: August 2014 § 204 Rn. 60; Grothe in MünchKomm-BGB, 6. Aufl. § 204 Rn. 91; Peters/Jacoby in Staudinger, BGB [2014] § 204 Rn. 150).
90 
Gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB endete die Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB sechs Monate nach diesem Zeitpunkt. Demnach ergibt sich ein Hemmungszeitraum von 294 Tagen. Dies führt nach § 209 BGB zu einem Hinausschieben des Eintrittes der Verjährung bis zum 20. Oktober 2012. Daher ist die am 17. Oktober 2012 per Telefax erhobene, im Original unter Einschluss eines Verrechnungsschecks für die Gerichtsgebühren am 19. Oktober 2012 beim Landgericht eingegangene und der Beklagten am 30. Oktober 2012 zugestellte Klage unter Heranziehung von § 167 ZPO noch vor Eintritt der Verjährung erhoben worden. Infolgedessen ist eine erneute Hemmung - nunmehr nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB - eingetreten.
91 
(4) Hier ist nicht davon auszugehen, dass eine Beendigung des Gütestellenverfahrens bereits mit dem Zugang der Mitteilung der Beklagten vom 23. März 2010, nicht am Güteverfahren teilnehmen zu wollen, bei der Gütestelle eingetreten ist.
92 
Von maßgeblicher Bedeutung ist, dass dem Gläubiger mit Ende der Hemmung oder Unterbrechung die Möglichkeit eröffnet sein muss, innerhalb von sechs Monaten den Fristlauf erneut zum Stillstand zu bringen, etwa durch Erhebung einer Klage. Dies kann aber von ihm nur erwartet werden, wenn er von dem Ende des verjährungshemmenden Verfahrens Kenntnis hat. Dies entsprach der Rechtslage zu § 212a BGB a.F. nach gescheitertem Güteverfahren und gilt ebenso für § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung, der dem Gläubiger nach Beendigung des Verfahrens noch einen Zeitraum von sechs Monaten zur Weiterverfolgung der Ansprüche zur Verfügung stellt, ohne dass die Verjährungsfrist weiterläuft. Die dem Anspruchsberechtigten vom Gesetzgeber zugebilligte Überlegungsfrist darf nicht durch das Verhalten eines Dritten verkürzt werden, auf das die Partei keinen Einfluss hat (vgl. nur OLG Celle, Urteil vom 16. Januar 2007 - 16 U 160/06, juris Rn. 68; so auch OLG München, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 27 U 29/13 - Anlage K 30 = GA V 909 ff.; a.A. OLG Bamberg, Urteil vom 9. Oktober 2014 - 1 U 39/14).
93 
2. Im Rahmen des aufgrund Verschuldens bei Vertragsverhandlungen geschuldeten Schadensersatzes hat die Beklagte auch vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten zu erstatten. Der Kläger kann insofern eine Freistellung gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten jedoch nur i.H.v. 5.586,81 Euro begehren.
94 
a) Der Gegenstandswert der vorgerichtlichen Tätigkeit der jetzigen Prozessbevollmächtigten bemisst sich nach der bestehenden Darlehensschuld bei der finanzierenden Bank, die - einschließlich Zinsen - ausweislich der Vergleichsvereinbarung (Anlage K 24 = GA III 618 f.) maximal 586.442,87 Euro betragen hat, und am geltend gemachten Eigenkapitalbetrag von 76.693,78 Euro sowie an den dem Zeugen ... gezahlten 6.135,50 Euro. Daraus errechnet sich ein Gesamtbetrag von 669.272,15 Euro. Demnach kommt ein Gegenstandswert von bis zu 700.000 Euro in Ansatz.
95 
b) Hieraus kann nur eine 1,3 Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG begehrt werden (vgl. Senatsurteil vom 23. Dezember 2010 - 7 U 187/10, juris Rn. 91; OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. September 2013 - 5 U 102/13, juris Rn. 41 ff.), die sich errechnet auf 4.674,80 Euro. Zusätzlich sind Auslagen nach Nr. 7002, 7008 VV RVG anzusetzen, so dass sich ein Gesamtbetrag ergibt i.H.v.
96 
5.586,81 Euro.
97 
c) Dagegen kann der Kläger keine Freistellung von der ebenfalls geltend gemachten Einigungsgebühr betreffend die Vereinbarung mit der finanzierenden Bank aus dem Jahr 2012 geltend machen. Insofern ist nicht ersichtlich, dass die Kanzlei der Klägervertreter - was von der Beklagten eingewandt worden ist - für den Kläger tätig geworden sein könnte.
98 
d) Auf den Betrag i.H.v. 5.586,81 Euro schuldet die Beklagte indes keine Rechtshängigkeitszinsen. Die Fälligkeit des entsprechenden Betrages nach § 8 RVG infolge Rechnungsstellung ist vom Kläger nicht nachgewiesen.
99 
3. Nachdem nicht auszuschließen ist, dass der Kläger aufgrund der Pflichtverletzungen der Beklagten weitere Schäden zu beklagen haben wird, ist auf den entsprechenden - zulässigen - Antrag auch die Feststellung der weitergehenden Schadensersatzpflicht der Beklagten auszusprechen.
III.
100 
1. Die Entscheidung über die Kostentragung folgt - unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger hinsichtlich des Anspruchs auf entgangenen Gewinn nicht erfolgreich ist - aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
101 
2. Die Zulassung der Revision ist beschränkt auf die Frage des Endes der Hemmung der Verjährung bei Beendigung eines Verfahrens zur außergerichtlichen Streitschlichtung (dazu oben II 1 d bb (4): Beendigung des Gütestellenverfahrens bereits mit dem Zugang der Mitteilung der Beklagten bei der Gütestelle, nicht am Güteverfahren teilnehmen zu wollen?), nachdem insofern nunmehr eine abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg, Urteil vom 9. Oktober 2014 - 1 U 39/14, vorliegt.
102 
Darüber hinaus liegen Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Frage der Haftung der Beklagten hinreichend geklärt. Die Sache hat daher keine grundsätzliche Bedeutung mehr, das Recht ist in den entscheidenden Fragen bereits fortgebildet. Die vorliegende Entscheidung weicht von den rechtlichen Obersätzen des Bundesgerichtshofs nicht ab, so dass auch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht berührt ist, ebenso wenig besteht eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 24. Nov. 2014 - 7 U 101/14

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 24. Nov. 2014 - 7 U 101/14

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 24. Nov. 2014 - 7 U 101/14 zitiert 24 §§.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung


(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Zivilprozessordnung - ZPO | § 167 Rückwirkung der Zustellung


Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächs

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 252 Entgangener Gewinn


Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrschei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 4 Wertberechnung; Nebenforderungen


(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 214 Wirkung der Verjährung


(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern. (2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden i

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 209 Wirkung der Hemmung


Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 12 Versicherungsperiode


Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 8 Fälligkeit, Hemmung der Verjährung


(1) Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 24. Nov. 2014 - 7 U 101/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 24. Nov. 2014 - 7 U 101/14 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2009 - XI ZR 230/08

bei uns veröffentlicht am 22.09.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 230/08 Verkündet am: 22. September 2009 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2012 - IV ZR 286/10

bei uns veröffentlicht am 11.07.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 286/10 Verkündet am: 11. Juli 2012 Bott Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dur

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11

bei uns veröffentlicht am 11.07.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 164/11 Verkündet am: 11. Juli 2012 Bott Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja AVB Lebensvers

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 29. Okt. 2012 - 7 U 201/11

bei uns veröffentlicht am 29.10.2012

Tenor I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/11) abgeändert: 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über de

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 23. Dez. 2010 - 7 U 187/10

bei uns veröffentlicht am 23.12.2010

Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30.07.2010 – Az. 16 O 188/10 – wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. De

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(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.

(2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/11) abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 6.8.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247… und Kreditnr. 247… freizustellen.

3. Die Verurteilung zu Ziffer 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus der mit der Beklagten bestehenden Versicherung Policennr. 501 … sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 … der F. Bank GmbH.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers wegen des Zahlungstitels durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Geldbetrags, wegen der Freistellung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung des Zahlungstitels Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Geldbetrags oder vor Vollstreckung des Freistellungstitels Sicherheit in Höhe von 220.000 EUR geleistet hat.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert:

1. Berufung des Klägers:

        

   Zahlungsantrag:

24.237,76 EUR

   Freistellungsantrag:

194.866,11 EUR

2. Berufung der Beklagten:     

25.557,83 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz seines Vertrauensschadens wegen der angeblichen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss der 45 Jahre laufenden, anteilsgebundenen „Wealthmaster“-Lebensversicherung Nr. 501 …, die er gegen Zahlung einer kreditfinanzierten Einmalprämie in Höhe von 254.747 DM bei der Beklagten genommen hat. Seinen Schaden beziffert er mit 24.237,76 EUR zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe. Darüber hinaus begehrt er die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten, die er zur Finanzierung der Einmalprämie für die „Wealthmaster“-Versicherung eingegangen ist, schließlich Ersatz vorgerichtlich aufgewandter Anwaltskosten in Höhe von 4.994,19 EUR zuzüglich Prozesszinsen.
Die „Wealthmaster“-Versicherung ist eingebunden in ein umfassenderes Anlagekonzept namens „Lex-Konzept-Rente“, wegen dessen Einzelheiten auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen wird. Zur Sicherung des Darlehens hat der Kläger seine Rechte aus der „Wealthmaster“-Versicherung und an dem entsprechend dem Anlagekonzept unterhaltenen Wertpapierdepot an die kreditierende Bank abgetreten bzw. verpfändet. Er bietet an, seine Ansprüche auf Rückgewähr der gegebenen Sicherheiten an die Beklagte Zug um Zug gegen die begehrte Schadensersatzzahlung sowie die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten zu übertragen.
Mit Schriftsatz vom 25.8.2011 begehrte er klageerweiternd hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, im Zeitraum von 21.3.2000 bis 21.12.2044 regelmäßige Auszahlungen in Höhe von vierteljährlich 3.915 DM (= 2001,71 EUR) mit einer jährlichen Erhöhung von 1 % vorzunehmen, wie sie unstreitig in dem bezeichneten Versicherungsschein aufgeführt sind. Zu ergänzen ist, dass der Kläger diese regelmäßigen Auszahlungen bereits im Versicherungsantrag (Anlage LW 3) beantragt hat.
Der Kläger erhob im ersten Rechtszug den Vorwurf, er sei weder durch die Beklagte selbst noch durch den Vermittler ordnungsgemäß aufgeklärt und beraten worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Da die Beklagte unstreitig keine eigene Vertriebsorganisation unterhielt, sondern sich für den Vertrieb ihrer "Wealthmaster"-Versicherungen sogenannter "Masterdistributoren", vorliegend der Fa. Lex Vermögensverwaltung AG, und deren Untervermittler, vorliegend des Streitverkündeten und Zeugen R. F., bediente, müsse sich die Beklagte – so meint der Kläger - auch Pflichtverletzungen des Untervermittlers zurechnen lassen. Er behauptet, bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die maßgeblichen Umstände hätte er die Lex-Konzept-Rente unter Einbindung der „Wealthmaster“-Versicherung nicht ins Auge gefasst. Er wolle deshalb so gestellt werden, als hätte er die „Wealthmaster“-Versicherung nicht genommen und die „Lex-Konzept-Rente“ nicht gezeichnet.
Die Beklagte trat dem allem entgegen und berief sich ergänzend darauf, die geltend gemachten Forderungen seien jedenfalls verjährt.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens im Einzelnen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte entsprechend dem klägerischen Hilfsantrag verurteilt, die im Versicherungsschein ausgewiesenen regelmäßigen Auszahlungen ohne Rücksicht auf den Vertragswert der „Wealthmaster“-Versicherung vorzunehmen, im Übrigen die Klage jedoch abgewiesen. Es stützte sich im Wesentlichen auf die damalige Auffassung des Senats, die bestehenden unbedingten und vorbehaltlosen Erfüllungsansprüche stünden einem Schadenseintritt entgegen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen, die das Landgericht getroffen hat, sowie seiner rechtlichen Erwägungen im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Unter Bezugnahme auf ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen und dessen Vertiefung greift die Beklagte das landgerichtliche Urteil wie folgt an:
1. Das Urteil beruhe auf einer fehlerhaften Tatsachengrundlage, indem das Landgericht fälschlich feststellte, der von der Beklagten erwirtschaftete Ertrag führe zur Zuteilung weiterer Pool-Anteile; in Wahrheit erfolge die wirtschaftliche Beteiligung der Versicherungsnehmer durch eine Werterhöhung der vorhandenen Pool-Anteile.
10 
2. Das Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern, nämlich
11 
- einer unvollständigen Beweiserhebung, indem das Landgericht tatsächliche Feststellungen zum Themenkomplex der angeblich garantierten Auszahlungen getroffen habe, obwohl es den Zeugen F. hierzu nicht befragt habe.
12 
- der Zulassung der Klageerweiterung um den nachträglich gestellten klägerischen Hilfsantrag, obwohl diese weder sachdienlich gewesen sei noch die Beklagte die erforderliche Einwilligung erteilt habe,
13 
- der Zulassung des klägerischen Hilfsantrags, obwohl dieser unzulässig gewesen sei, weil er weder hinreichend bestimmt sei noch dem Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse sowie die notwendige Aktivlegitimation zur Seite stehe.
14 
3. Das Landgericht habe das materielle Recht falsch angewandt, indem es
15 
- zu Unrecht einen individuell vereinbarten Anspruch auf Vornahme der „regelmäßigen Auszahlungen“ ohne Rücksicht auf den Vertragswert erkannt habe, obwohl sich aus den klaren und eindeutigen Versicherungsbedingungen anderes ergebe und die Parteien keine abweichende Individualvereinbarung getroffen hätten,
16 
- nicht berücksichtigt habe, dass die regelmäßigen Auszahlungen in der Vergangenheit im beantragten Umfang erbracht worden seien.
17 
Alle diese Fehler hätten sich in einer falschen Sachentscheidung niedergeschlagen.
18 
4. Vorsorglich weist die Beklagte darauf hin, dem Kläger stünde auch kein Schadensersatzanspruch auf Ersatz des negativen Interesses zu, wie mit dem Hauptantrag geltend gemacht.
19 
- Die Klägerin habe nicht die vom Landgericht angeführten Pflichten zur Aufklärung des Klägers gehabt, habe diese also auch nicht verletzen können.
20 
- Aufklärungs- und Beratungspflichten der Beklagten seien nach den Vorschriften des § 10 a VAG a. F. zu bemessen, die die Beklagte erfüllt habe. Weitergehende Aufklärungspflichten hätten nicht bestanden, insbesondere nicht hinsichtlich der Risiken der Fremdfinanzierung sowie der Lex-Konzept-Rente.
21 
- Keinesfalls müsse sich die Beklagte etwaige Pflichtverletzungen des Versicherungsvermittlers zurechnen lassen.
22 
- Die angeblichen Pflichtverletzungen seien auch nicht kausal geworden für die Entscheidung des Klägers, die „Wealthmaster“-Versicherung bei der Beklagten zu nehmen.
23 
- Schließlich sei dem Kläger auch kein Schaden entstanden. Zu ersetzen seien nur die Schäden, die in dem Bereich liegen, der durch die angeblich verletzten Aufklärungspflichten geschützt werden solle. Soweit der Kläger mangelhafte Aufklärung über das Glättungsverfahren und die „Pool-übergreifende Reservenbildung“ geltend mache, sei ein Schadenseintritt nicht ersichtlich. Eine angeblich fehlerhafte Aufklärung über die erzielbaren Renditen könne nur zur Verpflichtung führen, die Differenz zwischen der in Aussicht gestellten und der tatsächlich erwirtschafteten Rendite zu erstatten.
24 
- Im Übrigen müsse die Beklagte keinesfalls für das Scheitern des Anlagekonzepts „Lex-Konzept-Rente“ einstehen. Eine solche Haftung setze die Schadensberechnung des Klägers jedoch stillschweigend voraus.
25 
- Jedenfalls wäre ein etwaiger Schadensersatzanspruch bereits verjährt.
26 
5. Der Fall könne nicht nach den Grundsätzen beurteilt werden, die der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.7.2012 in dem Verfahren IV ZR 164/11 entwickelt habe. Zu Unrecht habe er die im Kapitalanlagerecht entwickelten Grundsätze über Aufklärung und Beratung des Anlegers und die Zurechnung von Gehilfen-Handeln entsprechend angewandt. Er weiche damit nicht nur von seiner bisherigen, gefestigten Rechtsprechung ab, sondern verkenne dabei auch die grundsätzlichen Unterschiede zum Versicherungsrecht. Zu dessen Grundsätzen gehöre es, dass das Handeln von Versicherungsmaklern, wie sie vorliegend im Lager der Klägerin tätig geworden seien, nicht dem Versicherer zuzurechnen sei. Die Beklagte vertreibe ihre Produkte auch nicht über einen „Struktur-Vertrieb“. Schließlich verstoße die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Zurechnung des Makler-Handelns gegen höherrangiges Europarecht, insbesondere die „Vermittlerrichtlinie“ des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.12.2002.
27 
Auch die vom BGH begründeten Aufklärungs- und Beratungspflichten verstießen gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Die Informationspflichten eines Versicherers seien durch EU-Richtlinien abschließend geregelt, die durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21.7.1994 umgesetzt worden seien. Mit dessen Vorgaben seien Verpflichtungen unvereinbar, „über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für den Anlageentschluss von besonderer Bedeutung seien“. Ein im Vergleich zu deutschen Versicherern angeblich höherer Aufklärungs-und Beratungsbedarf diskriminiere die Beklagte unzulässig.
28 
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die oben genannte Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs den Tatsacheninstanzen keine Vorgaben zur Bestimmung des angeblich eingetretenen Schadens mache. Tatsächlich sei dem Kläger aus dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung kein Schaden entstanden.
29 
Die Beklagte beantragt,
30 
1. unter Aufhebung – hilfsweise Abänderung - des am 27.9.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Ravensburg (AZ 1 O 113/10) die Klage abzuweisen,
31 
2. hilfsweise
32 
unter Aufhebung – hilfsweise Abänderung - des am 27.9.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Ravensburg (AZ 1 O 113/10) das Verfahren an das Landgericht Ravensburg zurückzuverweisen.
33 
Der Kläger beantragt:
34 
Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/10) wird abgeändert:
35 
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
36 
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247… und Kreditnr. 247… freizustellen.
37 
Die Verurteilung zu Ziffer 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus dem mit der Beklagten bestehenden Versicherung, Policennr. 501 … sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 … F. Bank GmbH.
38 
hilfsweise
39 
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
40 
Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen rügt der Kläger, das Landgericht habe zwar richtig erkannt, dass der Kläger Anspruch auf vorbehaltlose Erfüllung des im Versicherungsschein ausgewiesenen Auszahlungsplans habe; zu Unrecht habe das Landgericht jedoch angenommen, dass dieser Umstand einem Schadensersatzanspruch entgegenstehe. Er verfolge daher seinen erstinstanzlich vorrangig geltend gemachten Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens weiter. Der Anspruch auf Erfüllung des Auszahlungsplans bleibe auch im Berufungsrechtszug nur nachrangiges Ziel.
41 
Die Beklagte beantragt,
42 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
43 
und nimmt zur Begründung auf ihr gesamtes bisheriges Vorbringen Bezug.
II.
44 
1. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch diejenige des Klägers ist zulässig.
45 
2. Die im ersten Rechtszug vorgenommene und im Berufungsrechtszug aufrecht erhaltene Rangfolge, in der das klägerische Begehren einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden soll, erfordert vorrangig die Prüfung der klägerischen Berufung. Da diese Erfolg hat, ist das angefochtene Urteil abzuändern nach den erstinstanzlichen, im Berufungsverfahren erneut gestellten Anträgen des Klägers. Die Berufung der Beklagten bleibt damit zwangsläufig ohne Erfolg.
46 
3. Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Vertrauensschadens. Er ist vermögensmäßig so zu stellen, als hätte er im Rahmen der „Lex-Konzept-Rente“ keinen „Wealthmaster“-Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen.
47 
Die Beklagte hat den Kläger nicht ausreichend über die Funktionsweise und die dadurch begründeten Risiken ihrer „Wealthmaster“-Versicherung aufgeklärt und damit ihr obliegende Pflichten aus dem während der Vertragsanbahnung bestehenden Schuldverhältnis (c.i.c.) verletzt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vertragsanbahnung mit anschließendem Vertragsabschluss war das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz noch nicht in Kraft getreten; für die Beurteilung des in der Vergangenheit vollständig abgeschlossenen Lebenssachverhalts der Vertragsanbahnung verbleibt es deshalb bei der Anwendbarkeit des zu jenem Zeitpunkt geltenden Rechts, mithin bei den richterrechtlich entwickelten Grundsätzen des „Verschuldens bei Vertragsschluss“.
48 
3.1 Das Versicherungsprodukt „Wealthmaster“ ist so komplex gestaltet, dass es eingehender Erläuterung und Aufklärung bedarf, damit der angesprochene Kundenkreis seine Funktionsweise versteht. Dies gilt nicht nur für das Glättungsverfahren und die Pool-Verwaltung einschließlich der Reservenbildung, das Zusammenspiel von garantiertem Wertzuwachs und Fälligkeitsbonus bzw. Marktpreisanpassung, sondern insbesondere auch für das richtige Verständnis der in Aussicht gestellten Renditen. Bei der Vornahme regelmäßiger Auszahlungen bedarf es auch der Aufklärung darüber, dass diese durch Einlösung von Pool-Anteilen finanziert werden, es sich also nicht um eine besondere Versicherungsleistung in Form einer vorweggenommenen Ausschüttung von Erträgen handelt, die sonst üblicherweise erst am Ende der Vertragslaufzeit als Ablaufleistung ausbezahlt werden. Die Finanzierung der regelmäßigen Auszahlungen durch Verwertung einer entsprechenden Anzahl von Pool-Anteilen erfordert auch den Hinweis, dass der Erhalt des Kapitalstocks nur dann gewährleistet ist, wenn die nach der Einlösung verbliebenen Pool-Anteile einen Wertzuwachs erzielen, der mindestens dem Wert der eingelösten Pool-Anteile entspricht, anderenfalls sich durch die vorgenommenen Auszahlungen die Kapitalbasis für die zu erzielende Rendite immer weiter schmälert, so dass sich deren Wertverzehr beschleunigt.
49 
3.2 Zwar muss ein Versicherungsinteressent im Grundsatz selbst prüfen und beurteilen, ob er eines Versicherungsschutzes bedarf und ggfs. mit welchem Inhalt und in welchem Umfang. Dieser Grundsatz bedarf im vorliegenden Fall jedoch einer Modifikation:
50 
3.2.1 Die Beklagte ist erst nach der Deregulierung des Versicherungswesens Mitte der 1990er Jahre auf dem deutschen Markt als Wettbewerber mit deutschen Lebensversicherungen in Erscheinungen getreten. Ihr Produkt „Wealthmaster“ unterscheidet sich erheblich von den bis dahin auf dem deutschen Markt angebotenen Lebensversicherungen einschließlich fondsgebundener Lebensversicherungen deutscher Ausprägung. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Abgrenzung der in den „Wealthmaster“-Produkten gebildeten Pools im Verhältnis zu den Fonds deutscher fondsgebundener Lebensversicherungen, sondern auch hinsichtlich der Garantieverzinsung, der die konventionellen deutschen Lebensversicherungen, nicht jedoch die „Wealthmaster“-Produkte der Beklagten unterliegen, und die als Sicherheitsgesichtspunkt in den interessierten Verkehrskreisen weithin bekannt ist. Bereits diese Abweichungen von den auf dem deutschen Markt gängigen und vertrauten Versicherungsprodukten der Wettbewerber machen eine Aufklärung über die anders- und neuartige Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung erforderlich. Eine europarechtswidrige Diskriminierung gegenüber anderen Wettbewerbern ist darin nicht zu erblicken. Die Anforderungen, ein auf einem abgrenzbaren Markt neu angebotenes Versicherungsprodukt mit komplexer, neuartiger Funktionsweise und andersartigen als bis dahin üblichen Risiken klar und verständlich zu beschreiben, würden jeden beliebigen Wettbewerber, der ein solches neues Produkt auf den Markt bringt, in gleicher Weise treffen, gleichgültig, ob es sich um einen in- oder ausländischen Wettbewerber mit oder ohne eigenen Vertrieb handelte. Im Übrigen hält es die Beklagte ersichtlich nicht für europarechtswidrig, die – gemessen an den bisherigen, etablierten Produkten der Wettbewerber – außergewöhnlichen Chancen werbewirksam herauszustellen. Die Darstellung der Risiken ist lediglich die Kehrseite desselben Umstands.
51 
3.2.3 Ob sich der Abschluss der streitgegenständlichen kapitalbildenden Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt, bedarf keiner Klärung. Zwar bezeichnete die Beklagte selbst die von ihr angebotenen Versicherungsverträge als besonders geschützte „Kapitalanlage“, z. B. in ihrer Verbraucherinformation zur „Wealthmaster“-Versicherung im Abschnitt „Pools mit garantiertem Wertzuwachs“ (vgl. Anlage LW 1) oder - in übergroßem Fettdruck - im Prospekt „Pools mit garantiertem Wertzuwachs“ (vgl. Anlage K 6); auch nach den Regeln des Versicherungsvertragsrechts oblag der Beklagten nämlich die Pflicht, den Kläger über die Funktionsweise und Risiken der „Wealthmaster“-Versicherung aufzuklären und zu beraten. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind solche Beratungs- und Aufklärungspflichten dem Versicherungsvertragsrecht, dem die „Wealthmaster“-Versicherung aufgrund der gewählten Anlageform einer kapitalbildenden Lebensversicherung unterfällt, keineswegs fremd.
52 
3.2.3.1 Solche Pflichten des Versicherers bestehen nicht erst seit der – vorliegend nicht anwendbaren – normativen Regelung in § 6 VVG in der seit 1.1.2008 geltenden Fassung. Vielmehr anerkannte die höchstrichterliche Rechtsprechung schon lange Zeit zuvor Beratungs-, Aufklärungs- und Informationspflichten, die über die bloße Unterrichtung des Versicherungsnehmers durch Übergabe einer Verbraucherinformation i. S. v. § 10 a Abs. 1 VAG i. V. m. Anlage Teil D, Abschnitt 1 Nr. 2 a – f in der bis 31.12.1999 geltenden Fassung hinausgehen, sofern der Versicherungsinteressent erkennbar einer solchen Beratung bedürfe (gefestigte Rechtsprechung, z. B., BGH VersR 1992, 217 Tz. 22).
53 
3.2.3.2 Die Annahme solcher Beratungspflichten verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die Niederlassungsfreiheit. Gerade die von der Beklagten gewählte Organisationsform, interessierten Kunden ihre Versicherungsprodukte über ausgewählte Großmakler und deren Untervermittler nahe zu bringen, zeigt, dass es nicht erforderlich ist, einen eigenen Vertrieb zu unterhalten, sondern genügt, sich externer Vertriebspartner zu bedienen. Davon zu trennen ist die anderweitige Problematik, ob sich die Beklagte hierdurch den ihr nach nationalem Recht obliegenden Pflichten entziehen kann. Dies ist zu verneinen. Soweit ersichtlich, sind gegen die oben beschriebenen, im nationalen deutschen Recht entwickelten Aufklärungs-, Beratungs- und Informationspflichten Bedenken wegen ihrer Vereinbarkeit mit europäischem Gemeinschaftsrecht bislang nicht erhoben worden. Der Erwägungsgrund Nr. 19 der bei Abschluss des streitbefangenen Versicherungsvertrags maßgeblichen Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 (Dritte Richtlinie Lebensversicherung) weist ausdrücklich darauf hin, dass die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor sei. Vielmehr sei den Mitgliedstaaten die Möglichkeit belassen, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen. Diese Möglichkeit stelle zugleich eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar.
54 
3.3. Zur Erfüllung dieser Aufklärungs- und Unterrichtungspflichten stand der Beklagten der Weg offen, einen Interessenten durch schriftliches Informationsmaterial aufzuklären, oder durch ein persönliches Gespräch mit Kundenberatern.
55 
3.3.1 Bei einer Aufklärung im erstgenannten Informationsweg hätten die von der Beklagten ausgegebenen Prospekte sowie Informations- und Vertragsunterlagen sachlich richtig, vollständig und verständlich sein sowie ein schlüssiges Gesamtbild der Versicherung geben müssen (vgl. auch BGH NZG 2011, 68-69 [juris Tz. 18]; NJW-RR 2007, 1692-1693 [juris Tz. 9]; 925-927 [Tz. 4]; WM 2005, 833-838 juris Tz. 39]; NJW 2004, 1732-1734 [Tz. 22]). Zur Erfüllung dieser Pflichten genügte es nicht, dem Versicherungsinteressenten schriftliche Unterlagen zu überlassen, aus denen nur der kundige oder bereits problembewusste Interessent auch von sich aus inhaltsgleiche Folgerungen hätte ableiten können (vgl. BGH NJW 1983, 1730-1731 [juris Tz. 12]).
56 
3.3.2 Die im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden schriftlichen Informations- und Vertragsunterlagen (Policenbedingungen in Anlage K 1, die Pool-Informationen in Anlagen K 6 sowie die Verbraucherinformation in Anlage LW 1) der Beklagten genügten diesen Anforderungen nicht. Alle diese Vertragsunterlagen und Informationspapiere sind in den zentral bedeutsamen Punkten unzureichend und nicht geeignet, um einen durchschnittlichen Versicherungsinteressenten wie den Kläger über die ihn – wie jeden anderen potentiellen Versicherungskunden - maßgeblich interessierende Funktionsweise der Versicherung und ihre spezifischen Chancen und Risiken im geschuldeten Umfang aufzuklären. Im einzelnen handelt es sich um folgende Gesichtspunkte:
57 
3.3.2.1 Die Berechnung des Vertragswertes lässt sich weder aus den AGB noch der Verbraucher- oder Poolinformation nachvollziehen. Die maßgeblichen Parameter zur Bemessung des deklarierten Wertzuwachses, des Fälligkeitsbonus und der Marktpreisanpassung sind unbestimmt und für den Versicherungsnehmer nicht transparent. Aus seiner Sicht erscheint die Festlegung dieser Größen zur Bestimmung der vertraglichen Leistung der Beklagten in deren weitgehend freies Ermessen gestellt. Dass die Beklagte staatlicher Versicherungsaufsicht untersteht, hilft dem Versicherungsinteressenten nicht in seinem Bemühen, die Funktionsweise des angebotenen Versicherungsprodukts zu verstehen und auf die Tauglichkeit für seine Bedürfnisse und Anlageziele zu prüfen.
58 
3.3.2.2 Erst nach genauem Studium der Vertragsunterlagen wird klar, dass die Beklagte – was unstreitig ist - tatsächlich nur die Höhe des jeweiligen Anteilspreises und seinen Wertzuwachs auf die Dauer eines Jahres garantiert, nicht jedoch den Vertragswert, der sich aus dem rechnerischen Produkt von Anteilsbestand und Anteilspreis ergibt. Da nach der von der Beklagten praktizierten Methode die Kosten der Vertragsverwaltung zu Lasten des Anteilsbestands verrechnet werden, kann der Anteilsbestand in den Zeiten sinken, in denen die Erträge niedriger als die Kosten sind. Als Folge kann somit der Vertragswert als Produkt von Anteilspreis und Anteilsbestand sinken, obwohl der Anteilspreis im garantierten Umfang gestiegen ist. Im wirtschaftlichen Ergebnis stellen damit die Garantien der Beklagten keineswegs den so „wertvollen“ „Schutz der Kapitalanlage“ dar, wie dies auf Anhieb erscheinen mag, insbesondere garantieren sie keinen Kapitalerhalt. Dies gilt insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und Stagnation, also gerade in den Krisen, in denen der durchschnittliche Versicherungsnehmer besonders auf die Wertgarantie hofft. Auch insoweit fehlt ein deutlicher Hinweis.
59 
3.3.2.3 Darüber hinaus kann bei vorzeitiger Beendigung der Vertragswert um eine nicht näher definierte Marktpreisanpassung gekürzt werden, so dass in diesen Fällen der Kapitalerhalt um so weniger gesichert ist.
60 
3.3.2.4 Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer werden diese Zusammenhänge auch deshalb nicht ohne weiteres deutlich, weil die versprochenen „Garantien“ werbemäßig und schlaglichtartig in den Vordergrund gespielt werden (vgl. z. B. Pool-Information in Anlagen K 6: „Kapitalanlage ohne alle Risiken der Aktienmärkte zu tragen“) und deshalb eine genaue Durchleuchtung dessen, was eigentlich „garantiert“ wird, entbehrlich erscheint. Bereits die Bezeichnung „Pool mit garantiertem Wertzuwachs“ suggeriert, dass nicht nur ein Kapitalerhalt, sondern ein Kapitalzuwachs zugesichert wird. Das dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer alleine durch diesen Begriff vermittelte Gefühl von Sicherheit gibt keinen Anlass, die Versicherungsbedingungen und Verbraucher- sowie Pool-Informationen zu diesem Punkt im Einzelnen durchzuarbeiten. Selbst mit juristischen und wirtschaftlichen Vorkenntnissen ist ein vollständiges Verständnis des gesamten Regelwerks der Beklagten nur mit außerordentlichem Zeitaufwand möglich.
61 
3.3.2.5 Darüber hinaus fehlt es an einer Aufklärung, wie sich nach dem Vertragsverständnis der Beklagten die regelmäßigen Auszahlungen nicht nur unmittelbar auf den Vertragswert, sondern dauerhaft auf die erzielbare Verzinsung und damit den weiteren angestrebten Ertrag der Anlage auswirkt, insbesondere dann, wenn sich in Zeiten unzureichender Erträge die Verzinsungsbasis – u. U. über längere Zeit hinweg - schmälert. Schon die grundsätzlichen Wirkungen einer sich beständig vermindernden Verzinsungsbasis dürften den wenigsten Versicherungsnehmern geläufig sein. Dies gilt erst recht hinsichtlich der finanzmathematisch komplizierten Auswirkungen zeitlich schwankender Renditen bei nominell gleichbleibenden Auszahlungsbeträgen und der rasch zunehmenden Gefahren, die wirtschaftliche Zielsetzung der Anlage endgültig nicht erreichen zu können, wenn gerade in der Anfangsphase der Vertragslaufzeit die Wertzuwächse deutlich hinter den ausgezahlten Werten zurückbleiben. Dass der Kläger im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über hinreichende Kenntnisse verfügte, die finanzmathematischen Zusammenhänge im erforderlichen Maße zu überblicken, ist weder von den Parteien vorgetragen noch sonst ersichtlich.
62 
3.3.2.6 Der Kläger konnte die Auswirkungen unzureichender Renditen auch nicht aus der Musterberechnung in Anl. K 4 entnehmen.
63 
Es bestehen schon aus rechtlichen Erwägungen erhebliche Bedenken, die Informationen, die sich aus dieser Musterberechnung für den Versicherungsinteressenten ergeben, der Beklagten als Erfüllung ihrer Aufklärungspflicht zuzurechnen. Im Versicherungsantrag (Anl. LW 3) weist die Beklagte in Abschnitt „N. Erklärung des Antragstellers“ darauf hin, dass sie „durch Aussagen und Versprechungen Dritter“ „in keiner Weise“ „gebunden“ sei. Der Kläger hatte demnach keinen Anlass, die unstreitig nicht von der Beklagten stammende Musterberechnung heranzuziehen, um die Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung zu verstehen (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 45).
64 
Im Übrigen leistete die Musterberechnung nicht im erforderlichen Maße die notwendige Aufklärung. Zwar stellen die Tabellen „Voraussichtliche Entwicklung der Wealthmaster-Police unter der Annahme verschiedener Wachstumsraten (bei Auszahlung zum Jahresende)“ (S. 8 der Musterberechnung) sowie „Voraussichtliche Entwicklung der Wealthmaster-Police unter der Annahme verschiedener Wachstumsraten (bei Auszahlung zum Jahresende) bei einer Rentenhöhe von 1.500 pro Monat“ (S. 9 der Musterberechnung) dar, wie sich der Vertragswert bei unterschiedlichen Renditesätzen entwickelt. In der jeweils letzten Tabellenzeile sind in Abhängigkeit von den angenommenen Renditesätzen unterschiedliche „monatliche Rente“-Sätze ausgewiesen. Das Risiko des vollständigen Wertverzehrs bei noch niedrigeren Renditesätzen verdeutlichen jedoch beide Tabellen nicht hinreichend, zumal die in der letzten Zeile der Tabelle S. 9 ausgewiesene Monatsrente ausdrücklich als „monatliche Rente ohne Kapitalverzehr ab dem 15. Jahr“ bezeichnet ist. Die Abschätzung, wie sich eine gleichbleibend hohe Rentenzahlung auf den Kapitalwert auswirkt, wenn die Rendite geringer als 5 % wäre, vermag der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne finanzmathematische Kenntnisse nicht vorzunehmen.
65 
Der unter der Tabelle S. 8 der Musterberechnung angebrachte, pauschal gehaltene, relativ klein gedruckte, nicht hervorgehobene und deshalb nicht ins Auge stechende Hinweis, die Rente könne niedriger und das „Wealthmaster“-Depot höher oder tiefer als prognostiziert ausfallen, ist nicht geeignet, die oben beschriebene Problematik zu erläutern und zu verdeutlichen.
66 
3.3.3 Die Beklagte hat ihre Aufklärungspflichten auch nicht durch persönliche Beratung und Aufklärung der Versicherungsinteressenten mittels Kundenberater erfüllt. Einen entsprechenden Beweis konnte sie nicht führen. Vielmehr ist das Gegenteil bewiesen.
67 
3.3.3.1 Die Erfüllung ihrer Aufklärungspflichten auf diesem Wege ist der Beklagten nicht bereits deshalb abgeschnitten, weil sie in der Phase der Anbahnung des Vertrags mit dem Kläger unstreitig keinen eigenen Vertrieb unterhalten hat. Sie bediente sich statt eines eigenen Vertriebs eines gestuften Systems von Maklern, an dessen Spitze Masterdistributoren standen, über die die Vermittlung von Versicherungspolicen an Versicherungsinteressenten erfolgte und gesteuert wurde, ohne selbst mit den Kunden in Kontakt zu treten. Sie hat es damit diesen Vermittlern überlassen, den Versicherungsinteressenten die Angebote der Beklagten nahezubringen, ihnen dabei die notwendigen Auskünfte zum Vertragsinhalt und zum angebotenen Versicherungsprodukt zu geben, auftauchende Fragen hierzu zu beantworten und die Verhandlungen bis zum Abschluss zu führen. In diesem Sinne bezeichnete der Bundesgerichtshof diese Form des Vertriebs zutreffend als „Strukturvertrieb“ (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 51). Folge dieser Art des Vertriebs ist, dass den Vermittlern mit Wissen und Wollen der Beklagten deren Aufgaben, die ihr oblagen, zur Erledigung übertragen wurden. Damit stand der Vermittler F. - unabhängig von seiner etwaigen Selbständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Kläger - im Lager der Beklagten und wurde in deren Pflichtenkreis als ihre Hilfsperson tätig. Seine Aufklärungstätigkeit kann sich die Beklagte als Erfüllung eigener Aufklärungspflichten zurechnen lassen, muss sich jedoch gem. § 278 BGB umgekehrt unzureichende Aufklärung wie eine eigene Pflichtverletzung zurechnen lassen (BGH aaO Tz. 51).
68 
3.3.3.2 Die Vornahme einer solchen Zurechnung verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Ebensowenig, wie die im nationalen Recht verankerten Pflichten der Vertragsparteien nicht die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Beklagten berührt, ist dies bei der vorgenommenen Verhaltenszurechnung der Fall. Wie die Beklagte ihre Pflichten vor Vertragsabschluss erfüllt, steht in ihrem Ermessen. Der von ihr gewählte Weg, sich eines Strukturvertriebs zu bedienen, den sie durch ihre Vereinbarungen mit Masterdistributoren steuert, kann nicht dazu führen, sie von ihren Pflichten zu befreien. Solches verlangt – wie dargestellt – auch nicht das zum Zeitpunkt des Vertragsabschluss geltende europäische Gemeinschaftsrecht.
69 
3.3.3.3 Tatsächlich hat der Versicherungsvermittler R. F. die erforderliche Aufklärung nicht geleistet und die in den schriftlichen Unterlagen vorhandenen Aufklärungsdefizite nicht ausgeglichen.
70 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass weder der Zeuge F. noch der ebenfalls in die Beratung eingebundene, mittlerweile verstorbene Vermittler H. dem Kläger die Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung und die daraus resultierenden Risiken aufgezeigt und nahegebracht haben.
71 
Der Kläger bekundete, „Zahlen“ mit Ausnahme der immer wieder werbewirksam herausgestellten Rendite von 7,8 % seien nicht erörtert worden. Auch die Unterlagen wie Prospekte, Werbebroschüren, Verbraucherinformationen und Policenbedingungen seien nicht durchgesprochen worden. Dies habe ihn auch nicht interessiert; er habe vielmehr dem Vermittler aufgrund seiner Sachkunde in vollem Umfang vertraut. Risiken habe der Vermittler nicht genannt. Die „Rente“ könne zwar möglicherweise auch geringer ausfallen als prognostiziert, was jedoch wegen der hervorragenden Rendite unwahrscheinlich sei. Im Gegenteil sei eine Rente von monatlich 1.000 bis 1.500 DM zu erwarten. Entscheidend sei jedoch gewesen, dass nach den Aussagen des Vermittlers in jedem Falle die Rückzahlung des Darlehens gesichert sei.
72 
Der Zeuge F. bestätigte dies. Er bekundete, er habe sein aus Schulungen gewonnenes Wissen weitergegeben, dass die Beklagte deshalb bessere Renditen als deutsche Wettbewerber erziele, weil sie mehr in Aktien investiere und ihre Versicherungsnehmer – anders als deutsche Versicherer – an den stillen Reserven beteilige. Angesichts der in der Vergangenheit erzielten Renditen von mindestens 12 % sei die den Musterberechnungen zu Grunde gelegte Renditeprognose von lediglich 7,8 % belastbar gewesen. Auch wenn es sich dabei um einen angenommenen Durchschnittswert mit Schwankungsbreiten nach oben und unten gehandelt habe, sei dieser Durchschnittswert gesichert erschienen, weil das Glättungsverfahren eventuelle Rendite-Schwankungen nach unten ausgleichen würde. Der Zeuge betonte weiter, angesichts der hervorragenden Ergebnisse der Vergangenheit habe er die angenommene Rendite von 7,8 % als gesichert angesehen. Er habe bei dem Versicherungsprodukt der Beklagten nach Risiken gesucht, jedoch keine gefunden. Die „Wealthmaster“-Versicherung habe sich als „eierlegende Wollmilchsau“ der Versicherungsprodukte dargestellt.
73 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass beide Auskunftspersonen im Rahmen ihrer Erinnerung an die nahezu 13 Jahre zurückliegenden Geschehnisse die Wahrheit sagten. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge bemühten sich, alle Fragen des Senats und der Prozessbeteiligten zufriedenstellend zu beantworten. Dass beide mit Blick auf vorhandene Erinnerungslücken dennoch immer wieder ihre Angaben relativieren und modifizieren mussten, entspricht der Aussagequalität, die bei einer nur noch schwammigen und getrübten Erinnerung auch und gerade bei einer um Wahrheit bemühten Auskunftsperson erwartet werden kann.
74 
Dennoch verdeutlichte die etwas unbeholfene Aussage des Klägers sehr anschaulich die Umstände, die ihn zu seinem Entschluss veranlasst hatten, sich für die „Lex-Konzept-Rente“ und die „Wealthmaster“-Versicherung zu entscheiden. Er vertraute bedingungslos auf die Sachkunde des Vermittlers F., der ihm die Lebensversicherung der Beklagten als sichere Anlageform mit hoher, zuverlässiger Rendite und daraus folgend auch mit einer als gesichert erscheinenden Rentenzahlung darstellte. Dass die Rente auch geschmälert werden oder gar wegfallen könnte, erschien ihm lediglich als theoretische Annahme möglich, mit der er sich ebenso wenig auseinander gesetzt hatte wie der Vermittler. Der Fall, dass die Beklagte nachhaltig und über längere Dauer nicht in der Lage sein könnte, eine Rendite von 7,8 % zu erwirtschaften, kam beiden nicht in den Sinn und lag außerhalb ihrer Gedankenwelt und Vorstellungskraft.
75 
Die Angaben des Klägers verdeutlichten auch, dass er offenkundig in Kapitalanlage- und Versicherungsdingen unerfahren war und ist und sich mit der Durchdringung der Materie und den erforderlichen Risikoanalysen überfordert fühlte. Dies erklärt einerseits sein geradezu blindes Vertrauen in die Kompetenz scheinbarer Fachleute und sein andererseits festzustellendes mangelndes Interesse, sich die Kenntnisse von der Funktionsweise der Versicherung anhand der Unterlagen selbst zu erarbeiten.
76 
Ein Verzicht auf eine Beratung und Aufklärung lässt sich hieraus nicht ableiten. Vielmehr hätte der Zeuge F. auf die Möglichkeiten des Klägers, sich die Funktionsweise der Versicherung zu erschließen, Bedacht nehmen müssen. Dies ist nicht geschehen. Sowohl aus den Angaben des Klägers als auch des Zeugen lässt sich ersehen, dass der Zeuge F. den Kläger zu keinem der oben in Abschnitt 3.1 dargestellten Gesichtspunkte auch nur annähernd sachgerecht aufgeklärt hat.
77 
Dass der ebenfalls mit der Beratung des Klägers befasste Vermittler H. den Kläger im erforderlichen Umfang aufgeklärt hat, lässt sich weder den Angaben des Klägers noch des Zeugen entnehmen.
78 
3.4 Der Entschluss des Klägers, die „Wealthmaster“-Versicherung bei der Beklagten zu nehmen, beruht auf dieser Aufklärungspflichtverletzung.
79 
3.4.1 Für einen solchen Ursachenzusammenhang spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11, TZ 66m. w. N.). Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die diese Vermutung entkräften könnten. Sie ist nicht als Anscheinsbeweis oder tatsächliche Beweiserleichterung zu verstehen, sondern als echte Beweislastumkehr. Nach der neueren, mittlerweile senatsübergreifenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 8.5.2012, XI ZR 262/10 Tz. 33 sowie Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 66) greift diese Beweislastumkehr auch nicht nur dann ein, wenn hypothetisch die ordnungsgemäße Aufklärung dem Aufgeklärten vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative offen gestanden hätte, also keinen Entscheidungskonflikt eröffnet hätte. Vielmehr greift die Beweislastumkehr bereits dann ein, wenn nur die Verletzung der Aufklärungspflicht feststehe. In der Folge muss derjenige, dem die ordnungsgemäße Aufklärung oblag, nachweisen, dass der nicht ordnungsgemäß Aufgeklärte sich für dieselbe Handlungsalternative entschieden hätte, die er als Folge der Aufklärungspflichtverletzung tatsächlich gewählt hat. Es ist der Beklagten nicht gelungen, solche Umstände nachzuweisen, die eine solche hypothetische gleichgelagerte Entscheidung des Klägers auch nur nahegelegt hätte.
80 
3.4.2 Vielmehr ist der Senat nach der Vernehmung des Klägers als Partei davon überzeugt, dass dieser die Versicherung nicht genommen hätte, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre, mithin die Aufklärungspflichtverletzungen für den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ursächlich waren.
81 
Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck, den der Kläger anlässlich seiner Parteivernehmung hinterlassen hat, keinen Zweifel daran, dass der Kläger an nichts weniger interessiert war als an einer Anlage mit spekulativen Elementen und damit einhergehenden Unsicherheiten. Sicherheit stand für den Kläger nachvollziehbar und glaubwürdig an oberster Stelle. Daraus leitet der Senat ab, dass der Kläger sich nicht für das Anlagekonzept entschieden hätte, wenn er erkannt hätte, dass die „Wealthmaster“-Versicherung als zentrales Element der dauerhaften Wertschöpfung wegen ihrer starken Anbindung an die Aktienmärkte gerade nicht die gewünschte konstante - und vor allem konstant hohe – Rendite zu garantieren vermochte.
82 
3.5 Der Kläger ist aktivlegitimiert, die aus diesen Pflichtverletzungen erwachsenden Ansprüche auf Ersatz des Vertrauensschadens in eigenem Namen geltend zu machen. Der Kläger hat zwar seine Ansprüche an die Landesbank H. umfassend abgetreten, wie aus der Anlage K 14 ersichtlich ist. Diese Abtretungsvereinbarung umfasst jedoch sowohl nach ihrem Wortlaut („Die Abtretung umfasst die gegenwärtigen und künftigen Rechte und Ansprüche aus dem genannten Renten-/Lebensversicherungsvertrag in voller Höhe“) und dem Sicherungszweck nur Primäransprüche, nicht auch Schadensersatzforderungen. Ansprüche „aus einem Vertrag“ sind nicht solche, die darauf gründen, dass ein solcher Vertrag gerade nicht abgeschlossen worden wäre. Soweit Zweifel zu Lasten des Klägers als Verbraucher verblieben, gingen diese zu Lasten des Klausel-Verwenders, der Landesbank H., § 305 c Abs. 2 BGB. Damit ist der Kläger als Zedent von Anfang an selbst Inhaber etwaiger Schadensersatzforderungen geblieben (vgl. BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 286/10, Tz. 15 – 17).
83 
3.6 Durch den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ist dem Kläger der vom Landgericht erkannte Schaden entstanden.
84 
3.6.1 Dieser liegt in der Belastung mit einem für den Kläger nachteiligen Vertrag. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Information eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt. Zwar setzt der auf Rückabwicklung des Vertrages aufgrund einer Verletzung von Aufklärungspflichten gerichtete Schadensersatzanspruch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Vermögensschaden voraus; hierfür genügt aber jeder wirtschaftliche Nachteil, der für den Gläubiger mit dem aufgrund der Aufklärungspflichtverletzung eingegangenen Vertrag verbunden ist, so z.B. die nachhaltige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit. Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH 11.7.2012, IV ZR 164/11, Tz. 64).
85 
3.6.2 Das ist hier der Fall. Der Vertrag ist für den Kläger nachteilig, da er ihn in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit beeinträchtigt. Der Kläger muss die Darlehensverbindlichkeiten, zu deren Eingehung er aufgrund der unzureichend dargestellten Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung veranlasst worden ist, bis Ende Oktober 2013 zurückführen. Hierfür muss er entweder den Verkaufserlös aus dem neben dem Lebensversicherungsvertrag aus Fremd- und Eigenmitteln angesparten Investmentfondsdepot verwenden oder außerplanmäßige Auszahlungen aus dem Lebensversicherungsvertrag beantragen. Ein weiterer wirtschaftlicher Nachteil ergibt sich aus der enttäuschten langfristigen Gewinnerwartung. Der Kläger muss damit rechnen, dass der deklarierte Wertzuwachs deutlich niedriger ausfällt als mit der Musterberechnung in Anl. K 4 auf Basis einer Rendite von 7,8 % prognostiziert. Möglich ist auch, dass ein Fälligkeitsbonus, mit dem die Anleger am Ende der Laufzeit an den gebildeten Reserven teilnehmen können, nicht ausgezahlt werden wird.
86 
3.6.3 Die Höhe des eingetretenen Schadens, definiert als die Vermögenseinbuße, die dem Kläger erspart geblieben wäre, wenn er – verleitet durch die unzulängliche Aufklärung und Beratung der Beklagten – die „Wealthmaster“-Versicherung und die sonstigen Verträge der „Lex-Konzept-Rente“ nicht abgeschlossen hätte, ist in der geltend gemachten Höhe von 24.237,76 EUR nachgewiesen. Mittels der Kontoauszüge im Anlagenkonvolut K 16 sind Zahlungen des Klägers aus eigenen Mitteln auf das Darlehen bei der L. Privat-Bank AG jedenfalls in der geltend gemachten Höhe von 5.608,85 EUR belegt. Mit Bindungswirkung für den Senat hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger darüberhinaus beim Abschluss der Lex-Konzept-Rente Eigenkapital in Höhe von 18.628,91 EUR eingesetzt hat. Diese Beträge greift die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht an.
87 
3.7 Die Beklagte schuldet Ersatz des gesamten Vertrauensschadens, der dem Kläger nicht nur aus dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung, sondern aus der Zeichnung der „Lex-Konzept-Rente“ insgesamt entstanden ist. Der Senat weist damit nicht der Beklagten die Verantwortung für das Anlage-Konzept der Fa. Lex zu; vielmehr umfasst die Haftung für den Vertrauensschaden des Klägers die Rückabwicklung auch der Darlehens- und Avalverträge mit den kreditierenden bzw. sichernden Bankinstituten sowie der Beteiligung an Investmentfonds deshalb, weil diese Geschäfte untrennbar mit dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung verbunden waren. Die vermeintlich renditestarke Lebensversicherung war das Kernstück des gesamten Anlagekonzepts. Nur um auf die Renditestärke der „Wealthmaster“-Versicherung zugreifen zu können, ging der Kläger die Kreditverbindlichkeiten ein. Die Beteiligung an Investmentfonds diente lediglich als Tilgungsinstrument für die Darlehensverbindlichkeiten. Plangemäß sollte nach deren Ablösung die wahre Gewinnzone des gesamten Anlagemodells erreicht werden, die alleine durch die Rendite der Lebensversicherung bestimmt würde. Dies rechtfertigte auch die Auslegung des Anlagemodells als „Altersvorsorge“ und als „Rente“, die allein aufgrund der langen Laufzeit der Lebensversicherung mutmaßlich über die Lebenszeit des Klägers hinausweisen würde.
88 
Demzufolge erfasst die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung der Lebensversicherung notwendigerweise auch die Begleitgeschäfte, die für den Abschluss der Lebensversicherung unerlässlich waren.
89 
3.8 Steuervorteile muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen, weil der erstrebte Schadensersatzbetrag der Besteuerung unterliegt. Damit werden die in der Vergangenheit erlangten Steuervorteile in solchem Maße kompensiert, dass eine Vorteilsausgleichung der bislang erzielten Steuervorteile nicht angemessen erscheint.
90 
3.9 Die Ansprüche des Klägers auf Ersatz seines Vertrauensschadens sind nicht verjährt.
91 
3.9.1 Verjährung gem. § 195, 199 Abs. 1 BGB ist nicht eingetreten. Obwohl der Schaden bereits durch den Vertragsabschluss entstanden ist, also vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, bemisst sich die Verjährung nach dem seit 1.1.2002 geltenden Recht. Ansprüche aus c.i.c. verjährten nämlich bis zum 31.12.2001 in Ermangelung abweichender gesetzlicher Regelungen nach der damaligen Regelverjährung von 30 Jahren. Da die nunmehr unter §§ 280 Abs.1, 311 Abs. 2 BGB kodifizierten Schadensersatzansprüche aus Pflichtverletzungen bei Vertragsanbahnung, die lediglich das bisherige Richterrecht zur c.i.c in Gesetzesform gegossen haben, der neuen Regelverjährung gem. § 195 BGB mit einer Dauer von lediglich 3 Jahren unterliegen, ist diese kürzer als die alte Verjährungsfrist. Gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 EGBGB ist demnach das ab 1.1.2008 geltende Verjährungsrecht mit der kürzeren Regelverjährungsfrist anzuwenden.
92 
3.9.2 Der Senat kann nicht feststellen, dass der Kläger vor dem Jahr 2008 Kenntnis von den dargestellten Verletzungen der Aufklärungs- und Informationspflichten erlangt hat oder aus grober Fahrlässigkeit nicht erlangt hat, wie dies für das Anlaufen der Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlich wäre.
93 
Die unzureichende Renditeentwicklung begründet noch kein ausreichendes Indiz dafür, dass die Beklagte und ihre Hilfspersonen sämtliche oben bezeichneten Aufklärungspflichten verletzt. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 29.10.2010 selbst darauf hinweist, der Fehlschlag des Anlagekonzepts könne noch gar nicht abschließend beurteilt werden, weil die „Wealthmaster“-Versicherung sich noch derart renditestark entwickeln könne, dass sämtliche Anlageziele noch erreicht werden könnten (vgl. Bl. 66 d. A.). Vor diesem Hintergrund mutet der Vortrag seltsam an, der Kläger habe sich mindestens grob fahrlässig der gegenteiligen Erkenntnis verschlossen.
94 
3.10 Im Wege des auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzes hat die Beklagte den Kläger auch von seinen Darlehensverbindlichkeiten freizustellen. Im Gegenzug muss der Kläger die erlangten Vorteile (Vertragswert der „Wealthmaster“-Versicherung sowie das Wertpapier-Depot) an die Beklagte herausgeben, was der Kläger bei seiner Antragstellung berücksichtigt hat.
95 
3.11 Die Beklagte schuldet unter Schadensersatzgesichtspunkten auch die Erstattung der aufgewendeten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in geltend gemachter Höhe.
96 
4. Damit hat die Berufung des Klägers in vollem Umfang Erfolg. Da der vom Landgericht zuerkannte Erfüllungsanspruch nur für den Fall geltend gemacht ist, dass dem Schadensersatzbegehren kein Erfolg beschieden ist, führt der Erfolg der klägerischen Berufung auch insoweit zur Abänderung, als die Verurteilung entsprechend dem Hilfsbegehren ersatzlos entfällt. Damit ist zugleich auch das Berufungsbegehren der Beklagten erledigt, ohne dass es einer Erledigungserklärung bedürfte.
97 
5. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen. Der klägerische Hauptantrag war bereits im ersten Rechtszug begründet, was der Berufung des Klägers zum Erfolg verhilft. Die Berufung der Beklagten hat hingegen keinen Erfolg. Mit der Abänderung des angefochtenen Urteils ist nicht die Feststellung verbunden, dass der vom Landgericht festgestellte Anspruch nicht bestehe.
98 
6. Die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
99 
7. Ein Bedürfnis zur Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 11.7.2012 (Leitentscheidung IV ZR 164/11) hinreichend geklärt. Die Sache hat daher keine grundsätzliche Bedeutung mehr, das Recht ist in den entscheidenden Fragen bereits fortgebildet. Die vorliegende Entscheidung weicht von den rechtlichen Obersätzen des Bundesgerichtshofs nicht ab, so dass auch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht berührt ist.
15
a) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, der geltend gemachte Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen werde von der Sicherungsabtretung der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag an die Kreditgeberin nicht erfasst. Diese Auslegung der Abtretungsvereinbarung ist nicht zu beanstanden.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/11) abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 6.8.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247… und Kreditnr. 247… freizustellen.

3. Die Verurteilung zu Ziffer 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus der mit der Beklagten bestehenden Versicherung Policennr. 501 … sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 … der F. Bank GmbH.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers wegen des Zahlungstitels durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Geldbetrags, wegen der Freistellung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung des Zahlungstitels Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Geldbetrags oder vor Vollstreckung des Freistellungstitels Sicherheit in Höhe von 220.000 EUR geleistet hat.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert:

1. Berufung des Klägers:

        

   Zahlungsantrag:

24.237,76 EUR

   Freistellungsantrag:

194.866,11 EUR

2. Berufung der Beklagten:     

25.557,83 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz seines Vertrauensschadens wegen der angeblichen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss der 45 Jahre laufenden, anteilsgebundenen „Wealthmaster“-Lebensversicherung Nr. 501 …, die er gegen Zahlung einer kreditfinanzierten Einmalprämie in Höhe von 254.747 DM bei der Beklagten genommen hat. Seinen Schaden beziffert er mit 24.237,76 EUR zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe. Darüber hinaus begehrt er die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten, die er zur Finanzierung der Einmalprämie für die „Wealthmaster“-Versicherung eingegangen ist, schließlich Ersatz vorgerichtlich aufgewandter Anwaltskosten in Höhe von 4.994,19 EUR zuzüglich Prozesszinsen.
Die „Wealthmaster“-Versicherung ist eingebunden in ein umfassenderes Anlagekonzept namens „Lex-Konzept-Rente“, wegen dessen Einzelheiten auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen wird. Zur Sicherung des Darlehens hat der Kläger seine Rechte aus der „Wealthmaster“-Versicherung und an dem entsprechend dem Anlagekonzept unterhaltenen Wertpapierdepot an die kreditierende Bank abgetreten bzw. verpfändet. Er bietet an, seine Ansprüche auf Rückgewähr der gegebenen Sicherheiten an die Beklagte Zug um Zug gegen die begehrte Schadensersatzzahlung sowie die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten zu übertragen.
Mit Schriftsatz vom 25.8.2011 begehrte er klageerweiternd hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, im Zeitraum von 21.3.2000 bis 21.12.2044 regelmäßige Auszahlungen in Höhe von vierteljährlich 3.915 DM (= 2001,71 EUR) mit einer jährlichen Erhöhung von 1 % vorzunehmen, wie sie unstreitig in dem bezeichneten Versicherungsschein aufgeführt sind. Zu ergänzen ist, dass der Kläger diese regelmäßigen Auszahlungen bereits im Versicherungsantrag (Anlage LW 3) beantragt hat.
Der Kläger erhob im ersten Rechtszug den Vorwurf, er sei weder durch die Beklagte selbst noch durch den Vermittler ordnungsgemäß aufgeklärt und beraten worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Da die Beklagte unstreitig keine eigene Vertriebsorganisation unterhielt, sondern sich für den Vertrieb ihrer "Wealthmaster"-Versicherungen sogenannter "Masterdistributoren", vorliegend der Fa. Lex Vermögensverwaltung AG, und deren Untervermittler, vorliegend des Streitverkündeten und Zeugen R. F., bediente, müsse sich die Beklagte – so meint der Kläger - auch Pflichtverletzungen des Untervermittlers zurechnen lassen. Er behauptet, bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die maßgeblichen Umstände hätte er die Lex-Konzept-Rente unter Einbindung der „Wealthmaster“-Versicherung nicht ins Auge gefasst. Er wolle deshalb so gestellt werden, als hätte er die „Wealthmaster“-Versicherung nicht genommen und die „Lex-Konzept-Rente“ nicht gezeichnet.
Die Beklagte trat dem allem entgegen und berief sich ergänzend darauf, die geltend gemachten Forderungen seien jedenfalls verjährt.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens im Einzelnen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte entsprechend dem klägerischen Hilfsantrag verurteilt, die im Versicherungsschein ausgewiesenen regelmäßigen Auszahlungen ohne Rücksicht auf den Vertragswert der „Wealthmaster“-Versicherung vorzunehmen, im Übrigen die Klage jedoch abgewiesen. Es stützte sich im Wesentlichen auf die damalige Auffassung des Senats, die bestehenden unbedingten und vorbehaltlosen Erfüllungsansprüche stünden einem Schadenseintritt entgegen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen, die das Landgericht getroffen hat, sowie seiner rechtlichen Erwägungen im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Unter Bezugnahme auf ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen und dessen Vertiefung greift die Beklagte das landgerichtliche Urteil wie folgt an:
1. Das Urteil beruhe auf einer fehlerhaften Tatsachengrundlage, indem das Landgericht fälschlich feststellte, der von der Beklagten erwirtschaftete Ertrag führe zur Zuteilung weiterer Pool-Anteile; in Wahrheit erfolge die wirtschaftliche Beteiligung der Versicherungsnehmer durch eine Werterhöhung der vorhandenen Pool-Anteile.
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2. Das Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern, nämlich
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- einer unvollständigen Beweiserhebung, indem das Landgericht tatsächliche Feststellungen zum Themenkomplex der angeblich garantierten Auszahlungen getroffen habe, obwohl es den Zeugen F. hierzu nicht befragt habe.
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- der Zulassung der Klageerweiterung um den nachträglich gestellten klägerischen Hilfsantrag, obwohl diese weder sachdienlich gewesen sei noch die Beklagte die erforderliche Einwilligung erteilt habe,
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- der Zulassung des klägerischen Hilfsantrags, obwohl dieser unzulässig gewesen sei, weil er weder hinreichend bestimmt sei noch dem Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse sowie die notwendige Aktivlegitimation zur Seite stehe.
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3. Das Landgericht habe das materielle Recht falsch angewandt, indem es
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- zu Unrecht einen individuell vereinbarten Anspruch auf Vornahme der „regelmäßigen Auszahlungen“ ohne Rücksicht auf den Vertragswert erkannt habe, obwohl sich aus den klaren und eindeutigen Versicherungsbedingungen anderes ergebe und die Parteien keine abweichende Individualvereinbarung getroffen hätten,
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- nicht berücksichtigt habe, dass die regelmäßigen Auszahlungen in der Vergangenheit im beantragten Umfang erbracht worden seien.
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Alle diese Fehler hätten sich in einer falschen Sachentscheidung niedergeschlagen.
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4. Vorsorglich weist die Beklagte darauf hin, dem Kläger stünde auch kein Schadensersatzanspruch auf Ersatz des negativen Interesses zu, wie mit dem Hauptantrag geltend gemacht.
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- Die Klägerin habe nicht die vom Landgericht angeführten Pflichten zur Aufklärung des Klägers gehabt, habe diese also auch nicht verletzen können.
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- Aufklärungs- und Beratungspflichten der Beklagten seien nach den Vorschriften des § 10 a VAG a. F. zu bemessen, die die Beklagte erfüllt habe. Weitergehende Aufklärungspflichten hätten nicht bestanden, insbesondere nicht hinsichtlich der Risiken der Fremdfinanzierung sowie der Lex-Konzept-Rente.
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- Keinesfalls müsse sich die Beklagte etwaige Pflichtverletzungen des Versicherungsvermittlers zurechnen lassen.
22 
- Die angeblichen Pflichtverletzungen seien auch nicht kausal geworden für die Entscheidung des Klägers, die „Wealthmaster“-Versicherung bei der Beklagten zu nehmen.
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- Schließlich sei dem Kläger auch kein Schaden entstanden. Zu ersetzen seien nur die Schäden, die in dem Bereich liegen, der durch die angeblich verletzten Aufklärungspflichten geschützt werden solle. Soweit der Kläger mangelhafte Aufklärung über das Glättungsverfahren und die „Pool-übergreifende Reservenbildung“ geltend mache, sei ein Schadenseintritt nicht ersichtlich. Eine angeblich fehlerhafte Aufklärung über die erzielbaren Renditen könne nur zur Verpflichtung führen, die Differenz zwischen der in Aussicht gestellten und der tatsächlich erwirtschafteten Rendite zu erstatten.
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- Im Übrigen müsse die Beklagte keinesfalls für das Scheitern des Anlagekonzepts „Lex-Konzept-Rente“ einstehen. Eine solche Haftung setze die Schadensberechnung des Klägers jedoch stillschweigend voraus.
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- Jedenfalls wäre ein etwaiger Schadensersatzanspruch bereits verjährt.
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5. Der Fall könne nicht nach den Grundsätzen beurteilt werden, die der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.7.2012 in dem Verfahren IV ZR 164/11 entwickelt habe. Zu Unrecht habe er die im Kapitalanlagerecht entwickelten Grundsätze über Aufklärung und Beratung des Anlegers und die Zurechnung von Gehilfen-Handeln entsprechend angewandt. Er weiche damit nicht nur von seiner bisherigen, gefestigten Rechtsprechung ab, sondern verkenne dabei auch die grundsätzlichen Unterschiede zum Versicherungsrecht. Zu dessen Grundsätzen gehöre es, dass das Handeln von Versicherungsmaklern, wie sie vorliegend im Lager der Klägerin tätig geworden seien, nicht dem Versicherer zuzurechnen sei. Die Beklagte vertreibe ihre Produkte auch nicht über einen „Struktur-Vertrieb“. Schließlich verstoße die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Zurechnung des Makler-Handelns gegen höherrangiges Europarecht, insbesondere die „Vermittlerrichtlinie“ des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.12.2002.
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Auch die vom BGH begründeten Aufklärungs- und Beratungspflichten verstießen gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Die Informationspflichten eines Versicherers seien durch EU-Richtlinien abschließend geregelt, die durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21.7.1994 umgesetzt worden seien. Mit dessen Vorgaben seien Verpflichtungen unvereinbar, „über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für den Anlageentschluss von besonderer Bedeutung seien“. Ein im Vergleich zu deutschen Versicherern angeblich höherer Aufklärungs-und Beratungsbedarf diskriminiere die Beklagte unzulässig.
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Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die oben genannte Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs den Tatsacheninstanzen keine Vorgaben zur Bestimmung des angeblich eingetretenen Schadens mache. Tatsächlich sei dem Kläger aus dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung kein Schaden entstanden.
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Die Beklagte beantragt,
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1. unter Aufhebung – hilfsweise Abänderung - des am 27.9.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Ravensburg (AZ 1 O 113/10) die Klage abzuweisen,
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2. hilfsweise
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unter Aufhebung – hilfsweise Abänderung - des am 27.9.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Ravensburg (AZ 1 O 113/10) das Verfahren an das Landgericht Ravensburg zurückzuverweisen.
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Der Kläger beantragt:
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Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/10) wird abgeändert:
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247… und Kreditnr. 247… freizustellen.
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Die Verurteilung zu Ziffer 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus dem mit der Beklagten bestehenden Versicherung, Policennr. 501 … sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 … F. Bank GmbH.
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hilfsweise
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen rügt der Kläger, das Landgericht habe zwar richtig erkannt, dass der Kläger Anspruch auf vorbehaltlose Erfüllung des im Versicherungsschein ausgewiesenen Auszahlungsplans habe; zu Unrecht habe das Landgericht jedoch angenommen, dass dieser Umstand einem Schadensersatzanspruch entgegenstehe. Er verfolge daher seinen erstinstanzlich vorrangig geltend gemachten Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens weiter. Der Anspruch auf Erfüllung des Auszahlungsplans bleibe auch im Berufungsrechtszug nur nachrangiges Ziel.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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und nimmt zur Begründung auf ihr gesamtes bisheriges Vorbringen Bezug.
II.
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1. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch diejenige des Klägers ist zulässig.
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2. Die im ersten Rechtszug vorgenommene und im Berufungsrechtszug aufrecht erhaltene Rangfolge, in der das klägerische Begehren einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden soll, erfordert vorrangig die Prüfung der klägerischen Berufung. Da diese Erfolg hat, ist das angefochtene Urteil abzuändern nach den erstinstanzlichen, im Berufungsverfahren erneut gestellten Anträgen des Klägers. Die Berufung der Beklagten bleibt damit zwangsläufig ohne Erfolg.
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3. Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Vertrauensschadens. Er ist vermögensmäßig so zu stellen, als hätte er im Rahmen der „Lex-Konzept-Rente“ keinen „Wealthmaster“-Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen.
47 
Die Beklagte hat den Kläger nicht ausreichend über die Funktionsweise und die dadurch begründeten Risiken ihrer „Wealthmaster“-Versicherung aufgeklärt und damit ihr obliegende Pflichten aus dem während der Vertragsanbahnung bestehenden Schuldverhältnis (c.i.c.) verletzt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vertragsanbahnung mit anschließendem Vertragsabschluss war das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz noch nicht in Kraft getreten; für die Beurteilung des in der Vergangenheit vollständig abgeschlossenen Lebenssachverhalts der Vertragsanbahnung verbleibt es deshalb bei der Anwendbarkeit des zu jenem Zeitpunkt geltenden Rechts, mithin bei den richterrechtlich entwickelten Grundsätzen des „Verschuldens bei Vertragsschluss“.
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3.1 Das Versicherungsprodukt „Wealthmaster“ ist so komplex gestaltet, dass es eingehender Erläuterung und Aufklärung bedarf, damit der angesprochene Kundenkreis seine Funktionsweise versteht. Dies gilt nicht nur für das Glättungsverfahren und die Pool-Verwaltung einschließlich der Reservenbildung, das Zusammenspiel von garantiertem Wertzuwachs und Fälligkeitsbonus bzw. Marktpreisanpassung, sondern insbesondere auch für das richtige Verständnis der in Aussicht gestellten Renditen. Bei der Vornahme regelmäßiger Auszahlungen bedarf es auch der Aufklärung darüber, dass diese durch Einlösung von Pool-Anteilen finanziert werden, es sich also nicht um eine besondere Versicherungsleistung in Form einer vorweggenommenen Ausschüttung von Erträgen handelt, die sonst üblicherweise erst am Ende der Vertragslaufzeit als Ablaufleistung ausbezahlt werden. Die Finanzierung der regelmäßigen Auszahlungen durch Verwertung einer entsprechenden Anzahl von Pool-Anteilen erfordert auch den Hinweis, dass der Erhalt des Kapitalstocks nur dann gewährleistet ist, wenn die nach der Einlösung verbliebenen Pool-Anteile einen Wertzuwachs erzielen, der mindestens dem Wert der eingelösten Pool-Anteile entspricht, anderenfalls sich durch die vorgenommenen Auszahlungen die Kapitalbasis für die zu erzielende Rendite immer weiter schmälert, so dass sich deren Wertverzehr beschleunigt.
49 
3.2 Zwar muss ein Versicherungsinteressent im Grundsatz selbst prüfen und beurteilen, ob er eines Versicherungsschutzes bedarf und ggfs. mit welchem Inhalt und in welchem Umfang. Dieser Grundsatz bedarf im vorliegenden Fall jedoch einer Modifikation:
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3.2.1 Die Beklagte ist erst nach der Deregulierung des Versicherungswesens Mitte der 1990er Jahre auf dem deutschen Markt als Wettbewerber mit deutschen Lebensversicherungen in Erscheinungen getreten. Ihr Produkt „Wealthmaster“ unterscheidet sich erheblich von den bis dahin auf dem deutschen Markt angebotenen Lebensversicherungen einschließlich fondsgebundener Lebensversicherungen deutscher Ausprägung. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Abgrenzung der in den „Wealthmaster“-Produkten gebildeten Pools im Verhältnis zu den Fonds deutscher fondsgebundener Lebensversicherungen, sondern auch hinsichtlich der Garantieverzinsung, der die konventionellen deutschen Lebensversicherungen, nicht jedoch die „Wealthmaster“-Produkte der Beklagten unterliegen, und die als Sicherheitsgesichtspunkt in den interessierten Verkehrskreisen weithin bekannt ist. Bereits diese Abweichungen von den auf dem deutschen Markt gängigen und vertrauten Versicherungsprodukten der Wettbewerber machen eine Aufklärung über die anders- und neuartige Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung erforderlich. Eine europarechtswidrige Diskriminierung gegenüber anderen Wettbewerbern ist darin nicht zu erblicken. Die Anforderungen, ein auf einem abgrenzbaren Markt neu angebotenes Versicherungsprodukt mit komplexer, neuartiger Funktionsweise und andersartigen als bis dahin üblichen Risiken klar und verständlich zu beschreiben, würden jeden beliebigen Wettbewerber, der ein solches neues Produkt auf den Markt bringt, in gleicher Weise treffen, gleichgültig, ob es sich um einen in- oder ausländischen Wettbewerber mit oder ohne eigenen Vertrieb handelte. Im Übrigen hält es die Beklagte ersichtlich nicht für europarechtswidrig, die – gemessen an den bisherigen, etablierten Produkten der Wettbewerber – außergewöhnlichen Chancen werbewirksam herauszustellen. Die Darstellung der Risiken ist lediglich die Kehrseite desselben Umstands.
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3.2.3 Ob sich der Abschluss der streitgegenständlichen kapitalbildenden Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt, bedarf keiner Klärung. Zwar bezeichnete die Beklagte selbst die von ihr angebotenen Versicherungsverträge als besonders geschützte „Kapitalanlage“, z. B. in ihrer Verbraucherinformation zur „Wealthmaster“-Versicherung im Abschnitt „Pools mit garantiertem Wertzuwachs“ (vgl. Anlage LW 1) oder - in übergroßem Fettdruck - im Prospekt „Pools mit garantiertem Wertzuwachs“ (vgl. Anlage K 6); auch nach den Regeln des Versicherungsvertragsrechts oblag der Beklagten nämlich die Pflicht, den Kläger über die Funktionsweise und Risiken der „Wealthmaster“-Versicherung aufzuklären und zu beraten. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind solche Beratungs- und Aufklärungspflichten dem Versicherungsvertragsrecht, dem die „Wealthmaster“-Versicherung aufgrund der gewählten Anlageform einer kapitalbildenden Lebensversicherung unterfällt, keineswegs fremd.
52 
3.2.3.1 Solche Pflichten des Versicherers bestehen nicht erst seit der – vorliegend nicht anwendbaren – normativen Regelung in § 6 VVG in der seit 1.1.2008 geltenden Fassung. Vielmehr anerkannte die höchstrichterliche Rechtsprechung schon lange Zeit zuvor Beratungs-, Aufklärungs- und Informationspflichten, die über die bloße Unterrichtung des Versicherungsnehmers durch Übergabe einer Verbraucherinformation i. S. v. § 10 a Abs. 1 VAG i. V. m. Anlage Teil D, Abschnitt 1 Nr. 2 a – f in der bis 31.12.1999 geltenden Fassung hinausgehen, sofern der Versicherungsinteressent erkennbar einer solchen Beratung bedürfe (gefestigte Rechtsprechung, z. B., BGH VersR 1992, 217 Tz. 22).
53 
3.2.3.2 Die Annahme solcher Beratungspflichten verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die Niederlassungsfreiheit. Gerade die von der Beklagten gewählte Organisationsform, interessierten Kunden ihre Versicherungsprodukte über ausgewählte Großmakler und deren Untervermittler nahe zu bringen, zeigt, dass es nicht erforderlich ist, einen eigenen Vertrieb zu unterhalten, sondern genügt, sich externer Vertriebspartner zu bedienen. Davon zu trennen ist die anderweitige Problematik, ob sich die Beklagte hierdurch den ihr nach nationalem Recht obliegenden Pflichten entziehen kann. Dies ist zu verneinen. Soweit ersichtlich, sind gegen die oben beschriebenen, im nationalen deutschen Recht entwickelten Aufklärungs-, Beratungs- und Informationspflichten Bedenken wegen ihrer Vereinbarkeit mit europäischem Gemeinschaftsrecht bislang nicht erhoben worden. Der Erwägungsgrund Nr. 19 der bei Abschluss des streitbefangenen Versicherungsvertrags maßgeblichen Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 (Dritte Richtlinie Lebensversicherung) weist ausdrücklich darauf hin, dass die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor sei. Vielmehr sei den Mitgliedstaaten die Möglichkeit belassen, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen. Diese Möglichkeit stelle zugleich eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar.
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3.3. Zur Erfüllung dieser Aufklärungs- und Unterrichtungspflichten stand der Beklagten der Weg offen, einen Interessenten durch schriftliches Informationsmaterial aufzuklären, oder durch ein persönliches Gespräch mit Kundenberatern.
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3.3.1 Bei einer Aufklärung im erstgenannten Informationsweg hätten die von der Beklagten ausgegebenen Prospekte sowie Informations- und Vertragsunterlagen sachlich richtig, vollständig und verständlich sein sowie ein schlüssiges Gesamtbild der Versicherung geben müssen (vgl. auch BGH NZG 2011, 68-69 [juris Tz. 18]; NJW-RR 2007, 1692-1693 [juris Tz. 9]; 925-927 [Tz. 4]; WM 2005, 833-838 juris Tz. 39]; NJW 2004, 1732-1734 [Tz. 22]). Zur Erfüllung dieser Pflichten genügte es nicht, dem Versicherungsinteressenten schriftliche Unterlagen zu überlassen, aus denen nur der kundige oder bereits problembewusste Interessent auch von sich aus inhaltsgleiche Folgerungen hätte ableiten können (vgl. BGH NJW 1983, 1730-1731 [juris Tz. 12]).
56 
3.3.2 Die im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden schriftlichen Informations- und Vertragsunterlagen (Policenbedingungen in Anlage K 1, die Pool-Informationen in Anlagen K 6 sowie die Verbraucherinformation in Anlage LW 1) der Beklagten genügten diesen Anforderungen nicht. Alle diese Vertragsunterlagen und Informationspapiere sind in den zentral bedeutsamen Punkten unzureichend und nicht geeignet, um einen durchschnittlichen Versicherungsinteressenten wie den Kläger über die ihn – wie jeden anderen potentiellen Versicherungskunden - maßgeblich interessierende Funktionsweise der Versicherung und ihre spezifischen Chancen und Risiken im geschuldeten Umfang aufzuklären. Im einzelnen handelt es sich um folgende Gesichtspunkte:
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3.3.2.1 Die Berechnung des Vertragswertes lässt sich weder aus den AGB noch der Verbraucher- oder Poolinformation nachvollziehen. Die maßgeblichen Parameter zur Bemessung des deklarierten Wertzuwachses, des Fälligkeitsbonus und der Marktpreisanpassung sind unbestimmt und für den Versicherungsnehmer nicht transparent. Aus seiner Sicht erscheint die Festlegung dieser Größen zur Bestimmung der vertraglichen Leistung der Beklagten in deren weitgehend freies Ermessen gestellt. Dass die Beklagte staatlicher Versicherungsaufsicht untersteht, hilft dem Versicherungsinteressenten nicht in seinem Bemühen, die Funktionsweise des angebotenen Versicherungsprodukts zu verstehen und auf die Tauglichkeit für seine Bedürfnisse und Anlageziele zu prüfen.
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3.3.2.2 Erst nach genauem Studium der Vertragsunterlagen wird klar, dass die Beklagte – was unstreitig ist - tatsächlich nur die Höhe des jeweiligen Anteilspreises und seinen Wertzuwachs auf die Dauer eines Jahres garantiert, nicht jedoch den Vertragswert, der sich aus dem rechnerischen Produkt von Anteilsbestand und Anteilspreis ergibt. Da nach der von der Beklagten praktizierten Methode die Kosten der Vertragsverwaltung zu Lasten des Anteilsbestands verrechnet werden, kann der Anteilsbestand in den Zeiten sinken, in denen die Erträge niedriger als die Kosten sind. Als Folge kann somit der Vertragswert als Produkt von Anteilspreis und Anteilsbestand sinken, obwohl der Anteilspreis im garantierten Umfang gestiegen ist. Im wirtschaftlichen Ergebnis stellen damit die Garantien der Beklagten keineswegs den so „wertvollen“ „Schutz der Kapitalanlage“ dar, wie dies auf Anhieb erscheinen mag, insbesondere garantieren sie keinen Kapitalerhalt. Dies gilt insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und Stagnation, also gerade in den Krisen, in denen der durchschnittliche Versicherungsnehmer besonders auf die Wertgarantie hofft. Auch insoweit fehlt ein deutlicher Hinweis.
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3.3.2.3 Darüber hinaus kann bei vorzeitiger Beendigung der Vertragswert um eine nicht näher definierte Marktpreisanpassung gekürzt werden, so dass in diesen Fällen der Kapitalerhalt um so weniger gesichert ist.
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3.3.2.4 Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer werden diese Zusammenhänge auch deshalb nicht ohne weiteres deutlich, weil die versprochenen „Garantien“ werbemäßig und schlaglichtartig in den Vordergrund gespielt werden (vgl. z. B. Pool-Information in Anlagen K 6: „Kapitalanlage ohne alle Risiken der Aktienmärkte zu tragen“) und deshalb eine genaue Durchleuchtung dessen, was eigentlich „garantiert“ wird, entbehrlich erscheint. Bereits die Bezeichnung „Pool mit garantiertem Wertzuwachs“ suggeriert, dass nicht nur ein Kapitalerhalt, sondern ein Kapitalzuwachs zugesichert wird. Das dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer alleine durch diesen Begriff vermittelte Gefühl von Sicherheit gibt keinen Anlass, die Versicherungsbedingungen und Verbraucher- sowie Pool-Informationen zu diesem Punkt im Einzelnen durchzuarbeiten. Selbst mit juristischen und wirtschaftlichen Vorkenntnissen ist ein vollständiges Verständnis des gesamten Regelwerks der Beklagten nur mit außerordentlichem Zeitaufwand möglich.
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3.3.2.5 Darüber hinaus fehlt es an einer Aufklärung, wie sich nach dem Vertragsverständnis der Beklagten die regelmäßigen Auszahlungen nicht nur unmittelbar auf den Vertragswert, sondern dauerhaft auf die erzielbare Verzinsung und damit den weiteren angestrebten Ertrag der Anlage auswirkt, insbesondere dann, wenn sich in Zeiten unzureichender Erträge die Verzinsungsbasis – u. U. über längere Zeit hinweg - schmälert. Schon die grundsätzlichen Wirkungen einer sich beständig vermindernden Verzinsungsbasis dürften den wenigsten Versicherungsnehmern geläufig sein. Dies gilt erst recht hinsichtlich der finanzmathematisch komplizierten Auswirkungen zeitlich schwankender Renditen bei nominell gleichbleibenden Auszahlungsbeträgen und der rasch zunehmenden Gefahren, die wirtschaftliche Zielsetzung der Anlage endgültig nicht erreichen zu können, wenn gerade in der Anfangsphase der Vertragslaufzeit die Wertzuwächse deutlich hinter den ausgezahlten Werten zurückbleiben. Dass der Kläger im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über hinreichende Kenntnisse verfügte, die finanzmathematischen Zusammenhänge im erforderlichen Maße zu überblicken, ist weder von den Parteien vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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3.3.2.6 Der Kläger konnte die Auswirkungen unzureichender Renditen auch nicht aus der Musterberechnung in Anl. K 4 entnehmen.
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Es bestehen schon aus rechtlichen Erwägungen erhebliche Bedenken, die Informationen, die sich aus dieser Musterberechnung für den Versicherungsinteressenten ergeben, der Beklagten als Erfüllung ihrer Aufklärungspflicht zuzurechnen. Im Versicherungsantrag (Anl. LW 3) weist die Beklagte in Abschnitt „N. Erklärung des Antragstellers“ darauf hin, dass sie „durch Aussagen und Versprechungen Dritter“ „in keiner Weise“ „gebunden“ sei. Der Kläger hatte demnach keinen Anlass, die unstreitig nicht von der Beklagten stammende Musterberechnung heranzuziehen, um die Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung zu verstehen (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 45).
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Im Übrigen leistete die Musterberechnung nicht im erforderlichen Maße die notwendige Aufklärung. Zwar stellen die Tabellen „Voraussichtliche Entwicklung der Wealthmaster-Police unter der Annahme verschiedener Wachstumsraten (bei Auszahlung zum Jahresende)“ (S. 8 der Musterberechnung) sowie „Voraussichtliche Entwicklung der Wealthmaster-Police unter der Annahme verschiedener Wachstumsraten (bei Auszahlung zum Jahresende) bei einer Rentenhöhe von 1.500 pro Monat“ (S. 9 der Musterberechnung) dar, wie sich der Vertragswert bei unterschiedlichen Renditesätzen entwickelt. In der jeweils letzten Tabellenzeile sind in Abhängigkeit von den angenommenen Renditesätzen unterschiedliche „monatliche Rente“-Sätze ausgewiesen. Das Risiko des vollständigen Wertverzehrs bei noch niedrigeren Renditesätzen verdeutlichen jedoch beide Tabellen nicht hinreichend, zumal die in der letzten Zeile der Tabelle S. 9 ausgewiesene Monatsrente ausdrücklich als „monatliche Rente ohne Kapitalverzehr ab dem 15. Jahr“ bezeichnet ist. Die Abschätzung, wie sich eine gleichbleibend hohe Rentenzahlung auf den Kapitalwert auswirkt, wenn die Rendite geringer als 5 % wäre, vermag der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne finanzmathematische Kenntnisse nicht vorzunehmen.
65 
Der unter der Tabelle S. 8 der Musterberechnung angebrachte, pauschal gehaltene, relativ klein gedruckte, nicht hervorgehobene und deshalb nicht ins Auge stechende Hinweis, die Rente könne niedriger und das „Wealthmaster“-Depot höher oder tiefer als prognostiziert ausfallen, ist nicht geeignet, die oben beschriebene Problematik zu erläutern und zu verdeutlichen.
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3.3.3 Die Beklagte hat ihre Aufklärungspflichten auch nicht durch persönliche Beratung und Aufklärung der Versicherungsinteressenten mittels Kundenberater erfüllt. Einen entsprechenden Beweis konnte sie nicht führen. Vielmehr ist das Gegenteil bewiesen.
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3.3.3.1 Die Erfüllung ihrer Aufklärungspflichten auf diesem Wege ist der Beklagten nicht bereits deshalb abgeschnitten, weil sie in der Phase der Anbahnung des Vertrags mit dem Kläger unstreitig keinen eigenen Vertrieb unterhalten hat. Sie bediente sich statt eines eigenen Vertriebs eines gestuften Systems von Maklern, an dessen Spitze Masterdistributoren standen, über die die Vermittlung von Versicherungspolicen an Versicherungsinteressenten erfolgte und gesteuert wurde, ohne selbst mit den Kunden in Kontakt zu treten. Sie hat es damit diesen Vermittlern überlassen, den Versicherungsinteressenten die Angebote der Beklagten nahezubringen, ihnen dabei die notwendigen Auskünfte zum Vertragsinhalt und zum angebotenen Versicherungsprodukt zu geben, auftauchende Fragen hierzu zu beantworten und die Verhandlungen bis zum Abschluss zu führen. In diesem Sinne bezeichnete der Bundesgerichtshof diese Form des Vertriebs zutreffend als „Strukturvertrieb“ (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 51). Folge dieser Art des Vertriebs ist, dass den Vermittlern mit Wissen und Wollen der Beklagten deren Aufgaben, die ihr oblagen, zur Erledigung übertragen wurden. Damit stand der Vermittler F. - unabhängig von seiner etwaigen Selbständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Kläger - im Lager der Beklagten und wurde in deren Pflichtenkreis als ihre Hilfsperson tätig. Seine Aufklärungstätigkeit kann sich die Beklagte als Erfüllung eigener Aufklärungspflichten zurechnen lassen, muss sich jedoch gem. § 278 BGB umgekehrt unzureichende Aufklärung wie eine eigene Pflichtverletzung zurechnen lassen (BGH aaO Tz. 51).
68 
3.3.3.2 Die Vornahme einer solchen Zurechnung verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Ebensowenig, wie die im nationalen Recht verankerten Pflichten der Vertragsparteien nicht die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Beklagten berührt, ist dies bei der vorgenommenen Verhaltenszurechnung der Fall. Wie die Beklagte ihre Pflichten vor Vertragsabschluss erfüllt, steht in ihrem Ermessen. Der von ihr gewählte Weg, sich eines Strukturvertriebs zu bedienen, den sie durch ihre Vereinbarungen mit Masterdistributoren steuert, kann nicht dazu führen, sie von ihren Pflichten zu befreien. Solches verlangt – wie dargestellt – auch nicht das zum Zeitpunkt des Vertragsabschluss geltende europäische Gemeinschaftsrecht.
69 
3.3.3.3 Tatsächlich hat der Versicherungsvermittler R. F. die erforderliche Aufklärung nicht geleistet und die in den schriftlichen Unterlagen vorhandenen Aufklärungsdefizite nicht ausgeglichen.
70 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass weder der Zeuge F. noch der ebenfalls in die Beratung eingebundene, mittlerweile verstorbene Vermittler H. dem Kläger die Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung und die daraus resultierenden Risiken aufgezeigt und nahegebracht haben.
71 
Der Kläger bekundete, „Zahlen“ mit Ausnahme der immer wieder werbewirksam herausgestellten Rendite von 7,8 % seien nicht erörtert worden. Auch die Unterlagen wie Prospekte, Werbebroschüren, Verbraucherinformationen und Policenbedingungen seien nicht durchgesprochen worden. Dies habe ihn auch nicht interessiert; er habe vielmehr dem Vermittler aufgrund seiner Sachkunde in vollem Umfang vertraut. Risiken habe der Vermittler nicht genannt. Die „Rente“ könne zwar möglicherweise auch geringer ausfallen als prognostiziert, was jedoch wegen der hervorragenden Rendite unwahrscheinlich sei. Im Gegenteil sei eine Rente von monatlich 1.000 bis 1.500 DM zu erwarten. Entscheidend sei jedoch gewesen, dass nach den Aussagen des Vermittlers in jedem Falle die Rückzahlung des Darlehens gesichert sei.
72 
Der Zeuge F. bestätigte dies. Er bekundete, er habe sein aus Schulungen gewonnenes Wissen weitergegeben, dass die Beklagte deshalb bessere Renditen als deutsche Wettbewerber erziele, weil sie mehr in Aktien investiere und ihre Versicherungsnehmer – anders als deutsche Versicherer – an den stillen Reserven beteilige. Angesichts der in der Vergangenheit erzielten Renditen von mindestens 12 % sei die den Musterberechnungen zu Grunde gelegte Renditeprognose von lediglich 7,8 % belastbar gewesen. Auch wenn es sich dabei um einen angenommenen Durchschnittswert mit Schwankungsbreiten nach oben und unten gehandelt habe, sei dieser Durchschnittswert gesichert erschienen, weil das Glättungsverfahren eventuelle Rendite-Schwankungen nach unten ausgleichen würde. Der Zeuge betonte weiter, angesichts der hervorragenden Ergebnisse der Vergangenheit habe er die angenommene Rendite von 7,8 % als gesichert angesehen. Er habe bei dem Versicherungsprodukt der Beklagten nach Risiken gesucht, jedoch keine gefunden. Die „Wealthmaster“-Versicherung habe sich als „eierlegende Wollmilchsau“ der Versicherungsprodukte dargestellt.
73 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass beide Auskunftspersonen im Rahmen ihrer Erinnerung an die nahezu 13 Jahre zurückliegenden Geschehnisse die Wahrheit sagten. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge bemühten sich, alle Fragen des Senats und der Prozessbeteiligten zufriedenstellend zu beantworten. Dass beide mit Blick auf vorhandene Erinnerungslücken dennoch immer wieder ihre Angaben relativieren und modifizieren mussten, entspricht der Aussagequalität, die bei einer nur noch schwammigen und getrübten Erinnerung auch und gerade bei einer um Wahrheit bemühten Auskunftsperson erwartet werden kann.
74 
Dennoch verdeutlichte die etwas unbeholfene Aussage des Klägers sehr anschaulich die Umstände, die ihn zu seinem Entschluss veranlasst hatten, sich für die „Lex-Konzept-Rente“ und die „Wealthmaster“-Versicherung zu entscheiden. Er vertraute bedingungslos auf die Sachkunde des Vermittlers F., der ihm die Lebensversicherung der Beklagten als sichere Anlageform mit hoher, zuverlässiger Rendite und daraus folgend auch mit einer als gesichert erscheinenden Rentenzahlung darstellte. Dass die Rente auch geschmälert werden oder gar wegfallen könnte, erschien ihm lediglich als theoretische Annahme möglich, mit der er sich ebenso wenig auseinander gesetzt hatte wie der Vermittler. Der Fall, dass die Beklagte nachhaltig und über längere Dauer nicht in der Lage sein könnte, eine Rendite von 7,8 % zu erwirtschaften, kam beiden nicht in den Sinn und lag außerhalb ihrer Gedankenwelt und Vorstellungskraft.
75 
Die Angaben des Klägers verdeutlichten auch, dass er offenkundig in Kapitalanlage- und Versicherungsdingen unerfahren war und ist und sich mit der Durchdringung der Materie und den erforderlichen Risikoanalysen überfordert fühlte. Dies erklärt einerseits sein geradezu blindes Vertrauen in die Kompetenz scheinbarer Fachleute und sein andererseits festzustellendes mangelndes Interesse, sich die Kenntnisse von der Funktionsweise der Versicherung anhand der Unterlagen selbst zu erarbeiten.
76 
Ein Verzicht auf eine Beratung und Aufklärung lässt sich hieraus nicht ableiten. Vielmehr hätte der Zeuge F. auf die Möglichkeiten des Klägers, sich die Funktionsweise der Versicherung zu erschließen, Bedacht nehmen müssen. Dies ist nicht geschehen. Sowohl aus den Angaben des Klägers als auch des Zeugen lässt sich ersehen, dass der Zeuge F. den Kläger zu keinem der oben in Abschnitt 3.1 dargestellten Gesichtspunkte auch nur annähernd sachgerecht aufgeklärt hat.
77 
Dass der ebenfalls mit der Beratung des Klägers befasste Vermittler H. den Kläger im erforderlichen Umfang aufgeklärt hat, lässt sich weder den Angaben des Klägers noch des Zeugen entnehmen.
78 
3.4 Der Entschluss des Klägers, die „Wealthmaster“-Versicherung bei der Beklagten zu nehmen, beruht auf dieser Aufklärungspflichtverletzung.
79 
3.4.1 Für einen solchen Ursachenzusammenhang spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11, TZ 66m. w. N.). Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die diese Vermutung entkräften könnten. Sie ist nicht als Anscheinsbeweis oder tatsächliche Beweiserleichterung zu verstehen, sondern als echte Beweislastumkehr. Nach der neueren, mittlerweile senatsübergreifenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 8.5.2012, XI ZR 262/10 Tz. 33 sowie Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 66) greift diese Beweislastumkehr auch nicht nur dann ein, wenn hypothetisch die ordnungsgemäße Aufklärung dem Aufgeklärten vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative offen gestanden hätte, also keinen Entscheidungskonflikt eröffnet hätte. Vielmehr greift die Beweislastumkehr bereits dann ein, wenn nur die Verletzung der Aufklärungspflicht feststehe. In der Folge muss derjenige, dem die ordnungsgemäße Aufklärung oblag, nachweisen, dass der nicht ordnungsgemäß Aufgeklärte sich für dieselbe Handlungsalternative entschieden hätte, die er als Folge der Aufklärungspflichtverletzung tatsächlich gewählt hat. Es ist der Beklagten nicht gelungen, solche Umstände nachzuweisen, die eine solche hypothetische gleichgelagerte Entscheidung des Klägers auch nur nahegelegt hätte.
80 
3.4.2 Vielmehr ist der Senat nach der Vernehmung des Klägers als Partei davon überzeugt, dass dieser die Versicherung nicht genommen hätte, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre, mithin die Aufklärungspflichtverletzungen für den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ursächlich waren.
81 
Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck, den der Kläger anlässlich seiner Parteivernehmung hinterlassen hat, keinen Zweifel daran, dass der Kläger an nichts weniger interessiert war als an einer Anlage mit spekulativen Elementen und damit einhergehenden Unsicherheiten. Sicherheit stand für den Kläger nachvollziehbar und glaubwürdig an oberster Stelle. Daraus leitet der Senat ab, dass der Kläger sich nicht für das Anlagekonzept entschieden hätte, wenn er erkannt hätte, dass die „Wealthmaster“-Versicherung als zentrales Element der dauerhaften Wertschöpfung wegen ihrer starken Anbindung an die Aktienmärkte gerade nicht die gewünschte konstante - und vor allem konstant hohe – Rendite zu garantieren vermochte.
82 
3.5 Der Kläger ist aktivlegitimiert, die aus diesen Pflichtverletzungen erwachsenden Ansprüche auf Ersatz des Vertrauensschadens in eigenem Namen geltend zu machen. Der Kläger hat zwar seine Ansprüche an die Landesbank H. umfassend abgetreten, wie aus der Anlage K 14 ersichtlich ist. Diese Abtretungsvereinbarung umfasst jedoch sowohl nach ihrem Wortlaut („Die Abtretung umfasst die gegenwärtigen und künftigen Rechte und Ansprüche aus dem genannten Renten-/Lebensversicherungsvertrag in voller Höhe“) und dem Sicherungszweck nur Primäransprüche, nicht auch Schadensersatzforderungen. Ansprüche „aus einem Vertrag“ sind nicht solche, die darauf gründen, dass ein solcher Vertrag gerade nicht abgeschlossen worden wäre. Soweit Zweifel zu Lasten des Klägers als Verbraucher verblieben, gingen diese zu Lasten des Klausel-Verwenders, der Landesbank H., § 305 c Abs. 2 BGB. Damit ist der Kläger als Zedent von Anfang an selbst Inhaber etwaiger Schadensersatzforderungen geblieben (vgl. BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 286/10, Tz. 15 – 17).
83 
3.6 Durch den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ist dem Kläger der vom Landgericht erkannte Schaden entstanden.
84 
3.6.1 Dieser liegt in der Belastung mit einem für den Kläger nachteiligen Vertrag. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Information eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt. Zwar setzt der auf Rückabwicklung des Vertrages aufgrund einer Verletzung von Aufklärungspflichten gerichtete Schadensersatzanspruch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Vermögensschaden voraus; hierfür genügt aber jeder wirtschaftliche Nachteil, der für den Gläubiger mit dem aufgrund der Aufklärungspflichtverletzung eingegangenen Vertrag verbunden ist, so z.B. die nachhaltige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit. Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH 11.7.2012, IV ZR 164/11, Tz. 64).
85 
3.6.2 Das ist hier der Fall. Der Vertrag ist für den Kläger nachteilig, da er ihn in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit beeinträchtigt. Der Kläger muss die Darlehensverbindlichkeiten, zu deren Eingehung er aufgrund der unzureichend dargestellten Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung veranlasst worden ist, bis Ende Oktober 2013 zurückführen. Hierfür muss er entweder den Verkaufserlös aus dem neben dem Lebensversicherungsvertrag aus Fremd- und Eigenmitteln angesparten Investmentfondsdepot verwenden oder außerplanmäßige Auszahlungen aus dem Lebensversicherungsvertrag beantragen. Ein weiterer wirtschaftlicher Nachteil ergibt sich aus der enttäuschten langfristigen Gewinnerwartung. Der Kläger muss damit rechnen, dass der deklarierte Wertzuwachs deutlich niedriger ausfällt als mit der Musterberechnung in Anl. K 4 auf Basis einer Rendite von 7,8 % prognostiziert. Möglich ist auch, dass ein Fälligkeitsbonus, mit dem die Anleger am Ende der Laufzeit an den gebildeten Reserven teilnehmen können, nicht ausgezahlt werden wird.
86 
3.6.3 Die Höhe des eingetretenen Schadens, definiert als die Vermögenseinbuße, die dem Kläger erspart geblieben wäre, wenn er – verleitet durch die unzulängliche Aufklärung und Beratung der Beklagten – die „Wealthmaster“-Versicherung und die sonstigen Verträge der „Lex-Konzept-Rente“ nicht abgeschlossen hätte, ist in der geltend gemachten Höhe von 24.237,76 EUR nachgewiesen. Mittels der Kontoauszüge im Anlagenkonvolut K 16 sind Zahlungen des Klägers aus eigenen Mitteln auf das Darlehen bei der L. Privat-Bank AG jedenfalls in der geltend gemachten Höhe von 5.608,85 EUR belegt. Mit Bindungswirkung für den Senat hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger darüberhinaus beim Abschluss der Lex-Konzept-Rente Eigenkapital in Höhe von 18.628,91 EUR eingesetzt hat. Diese Beträge greift die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht an.
87 
3.7 Die Beklagte schuldet Ersatz des gesamten Vertrauensschadens, der dem Kläger nicht nur aus dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung, sondern aus der Zeichnung der „Lex-Konzept-Rente“ insgesamt entstanden ist. Der Senat weist damit nicht der Beklagten die Verantwortung für das Anlage-Konzept der Fa. Lex zu; vielmehr umfasst die Haftung für den Vertrauensschaden des Klägers die Rückabwicklung auch der Darlehens- und Avalverträge mit den kreditierenden bzw. sichernden Bankinstituten sowie der Beteiligung an Investmentfonds deshalb, weil diese Geschäfte untrennbar mit dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung verbunden waren. Die vermeintlich renditestarke Lebensversicherung war das Kernstück des gesamten Anlagekonzepts. Nur um auf die Renditestärke der „Wealthmaster“-Versicherung zugreifen zu können, ging der Kläger die Kreditverbindlichkeiten ein. Die Beteiligung an Investmentfonds diente lediglich als Tilgungsinstrument für die Darlehensverbindlichkeiten. Plangemäß sollte nach deren Ablösung die wahre Gewinnzone des gesamten Anlagemodells erreicht werden, die alleine durch die Rendite der Lebensversicherung bestimmt würde. Dies rechtfertigte auch die Auslegung des Anlagemodells als „Altersvorsorge“ und als „Rente“, die allein aufgrund der langen Laufzeit der Lebensversicherung mutmaßlich über die Lebenszeit des Klägers hinausweisen würde.
88 
Demzufolge erfasst die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung der Lebensversicherung notwendigerweise auch die Begleitgeschäfte, die für den Abschluss der Lebensversicherung unerlässlich waren.
89 
3.8 Steuervorteile muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen, weil der erstrebte Schadensersatzbetrag der Besteuerung unterliegt. Damit werden die in der Vergangenheit erlangten Steuervorteile in solchem Maße kompensiert, dass eine Vorteilsausgleichung der bislang erzielten Steuervorteile nicht angemessen erscheint.
90 
3.9 Die Ansprüche des Klägers auf Ersatz seines Vertrauensschadens sind nicht verjährt.
91 
3.9.1 Verjährung gem. § 195, 199 Abs. 1 BGB ist nicht eingetreten. Obwohl der Schaden bereits durch den Vertragsabschluss entstanden ist, also vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, bemisst sich die Verjährung nach dem seit 1.1.2002 geltenden Recht. Ansprüche aus c.i.c. verjährten nämlich bis zum 31.12.2001 in Ermangelung abweichender gesetzlicher Regelungen nach der damaligen Regelverjährung von 30 Jahren. Da die nunmehr unter §§ 280 Abs.1, 311 Abs. 2 BGB kodifizierten Schadensersatzansprüche aus Pflichtverletzungen bei Vertragsanbahnung, die lediglich das bisherige Richterrecht zur c.i.c in Gesetzesform gegossen haben, der neuen Regelverjährung gem. § 195 BGB mit einer Dauer von lediglich 3 Jahren unterliegen, ist diese kürzer als die alte Verjährungsfrist. Gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 EGBGB ist demnach das ab 1.1.2008 geltende Verjährungsrecht mit der kürzeren Regelverjährungsfrist anzuwenden.
92 
3.9.2 Der Senat kann nicht feststellen, dass der Kläger vor dem Jahr 2008 Kenntnis von den dargestellten Verletzungen der Aufklärungs- und Informationspflichten erlangt hat oder aus grober Fahrlässigkeit nicht erlangt hat, wie dies für das Anlaufen der Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlich wäre.
93 
Die unzureichende Renditeentwicklung begründet noch kein ausreichendes Indiz dafür, dass die Beklagte und ihre Hilfspersonen sämtliche oben bezeichneten Aufklärungspflichten verletzt. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 29.10.2010 selbst darauf hinweist, der Fehlschlag des Anlagekonzepts könne noch gar nicht abschließend beurteilt werden, weil die „Wealthmaster“-Versicherung sich noch derart renditestark entwickeln könne, dass sämtliche Anlageziele noch erreicht werden könnten (vgl. Bl. 66 d. A.). Vor diesem Hintergrund mutet der Vortrag seltsam an, der Kläger habe sich mindestens grob fahrlässig der gegenteiligen Erkenntnis verschlossen.
94 
3.10 Im Wege des auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzes hat die Beklagte den Kläger auch von seinen Darlehensverbindlichkeiten freizustellen. Im Gegenzug muss der Kläger die erlangten Vorteile (Vertragswert der „Wealthmaster“-Versicherung sowie das Wertpapier-Depot) an die Beklagte herausgeben, was der Kläger bei seiner Antragstellung berücksichtigt hat.
95 
3.11 Die Beklagte schuldet unter Schadensersatzgesichtspunkten auch die Erstattung der aufgewendeten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in geltend gemachter Höhe.
96 
4. Damit hat die Berufung des Klägers in vollem Umfang Erfolg. Da der vom Landgericht zuerkannte Erfüllungsanspruch nur für den Fall geltend gemacht ist, dass dem Schadensersatzbegehren kein Erfolg beschieden ist, führt der Erfolg der klägerischen Berufung auch insoweit zur Abänderung, als die Verurteilung entsprechend dem Hilfsbegehren ersatzlos entfällt. Damit ist zugleich auch das Berufungsbegehren der Beklagten erledigt, ohne dass es einer Erledigungserklärung bedürfte.
97 
5. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen. Der klägerische Hauptantrag war bereits im ersten Rechtszug begründet, was der Berufung des Klägers zum Erfolg verhilft. Die Berufung der Beklagten hat hingegen keinen Erfolg. Mit der Abänderung des angefochtenen Urteils ist nicht die Feststellung verbunden, dass der vom Landgericht festgestellte Anspruch nicht bestehe.
98 
6. Die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
99 
7. Ein Bedürfnis zur Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 11.7.2012 (Leitentscheidung IV ZR 164/11) hinreichend geklärt. Die Sache hat daher keine grundsätzliche Bedeutung mehr, das Recht ist in den entscheidenden Fragen bereits fortgebildet. Die vorliegende Entscheidung weicht von den rechtlichen Obersätzen des Bundesgerichtshofs nicht ab, so dass auch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht berührt ist.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/11) abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 6.8.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247… und Kreditnr. 247… freizustellen.

3. Die Verurteilung zu Ziffer 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus der mit der Beklagten bestehenden Versicherung Policennr. 501 … sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 … der F. Bank GmbH.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers wegen des Zahlungstitels durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Geldbetrags, wegen der Freistellung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung des Zahlungstitels Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Geldbetrags oder vor Vollstreckung des Freistellungstitels Sicherheit in Höhe von 220.000 EUR geleistet hat.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert:

1. Berufung des Klägers:

        

   Zahlungsantrag:

24.237,76 EUR

   Freistellungsantrag:

194.866,11 EUR

2. Berufung der Beklagten:     

25.557,83 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz seines Vertrauensschadens wegen der angeblichen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss der 45 Jahre laufenden, anteilsgebundenen „Wealthmaster“-Lebensversicherung Nr. 501 …, die er gegen Zahlung einer kreditfinanzierten Einmalprämie in Höhe von 254.747 DM bei der Beklagten genommen hat. Seinen Schaden beziffert er mit 24.237,76 EUR zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe. Darüber hinaus begehrt er die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten, die er zur Finanzierung der Einmalprämie für die „Wealthmaster“-Versicherung eingegangen ist, schließlich Ersatz vorgerichtlich aufgewandter Anwaltskosten in Höhe von 4.994,19 EUR zuzüglich Prozesszinsen.
Die „Wealthmaster“-Versicherung ist eingebunden in ein umfassenderes Anlagekonzept namens „Lex-Konzept-Rente“, wegen dessen Einzelheiten auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen wird. Zur Sicherung des Darlehens hat der Kläger seine Rechte aus der „Wealthmaster“-Versicherung und an dem entsprechend dem Anlagekonzept unterhaltenen Wertpapierdepot an die kreditierende Bank abgetreten bzw. verpfändet. Er bietet an, seine Ansprüche auf Rückgewähr der gegebenen Sicherheiten an die Beklagte Zug um Zug gegen die begehrte Schadensersatzzahlung sowie die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten zu übertragen.
Mit Schriftsatz vom 25.8.2011 begehrte er klageerweiternd hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, im Zeitraum von 21.3.2000 bis 21.12.2044 regelmäßige Auszahlungen in Höhe von vierteljährlich 3.915 DM (= 2001,71 EUR) mit einer jährlichen Erhöhung von 1 % vorzunehmen, wie sie unstreitig in dem bezeichneten Versicherungsschein aufgeführt sind. Zu ergänzen ist, dass der Kläger diese regelmäßigen Auszahlungen bereits im Versicherungsantrag (Anlage LW 3) beantragt hat.
Der Kläger erhob im ersten Rechtszug den Vorwurf, er sei weder durch die Beklagte selbst noch durch den Vermittler ordnungsgemäß aufgeklärt und beraten worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Da die Beklagte unstreitig keine eigene Vertriebsorganisation unterhielt, sondern sich für den Vertrieb ihrer "Wealthmaster"-Versicherungen sogenannter "Masterdistributoren", vorliegend der Fa. Lex Vermögensverwaltung AG, und deren Untervermittler, vorliegend des Streitverkündeten und Zeugen R. F., bediente, müsse sich die Beklagte – so meint der Kläger - auch Pflichtverletzungen des Untervermittlers zurechnen lassen. Er behauptet, bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die maßgeblichen Umstände hätte er die Lex-Konzept-Rente unter Einbindung der „Wealthmaster“-Versicherung nicht ins Auge gefasst. Er wolle deshalb so gestellt werden, als hätte er die „Wealthmaster“-Versicherung nicht genommen und die „Lex-Konzept-Rente“ nicht gezeichnet.
Die Beklagte trat dem allem entgegen und berief sich ergänzend darauf, die geltend gemachten Forderungen seien jedenfalls verjährt.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens im Einzelnen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte entsprechend dem klägerischen Hilfsantrag verurteilt, die im Versicherungsschein ausgewiesenen regelmäßigen Auszahlungen ohne Rücksicht auf den Vertragswert der „Wealthmaster“-Versicherung vorzunehmen, im Übrigen die Klage jedoch abgewiesen. Es stützte sich im Wesentlichen auf die damalige Auffassung des Senats, die bestehenden unbedingten und vorbehaltlosen Erfüllungsansprüche stünden einem Schadenseintritt entgegen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen, die das Landgericht getroffen hat, sowie seiner rechtlichen Erwägungen im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Unter Bezugnahme auf ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen und dessen Vertiefung greift die Beklagte das landgerichtliche Urteil wie folgt an:
1. Das Urteil beruhe auf einer fehlerhaften Tatsachengrundlage, indem das Landgericht fälschlich feststellte, der von der Beklagten erwirtschaftete Ertrag führe zur Zuteilung weiterer Pool-Anteile; in Wahrheit erfolge die wirtschaftliche Beteiligung der Versicherungsnehmer durch eine Werterhöhung der vorhandenen Pool-Anteile.
10 
2. Das Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern, nämlich
11 
- einer unvollständigen Beweiserhebung, indem das Landgericht tatsächliche Feststellungen zum Themenkomplex der angeblich garantierten Auszahlungen getroffen habe, obwohl es den Zeugen F. hierzu nicht befragt habe.
12 
- der Zulassung der Klageerweiterung um den nachträglich gestellten klägerischen Hilfsantrag, obwohl diese weder sachdienlich gewesen sei noch die Beklagte die erforderliche Einwilligung erteilt habe,
13 
- der Zulassung des klägerischen Hilfsantrags, obwohl dieser unzulässig gewesen sei, weil er weder hinreichend bestimmt sei noch dem Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse sowie die notwendige Aktivlegitimation zur Seite stehe.
14 
3. Das Landgericht habe das materielle Recht falsch angewandt, indem es
15 
- zu Unrecht einen individuell vereinbarten Anspruch auf Vornahme der „regelmäßigen Auszahlungen“ ohne Rücksicht auf den Vertragswert erkannt habe, obwohl sich aus den klaren und eindeutigen Versicherungsbedingungen anderes ergebe und die Parteien keine abweichende Individualvereinbarung getroffen hätten,
16 
- nicht berücksichtigt habe, dass die regelmäßigen Auszahlungen in der Vergangenheit im beantragten Umfang erbracht worden seien.
17 
Alle diese Fehler hätten sich in einer falschen Sachentscheidung niedergeschlagen.
18 
4. Vorsorglich weist die Beklagte darauf hin, dem Kläger stünde auch kein Schadensersatzanspruch auf Ersatz des negativen Interesses zu, wie mit dem Hauptantrag geltend gemacht.
19 
- Die Klägerin habe nicht die vom Landgericht angeführten Pflichten zur Aufklärung des Klägers gehabt, habe diese also auch nicht verletzen können.
20 
- Aufklärungs- und Beratungspflichten der Beklagten seien nach den Vorschriften des § 10 a VAG a. F. zu bemessen, die die Beklagte erfüllt habe. Weitergehende Aufklärungspflichten hätten nicht bestanden, insbesondere nicht hinsichtlich der Risiken der Fremdfinanzierung sowie der Lex-Konzept-Rente.
21 
- Keinesfalls müsse sich die Beklagte etwaige Pflichtverletzungen des Versicherungsvermittlers zurechnen lassen.
22 
- Die angeblichen Pflichtverletzungen seien auch nicht kausal geworden für die Entscheidung des Klägers, die „Wealthmaster“-Versicherung bei der Beklagten zu nehmen.
23 
- Schließlich sei dem Kläger auch kein Schaden entstanden. Zu ersetzen seien nur die Schäden, die in dem Bereich liegen, der durch die angeblich verletzten Aufklärungspflichten geschützt werden solle. Soweit der Kläger mangelhafte Aufklärung über das Glättungsverfahren und die „Pool-übergreifende Reservenbildung“ geltend mache, sei ein Schadenseintritt nicht ersichtlich. Eine angeblich fehlerhafte Aufklärung über die erzielbaren Renditen könne nur zur Verpflichtung führen, die Differenz zwischen der in Aussicht gestellten und der tatsächlich erwirtschafteten Rendite zu erstatten.
24 
- Im Übrigen müsse die Beklagte keinesfalls für das Scheitern des Anlagekonzepts „Lex-Konzept-Rente“ einstehen. Eine solche Haftung setze die Schadensberechnung des Klägers jedoch stillschweigend voraus.
25 
- Jedenfalls wäre ein etwaiger Schadensersatzanspruch bereits verjährt.
26 
5. Der Fall könne nicht nach den Grundsätzen beurteilt werden, die der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.7.2012 in dem Verfahren IV ZR 164/11 entwickelt habe. Zu Unrecht habe er die im Kapitalanlagerecht entwickelten Grundsätze über Aufklärung und Beratung des Anlegers und die Zurechnung von Gehilfen-Handeln entsprechend angewandt. Er weiche damit nicht nur von seiner bisherigen, gefestigten Rechtsprechung ab, sondern verkenne dabei auch die grundsätzlichen Unterschiede zum Versicherungsrecht. Zu dessen Grundsätzen gehöre es, dass das Handeln von Versicherungsmaklern, wie sie vorliegend im Lager der Klägerin tätig geworden seien, nicht dem Versicherer zuzurechnen sei. Die Beklagte vertreibe ihre Produkte auch nicht über einen „Struktur-Vertrieb“. Schließlich verstoße die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Zurechnung des Makler-Handelns gegen höherrangiges Europarecht, insbesondere die „Vermittlerrichtlinie“ des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.12.2002.
27 
Auch die vom BGH begründeten Aufklärungs- und Beratungspflichten verstießen gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Die Informationspflichten eines Versicherers seien durch EU-Richtlinien abschließend geregelt, die durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21.7.1994 umgesetzt worden seien. Mit dessen Vorgaben seien Verpflichtungen unvereinbar, „über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für den Anlageentschluss von besonderer Bedeutung seien“. Ein im Vergleich zu deutschen Versicherern angeblich höherer Aufklärungs-und Beratungsbedarf diskriminiere die Beklagte unzulässig.
28 
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die oben genannte Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs den Tatsacheninstanzen keine Vorgaben zur Bestimmung des angeblich eingetretenen Schadens mache. Tatsächlich sei dem Kläger aus dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung kein Schaden entstanden.
29 
Die Beklagte beantragt,
30 
1. unter Aufhebung – hilfsweise Abänderung - des am 27.9.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Ravensburg (AZ 1 O 113/10) die Klage abzuweisen,
31 
2. hilfsweise
32 
unter Aufhebung – hilfsweise Abänderung - des am 27.9.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Ravensburg (AZ 1 O 113/10) das Verfahren an das Landgericht Ravensburg zurückzuverweisen.
33 
Der Kläger beantragt:
34 
Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/10) wird abgeändert:
35 
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
36 
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247… und Kreditnr. 247… freizustellen.
37 
Die Verurteilung zu Ziffer 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus dem mit der Beklagten bestehenden Versicherung, Policennr. 501 … sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 … F. Bank GmbH.
38 
hilfsweise
39 
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
40 
Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen rügt der Kläger, das Landgericht habe zwar richtig erkannt, dass der Kläger Anspruch auf vorbehaltlose Erfüllung des im Versicherungsschein ausgewiesenen Auszahlungsplans habe; zu Unrecht habe das Landgericht jedoch angenommen, dass dieser Umstand einem Schadensersatzanspruch entgegenstehe. Er verfolge daher seinen erstinstanzlich vorrangig geltend gemachten Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens weiter. Der Anspruch auf Erfüllung des Auszahlungsplans bleibe auch im Berufungsrechtszug nur nachrangiges Ziel.
41 
Die Beklagte beantragt,
42 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
43 
und nimmt zur Begründung auf ihr gesamtes bisheriges Vorbringen Bezug.
II.
44 
1. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch diejenige des Klägers ist zulässig.
45 
2. Die im ersten Rechtszug vorgenommene und im Berufungsrechtszug aufrecht erhaltene Rangfolge, in der das klägerische Begehren einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden soll, erfordert vorrangig die Prüfung der klägerischen Berufung. Da diese Erfolg hat, ist das angefochtene Urteil abzuändern nach den erstinstanzlichen, im Berufungsverfahren erneut gestellten Anträgen des Klägers. Die Berufung der Beklagten bleibt damit zwangsläufig ohne Erfolg.
46 
3. Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Vertrauensschadens. Er ist vermögensmäßig so zu stellen, als hätte er im Rahmen der „Lex-Konzept-Rente“ keinen „Wealthmaster“-Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen.
47 
Die Beklagte hat den Kläger nicht ausreichend über die Funktionsweise und die dadurch begründeten Risiken ihrer „Wealthmaster“-Versicherung aufgeklärt und damit ihr obliegende Pflichten aus dem während der Vertragsanbahnung bestehenden Schuldverhältnis (c.i.c.) verletzt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vertragsanbahnung mit anschließendem Vertragsabschluss war das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz noch nicht in Kraft getreten; für die Beurteilung des in der Vergangenheit vollständig abgeschlossenen Lebenssachverhalts der Vertragsanbahnung verbleibt es deshalb bei der Anwendbarkeit des zu jenem Zeitpunkt geltenden Rechts, mithin bei den richterrechtlich entwickelten Grundsätzen des „Verschuldens bei Vertragsschluss“.
48 
3.1 Das Versicherungsprodukt „Wealthmaster“ ist so komplex gestaltet, dass es eingehender Erläuterung und Aufklärung bedarf, damit der angesprochene Kundenkreis seine Funktionsweise versteht. Dies gilt nicht nur für das Glättungsverfahren und die Pool-Verwaltung einschließlich der Reservenbildung, das Zusammenspiel von garantiertem Wertzuwachs und Fälligkeitsbonus bzw. Marktpreisanpassung, sondern insbesondere auch für das richtige Verständnis der in Aussicht gestellten Renditen. Bei der Vornahme regelmäßiger Auszahlungen bedarf es auch der Aufklärung darüber, dass diese durch Einlösung von Pool-Anteilen finanziert werden, es sich also nicht um eine besondere Versicherungsleistung in Form einer vorweggenommenen Ausschüttung von Erträgen handelt, die sonst üblicherweise erst am Ende der Vertragslaufzeit als Ablaufleistung ausbezahlt werden. Die Finanzierung der regelmäßigen Auszahlungen durch Verwertung einer entsprechenden Anzahl von Pool-Anteilen erfordert auch den Hinweis, dass der Erhalt des Kapitalstocks nur dann gewährleistet ist, wenn die nach der Einlösung verbliebenen Pool-Anteile einen Wertzuwachs erzielen, der mindestens dem Wert der eingelösten Pool-Anteile entspricht, anderenfalls sich durch die vorgenommenen Auszahlungen die Kapitalbasis für die zu erzielende Rendite immer weiter schmälert, so dass sich deren Wertverzehr beschleunigt.
49 
3.2 Zwar muss ein Versicherungsinteressent im Grundsatz selbst prüfen und beurteilen, ob er eines Versicherungsschutzes bedarf und ggfs. mit welchem Inhalt und in welchem Umfang. Dieser Grundsatz bedarf im vorliegenden Fall jedoch einer Modifikation:
50 
3.2.1 Die Beklagte ist erst nach der Deregulierung des Versicherungswesens Mitte der 1990er Jahre auf dem deutschen Markt als Wettbewerber mit deutschen Lebensversicherungen in Erscheinungen getreten. Ihr Produkt „Wealthmaster“ unterscheidet sich erheblich von den bis dahin auf dem deutschen Markt angebotenen Lebensversicherungen einschließlich fondsgebundener Lebensversicherungen deutscher Ausprägung. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Abgrenzung der in den „Wealthmaster“-Produkten gebildeten Pools im Verhältnis zu den Fonds deutscher fondsgebundener Lebensversicherungen, sondern auch hinsichtlich der Garantieverzinsung, der die konventionellen deutschen Lebensversicherungen, nicht jedoch die „Wealthmaster“-Produkte der Beklagten unterliegen, und die als Sicherheitsgesichtspunkt in den interessierten Verkehrskreisen weithin bekannt ist. Bereits diese Abweichungen von den auf dem deutschen Markt gängigen und vertrauten Versicherungsprodukten der Wettbewerber machen eine Aufklärung über die anders- und neuartige Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung erforderlich. Eine europarechtswidrige Diskriminierung gegenüber anderen Wettbewerbern ist darin nicht zu erblicken. Die Anforderungen, ein auf einem abgrenzbaren Markt neu angebotenes Versicherungsprodukt mit komplexer, neuartiger Funktionsweise und andersartigen als bis dahin üblichen Risiken klar und verständlich zu beschreiben, würden jeden beliebigen Wettbewerber, der ein solches neues Produkt auf den Markt bringt, in gleicher Weise treffen, gleichgültig, ob es sich um einen in- oder ausländischen Wettbewerber mit oder ohne eigenen Vertrieb handelte. Im Übrigen hält es die Beklagte ersichtlich nicht für europarechtswidrig, die – gemessen an den bisherigen, etablierten Produkten der Wettbewerber – außergewöhnlichen Chancen werbewirksam herauszustellen. Die Darstellung der Risiken ist lediglich die Kehrseite desselben Umstands.
51 
3.2.3 Ob sich der Abschluss der streitgegenständlichen kapitalbildenden Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt, bedarf keiner Klärung. Zwar bezeichnete die Beklagte selbst die von ihr angebotenen Versicherungsverträge als besonders geschützte „Kapitalanlage“, z. B. in ihrer Verbraucherinformation zur „Wealthmaster“-Versicherung im Abschnitt „Pools mit garantiertem Wertzuwachs“ (vgl. Anlage LW 1) oder - in übergroßem Fettdruck - im Prospekt „Pools mit garantiertem Wertzuwachs“ (vgl. Anlage K 6); auch nach den Regeln des Versicherungsvertragsrechts oblag der Beklagten nämlich die Pflicht, den Kläger über die Funktionsweise und Risiken der „Wealthmaster“-Versicherung aufzuklären und zu beraten. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind solche Beratungs- und Aufklärungspflichten dem Versicherungsvertragsrecht, dem die „Wealthmaster“-Versicherung aufgrund der gewählten Anlageform einer kapitalbildenden Lebensversicherung unterfällt, keineswegs fremd.
52 
3.2.3.1 Solche Pflichten des Versicherers bestehen nicht erst seit der – vorliegend nicht anwendbaren – normativen Regelung in § 6 VVG in der seit 1.1.2008 geltenden Fassung. Vielmehr anerkannte die höchstrichterliche Rechtsprechung schon lange Zeit zuvor Beratungs-, Aufklärungs- und Informationspflichten, die über die bloße Unterrichtung des Versicherungsnehmers durch Übergabe einer Verbraucherinformation i. S. v. § 10 a Abs. 1 VAG i. V. m. Anlage Teil D, Abschnitt 1 Nr. 2 a – f in der bis 31.12.1999 geltenden Fassung hinausgehen, sofern der Versicherungsinteressent erkennbar einer solchen Beratung bedürfe (gefestigte Rechtsprechung, z. B., BGH VersR 1992, 217 Tz. 22).
53 
3.2.3.2 Die Annahme solcher Beratungspflichten verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die Niederlassungsfreiheit. Gerade die von der Beklagten gewählte Organisationsform, interessierten Kunden ihre Versicherungsprodukte über ausgewählte Großmakler und deren Untervermittler nahe zu bringen, zeigt, dass es nicht erforderlich ist, einen eigenen Vertrieb zu unterhalten, sondern genügt, sich externer Vertriebspartner zu bedienen. Davon zu trennen ist die anderweitige Problematik, ob sich die Beklagte hierdurch den ihr nach nationalem Recht obliegenden Pflichten entziehen kann. Dies ist zu verneinen. Soweit ersichtlich, sind gegen die oben beschriebenen, im nationalen deutschen Recht entwickelten Aufklärungs-, Beratungs- und Informationspflichten Bedenken wegen ihrer Vereinbarkeit mit europäischem Gemeinschaftsrecht bislang nicht erhoben worden. Der Erwägungsgrund Nr. 19 der bei Abschluss des streitbefangenen Versicherungsvertrags maßgeblichen Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 (Dritte Richtlinie Lebensversicherung) weist ausdrücklich darauf hin, dass die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor sei. Vielmehr sei den Mitgliedstaaten die Möglichkeit belassen, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen. Diese Möglichkeit stelle zugleich eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar.
54 
3.3. Zur Erfüllung dieser Aufklärungs- und Unterrichtungspflichten stand der Beklagten der Weg offen, einen Interessenten durch schriftliches Informationsmaterial aufzuklären, oder durch ein persönliches Gespräch mit Kundenberatern.
55 
3.3.1 Bei einer Aufklärung im erstgenannten Informationsweg hätten die von der Beklagten ausgegebenen Prospekte sowie Informations- und Vertragsunterlagen sachlich richtig, vollständig und verständlich sein sowie ein schlüssiges Gesamtbild der Versicherung geben müssen (vgl. auch BGH NZG 2011, 68-69 [juris Tz. 18]; NJW-RR 2007, 1692-1693 [juris Tz. 9]; 925-927 [Tz. 4]; WM 2005, 833-838 juris Tz. 39]; NJW 2004, 1732-1734 [Tz. 22]). Zur Erfüllung dieser Pflichten genügte es nicht, dem Versicherungsinteressenten schriftliche Unterlagen zu überlassen, aus denen nur der kundige oder bereits problembewusste Interessent auch von sich aus inhaltsgleiche Folgerungen hätte ableiten können (vgl. BGH NJW 1983, 1730-1731 [juris Tz. 12]).
56 
3.3.2 Die im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden schriftlichen Informations- und Vertragsunterlagen (Policenbedingungen in Anlage K 1, die Pool-Informationen in Anlagen K 6 sowie die Verbraucherinformation in Anlage LW 1) der Beklagten genügten diesen Anforderungen nicht. Alle diese Vertragsunterlagen und Informationspapiere sind in den zentral bedeutsamen Punkten unzureichend und nicht geeignet, um einen durchschnittlichen Versicherungsinteressenten wie den Kläger über die ihn – wie jeden anderen potentiellen Versicherungskunden - maßgeblich interessierende Funktionsweise der Versicherung und ihre spezifischen Chancen und Risiken im geschuldeten Umfang aufzuklären. Im einzelnen handelt es sich um folgende Gesichtspunkte:
57 
3.3.2.1 Die Berechnung des Vertragswertes lässt sich weder aus den AGB noch der Verbraucher- oder Poolinformation nachvollziehen. Die maßgeblichen Parameter zur Bemessung des deklarierten Wertzuwachses, des Fälligkeitsbonus und der Marktpreisanpassung sind unbestimmt und für den Versicherungsnehmer nicht transparent. Aus seiner Sicht erscheint die Festlegung dieser Größen zur Bestimmung der vertraglichen Leistung der Beklagten in deren weitgehend freies Ermessen gestellt. Dass die Beklagte staatlicher Versicherungsaufsicht untersteht, hilft dem Versicherungsinteressenten nicht in seinem Bemühen, die Funktionsweise des angebotenen Versicherungsprodukts zu verstehen und auf die Tauglichkeit für seine Bedürfnisse und Anlageziele zu prüfen.
58 
3.3.2.2 Erst nach genauem Studium der Vertragsunterlagen wird klar, dass die Beklagte – was unstreitig ist - tatsächlich nur die Höhe des jeweiligen Anteilspreises und seinen Wertzuwachs auf die Dauer eines Jahres garantiert, nicht jedoch den Vertragswert, der sich aus dem rechnerischen Produkt von Anteilsbestand und Anteilspreis ergibt. Da nach der von der Beklagten praktizierten Methode die Kosten der Vertragsverwaltung zu Lasten des Anteilsbestands verrechnet werden, kann der Anteilsbestand in den Zeiten sinken, in denen die Erträge niedriger als die Kosten sind. Als Folge kann somit der Vertragswert als Produkt von Anteilspreis und Anteilsbestand sinken, obwohl der Anteilspreis im garantierten Umfang gestiegen ist. Im wirtschaftlichen Ergebnis stellen damit die Garantien der Beklagten keineswegs den so „wertvollen“ „Schutz der Kapitalanlage“ dar, wie dies auf Anhieb erscheinen mag, insbesondere garantieren sie keinen Kapitalerhalt. Dies gilt insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und Stagnation, also gerade in den Krisen, in denen der durchschnittliche Versicherungsnehmer besonders auf die Wertgarantie hofft. Auch insoweit fehlt ein deutlicher Hinweis.
59 
3.3.2.3 Darüber hinaus kann bei vorzeitiger Beendigung der Vertragswert um eine nicht näher definierte Marktpreisanpassung gekürzt werden, so dass in diesen Fällen der Kapitalerhalt um so weniger gesichert ist.
60 
3.3.2.4 Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer werden diese Zusammenhänge auch deshalb nicht ohne weiteres deutlich, weil die versprochenen „Garantien“ werbemäßig und schlaglichtartig in den Vordergrund gespielt werden (vgl. z. B. Pool-Information in Anlagen K 6: „Kapitalanlage ohne alle Risiken der Aktienmärkte zu tragen“) und deshalb eine genaue Durchleuchtung dessen, was eigentlich „garantiert“ wird, entbehrlich erscheint. Bereits die Bezeichnung „Pool mit garantiertem Wertzuwachs“ suggeriert, dass nicht nur ein Kapitalerhalt, sondern ein Kapitalzuwachs zugesichert wird. Das dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer alleine durch diesen Begriff vermittelte Gefühl von Sicherheit gibt keinen Anlass, die Versicherungsbedingungen und Verbraucher- sowie Pool-Informationen zu diesem Punkt im Einzelnen durchzuarbeiten. Selbst mit juristischen und wirtschaftlichen Vorkenntnissen ist ein vollständiges Verständnis des gesamten Regelwerks der Beklagten nur mit außerordentlichem Zeitaufwand möglich.
61 
3.3.2.5 Darüber hinaus fehlt es an einer Aufklärung, wie sich nach dem Vertragsverständnis der Beklagten die regelmäßigen Auszahlungen nicht nur unmittelbar auf den Vertragswert, sondern dauerhaft auf die erzielbare Verzinsung und damit den weiteren angestrebten Ertrag der Anlage auswirkt, insbesondere dann, wenn sich in Zeiten unzureichender Erträge die Verzinsungsbasis – u. U. über längere Zeit hinweg - schmälert. Schon die grundsätzlichen Wirkungen einer sich beständig vermindernden Verzinsungsbasis dürften den wenigsten Versicherungsnehmern geläufig sein. Dies gilt erst recht hinsichtlich der finanzmathematisch komplizierten Auswirkungen zeitlich schwankender Renditen bei nominell gleichbleibenden Auszahlungsbeträgen und der rasch zunehmenden Gefahren, die wirtschaftliche Zielsetzung der Anlage endgültig nicht erreichen zu können, wenn gerade in der Anfangsphase der Vertragslaufzeit die Wertzuwächse deutlich hinter den ausgezahlten Werten zurückbleiben. Dass der Kläger im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über hinreichende Kenntnisse verfügte, die finanzmathematischen Zusammenhänge im erforderlichen Maße zu überblicken, ist weder von den Parteien vorgetragen noch sonst ersichtlich.
62 
3.3.2.6 Der Kläger konnte die Auswirkungen unzureichender Renditen auch nicht aus der Musterberechnung in Anl. K 4 entnehmen.
63 
Es bestehen schon aus rechtlichen Erwägungen erhebliche Bedenken, die Informationen, die sich aus dieser Musterberechnung für den Versicherungsinteressenten ergeben, der Beklagten als Erfüllung ihrer Aufklärungspflicht zuzurechnen. Im Versicherungsantrag (Anl. LW 3) weist die Beklagte in Abschnitt „N. Erklärung des Antragstellers“ darauf hin, dass sie „durch Aussagen und Versprechungen Dritter“ „in keiner Weise“ „gebunden“ sei. Der Kläger hatte demnach keinen Anlass, die unstreitig nicht von der Beklagten stammende Musterberechnung heranzuziehen, um die Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung zu verstehen (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 45).
64 
Im Übrigen leistete die Musterberechnung nicht im erforderlichen Maße die notwendige Aufklärung. Zwar stellen die Tabellen „Voraussichtliche Entwicklung der Wealthmaster-Police unter der Annahme verschiedener Wachstumsraten (bei Auszahlung zum Jahresende)“ (S. 8 der Musterberechnung) sowie „Voraussichtliche Entwicklung der Wealthmaster-Police unter der Annahme verschiedener Wachstumsraten (bei Auszahlung zum Jahresende) bei einer Rentenhöhe von 1.500 pro Monat“ (S. 9 der Musterberechnung) dar, wie sich der Vertragswert bei unterschiedlichen Renditesätzen entwickelt. In der jeweils letzten Tabellenzeile sind in Abhängigkeit von den angenommenen Renditesätzen unterschiedliche „monatliche Rente“-Sätze ausgewiesen. Das Risiko des vollständigen Wertverzehrs bei noch niedrigeren Renditesätzen verdeutlichen jedoch beide Tabellen nicht hinreichend, zumal die in der letzten Zeile der Tabelle S. 9 ausgewiesene Monatsrente ausdrücklich als „monatliche Rente ohne Kapitalverzehr ab dem 15. Jahr“ bezeichnet ist. Die Abschätzung, wie sich eine gleichbleibend hohe Rentenzahlung auf den Kapitalwert auswirkt, wenn die Rendite geringer als 5 % wäre, vermag der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne finanzmathematische Kenntnisse nicht vorzunehmen.
65 
Der unter der Tabelle S. 8 der Musterberechnung angebrachte, pauschal gehaltene, relativ klein gedruckte, nicht hervorgehobene und deshalb nicht ins Auge stechende Hinweis, die Rente könne niedriger und das „Wealthmaster“-Depot höher oder tiefer als prognostiziert ausfallen, ist nicht geeignet, die oben beschriebene Problematik zu erläutern und zu verdeutlichen.
66 
3.3.3 Die Beklagte hat ihre Aufklärungspflichten auch nicht durch persönliche Beratung und Aufklärung der Versicherungsinteressenten mittels Kundenberater erfüllt. Einen entsprechenden Beweis konnte sie nicht führen. Vielmehr ist das Gegenteil bewiesen.
67 
3.3.3.1 Die Erfüllung ihrer Aufklärungspflichten auf diesem Wege ist der Beklagten nicht bereits deshalb abgeschnitten, weil sie in der Phase der Anbahnung des Vertrags mit dem Kläger unstreitig keinen eigenen Vertrieb unterhalten hat. Sie bediente sich statt eines eigenen Vertriebs eines gestuften Systems von Maklern, an dessen Spitze Masterdistributoren standen, über die die Vermittlung von Versicherungspolicen an Versicherungsinteressenten erfolgte und gesteuert wurde, ohne selbst mit den Kunden in Kontakt zu treten. Sie hat es damit diesen Vermittlern überlassen, den Versicherungsinteressenten die Angebote der Beklagten nahezubringen, ihnen dabei die notwendigen Auskünfte zum Vertragsinhalt und zum angebotenen Versicherungsprodukt zu geben, auftauchende Fragen hierzu zu beantworten und die Verhandlungen bis zum Abschluss zu führen. In diesem Sinne bezeichnete der Bundesgerichtshof diese Form des Vertriebs zutreffend als „Strukturvertrieb“ (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 51). Folge dieser Art des Vertriebs ist, dass den Vermittlern mit Wissen und Wollen der Beklagten deren Aufgaben, die ihr oblagen, zur Erledigung übertragen wurden. Damit stand der Vermittler F. - unabhängig von seiner etwaigen Selbständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Kläger - im Lager der Beklagten und wurde in deren Pflichtenkreis als ihre Hilfsperson tätig. Seine Aufklärungstätigkeit kann sich die Beklagte als Erfüllung eigener Aufklärungspflichten zurechnen lassen, muss sich jedoch gem. § 278 BGB umgekehrt unzureichende Aufklärung wie eine eigene Pflichtverletzung zurechnen lassen (BGH aaO Tz. 51).
68 
3.3.3.2 Die Vornahme einer solchen Zurechnung verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Ebensowenig, wie die im nationalen Recht verankerten Pflichten der Vertragsparteien nicht die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Beklagten berührt, ist dies bei der vorgenommenen Verhaltenszurechnung der Fall. Wie die Beklagte ihre Pflichten vor Vertragsabschluss erfüllt, steht in ihrem Ermessen. Der von ihr gewählte Weg, sich eines Strukturvertriebs zu bedienen, den sie durch ihre Vereinbarungen mit Masterdistributoren steuert, kann nicht dazu führen, sie von ihren Pflichten zu befreien. Solches verlangt – wie dargestellt – auch nicht das zum Zeitpunkt des Vertragsabschluss geltende europäische Gemeinschaftsrecht.
69 
3.3.3.3 Tatsächlich hat der Versicherungsvermittler R. F. die erforderliche Aufklärung nicht geleistet und die in den schriftlichen Unterlagen vorhandenen Aufklärungsdefizite nicht ausgeglichen.
70 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass weder der Zeuge F. noch der ebenfalls in die Beratung eingebundene, mittlerweile verstorbene Vermittler H. dem Kläger die Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung und die daraus resultierenden Risiken aufgezeigt und nahegebracht haben.
71 
Der Kläger bekundete, „Zahlen“ mit Ausnahme der immer wieder werbewirksam herausgestellten Rendite von 7,8 % seien nicht erörtert worden. Auch die Unterlagen wie Prospekte, Werbebroschüren, Verbraucherinformationen und Policenbedingungen seien nicht durchgesprochen worden. Dies habe ihn auch nicht interessiert; er habe vielmehr dem Vermittler aufgrund seiner Sachkunde in vollem Umfang vertraut. Risiken habe der Vermittler nicht genannt. Die „Rente“ könne zwar möglicherweise auch geringer ausfallen als prognostiziert, was jedoch wegen der hervorragenden Rendite unwahrscheinlich sei. Im Gegenteil sei eine Rente von monatlich 1.000 bis 1.500 DM zu erwarten. Entscheidend sei jedoch gewesen, dass nach den Aussagen des Vermittlers in jedem Falle die Rückzahlung des Darlehens gesichert sei.
72 
Der Zeuge F. bestätigte dies. Er bekundete, er habe sein aus Schulungen gewonnenes Wissen weitergegeben, dass die Beklagte deshalb bessere Renditen als deutsche Wettbewerber erziele, weil sie mehr in Aktien investiere und ihre Versicherungsnehmer – anders als deutsche Versicherer – an den stillen Reserven beteilige. Angesichts der in der Vergangenheit erzielten Renditen von mindestens 12 % sei die den Musterberechnungen zu Grunde gelegte Renditeprognose von lediglich 7,8 % belastbar gewesen. Auch wenn es sich dabei um einen angenommenen Durchschnittswert mit Schwankungsbreiten nach oben und unten gehandelt habe, sei dieser Durchschnittswert gesichert erschienen, weil das Glättungsverfahren eventuelle Rendite-Schwankungen nach unten ausgleichen würde. Der Zeuge betonte weiter, angesichts der hervorragenden Ergebnisse der Vergangenheit habe er die angenommene Rendite von 7,8 % als gesichert angesehen. Er habe bei dem Versicherungsprodukt der Beklagten nach Risiken gesucht, jedoch keine gefunden. Die „Wealthmaster“-Versicherung habe sich als „eierlegende Wollmilchsau“ der Versicherungsprodukte dargestellt.
73 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass beide Auskunftspersonen im Rahmen ihrer Erinnerung an die nahezu 13 Jahre zurückliegenden Geschehnisse die Wahrheit sagten. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge bemühten sich, alle Fragen des Senats und der Prozessbeteiligten zufriedenstellend zu beantworten. Dass beide mit Blick auf vorhandene Erinnerungslücken dennoch immer wieder ihre Angaben relativieren und modifizieren mussten, entspricht der Aussagequalität, die bei einer nur noch schwammigen und getrübten Erinnerung auch und gerade bei einer um Wahrheit bemühten Auskunftsperson erwartet werden kann.
74 
Dennoch verdeutlichte die etwas unbeholfene Aussage des Klägers sehr anschaulich die Umstände, die ihn zu seinem Entschluss veranlasst hatten, sich für die „Lex-Konzept-Rente“ und die „Wealthmaster“-Versicherung zu entscheiden. Er vertraute bedingungslos auf die Sachkunde des Vermittlers F., der ihm die Lebensversicherung der Beklagten als sichere Anlageform mit hoher, zuverlässiger Rendite und daraus folgend auch mit einer als gesichert erscheinenden Rentenzahlung darstellte. Dass die Rente auch geschmälert werden oder gar wegfallen könnte, erschien ihm lediglich als theoretische Annahme möglich, mit der er sich ebenso wenig auseinander gesetzt hatte wie der Vermittler. Der Fall, dass die Beklagte nachhaltig und über längere Dauer nicht in der Lage sein könnte, eine Rendite von 7,8 % zu erwirtschaften, kam beiden nicht in den Sinn und lag außerhalb ihrer Gedankenwelt und Vorstellungskraft.
75 
Die Angaben des Klägers verdeutlichten auch, dass er offenkundig in Kapitalanlage- und Versicherungsdingen unerfahren war und ist und sich mit der Durchdringung der Materie und den erforderlichen Risikoanalysen überfordert fühlte. Dies erklärt einerseits sein geradezu blindes Vertrauen in die Kompetenz scheinbarer Fachleute und sein andererseits festzustellendes mangelndes Interesse, sich die Kenntnisse von der Funktionsweise der Versicherung anhand der Unterlagen selbst zu erarbeiten.
76 
Ein Verzicht auf eine Beratung und Aufklärung lässt sich hieraus nicht ableiten. Vielmehr hätte der Zeuge F. auf die Möglichkeiten des Klägers, sich die Funktionsweise der Versicherung zu erschließen, Bedacht nehmen müssen. Dies ist nicht geschehen. Sowohl aus den Angaben des Klägers als auch des Zeugen lässt sich ersehen, dass der Zeuge F. den Kläger zu keinem der oben in Abschnitt 3.1 dargestellten Gesichtspunkte auch nur annähernd sachgerecht aufgeklärt hat.
77 
Dass der ebenfalls mit der Beratung des Klägers befasste Vermittler H. den Kläger im erforderlichen Umfang aufgeklärt hat, lässt sich weder den Angaben des Klägers noch des Zeugen entnehmen.
78 
3.4 Der Entschluss des Klägers, die „Wealthmaster“-Versicherung bei der Beklagten zu nehmen, beruht auf dieser Aufklärungspflichtverletzung.
79 
3.4.1 Für einen solchen Ursachenzusammenhang spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11, TZ 66m. w. N.). Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die diese Vermutung entkräften könnten. Sie ist nicht als Anscheinsbeweis oder tatsächliche Beweiserleichterung zu verstehen, sondern als echte Beweislastumkehr. Nach der neueren, mittlerweile senatsübergreifenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 8.5.2012, XI ZR 262/10 Tz. 33 sowie Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 66) greift diese Beweislastumkehr auch nicht nur dann ein, wenn hypothetisch die ordnungsgemäße Aufklärung dem Aufgeklärten vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative offen gestanden hätte, also keinen Entscheidungskonflikt eröffnet hätte. Vielmehr greift die Beweislastumkehr bereits dann ein, wenn nur die Verletzung der Aufklärungspflicht feststehe. In der Folge muss derjenige, dem die ordnungsgemäße Aufklärung oblag, nachweisen, dass der nicht ordnungsgemäß Aufgeklärte sich für dieselbe Handlungsalternative entschieden hätte, die er als Folge der Aufklärungspflichtverletzung tatsächlich gewählt hat. Es ist der Beklagten nicht gelungen, solche Umstände nachzuweisen, die eine solche hypothetische gleichgelagerte Entscheidung des Klägers auch nur nahegelegt hätte.
80 
3.4.2 Vielmehr ist der Senat nach der Vernehmung des Klägers als Partei davon überzeugt, dass dieser die Versicherung nicht genommen hätte, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre, mithin die Aufklärungspflichtverletzungen für den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ursächlich waren.
81 
Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck, den der Kläger anlässlich seiner Parteivernehmung hinterlassen hat, keinen Zweifel daran, dass der Kläger an nichts weniger interessiert war als an einer Anlage mit spekulativen Elementen und damit einhergehenden Unsicherheiten. Sicherheit stand für den Kläger nachvollziehbar und glaubwürdig an oberster Stelle. Daraus leitet der Senat ab, dass der Kläger sich nicht für das Anlagekonzept entschieden hätte, wenn er erkannt hätte, dass die „Wealthmaster“-Versicherung als zentrales Element der dauerhaften Wertschöpfung wegen ihrer starken Anbindung an die Aktienmärkte gerade nicht die gewünschte konstante - und vor allem konstant hohe – Rendite zu garantieren vermochte.
82 
3.5 Der Kläger ist aktivlegitimiert, die aus diesen Pflichtverletzungen erwachsenden Ansprüche auf Ersatz des Vertrauensschadens in eigenem Namen geltend zu machen. Der Kläger hat zwar seine Ansprüche an die Landesbank H. umfassend abgetreten, wie aus der Anlage K 14 ersichtlich ist. Diese Abtretungsvereinbarung umfasst jedoch sowohl nach ihrem Wortlaut („Die Abtretung umfasst die gegenwärtigen und künftigen Rechte und Ansprüche aus dem genannten Renten-/Lebensversicherungsvertrag in voller Höhe“) und dem Sicherungszweck nur Primäransprüche, nicht auch Schadensersatzforderungen. Ansprüche „aus einem Vertrag“ sind nicht solche, die darauf gründen, dass ein solcher Vertrag gerade nicht abgeschlossen worden wäre. Soweit Zweifel zu Lasten des Klägers als Verbraucher verblieben, gingen diese zu Lasten des Klausel-Verwenders, der Landesbank H., § 305 c Abs. 2 BGB. Damit ist der Kläger als Zedent von Anfang an selbst Inhaber etwaiger Schadensersatzforderungen geblieben (vgl. BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 286/10, Tz. 15 – 17).
83 
3.6 Durch den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ist dem Kläger der vom Landgericht erkannte Schaden entstanden.
84 
3.6.1 Dieser liegt in der Belastung mit einem für den Kläger nachteiligen Vertrag. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Information eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt. Zwar setzt der auf Rückabwicklung des Vertrages aufgrund einer Verletzung von Aufklärungspflichten gerichtete Schadensersatzanspruch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Vermögensschaden voraus; hierfür genügt aber jeder wirtschaftliche Nachteil, der für den Gläubiger mit dem aufgrund der Aufklärungspflichtverletzung eingegangenen Vertrag verbunden ist, so z.B. die nachhaltige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit. Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH 11.7.2012, IV ZR 164/11, Tz. 64).
85 
3.6.2 Das ist hier der Fall. Der Vertrag ist für den Kläger nachteilig, da er ihn in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit beeinträchtigt. Der Kläger muss die Darlehensverbindlichkeiten, zu deren Eingehung er aufgrund der unzureichend dargestellten Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung veranlasst worden ist, bis Ende Oktober 2013 zurückführen. Hierfür muss er entweder den Verkaufserlös aus dem neben dem Lebensversicherungsvertrag aus Fremd- und Eigenmitteln angesparten Investmentfondsdepot verwenden oder außerplanmäßige Auszahlungen aus dem Lebensversicherungsvertrag beantragen. Ein weiterer wirtschaftlicher Nachteil ergibt sich aus der enttäuschten langfristigen Gewinnerwartung. Der Kläger muss damit rechnen, dass der deklarierte Wertzuwachs deutlich niedriger ausfällt als mit der Musterberechnung in Anl. K 4 auf Basis einer Rendite von 7,8 % prognostiziert. Möglich ist auch, dass ein Fälligkeitsbonus, mit dem die Anleger am Ende der Laufzeit an den gebildeten Reserven teilnehmen können, nicht ausgezahlt werden wird.
86 
3.6.3 Die Höhe des eingetretenen Schadens, definiert als die Vermögenseinbuße, die dem Kläger erspart geblieben wäre, wenn er – verleitet durch die unzulängliche Aufklärung und Beratung der Beklagten – die „Wealthmaster“-Versicherung und die sonstigen Verträge der „Lex-Konzept-Rente“ nicht abgeschlossen hätte, ist in der geltend gemachten Höhe von 24.237,76 EUR nachgewiesen. Mittels der Kontoauszüge im Anlagenkonvolut K 16 sind Zahlungen des Klägers aus eigenen Mitteln auf das Darlehen bei der L. Privat-Bank AG jedenfalls in der geltend gemachten Höhe von 5.608,85 EUR belegt. Mit Bindungswirkung für den Senat hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger darüberhinaus beim Abschluss der Lex-Konzept-Rente Eigenkapital in Höhe von 18.628,91 EUR eingesetzt hat. Diese Beträge greift die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht an.
87 
3.7 Die Beklagte schuldet Ersatz des gesamten Vertrauensschadens, der dem Kläger nicht nur aus dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung, sondern aus der Zeichnung der „Lex-Konzept-Rente“ insgesamt entstanden ist. Der Senat weist damit nicht der Beklagten die Verantwortung für das Anlage-Konzept der Fa. Lex zu; vielmehr umfasst die Haftung für den Vertrauensschaden des Klägers die Rückabwicklung auch der Darlehens- und Avalverträge mit den kreditierenden bzw. sichernden Bankinstituten sowie der Beteiligung an Investmentfonds deshalb, weil diese Geschäfte untrennbar mit dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung verbunden waren. Die vermeintlich renditestarke Lebensversicherung war das Kernstück des gesamten Anlagekonzepts. Nur um auf die Renditestärke der „Wealthmaster“-Versicherung zugreifen zu können, ging der Kläger die Kreditverbindlichkeiten ein. Die Beteiligung an Investmentfonds diente lediglich als Tilgungsinstrument für die Darlehensverbindlichkeiten. Plangemäß sollte nach deren Ablösung die wahre Gewinnzone des gesamten Anlagemodells erreicht werden, die alleine durch die Rendite der Lebensversicherung bestimmt würde. Dies rechtfertigte auch die Auslegung des Anlagemodells als „Altersvorsorge“ und als „Rente“, die allein aufgrund der langen Laufzeit der Lebensversicherung mutmaßlich über die Lebenszeit des Klägers hinausweisen würde.
88 
Demzufolge erfasst die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung der Lebensversicherung notwendigerweise auch die Begleitgeschäfte, die für den Abschluss der Lebensversicherung unerlässlich waren.
89 
3.8 Steuervorteile muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen, weil der erstrebte Schadensersatzbetrag der Besteuerung unterliegt. Damit werden die in der Vergangenheit erlangten Steuervorteile in solchem Maße kompensiert, dass eine Vorteilsausgleichung der bislang erzielten Steuervorteile nicht angemessen erscheint.
90 
3.9 Die Ansprüche des Klägers auf Ersatz seines Vertrauensschadens sind nicht verjährt.
91 
3.9.1 Verjährung gem. § 195, 199 Abs. 1 BGB ist nicht eingetreten. Obwohl der Schaden bereits durch den Vertragsabschluss entstanden ist, also vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, bemisst sich die Verjährung nach dem seit 1.1.2002 geltenden Recht. Ansprüche aus c.i.c. verjährten nämlich bis zum 31.12.2001 in Ermangelung abweichender gesetzlicher Regelungen nach der damaligen Regelverjährung von 30 Jahren. Da die nunmehr unter §§ 280 Abs.1, 311 Abs. 2 BGB kodifizierten Schadensersatzansprüche aus Pflichtverletzungen bei Vertragsanbahnung, die lediglich das bisherige Richterrecht zur c.i.c in Gesetzesform gegossen haben, der neuen Regelverjährung gem. § 195 BGB mit einer Dauer von lediglich 3 Jahren unterliegen, ist diese kürzer als die alte Verjährungsfrist. Gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 EGBGB ist demnach das ab 1.1.2008 geltende Verjährungsrecht mit der kürzeren Regelverjährungsfrist anzuwenden.
92 
3.9.2 Der Senat kann nicht feststellen, dass der Kläger vor dem Jahr 2008 Kenntnis von den dargestellten Verletzungen der Aufklärungs- und Informationspflichten erlangt hat oder aus grober Fahrlässigkeit nicht erlangt hat, wie dies für das Anlaufen der Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlich wäre.
93 
Die unzureichende Renditeentwicklung begründet noch kein ausreichendes Indiz dafür, dass die Beklagte und ihre Hilfspersonen sämtliche oben bezeichneten Aufklärungspflichten verletzt. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 29.10.2010 selbst darauf hinweist, der Fehlschlag des Anlagekonzepts könne noch gar nicht abschließend beurteilt werden, weil die „Wealthmaster“-Versicherung sich noch derart renditestark entwickeln könne, dass sämtliche Anlageziele noch erreicht werden könnten (vgl. Bl. 66 d. A.). Vor diesem Hintergrund mutet der Vortrag seltsam an, der Kläger habe sich mindestens grob fahrlässig der gegenteiligen Erkenntnis verschlossen.
94 
3.10 Im Wege des auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzes hat die Beklagte den Kläger auch von seinen Darlehensverbindlichkeiten freizustellen. Im Gegenzug muss der Kläger die erlangten Vorteile (Vertragswert der „Wealthmaster“-Versicherung sowie das Wertpapier-Depot) an die Beklagte herausgeben, was der Kläger bei seiner Antragstellung berücksichtigt hat.
95 
3.11 Die Beklagte schuldet unter Schadensersatzgesichtspunkten auch die Erstattung der aufgewendeten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in geltend gemachter Höhe.
96 
4. Damit hat die Berufung des Klägers in vollem Umfang Erfolg. Da der vom Landgericht zuerkannte Erfüllungsanspruch nur für den Fall geltend gemacht ist, dass dem Schadensersatzbegehren kein Erfolg beschieden ist, führt der Erfolg der klägerischen Berufung auch insoweit zur Abänderung, als die Verurteilung entsprechend dem Hilfsbegehren ersatzlos entfällt. Damit ist zugleich auch das Berufungsbegehren der Beklagten erledigt, ohne dass es einer Erledigungserklärung bedürfte.
97 
5. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen. Der klägerische Hauptantrag war bereits im ersten Rechtszug begründet, was der Berufung des Klägers zum Erfolg verhilft. Die Berufung der Beklagten hat hingegen keinen Erfolg. Mit der Abänderung des angefochtenen Urteils ist nicht die Feststellung verbunden, dass der vom Landgericht festgestellte Anspruch nicht bestehe.
98 
6. Die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
99 
7. Ein Bedürfnis zur Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 11.7.2012 (Leitentscheidung IV ZR 164/11) hinreichend geklärt. Die Sache hat daher keine grundsätzliche Bedeutung mehr, das Recht ist in den entscheidenden Fragen bereits fortgebildet. Die vorliegende Entscheidung weicht von den rechtlichen Obersätzen des Bundesgerichtshofs nicht ab, so dass auch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht berührt ist.
64
Dieser liegt in der Belastung mit einem für den Kläger nachteiligen Vertrag. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Information eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt (Urteile vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04, BGHZ 162, 306, 309 f.; vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 Rn. 17; vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, NJW-RR 2004, 1407 unter II). Zwar setzt der auf Rückabwicklung des Vertrages aufgrund einer Verletzung von Aufklärungspflichten gerichtete Schadensersatzanspruch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Vermögensschaden voraus (Urteile vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302 unter II 2 a bb; vom 19. Dezember 1997 - V ZR 112/96, NJW 1998, 898 unter III 1 a; vom 8. März 2005 aaO; vom 30. März 2007 - V ZR 89/06, MDR 2007, 823; ebenso OLG Celle NJW-RR 2006, 1283, 1284). Hierfür genügt aber jeder wirtschaftliche Nachteil, der für den Gläubiger mit dem aufgrund der Aufklärungspflichtverletzung eingegangenen Vertrag verbunden ist, so z.B. die nachhaltige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit (Urteil vom 30. März 2007 aaO). Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (Urteile vom 8. März 2005 aaO; vom 26. September 1997 aaO unter II 2 b cc).

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/11) abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 6.8.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247… und Kreditnr. 247… freizustellen.

3. Die Verurteilung zu Ziffer 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus der mit der Beklagten bestehenden Versicherung Policennr. 501 … sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 … der F. Bank GmbH.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers wegen des Zahlungstitels durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Geldbetrags, wegen der Freistellung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung des Zahlungstitels Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Geldbetrags oder vor Vollstreckung des Freistellungstitels Sicherheit in Höhe von 220.000 EUR geleistet hat.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert:

1. Berufung des Klägers:

        

   Zahlungsantrag:

24.237,76 EUR

   Freistellungsantrag:

194.866,11 EUR

2. Berufung der Beklagten:     

25.557,83 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz seines Vertrauensschadens wegen der angeblichen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss der 45 Jahre laufenden, anteilsgebundenen „Wealthmaster“-Lebensversicherung Nr. 501 …, die er gegen Zahlung einer kreditfinanzierten Einmalprämie in Höhe von 254.747 DM bei der Beklagten genommen hat. Seinen Schaden beziffert er mit 24.237,76 EUR zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe. Darüber hinaus begehrt er die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten, die er zur Finanzierung der Einmalprämie für die „Wealthmaster“-Versicherung eingegangen ist, schließlich Ersatz vorgerichtlich aufgewandter Anwaltskosten in Höhe von 4.994,19 EUR zuzüglich Prozesszinsen.
Die „Wealthmaster“-Versicherung ist eingebunden in ein umfassenderes Anlagekonzept namens „Lex-Konzept-Rente“, wegen dessen Einzelheiten auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen wird. Zur Sicherung des Darlehens hat der Kläger seine Rechte aus der „Wealthmaster“-Versicherung und an dem entsprechend dem Anlagekonzept unterhaltenen Wertpapierdepot an die kreditierende Bank abgetreten bzw. verpfändet. Er bietet an, seine Ansprüche auf Rückgewähr der gegebenen Sicherheiten an die Beklagte Zug um Zug gegen die begehrte Schadensersatzzahlung sowie die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten zu übertragen.
Mit Schriftsatz vom 25.8.2011 begehrte er klageerweiternd hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, im Zeitraum von 21.3.2000 bis 21.12.2044 regelmäßige Auszahlungen in Höhe von vierteljährlich 3.915 DM (= 2001,71 EUR) mit einer jährlichen Erhöhung von 1 % vorzunehmen, wie sie unstreitig in dem bezeichneten Versicherungsschein aufgeführt sind. Zu ergänzen ist, dass der Kläger diese regelmäßigen Auszahlungen bereits im Versicherungsantrag (Anlage LW 3) beantragt hat.
Der Kläger erhob im ersten Rechtszug den Vorwurf, er sei weder durch die Beklagte selbst noch durch den Vermittler ordnungsgemäß aufgeklärt und beraten worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Da die Beklagte unstreitig keine eigene Vertriebsorganisation unterhielt, sondern sich für den Vertrieb ihrer "Wealthmaster"-Versicherungen sogenannter "Masterdistributoren", vorliegend der Fa. Lex Vermögensverwaltung AG, und deren Untervermittler, vorliegend des Streitverkündeten und Zeugen R. F., bediente, müsse sich die Beklagte – so meint der Kläger - auch Pflichtverletzungen des Untervermittlers zurechnen lassen. Er behauptet, bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die maßgeblichen Umstände hätte er die Lex-Konzept-Rente unter Einbindung der „Wealthmaster“-Versicherung nicht ins Auge gefasst. Er wolle deshalb so gestellt werden, als hätte er die „Wealthmaster“-Versicherung nicht genommen und die „Lex-Konzept-Rente“ nicht gezeichnet.
Die Beklagte trat dem allem entgegen und berief sich ergänzend darauf, die geltend gemachten Forderungen seien jedenfalls verjährt.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens im Einzelnen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte entsprechend dem klägerischen Hilfsantrag verurteilt, die im Versicherungsschein ausgewiesenen regelmäßigen Auszahlungen ohne Rücksicht auf den Vertragswert der „Wealthmaster“-Versicherung vorzunehmen, im Übrigen die Klage jedoch abgewiesen. Es stützte sich im Wesentlichen auf die damalige Auffassung des Senats, die bestehenden unbedingten und vorbehaltlosen Erfüllungsansprüche stünden einem Schadenseintritt entgegen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen, die das Landgericht getroffen hat, sowie seiner rechtlichen Erwägungen im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Unter Bezugnahme auf ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen und dessen Vertiefung greift die Beklagte das landgerichtliche Urteil wie folgt an:
1. Das Urteil beruhe auf einer fehlerhaften Tatsachengrundlage, indem das Landgericht fälschlich feststellte, der von der Beklagten erwirtschaftete Ertrag führe zur Zuteilung weiterer Pool-Anteile; in Wahrheit erfolge die wirtschaftliche Beteiligung der Versicherungsnehmer durch eine Werterhöhung der vorhandenen Pool-Anteile.
10 
2. Das Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern, nämlich
11 
- einer unvollständigen Beweiserhebung, indem das Landgericht tatsächliche Feststellungen zum Themenkomplex der angeblich garantierten Auszahlungen getroffen habe, obwohl es den Zeugen F. hierzu nicht befragt habe.
12 
- der Zulassung der Klageerweiterung um den nachträglich gestellten klägerischen Hilfsantrag, obwohl diese weder sachdienlich gewesen sei noch die Beklagte die erforderliche Einwilligung erteilt habe,
13 
- der Zulassung des klägerischen Hilfsantrags, obwohl dieser unzulässig gewesen sei, weil er weder hinreichend bestimmt sei noch dem Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse sowie die notwendige Aktivlegitimation zur Seite stehe.
14 
3. Das Landgericht habe das materielle Recht falsch angewandt, indem es
15 
- zu Unrecht einen individuell vereinbarten Anspruch auf Vornahme der „regelmäßigen Auszahlungen“ ohne Rücksicht auf den Vertragswert erkannt habe, obwohl sich aus den klaren und eindeutigen Versicherungsbedingungen anderes ergebe und die Parteien keine abweichende Individualvereinbarung getroffen hätten,
16 
- nicht berücksichtigt habe, dass die regelmäßigen Auszahlungen in der Vergangenheit im beantragten Umfang erbracht worden seien.
17 
Alle diese Fehler hätten sich in einer falschen Sachentscheidung niedergeschlagen.
18 
4. Vorsorglich weist die Beklagte darauf hin, dem Kläger stünde auch kein Schadensersatzanspruch auf Ersatz des negativen Interesses zu, wie mit dem Hauptantrag geltend gemacht.
19 
- Die Klägerin habe nicht die vom Landgericht angeführten Pflichten zur Aufklärung des Klägers gehabt, habe diese also auch nicht verletzen können.
20 
- Aufklärungs- und Beratungspflichten der Beklagten seien nach den Vorschriften des § 10 a VAG a. F. zu bemessen, die die Beklagte erfüllt habe. Weitergehende Aufklärungspflichten hätten nicht bestanden, insbesondere nicht hinsichtlich der Risiken der Fremdfinanzierung sowie der Lex-Konzept-Rente.
21 
- Keinesfalls müsse sich die Beklagte etwaige Pflichtverletzungen des Versicherungsvermittlers zurechnen lassen.
22 
- Die angeblichen Pflichtverletzungen seien auch nicht kausal geworden für die Entscheidung des Klägers, die „Wealthmaster“-Versicherung bei der Beklagten zu nehmen.
23 
- Schließlich sei dem Kläger auch kein Schaden entstanden. Zu ersetzen seien nur die Schäden, die in dem Bereich liegen, der durch die angeblich verletzten Aufklärungspflichten geschützt werden solle. Soweit der Kläger mangelhafte Aufklärung über das Glättungsverfahren und die „Pool-übergreifende Reservenbildung“ geltend mache, sei ein Schadenseintritt nicht ersichtlich. Eine angeblich fehlerhafte Aufklärung über die erzielbaren Renditen könne nur zur Verpflichtung führen, die Differenz zwischen der in Aussicht gestellten und der tatsächlich erwirtschafteten Rendite zu erstatten.
24 
- Im Übrigen müsse die Beklagte keinesfalls für das Scheitern des Anlagekonzepts „Lex-Konzept-Rente“ einstehen. Eine solche Haftung setze die Schadensberechnung des Klägers jedoch stillschweigend voraus.
25 
- Jedenfalls wäre ein etwaiger Schadensersatzanspruch bereits verjährt.
26 
5. Der Fall könne nicht nach den Grundsätzen beurteilt werden, die der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.7.2012 in dem Verfahren IV ZR 164/11 entwickelt habe. Zu Unrecht habe er die im Kapitalanlagerecht entwickelten Grundsätze über Aufklärung und Beratung des Anlegers und die Zurechnung von Gehilfen-Handeln entsprechend angewandt. Er weiche damit nicht nur von seiner bisherigen, gefestigten Rechtsprechung ab, sondern verkenne dabei auch die grundsätzlichen Unterschiede zum Versicherungsrecht. Zu dessen Grundsätzen gehöre es, dass das Handeln von Versicherungsmaklern, wie sie vorliegend im Lager der Klägerin tätig geworden seien, nicht dem Versicherer zuzurechnen sei. Die Beklagte vertreibe ihre Produkte auch nicht über einen „Struktur-Vertrieb“. Schließlich verstoße die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Zurechnung des Makler-Handelns gegen höherrangiges Europarecht, insbesondere die „Vermittlerrichtlinie“ des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.12.2002.
27 
Auch die vom BGH begründeten Aufklärungs- und Beratungspflichten verstießen gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Die Informationspflichten eines Versicherers seien durch EU-Richtlinien abschließend geregelt, die durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21.7.1994 umgesetzt worden seien. Mit dessen Vorgaben seien Verpflichtungen unvereinbar, „über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für den Anlageentschluss von besonderer Bedeutung seien“. Ein im Vergleich zu deutschen Versicherern angeblich höherer Aufklärungs-und Beratungsbedarf diskriminiere die Beklagte unzulässig.
28 
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die oben genannte Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs den Tatsacheninstanzen keine Vorgaben zur Bestimmung des angeblich eingetretenen Schadens mache. Tatsächlich sei dem Kläger aus dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung kein Schaden entstanden.
29 
Die Beklagte beantragt,
30 
1. unter Aufhebung – hilfsweise Abänderung - des am 27.9.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Ravensburg (AZ 1 O 113/10) die Klage abzuweisen,
31 
2. hilfsweise
32 
unter Aufhebung – hilfsweise Abänderung - des am 27.9.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Ravensburg (AZ 1 O 113/10) das Verfahren an das Landgericht Ravensburg zurückzuverweisen.
33 
Der Kläger beantragt:
34 
Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/10) wird abgeändert:
35 
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
36 
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247… und Kreditnr. 247… freizustellen.
37 
Die Verurteilung zu Ziffer 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus dem mit der Beklagten bestehenden Versicherung, Policennr. 501 … sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 … F. Bank GmbH.
38 
hilfsweise
39 
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
40 
Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen rügt der Kläger, das Landgericht habe zwar richtig erkannt, dass der Kläger Anspruch auf vorbehaltlose Erfüllung des im Versicherungsschein ausgewiesenen Auszahlungsplans habe; zu Unrecht habe das Landgericht jedoch angenommen, dass dieser Umstand einem Schadensersatzanspruch entgegenstehe. Er verfolge daher seinen erstinstanzlich vorrangig geltend gemachten Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens weiter. Der Anspruch auf Erfüllung des Auszahlungsplans bleibe auch im Berufungsrechtszug nur nachrangiges Ziel.
41 
Die Beklagte beantragt,
42 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
43 
und nimmt zur Begründung auf ihr gesamtes bisheriges Vorbringen Bezug.
II.
44 
1. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch diejenige des Klägers ist zulässig.
45 
2. Die im ersten Rechtszug vorgenommene und im Berufungsrechtszug aufrecht erhaltene Rangfolge, in der das klägerische Begehren einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden soll, erfordert vorrangig die Prüfung der klägerischen Berufung. Da diese Erfolg hat, ist das angefochtene Urteil abzuändern nach den erstinstanzlichen, im Berufungsverfahren erneut gestellten Anträgen des Klägers. Die Berufung der Beklagten bleibt damit zwangsläufig ohne Erfolg.
46 
3. Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Vertrauensschadens. Er ist vermögensmäßig so zu stellen, als hätte er im Rahmen der „Lex-Konzept-Rente“ keinen „Wealthmaster“-Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen.
47 
Die Beklagte hat den Kläger nicht ausreichend über die Funktionsweise und die dadurch begründeten Risiken ihrer „Wealthmaster“-Versicherung aufgeklärt und damit ihr obliegende Pflichten aus dem während der Vertragsanbahnung bestehenden Schuldverhältnis (c.i.c.) verletzt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vertragsanbahnung mit anschließendem Vertragsabschluss war das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz noch nicht in Kraft getreten; für die Beurteilung des in der Vergangenheit vollständig abgeschlossenen Lebenssachverhalts der Vertragsanbahnung verbleibt es deshalb bei der Anwendbarkeit des zu jenem Zeitpunkt geltenden Rechts, mithin bei den richterrechtlich entwickelten Grundsätzen des „Verschuldens bei Vertragsschluss“.
48 
3.1 Das Versicherungsprodukt „Wealthmaster“ ist so komplex gestaltet, dass es eingehender Erläuterung und Aufklärung bedarf, damit der angesprochene Kundenkreis seine Funktionsweise versteht. Dies gilt nicht nur für das Glättungsverfahren und die Pool-Verwaltung einschließlich der Reservenbildung, das Zusammenspiel von garantiertem Wertzuwachs und Fälligkeitsbonus bzw. Marktpreisanpassung, sondern insbesondere auch für das richtige Verständnis der in Aussicht gestellten Renditen. Bei der Vornahme regelmäßiger Auszahlungen bedarf es auch der Aufklärung darüber, dass diese durch Einlösung von Pool-Anteilen finanziert werden, es sich also nicht um eine besondere Versicherungsleistung in Form einer vorweggenommenen Ausschüttung von Erträgen handelt, die sonst üblicherweise erst am Ende der Vertragslaufzeit als Ablaufleistung ausbezahlt werden. Die Finanzierung der regelmäßigen Auszahlungen durch Verwertung einer entsprechenden Anzahl von Pool-Anteilen erfordert auch den Hinweis, dass der Erhalt des Kapitalstocks nur dann gewährleistet ist, wenn die nach der Einlösung verbliebenen Pool-Anteile einen Wertzuwachs erzielen, der mindestens dem Wert der eingelösten Pool-Anteile entspricht, anderenfalls sich durch die vorgenommenen Auszahlungen die Kapitalbasis für die zu erzielende Rendite immer weiter schmälert, so dass sich deren Wertverzehr beschleunigt.
49 
3.2 Zwar muss ein Versicherungsinteressent im Grundsatz selbst prüfen und beurteilen, ob er eines Versicherungsschutzes bedarf und ggfs. mit welchem Inhalt und in welchem Umfang. Dieser Grundsatz bedarf im vorliegenden Fall jedoch einer Modifikation:
50 
3.2.1 Die Beklagte ist erst nach der Deregulierung des Versicherungswesens Mitte der 1990er Jahre auf dem deutschen Markt als Wettbewerber mit deutschen Lebensversicherungen in Erscheinungen getreten. Ihr Produkt „Wealthmaster“ unterscheidet sich erheblich von den bis dahin auf dem deutschen Markt angebotenen Lebensversicherungen einschließlich fondsgebundener Lebensversicherungen deutscher Ausprägung. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Abgrenzung der in den „Wealthmaster“-Produkten gebildeten Pools im Verhältnis zu den Fonds deutscher fondsgebundener Lebensversicherungen, sondern auch hinsichtlich der Garantieverzinsung, der die konventionellen deutschen Lebensversicherungen, nicht jedoch die „Wealthmaster“-Produkte der Beklagten unterliegen, und die als Sicherheitsgesichtspunkt in den interessierten Verkehrskreisen weithin bekannt ist. Bereits diese Abweichungen von den auf dem deutschen Markt gängigen und vertrauten Versicherungsprodukten der Wettbewerber machen eine Aufklärung über die anders- und neuartige Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung erforderlich. Eine europarechtswidrige Diskriminierung gegenüber anderen Wettbewerbern ist darin nicht zu erblicken. Die Anforderungen, ein auf einem abgrenzbaren Markt neu angebotenes Versicherungsprodukt mit komplexer, neuartiger Funktionsweise und andersartigen als bis dahin üblichen Risiken klar und verständlich zu beschreiben, würden jeden beliebigen Wettbewerber, der ein solches neues Produkt auf den Markt bringt, in gleicher Weise treffen, gleichgültig, ob es sich um einen in- oder ausländischen Wettbewerber mit oder ohne eigenen Vertrieb handelte. Im Übrigen hält es die Beklagte ersichtlich nicht für europarechtswidrig, die – gemessen an den bisherigen, etablierten Produkten der Wettbewerber – außergewöhnlichen Chancen werbewirksam herauszustellen. Die Darstellung der Risiken ist lediglich die Kehrseite desselben Umstands.
51 
3.2.3 Ob sich der Abschluss der streitgegenständlichen kapitalbildenden Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt, bedarf keiner Klärung. Zwar bezeichnete die Beklagte selbst die von ihr angebotenen Versicherungsverträge als besonders geschützte „Kapitalanlage“, z. B. in ihrer Verbraucherinformation zur „Wealthmaster“-Versicherung im Abschnitt „Pools mit garantiertem Wertzuwachs“ (vgl. Anlage LW 1) oder - in übergroßem Fettdruck - im Prospekt „Pools mit garantiertem Wertzuwachs“ (vgl. Anlage K 6); auch nach den Regeln des Versicherungsvertragsrechts oblag der Beklagten nämlich die Pflicht, den Kläger über die Funktionsweise und Risiken der „Wealthmaster“-Versicherung aufzuklären und zu beraten. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind solche Beratungs- und Aufklärungspflichten dem Versicherungsvertragsrecht, dem die „Wealthmaster“-Versicherung aufgrund der gewählten Anlageform einer kapitalbildenden Lebensversicherung unterfällt, keineswegs fremd.
52 
3.2.3.1 Solche Pflichten des Versicherers bestehen nicht erst seit der – vorliegend nicht anwendbaren – normativen Regelung in § 6 VVG in der seit 1.1.2008 geltenden Fassung. Vielmehr anerkannte die höchstrichterliche Rechtsprechung schon lange Zeit zuvor Beratungs-, Aufklärungs- und Informationspflichten, die über die bloße Unterrichtung des Versicherungsnehmers durch Übergabe einer Verbraucherinformation i. S. v. § 10 a Abs. 1 VAG i. V. m. Anlage Teil D, Abschnitt 1 Nr. 2 a – f in der bis 31.12.1999 geltenden Fassung hinausgehen, sofern der Versicherungsinteressent erkennbar einer solchen Beratung bedürfe (gefestigte Rechtsprechung, z. B., BGH VersR 1992, 217 Tz. 22).
53 
3.2.3.2 Die Annahme solcher Beratungspflichten verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die Niederlassungsfreiheit. Gerade die von der Beklagten gewählte Organisationsform, interessierten Kunden ihre Versicherungsprodukte über ausgewählte Großmakler und deren Untervermittler nahe zu bringen, zeigt, dass es nicht erforderlich ist, einen eigenen Vertrieb zu unterhalten, sondern genügt, sich externer Vertriebspartner zu bedienen. Davon zu trennen ist die anderweitige Problematik, ob sich die Beklagte hierdurch den ihr nach nationalem Recht obliegenden Pflichten entziehen kann. Dies ist zu verneinen. Soweit ersichtlich, sind gegen die oben beschriebenen, im nationalen deutschen Recht entwickelten Aufklärungs-, Beratungs- und Informationspflichten Bedenken wegen ihrer Vereinbarkeit mit europäischem Gemeinschaftsrecht bislang nicht erhoben worden. Der Erwägungsgrund Nr. 19 der bei Abschluss des streitbefangenen Versicherungsvertrags maßgeblichen Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 (Dritte Richtlinie Lebensversicherung) weist ausdrücklich darauf hin, dass die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor sei. Vielmehr sei den Mitgliedstaaten die Möglichkeit belassen, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen. Diese Möglichkeit stelle zugleich eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar.
54 
3.3. Zur Erfüllung dieser Aufklärungs- und Unterrichtungspflichten stand der Beklagten der Weg offen, einen Interessenten durch schriftliches Informationsmaterial aufzuklären, oder durch ein persönliches Gespräch mit Kundenberatern.
55 
3.3.1 Bei einer Aufklärung im erstgenannten Informationsweg hätten die von der Beklagten ausgegebenen Prospekte sowie Informations- und Vertragsunterlagen sachlich richtig, vollständig und verständlich sein sowie ein schlüssiges Gesamtbild der Versicherung geben müssen (vgl. auch BGH NZG 2011, 68-69 [juris Tz. 18]; NJW-RR 2007, 1692-1693 [juris Tz. 9]; 925-927 [Tz. 4]; WM 2005, 833-838 juris Tz. 39]; NJW 2004, 1732-1734 [Tz. 22]). Zur Erfüllung dieser Pflichten genügte es nicht, dem Versicherungsinteressenten schriftliche Unterlagen zu überlassen, aus denen nur der kundige oder bereits problembewusste Interessent auch von sich aus inhaltsgleiche Folgerungen hätte ableiten können (vgl. BGH NJW 1983, 1730-1731 [juris Tz. 12]).
56 
3.3.2 Die im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden schriftlichen Informations- und Vertragsunterlagen (Policenbedingungen in Anlage K 1, die Pool-Informationen in Anlagen K 6 sowie die Verbraucherinformation in Anlage LW 1) der Beklagten genügten diesen Anforderungen nicht. Alle diese Vertragsunterlagen und Informationspapiere sind in den zentral bedeutsamen Punkten unzureichend und nicht geeignet, um einen durchschnittlichen Versicherungsinteressenten wie den Kläger über die ihn – wie jeden anderen potentiellen Versicherungskunden - maßgeblich interessierende Funktionsweise der Versicherung und ihre spezifischen Chancen und Risiken im geschuldeten Umfang aufzuklären. Im einzelnen handelt es sich um folgende Gesichtspunkte:
57 
3.3.2.1 Die Berechnung des Vertragswertes lässt sich weder aus den AGB noch der Verbraucher- oder Poolinformation nachvollziehen. Die maßgeblichen Parameter zur Bemessung des deklarierten Wertzuwachses, des Fälligkeitsbonus und der Marktpreisanpassung sind unbestimmt und für den Versicherungsnehmer nicht transparent. Aus seiner Sicht erscheint die Festlegung dieser Größen zur Bestimmung der vertraglichen Leistung der Beklagten in deren weitgehend freies Ermessen gestellt. Dass die Beklagte staatlicher Versicherungsaufsicht untersteht, hilft dem Versicherungsinteressenten nicht in seinem Bemühen, die Funktionsweise des angebotenen Versicherungsprodukts zu verstehen und auf die Tauglichkeit für seine Bedürfnisse und Anlageziele zu prüfen.
58 
3.3.2.2 Erst nach genauem Studium der Vertragsunterlagen wird klar, dass die Beklagte – was unstreitig ist - tatsächlich nur die Höhe des jeweiligen Anteilspreises und seinen Wertzuwachs auf die Dauer eines Jahres garantiert, nicht jedoch den Vertragswert, der sich aus dem rechnerischen Produkt von Anteilsbestand und Anteilspreis ergibt. Da nach der von der Beklagten praktizierten Methode die Kosten der Vertragsverwaltung zu Lasten des Anteilsbestands verrechnet werden, kann der Anteilsbestand in den Zeiten sinken, in denen die Erträge niedriger als die Kosten sind. Als Folge kann somit der Vertragswert als Produkt von Anteilspreis und Anteilsbestand sinken, obwohl der Anteilspreis im garantierten Umfang gestiegen ist. Im wirtschaftlichen Ergebnis stellen damit die Garantien der Beklagten keineswegs den so „wertvollen“ „Schutz der Kapitalanlage“ dar, wie dies auf Anhieb erscheinen mag, insbesondere garantieren sie keinen Kapitalerhalt. Dies gilt insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und Stagnation, also gerade in den Krisen, in denen der durchschnittliche Versicherungsnehmer besonders auf die Wertgarantie hofft. Auch insoweit fehlt ein deutlicher Hinweis.
59 
3.3.2.3 Darüber hinaus kann bei vorzeitiger Beendigung der Vertragswert um eine nicht näher definierte Marktpreisanpassung gekürzt werden, so dass in diesen Fällen der Kapitalerhalt um so weniger gesichert ist.
60 
3.3.2.4 Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer werden diese Zusammenhänge auch deshalb nicht ohne weiteres deutlich, weil die versprochenen „Garantien“ werbemäßig und schlaglichtartig in den Vordergrund gespielt werden (vgl. z. B. Pool-Information in Anlagen K 6: „Kapitalanlage ohne alle Risiken der Aktienmärkte zu tragen“) und deshalb eine genaue Durchleuchtung dessen, was eigentlich „garantiert“ wird, entbehrlich erscheint. Bereits die Bezeichnung „Pool mit garantiertem Wertzuwachs“ suggeriert, dass nicht nur ein Kapitalerhalt, sondern ein Kapitalzuwachs zugesichert wird. Das dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer alleine durch diesen Begriff vermittelte Gefühl von Sicherheit gibt keinen Anlass, die Versicherungsbedingungen und Verbraucher- sowie Pool-Informationen zu diesem Punkt im Einzelnen durchzuarbeiten. Selbst mit juristischen und wirtschaftlichen Vorkenntnissen ist ein vollständiges Verständnis des gesamten Regelwerks der Beklagten nur mit außerordentlichem Zeitaufwand möglich.
61 
3.3.2.5 Darüber hinaus fehlt es an einer Aufklärung, wie sich nach dem Vertragsverständnis der Beklagten die regelmäßigen Auszahlungen nicht nur unmittelbar auf den Vertragswert, sondern dauerhaft auf die erzielbare Verzinsung und damit den weiteren angestrebten Ertrag der Anlage auswirkt, insbesondere dann, wenn sich in Zeiten unzureichender Erträge die Verzinsungsbasis – u. U. über längere Zeit hinweg - schmälert. Schon die grundsätzlichen Wirkungen einer sich beständig vermindernden Verzinsungsbasis dürften den wenigsten Versicherungsnehmern geläufig sein. Dies gilt erst recht hinsichtlich der finanzmathematisch komplizierten Auswirkungen zeitlich schwankender Renditen bei nominell gleichbleibenden Auszahlungsbeträgen und der rasch zunehmenden Gefahren, die wirtschaftliche Zielsetzung der Anlage endgültig nicht erreichen zu können, wenn gerade in der Anfangsphase der Vertragslaufzeit die Wertzuwächse deutlich hinter den ausgezahlten Werten zurückbleiben. Dass der Kläger im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über hinreichende Kenntnisse verfügte, die finanzmathematischen Zusammenhänge im erforderlichen Maße zu überblicken, ist weder von den Parteien vorgetragen noch sonst ersichtlich.
62 
3.3.2.6 Der Kläger konnte die Auswirkungen unzureichender Renditen auch nicht aus der Musterberechnung in Anl. K 4 entnehmen.
63 
Es bestehen schon aus rechtlichen Erwägungen erhebliche Bedenken, die Informationen, die sich aus dieser Musterberechnung für den Versicherungsinteressenten ergeben, der Beklagten als Erfüllung ihrer Aufklärungspflicht zuzurechnen. Im Versicherungsantrag (Anl. LW 3) weist die Beklagte in Abschnitt „N. Erklärung des Antragstellers“ darauf hin, dass sie „durch Aussagen und Versprechungen Dritter“ „in keiner Weise“ „gebunden“ sei. Der Kläger hatte demnach keinen Anlass, die unstreitig nicht von der Beklagten stammende Musterberechnung heranzuziehen, um die Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung zu verstehen (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 45).
64 
Im Übrigen leistete die Musterberechnung nicht im erforderlichen Maße die notwendige Aufklärung. Zwar stellen die Tabellen „Voraussichtliche Entwicklung der Wealthmaster-Police unter der Annahme verschiedener Wachstumsraten (bei Auszahlung zum Jahresende)“ (S. 8 der Musterberechnung) sowie „Voraussichtliche Entwicklung der Wealthmaster-Police unter der Annahme verschiedener Wachstumsraten (bei Auszahlung zum Jahresende) bei einer Rentenhöhe von 1.500 pro Monat“ (S. 9 der Musterberechnung) dar, wie sich der Vertragswert bei unterschiedlichen Renditesätzen entwickelt. In der jeweils letzten Tabellenzeile sind in Abhängigkeit von den angenommenen Renditesätzen unterschiedliche „monatliche Rente“-Sätze ausgewiesen. Das Risiko des vollständigen Wertverzehrs bei noch niedrigeren Renditesätzen verdeutlichen jedoch beide Tabellen nicht hinreichend, zumal die in der letzten Zeile der Tabelle S. 9 ausgewiesene Monatsrente ausdrücklich als „monatliche Rente ohne Kapitalverzehr ab dem 15. Jahr“ bezeichnet ist. Die Abschätzung, wie sich eine gleichbleibend hohe Rentenzahlung auf den Kapitalwert auswirkt, wenn die Rendite geringer als 5 % wäre, vermag der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne finanzmathematische Kenntnisse nicht vorzunehmen.
65 
Der unter der Tabelle S. 8 der Musterberechnung angebrachte, pauschal gehaltene, relativ klein gedruckte, nicht hervorgehobene und deshalb nicht ins Auge stechende Hinweis, die Rente könne niedriger und das „Wealthmaster“-Depot höher oder tiefer als prognostiziert ausfallen, ist nicht geeignet, die oben beschriebene Problematik zu erläutern und zu verdeutlichen.
66 
3.3.3 Die Beklagte hat ihre Aufklärungspflichten auch nicht durch persönliche Beratung und Aufklärung der Versicherungsinteressenten mittels Kundenberater erfüllt. Einen entsprechenden Beweis konnte sie nicht führen. Vielmehr ist das Gegenteil bewiesen.
67 
3.3.3.1 Die Erfüllung ihrer Aufklärungspflichten auf diesem Wege ist der Beklagten nicht bereits deshalb abgeschnitten, weil sie in der Phase der Anbahnung des Vertrags mit dem Kläger unstreitig keinen eigenen Vertrieb unterhalten hat. Sie bediente sich statt eines eigenen Vertriebs eines gestuften Systems von Maklern, an dessen Spitze Masterdistributoren standen, über die die Vermittlung von Versicherungspolicen an Versicherungsinteressenten erfolgte und gesteuert wurde, ohne selbst mit den Kunden in Kontakt zu treten. Sie hat es damit diesen Vermittlern überlassen, den Versicherungsinteressenten die Angebote der Beklagten nahezubringen, ihnen dabei die notwendigen Auskünfte zum Vertragsinhalt und zum angebotenen Versicherungsprodukt zu geben, auftauchende Fragen hierzu zu beantworten und die Verhandlungen bis zum Abschluss zu führen. In diesem Sinne bezeichnete der Bundesgerichtshof diese Form des Vertriebs zutreffend als „Strukturvertrieb“ (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 51). Folge dieser Art des Vertriebs ist, dass den Vermittlern mit Wissen und Wollen der Beklagten deren Aufgaben, die ihr oblagen, zur Erledigung übertragen wurden. Damit stand der Vermittler F. - unabhängig von seiner etwaigen Selbständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Kläger - im Lager der Beklagten und wurde in deren Pflichtenkreis als ihre Hilfsperson tätig. Seine Aufklärungstätigkeit kann sich die Beklagte als Erfüllung eigener Aufklärungspflichten zurechnen lassen, muss sich jedoch gem. § 278 BGB umgekehrt unzureichende Aufklärung wie eine eigene Pflichtverletzung zurechnen lassen (BGH aaO Tz. 51).
68 
3.3.3.2 Die Vornahme einer solchen Zurechnung verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Ebensowenig, wie die im nationalen Recht verankerten Pflichten der Vertragsparteien nicht die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Beklagten berührt, ist dies bei der vorgenommenen Verhaltenszurechnung der Fall. Wie die Beklagte ihre Pflichten vor Vertragsabschluss erfüllt, steht in ihrem Ermessen. Der von ihr gewählte Weg, sich eines Strukturvertriebs zu bedienen, den sie durch ihre Vereinbarungen mit Masterdistributoren steuert, kann nicht dazu führen, sie von ihren Pflichten zu befreien. Solches verlangt – wie dargestellt – auch nicht das zum Zeitpunkt des Vertragsabschluss geltende europäische Gemeinschaftsrecht.
69 
3.3.3.3 Tatsächlich hat der Versicherungsvermittler R. F. die erforderliche Aufklärung nicht geleistet und die in den schriftlichen Unterlagen vorhandenen Aufklärungsdefizite nicht ausgeglichen.
70 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass weder der Zeuge F. noch der ebenfalls in die Beratung eingebundene, mittlerweile verstorbene Vermittler H. dem Kläger die Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung und die daraus resultierenden Risiken aufgezeigt und nahegebracht haben.
71 
Der Kläger bekundete, „Zahlen“ mit Ausnahme der immer wieder werbewirksam herausgestellten Rendite von 7,8 % seien nicht erörtert worden. Auch die Unterlagen wie Prospekte, Werbebroschüren, Verbraucherinformationen und Policenbedingungen seien nicht durchgesprochen worden. Dies habe ihn auch nicht interessiert; er habe vielmehr dem Vermittler aufgrund seiner Sachkunde in vollem Umfang vertraut. Risiken habe der Vermittler nicht genannt. Die „Rente“ könne zwar möglicherweise auch geringer ausfallen als prognostiziert, was jedoch wegen der hervorragenden Rendite unwahrscheinlich sei. Im Gegenteil sei eine Rente von monatlich 1.000 bis 1.500 DM zu erwarten. Entscheidend sei jedoch gewesen, dass nach den Aussagen des Vermittlers in jedem Falle die Rückzahlung des Darlehens gesichert sei.
72 
Der Zeuge F. bestätigte dies. Er bekundete, er habe sein aus Schulungen gewonnenes Wissen weitergegeben, dass die Beklagte deshalb bessere Renditen als deutsche Wettbewerber erziele, weil sie mehr in Aktien investiere und ihre Versicherungsnehmer – anders als deutsche Versicherer – an den stillen Reserven beteilige. Angesichts der in der Vergangenheit erzielten Renditen von mindestens 12 % sei die den Musterberechnungen zu Grunde gelegte Renditeprognose von lediglich 7,8 % belastbar gewesen. Auch wenn es sich dabei um einen angenommenen Durchschnittswert mit Schwankungsbreiten nach oben und unten gehandelt habe, sei dieser Durchschnittswert gesichert erschienen, weil das Glättungsverfahren eventuelle Rendite-Schwankungen nach unten ausgleichen würde. Der Zeuge betonte weiter, angesichts der hervorragenden Ergebnisse der Vergangenheit habe er die angenommene Rendite von 7,8 % als gesichert angesehen. Er habe bei dem Versicherungsprodukt der Beklagten nach Risiken gesucht, jedoch keine gefunden. Die „Wealthmaster“-Versicherung habe sich als „eierlegende Wollmilchsau“ der Versicherungsprodukte dargestellt.
73 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass beide Auskunftspersonen im Rahmen ihrer Erinnerung an die nahezu 13 Jahre zurückliegenden Geschehnisse die Wahrheit sagten. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge bemühten sich, alle Fragen des Senats und der Prozessbeteiligten zufriedenstellend zu beantworten. Dass beide mit Blick auf vorhandene Erinnerungslücken dennoch immer wieder ihre Angaben relativieren und modifizieren mussten, entspricht der Aussagequalität, die bei einer nur noch schwammigen und getrübten Erinnerung auch und gerade bei einer um Wahrheit bemühten Auskunftsperson erwartet werden kann.
74 
Dennoch verdeutlichte die etwas unbeholfene Aussage des Klägers sehr anschaulich die Umstände, die ihn zu seinem Entschluss veranlasst hatten, sich für die „Lex-Konzept-Rente“ und die „Wealthmaster“-Versicherung zu entscheiden. Er vertraute bedingungslos auf die Sachkunde des Vermittlers F., der ihm die Lebensversicherung der Beklagten als sichere Anlageform mit hoher, zuverlässiger Rendite und daraus folgend auch mit einer als gesichert erscheinenden Rentenzahlung darstellte. Dass die Rente auch geschmälert werden oder gar wegfallen könnte, erschien ihm lediglich als theoretische Annahme möglich, mit der er sich ebenso wenig auseinander gesetzt hatte wie der Vermittler. Der Fall, dass die Beklagte nachhaltig und über längere Dauer nicht in der Lage sein könnte, eine Rendite von 7,8 % zu erwirtschaften, kam beiden nicht in den Sinn und lag außerhalb ihrer Gedankenwelt und Vorstellungskraft.
75 
Die Angaben des Klägers verdeutlichten auch, dass er offenkundig in Kapitalanlage- und Versicherungsdingen unerfahren war und ist und sich mit der Durchdringung der Materie und den erforderlichen Risikoanalysen überfordert fühlte. Dies erklärt einerseits sein geradezu blindes Vertrauen in die Kompetenz scheinbarer Fachleute und sein andererseits festzustellendes mangelndes Interesse, sich die Kenntnisse von der Funktionsweise der Versicherung anhand der Unterlagen selbst zu erarbeiten.
76 
Ein Verzicht auf eine Beratung und Aufklärung lässt sich hieraus nicht ableiten. Vielmehr hätte der Zeuge F. auf die Möglichkeiten des Klägers, sich die Funktionsweise der Versicherung zu erschließen, Bedacht nehmen müssen. Dies ist nicht geschehen. Sowohl aus den Angaben des Klägers als auch des Zeugen lässt sich ersehen, dass der Zeuge F. den Kläger zu keinem der oben in Abschnitt 3.1 dargestellten Gesichtspunkte auch nur annähernd sachgerecht aufgeklärt hat.
77 
Dass der ebenfalls mit der Beratung des Klägers befasste Vermittler H. den Kläger im erforderlichen Umfang aufgeklärt hat, lässt sich weder den Angaben des Klägers noch des Zeugen entnehmen.
78 
3.4 Der Entschluss des Klägers, die „Wealthmaster“-Versicherung bei der Beklagten zu nehmen, beruht auf dieser Aufklärungspflichtverletzung.
79 
3.4.1 Für einen solchen Ursachenzusammenhang spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11, TZ 66m. w. N.). Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die diese Vermutung entkräften könnten. Sie ist nicht als Anscheinsbeweis oder tatsächliche Beweiserleichterung zu verstehen, sondern als echte Beweislastumkehr. Nach der neueren, mittlerweile senatsübergreifenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 8.5.2012, XI ZR 262/10 Tz. 33 sowie Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 66) greift diese Beweislastumkehr auch nicht nur dann ein, wenn hypothetisch die ordnungsgemäße Aufklärung dem Aufgeklärten vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative offen gestanden hätte, also keinen Entscheidungskonflikt eröffnet hätte. Vielmehr greift die Beweislastumkehr bereits dann ein, wenn nur die Verletzung der Aufklärungspflicht feststehe. In der Folge muss derjenige, dem die ordnungsgemäße Aufklärung oblag, nachweisen, dass der nicht ordnungsgemäß Aufgeklärte sich für dieselbe Handlungsalternative entschieden hätte, die er als Folge der Aufklärungspflichtverletzung tatsächlich gewählt hat. Es ist der Beklagten nicht gelungen, solche Umstände nachzuweisen, die eine solche hypothetische gleichgelagerte Entscheidung des Klägers auch nur nahegelegt hätte.
80 
3.4.2 Vielmehr ist der Senat nach der Vernehmung des Klägers als Partei davon überzeugt, dass dieser die Versicherung nicht genommen hätte, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre, mithin die Aufklärungspflichtverletzungen für den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ursächlich waren.
81 
Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck, den der Kläger anlässlich seiner Parteivernehmung hinterlassen hat, keinen Zweifel daran, dass der Kläger an nichts weniger interessiert war als an einer Anlage mit spekulativen Elementen und damit einhergehenden Unsicherheiten. Sicherheit stand für den Kläger nachvollziehbar und glaubwürdig an oberster Stelle. Daraus leitet der Senat ab, dass der Kläger sich nicht für das Anlagekonzept entschieden hätte, wenn er erkannt hätte, dass die „Wealthmaster“-Versicherung als zentrales Element der dauerhaften Wertschöpfung wegen ihrer starken Anbindung an die Aktienmärkte gerade nicht die gewünschte konstante - und vor allem konstant hohe – Rendite zu garantieren vermochte.
82 
3.5 Der Kläger ist aktivlegitimiert, die aus diesen Pflichtverletzungen erwachsenden Ansprüche auf Ersatz des Vertrauensschadens in eigenem Namen geltend zu machen. Der Kläger hat zwar seine Ansprüche an die Landesbank H. umfassend abgetreten, wie aus der Anlage K 14 ersichtlich ist. Diese Abtretungsvereinbarung umfasst jedoch sowohl nach ihrem Wortlaut („Die Abtretung umfasst die gegenwärtigen und künftigen Rechte und Ansprüche aus dem genannten Renten-/Lebensversicherungsvertrag in voller Höhe“) und dem Sicherungszweck nur Primäransprüche, nicht auch Schadensersatzforderungen. Ansprüche „aus einem Vertrag“ sind nicht solche, die darauf gründen, dass ein solcher Vertrag gerade nicht abgeschlossen worden wäre. Soweit Zweifel zu Lasten des Klägers als Verbraucher verblieben, gingen diese zu Lasten des Klausel-Verwenders, der Landesbank H., § 305 c Abs. 2 BGB. Damit ist der Kläger als Zedent von Anfang an selbst Inhaber etwaiger Schadensersatzforderungen geblieben (vgl. BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 286/10, Tz. 15 – 17).
83 
3.6 Durch den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ist dem Kläger der vom Landgericht erkannte Schaden entstanden.
84 
3.6.1 Dieser liegt in der Belastung mit einem für den Kläger nachteiligen Vertrag. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Information eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt. Zwar setzt der auf Rückabwicklung des Vertrages aufgrund einer Verletzung von Aufklärungspflichten gerichtete Schadensersatzanspruch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Vermögensschaden voraus; hierfür genügt aber jeder wirtschaftliche Nachteil, der für den Gläubiger mit dem aufgrund der Aufklärungspflichtverletzung eingegangenen Vertrag verbunden ist, so z.B. die nachhaltige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit. Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH 11.7.2012, IV ZR 164/11, Tz. 64).
85 
3.6.2 Das ist hier der Fall. Der Vertrag ist für den Kläger nachteilig, da er ihn in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit beeinträchtigt. Der Kläger muss die Darlehensverbindlichkeiten, zu deren Eingehung er aufgrund der unzureichend dargestellten Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung veranlasst worden ist, bis Ende Oktober 2013 zurückführen. Hierfür muss er entweder den Verkaufserlös aus dem neben dem Lebensversicherungsvertrag aus Fremd- und Eigenmitteln angesparten Investmentfondsdepot verwenden oder außerplanmäßige Auszahlungen aus dem Lebensversicherungsvertrag beantragen. Ein weiterer wirtschaftlicher Nachteil ergibt sich aus der enttäuschten langfristigen Gewinnerwartung. Der Kläger muss damit rechnen, dass der deklarierte Wertzuwachs deutlich niedriger ausfällt als mit der Musterberechnung in Anl. K 4 auf Basis einer Rendite von 7,8 % prognostiziert. Möglich ist auch, dass ein Fälligkeitsbonus, mit dem die Anleger am Ende der Laufzeit an den gebildeten Reserven teilnehmen können, nicht ausgezahlt werden wird.
86 
3.6.3 Die Höhe des eingetretenen Schadens, definiert als die Vermögenseinbuße, die dem Kläger erspart geblieben wäre, wenn er – verleitet durch die unzulängliche Aufklärung und Beratung der Beklagten – die „Wealthmaster“-Versicherung und die sonstigen Verträge der „Lex-Konzept-Rente“ nicht abgeschlossen hätte, ist in der geltend gemachten Höhe von 24.237,76 EUR nachgewiesen. Mittels der Kontoauszüge im Anlagenkonvolut K 16 sind Zahlungen des Klägers aus eigenen Mitteln auf das Darlehen bei der L. Privat-Bank AG jedenfalls in der geltend gemachten Höhe von 5.608,85 EUR belegt. Mit Bindungswirkung für den Senat hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger darüberhinaus beim Abschluss der Lex-Konzept-Rente Eigenkapital in Höhe von 18.628,91 EUR eingesetzt hat. Diese Beträge greift die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht an.
87 
3.7 Die Beklagte schuldet Ersatz des gesamten Vertrauensschadens, der dem Kläger nicht nur aus dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung, sondern aus der Zeichnung der „Lex-Konzept-Rente“ insgesamt entstanden ist. Der Senat weist damit nicht der Beklagten die Verantwortung für das Anlage-Konzept der Fa. Lex zu; vielmehr umfasst die Haftung für den Vertrauensschaden des Klägers die Rückabwicklung auch der Darlehens- und Avalverträge mit den kreditierenden bzw. sichernden Bankinstituten sowie der Beteiligung an Investmentfonds deshalb, weil diese Geschäfte untrennbar mit dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung verbunden waren. Die vermeintlich renditestarke Lebensversicherung war das Kernstück des gesamten Anlagekonzepts. Nur um auf die Renditestärke der „Wealthmaster“-Versicherung zugreifen zu können, ging der Kläger die Kreditverbindlichkeiten ein. Die Beteiligung an Investmentfonds diente lediglich als Tilgungsinstrument für die Darlehensverbindlichkeiten. Plangemäß sollte nach deren Ablösung die wahre Gewinnzone des gesamten Anlagemodells erreicht werden, die alleine durch die Rendite der Lebensversicherung bestimmt würde. Dies rechtfertigte auch die Auslegung des Anlagemodells als „Altersvorsorge“ und als „Rente“, die allein aufgrund der langen Laufzeit der Lebensversicherung mutmaßlich über die Lebenszeit des Klägers hinausweisen würde.
88 
Demzufolge erfasst die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung der Lebensversicherung notwendigerweise auch die Begleitgeschäfte, die für den Abschluss der Lebensversicherung unerlässlich waren.
89 
3.8 Steuervorteile muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen, weil der erstrebte Schadensersatzbetrag der Besteuerung unterliegt. Damit werden die in der Vergangenheit erlangten Steuervorteile in solchem Maße kompensiert, dass eine Vorteilsausgleichung der bislang erzielten Steuervorteile nicht angemessen erscheint.
90 
3.9 Die Ansprüche des Klägers auf Ersatz seines Vertrauensschadens sind nicht verjährt.
91 
3.9.1 Verjährung gem. § 195, 199 Abs. 1 BGB ist nicht eingetreten. Obwohl der Schaden bereits durch den Vertragsabschluss entstanden ist, also vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, bemisst sich die Verjährung nach dem seit 1.1.2002 geltenden Recht. Ansprüche aus c.i.c. verjährten nämlich bis zum 31.12.2001 in Ermangelung abweichender gesetzlicher Regelungen nach der damaligen Regelverjährung von 30 Jahren. Da die nunmehr unter §§ 280 Abs.1, 311 Abs. 2 BGB kodifizierten Schadensersatzansprüche aus Pflichtverletzungen bei Vertragsanbahnung, die lediglich das bisherige Richterrecht zur c.i.c in Gesetzesform gegossen haben, der neuen Regelverjährung gem. § 195 BGB mit einer Dauer von lediglich 3 Jahren unterliegen, ist diese kürzer als die alte Verjährungsfrist. Gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 EGBGB ist demnach das ab 1.1.2008 geltende Verjährungsrecht mit der kürzeren Regelverjährungsfrist anzuwenden.
92 
3.9.2 Der Senat kann nicht feststellen, dass der Kläger vor dem Jahr 2008 Kenntnis von den dargestellten Verletzungen der Aufklärungs- und Informationspflichten erlangt hat oder aus grober Fahrlässigkeit nicht erlangt hat, wie dies für das Anlaufen der Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlich wäre.
93 
Die unzureichende Renditeentwicklung begründet noch kein ausreichendes Indiz dafür, dass die Beklagte und ihre Hilfspersonen sämtliche oben bezeichneten Aufklärungspflichten verletzt. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 29.10.2010 selbst darauf hinweist, der Fehlschlag des Anlagekonzepts könne noch gar nicht abschließend beurteilt werden, weil die „Wealthmaster“-Versicherung sich noch derart renditestark entwickeln könne, dass sämtliche Anlageziele noch erreicht werden könnten (vgl. Bl. 66 d. A.). Vor diesem Hintergrund mutet der Vortrag seltsam an, der Kläger habe sich mindestens grob fahrlässig der gegenteiligen Erkenntnis verschlossen.
94 
3.10 Im Wege des auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzes hat die Beklagte den Kläger auch von seinen Darlehensverbindlichkeiten freizustellen. Im Gegenzug muss der Kläger die erlangten Vorteile (Vertragswert der „Wealthmaster“-Versicherung sowie das Wertpapier-Depot) an die Beklagte herausgeben, was der Kläger bei seiner Antragstellung berücksichtigt hat.
95 
3.11 Die Beklagte schuldet unter Schadensersatzgesichtspunkten auch die Erstattung der aufgewendeten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in geltend gemachter Höhe.
96 
4. Damit hat die Berufung des Klägers in vollem Umfang Erfolg. Da der vom Landgericht zuerkannte Erfüllungsanspruch nur für den Fall geltend gemacht ist, dass dem Schadensersatzbegehren kein Erfolg beschieden ist, führt der Erfolg der klägerischen Berufung auch insoweit zur Abänderung, als die Verurteilung entsprechend dem Hilfsbegehren ersatzlos entfällt. Damit ist zugleich auch das Berufungsbegehren der Beklagten erledigt, ohne dass es einer Erledigungserklärung bedürfte.
97 
5. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen. Der klägerische Hauptantrag war bereits im ersten Rechtszug begründet, was der Berufung des Klägers zum Erfolg verhilft. Die Berufung der Beklagten hat hingegen keinen Erfolg. Mit der Abänderung des angefochtenen Urteils ist nicht die Feststellung verbunden, dass der vom Landgericht festgestellte Anspruch nicht bestehe.
98 
6. Die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
99 
7. Ein Bedürfnis zur Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 11.7.2012 (Leitentscheidung IV ZR 164/11) hinreichend geklärt. Die Sache hat daher keine grundsätzliche Bedeutung mehr, das Recht ist in den entscheidenden Fragen bereits fortgebildet. Die vorliegende Entscheidung weicht von den rechtlichen Obersätzen des Bundesgerichtshofs nicht ab, so dass auch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht berührt ist.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/11) abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 6.8.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247… und Kreditnr. 247… freizustellen.

3. Die Verurteilung zu Ziffer 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus der mit der Beklagten bestehenden Versicherung Policennr. 501 … sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 … der F. Bank GmbH.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers wegen des Zahlungstitels durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Geldbetrags, wegen der Freistellung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung des Zahlungstitels Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Geldbetrags oder vor Vollstreckung des Freistellungstitels Sicherheit in Höhe von 220.000 EUR geleistet hat.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert:

1. Berufung des Klägers:

        

   Zahlungsantrag:

24.237,76 EUR

   Freistellungsantrag:

194.866,11 EUR

2. Berufung der Beklagten:     

25.557,83 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz seines Vertrauensschadens wegen der angeblichen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss der 45 Jahre laufenden, anteilsgebundenen „Wealthmaster“-Lebensversicherung Nr. 501 …, die er gegen Zahlung einer kreditfinanzierten Einmalprämie in Höhe von 254.747 DM bei der Beklagten genommen hat. Seinen Schaden beziffert er mit 24.237,76 EUR zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe. Darüber hinaus begehrt er die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten, die er zur Finanzierung der Einmalprämie für die „Wealthmaster“-Versicherung eingegangen ist, schließlich Ersatz vorgerichtlich aufgewandter Anwaltskosten in Höhe von 4.994,19 EUR zuzüglich Prozesszinsen.
Die „Wealthmaster“-Versicherung ist eingebunden in ein umfassenderes Anlagekonzept namens „Lex-Konzept-Rente“, wegen dessen Einzelheiten auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen wird. Zur Sicherung des Darlehens hat der Kläger seine Rechte aus der „Wealthmaster“-Versicherung und an dem entsprechend dem Anlagekonzept unterhaltenen Wertpapierdepot an die kreditierende Bank abgetreten bzw. verpfändet. Er bietet an, seine Ansprüche auf Rückgewähr der gegebenen Sicherheiten an die Beklagte Zug um Zug gegen die begehrte Schadensersatzzahlung sowie die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten zu übertragen.
Mit Schriftsatz vom 25.8.2011 begehrte er klageerweiternd hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, im Zeitraum von 21.3.2000 bis 21.12.2044 regelmäßige Auszahlungen in Höhe von vierteljährlich 3.915 DM (= 2001,71 EUR) mit einer jährlichen Erhöhung von 1 % vorzunehmen, wie sie unstreitig in dem bezeichneten Versicherungsschein aufgeführt sind. Zu ergänzen ist, dass der Kläger diese regelmäßigen Auszahlungen bereits im Versicherungsantrag (Anlage LW 3) beantragt hat.
Der Kläger erhob im ersten Rechtszug den Vorwurf, er sei weder durch die Beklagte selbst noch durch den Vermittler ordnungsgemäß aufgeklärt und beraten worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Da die Beklagte unstreitig keine eigene Vertriebsorganisation unterhielt, sondern sich für den Vertrieb ihrer "Wealthmaster"-Versicherungen sogenannter "Masterdistributoren", vorliegend der Fa. Lex Vermögensverwaltung AG, und deren Untervermittler, vorliegend des Streitverkündeten und Zeugen R. F., bediente, müsse sich die Beklagte – so meint der Kläger - auch Pflichtverletzungen des Untervermittlers zurechnen lassen. Er behauptet, bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die maßgeblichen Umstände hätte er die Lex-Konzept-Rente unter Einbindung der „Wealthmaster“-Versicherung nicht ins Auge gefasst. Er wolle deshalb so gestellt werden, als hätte er die „Wealthmaster“-Versicherung nicht genommen und die „Lex-Konzept-Rente“ nicht gezeichnet.
Die Beklagte trat dem allem entgegen und berief sich ergänzend darauf, die geltend gemachten Forderungen seien jedenfalls verjährt.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens im Einzelnen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte entsprechend dem klägerischen Hilfsantrag verurteilt, die im Versicherungsschein ausgewiesenen regelmäßigen Auszahlungen ohne Rücksicht auf den Vertragswert der „Wealthmaster“-Versicherung vorzunehmen, im Übrigen die Klage jedoch abgewiesen. Es stützte sich im Wesentlichen auf die damalige Auffassung des Senats, die bestehenden unbedingten und vorbehaltlosen Erfüllungsansprüche stünden einem Schadenseintritt entgegen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen, die das Landgericht getroffen hat, sowie seiner rechtlichen Erwägungen im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Unter Bezugnahme auf ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen und dessen Vertiefung greift die Beklagte das landgerichtliche Urteil wie folgt an:
1. Das Urteil beruhe auf einer fehlerhaften Tatsachengrundlage, indem das Landgericht fälschlich feststellte, der von der Beklagten erwirtschaftete Ertrag führe zur Zuteilung weiterer Pool-Anteile; in Wahrheit erfolge die wirtschaftliche Beteiligung der Versicherungsnehmer durch eine Werterhöhung der vorhandenen Pool-Anteile.
10 
2. Das Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern, nämlich
11 
- einer unvollständigen Beweiserhebung, indem das Landgericht tatsächliche Feststellungen zum Themenkomplex der angeblich garantierten Auszahlungen getroffen habe, obwohl es den Zeugen F. hierzu nicht befragt habe.
12 
- der Zulassung der Klageerweiterung um den nachträglich gestellten klägerischen Hilfsantrag, obwohl diese weder sachdienlich gewesen sei noch die Beklagte die erforderliche Einwilligung erteilt habe,
13 
- der Zulassung des klägerischen Hilfsantrags, obwohl dieser unzulässig gewesen sei, weil er weder hinreichend bestimmt sei noch dem Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse sowie die notwendige Aktivlegitimation zur Seite stehe.
14 
3. Das Landgericht habe das materielle Recht falsch angewandt, indem es
15 
- zu Unrecht einen individuell vereinbarten Anspruch auf Vornahme der „regelmäßigen Auszahlungen“ ohne Rücksicht auf den Vertragswert erkannt habe, obwohl sich aus den klaren und eindeutigen Versicherungsbedingungen anderes ergebe und die Parteien keine abweichende Individualvereinbarung getroffen hätten,
16 
- nicht berücksichtigt habe, dass die regelmäßigen Auszahlungen in der Vergangenheit im beantragten Umfang erbracht worden seien.
17 
Alle diese Fehler hätten sich in einer falschen Sachentscheidung niedergeschlagen.
18 
4. Vorsorglich weist die Beklagte darauf hin, dem Kläger stünde auch kein Schadensersatzanspruch auf Ersatz des negativen Interesses zu, wie mit dem Hauptantrag geltend gemacht.
19 
- Die Klägerin habe nicht die vom Landgericht angeführten Pflichten zur Aufklärung des Klägers gehabt, habe diese also auch nicht verletzen können.
20 
- Aufklärungs- und Beratungspflichten der Beklagten seien nach den Vorschriften des § 10 a VAG a. F. zu bemessen, die die Beklagte erfüllt habe. Weitergehende Aufklärungspflichten hätten nicht bestanden, insbesondere nicht hinsichtlich der Risiken der Fremdfinanzierung sowie der Lex-Konzept-Rente.
21 
- Keinesfalls müsse sich die Beklagte etwaige Pflichtverletzungen des Versicherungsvermittlers zurechnen lassen.
22 
- Die angeblichen Pflichtverletzungen seien auch nicht kausal geworden für die Entscheidung des Klägers, die „Wealthmaster“-Versicherung bei der Beklagten zu nehmen.
23 
- Schließlich sei dem Kläger auch kein Schaden entstanden. Zu ersetzen seien nur die Schäden, die in dem Bereich liegen, der durch die angeblich verletzten Aufklärungspflichten geschützt werden solle. Soweit der Kläger mangelhafte Aufklärung über das Glättungsverfahren und die „Pool-übergreifende Reservenbildung“ geltend mache, sei ein Schadenseintritt nicht ersichtlich. Eine angeblich fehlerhafte Aufklärung über die erzielbaren Renditen könne nur zur Verpflichtung führen, die Differenz zwischen der in Aussicht gestellten und der tatsächlich erwirtschafteten Rendite zu erstatten.
24 
- Im Übrigen müsse die Beklagte keinesfalls für das Scheitern des Anlagekonzepts „Lex-Konzept-Rente“ einstehen. Eine solche Haftung setze die Schadensberechnung des Klägers jedoch stillschweigend voraus.
25 
- Jedenfalls wäre ein etwaiger Schadensersatzanspruch bereits verjährt.
26 
5. Der Fall könne nicht nach den Grundsätzen beurteilt werden, die der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.7.2012 in dem Verfahren IV ZR 164/11 entwickelt habe. Zu Unrecht habe er die im Kapitalanlagerecht entwickelten Grundsätze über Aufklärung und Beratung des Anlegers und die Zurechnung von Gehilfen-Handeln entsprechend angewandt. Er weiche damit nicht nur von seiner bisherigen, gefestigten Rechtsprechung ab, sondern verkenne dabei auch die grundsätzlichen Unterschiede zum Versicherungsrecht. Zu dessen Grundsätzen gehöre es, dass das Handeln von Versicherungsmaklern, wie sie vorliegend im Lager der Klägerin tätig geworden seien, nicht dem Versicherer zuzurechnen sei. Die Beklagte vertreibe ihre Produkte auch nicht über einen „Struktur-Vertrieb“. Schließlich verstoße die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Zurechnung des Makler-Handelns gegen höherrangiges Europarecht, insbesondere die „Vermittlerrichtlinie“ des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.12.2002.
27 
Auch die vom BGH begründeten Aufklärungs- und Beratungspflichten verstießen gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Die Informationspflichten eines Versicherers seien durch EU-Richtlinien abschließend geregelt, die durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21.7.1994 umgesetzt worden seien. Mit dessen Vorgaben seien Verpflichtungen unvereinbar, „über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für den Anlageentschluss von besonderer Bedeutung seien“. Ein im Vergleich zu deutschen Versicherern angeblich höherer Aufklärungs-und Beratungsbedarf diskriminiere die Beklagte unzulässig.
28 
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die oben genannte Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs den Tatsacheninstanzen keine Vorgaben zur Bestimmung des angeblich eingetretenen Schadens mache. Tatsächlich sei dem Kläger aus dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung kein Schaden entstanden.
29 
Die Beklagte beantragt,
30 
1. unter Aufhebung – hilfsweise Abänderung - des am 27.9.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Ravensburg (AZ 1 O 113/10) die Klage abzuweisen,
31 
2. hilfsweise
32 
unter Aufhebung – hilfsweise Abänderung - des am 27.9.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Ravensburg (AZ 1 O 113/10) das Verfahren an das Landgericht Ravensburg zurückzuverweisen.
33 
Der Kläger beantragt:
34 
Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/10) wird abgeändert:
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247… und Kreditnr. 247… freizustellen.
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Die Verurteilung zu Ziffer 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus dem mit der Beklagten bestehenden Versicherung, Policennr. 501 … sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 … F. Bank GmbH.
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hilfsweise
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen rügt der Kläger, das Landgericht habe zwar richtig erkannt, dass der Kläger Anspruch auf vorbehaltlose Erfüllung des im Versicherungsschein ausgewiesenen Auszahlungsplans habe; zu Unrecht habe das Landgericht jedoch angenommen, dass dieser Umstand einem Schadensersatzanspruch entgegenstehe. Er verfolge daher seinen erstinstanzlich vorrangig geltend gemachten Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens weiter. Der Anspruch auf Erfüllung des Auszahlungsplans bleibe auch im Berufungsrechtszug nur nachrangiges Ziel.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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und nimmt zur Begründung auf ihr gesamtes bisheriges Vorbringen Bezug.
II.
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1. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch diejenige des Klägers ist zulässig.
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2. Die im ersten Rechtszug vorgenommene und im Berufungsrechtszug aufrecht erhaltene Rangfolge, in der das klägerische Begehren einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden soll, erfordert vorrangig die Prüfung der klägerischen Berufung. Da diese Erfolg hat, ist das angefochtene Urteil abzuändern nach den erstinstanzlichen, im Berufungsverfahren erneut gestellten Anträgen des Klägers. Die Berufung der Beklagten bleibt damit zwangsläufig ohne Erfolg.
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3. Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Vertrauensschadens. Er ist vermögensmäßig so zu stellen, als hätte er im Rahmen der „Lex-Konzept-Rente“ keinen „Wealthmaster“-Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen.
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Die Beklagte hat den Kläger nicht ausreichend über die Funktionsweise und die dadurch begründeten Risiken ihrer „Wealthmaster“-Versicherung aufgeklärt und damit ihr obliegende Pflichten aus dem während der Vertragsanbahnung bestehenden Schuldverhältnis (c.i.c.) verletzt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vertragsanbahnung mit anschließendem Vertragsabschluss war das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz noch nicht in Kraft getreten; für die Beurteilung des in der Vergangenheit vollständig abgeschlossenen Lebenssachverhalts der Vertragsanbahnung verbleibt es deshalb bei der Anwendbarkeit des zu jenem Zeitpunkt geltenden Rechts, mithin bei den richterrechtlich entwickelten Grundsätzen des „Verschuldens bei Vertragsschluss“.
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3.1 Das Versicherungsprodukt „Wealthmaster“ ist so komplex gestaltet, dass es eingehender Erläuterung und Aufklärung bedarf, damit der angesprochene Kundenkreis seine Funktionsweise versteht. Dies gilt nicht nur für das Glättungsverfahren und die Pool-Verwaltung einschließlich der Reservenbildung, das Zusammenspiel von garantiertem Wertzuwachs und Fälligkeitsbonus bzw. Marktpreisanpassung, sondern insbesondere auch für das richtige Verständnis der in Aussicht gestellten Renditen. Bei der Vornahme regelmäßiger Auszahlungen bedarf es auch der Aufklärung darüber, dass diese durch Einlösung von Pool-Anteilen finanziert werden, es sich also nicht um eine besondere Versicherungsleistung in Form einer vorweggenommenen Ausschüttung von Erträgen handelt, die sonst üblicherweise erst am Ende der Vertragslaufzeit als Ablaufleistung ausbezahlt werden. Die Finanzierung der regelmäßigen Auszahlungen durch Verwertung einer entsprechenden Anzahl von Pool-Anteilen erfordert auch den Hinweis, dass der Erhalt des Kapitalstocks nur dann gewährleistet ist, wenn die nach der Einlösung verbliebenen Pool-Anteile einen Wertzuwachs erzielen, der mindestens dem Wert der eingelösten Pool-Anteile entspricht, anderenfalls sich durch die vorgenommenen Auszahlungen die Kapitalbasis für die zu erzielende Rendite immer weiter schmälert, so dass sich deren Wertverzehr beschleunigt.
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3.2 Zwar muss ein Versicherungsinteressent im Grundsatz selbst prüfen und beurteilen, ob er eines Versicherungsschutzes bedarf und ggfs. mit welchem Inhalt und in welchem Umfang. Dieser Grundsatz bedarf im vorliegenden Fall jedoch einer Modifikation:
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3.2.1 Die Beklagte ist erst nach der Deregulierung des Versicherungswesens Mitte der 1990er Jahre auf dem deutschen Markt als Wettbewerber mit deutschen Lebensversicherungen in Erscheinungen getreten. Ihr Produkt „Wealthmaster“ unterscheidet sich erheblich von den bis dahin auf dem deutschen Markt angebotenen Lebensversicherungen einschließlich fondsgebundener Lebensversicherungen deutscher Ausprägung. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Abgrenzung der in den „Wealthmaster“-Produkten gebildeten Pools im Verhältnis zu den Fonds deutscher fondsgebundener Lebensversicherungen, sondern auch hinsichtlich der Garantieverzinsung, der die konventionellen deutschen Lebensversicherungen, nicht jedoch die „Wealthmaster“-Produkte der Beklagten unterliegen, und die als Sicherheitsgesichtspunkt in den interessierten Verkehrskreisen weithin bekannt ist. Bereits diese Abweichungen von den auf dem deutschen Markt gängigen und vertrauten Versicherungsprodukten der Wettbewerber machen eine Aufklärung über die anders- und neuartige Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung erforderlich. Eine europarechtswidrige Diskriminierung gegenüber anderen Wettbewerbern ist darin nicht zu erblicken. Die Anforderungen, ein auf einem abgrenzbaren Markt neu angebotenes Versicherungsprodukt mit komplexer, neuartiger Funktionsweise und andersartigen als bis dahin üblichen Risiken klar und verständlich zu beschreiben, würden jeden beliebigen Wettbewerber, der ein solches neues Produkt auf den Markt bringt, in gleicher Weise treffen, gleichgültig, ob es sich um einen in- oder ausländischen Wettbewerber mit oder ohne eigenen Vertrieb handelte. Im Übrigen hält es die Beklagte ersichtlich nicht für europarechtswidrig, die – gemessen an den bisherigen, etablierten Produkten der Wettbewerber – außergewöhnlichen Chancen werbewirksam herauszustellen. Die Darstellung der Risiken ist lediglich die Kehrseite desselben Umstands.
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3.2.3 Ob sich der Abschluss der streitgegenständlichen kapitalbildenden Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt, bedarf keiner Klärung. Zwar bezeichnete die Beklagte selbst die von ihr angebotenen Versicherungsverträge als besonders geschützte „Kapitalanlage“, z. B. in ihrer Verbraucherinformation zur „Wealthmaster“-Versicherung im Abschnitt „Pools mit garantiertem Wertzuwachs“ (vgl. Anlage LW 1) oder - in übergroßem Fettdruck - im Prospekt „Pools mit garantiertem Wertzuwachs“ (vgl. Anlage K 6); auch nach den Regeln des Versicherungsvertragsrechts oblag der Beklagten nämlich die Pflicht, den Kläger über die Funktionsweise und Risiken der „Wealthmaster“-Versicherung aufzuklären und zu beraten. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind solche Beratungs- und Aufklärungspflichten dem Versicherungsvertragsrecht, dem die „Wealthmaster“-Versicherung aufgrund der gewählten Anlageform einer kapitalbildenden Lebensversicherung unterfällt, keineswegs fremd.
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3.2.3.1 Solche Pflichten des Versicherers bestehen nicht erst seit der – vorliegend nicht anwendbaren – normativen Regelung in § 6 VVG in der seit 1.1.2008 geltenden Fassung. Vielmehr anerkannte die höchstrichterliche Rechtsprechung schon lange Zeit zuvor Beratungs-, Aufklärungs- und Informationspflichten, die über die bloße Unterrichtung des Versicherungsnehmers durch Übergabe einer Verbraucherinformation i. S. v. § 10 a Abs. 1 VAG i. V. m. Anlage Teil D, Abschnitt 1 Nr. 2 a – f in der bis 31.12.1999 geltenden Fassung hinausgehen, sofern der Versicherungsinteressent erkennbar einer solchen Beratung bedürfe (gefestigte Rechtsprechung, z. B., BGH VersR 1992, 217 Tz. 22).
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3.2.3.2 Die Annahme solcher Beratungspflichten verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die Niederlassungsfreiheit. Gerade die von der Beklagten gewählte Organisationsform, interessierten Kunden ihre Versicherungsprodukte über ausgewählte Großmakler und deren Untervermittler nahe zu bringen, zeigt, dass es nicht erforderlich ist, einen eigenen Vertrieb zu unterhalten, sondern genügt, sich externer Vertriebspartner zu bedienen. Davon zu trennen ist die anderweitige Problematik, ob sich die Beklagte hierdurch den ihr nach nationalem Recht obliegenden Pflichten entziehen kann. Dies ist zu verneinen. Soweit ersichtlich, sind gegen die oben beschriebenen, im nationalen deutschen Recht entwickelten Aufklärungs-, Beratungs- und Informationspflichten Bedenken wegen ihrer Vereinbarkeit mit europäischem Gemeinschaftsrecht bislang nicht erhoben worden. Der Erwägungsgrund Nr. 19 der bei Abschluss des streitbefangenen Versicherungsvertrags maßgeblichen Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 (Dritte Richtlinie Lebensversicherung) weist ausdrücklich darauf hin, dass die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor sei. Vielmehr sei den Mitgliedstaaten die Möglichkeit belassen, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen. Diese Möglichkeit stelle zugleich eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar.
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3.3. Zur Erfüllung dieser Aufklärungs- und Unterrichtungspflichten stand der Beklagten der Weg offen, einen Interessenten durch schriftliches Informationsmaterial aufzuklären, oder durch ein persönliches Gespräch mit Kundenberatern.
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3.3.1 Bei einer Aufklärung im erstgenannten Informationsweg hätten die von der Beklagten ausgegebenen Prospekte sowie Informations- und Vertragsunterlagen sachlich richtig, vollständig und verständlich sein sowie ein schlüssiges Gesamtbild der Versicherung geben müssen (vgl. auch BGH NZG 2011, 68-69 [juris Tz. 18]; NJW-RR 2007, 1692-1693 [juris Tz. 9]; 925-927 [Tz. 4]; WM 2005, 833-838 juris Tz. 39]; NJW 2004, 1732-1734 [Tz. 22]). Zur Erfüllung dieser Pflichten genügte es nicht, dem Versicherungsinteressenten schriftliche Unterlagen zu überlassen, aus denen nur der kundige oder bereits problembewusste Interessent auch von sich aus inhaltsgleiche Folgerungen hätte ableiten können (vgl. BGH NJW 1983, 1730-1731 [juris Tz. 12]).
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3.3.2 Die im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden schriftlichen Informations- und Vertragsunterlagen (Policenbedingungen in Anlage K 1, die Pool-Informationen in Anlagen K 6 sowie die Verbraucherinformation in Anlage LW 1) der Beklagten genügten diesen Anforderungen nicht. Alle diese Vertragsunterlagen und Informationspapiere sind in den zentral bedeutsamen Punkten unzureichend und nicht geeignet, um einen durchschnittlichen Versicherungsinteressenten wie den Kläger über die ihn – wie jeden anderen potentiellen Versicherungskunden - maßgeblich interessierende Funktionsweise der Versicherung und ihre spezifischen Chancen und Risiken im geschuldeten Umfang aufzuklären. Im einzelnen handelt es sich um folgende Gesichtspunkte:
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3.3.2.1 Die Berechnung des Vertragswertes lässt sich weder aus den AGB noch der Verbraucher- oder Poolinformation nachvollziehen. Die maßgeblichen Parameter zur Bemessung des deklarierten Wertzuwachses, des Fälligkeitsbonus und der Marktpreisanpassung sind unbestimmt und für den Versicherungsnehmer nicht transparent. Aus seiner Sicht erscheint die Festlegung dieser Größen zur Bestimmung der vertraglichen Leistung der Beklagten in deren weitgehend freies Ermessen gestellt. Dass die Beklagte staatlicher Versicherungsaufsicht untersteht, hilft dem Versicherungsinteressenten nicht in seinem Bemühen, die Funktionsweise des angebotenen Versicherungsprodukts zu verstehen und auf die Tauglichkeit für seine Bedürfnisse und Anlageziele zu prüfen.
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3.3.2.2 Erst nach genauem Studium der Vertragsunterlagen wird klar, dass die Beklagte – was unstreitig ist - tatsächlich nur die Höhe des jeweiligen Anteilspreises und seinen Wertzuwachs auf die Dauer eines Jahres garantiert, nicht jedoch den Vertragswert, der sich aus dem rechnerischen Produkt von Anteilsbestand und Anteilspreis ergibt. Da nach der von der Beklagten praktizierten Methode die Kosten der Vertragsverwaltung zu Lasten des Anteilsbestands verrechnet werden, kann der Anteilsbestand in den Zeiten sinken, in denen die Erträge niedriger als die Kosten sind. Als Folge kann somit der Vertragswert als Produkt von Anteilspreis und Anteilsbestand sinken, obwohl der Anteilspreis im garantierten Umfang gestiegen ist. Im wirtschaftlichen Ergebnis stellen damit die Garantien der Beklagten keineswegs den so „wertvollen“ „Schutz der Kapitalanlage“ dar, wie dies auf Anhieb erscheinen mag, insbesondere garantieren sie keinen Kapitalerhalt. Dies gilt insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und Stagnation, also gerade in den Krisen, in denen der durchschnittliche Versicherungsnehmer besonders auf die Wertgarantie hofft. Auch insoweit fehlt ein deutlicher Hinweis.
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3.3.2.3 Darüber hinaus kann bei vorzeitiger Beendigung der Vertragswert um eine nicht näher definierte Marktpreisanpassung gekürzt werden, so dass in diesen Fällen der Kapitalerhalt um so weniger gesichert ist.
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3.3.2.4 Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer werden diese Zusammenhänge auch deshalb nicht ohne weiteres deutlich, weil die versprochenen „Garantien“ werbemäßig und schlaglichtartig in den Vordergrund gespielt werden (vgl. z. B. Pool-Information in Anlagen K 6: „Kapitalanlage ohne alle Risiken der Aktienmärkte zu tragen“) und deshalb eine genaue Durchleuchtung dessen, was eigentlich „garantiert“ wird, entbehrlich erscheint. Bereits die Bezeichnung „Pool mit garantiertem Wertzuwachs“ suggeriert, dass nicht nur ein Kapitalerhalt, sondern ein Kapitalzuwachs zugesichert wird. Das dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer alleine durch diesen Begriff vermittelte Gefühl von Sicherheit gibt keinen Anlass, die Versicherungsbedingungen und Verbraucher- sowie Pool-Informationen zu diesem Punkt im Einzelnen durchzuarbeiten. Selbst mit juristischen und wirtschaftlichen Vorkenntnissen ist ein vollständiges Verständnis des gesamten Regelwerks der Beklagten nur mit außerordentlichem Zeitaufwand möglich.
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3.3.2.5 Darüber hinaus fehlt es an einer Aufklärung, wie sich nach dem Vertragsverständnis der Beklagten die regelmäßigen Auszahlungen nicht nur unmittelbar auf den Vertragswert, sondern dauerhaft auf die erzielbare Verzinsung und damit den weiteren angestrebten Ertrag der Anlage auswirkt, insbesondere dann, wenn sich in Zeiten unzureichender Erträge die Verzinsungsbasis – u. U. über längere Zeit hinweg - schmälert. Schon die grundsätzlichen Wirkungen einer sich beständig vermindernden Verzinsungsbasis dürften den wenigsten Versicherungsnehmern geläufig sein. Dies gilt erst recht hinsichtlich der finanzmathematisch komplizierten Auswirkungen zeitlich schwankender Renditen bei nominell gleichbleibenden Auszahlungsbeträgen und der rasch zunehmenden Gefahren, die wirtschaftliche Zielsetzung der Anlage endgültig nicht erreichen zu können, wenn gerade in der Anfangsphase der Vertragslaufzeit die Wertzuwächse deutlich hinter den ausgezahlten Werten zurückbleiben. Dass der Kläger im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über hinreichende Kenntnisse verfügte, die finanzmathematischen Zusammenhänge im erforderlichen Maße zu überblicken, ist weder von den Parteien vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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3.3.2.6 Der Kläger konnte die Auswirkungen unzureichender Renditen auch nicht aus der Musterberechnung in Anl. K 4 entnehmen.
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Es bestehen schon aus rechtlichen Erwägungen erhebliche Bedenken, die Informationen, die sich aus dieser Musterberechnung für den Versicherungsinteressenten ergeben, der Beklagten als Erfüllung ihrer Aufklärungspflicht zuzurechnen. Im Versicherungsantrag (Anl. LW 3) weist die Beklagte in Abschnitt „N. Erklärung des Antragstellers“ darauf hin, dass sie „durch Aussagen und Versprechungen Dritter“ „in keiner Weise“ „gebunden“ sei. Der Kläger hatte demnach keinen Anlass, die unstreitig nicht von der Beklagten stammende Musterberechnung heranzuziehen, um die Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung zu verstehen (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 45).
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Im Übrigen leistete die Musterberechnung nicht im erforderlichen Maße die notwendige Aufklärung. Zwar stellen die Tabellen „Voraussichtliche Entwicklung der Wealthmaster-Police unter der Annahme verschiedener Wachstumsraten (bei Auszahlung zum Jahresende)“ (S. 8 der Musterberechnung) sowie „Voraussichtliche Entwicklung der Wealthmaster-Police unter der Annahme verschiedener Wachstumsraten (bei Auszahlung zum Jahresende) bei einer Rentenhöhe von 1.500 pro Monat“ (S. 9 der Musterberechnung) dar, wie sich der Vertragswert bei unterschiedlichen Renditesätzen entwickelt. In der jeweils letzten Tabellenzeile sind in Abhängigkeit von den angenommenen Renditesätzen unterschiedliche „monatliche Rente“-Sätze ausgewiesen. Das Risiko des vollständigen Wertverzehrs bei noch niedrigeren Renditesätzen verdeutlichen jedoch beide Tabellen nicht hinreichend, zumal die in der letzten Zeile der Tabelle S. 9 ausgewiesene Monatsrente ausdrücklich als „monatliche Rente ohne Kapitalverzehr ab dem 15. Jahr“ bezeichnet ist. Die Abschätzung, wie sich eine gleichbleibend hohe Rentenzahlung auf den Kapitalwert auswirkt, wenn die Rendite geringer als 5 % wäre, vermag der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne finanzmathematische Kenntnisse nicht vorzunehmen.
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Der unter der Tabelle S. 8 der Musterberechnung angebrachte, pauschal gehaltene, relativ klein gedruckte, nicht hervorgehobene und deshalb nicht ins Auge stechende Hinweis, die Rente könne niedriger und das „Wealthmaster“-Depot höher oder tiefer als prognostiziert ausfallen, ist nicht geeignet, die oben beschriebene Problematik zu erläutern und zu verdeutlichen.
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3.3.3 Die Beklagte hat ihre Aufklärungspflichten auch nicht durch persönliche Beratung und Aufklärung der Versicherungsinteressenten mittels Kundenberater erfüllt. Einen entsprechenden Beweis konnte sie nicht führen. Vielmehr ist das Gegenteil bewiesen.
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3.3.3.1 Die Erfüllung ihrer Aufklärungspflichten auf diesem Wege ist der Beklagten nicht bereits deshalb abgeschnitten, weil sie in der Phase der Anbahnung des Vertrags mit dem Kläger unstreitig keinen eigenen Vertrieb unterhalten hat. Sie bediente sich statt eines eigenen Vertriebs eines gestuften Systems von Maklern, an dessen Spitze Masterdistributoren standen, über die die Vermittlung von Versicherungspolicen an Versicherungsinteressenten erfolgte und gesteuert wurde, ohne selbst mit den Kunden in Kontakt zu treten. Sie hat es damit diesen Vermittlern überlassen, den Versicherungsinteressenten die Angebote der Beklagten nahezubringen, ihnen dabei die notwendigen Auskünfte zum Vertragsinhalt und zum angebotenen Versicherungsprodukt zu geben, auftauchende Fragen hierzu zu beantworten und die Verhandlungen bis zum Abschluss zu führen. In diesem Sinne bezeichnete der Bundesgerichtshof diese Form des Vertriebs zutreffend als „Strukturvertrieb“ (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 51). Folge dieser Art des Vertriebs ist, dass den Vermittlern mit Wissen und Wollen der Beklagten deren Aufgaben, die ihr oblagen, zur Erledigung übertragen wurden. Damit stand der Vermittler F. - unabhängig von seiner etwaigen Selbständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Kläger - im Lager der Beklagten und wurde in deren Pflichtenkreis als ihre Hilfsperson tätig. Seine Aufklärungstätigkeit kann sich die Beklagte als Erfüllung eigener Aufklärungspflichten zurechnen lassen, muss sich jedoch gem. § 278 BGB umgekehrt unzureichende Aufklärung wie eine eigene Pflichtverletzung zurechnen lassen (BGH aaO Tz. 51).
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3.3.3.2 Die Vornahme einer solchen Zurechnung verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Ebensowenig, wie die im nationalen Recht verankerten Pflichten der Vertragsparteien nicht die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Beklagten berührt, ist dies bei der vorgenommenen Verhaltenszurechnung der Fall. Wie die Beklagte ihre Pflichten vor Vertragsabschluss erfüllt, steht in ihrem Ermessen. Der von ihr gewählte Weg, sich eines Strukturvertriebs zu bedienen, den sie durch ihre Vereinbarungen mit Masterdistributoren steuert, kann nicht dazu führen, sie von ihren Pflichten zu befreien. Solches verlangt – wie dargestellt – auch nicht das zum Zeitpunkt des Vertragsabschluss geltende europäische Gemeinschaftsrecht.
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3.3.3.3 Tatsächlich hat der Versicherungsvermittler R. F. die erforderliche Aufklärung nicht geleistet und die in den schriftlichen Unterlagen vorhandenen Aufklärungsdefizite nicht ausgeglichen.
70 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass weder der Zeuge F. noch der ebenfalls in die Beratung eingebundene, mittlerweile verstorbene Vermittler H. dem Kläger die Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung und die daraus resultierenden Risiken aufgezeigt und nahegebracht haben.
71 
Der Kläger bekundete, „Zahlen“ mit Ausnahme der immer wieder werbewirksam herausgestellten Rendite von 7,8 % seien nicht erörtert worden. Auch die Unterlagen wie Prospekte, Werbebroschüren, Verbraucherinformationen und Policenbedingungen seien nicht durchgesprochen worden. Dies habe ihn auch nicht interessiert; er habe vielmehr dem Vermittler aufgrund seiner Sachkunde in vollem Umfang vertraut. Risiken habe der Vermittler nicht genannt. Die „Rente“ könne zwar möglicherweise auch geringer ausfallen als prognostiziert, was jedoch wegen der hervorragenden Rendite unwahrscheinlich sei. Im Gegenteil sei eine Rente von monatlich 1.000 bis 1.500 DM zu erwarten. Entscheidend sei jedoch gewesen, dass nach den Aussagen des Vermittlers in jedem Falle die Rückzahlung des Darlehens gesichert sei.
72 
Der Zeuge F. bestätigte dies. Er bekundete, er habe sein aus Schulungen gewonnenes Wissen weitergegeben, dass die Beklagte deshalb bessere Renditen als deutsche Wettbewerber erziele, weil sie mehr in Aktien investiere und ihre Versicherungsnehmer – anders als deutsche Versicherer – an den stillen Reserven beteilige. Angesichts der in der Vergangenheit erzielten Renditen von mindestens 12 % sei die den Musterberechnungen zu Grunde gelegte Renditeprognose von lediglich 7,8 % belastbar gewesen. Auch wenn es sich dabei um einen angenommenen Durchschnittswert mit Schwankungsbreiten nach oben und unten gehandelt habe, sei dieser Durchschnittswert gesichert erschienen, weil das Glättungsverfahren eventuelle Rendite-Schwankungen nach unten ausgleichen würde. Der Zeuge betonte weiter, angesichts der hervorragenden Ergebnisse der Vergangenheit habe er die angenommene Rendite von 7,8 % als gesichert angesehen. Er habe bei dem Versicherungsprodukt der Beklagten nach Risiken gesucht, jedoch keine gefunden. Die „Wealthmaster“-Versicherung habe sich als „eierlegende Wollmilchsau“ der Versicherungsprodukte dargestellt.
73 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass beide Auskunftspersonen im Rahmen ihrer Erinnerung an die nahezu 13 Jahre zurückliegenden Geschehnisse die Wahrheit sagten. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge bemühten sich, alle Fragen des Senats und der Prozessbeteiligten zufriedenstellend zu beantworten. Dass beide mit Blick auf vorhandene Erinnerungslücken dennoch immer wieder ihre Angaben relativieren und modifizieren mussten, entspricht der Aussagequalität, die bei einer nur noch schwammigen und getrübten Erinnerung auch und gerade bei einer um Wahrheit bemühten Auskunftsperson erwartet werden kann.
74 
Dennoch verdeutlichte die etwas unbeholfene Aussage des Klägers sehr anschaulich die Umstände, die ihn zu seinem Entschluss veranlasst hatten, sich für die „Lex-Konzept-Rente“ und die „Wealthmaster“-Versicherung zu entscheiden. Er vertraute bedingungslos auf die Sachkunde des Vermittlers F., der ihm die Lebensversicherung der Beklagten als sichere Anlageform mit hoher, zuverlässiger Rendite und daraus folgend auch mit einer als gesichert erscheinenden Rentenzahlung darstellte. Dass die Rente auch geschmälert werden oder gar wegfallen könnte, erschien ihm lediglich als theoretische Annahme möglich, mit der er sich ebenso wenig auseinander gesetzt hatte wie der Vermittler. Der Fall, dass die Beklagte nachhaltig und über längere Dauer nicht in der Lage sein könnte, eine Rendite von 7,8 % zu erwirtschaften, kam beiden nicht in den Sinn und lag außerhalb ihrer Gedankenwelt und Vorstellungskraft.
75 
Die Angaben des Klägers verdeutlichten auch, dass er offenkundig in Kapitalanlage- und Versicherungsdingen unerfahren war und ist und sich mit der Durchdringung der Materie und den erforderlichen Risikoanalysen überfordert fühlte. Dies erklärt einerseits sein geradezu blindes Vertrauen in die Kompetenz scheinbarer Fachleute und sein andererseits festzustellendes mangelndes Interesse, sich die Kenntnisse von der Funktionsweise der Versicherung anhand der Unterlagen selbst zu erarbeiten.
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Ein Verzicht auf eine Beratung und Aufklärung lässt sich hieraus nicht ableiten. Vielmehr hätte der Zeuge F. auf die Möglichkeiten des Klägers, sich die Funktionsweise der Versicherung zu erschließen, Bedacht nehmen müssen. Dies ist nicht geschehen. Sowohl aus den Angaben des Klägers als auch des Zeugen lässt sich ersehen, dass der Zeuge F. den Kläger zu keinem der oben in Abschnitt 3.1 dargestellten Gesichtspunkte auch nur annähernd sachgerecht aufgeklärt hat.
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Dass der ebenfalls mit der Beratung des Klägers befasste Vermittler H. den Kläger im erforderlichen Umfang aufgeklärt hat, lässt sich weder den Angaben des Klägers noch des Zeugen entnehmen.
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3.4 Der Entschluss des Klägers, die „Wealthmaster“-Versicherung bei der Beklagten zu nehmen, beruht auf dieser Aufklärungspflichtverletzung.
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3.4.1 Für einen solchen Ursachenzusammenhang spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11, TZ 66m. w. N.). Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die diese Vermutung entkräften könnten. Sie ist nicht als Anscheinsbeweis oder tatsächliche Beweiserleichterung zu verstehen, sondern als echte Beweislastumkehr. Nach der neueren, mittlerweile senatsübergreifenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 8.5.2012, XI ZR 262/10 Tz. 33 sowie Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 66) greift diese Beweislastumkehr auch nicht nur dann ein, wenn hypothetisch die ordnungsgemäße Aufklärung dem Aufgeklärten vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative offen gestanden hätte, also keinen Entscheidungskonflikt eröffnet hätte. Vielmehr greift die Beweislastumkehr bereits dann ein, wenn nur die Verletzung der Aufklärungspflicht feststehe. In der Folge muss derjenige, dem die ordnungsgemäße Aufklärung oblag, nachweisen, dass der nicht ordnungsgemäß Aufgeklärte sich für dieselbe Handlungsalternative entschieden hätte, die er als Folge der Aufklärungspflichtverletzung tatsächlich gewählt hat. Es ist der Beklagten nicht gelungen, solche Umstände nachzuweisen, die eine solche hypothetische gleichgelagerte Entscheidung des Klägers auch nur nahegelegt hätte.
80 
3.4.2 Vielmehr ist der Senat nach der Vernehmung des Klägers als Partei davon überzeugt, dass dieser die Versicherung nicht genommen hätte, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre, mithin die Aufklärungspflichtverletzungen für den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ursächlich waren.
81 
Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck, den der Kläger anlässlich seiner Parteivernehmung hinterlassen hat, keinen Zweifel daran, dass der Kläger an nichts weniger interessiert war als an einer Anlage mit spekulativen Elementen und damit einhergehenden Unsicherheiten. Sicherheit stand für den Kläger nachvollziehbar und glaubwürdig an oberster Stelle. Daraus leitet der Senat ab, dass der Kläger sich nicht für das Anlagekonzept entschieden hätte, wenn er erkannt hätte, dass die „Wealthmaster“-Versicherung als zentrales Element der dauerhaften Wertschöpfung wegen ihrer starken Anbindung an die Aktienmärkte gerade nicht die gewünschte konstante - und vor allem konstant hohe – Rendite zu garantieren vermochte.
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3.5 Der Kläger ist aktivlegitimiert, die aus diesen Pflichtverletzungen erwachsenden Ansprüche auf Ersatz des Vertrauensschadens in eigenem Namen geltend zu machen. Der Kläger hat zwar seine Ansprüche an die Landesbank H. umfassend abgetreten, wie aus der Anlage K 14 ersichtlich ist. Diese Abtretungsvereinbarung umfasst jedoch sowohl nach ihrem Wortlaut („Die Abtretung umfasst die gegenwärtigen und künftigen Rechte und Ansprüche aus dem genannten Renten-/Lebensversicherungsvertrag in voller Höhe“) und dem Sicherungszweck nur Primäransprüche, nicht auch Schadensersatzforderungen. Ansprüche „aus einem Vertrag“ sind nicht solche, die darauf gründen, dass ein solcher Vertrag gerade nicht abgeschlossen worden wäre. Soweit Zweifel zu Lasten des Klägers als Verbraucher verblieben, gingen diese zu Lasten des Klausel-Verwenders, der Landesbank H., § 305 c Abs. 2 BGB. Damit ist der Kläger als Zedent von Anfang an selbst Inhaber etwaiger Schadensersatzforderungen geblieben (vgl. BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 286/10, Tz. 15 – 17).
83 
3.6 Durch den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ist dem Kläger der vom Landgericht erkannte Schaden entstanden.
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3.6.1 Dieser liegt in der Belastung mit einem für den Kläger nachteiligen Vertrag. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Information eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt. Zwar setzt der auf Rückabwicklung des Vertrages aufgrund einer Verletzung von Aufklärungspflichten gerichtete Schadensersatzanspruch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Vermögensschaden voraus; hierfür genügt aber jeder wirtschaftliche Nachteil, der für den Gläubiger mit dem aufgrund der Aufklärungspflichtverletzung eingegangenen Vertrag verbunden ist, so z.B. die nachhaltige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit. Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH 11.7.2012, IV ZR 164/11, Tz. 64).
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3.6.2 Das ist hier der Fall. Der Vertrag ist für den Kläger nachteilig, da er ihn in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit beeinträchtigt. Der Kläger muss die Darlehensverbindlichkeiten, zu deren Eingehung er aufgrund der unzureichend dargestellten Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung veranlasst worden ist, bis Ende Oktober 2013 zurückführen. Hierfür muss er entweder den Verkaufserlös aus dem neben dem Lebensversicherungsvertrag aus Fremd- und Eigenmitteln angesparten Investmentfondsdepot verwenden oder außerplanmäßige Auszahlungen aus dem Lebensversicherungsvertrag beantragen. Ein weiterer wirtschaftlicher Nachteil ergibt sich aus der enttäuschten langfristigen Gewinnerwartung. Der Kläger muss damit rechnen, dass der deklarierte Wertzuwachs deutlich niedriger ausfällt als mit der Musterberechnung in Anl. K 4 auf Basis einer Rendite von 7,8 % prognostiziert. Möglich ist auch, dass ein Fälligkeitsbonus, mit dem die Anleger am Ende der Laufzeit an den gebildeten Reserven teilnehmen können, nicht ausgezahlt werden wird.
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3.6.3 Die Höhe des eingetretenen Schadens, definiert als die Vermögenseinbuße, die dem Kläger erspart geblieben wäre, wenn er – verleitet durch die unzulängliche Aufklärung und Beratung der Beklagten – die „Wealthmaster“-Versicherung und die sonstigen Verträge der „Lex-Konzept-Rente“ nicht abgeschlossen hätte, ist in der geltend gemachten Höhe von 24.237,76 EUR nachgewiesen. Mittels der Kontoauszüge im Anlagenkonvolut K 16 sind Zahlungen des Klägers aus eigenen Mitteln auf das Darlehen bei der L. Privat-Bank AG jedenfalls in der geltend gemachten Höhe von 5.608,85 EUR belegt. Mit Bindungswirkung für den Senat hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger darüberhinaus beim Abschluss der Lex-Konzept-Rente Eigenkapital in Höhe von 18.628,91 EUR eingesetzt hat. Diese Beträge greift die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht an.
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3.7 Die Beklagte schuldet Ersatz des gesamten Vertrauensschadens, der dem Kläger nicht nur aus dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung, sondern aus der Zeichnung der „Lex-Konzept-Rente“ insgesamt entstanden ist. Der Senat weist damit nicht der Beklagten die Verantwortung für das Anlage-Konzept der Fa. Lex zu; vielmehr umfasst die Haftung für den Vertrauensschaden des Klägers die Rückabwicklung auch der Darlehens- und Avalverträge mit den kreditierenden bzw. sichernden Bankinstituten sowie der Beteiligung an Investmentfonds deshalb, weil diese Geschäfte untrennbar mit dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung verbunden waren. Die vermeintlich renditestarke Lebensversicherung war das Kernstück des gesamten Anlagekonzepts. Nur um auf die Renditestärke der „Wealthmaster“-Versicherung zugreifen zu können, ging der Kläger die Kreditverbindlichkeiten ein. Die Beteiligung an Investmentfonds diente lediglich als Tilgungsinstrument für die Darlehensverbindlichkeiten. Plangemäß sollte nach deren Ablösung die wahre Gewinnzone des gesamten Anlagemodells erreicht werden, die alleine durch die Rendite der Lebensversicherung bestimmt würde. Dies rechtfertigte auch die Auslegung des Anlagemodells als „Altersvorsorge“ und als „Rente“, die allein aufgrund der langen Laufzeit der Lebensversicherung mutmaßlich über die Lebenszeit des Klägers hinausweisen würde.
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Demzufolge erfasst die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung der Lebensversicherung notwendigerweise auch die Begleitgeschäfte, die für den Abschluss der Lebensversicherung unerlässlich waren.
89 
3.8 Steuervorteile muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen, weil der erstrebte Schadensersatzbetrag der Besteuerung unterliegt. Damit werden die in der Vergangenheit erlangten Steuervorteile in solchem Maße kompensiert, dass eine Vorteilsausgleichung der bislang erzielten Steuervorteile nicht angemessen erscheint.
90 
3.9 Die Ansprüche des Klägers auf Ersatz seines Vertrauensschadens sind nicht verjährt.
91 
3.9.1 Verjährung gem. § 195, 199 Abs. 1 BGB ist nicht eingetreten. Obwohl der Schaden bereits durch den Vertragsabschluss entstanden ist, also vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, bemisst sich die Verjährung nach dem seit 1.1.2002 geltenden Recht. Ansprüche aus c.i.c. verjährten nämlich bis zum 31.12.2001 in Ermangelung abweichender gesetzlicher Regelungen nach der damaligen Regelverjährung von 30 Jahren. Da die nunmehr unter §§ 280 Abs.1, 311 Abs. 2 BGB kodifizierten Schadensersatzansprüche aus Pflichtverletzungen bei Vertragsanbahnung, die lediglich das bisherige Richterrecht zur c.i.c in Gesetzesform gegossen haben, der neuen Regelverjährung gem. § 195 BGB mit einer Dauer von lediglich 3 Jahren unterliegen, ist diese kürzer als die alte Verjährungsfrist. Gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 EGBGB ist demnach das ab 1.1.2008 geltende Verjährungsrecht mit der kürzeren Regelverjährungsfrist anzuwenden.
92 
3.9.2 Der Senat kann nicht feststellen, dass der Kläger vor dem Jahr 2008 Kenntnis von den dargestellten Verletzungen der Aufklärungs- und Informationspflichten erlangt hat oder aus grober Fahrlässigkeit nicht erlangt hat, wie dies für das Anlaufen der Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlich wäre.
93 
Die unzureichende Renditeentwicklung begründet noch kein ausreichendes Indiz dafür, dass die Beklagte und ihre Hilfspersonen sämtliche oben bezeichneten Aufklärungspflichten verletzt. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 29.10.2010 selbst darauf hinweist, der Fehlschlag des Anlagekonzepts könne noch gar nicht abschließend beurteilt werden, weil die „Wealthmaster“-Versicherung sich noch derart renditestark entwickeln könne, dass sämtliche Anlageziele noch erreicht werden könnten (vgl. Bl. 66 d. A.). Vor diesem Hintergrund mutet der Vortrag seltsam an, der Kläger habe sich mindestens grob fahrlässig der gegenteiligen Erkenntnis verschlossen.
94 
3.10 Im Wege des auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzes hat die Beklagte den Kläger auch von seinen Darlehensverbindlichkeiten freizustellen. Im Gegenzug muss der Kläger die erlangten Vorteile (Vertragswert der „Wealthmaster“-Versicherung sowie das Wertpapier-Depot) an die Beklagte herausgeben, was der Kläger bei seiner Antragstellung berücksichtigt hat.
95 
3.11 Die Beklagte schuldet unter Schadensersatzgesichtspunkten auch die Erstattung der aufgewendeten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in geltend gemachter Höhe.
96 
4. Damit hat die Berufung des Klägers in vollem Umfang Erfolg. Da der vom Landgericht zuerkannte Erfüllungsanspruch nur für den Fall geltend gemacht ist, dass dem Schadensersatzbegehren kein Erfolg beschieden ist, führt der Erfolg der klägerischen Berufung auch insoweit zur Abänderung, als die Verurteilung entsprechend dem Hilfsbegehren ersatzlos entfällt. Damit ist zugleich auch das Berufungsbegehren der Beklagten erledigt, ohne dass es einer Erledigungserklärung bedürfte.
97 
5. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen. Der klägerische Hauptantrag war bereits im ersten Rechtszug begründet, was der Berufung des Klägers zum Erfolg verhilft. Die Berufung der Beklagten hat hingegen keinen Erfolg. Mit der Abänderung des angefochtenen Urteils ist nicht die Feststellung verbunden, dass der vom Landgericht festgestellte Anspruch nicht bestehe.
98 
6. Die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
99 
7. Ein Bedürfnis zur Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 11.7.2012 (Leitentscheidung IV ZR 164/11) hinreichend geklärt. Die Sache hat daher keine grundsätzliche Bedeutung mehr, das Recht ist in den entscheidenden Fragen bereits fortgebildet. Die vorliegende Entscheidung weicht von den rechtlichen Obersätzen des Bundesgerichtshofs nicht ab, so dass auch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht berührt ist.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.

(2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/11) abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 6.8.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247… und Kreditnr. 247… freizustellen.

3. Die Verurteilung zu Ziffer 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus der mit der Beklagten bestehenden Versicherung Policennr. 501 … sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 … der F. Bank GmbH.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers wegen des Zahlungstitels durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Geldbetrags, wegen der Freistellung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung des Zahlungstitels Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Geldbetrags oder vor Vollstreckung des Freistellungstitels Sicherheit in Höhe von 220.000 EUR geleistet hat.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert:

1. Berufung des Klägers:

        

   Zahlungsantrag:

24.237,76 EUR

   Freistellungsantrag:

194.866,11 EUR

2. Berufung der Beklagten:     

25.557,83 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz seines Vertrauensschadens wegen der angeblichen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss der 45 Jahre laufenden, anteilsgebundenen „Wealthmaster“-Lebensversicherung Nr. 501 …, die er gegen Zahlung einer kreditfinanzierten Einmalprämie in Höhe von 254.747 DM bei der Beklagten genommen hat. Seinen Schaden beziffert er mit 24.237,76 EUR zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe. Darüber hinaus begehrt er die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten, die er zur Finanzierung der Einmalprämie für die „Wealthmaster“-Versicherung eingegangen ist, schließlich Ersatz vorgerichtlich aufgewandter Anwaltskosten in Höhe von 4.994,19 EUR zuzüglich Prozesszinsen.
Die „Wealthmaster“-Versicherung ist eingebunden in ein umfassenderes Anlagekonzept namens „Lex-Konzept-Rente“, wegen dessen Einzelheiten auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen wird. Zur Sicherung des Darlehens hat der Kläger seine Rechte aus der „Wealthmaster“-Versicherung und an dem entsprechend dem Anlagekonzept unterhaltenen Wertpapierdepot an die kreditierende Bank abgetreten bzw. verpfändet. Er bietet an, seine Ansprüche auf Rückgewähr der gegebenen Sicherheiten an die Beklagte Zug um Zug gegen die begehrte Schadensersatzzahlung sowie die Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten zu übertragen.
Mit Schriftsatz vom 25.8.2011 begehrte er klageerweiternd hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, im Zeitraum von 21.3.2000 bis 21.12.2044 regelmäßige Auszahlungen in Höhe von vierteljährlich 3.915 DM (= 2001,71 EUR) mit einer jährlichen Erhöhung von 1 % vorzunehmen, wie sie unstreitig in dem bezeichneten Versicherungsschein aufgeführt sind. Zu ergänzen ist, dass der Kläger diese regelmäßigen Auszahlungen bereits im Versicherungsantrag (Anlage LW 3) beantragt hat.
Der Kläger erhob im ersten Rechtszug den Vorwurf, er sei weder durch die Beklagte selbst noch durch den Vermittler ordnungsgemäß aufgeklärt und beraten worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Da die Beklagte unstreitig keine eigene Vertriebsorganisation unterhielt, sondern sich für den Vertrieb ihrer "Wealthmaster"-Versicherungen sogenannter "Masterdistributoren", vorliegend der Fa. Lex Vermögensverwaltung AG, und deren Untervermittler, vorliegend des Streitverkündeten und Zeugen R. F., bediente, müsse sich die Beklagte – so meint der Kläger - auch Pflichtverletzungen des Untervermittlers zurechnen lassen. Er behauptet, bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die maßgeblichen Umstände hätte er die Lex-Konzept-Rente unter Einbindung der „Wealthmaster“-Versicherung nicht ins Auge gefasst. Er wolle deshalb so gestellt werden, als hätte er die „Wealthmaster“-Versicherung nicht genommen und die „Lex-Konzept-Rente“ nicht gezeichnet.
Die Beklagte trat dem allem entgegen und berief sich ergänzend darauf, die geltend gemachten Forderungen seien jedenfalls verjährt.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens im Einzelnen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte entsprechend dem klägerischen Hilfsantrag verurteilt, die im Versicherungsschein ausgewiesenen regelmäßigen Auszahlungen ohne Rücksicht auf den Vertragswert der „Wealthmaster“-Versicherung vorzunehmen, im Übrigen die Klage jedoch abgewiesen. Es stützte sich im Wesentlichen auf die damalige Auffassung des Senats, die bestehenden unbedingten und vorbehaltlosen Erfüllungsansprüche stünden einem Schadenseintritt entgegen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen, die das Landgericht getroffen hat, sowie seiner rechtlichen Erwägungen im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Unter Bezugnahme auf ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen und dessen Vertiefung greift die Beklagte das landgerichtliche Urteil wie folgt an:
1. Das Urteil beruhe auf einer fehlerhaften Tatsachengrundlage, indem das Landgericht fälschlich feststellte, der von der Beklagten erwirtschaftete Ertrag führe zur Zuteilung weiterer Pool-Anteile; in Wahrheit erfolge die wirtschaftliche Beteiligung der Versicherungsnehmer durch eine Werterhöhung der vorhandenen Pool-Anteile.
10 
2. Das Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern, nämlich
11 
- einer unvollständigen Beweiserhebung, indem das Landgericht tatsächliche Feststellungen zum Themenkomplex der angeblich garantierten Auszahlungen getroffen habe, obwohl es den Zeugen F. hierzu nicht befragt habe.
12 
- der Zulassung der Klageerweiterung um den nachträglich gestellten klägerischen Hilfsantrag, obwohl diese weder sachdienlich gewesen sei noch die Beklagte die erforderliche Einwilligung erteilt habe,
13 
- der Zulassung des klägerischen Hilfsantrags, obwohl dieser unzulässig gewesen sei, weil er weder hinreichend bestimmt sei noch dem Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse sowie die notwendige Aktivlegitimation zur Seite stehe.
14 
3. Das Landgericht habe das materielle Recht falsch angewandt, indem es
15 
- zu Unrecht einen individuell vereinbarten Anspruch auf Vornahme der „regelmäßigen Auszahlungen“ ohne Rücksicht auf den Vertragswert erkannt habe, obwohl sich aus den klaren und eindeutigen Versicherungsbedingungen anderes ergebe und die Parteien keine abweichende Individualvereinbarung getroffen hätten,
16 
- nicht berücksichtigt habe, dass die regelmäßigen Auszahlungen in der Vergangenheit im beantragten Umfang erbracht worden seien.
17 
Alle diese Fehler hätten sich in einer falschen Sachentscheidung niedergeschlagen.
18 
4. Vorsorglich weist die Beklagte darauf hin, dem Kläger stünde auch kein Schadensersatzanspruch auf Ersatz des negativen Interesses zu, wie mit dem Hauptantrag geltend gemacht.
19 
- Die Klägerin habe nicht die vom Landgericht angeführten Pflichten zur Aufklärung des Klägers gehabt, habe diese also auch nicht verletzen können.
20 
- Aufklärungs- und Beratungspflichten der Beklagten seien nach den Vorschriften des § 10 a VAG a. F. zu bemessen, die die Beklagte erfüllt habe. Weitergehende Aufklärungspflichten hätten nicht bestanden, insbesondere nicht hinsichtlich der Risiken der Fremdfinanzierung sowie der Lex-Konzept-Rente.
21 
- Keinesfalls müsse sich die Beklagte etwaige Pflichtverletzungen des Versicherungsvermittlers zurechnen lassen.
22 
- Die angeblichen Pflichtverletzungen seien auch nicht kausal geworden für die Entscheidung des Klägers, die „Wealthmaster“-Versicherung bei der Beklagten zu nehmen.
23 
- Schließlich sei dem Kläger auch kein Schaden entstanden. Zu ersetzen seien nur die Schäden, die in dem Bereich liegen, der durch die angeblich verletzten Aufklärungspflichten geschützt werden solle. Soweit der Kläger mangelhafte Aufklärung über das Glättungsverfahren und die „Pool-übergreifende Reservenbildung“ geltend mache, sei ein Schadenseintritt nicht ersichtlich. Eine angeblich fehlerhafte Aufklärung über die erzielbaren Renditen könne nur zur Verpflichtung führen, die Differenz zwischen der in Aussicht gestellten und der tatsächlich erwirtschafteten Rendite zu erstatten.
24 
- Im Übrigen müsse die Beklagte keinesfalls für das Scheitern des Anlagekonzepts „Lex-Konzept-Rente“ einstehen. Eine solche Haftung setze die Schadensberechnung des Klägers jedoch stillschweigend voraus.
25 
- Jedenfalls wäre ein etwaiger Schadensersatzanspruch bereits verjährt.
26 
5. Der Fall könne nicht nach den Grundsätzen beurteilt werden, die der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.7.2012 in dem Verfahren IV ZR 164/11 entwickelt habe. Zu Unrecht habe er die im Kapitalanlagerecht entwickelten Grundsätze über Aufklärung und Beratung des Anlegers und die Zurechnung von Gehilfen-Handeln entsprechend angewandt. Er weiche damit nicht nur von seiner bisherigen, gefestigten Rechtsprechung ab, sondern verkenne dabei auch die grundsätzlichen Unterschiede zum Versicherungsrecht. Zu dessen Grundsätzen gehöre es, dass das Handeln von Versicherungsmaklern, wie sie vorliegend im Lager der Klägerin tätig geworden seien, nicht dem Versicherer zuzurechnen sei. Die Beklagte vertreibe ihre Produkte auch nicht über einen „Struktur-Vertrieb“. Schließlich verstoße die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Zurechnung des Makler-Handelns gegen höherrangiges Europarecht, insbesondere die „Vermittlerrichtlinie“ des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.12.2002.
27 
Auch die vom BGH begründeten Aufklärungs- und Beratungspflichten verstießen gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Die Informationspflichten eines Versicherers seien durch EU-Richtlinien abschließend geregelt, die durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21.7.1994 umgesetzt worden seien. Mit dessen Vorgaben seien Verpflichtungen unvereinbar, „über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für den Anlageentschluss von besonderer Bedeutung seien“. Ein im Vergleich zu deutschen Versicherern angeblich höherer Aufklärungs-und Beratungsbedarf diskriminiere die Beklagte unzulässig.
28 
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die oben genannte Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs den Tatsacheninstanzen keine Vorgaben zur Bestimmung des angeblich eingetretenen Schadens mache. Tatsächlich sei dem Kläger aus dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung kein Schaden entstanden.
29 
Die Beklagte beantragt,
30 
1. unter Aufhebung – hilfsweise Abänderung - des am 27.9.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Ravensburg (AZ 1 O 113/10) die Klage abzuweisen,
31 
2. hilfsweise
32 
unter Aufhebung – hilfsweise Abänderung - des am 27.9.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Ravensburg (AZ 1 O 113/10) das Verfahren an das Landgericht Ravensburg zurückzuverweisen.
33 
Der Kläger beantragt:
34 
Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.9.2011 (1 O 113/10) wird abgeändert:
35 
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.237,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
36 
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem mit der L. Privatbank AG bestehenden Darlehensvertrag vom 17.12.1999, Kreditnr. 247… und Kreditnr. 247… freizustellen.
37 
Die Verurteilung zu Ziffer 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der gegen die L. Kasse gerichteten Ansprüche des Klägers auf Rückabtretung der Ansprüche aus dem mit der Beklagten bestehenden Versicherung, Policennr. 501 … sowie Freigabe und Rückabtretung des Wertpapierdepots Nr. 100 … F. Bank GmbH.
38 
hilfsweise
39 
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
40 
Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen rügt der Kläger, das Landgericht habe zwar richtig erkannt, dass der Kläger Anspruch auf vorbehaltlose Erfüllung des im Versicherungsschein ausgewiesenen Auszahlungsplans habe; zu Unrecht habe das Landgericht jedoch angenommen, dass dieser Umstand einem Schadensersatzanspruch entgegenstehe. Er verfolge daher seinen erstinstanzlich vorrangig geltend gemachten Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens weiter. Der Anspruch auf Erfüllung des Auszahlungsplans bleibe auch im Berufungsrechtszug nur nachrangiges Ziel.
41 
Die Beklagte beantragt,
42 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
43 
und nimmt zur Begründung auf ihr gesamtes bisheriges Vorbringen Bezug.
II.
44 
1. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch diejenige des Klägers ist zulässig.
45 
2. Die im ersten Rechtszug vorgenommene und im Berufungsrechtszug aufrecht erhaltene Rangfolge, in der das klägerische Begehren einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden soll, erfordert vorrangig die Prüfung der klägerischen Berufung. Da diese Erfolg hat, ist das angefochtene Urteil abzuändern nach den erstinstanzlichen, im Berufungsverfahren erneut gestellten Anträgen des Klägers. Die Berufung der Beklagten bleibt damit zwangsläufig ohne Erfolg.
46 
3. Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Vertrauensschadens. Er ist vermögensmäßig so zu stellen, als hätte er im Rahmen der „Lex-Konzept-Rente“ keinen „Wealthmaster“-Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen.
47 
Die Beklagte hat den Kläger nicht ausreichend über die Funktionsweise und die dadurch begründeten Risiken ihrer „Wealthmaster“-Versicherung aufgeklärt und damit ihr obliegende Pflichten aus dem während der Vertragsanbahnung bestehenden Schuldverhältnis (c.i.c.) verletzt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vertragsanbahnung mit anschließendem Vertragsabschluss war das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz noch nicht in Kraft getreten; für die Beurteilung des in der Vergangenheit vollständig abgeschlossenen Lebenssachverhalts der Vertragsanbahnung verbleibt es deshalb bei der Anwendbarkeit des zu jenem Zeitpunkt geltenden Rechts, mithin bei den richterrechtlich entwickelten Grundsätzen des „Verschuldens bei Vertragsschluss“.
48 
3.1 Das Versicherungsprodukt „Wealthmaster“ ist so komplex gestaltet, dass es eingehender Erläuterung und Aufklärung bedarf, damit der angesprochene Kundenkreis seine Funktionsweise versteht. Dies gilt nicht nur für das Glättungsverfahren und die Pool-Verwaltung einschließlich der Reservenbildung, das Zusammenspiel von garantiertem Wertzuwachs und Fälligkeitsbonus bzw. Marktpreisanpassung, sondern insbesondere auch für das richtige Verständnis der in Aussicht gestellten Renditen. Bei der Vornahme regelmäßiger Auszahlungen bedarf es auch der Aufklärung darüber, dass diese durch Einlösung von Pool-Anteilen finanziert werden, es sich also nicht um eine besondere Versicherungsleistung in Form einer vorweggenommenen Ausschüttung von Erträgen handelt, die sonst üblicherweise erst am Ende der Vertragslaufzeit als Ablaufleistung ausbezahlt werden. Die Finanzierung der regelmäßigen Auszahlungen durch Verwertung einer entsprechenden Anzahl von Pool-Anteilen erfordert auch den Hinweis, dass der Erhalt des Kapitalstocks nur dann gewährleistet ist, wenn die nach der Einlösung verbliebenen Pool-Anteile einen Wertzuwachs erzielen, der mindestens dem Wert der eingelösten Pool-Anteile entspricht, anderenfalls sich durch die vorgenommenen Auszahlungen die Kapitalbasis für die zu erzielende Rendite immer weiter schmälert, so dass sich deren Wertverzehr beschleunigt.
49 
3.2 Zwar muss ein Versicherungsinteressent im Grundsatz selbst prüfen und beurteilen, ob er eines Versicherungsschutzes bedarf und ggfs. mit welchem Inhalt und in welchem Umfang. Dieser Grundsatz bedarf im vorliegenden Fall jedoch einer Modifikation:
50 
3.2.1 Die Beklagte ist erst nach der Deregulierung des Versicherungswesens Mitte der 1990er Jahre auf dem deutschen Markt als Wettbewerber mit deutschen Lebensversicherungen in Erscheinungen getreten. Ihr Produkt „Wealthmaster“ unterscheidet sich erheblich von den bis dahin auf dem deutschen Markt angebotenen Lebensversicherungen einschließlich fondsgebundener Lebensversicherungen deutscher Ausprägung. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Abgrenzung der in den „Wealthmaster“-Produkten gebildeten Pools im Verhältnis zu den Fonds deutscher fondsgebundener Lebensversicherungen, sondern auch hinsichtlich der Garantieverzinsung, der die konventionellen deutschen Lebensversicherungen, nicht jedoch die „Wealthmaster“-Produkte der Beklagten unterliegen, und die als Sicherheitsgesichtspunkt in den interessierten Verkehrskreisen weithin bekannt ist. Bereits diese Abweichungen von den auf dem deutschen Markt gängigen und vertrauten Versicherungsprodukten der Wettbewerber machen eine Aufklärung über die anders- und neuartige Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung erforderlich. Eine europarechtswidrige Diskriminierung gegenüber anderen Wettbewerbern ist darin nicht zu erblicken. Die Anforderungen, ein auf einem abgrenzbaren Markt neu angebotenes Versicherungsprodukt mit komplexer, neuartiger Funktionsweise und andersartigen als bis dahin üblichen Risiken klar und verständlich zu beschreiben, würden jeden beliebigen Wettbewerber, der ein solches neues Produkt auf den Markt bringt, in gleicher Weise treffen, gleichgültig, ob es sich um einen in- oder ausländischen Wettbewerber mit oder ohne eigenen Vertrieb handelte. Im Übrigen hält es die Beklagte ersichtlich nicht für europarechtswidrig, die – gemessen an den bisherigen, etablierten Produkten der Wettbewerber – außergewöhnlichen Chancen werbewirksam herauszustellen. Die Darstellung der Risiken ist lediglich die Kehrseite desselben Umstands.
51 
3.2.3 Ob sich der Abschluss der streitgegenständlichen kapitalbildenden Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt, bedarf keiner Klärung. Zwar bezeichnete die Beklagte selbst die von ihr angebotenen Versicherungsverträge als besonders geschützte „Kapitalanlage“, z. B. in ihrer Verbraucherinformation zur „Wealthmaster“-Versicherung im Abschnitt „Pools mit garantiertem Wertzuwachs“ (vgl. Anlage LW 1) oder - in übergroßem Fettdruck - im Prospekt „Pools mit garantiertem Wertzuwachs“ (vgl. Anlage K 6); auch nach den Regeln des Versicherungsvertragsrechts oblag der Beklagten nämlich die Pflicht, den Kläger über die Funktionsweise und Risiken der „Wealthmaster“-Versicherung aufzuklären und zu beraten. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind solche Beratungs- und Aufklärungspflichten dem Versicherungsvertragsrecht, dem die „Wealthmaster“-Versicherung aufgrund der gewählten Anlageform einer kapitalbildenden Lebensversicherung unterfällt, keineswegs fremd.
52 
3.2.3.1 Solche Pflichten des Versicherers bestehen nicht erst seit der – vorliegend nicht anwendbaren – normativen Regelung in § 6 VVG in der seit 1.1.2008 geltenden Fassung. Vielmehr anerkannte die höchstrichterliche Rechtsprechung schon lange Zeit zuvor Beratungs-, Aufklärungs- und Informationspflichten, die über die bloße Unterrichtung des Versicherungsnehmers durch Übergabe einer Verbraucherinformation i. S. v. § 10 a Abs. 1 VAG i. V. m. Anlage Teil D, Abschnitt 1 Nr. 2 a – f in der bis 31.12.1999 geltenden Fassung hinausgehen, sofern der Versicherungsinteressent erkennbar einer solchen Beratung bedürfe (gefestigte Rechtsprechung, z. B., BGH VersR 1992, 217 Tz. 22).
53 
3.2.3.2 Die Annahme solcher Beratungspflichten verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die Niederlassungsfreiheit. Gerade die von der Beklagten gewählte Organisationsform, interessierten Kunden ihre Versicherungsprodukte über ausgewählte Großmakler und deren Untervermittler nahe zu bringen, zeigt, dass es nicht erforderlich ist, einen eigenen Vertrieb zu unterhalten, sondern genügt, sich externer Vertriebspartner zu bedienen. Davon zu trennen ist die anderweitige Problematik, ob sich die Beklagte hierdurch den ihr nach nationalem Recht obliegenden Pflichten entziehen kann. Dies ist zu verneinen. Soweit ersichtlich, sind gegen die oben beschriebenen, im nationalen deutschen Recht entwickelten Aufklärungs-, Beratungs- und Informationspflichten Bedenken wegen ihrer Vereinbarkeit mit europäischem Gemeinschaftsrecht bislang nicht erhoben worden. Der Erwägungsgrund Nr. 19 der bei Abschluss des streitbefangenen Versicherungsvertrags maßgeblichen Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 (Dritte Richtlinie Lebensversicherung) weist ausdrücklich darauf hin, dass die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor sei. Vielmehr sei den Mitgliedstaaten die Möglichkeit belassen, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen. Diese Möglichkeit stelle zugleich eine hinreichende Sicherung für die Versicherungsnehmer dar.
54 
3.3. Zur Erfüllung dieser Aufklärungs- und Unterrichtungspflichten stand der Beklagten der Weg offen, einen Interessenten durch schriftliches Informationsmaterial aufzuklären, oder durch ein persönliches Gespräch mit Kundenberatern.
55 
3.3.1 Bei einer Aufklärung im erstgenannten Informationsweg hätten die von der Beklagten ausgegebenen Prospekte sowie Informations- und Vertragsunterlagen sachlich richtig, vollständig und verständlich sein sowie ein schlüssiges Gesamtbild der Versicherung geben müssen (vgl. auch BGH NZG 2011, 68-69 [juris Tz. 18]; NJW-RR 2007, 1692-1693 [juris Tz. 9]; 925-927 [Tz. 4]; WM 2005, 833-838 juris Tz. 39]; NJW 2004, 1732-1734 [Tz. 22]). Zur Erfüllung dieser Pflichten genügte es nicht, dem Versicherungsinteressenten schriftliche Unterlagen zu überlassen, aus denen nur der kundige oder bereits problembewusste Interessent auch von sich aus inhaltsgleiche Folgerungen hätte ableiten können (vgl. BGH NJW 1983, 1730-1731 [juris Tz. 12]).
56 
3.3.2 Die im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden schriftlichen Informations- und Vertragsunterlagen (Policenbedingungen in Anlage K 1, die Pool-Informationen in Anlagen K 6 sowie die Verbraucherinformation in Anlage LW 1) der Beklagten genügten diesen Anforderungen nicht. Alle diese Vertragsunterlagen und Informationspapiere sind in den zentral bedeutsamen Punkten unzureichend und nicht geeignet, um einen durchschnittlichen Versicherungsinteressenten wie den Kläger über die ihn – wie jeden anderen potentiellen Versicherungskunden - maßgeblich interessierende Funktionsweise der Versicherung und ihre spezifischen Chancen und Risiken im geschuldeten Umfang aufzuklären. Im einzelnen handelt es sich um folgende Gesichtspunkte:
57 
3.3.2.1 Die Berechnung des Vertragswertes lässt sich weder aus den AGB noch der Verbraucher- oder Poolinformation nachvollziehen. Die maßgeblichen Parameter zur Bemessung des deklarierten Wertzuwachses, des Fälligkeitsbonus und der Marktpreisanpassung sind unbestimmt und für den Versicherungsnehmer nicht transparent. Aus seiner Sicht erscheint die Festlegung dieser Größen zur Bestimmung der vertraglichen Leistung der Beklagten in deren weitgehend freies Ermessen gestellt. Dass die Beklagte staatlicher Versicherungsaufsicht untersteht, hilft dem Versicherungsinteressenten nicht in seinem Bemühen, die Funktionsweise des angebotenen Versicherungsprodukts zu verstehen und auf die Tauglichkeit für seine Bedürfnisse und Anlageziele zu prüfen.
58 
3.3.2.2 Erst nach genauem Studium der Vertragsunterlagen wird klar, dass die Beklagte – was unstreitig ist - tatsächlich nur die Höhe des jeweiligen Anteilspreises und seinen Wertzuwachs auf die Dauer eines Jahres garantiert, nicht jedoch den Vertragswert, der sich aus dem rechnerischen Produkt von Anteilsbestand und Anteilspreis ergibt. Da nach der von der Beklagten praktizierten Methode die Kosten der Vertragsverwaltung zu Lasten des Anteilsbestands verrechnet werden, kann der Anteilsbestand in den Zeiten sinken, in denen die Erträge niedriger als die Kosten sind. Als Folge kann somit der Vertragswert als Produkt von Anteilspreis und Anteilsbestand sinken, obwohl der Anteilspreis im garantierten Umfang gestiegen ist. Im wirtschaftlichen Ergebnis stellen damit die Garantien der Beklagten keineswegs den so „wertvollen“ „Schutz der Kapitalanlage“ dar, wie dies auf Anhieb erscheinen mag, insbesondere garantieren sie keinen Kapitalerhalt. Dies gilt insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und Stagnation, also gerade in den Krisen, in denen der durchschnittliche Versicherungsnehmer besonders auf die Wertgarantie hofft. Auch insoweit fehlt ein deutlicher Hinweis.
59 
3.3.2.3 Darüber hinaus kann bei vorzeitiger Beendigung der Vertragswert um eine nicht näher definierte Marktpreisanpassung gekürzt werden, so dass in diesen Fällen der Kapitalerhalt um so weniger gesichert ist.
60 
3.3.2.4 Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer werden diese Zusammenhänge auch deshalb nicht ohne weiteres deutlich, weil die versprochenen „Garantien“ werbemäßig und schlaglichtartig in den Vordergrund gespielt werden (vgl. z. B. Pool-Information in Anlagen K 6: „Kapitalanlage ohne alle Risiken der Aktienmärkte zu tragen“) und deshalb eine genaue Durchleuchtung dessen, was eigentlich „garantiert“ wird, entbehrlich erscheint. Bereits die Bezeichnung „Pool mit garantiertem Wertzuwachs“ suggeriert, dass nicht nur ein Kapitalerhalt, sondern ein Kapitalzuwachs zugesichert wird. Das dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer alleine durch diesen Begriff vermittelte Gefühl von Sicherheit gibt keinen Anlass, die Versicherungsbedingungen und Verbraucher- sowie Pool-Informationen zu diesem Punkt im Einzelnen durchzuarbeiten. Selbst mit juristischen und wirtschaftlichen Vorkenntnissen ist ein vollständiges Verständnis des gesamten Regelwerks der Beklagten nur mit außerordentlichem Zeitaufwand möglich.
61 
3.3.2.5 Darüber hinaus fehlt es an einer Aufklärung, wie sich nach dem Vertragsverständnis der Beklagten die regelmäßigen Auszahlungen nicht nur unmittelbar auf den Vertragswert, sondern dauerhaft auf die erzielbare Verzinsung und damit den weiteren angestrebten Ertrag der Anlage auswirkt, insbesondere dann, wenn sich in Zeiten unzureichender Erträge die Verzinsungsbasis – u. U. über längere Zeit hinweg - schmälert. Schon die grundsätzlichen Wirkungen einer sich beständig vermindernden Verzinsungsbasis dürften den wenigsten Versicherungsnehmern geläufig sein. Dies gilt erst recht hinsichtlich der finanzmathematisch komplizierten Auswirkungen zeitlich schwankender Renditen bei nominell gleichbleibenden Auszahlungsbeträgen und der rasch zunehmenden Gefahren, die wirtschaftliche Zielsetzung der Anlage endgültig nicht erreichen zu können, wenn gerade in der Anfangsphase der Vertragslaufzeit die Wertzuwächse deutlich hinter den ausgezahlten Werten zurückbleiben. Dass der Kläger im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über hinreichende Kenntnisse verfügte, die finanzmathematischen Zusammenhänge im erforderlichen Maße zu überblicken, ist weder von den Parteien vorgetragen noch sonst ersichtlich.
62 
3.3.2.6 Der Kläger konnte die Auswirkungen unzureichender Renditen auch nicht aus der Musterberechnung in Anl. K 4 entnehmen.
63 
Es bestehen schon aus rechtlichen Erwägungen erhebliche Bedenken, die Informationen, die sich aus dieser Musterberechnung für den Versicherungsinteressenten ergeben, der Beklagten als Erfüllung ihrer Aufklärungspflicht zuzurechnen. Im Versicherungsantrag (Anl. LW 3) weist die Beklagte in Abschnitt „N. Erklärung des Antragstellers“ darauf hin, dass sie „durch Aussagen und Versprechungen Dritter“ „in keiner Weise“ „gebunden“ sei. Der Kläger hatte demnach keinen Anlass, die unstreitig nicht von der Beklagten stammende Musterberechnung heranzuziehen, um die Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung zu verstehen (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 45).
64 
Im Übrigen leistete die Musterberechnung nicht im erforderlichen Maße die notwendige Aufklärung. Zwar stellen die Tabellen „Voraussichtliche Entwicklung der Wealthmaster-Police unter der Annahme verschiedener Wachstumsraten (bei Auszahlung zum Jahresende)“ (S. 8 der Musterberechnung) sowie „Voraussichtliche Entwicklung der Wealthmaster-Police unter der Annahme verschiedener Wachstumsraten (bei Auszahlung zum Jahresende) bei einer Rentenhöhe von 1.500 pro Monat“ (S. 9 der Musterberechnung) dar, wie sich der Vertragswert bei unterschiedlichen Renditesätzen entwickelt. In der jeweils letzten Tabellenzeile sind in Abhängigkeit von den angenommenen Renditesätzen unterschiedliche „monatliche Rente“-Sätze ausgewiesen. Das Risiko des vollständigen Wertverzehrs bei noch niedrigeren Renditesätzen verdeutlichen jedoch beide Tabellen nicht hinreichend, zumal die in der letzten Zeile der Tabelle S. 9 ausgewiesene Monatsrente ausdrücklich als „monatliche Rente ohne Kapitalverzehr ab dem 15. Jahr“ bezeichnet ist. Die Abschätzung, wie sich eine gleichbleibend hohe Rentenzahlung auf den Kapitalwert auswirkt, wenn die Rendite geringer als 5 % wäre, vermag der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne finanzmathematische Kenntnisse nicht vorzunehmen.
65 
Der unter der Tabelle S. 8 der Musterberechnung angebrachte, pauschal gehaltene, relativ klein gedruckte, nicht hervorgehobene und deshalb nicht ins Auge stechende Hinweis, die Rente könne niedriger und das „Wealthmaster“-Depot höher oder tiefer als prognostiziert ausfallen, ist nicht geeignet, die oben beschriebene Problematik zu erläutern und zu verdeutlichen.
66 
3.3.3 Die Beklagte hat ihre Aufklärungspflichten auch nicht durch persönliche Beratung und Aufklärung der Versicherungsinteressenten mittels Kundenberater erfüllt. Einen entsprechenden Beweis konnte sie nicht führen. Vielmehr ist das Gegenteil bewiesen.
67 
3.3.3.1 Die Erfüllung ihrer Aufklärungspflichten auf diesem Wege ist der Beklagten nicht bereits deshalb abgeschnitten, weil sie in der Phase der Anbahnung des Vertrags mit dem Kläger unstreitig keinen eigenen Vertrieb unterhalten hat. Sie bediente sich statt eines eigenen Vertriebs eines gestuften Systems von Maklern, an dessen Spitze Masterdistributoren standen, über die die Vermittlung von Versicherungspolicen an Versicherungsinteressenten erfolgte und gesteuert wurde, ohne selbst mit den Kunden in Kontakt zu treten. Sie hat es damit diesen Vermittlern überlassen, den Versicherungsinteressenten die Angebote der Beklagten nahezubringen, ihnen dabei die notwendigen Auskünfte zum Vertragsinhalt und zum angebotenen Versicherungsprodukt zu geben, auftauchende Fragen hierzu zu beantworten und die Verhandlungen bis zum Abschluss zu führen. In diesem Sinne bezeichnete der Bundesgerichtshof diese Form des Vertriebs zutreffend als „Strukturvertrieb“ (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 51). Folge dieser Art des Vertriebs ist, dass den Vermittlern mit Wissen und Wollen der Beklagten deren Aufgaben, die ihr oblagen, zur Erledigung übertragen wurden. Damit stand der Vermittler F. - unabhängig von seiner etwaigen Selbständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Kläger - im Lager der Beklagten und wurde in deren Pflichtenkreis als ihre Hilfsperson tätig. Seine Aufklärungstätigkeit kann sich die Beklagte als Erfüllung eigener Aufklärungspflichten zurechnen lassen, muss sich jedoch gem. § 278 BGB umgekehrt unzureichende Aufklärung wie eine eigene Pflichtverletzung zurechnen lassen (BGH aaO Tz. 51).
68 
3.3.3.2 Die Vornahme einer solchen Zurechnung verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Ebensowenig, wie die im nationalen Recht verankerten Pflichten der Vertragsparteien nicht die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Beklagten berührt, ist dies bei der vorgenommenen Verhaltenszurechnung der Fall. Wie die Beklagte ihre Pflichten vor Vertragsabschluss erfüllt, steht in ihrem Ermessen. Der von ihr gewählte Weg, sich eines Strukturvertriebs zu bedienen, den sie durch ihre Vereinbarungen mit Masterdistributoren steuert, kann nicht dazu führen, sie von ihren Pflichten zu befreien. Solches verlangt – wie dargestellt – auch nicht das zum Zeitpunkt des Vertragsabschluss geltende europäische Gemeinschaftsrecht.
69 
3.3.3.3 Tatsächlich hat der Versicherungsvermittler R. F. die erforderliche Aufklärung nicht geleistet und die in den schriftlichen Unterlagen vorhandenen Aufklärungsdefizite nicht ausgeglichen.
70 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass weder der Zeuge F. noch der ebenfalls in die Beratung eingebundene, mittlerweile verstorbene Vermittler H. dem Kläger die Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung und die daraus resultierenden Risiken aufgezeigt und nahegebracht haben.
71 
Der Kläger bekundete, „Zahlen“ mit Ausnahme der immer wieder werbewirksam herausgestellten Rendite von 7,8 % seien nicht erörtert worden. Auch die Unterlagen wie Prospekte, Werbebroschüren, Verbraucherinformationen und Policenbedingungen seien nicht durchgesprochen worden. Dies habe ihn auch nicht interessiert; er habe vielmehr dem Vermittler aufgrund seiner Sachkunde in vollem Umfang vertraut. Risiken habe der Vermittler nicht genannt. Die „Rente“ könne zwar möglicherweise auch geringer ausfallen als prognostiziert, was jedoch wegen der hervorragenden Rendite unwahrscheinlich sei. Im Gegenteil sei eine Rente von monatlich 1.000 bis 1.500 DM zu erwarten. Entscheidend sei jedoch gewesen, dass nach den Aussagen des Vermittlers in jedem Falle die Rückzahlung des Darlehens gesichert sei.
72 
Der Zeuge F. bestätigte dies. Er bekundete, er habe sein aus Schulungen gewonnenes Wissen weitergegeben, dass die Beklagte deshalb bessere Renditen als deutsche Wettbewerber erziele, weil sie mehr in Aktien investiere und ihre Versicherungsnehmer – anders als deutsche Versicherer – an den stillen Reserven beteilige. Angesichts der in der Vergangenheit erzielten Renditen von mindestens 12 % sei die den Musterberechnungen zu Grunde gelegte Renditeprognose von lediglich 7,8 % belastbar gewesen. Auch wenn es sich dabei um einen angenommenen Durchschnittswert mit Schwankungsbreiten nach oben und unten gehandelt habe, sei dieser Durchschnittswert gesichert erschienen, weil das Glättungsverfahren eventuelle Rendite-Schwankungen nach unten ausgleichen würde. Der Zeuge betonte weiter, angesichts der hervorragenden Ergebnisse der Vergangenheit habe er die angenommene Rendite von 7,8 % als gesichert angesehen. Er habe bei dem Versicherungsprodukt der Beklagten nach Risiken gesucht, jedoch keine gefunden. Die „Wealthmaster“-Versicherung habe sich als „eierlegende Wollmilchsau“ der Versicherungsprodukte dargestellt.
73 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass beide Auskunftspersonen im Rahmen ihrer Erinnerung an die nahezu 13 Jahre zurückliegenden Geschehnisse die Wahrheit sagten. Sowohl der Kläger als auch der Zeuge bemühten sich, alle Fragen des Senats und der Prozessbeteiligten zufriedenstellend zu beantworten. Dass beide mit Blick auf vorhandene Erinnerungslücken dennoch immer wieder ihre Angaben relativieren und modifizieren mussten, entspricht der Aussagequalität, die bei einer nur noch schwammigen und getrübten Erinnerung auch und gerade bei einer um Wahrheit bemühten Auskunftsperson erwartet werden kann.
74 
Dennoch verdeutlichte die etwas unbeholfene Aussage des Klägers sehr anschaulich die Umstände, die ihn zu seinem Entschluss veranlasst hatten, sich für die „Lex-Konzept-Rente“ und die „Wealthmaster“-Versicherung zu entscheiden. Er vertraute bedingungslos auf die Sachkunde des Vermittlers F., der ihm die Lebensversicherung der Beklagten als sichere Anlageform mit hoher, zuverlässiger Rendite und daraus folgend auch mit einer als gesichert erscheinenden Rentenzahlung darstellte. Dass die Rente auch geschmälert werden oder gar wegfallen könnte, erschien ihm lediglich als theoretische Annahme möglich, mit der er sich ebenso wenig auseinander gesetzt hatte wie der Vermittler. Der Fall, dass die Beklagte nachhaltig und über längere Dauer nicht in der Lage sein könnte, eine Rendite von 7,8 % zu erwirtschaften, kam beiden nicht in den Sinn und lag außerhalb ihrer Gedankenwelt und Vorstellungskraft.
75 
Die Angaben des Klägers verdeutlichten auch, dass er offenkundig in Kapitalanlage- und Versicherungsdingen unerfahren war und ist und sich mit der Durchdringung der Materie und den erforderlichen Risikoanalysen überfordert fühlte. Dies erklärt einerseits sein geradezu blindes Vertrauen in die Kompetenz scheinbarer Fachleute und sein andererseits festzustellendes mangelndes Interesse, sich die Kenntnisse von der Funktionsweise der Versicherung anhand der Unterlagen selbst zu erarbeiten.
76 
Ein Verzicht auf eine Beratung und Aufklärung lässt sich hieraus nicht ableiten. Vielmehr hätte der Zeuge F. auf die Möglichkeiten des Klägers, sich die Funktionsweise der Versicherung zu erschließen, Bedacht nehmen müssen. Dies ist nicht geschehen. Sowohl aus den Angaben des Klägers als auch des Zeugen lässt sich ersehen, dass der Zeuge F. den Kläger zu keinem der oben in Abschnitt 3.1 dargestellten Gesichtspunkte auch nur annähernd sachgerecht aufgeklärt hat.
77 
Dass der ebenfalls mit der Beratung des Klägers befasste Vermittler H. den Kläger im erforderlichen Umfang aufgeklärt hat, lässt sich weder den Angaben des Klägers noch des Zeugen entnehmen.
78 
3.4 Der Entschluss des Klägers, die „Wealthmaster“-Versicherung bei der Beklagten zu nehmen, beruht auf dieser Aufklärungspflichtverletzung.
79 
3.4.1 Für einen solchen Ursachenzusammenhang spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11, TZ 66m. w. N.). Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die diese Vermutung entkräften könnten. Sie ist nicht als Anscheinsbeweis oder tatsächliche Beweiserleichterung zu verstehen, sondern als echte Beweislastumkehr. Nach der neueren, mittlerweile senatsübergreifenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 8.5.2012, XI ZR 262/10 Tz. 33 sowie Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 164/11 Tz. 66) greift diese Beweislastumkehr auch nicht nur dann ein, wenn hypothetisch die ordnungsgemäße Aufklärung dem Aufgeklärten vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative offen gestanden hätte, also keinen Entscheidungskonflikt eröffnet hätte. Vielmehr greift die Beweislastumkehr bereits dann ein, wenn nur die Verletzung der Aufklärungspflicht feststehe. In der Folge muss derjenige, dem die ordnungsgemäße Aufklärung oblag, nachweisen, dass der nicht ordnungsgemäß Aufgeklärte sich für dieselbe Handlungsalternative entschieden hätte, die er als Folge der Aufklärungspflichtverletzung tatsächlich gewählt hat. Es ist der Beklagten nicht gelungen, solche Umstände nachzuweisen, die eine solche hypothetische gleichgelagerte Entscheidung des Klägers auch nur nahegelegt hätte.
80 
3.4.2 Vielmehr ist der Senat nach der Vernehmung des Klägers als Partei davon überzeugt, dass dieser die Versicherung nicht genommen hätte, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre, mithin die Aufklärungspflichtverletzungen für den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ursächlich waren.
81 
Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck, den der Kläger anlässlich seiner Parteivernehmung hinterlassen hat, keinen Zweifel daran, dass der Kläger an nichts weniger interessiert war als an einer Anlage mit spekulativen Elementen und damit einhergehenden Unsicherheiten. Sicherheit stand für den Kläger nachvollziehbar und glaubwürdig an oberster Stelle. Daraus leitet der Senat ab, dass der Kläger sich nicht für das Anlagekonzept entschieden hätte, wenn er erkannt hätte, dass die „Wealthmaster“-Versicherung als zentrales Element der dauerhaften Wertschöpfung wegen ihrer starken Anbindung an die Aktienmärkte gerade nicht die gewünschte konstante - und vor allem konstant hohe – Rendite zu garantieren vermochte.
82 
3.5 Der Kläger ist aktivlegitimiert, die aus diesen Pflichtverletzungen erwachsenden Ansprüche auf Ersatz des Vertrauensschadens in eigenem Namen geltend zu machen. Der Kläger hat zwar seine Ansprüche an die Landesbank H. umfassend abgetreten, wie aus der Anlage K 14 ersichtlich ist. Diese Abtretungsvereinbarung umfasst jedoch sowohl nach ihrem Wortlaut („Die Abtretung umfasst die gegenwärtigen und künftigen Rechte und Ansprüche aus dem genannten Renten-/Lebensversicherungsvertrag in voller Höhe“) und dem Sicherungszweck nur Primäransprüche, nicht auch Schadensersatzforderungen. Ansprüche „aus einem Vertrag“ sind nicht solche, die darauf gründen, dass ein solcher Vertrag gerade nicht abgeschlossen worden wäre. Soweit Zweifel zu Lasten des Klägers als Verbraucher verblieben, gingen diese zu Lasten des Klausel-Verwenders, der Landesbank H., § 305 c Abs. 2 BGB. Damit ist der Kläger als Zedent von Anfang an selbst Inhaber etwaiger Schadensersatzforderungen geblieben (vgl. BGH, Urteil vom 11.7.2012, IV ZR 286/10, Tz. 15 – 17).
83 
3.6 Durch den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ist dem Kläger der vom Landgericht erkannte Schaden entstanden.
84 
3.6.1 Dieser liegt in der Belastung mit einem für den Kläger nachteiligen Vertrag. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Information eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt. Zwar setzt der auf Rückabwicklung des Vertrages aufgrund einer Verletzung von Aufklärungspflichten gerichtete Schadensersatzanspruch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Vermögensschaden voraus; hierfür genügt aber jeder wirtschaftliche Nachteil, der für den Gläubiger mit dem aufgrund der Aufklärungspflichtverletzung eingegangenen Vertrag verbunden ist, so z.B. die nachhaltige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit. Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH 11.7.2012, IV ZR 164/11, Tz. 64).
85 
3.6.2 Das ist hier der Fall. Der Vertrag ist für den Kläger nachteilig, da er ihn in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit beeinträchtigt. Der Kläger muss die Darlehensverbindlichkeiten, zu deren Eingehung er aufgrund der unzureichend dargestellten Funktionsweise der „Wealthmaster“-Versicherung veranlasst worden ist, bis Ende Oktober 2013 zurückführen. Hierfür muss er entweder den Verkaufserlös aus dem neben dem Lebensversicherungsvertrag aus Fremd- und Eigenmitteln angesparten Investmentfondsdepot verwenden oder außerplanmäßige Auszahlungen aus dem Lebensversicherungsvertrag beantragen. Ein weiterer wirtschaftlicher Nachteil ergibt sich aus der enttäuschten langfristigen Gewinnerwartung. Der Kläger muss damit rechnen, dass der deklarierte Wertzuwachs deutlich niedriger ausfällt als mit der Musterberechnung in Anl. K 4 auf Basis einer Rendite von 7,8 % prognostiziert. Möglich ist auch, dass ein Fälligkeitsbonus, mit dem die Anleger am Ende der Laufzeit an den gebildeten Reserven teilnehmen können, nicht ausgezahlt werden wird.
86 
3.6.3 Die Höhe des eingetretenen Schadens, definiert als die Vermögenseinbuße, die dem Kläger erspart geblieben wäre, wenn er – verleitet durch die unzulängliche Aufklärung und Beratung der Beklagten – die „Wealthmaster“-Versicherung und die sonstigen Verträge der „Lex-Konzept-Rente“ nicht abgeschlossen hätte, ist in der geltend gemachten Höhe von 24.237,76 EUR nachgewiesen. Mittels der Kontoauszüge im Anlagenkonvolut K 16 sind Zahlungen des Klägers aus eigenen Mitteln auf das Darlehen bei der L. Privat-Bank AG jedenfalls in der geltend gemachten Höhe von 5.608,85 EUR belegt. Mit Bindungswirkung für den Senat hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger darüberhinaus beim Abschluss der Lex-Konzept-Rente Eigenkapital in Höhe von 18.628,91 EUR eingesetzt hat. Diese Beträge greift die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht an.
87 
3.7 Die Beklagte schuldet Ersatz des gesamten Vertrauensschadens, der dem Kläger nicht nur aus dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung, sondern aus der Zeichnung der „Lex-Konzept-Rente“ insgesamt entstanden ist. Der Senat weist damit nicht der Beklagten die Verantwortung für das Anlage-Konzept der Fa. Lex zu; vielmehr umfasst die Haftung für den Vertrauensschaden des Klägers die Rückabwicklung auch der Darlehens- und Avalverträge mit den kreditierenden bzw. sichernden Bankinstituten sowie der Beteiligung an Investmentfonds deshalb, weil diese Geschäfte untrennbar mit dem Abschluss der „Wealthmaster“-Versicherung verbunden waren. Die vermeintlich renditestarke Lebensversicherung war das Kernstück des gesamten Anlagekonzepts. Nur um auf die Renditestärke der „Wealthmaster“-Versicherung zugreifen zu können, ging der Kläger die Kreditverbindlichkeiten ein. Die Beteiligung an Investmentfonds diente lediglich als Tilgungsinstrument für die Darlehensverbindlichkeiten. Plangemäß sollte nach deren Ablösung die wahre Gewinnzone des gesamten Anlagemodells erreicht werden, die alleine durch die Rendite der Lebensversicherung bestimmt würde. Dies rechtfertigte auch die Auslegung des Anlagemodells als „Altersvorsorge“ und als „Rente“, die allein aufgrund der langen Laufzeit der Lebensversicherung mutmaßlich über die Lebenszeit des Klägers hinausweisen würde.
88 
Demzufolge erfasst die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung der Lebensversicherung notwendigerweise auch die Begleitgeschäfte, die für den Abschluss der Lebensversicherung unerlässlich waren.
89 
3.8 Steuervorteile muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen, weil der erstrebte Schadensersatzbetrag der Besteuerung unterliegt. Damit werden die in der Vergangenheit erlangten Steuervorteile in solchem Maße kompensiert, dass eine Vorteilsausgleichung der bislang erzielten Steuervorteile nicht angemessen erscheint.
90 
3.9 Die Ansprüche des Klägers auf Ersatz seines Vertrauensschadens sind nicht verjährt.
91 
3.9.1 Verjährung gem. § 195, 199 Abs. 1 BGB ist nicht eingetreten. Obwohl der Schaden bereits durch den Vertragsabschluss entstanden ist, also vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, bemisst sich die Verjährung nach dem seit 1.1.2002 geltenden Recht. Ansprüche aus c.i.c. verjährten nämlich bis zum 31.12.2001 in Ermangelung abweichender gesetzlicher Regelungen nach der damaligen Regelverjährung von 30 Jahren. Da die nunmehr unter §§ 280 Abs.1, 311 Abs. 2 BGB kodifizierten Schadensersatzansprüche aus Pflichtverletzungen bei Vertragsanbahnung, die lediglich das bisherige Richterrecht zur c.i.c in Gesetzesform gegossen haben, der neuen Regelverjährung gem. § 195 BGB mit einer Dauer von lediglich 3 Jahren unterliegen, ist diese kürzer als die alte Verjährungsfrist. Gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 EGBGB ist demnach das ab 1.1.2008 geltende Verjährungsrecht mit der kürzeren Regelverjährungsfrist anzuwenden.
92 
3.9.2 Der Senat kann nicht feststellen, dass der Kläger vor dem Jahr 2008 Kenntnis von den dargestellten Verletzungen der Aufklärungs- und Informationspflichten erlangt hat oder aus grober Fahrlässigkeit nicht erlangt hat, wie dies für das Anlaufen der Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlich wäre.
93 
Die unzureichende Renditeentwicklung begründet noch kein ausreichendes Indiz dafür, dass die Beklagte und ihre Hilfspersonen sämtliche oben bezeichneten Aufklärungspflichten verletzt. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 29.10.2010 selbst darauf hinweist, der Fehlschlag des Anlagekonzepts könne noch gar nicht abschließend beurteilt werden, weil die „Wealthmaster“-Versicherung sich noch derart renditestark entwickeln könne, dass sämtliche Anlageziele noch erreicht werden könnten (vgl. Bl. 66 d. A.). Vor diesem Hintergrund mutet der Vortrag seltsam an, der Kläger habe sich mindestens grob fahrlässig der gegenteiligen Erkenntnis verschlossen.
94 
3.10 Im Wege des auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzes hat die Beklagte den Kläger auch von seinen Darlehensverbindlichkeiten freizustellen. Im Gegenzug muss der Kläger die erlangten Vorteile (Vertragswert der „Wealthmaster“-Versicherung sowie das Wertpapier-Depot) an die Beklagte herausgeben, was der Kläger bei seiner Antragstellung berücksichtigt hat.
95 
3.11 Die Beklagte schuldet unter Schadensersatzgesichtspunkten auch die Erstattung der aufgewendeten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in geltend gemachter Höhe.
96 
4. Damit hat die Berufung des Klägers in vollem Umfang Erfolg. Da der vom Landgericht zuerkannte Erfüllungsanspruch nur für den Fall geltend gemacht ist, dass dem Schadensersatzbegehren kein Erfolg beschieden ist, führt der Erfolg der klägerischen Berufung auch insoweit zur Abänderung, als die Verurteilung entsprechend dem Hilfsbegehren ersatzlos entfällt. Damit ist zugleich auch das Berufungsbegehren der Beklagten erledigt, ohne dass es einer Erledigungserklärung bedürfte.
97 
5. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen. Der klägerische Hauptantrag war bereits im ersten Rechtszug begründet, was der Berufung des Klägers zum Erfolg verhilft. Die Berufung der Beklagten hat hingegen keinen Erfolg. Mit der Abänderung des angefochtenen Urteils ist nicht die Feststellung verbunden, dass der vom Landgericht festgestellte Anspruch nicht bestehe.
98 
6. Die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
99 
7. Ein Bedürfnis zur Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 11.7.2012 (Leitentscheidung IV ZR 164/11) hinreichend geklärt. Die Sache hat daher keine grundsätzliche Bedeutung mehr, das Recht ist in den entscheidenden Fragen bereits fortgebildet. Die vorliegende Entscheidung weicht von den rechtlichen Obersätzen des Bundesgerichtshofs nicht ab, so dass auch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht berührt ist.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

13
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Verjährung durch die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrages gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt worden. Der - den geltend gemachten Anspruch hinreichend genau bezeichnende - Güteantrag ist durch den Prozessbevollmächtigten der Kläger noch innerhalb der mit Ablauf des 31. Dezember 2004 endenden Verjährungsfrist bei der ÖRA eingereicht worden. Die Bekanntgabe des Antrags ist gegenüber der Beklagten am 6. Februar 2006 "demnächst" im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2 BGB veranlasst worden.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30.07.2010 – Az. 16 O 188/10 – wird

zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert der Berufung. 43.395,39 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger ließ sich von der D. B. den Erwerb einer Immobilie finanzieren. Dazu schlug diese die Kombination mit einer Kapitallebensversicherung vor und vereinbarte sogleich für den Kläger einen Termin beim Versicherungsvermittler oder Außendienstmitarbeiter M.. Dieser besuchte den Kläger am 15.05.1989 in seiner Wohnung, wo jener auch den Lebensversicherungsantrag bei der W. Lebensversicherung-AG stellte, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten (Anl. B 1, Bl. 33 ff. d. A.). Danach beantragte der Kläger eine Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 100.000 DM für die Dauer von 30 Jahren, beginnend ab 01.06.1989, unter Einschluss einer Unfall-Zusatzversicherung zu monatlichen Beiträgen von zunächst 257,00 DM. Die Versicherung sollte eine Zuwachsversicherung sein, wonach Beiträge und Versicherungsleistung jährlich nach bestimmten Vorgaben ansteigen sollten. Bereits im Antrag wurde die Abtretung an die D. B. B. angegeben.
Unter Nr. 27 der Schlusserklärungen zum Antrag heißt es (Anl. B 1, Bl. 35 d. A.):
"Höhe des Rückkaufswertes
Mir ist bekannt, dass ein Teil der Beiträge bei kapitalbildenden Lebensversicherungen zunächst zur Deckung der vorzeitigen Versicherungsfälle, der Abschlusskosten und der Verwaltungskosten verbucht wird.
Deshalb können bei Kündigung der Lebensversicherung nicht die vollen eingezahlten Beiträge als Rückkaufswert ausbezahlt werden. Über die Entwicklung der Rückkaufswerte gibt eine dem Versicherungsschein beigefügte Tabelle Auskunft."
Die beantragte Versicherung policierte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 12.06.1989 (Anl. B 6, Bl. 150 ff. d. A.). Auf S. 2 f. des Anhangs zum Versicherungsschein finden sich ausführliche Erläuterungen zu den Rückkaufswerten und den beitragsfreien Versicherungssummen sowie der Hinweis, dass die Überschussbeteiligung die Rückkaufswerte und beitragsfreien Versicherungssummen erhöhen.
Nach Beitragsfreistellung ab 01.04.2004 kündigte der Kläger die Versicherung gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 06.08.2009 (Anl. B 2, Bl. 36 d. A.) sowie nochmals mit Schreiben vom 17.09.2009 (Anl. B 3, Bl. 37 d. A.) mit Zustimmung der D. B. zur Teilablösung des dortigen Hypothekendarlehens. Daraufhin zahlte die Beklagte zum 31.08.2009 den Rückkaufswert von 43.605,42 EUR an den Kläger aus.
Mit Anwaltsschreiben vom 06.04.2004 erklärte der Kläger der Beklagten gegenüber den "Widerspruch" und den „Widerruf“ und forderte Rückerstattung der Beiträge und Leistung von Nutzungs- sowie Schadensersatz (Anl. K 5, Bl. 19 ff. d. A.).
Der Kläger behauptet im wesentlichen, die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin habe ihn falsch beraten, insbesondere sei die Versicherung für ihn ungeeignet, da sie zu unflexibel und zu teuer sei. Denn statt der Prämienzahlung wären laufende Tilgungen aufgrund niedrigerer Darlehenszinsen günstiger gewesen. Überdies habe die Beklagte ihn nicht über die Nachteile einer vorzeitigen Kündigung, die Kostenstruktur, den Unterschied zwischen der garantierten Rendite und der Überschussbeteiligung, die Zillmerung und die Vertriebsprovision für den Vermittler M. in Höhe von 3 % aufgeklärt.
Bei richtiger Aufklärung hätte er statt der Kapitallebensversicherung eine Risikolebensversicherung mit einem Beitrag von 20,00 DM monatlich abgeschlossen. Von den übrigen 237,00 DM monatlich hätte er für 80,00 DM das Darlehen getilgt und den Rest für durchschnittlich 7 % angelegt. Daraus ergebe sich ein Schaden von 8.114,93 EUR.
Der Kläger ist der Ansicht, aufgrund der monatlichen Prämienzahlung handele es sich bei der Versicherung um einen Kredit in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubes, weswegen ihm ein Widerrufsrecht zustehe. Aufgrund seines Widerrufs macht er zusätzlichen Nutzungsersatzanspruch in Höhe von 7 % geltend, die die Beklagte nach seiner Behauptung während der Laufzeit erwirtschaftet habe.
10 
Nach der mündlichen Verhandlung in erster Instanz am 21.06.2010 hat der Kläger die Klage mit Schriftsatz vom 12.07.2010 (Bl. 70 ff. d. A.) um ca. 35.000,00 EUR erhöht. Ein höherer Schaden ergebe sich daraus, dass die Beiträge und Versicherungsleistungen um jährlich jeweils 4 % und zum 01.06.1994 sogar um 16 % erhöht worden seien.
11 
Im Übrigen wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 30.07.2010 – Az. 16 O 188/10 – Bezug genommen.
12 
Das Landgericht hat die mündliche Verhandlung nicht wieder eröffnet und die Klage abgewiesen, weil etwaige Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung jedenfalls nach § 12 VVG a. F. verjährt seien. § 499 BGB sei entgegen Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB nicht anwendbar, weil die Ansprüche bereits vor dem 31.12.2002 zu erfüllen gewesen seien. Die Verbraucherkreditrichtlinie 87/102/EWG und das Abzahlungsgesetz seien nicht anwendbar. Auch aus § 280 BGB i. V. m. § 4 PAngV stehe dem Kläger ein Schadensersatzanspruch nicht zu, da es sich bei dem Versicherungsvertrag nicht um einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubes handele. Überdies habe § 4 PAngV allein gewerbepolizeilichen Charakter und sei keine drittschützende Norm. Die Klageerhöhung sei nach § 296a ZPO unzulässig.
13 
Die Berufung verfolgt das Klagebegehren - inklusive Klageerweiterung - in vollem Umfang weiter.
14 
Das Landgericht habe die Klageerweiterung fehlerhaft nach § 296a ZPO zurückgewiesen. Denn es handele sich lediglich um eine quantitative Klageerweiterung i. S. d. §§ 263, 264 Nr. 2 ZPO. Die PAngV sei eine drittschützende Norm i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB. Auch aus einem Verstoß gegen die Verbraucherkreditrichtlinie ergebe sich ein Schadensersatzanspruch. Im Übrigen stützt sich die Berufung im Wesentlichen auf die bereits in erster Instanz dargelegten Rechtsansichten.
15 
Der Kläger beantragt (Schriftsatz vom 05.10.2010 [Bl. 109 f. d. A.]):
16 
1. Die Beklagte wird zur Zahlung an den Kläger von 43.395,39 EUR verurteilt zuzüglich Zinsen in Höhe 5 % über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit.
17 
2. Die Beklagte wird verurteilt, außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.573,73 EUR an den Kläger zu zahlen.
18 
Hilfsweise wird beantragt,
19 
1. die Beklagte wird zur Zahlung an den Kläger von 8.114,93 EUR verurteilt zuzüglich Zinsen in Höhe 5 % über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit.
20 
2. Die Beklagte wird verurteilt, außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.199,28 EUR an den Kläger zu zahlen.
21 
Die Beklagte beantragt (Schriftsatz vom 05.11.2010 [Bl. 140 d. A.]),
22 
die Berufung zurückzuweisen.
23 
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil
II.
24 
I. Zulässigkeit der Klage
25 
Die Klage ist zulässig.
26 
Die Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 12.07.2010 (Bl. 70 d. A.) in erster Instanz ist hingegen unzulässig, da sie nach der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2010 erfolgte. Zwar rügt die Berufung zu Recht, dass es sich bei einer Klageerweiterung nicht um ein Angriffsmittel im Sinne der §§ 296 f. ZPO, sondern mit dem neuen Antrag um einen "Angriff" selbst handelt. Aus dem aus §§ 261 Abs. 2, 257 ZPO abzuleitenden Verhandlungsgrundsatz ergibt sich jedoch auch, dass Anträge vor der mündlichen Verhandlung zu stellen sind (s. nur Zöller, Greger, § 296a, Rn. 2 a; Thomas/Putzo, Reichold, § 296a, Rn. 1). Daher sind auch neue Anträge nach Schluss der mündlichen Verhandlung unzulässig, wenn diese nicht wiedereröffnet wird (BGH, Urteil vom 19.04.2000, Az. XII ZR 334/97 = NJW 2000, 2512 zur Widerklage).
27 
Das Landgericht hat von einer Wiedereröffnung des Verfahrens auch nicht verfahrensfehlerhaft abgesehen. Ein Fall des § 256 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Auch sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Landgericht sein Ermessen zur Möglichkeit der Wiedereröffnung des Verfahrens nach § 256 Abs. 1 ZPO, ersichtlich fehlerhaft ausgeübt hätte. Insbesondere erfolgte die Klageerweiterung nicht im Rahmen eines nach § 283 ZPO nachgelassenen Schriftsatzes. Denn die in der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2010 gesetzte Frist bezog sich lediglich auf die Mitteilung über die Annahme des Vergleichsvorschlages.
28 
Auch in zweiter Instanz ist die Klageerweiterung unzulässig. Denn es handelt sich bei der Klageerweiterung um eine Klageänderung i. S. d. § 263 ZPO, die nicht auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).
29 
Die Klageerweiterung ist eine Klageänderung und nicht nur eine – stets zulässige – bloße Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO, da die Klage nicht ohne Änderung des Klagegrundes erweitert worden ist. Denn sie ist auf die neuen Tatsachen gestützt, dass die Prämien und Erträge sich durch die vereinbarte Dynamik während der Laufzeit in bestimmter Höhe erhöht haben.
30 
Diese neuen Tatsachen sind der Entscheidung nach § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht zugrunde zu legen, da der Kläger sie in erster Instanz nicht rechtzeitig, sondern erst mit Schriftsatz vom 12.07.2010 (Bl. 70 ff. d. A.) nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 21.06.2010 geltend gemacht hat. Der Kläger hat keine Gründe für die verspätete Geltendmachung vorgetragen. Die behauptete Erhöhung ergibt sich auch nicht bereits aus Versicherungsantrag und -schein. Dort ist für die Versicherung zwar ein dynamischer Zuwachs von Leistung und Beitrag ausgewiesen. Daraus geht aber nicht hervor, in welchen Jahren Zuwächse in welcher Höhe erfolgten.
31 
II. Begründetheit der Klage
32 
Die Klage ist unbegründet.
33 
1. Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Auskunfts- bzw. Beratungspflicht
34 
Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen Verletzung von Auskunfts- oder Beratungspflichten beim Abschluss des Lebensversicherungsvertrages aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 241 BGB.
35 
a) Kein Beratungsvertrag, lediglich vorvertragliche Auskunftspflichten
36 
Entgegen der Auffassung des Klägers hat er mit der Beklagten keinen Beratungsvertrag zum Abschluss einer Lebensversicherung geschlossen. Zwar hat er zunächst vorgetragen, nach einer allgemeinen Beratung zur Vermögensanlage und Altersversorgung ersucht zu haben. Von einem Beratungsvertrag ist auszugehen, wenn Auskünfte erteilt werden, die für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung sind und die er zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse oder Maßnahmen machen will. Das gilt insbesondere dann, wenn der Auskunftsgeber sachkundig ist oder erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse an der Beratung hat (BGH, Urteil vom 22.03.1979, VII ZR 259/77 = BGHZ 74, 103, zitiert nach Juris, Rn. 21 f.).
37 
Dennoch ist - falls der Zeuge M. entsprechend der Bezeichnung im Antrag (Anlage B 1, Bl. 33 d. A.) tatsächlich als Vermittler tätig wurde - allenfalls von einem Versicherungsvermittlungsvertrag auszugehen. Denn dieser liegt vor, wenn sich ein Interessent in dem Bewusstsein an einen Vermittler wendet, dass dieser den Vertrieb übernommen hat und deswegen werbende Aussagen im Vordergrund stehen (BGH, Urteil vom 13.05.1992, Az. III ZR 25/92, zit. nach Juris Rn. 13 f.). Für den Fall, dass der Zeuge M. Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin der Beklagten war, liegt lediglich ein Versicherungsvertrag mit vorvertraglichen Auskunftspflichten nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB vor. Denn der Kläger hat seinen Vortrag dahingehend korrigiert, dass die D. B. eine Immobilienfinanzierung über eine Kapitallebensversicherung vorgeschlagen und diesbezüglich bereits einen Termin vereinbart habe. Nach einer Beratung der D. B. sollten lediglich die Voraussetzungen für die Immobilienfinanzierung nach dem Vorschlag der Bank geschaffen werden. Die Frage einer geeigneten Vermögensanlage oder Altersversicherung stellte sich nicht mehr.
38 
b) Keine Verletzung von Auskunftspflichten
39 
Bei dem Gespräch vom 15.05.1989 in der Wohnung des Klägers verletzte die Beklagte ihm gegenüber durch den Zeugen M. keine vorvertraglichen Auskunftspflichten.
40 
aa) Keine Verletzung von Beratungs- und Informationspflichten nach §§ 6 f. VVG n. F. i. V. m. VVG-InfoV
41 
Die Beklagte verletzte schon deshalb keine Beratungs- und Informationspflichten nach §§ 6 f. VVG n. F. sowie der auf der Grundlage des § 7 Abs. 2 VVG n. F. erlassenen Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-InfoV), weil diese für den streitgegenständlichen Vertrag noch nicht maßgebend waren. Denn es handelt sich bei dem mit Wirkung zum 01.06.1989 abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag um einen Altvertrag nach Art. 1 EGVVG, auf den das VVG in alter Fassung anzuwenden ist.
42 
bb) Keine Verletzung allgemeiner Beratungs- und Aufklärungspflichten
43 
Die Beklagte hat durch den Zeugen M. aber auch keine sonstigen, allgemeinen Beratungs- und Aufklärungspflichten nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB verletzt.
44 
(1) Keine Empfehlung ungeeigneter „Anlageform"
45 
Die Beklagte hat nicht gegen die Pflicht verstoßen, dem Kläger eine geeignete Anlageform anzubieten. Zum einen bestand - nach der Korrektur des klägerischen Vortrages aus der Klageschrift - bereits kein Beratungsvertrag (s.o.), wonach die Beklagte ihm ein seinem Bedarf entsprechend geeigneteres Anlage- bzw. Versicherungsangebot unterbreiten musste.
46 
Zum anderen besteht – abgesehen von den im alten Recht noch nicht geltenden Beratungspflichten nach §§ 6 f. VVG n.F. – im Versicherungsrecht der Grundsatz der umfassenden Eigeninformationspflicht des Versicherungsnehmers (Prölss/Martin, 27. Aufl. 2004, Prölss, Vor §§ 159 ff. VVG, Rn. 45), wonach besondere Informationspflichten regelmäßig nur auf Fragen des Versicherungsnehmers bzw. dann bestehen, wenn für den Versicherer aus anderen Gründen erkennbar weiterer Informationsbedarf des Versicherungsnehmers besteht (OLG Stuttgart, Urteil vom 09.06.2004, Az. 7 U 211/03 = VersR 2004, 1161; OLG Frankfurt, Urteil vom 30.01.2002, Az. 7 U 108/01). Zwar wird man im Bereich der Lebensversicherungen, insbesondere Kapitallebensversicherungen, wegen ihrer regelmäßig höheren wirtschaftlichen Bedeutung und Komplexität eher Anlass für erhöhten Informationsbedarf anzunehmen haben. Dies gilt jedoch umso weniger, je sachkundiger der Versicherungsnehmer ist und je genauer er seine Wünsche formuliert (Prölss/Martin a.a.O., Rn. 46).
47 
Für den den Antrag aufnehmenden Zeugen M. war vor diesem Hintergrund kein weiterer Beratungsbedarf über die Anlage- bzw. Versicherungsform erkennbar, da der Kläger auf Vorschlag der D. B. konkret eine Kapitallebensversicherung zur Immobilienfinanzierung wollte. Die Beklagte konnte vielmehr davon ausgehen, dass der Kläger durch die D. B. bereits ausreichend beraten war. Danach war sie erst recht nicht verpflichtet, über alternative Gestaltungsmöglichkeiten wie etwa eine Risikolebensversicherung nebst Sparvertrag zu beraten (so auch OLG Köln, Urteil vom 04.06.2007, Az. 5 U 21/07 = VersR 2007, 1683).
48 
(2) Keine fehlende Aufklärung über Vertriebsprovision
49 
Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, den Kläger über eine Provision für den Zeugen M. von bis zu 3 % aufzuklären. Zwar hat der BGH im Rahmen der so genannten "Kick-Back-Rechtsprechung" eine grundsätzliche Verpflichtung für Anlageberater statuiert, über die Zahlung umsatzabhängiger Innenprovisionen aufzuklären (siehe nur die zusammenfassende Darstellung von Jansen/Rensen in MDR 2010, 661 ff.). Angesichts der völlig unterschiedlichen Zielrichtung der Aufklärungspflichten der Versicherer über ihre Produkte sowie ihrer unterschiedlichen Interessenlage im Vergleich zu freien Anlageberatern sind aber entgegen der Auffassung des Klägers unter Hinweis auf Schwintowski (VuR 97, 83) nicht alle Beratungspflichten aus einem Anlageberatungsvertrag auch auf den Abschluss von Versicherungsverträgen übertragbar (so auch Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. 2010, Prölss, § 6, Rn. 3). Sonst hätte es auch der speziellen Konstitution der Informationspflichten in §§ 6 ff. VVG n. F. und der darauf erlassenen VVG-InfoV nicht bedurft.
50 
Selbst unter Anwendung der "Kick-Back-Rechtsprechung" wäre die Beklagte jedoch zur Aufklärung über die Provision nicht verpflichtet gewesen. Denn die Informationspflicht ergibt sich aus der Notwendigkeit, den Interessenten mögliche Interessenkonflikte der Berater bewusst zu machen, wenn diese Anlageempfehlungen nicht nur nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung, sondern zumindest auch im eigenen Interesse zum Erhalt hoher Rückvergütungen geben (BGH, Urteil vom 22.03.2007, Az. III ZR 218/06 = VersR 2007, 944). Entsprechende Interessenkonflikte setzen aber zum einen eine gewisse Höhe der Rückvergütungen und zum anderen voraus, dass es sich um eine unabhängige Beratung allein im Kundeninteresse handeln sollte. Selbst wenn der BGH eine Information inzwischen auch dann für erforderlich hält, wenn die Innenprovisionen niedriger als „übliche“ 15 % sind (so noch im Urteil vom 12.02.2004, Az. III ZR 359/02 = BGHZ 158, 110), dürfte dies bei lediglich 3 % noch nicht erforderlich sein.
51 
Selbst freie Anlageberater müssen jedoch bei Ausweis allgemeiner Eigenkapitalbeschaffungskosten nicht ungefragt über erwartete Provisionen aufklären, wenn die Kunden selbst keine Provision zahlen, da sie für die Kunden offensichtlich mit der Beratung ihr Geld verdienen (BGH, Urteil vom 15.04.2010, Az. III ZR 196/09). Für bloße Vermittler gilt dies erst recht. Überdies geht aus dem Hinweis unter Nr. 27 des Antrages hervor, dass dem Versicherer Abschlusskosten entstehen. Die Zahlung von Vermittlungsprovisionen konnte also aus dem Antrag abgeleitet werden.
52 
Sollte der Zeuge M. nicht Versicherungsvermittler, sondern Mitarbeiter der Beklagten gewesen sein, war eine unabhängige Beratung bereits objektiv nicht zu erwarten, sondern nur eine auch am Interesse der Beklagten orientierte Aufklärung.
53 
(3) Keine Aufklärungspflichtverletzung hinsichtlich der Nachteile vorzeitiger Kündigung
54 
Auch wenn die Nachteile der vorzeitigen Kündigung einer Kapitallebensversicherung durchaus zu den Punkten gehören, denen nach der Verkehrsanschauung für den Abschluss eines Versicherungsvertrages wesentliche Bedeutung beigemessen wird und die daher zu erläutern sind [vgl. nur die Urteile des Senats vom 09.06.2004, Az. 7 U 211/03 = VersR 2004, 1161 und vom 17.09.2009, Az. 7 U 75/09 unter(2)(a)(aa)], hat die Beklagte gegen eine entsprechende Aufklärungspflicht nicht verstoßen. Denn die Beklagte hat bereits im Versicherungsantrag unter Nr. 27 (Anlage B 1, Bl. 35 d. A.) darauf hingewiesen, dass mit einem Teil der Versicherungsbeiträge zunächst Kosten gedeckt und sie deswegen bei Kündigung nicht voll, sondern nur in Höhe der Rückkaufswerte entsprechend beigefügter Tabelle zurück bezahlt werden können. Damit hat die Beklagte selbst dann hinreichend deutlich über etwaige Nachteile vorzeitiger Kündigung hingewiesen, wenn der Zeuge M. diese nicht mehr im Einzelnen ausgeführt haben sollte. Denn angesichts der konkret ins Auge gefassten Kapitallebensversicherung zur Immobilienfinanzierung war weiterer Beratungsbedarf nicht erkennbar.
55 
Dies gilt selbst unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur Anlageberatung, dass die Informationen im Emissionsprospekt dann nicht ausreichen, wenn dieser nicht einige Zeit vor Bezeichnung der Anlage übergeben wird (OLG Hamm, Urteil vom 26.03.2003, Az. 8 U 170/02 = BKR 2003, 807; OLG Bamberg, Az. 3 U 17/06, zit. unter becklink 221480). Denn anders als bei regelmäßig umfangreichen Emissionsprospekten handelt es sich bei den wenigen Hinweisen im Antragsformular um schnell überschaubare Informationen. Die Beklagte durfte davon ausgehen, dass der Kläger sie zur Kenntnis nimmt und dabei gegebenenfalls aufkommende Fragen stellt.
56 
(4) Keine Verletzung einer Aufklärungspflicht über Zillmerung und Überschussbeteiligung
57 
Über die Zillmerung und die Funktionsweise der Lebensversicherung im Hinblick auf die Überschussbeteiligung musste die Beklagte den Kläger ebenfalls nicht weiter aufklären. Denn bei dem Versicherungsvertrag handelt es sich um einen Altvertrag aus der Zeit vor der so genannten Deregulierung ab 29.07.1994. Für den Vertrag erfolgte die Bestimmung der Abzüge für die Rückkaufswerte ebenso wie die Festsetzung der jährlichen Boni der Überschussanteile nach dem genehmigten Geschäftsplan im Sinne des § 176 Abs. 3, Abs. 4 VVG a.F. (vgl. § 4 Nr. 3 sowie § 16 Nr. 7 der Versicherungsbedingungen, Anlage K 2, Bl. 16 ff. der Akte). Im Urteil vom 23.11.1994 (Az. IV ZR 124/93 = BGHZ 124, 54, zit. nach Juris, Rn. 30 ff.) hat der BGH ausgeführt, dass selbst solche Klauseln in Versicherungsbedingungen, die für den durchschnittlichen, mit der Materie nicht besonders vertrauten Versicherungsnehmer deswegen nicht verständlich sind, weil sie nur auf den von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan verweisen, nicht gegen das Transparenzgebot des § 9 Abs. 1 AGBG (entspricht § 307 Abs. 1 BGB) verstoßen. Denn Sinn des Transparenzgebotes sei es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Versicherungsnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein ausreichender Schutz werde jedoch durch die regelmäßige Überprüfung der Geschäftspläne durch die Aufsichtsbehörde sichergestellt.
58 
Einer besonderen Aufklärung über die Nachteile vorzeitiger Kündigung, die Zillmerung und die Überschussbeteiligung bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht (ähnlich auch OLG Köln, Urteil vom 19.12.2001, Az. 5 U 142/01 = VersR 2002, 600), da andernfalls die Aufklärungspflichten der Versicherer überspannt und die Rechtsprechung zur Wirksamkeit der Versicherungsbedingungen für Altverträge ins Leere laufen würden (so auch LG Köln, Urteil vom 11.09.2008, Az. 37 O 553/08).
59 
d) Verjährung
60 
Die Frage der Verjährung des geltend gemachten Anspruchs stellt sich somit nicht mehr, da eine der Beklagten zurechenbare Pflichtverletzung nicht festzustellen ist. Im übrigen wäre insoweit allerdings nicht die kurze Verjährungsfrist nach §12 Abs.1 VVG a.F. heranzuziehen gewesen, weil der Kläger kein Erfüllungsinteresse geltend macht ( BGH, Beschluss vom 16.12.2009, IV ZR 195/09, VersR 2010, 373).
61 
2. Bereicherungsansprüche nach Widerruf des Vertrages
62 
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe der Beiträge nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB sowie Nutzungsersatz nach § 818 Abs. 1, 1. Alt. BGB, weil er den Versicherungsvertrag widerrufen und aus diesem Grund die Beiträge ohne rechtlichen Grund gezahlt hätte.
63 
Ein Widerrufsrecht stand dem Kläger nicht zu.
64 
a) Kein Widerrufsrecht aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 HTürGG
65 
Der Kläger konnte den Vertrag nicht nach § 1 Abs. 1 Nr 1 des Gesetzes über Haustürgeschäfte und ähnliche Geschäfte (HTürGG) in der Fassung vom 16.01.1986 widerrufen, obwohl er den Antrag im Verlaufe des Gespräches mit dem Zeugen M. am 15.05.1989 in seiner Wohnung gestellt hat. Denn das HTürGG ist nach § 6 Nr. 2 auf Versicherungsverträge nicht anwendbar.
66 
b) Kein Widerrufsrecht aus §§ 499 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB
67 
Der Kläger war auch nicht nach §§ 499 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB (a. F., vgl. Art. 229 § 22 Abs. 3, § 5 Satz 2 EGBGB) zum Widerruf nach § 355 BGB berechtigt.
68 
Dies ergibt sich – entgegen der Auffassung des Landgerichts – zwar nicht bereits daraus, dass §§ 488 ff. BGB i. d. F. d. Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes nicht anwendbar sind, weil die Ansprüche bereits vor dem 31.12.2002 zu erfüllen waren. Denn das vom Landgericht zitierte BGH-Urteil ( BGH NJW-RR 2008, 172) bezog sich auf Erfüllungsansprüche. Dort wird zum Ausdruck gebracht, Sinn des Art. 229 § 2 Abs. 5 EGBGB sei die mögliche Anpassung von Dauerschuldverhältnissen an die neue Rechtslage. Bei bereits abgeschlossenen Sachverhalten – fälligen Erfüllungsansprüchen – bedürfe es aber keiner Anpassung (BGH, Urteil vom 13.07.2007, Az. V ZR 189/06 = NJW-RR 2008, 172). Soweit Dauerschuldverhältnisse am 31.12.2002 indes noch gestaltbar waren, ist für eine teleologische Reduktion des 229 § 2 Abs. 5 EGBGB kein Raum.
69 
Ein Widerrufsrecht aus §§ 499 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB stand dem Kläger aber deswegen nicht zu, weil die Beklagte ihm mit der Möglichkeit der monatlichen anstatt der jährlichen Beitragszahlung keinen entgeltlichen Zahlungsaufschub zu den Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsvertrag gewährte.
70 
Ein Zahlungsaufschub ist das Hinausschieben der vereinbarten Fälligkeit der vom Verbraucher geschuldeten Zahlung gegenüber der sich aus dem dispositiven Recht ergebenden Leistungszeit, um ihm die Zahlung des vereinbarten Preises zu erleichtern (BGH, Urteil vom 11.07.1996, Az. III ZR 242/95 = NJW-RR 1996, 1266; MüKo, Schürnbrand, § 499 BGB, Rn. 8), wobei eine bloße Fälligkeitsvereinbarung nicht genügt (Palandt, Weidenkaff, Vor § 499 BGB, Rn. 3).
71 
Generell ist bei Dauerschuldverhältnissen davon auszugehen, dass die Zahlung entsprechend der Leistung der ständig neu entstehenden Leistungspflichten während der Dauer der Rechtsbeziehung zu erfolgen hat. Daher liegt kein Zahlungsaufschub vor, wenn der Anbieter der Leistung nach Zeitabschnitten gestaffelte Tarife gewährt, auch wenn sie unterschiedlich hoch sind, solange er damit nicht zugunsten des Zahlungsverpflichteten vom dispositiven Recht abweicht (BGH, Urteil vom 16.11.1995, Az. I ZR 177/93 = NJW 1996, 457; BGH, Urteil vom 11.07.1996, Az. III ZR 242/95 = NJW-RR 1996, 1266). Entwickelt hat der BGH diesen Grundsatz zwar für Dienstverträge, deren Vergütung nach § 614 BGB ohnehin nach Leistung der Dienste bzw. nach Ablauf der jeweiligen Zeitabschnitte zu entrichten ist.
72 
Auch bei Versicherungsverträgen, bei denen der Versicherer für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit kontinuierlichen Versicherungsschutz bietet, handelt es sich aber um vergleichbare Dauerschuldverhältnisse.
73 
Die Parteien haben keine zugunsten des Klägers vom dispositiven Recht abweichende Bestimmung der Fälligkeit vorgenommen. Sie vereinbarten schlicht von vornherein monatlich fällige Prämien, ohne von einer nach dispositivem Recht vorgesehenen – im voraus – jährlichen Fälligkeit abzuweichen. Denn eine solche gesetzliche Regelung gibt es nicht. Die einzige gesetzliche Fälligkeitsregelung für Versicherungsprämien findet sich in § 35 VVG a.F. Dieser bezieht sich jedoch nur auf Einmal- bzw. Erstprämien. Fälligkeitsregelungen zu Folgeprämien trifft das VVG nicht (Hahn in: Beckmann/Matusche-Beckmann VersR-Hdb., 2. Aufl. 2009, § 12, Rn. 26; Wandt, VersR, 4. Aufl. 2009, Rn. 507 zwar jeweils zum neuen, aber materiell insoweit unveränderten Recht; s. auch Hadding, VersR 2010, 697 [700 f.]; Looschelders, VersR 2010, 977 [979 f.]).
74 
Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung der Berufung - auch nicht aus § 9 VVG a.F. Danach gilt zwar als Versicherungsperiode, falls die Prämie nicht nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres. Die Versicherungsperiode enthält jedoch keine Regelung zur Fälligkeit der jeweiligen Prämien, sondern dient hinsichtlich der Prämien lediglich als Bemessungsgrundlage, also ihrer Berechnung (Fausten in: Langheid/Wandt, § 12 VVG, Rn. 18; Hadding, VersR 2010, 697 [700]; Looschelders, VersR 2010, 977 [979 f.]; Wandt, VersR, 4. Aufl. 2009, Rn. 499). Der Versicherungsperiode ist auch keine Bestimmung der Leistungszeit im Sinn des § 271 Abs. 1 BGB zu entnehmen. Die Bemessung der Prämie anhand der Versicherungsperiode beruht letztlich auf Praktikabilitätserwägungen, da die Prämien insbesondere bei Zeitversicherungen und auf unbestimmte Zeit laufenden Versicherungen auf irgendeiner objektiven Grundlage berechnet werden müssen (vgl. auch Fausten aaO, Rn. 5). Darüber hinausgehende, materiellrechtliche Wirkungen zur Fälligkeit sind an sie nicht geknüpft.
75 
Die abweichende Ansicht, dass sich aus § 9 VVG a. F. eine Fälligkeitsregelung ergibt, wonach die Prämien entsprechend der – üblicherweise – jährlichen Versicherungsperiode jährlich im Voraus fällig werden (MüKo, Schürnbrand, § 499 BGB, Rn. 10; Staudinger 2004, Kessal-Wulf, § 499 BGB, Rn. 9) verkennt den Unterschied zwischen Bemessungsgrundlage und Fälligkeit. Auch aus § 271 Abs. 1 BGB lässt sich nicht auf die Fälligkeit der Beiträge für die gesamte Versicherungsperiode zu deren Beginn schließen. Denn § 271 Abs. 1 BGB sieht die sofortige Fälligkeit nicht als Grundsatz vor, von dem eine Abweichung möglich ist, sondern lediglich subsidiär für den Fall, dass vertragliche Vereinbarungen nicht bestehen (so auch MüKo, Krüger, § 271 BGB, Rn. 1, 33; nach Looschelders, VersR 2010, 977 [980] passt § 271 BGB auf Dauerschuldverhältnisse schlicht nicht). Im gleichen Sinn ist § 9 VVG a.F. als eine im Zweifelsfall zur Auslegung eines Versicherungsvertrages heranzuziehende Norm anzusehen (Berliner Kommentar zum VVG § 9 Rn. 1, Bruck/ Möller, VVG, 9.A. § 12 Rn 2).
76 
Hier haben die Parteien eine Vereinbarung zur monatlichen Fälligkeit im Versicherungsvertrag getroffen. Dabei handelt es sich nicht um eine Abweichung vom dispositiven Recht, sondern um dessen Ausfüllung.
77 
Deswegen lässt sich daraus, dass Versicherungsverträge aus dem Anwendungsbereich weder des Verbraucherkreditgesetzes noch des § 499 BGB a. F. (und auch nicht des § 506 BGB n. F.) nicht ausdrücklich ausgenommen sind, entgegen der Berufung, auch kein Schluss auf einen entgeltlichen Zahlungsaufschub bei unterjähriger Prämienzahlung ziehen. Denn ein Ausschluss wäre nur erforderlich gewesen, wenn die Voraussetzungen der Anwendung des Gesetzes sonst gegeben wären. Daher hat der Gesetzgeber folgerichtig lediglich in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 11/5462 S. 17) darauf hingewiesen, dass Dauerschuldverhältnisse mit eigenen Tarifen für unterschiedliche Zahlungsweise wie etwa Versicherungsverträge nicht in den Anwendungsbereich fallen.
78 
Entgegen der Auffassung der Berufung lässt sich auch dem Anerkenntnisurteil des Bundesgerichtshofs vom Juli 2009 (Az. I ZR 122/07, Anl. K 8, Bl. 58 d. A.), mit dem das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 18.01.2006 (Anlage K 7, Bl. 49 ff. d. A.) wieder hergestellt wurde, nicht entnehmen, dass der BGH bei unterjähriger Prämienzahlung von einem entgeltlichen Zahlungsaufschub ausgeht. Zum einen ging es im dortigen Verfahren um einen Anspruch auf Unterlassung, und zwar einer anderslautenden Klausel. Zum anderen kann das Anerkenntnis auf gänzlich anderen Gesichtspunkten beruhen.
79 
c) Kein Widerrufsrecht aus § 1 b Abs. 1 AbzG
80 
Auch aus § 1b Abs. 1 AbzG steht dem Kläger kein Widerrufsrecht zu, da das Abzahlungsgesetz weder nach § 1 AbzG noch nach § 1c AbzG auf Versicherungsverträge anwendbar ist. Auch aus dem vom Kläger zitierten Urteil des OLG Stuttgart vom 01.04.1980 (Az. 6 U 184/79 = NJW 1980, 1798) lässt sich nichts anderes ableiten. Denn auch wenn § 1c AbzG danach entsprechend dem Schutzzweck weit auszulegen ist, setzt die Anwendung jedenfalls einen Zusammenhang zu einem Vertrag über den Bezug von Waren voraus.
81 
3. Schadensatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von in Schutzgesetzen formulierten Nebenpflichten
82 
Der Kläger hat auch keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus Nebenpflichtverletzungen wegen Verstößen gegen Schutzgesetze.
83 
a) Kein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 4 PAngV
84 
Der Kläger hat keinen Schadenersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Nichtangabe des effektiven Jahreszinses unter Verstoß gegen § 4 PAngV idF vom 14.10.1992. Entgegen der Auffassung des Landgerichts scheitert der Anspruch nicht daran, dass § 4 PAngV a. F. kein Schutzgesetz wäre – soweit es darauf überhaupt ankommt. Die PAngV dient vornehmlich der Verbraucherinformation und damit jedenfalls auch dem den jeweiligen Vertrag schließenden Verbraucher. Die vom Landgericht hervorgehobene ordnungsrechtliche Funktion steht lediglich daneben (vgl. auch Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG28. Auflage 2010, Vorbem. § 1 PAngV, Rn. 2; an Regelungsgehalt und Charakter hat sich insoweit nichts geändert).
85 
Die Beklagte hat durch die Nichtangabe des effektiven Jahreszinses aber nicht gegen § 4 Abs. 1 PAngV verstoßen, weil es sich bei dem Versicherungsvertrag trotz der vereinbarten unterjährigen Prämienzahlung nicht um einen Kredit i. S. d. § 4 PAngV handelt. Denn das ist eine entgeltliche Finanzierungshilfe in Form eines Darlehens, eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs oder einer sonstigen entgeltlichen Finanzierungshilfe (entsprechend Art. 1 Abs. 2 c) der RL 87/102/EWG, vgl. auch Hadding, VersR 2010, 697 f.; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG 28. Auflage 2010, § 6 PAngV, Rn. 3).
86 
Vorliegend könnte es sich allenfalls um einen entgeltlichen Zahlungsaufschub handeln. Das ist, wie oben unter 2.b) dargelegt, nicht der Fall.
87 
b) Kein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 4 Abs. 2 a) RL 87/102/EWG vom 22.12.1986
88 
Dem Kläger steht auch wegen der Verletzung der Pflicht zur Angabe des Effektivzinses nach Art. 4 Abs. 2 a) der Verbraucherkreditrichtlinie 87/102/EWG kein Schadensersatzanspruch zu. Richtlinien sind nach Art. 288 Abs. 3 EUV i. d. F. vom März 2010 (entspricht Art. 249 EGV a. F.) – anders als Verordnungen (Art. 288 Abs. 2 EUV) – nur für die Mitgliedstaaten verbindlich. Daher kommt ihnen entgegen der Auffassung der Berufung keinerlei unmittelbare Wirkung zu. Im Übrigen lief die Umsetzungsfrist nach Art. 19 erst zum 1.1.1990 ab. Hinzu kommt auch hier, dass kein Kreditvertrag vorliegt.
89 
4. Nebenanspruch auf Erstattung außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten
90 
Mangels Hauptanspruchs hat der Kläger auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten.
91 
Diese wären auch keinesfalls in Höhe von 2,2 Gebühren zu erstatten, sondern nur in Höhe von 1,3 Gebühren. Weder Umfang noch Schwierigkeit liegen über dem Durchschnitt (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, Madert, VV RVG 2300, Rn. 28). Schwierig ist die Tätigkeit, wenn nach objektivem Maßstab erhebliche, im Normalfall nicht auftretende Probleme auftauchen (Gerold/Schmidt, RVG, Mayer, § 14, RN. 16). Nach objektivem Maßstab war die Sache nicht schwierig. Mit Ausnahme der Frage der Qualifikation der unterjährigen Zahlung der Versicherungsprämien als Zahlungsaufschub hat vorliegend allein der Klägervertreter zahlreiche Fragen zu nicht einschlägigen Gesetzen aufgeworfen, die einfach zu beantworten und vom Klägervertreter auch nicht fallbezogen vertieft worden sind. Allein das bausteinmäßige Aufwerfen von Rechtsfragen macht eine Sache aber nicht überdurchschnittlich umfangreich oder schwierig.
92 
5. Nebenentscheidungen
93 
Die Kostenentscheidung folgt für die Berufung aus § 97 Abs. 1 ZPO.
94 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 711 S. 2 i.V.m. 709 S. 2 ZPO.
95 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts.

(1) Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht.

(2) Die Verjährung der Vergütung für eine Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren wird gehemmt, solange das Verfahren anhängig ist. Die Hemmung endet mit der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens. Ruht das Verfahren, endet die Hemmung drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit. Die Hemmung beginnt erneut, wenn das Verfahren weiter betrieben wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.