Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 01. Feb. 2012 - 9 U 57/11

bei uns veröffentlicht am01.02.2012

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 24.03.2011 (Az.: 25 O 191/10) wird

zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: bis 725.000 EUR

Gründe

 
I.
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank auf Ausgleich erlittener Verluste wegen einer fehlerhaften Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Swap-Vertrages in Anspruch.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Zahlungs- und Feststellungsklage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat einen Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung des Anlagebetrages unter Abzug erzielter Gewinne in Höhe von insgesamt 192.555,25 EUR sowie einen Anspruch auf Feststellung, dass die Klägerin an die Beklagte keine weiteren Zahlungen aus dem Swap-Vertrag leisten müsse, bejaht. Die Beklagte habe ihre Beratungspflichten schuldhaft verletzt. Aufgrund ihrer besseren Marktkenntnis habe sie eine andere Bewertung des Zinsänderungsrisikos vorgenommen, als sie dies gegenüber der Klägerin offen gelegt habe. Die Beklagte habe nicht darauf hingewiesen, bei Abschluss des Geschäfts bzw. bei Abschluss des Gegengeschäfts eine Marge in Höhe von 1,95 % des Bezugsbetrags (58.500 EUR) vereinnahmt zu haben, welche mit Hilfe entsprechend modellierter Parameter der Swap-Vereinbarung „einstrukturiert“ worden sei, weshalb der Swap-Vertrag anfänglich einen in Höhe dieser Marge negativen Marktwert gehabt habe. Somit habe die Klägerin nicht erkennen können, in welcher Höhe sich die Beklagte ihre Tätigkeit vergüten lasse und wie diese die Marktänderungsrisiken tatsächlich einschätzte. Unerheblich sei, in welcher konkreten Höhe eine Provision einstrukturiert worden sei und ob es sich um einen einfacheren oder komplexeren Zinsswap handele. Ohne Kenntnis des anfänglichen Marktwertes sei eine sachgerechte Anlageentscheidung nicht möglich.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts, welches dem Beklagtenvertreter am 30.03.2011 zugestellt wurde, Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte mit dem am 16.04.2011 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sie – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.06.2011 - mit dem am 30.06.2011 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klageanträge weiter.
Die Beweisaufnahme habe bestätigt, dass die Klägerin umfassend über sämtliche Risiko- und Strukturmerkmale des Swap-Vertrages aufgeklärt worden sei. Das begrenzte Risiko, nämlich ca. 0,5 oder 0,6 % höhere Zinsen als die damals marktüblichen zu zahlen, wenn bestimmte Zinsschranken durchbrochen würden, sei von der Beklagten im einzelnen geschildert und die Entwicklungsszenarien seien besprochen worden. Auch habe der Mitarbeiter der Klägerin aufgrund seiner Ausbildung als Bankkaufmann und als geprüfter Bilanzbuchhalter über ein überragendes Sachwissen im Bereich der Finanzierung und der Zinssicherung verfügt. Einer solchen Aufklärung hätte es nicht bedurft, da mit der Klägerin im Vorfeld der Zeichnung andere vergleichbare Produkte besprochen worden seien und die Klägerin ein vergleichbares Derivat bereits bei einer anderen Bank gezeichnet habe. Zudem habe die Klägerin bereits Spekulationsgeschäfte getätigt gehabt (z.B. hochriskante Optionsgeschäfte in fremden Währungen und Derivategeschäfte zur Währungsabsicherung). Die Möglichkeit der vorzeitigen Glattstellung und der in diesem Fall auszugleichende, möglicherweise negative Marktwert sei besprochen worden. Da die Beklagte das Derivat sofort und komplett „durchgehandelt“ habe, habe sie nicht gegen ihren Kunden “gewettet“, ein Interessenkonflikt habe nicht bestanden.
Das Gesamtinvestitionsvolumen der Klägerin zeige, dass der Nominalbetrag des Derivats nicht wider die Interessen der Klägerin festgesetzt worden sei. Mit dem Swap-Vertrag habe sich die Klägerin gegen den künftig zu erwartenden Anstieg des Marktzinsniveaus absichern wollen. Dieser Zweck des Swap-Vertrages sei von der Klägerin vereitelt worden, indem sie ihre späteren Investments abredewidrig zu Festzinskonditionen finanziert habe. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Klägerin die Beklagte während der Verhandlungen über den Swap-Vertrag über Änderungen ihres Investitionsvorhabens nicht informiert habe. Dadurch sei der der Swap-Vertrag wirtschaftlich sinnlos und die Bewertungseinheit (Grund- und Sicherungsgeschäft) zerstört worden, weshalb die Klägerin einen behaupteten „Schaden“ nicht auf die Beklagte abwälzen könne.
Der Beklagte beantragt,
10 
unter Abänderung des am 11.06.2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az. 21 O 1/10, die Klage abzuweisen.
11 
Die Klägerin beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags verteidigt die Klägerin das landgerichtliche Urteil.
14 
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
15 
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
16 
Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen, welcher die Beklagte zur umfangreichen Aufklärung verpflichtete (1). Die Beklagte hat die Klägerin im Zusammenhang mit dem Zins-Swap weder objektgerecht (2) noch anlegergerecht (3) beraten. Die schuldhafte Verletzung der Beratungspflichten (4) war ursächlich für den eingetretenen Schaden (5). Ein Mitverschulden fällt der Klägerin nicht zur Last (6). Der Feststellungsantrag ist begründet (7).
1.
17 
Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass mit der Empfehlung des Zins-Swaps und der damit einhergehenden Präsentation und Erläuterung durch die Beklagte ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist.
18 
Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (BGH WM 2006, 851). Inhalt und Umfang der Beratungspflicht hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie spezielle Risiken, welche sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (BGH Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10; Urt. v. 6.07.1993, IX ZR 12/93).
19 
Die Beklagte ist auf eigene Initiative gegenüber der Klägerin beratend tätig geworden. Aus dem Beratungsvertrag war die Beklagte verpflichtet, die Klägerin vollständig, verständlich und richtig über das Anlageobjekt zu informieren (objektgerechte Beratung). Das empfohlene Anlageobjekt muss zudem auf den Kunden zugeschnitten, also anlegergerecht sein. Bewertungen und Empfehlungen müssen hingegen ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein.
2.
20 
Die Beklagte hat die Klägerin im Rahmen der objektgerechten Beratung nicht pflichtgemäß über die Risiken des Swaps und das deswegen erforderliche Risikomanagement aufgeklärt.
a)
21 
Ein Zins-Swap ist ein Zinsderivat, das den Austausch von Zinszahlungsverpflichtungen für eine bestimmte Zeit auf einen vorher festgelegten Nennbetrag beinhaltet. Es handelt sich um Verträge, die zur Spekulation auf eine günstige, aber ungewisse Entwicklung des Marktes – hier des Zinsmarktes – in der Zukunft verleiten, wodurch ohne Einsatz eigenen Vermögens bzw. ohne Aufnahme eines förmlichen Kredits ein Gewinn ermöglicht werden soll. Die besondere Gefährlichkeit dieser Geschäfte liegt darin, dass sie mit den Risiken einer Hebelwirkung und der Gefahr verbunden sind, planwidrig zusätzliche Mittel einsetzen zu müssen (vgl. BGH, B. v. 21.03.2006 – XI ZR 116/05; NJW 2002, 1943). Ursprünglich dienten Zins-Swaps zur Absicherung gegen mögliche Schwankungen der Zinsen aus einem Grundgeschäft (etwa Kreditgeschäft), mittlerweile werden sie jedoch auch als Spekulationsinstrument ohne Grundgeschäft genutzt.
22 
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Rahmen der objektgerechten Beratung nicht nur eine Erläuterung aller Elemente der Formel zur Berechnung des variablen Zinssatzes und der Auswirkung aller denkbaren Entwicklungen, sondern auch eine „deutliche Aufklärung“ des Kunden über die Unausgewogenheit des Chancen-Risiko-Profils der Zinswette erforderlich. Gerade bei hochkomplexen Produkten muss der Kunde hinsichtlich des Risikos den gleichen Kenntnis- und Wissensstand wie die Bank erlangen, da er sonst nicht eigenverantwortlich über das Eingehen der Zinswette entscheiden kann. Entscheidend für das Ausmaß an Beratungspflichten sind demnach die Relationen „Flexibilität“ des Produkts und das einzugehende Risiko des Kunden (BGH Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10; Urt. v. 6.07.1993, IX ZR 12/93; vgl. auch Spindler NJW 2011,1920).
23 
Der streitgegenständliche Swap wurde auf eine feste Laufzeit (10 Jahre) geschlossen und legte einen fiktiven Nominalbetrag (3.000.000 EUR) zu Grunde, ohne dass eine reale Geldzahlung erfolgte. Die Klägerin verpflichtete sich für die gesamte Laufzeit zu Zahlungen an die Beklagte in Höhe des jeweiligen 3-Monats-EURIBOR bezogen auf den Nominalbetrag. Die Beklagte verpflichtete sich zur Zahlung eines festen Zinssatzes von 3,85 % aus dem Nominalbetrag. Lag der 3-Monats-EURIBOR oberhalb von 5,10 % oder der 10-Jahres-EUR-CMS-Satz unterhalb von 4,2 %, so erhöht sich der zu zahlende feste Zinssatz für die aktuelle Periode und die Restlaufzeit auf 5,45 %. Die Vereinbarung dieser optionalen Zinserhöhung enthielt für die Klägerin ein nicht überschaubares Risiko. Zwar war im Falle steigender Zinsen (3-Monats-EURIBOR) der von ihr zu leistende Zinssatz auf 5,45% gedeckelt. Allerdings verblieb es bei der Verteuerung für die Restlaufzeit, auch wenn die Zinssätze nur kurzfristig die Schwelle überschritten hätten und anschließend wieder deutlich gefallen wären. Gleiches gilt für den Fall des Sinkens der langfristigen Zinsen (10-Jahres-CMS-Satz). Hier stellte sich trotz sinkender Zinsen eine Verteuerung für die Klägerin ein. Zu einer verantwortbaren Risikoeinschätzung bedurfte es daher einer fundierten Vorstellung, mit welcher Wahrscheinlichkeit und zu welchem Zeitpunkt während der 10-jährigen Vertragslaufzeit eine der Schwellen erreicht werden würde.
24 
Hätte die Klägerin wegen der geplanten Investition einen 10-jährigen Kredit über das Nominalkapital von 3 Mio. EUR ohne Tilgungsleistungen mit einem variablen Zinssatz des jeweiligen 3-Monats-EURIBOR aufgenommen, wäre für sie die Belastung verhältnismäßig überschaubar gewesen. Sie hätte sich auf eine maximale Zinslast von 5,45% p.a. einstellen und dies mit den aktuellen Kreditkonditionen am Markt vergleichen können. Da allerdings die Investition unstreitig noch nicht feststand, bestand die Möglichkeit, dass der Swap-Vertrag ohne Grundgeschäft bleiben würde und die Klägerin mit Vertragsschluss daher eine offene Risikoposition in Höhe der Differenz zwischen dem 3-Monats-EURIBOR und dem Maximalzinssatz für die Dauer von 10 Jahren erwarb. Beispielsweise hätten allein eine Zinsdifferenz von 2 Prozentpunkten für die Dauer von 9 Jahren dann Verluste in Höhe von 540.000 EUR (ohne Abzinsung) generieren können. Der voraussichtliche Verlust eines Swap-Vertrages ist kennzeichnend für das Marktpreisrisiko. Der Marktwert lässt sich börsentäglich ermitteln und spiegelt den abgezinsten Wert der zukünftigen Zahlungsströme der wechselseitigen Zahlungsverpflichtungen des Swaps („legs“) wider. Er orientiert sich an der Meinung der Marktteilnehmer unter Anwendung standardisierter Berechnungsmethoden, sofern der Vertrag - wie hier - Options-Bestandteile hat. Der Marktwert wird im Falle der vorzeitigen Auflösung des Swap-Vertrages erlöst und kann positiv oder negativ sein.
25 
Das Verlustrisiko des Kunden setzt sich somit während der Laufzeit des Vertrages aus der Summe der einerseits seit Vertragsbeginn erhaltenen oder geleisteten Zinszahlungen und dem aktuellen Marktwert zusammen (vgl. Senat: Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11).
b)
26 
Auch wenn die Beklagte pflichtgemäß über die Funktionsweise des Swaps aufgeklärt hat, so erhielt die Klägerin keine ausreichende Beratung über die mit dem Swap verbundenen Risiken. Insbesondere hätte die Beklagte bei der Beratung die Möglichkeit in den Blick nehmen müssen, dass es nicht zu der geplanten Investition und dem damit verbundenen Finanzierungsbedarf der Klägerin kommt. Sie wusste, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Swap-Vertrages die Klägerin noch keine konnexe Finanzierung hatte. Sie hätte die Klägerin daher vorsorglich auch über die Risiken eines spekulativen Swaps ohne Grundgeschäftsbezug aufklären müssen. Angesichts des hohen, unter Umständen sogar existenzgefährdenden Verlustrisikos hätte es einer deutlichen Warnung bedurft.
27 
Zwar hat die Beklagte ansatzweise über das Marktpreisrisiko aufgeklärt, indem sie der Klägerin die Auflösung des Swap-Vertrages zum gegebenenfalls negativen Marktwert, also mit Zahlungspflicht der Klägerin, aufgezeigt hat. Für einen nicht erfahrenen Kunden genügt dies jedoch nicht. Er muss zusätzlich darüber aufgeklärt werden, dass die Beherrschung dieses Risikos zwingend ein effektives Risikomanagement verlangt, damit rechtzeitig Verluste begrenzt werden können (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 19.65). Dies setzt voraus, dass der Anleger sich seiner Risikobereitschaft bewusst wird und beispielsweise einen Maximalverlust sowie einen realistisch erzielbaren Ertrag festlegt, die er zum Maßstab seiner Strategie wählt. Um insbesondere sich abzeichnende Verluste verhindern zu können, muss er die während der Vertragslaufzeit durch die Nettozahlungen erzielten Erträge mit dem jeweils aktuellen Auflösungspreis in der Form des aktuellen Marktwertes saldieren. Zudem muss er sich eine Meinung über die zukünftige Entwicklung des Marktwertes bilden können. Ohne Verständnis für das Marktpreisrisiko als charakteristisches Risiko des Vertrages (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 1040) ist er nicht in der Lage zu erkennen, dass er die Entwicklung des Marktpreises ständig und engmaschig überwachen muss, um erforderlichenfalls den richtigen Ausstiegszeitpunkt wählen zu können. Hierzu muss der Anleger wissen, dass er ohne professionelle Hilfsmittel nicht in der Lage ist, allein den Marktwert beispielsweise auf der Grundlage der Entwicklung der tagesaktuellen Zinssätze zu ermitteln. Die Ermittlung ist deutlich komplexer und war für die Klägerin angesichts der Optionsstrukturen des Zinssatzswap-Vertrages nicht möglich (vgl. Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11).
c)
28 
Die Klägerin wurde nur unzureichend darüber aufgeklärt, dass es sich bei dem Swap ohne Grundgeschäft um ein Spekulationsgeschäft handelt. Die von der Beklagten zu Beratungszwecken verwendeten Unterlagen (vgl. Präsentation vom 24.05.2007- Anlage B 3) verharmlosen das Verlustrisiko. So wird von der Absicherung des Höchstzinssatzes (dort S. 2), vom „Chancenzins“ (dort S. 6), von Veräußerung zu den dann gültigen Marktkonditionen, wobei je nach Marktentwicklung zusätzliche Kosten entstehen können (S. 7/8), berichtet. Eine Größenordnung wird nicht genannt. Zwar hat die Beklagte z.B. im Schreiben vom 28.11.2006 der Klägerin vermittelt, Verluste aus Zinszahlungen könnten durch vorzeitige Auflösung des Vertrags aufgefangen werden. Sie hat aber nicht klargestellt, dass die Auflösung im Falle eines negativen Marktwertes mit erheblichen Verlusten für den Kunden verbunden sein kann.
29 
Ob die Beklagte – wie vom Landgericht angenommen - zur Vermeidung eines Interessenkonflikts zur Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert verpflichtet war, kann dahin gestellt bleiben (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22.03.2011, XI ZR 33/10). Hierfür spricht, dass der von der Beklagten angebotene Swap-Vertrag wegen der enthaltenen Optionsbestandteile komplex und für die Klägerin nicht durchschaubar war. Zur Mitteilung des anfänglichen Marktwerts war sie bereits zum Zweck des Risikomanagements verpflichtet.
30 
Auch wenn die Beklagte nicht verpflichtet war, den Swap-Vertrag zu überwachen, hätte sie die Klägerin auf die Notwendigkeit einer eigenverantwortlichen und engmaschigen Marktpreisüberwachung hinweisen müssen. Die in dem Swap-Vertrag enthaltenen Risiken konnten die von der Beklagten als wahrscheinlich dargestellten Chancen um ein Vielfaches überschreiten und existenzbedrohende Dimensionen annehmen. Um Letzteres zu vermeiden, war - wie dargestellt - ein effektives Risikomanagement der Klägerin zwingend erforderlich, auf welches die Beklagte hätte hinweisen müssen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 14.12.2011, 9 U 11/11). Dazu gehört auch die Information, welchen Marktwert der Vertrag beim Abschluss hat und ob dieser gegebenenfalls negativ ist.
31 
Nach den gem. §§ 529, 531 ZPO bindenden Feststellungen des Landgerichts war vorliegend in den Swap eine „Marge“ von 58.500,00 EUR einstrukturiert, so dass der Vertrag in Höhe von 1,95 % der Betragssumme einen negativen Marktwert aufwies (vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10). Bereits dieser anfängliche Marktwert wurde der Klägerin pflichtwidrig verschwiegen.
32 
Dass der Klägerin die Bedeutung und die Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes sowie das Erfordernis des Risikomanagements bekannt waren, hat auch die Beklagte nicht behauptet. Auch wenn - ergänzend zu der knappen Erwähnung im vorausgegangenen Schriftwechsel (vgl. Schreiben vom 28.11.2006 – Anl. B6) und in den Präsentationsfolien vom 24.5.2007 (Anl. B3 - S. 7, 8: "Der Zinsswap kann jederzeit zu den dann gültigen Marktkonditionen wieder veräußert werden. Je nach Marktentwicklung kann die Veräußerung des Zinsswap zu zusätzlichen Kosten führen“) - in dem Beratungsgespräch der negative Marktwert im Falle einer für die Klägerin ungünstigen Zinsentwicklung thematisiert worden ist, so reichte dies nicht aus, um dieser die Notwendigkeit der professionellen Beobachtung der Marktwertschwankungen des Swaps zu verdeutlichen. Die Wortwahl der Beklagten lässt den Kunden vielmehr in dem irrigen Glauben, dass es ausreiche, die Erfolgsaussichten des Swaps anhand der Markterwartungen bezüglich der Zinsentwicklung zu beurteilen (vgl. Senatsurteil vom 26.2.2010, 9 U 164/08). Der Klägerin wurde weder etwas über die Zeitabstände noch über die Art der und Weise der Überwachung (z.B. Notwendigkeit, den aktuellen Marktwert fachmännisch schätzen zu lassen) mitgeteilt.
d)
33 
Ob die von der Beklagten einkalkulierten Marge „banküblich“ oder „verkehrsüblich“ war, ist vor dem Hintergrund der zentralen Bedeutung des Marktwertes für die Beurteilung des Vertrages unerheblich.
e)
34 
Auch wenn es sich bei der Klägerin nicht um eine Privatperson handelt, konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin zur Überwachung des Marktpreises in der Lage ist. Die Pflicht, auf die Notwendigkeit eines effektiven Risikomanagements hinzuweisen, wird nicht durch die Praxis der Banken beseitigt, ohne konkrete vertragliche Vereinbarung den Swap-Vertrag zu überwachen, nach eigenem Gutdünken Auflösungsempfehlungen zu geben und in freigewählten Abständen den Marktwert dem Kunden mitzuteilen (vgl. Senatsurteil vom 14.12.2011, 9 U 11/11).
35 
Auf eine eingehende Aufklärung hinsichtlich des Marktwerts und des Risikomanagements durfte die Beklagte auch nicht im Hinblick auf den Wissensstand der Mitarbeiter der Klägerin verzichten. Diese hatten weder aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit noch aufgrund der Erfahrung mit vorausgegangenen Finanzgeschäften die erforderlichen Kenntnisse bezüglich der Chancen und Risiken eines derartigen Swap-Geschäfts.
36 
Der Umstand, dass der Handlungsbevollmächtigte der Klägerin, der Zeuge S., eine Jahrzehnte zurückliegende bankkaufmännische Ausbildung hat und geprüfter Bilanzbuchhalter ist, hat den Beratungsbedarf der Klägerin nicht reduziert. Allein deswegen durfte die Beklagte nicht annehmen, dass diesem die Funktionsweise, die Risiken und der Zweck eines solchen Zinstauschgeschäftes geläufig waren.
37 
Einschlägig ist Fachwissen nämlich nur, wenn es sich gerade auf den Typ des Geschäfts bezieht, über dessen Abschluss der Kunde entscheiden soll. Dass dies der Fall war, hat die Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Weder allgemeine betriebswirtschaftliche Kenntnisse noch die Erfahrung des Handlungsbevollmächtigten S. sowie des Prokuristen W. mit Finanzderivaten lassen auf die nötigen einschlägigen Kenntnisse schließen. Selbst wenn die Klägerin in der Vergangenheit einen anderen Swap-Vertrag bei einer anderen Bank abgeschlossen hatte, steht damit noch nicht fest, dass sie dabei umfassend beraten und insbesondere auf die oben erwähnten speziellen Risiken - welche dieser Art von Swapgeschäften innewohnen – hingewiesen wurde. Auch kann aufgrund der Vielgestaltigkeit von Zinsderivaten in Form von Tauschgeschäften aus der Kenntnis der Funktionsweise eines konkreten Zinsswaps nicht auf das Wissen um die Risiken und Chancen eines anderen geschlossen werden.
38 
Eine Einschränkung hinsichtlich des Umfangs der Beratungspflichten gegenüber mittelständischen Unternehmen lässt sich ungeachtet der vorwiegend aufsichtsrechtlichen Funktion des § 31 a Abs. 2 WpHG i.d.F. v. 2007 der zivilrechtlichen Rechtsprechung nicht entnehmen (vgl. BGH NJW 1991, 1106; 1981, 1440; OLG Koblenz WM 2010, 453).
3.
39 
Die Beklagte hat der Klägerin zudem mit dem streitgegenständlichen Swap kein Produkt empfohlen, welches deren Anlagezielen entsprach.
40 
Der Inhalt der Beratung hat sich danach auszurichten, welches Anlageziel der Kunde verfolgt (BGHZ 123, 126). Empfiehlt der Berater einen Swap zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht feststeht, ob er lediglich zur Absicherung eines konnexen Grundgeschäfts oder zu Spekulationszwecken eingesetzt werden wird, muss er seine Empfehlungen an beiden Verwendungsmöglichkeiten ausrichten. Insbesondere im Vorfeld der Empfehlung eines spekulativen Swap-Geschäfts muss der Berater sorgfältig die Risikobereitschaft des Kunden ermitteln. Er kann nicht davon ausgehen, dass der Anleger das theoretische Maximalrisiko tragen will und muss die konkrete Risikobereitschaft erfragen (Senatsurteil v. 14.12.2011, 9 U 11/11). Dies hat die Beklagte pflichtwidrig unterlassen.
41 
Wie der Senat in diesem Urteil ausgeführt hat, muss der Berater bei der Empfehlung von spekulativen Swap-Verträgen mit hohen Gewinnchancen und Verlustrisiken abklären, mit welchem Ertrag der Anleger aufgrund seiner persönlichen Einschätzung der Marktentwicklung rechnet und bis zu welcher Höhe er bereit ist, Verluste in Kauf zu nehmen, um festzustellen, ob ein darauf ausgerichtetes Risikomanagement möglich ist. Der Berater muss sich vergewissern, dass der Anleger nicht dem Irrtum unterliegt, dieses Risikomanagement laienhaft auf der Grundlage der Beobachtung eines Basiswertes, wie hier der Zinsentwicklung von 3-Monats-EURIBOR und 10-Jahres-EUR-CMS-Satz durchführen zu können. Der Anlageberater muss sich überzeugen, dass der Anleger in der Lage ist, eigenverantwortlich zur Berechnung des Marktwertes und zur Risikoanalyse komplexe Berechnungen anzustellen, bzw. dass er sich bewusst ist, diesbezüglich verbindliche professionelle Unterstützung zu benötigen.
42 
Nach diesen Maßgaben war die Empfehlung der Beklagten nicht anlegergerecht. Sie hat es versäumt, die Höhe des von der Klägerin evtl. akzeptierten Verlustes zu erfragen. Sie wusste zudem, dass die Klägerin unfähig war, das sich aus dem Swap-Vertrag ergebende hohe Risiko zu „beherrschen“, weil sie nicht über die Mittel eines geeigneten Risikomanagements und die Fähigkeit verfügte, den Marktpreis zu ermitteln. Der angebotene Swap war daher für die Klägerin ungeeignet und hätte ihr nicht angeboten werden dürfen.
4.
43 
Das vermutete Verschulden hat die insoweit gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht widerlegt (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2007, III ZR 44/06). Es ist offensichtlich, dass die Beklagte Kenntnis von dem in den Vertrag einstrukturierten negativen Marktwert hatte und zugleich wusste, dass die Klägerin nicht in der Lage war, dessen Bedeutung für die sich aus dem Swap-Vertrag ergebenden Chancen und Risiken sowie die Notwendigkeit eines Risikomanagements zu erfassen. Schließlich war der Beklagten bewusst, dass ihre Wortwahl („Zinssicherung“) und die Herausstellung der subjektiven Zinsmeinung der Klägerin (vgl. Präsentation v. 24.05.2007, Anl. B 3, S. 7) geeignet war, von den Risiken des Vertrags abzulenken (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2011, XI ZR 33/10; Senatsurteil v. 27.10.2010, 9 U 148/08).
5.
44 
Zugunsten der Klägerin greift auch die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens ein (BGH, Urteil vom 12.05.2009, XI ZR 546/07). Es ist nicht anzunehmen, dass die Klägerin den Swap-Vertrag abgeschlossen hätte, wenn ihre Repräsentanten verstanden hätten, dass es sich bei diesem Vertrag primär nicht um eine Geschäft zur Zinssicherung, sondern vor allem um ein Spekulationsgeschäft mit hohen Verlustrisiken handelte.
6.
45 
Der Schadensersatzanspruch ist nicht gem. § 254 BGB wegen Mitverschuldens der Klägerin zu kürzen, weil die Klägerin die Beklagte über den Fortgang ihres geplanten Investitionsvorhabens nur unzureichend informiert und in der Folge kein Darlehen mit variablem Zinssatz, sondern entgegen der angeblichen Empfehlung der Beklagten ein Festzinsdarlehen aufgenommen hat. Die Klägerin war nicht zu Mitteilungen nach Abschluss des Swap-Vertrages verpflichtet. Entscheidend kommt es darauf an, ob die Beklagte die Klägerin auf Grund der Beratung in die Lage versetzt hat, die mit dem Swap-Vertrag verbundenen Risiken, auch im Falle des Fehlens eines Grundgeschäfts, zu steuern.
7.
46 
Der Feststellungsantrag ist zulässig, da ein Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 ZPO zu bejahen ist. Der Eintritt weiterer Nachzahlungen im Rahmen der Zinsverrechnungen in der Zukunft aufgrund der behaupteten Pflichtverletzung bei der Beratung erscheint wahrscheinlich. Die Klage ist insoweit auch begründet, da die Beklagte wegen der dargestellten Beratungs- bzw. Aufklärungspflichtverletzung der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet ist (s.o. 2, 3).
47 
Die Ausführungen der Klägerin in dem nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 7.12.2011 waren nur insoweit zu berücksichtigen, als sie keine neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel enthielten und gaben keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 296a S. 1 ZPO).
III.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
49 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 01. Feb. 2012 - 9 U 57/11

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(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Gesetz über den Wertpapierhandel


Wertpapierhandelsgesetz - WpHG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 296a Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung


Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 01. Feb. 2012 - 9 U 57/11 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 01. Feb. 2012 - 9 U 57/11 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2007 - III ZR 44/06

bei uns veröffentlicht am 18.01.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL III ZR 44/06 Verkündet am: 18. Januar 2007 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Einspruch eingegangen am 14.

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. März 2006 - XI ZR 116/05

bei uns veröffentlicht am 21.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZR 116/05 vom 21. März 2006 in dem Rechtsstreit Vorsitzenden Richter Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt beschlossen: Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulas

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 14. Dez. 2011 - 9 U 11/11

bei uns veröffentlicht am 14.12.2011

Tenor I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Ziff. 2 des Urteils auf Grund der Antragsänderung wie folgt neu gefasst

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 26. Feb. 2010 - 9 U 164/08

bei uns veröffentlicht am 26.02.2010

Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart, Az. 31 O 29/08 KfH, vom 26. September 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 116/05
vom
21. März 2006
in dem Rechtsstreit
Vorsitzenden Richter Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Ellenberger
und Prof. Dr. Schmitt

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 24. März 2005 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommene Beratungsfehler der Beklagten besteht im Kern nicht in einem unterbliebenen Hinweis auf kommunalrechtliche Bindungen der Stadtwerke, sondern darin, dass die Beklagte nicht ausreichend über den spekulativen Charakter des konkreten Swapgeschäfts aufgeklärt hat. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 369.715,62 €.
Nobbe Müller Joeres Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 02.07.2004 - 5 O 1340/03 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 24.03.2005 - 2 U 111/04 -

Tenor

I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Ziff. 2 des Urteils auf Grund der Antragsänderung wie folgt neu gefasst wird:

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 7.437,34 EUR zu zahlen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: bis 410.000 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der beklagten Landesbank als Vertragspartnerin sowie von seiner Hausbank als Beraterin Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Cross-Currency-Swap-Vertrages. Der Kläger hatte im Jahr 2005 zwei Zinswährungsswap-Verträge mit der Beklagten zu 1 auf Beratung der Beklagten zu 2 abgeschlossen. Die Vertragsparteien hatten das Währungspaar Euro/Schweizer Franken und eine Verzinsung fest (Bank)/variabel (Kläger) vereinbart. Auf Empfehlung der Beklagten zu 2 wurden diese Swap-Verträge vorzeitig mit Gewinn für den Kläger aufgelöst. Auf Vorschlag der Beklagten zu 2 schlossen die Parteien am 02.08.2007 einen neuen Zinswährungsswap. Darin verpflichtete sich die Beklagte zu 1 zur vierteljährlichen Verzinsung von 1 Mio Britischer Pfund (GBP) in Höhe von 5,84 % p.a. (fest) und der Kläger zur Verzinsung von 2,446 Mio. Schweizer Franken (CHF) zu 3,31 % p.a. (fest). Das Nominalkapital sollte zum Laufzeitende (30.06.2009) ausgetauscht werden.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Kläger habe gegen die Beklagte zu 2 einen Schadensersatzanspruch, weil diese ihre Pflichten aus einem Beratungsvertrag verletzt habe. Die Beratung sei nicht objektgerecht gewesen, da die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über die Höhe und die Bedeutung des anfänglichen Marktwertes aufgeklärt habe. Dies stehe nach der Beweisaufnahme fest. Auch bei den streitgegenständlichen Cross-Currency-Swap-Verträgen hätte die Beklagte auf den anfänglichen negativen Marktwert hinweisen müssen. Dieser enthalte die Bewertung des Währungsrisikos, die nur den Beklagten, nicht jedoch dem Kläger möglich war. Insofern habe eine deutliche Informationsasymmetrie vorgelegen, an der sich die Beratungspflichten der Beklagten zu 2 zu orientieren hätten. Das vom Kläger eingegangene Risiko habe sich vor allem aus dem zum Enddatum des Vertrages fälligen Tausch der Bezugsbeträge ergeben. Aus der Sicht des Klägers habe der vereinbarte Endtausch das Recht enthalten, 1 Million GBP zum Kurs von 2,446 CHF zu kaufen. Dieses Recht habe bei Vertragsschluss einen Marktwert gehabt, der sich an den Prämien entsprechender Devisenoptionen orientiert haben dürfte. Der Marktwert, sowie die Marktwerte der weiteren der Beklagten zu 1 eingeräumten Rechte seien der Beklagten bekannt gewesen, nicht jedoch dem Kläger. Die Beklagte zu 2 hätte daher wenigstens die Höhe des saldierten Marktwertes des Gesamtgeschäfts mitteilen müssen. Die Lage sei vergleichbar mit einem Tausch von zwei Wertpapieren. In diesem Fall hätte die Beratungspflicht der Beklagten zu 2 die Mitteilung der Kurswerte der Wertpapiere umfasst. Die Pflicht zur Mitteilung der Marktwerte lasse sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vermittlung von Optionen ableiten. Auch wenn die Beklagte zu 2 nicht als Vermittlerin von Optionen gehandelt habe, so sei ihre Position dennoch vergleichbar, weil die Devisenoptionen in den Swap-Vertrag einstrukturiert waren. Nach dieser Rechtsprechung sei die Beklagte ebenfalls verpflichtet gewesen, die Optionsprämie bekanntzugeben. Bei dem negativen Marktwert handele es sich nicht um eine einstrukturierte Gewinnmarge. Der negative Marktwert sei eine objektive Größe und habe wesentliche Bedeutung für das Risikomanagement und das Rechnungswesen. Auch sei die Gewinnmarge nicht unmittelbar aus dem Marktwert ablesbar, weil der negative Marktwert noch Kosten der Verwaltung und der Risikoabsicherung enthalte, wobei die Beklagte zu 2 einen Betrag von 8.000 bis 9.000 EUR genannt habe. In der Entscheidung des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26.02.2010 (9 U 164/08) sei seitens der Bank eine übliche Gewinnmarge von 3-5 % des Bezugsbetrages genannt worden. Übertragen auf den vorliegenden Fall würde sich bei solchen Prozentsätzen eine Gewinnmarge von insgesamt 30.000 bis 50.000 GBP ergeben. Der Kläger sei trotz der vorherigen zwei Swap-Verträge aufklärungsbedürftig gewesen. Auch bei diesen beiden Verträgen habe die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über den Marktwert aufgeklärt. Zudem habe sich der streitgegenständliche Vertrag auf ein anderes Währungspaar bezogen und sei anders konstruiert gewesen. Die Pflichtverletzung sei für den Abschluss des Vertrages ursächlich gewesen. Zwar habe der Kläger sich ausdrücklich nach dem Verdienst erkundigt, die Höhe sei ihm aber nicht mitgeteilt worden.
Die Beklagte zu 2 habe den geltend gemachten Schaden einschließlich vorgerichtlicher Anwaltskosten unter Berechnung einer 1,5-Geschäftsgebühr zu ersetzen. Ein Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last. Der Kläger habe zwar höhere Bezugsbeträge als von der Beklagten zu 2 vorgeschlagen gewünscht (1.000.000 GBP anstatt 825.000 GBP). Die daraus sprechende Risikobereitschaft des Klägers habe jedoch ihren Grund in der mangelhaften Beratung der Beklagten zu 2 gehabt. Weiter könne dem Kläger nicht vorgehalten werden, dass er nicht bereits Ende 2007 den streitgegenständlichen Swap-Vertrag glattgestellt habe, als dies noch zu einem negativen Marktwert von 70.000 EUR möglich gewesen wäre. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Mitarbeiter der Beklagten zu 2 eine Auflösung nicht empfohlen hatten. Der Kläger habe unter diesen Umständen damit rechnen müssen, dass die Beklagte zu 2 bei einer Realisierung des Verlustes Ende 2007 ihm später eine eventuelle Erholung des Swap-Vertrages entgegenhalten werde.
Die Beklagte zu 1 hafte wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung. Sie hätte den Kläger über den anfänglichen Marktwert des Swap-Vertrages aufklären müssen. Aus dem Tausch-Charakter des Vertrages habe sich eine besondere Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers ergeben. Er habe für die ihm mit dem Vertrag eingeräumten Optionen keine Prämie gezahlt. Seine Gegenleistung habe in der Übernahme von Pflichten bestanden, deren Marktwert er allerdings nicht gekannt habe und auch nicht habe ermitteln können.
Gegen das der Beklagten zu 1 am 28.12.2010 und der Beklagten zu 2 am 29.12.2010 zugestellte Urteil haben die Beklagte zu 1 am 24.01.2011 und die Beklagte zu 2 am 25.01.2011 Berufung eingelegt, die sie beide innerhalb verlängerter Frist am 28.03.2011 mit einer Begründung versehen haben.
In der Berufungsinstanz trägt die Beklagte zu 1 erstmalig Folgendes vor:
Der Kläger sei mit Finanzierungsfragen aller Art einschließlich des Absicherns („Hedge“) von Zinsentwicklungsrisiken seit vielen Jahren in allen Einzelheiten bestens vertraut gewesen. Der Swap-Vertrag habe eine Marge der Bank in Höhe von lediglich 12.500 EUR enthalten. Diese Marge sei verkehrsüblich. Eine Marge von 4 %, wie sie der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10) oder der Entscheidung des Senats vom 26.02.2010 (9 U 164/08: 3%-5%) zu Grunde gelegen habe, habe eine nicht verkehrsübliche Höhe.
Die Berufung der Beklagten zu 1 ist der Auffassung, die Beratung der Beklagten zu 2 sei anleger- und objektgerecht gewesen. Der Kläger habe spekulative Gewinne aus den Swap-Geschäften erzielen wollen, um aus diesen Erträgen die laufenden Annuitäten aus seinen Immobilienverbindlichkeiten zu verringern sowie im bestmöglichen Fall darüber hinausgehende Gesamtüberschüsse zu erzielen. Dem Kläger sei dabei bewusst gewesen, dass die Beklagte zu 2 das Geschäft nicht ohne eigene Marge, also unentgeltlich angeboten habe. Ihm sei bewusst gewesen, dass eine Marge der Bank einstrukturiert gewesen sei, so dass er hierüber nicht hätte aufgeklärt werden müssen. Für ihn sei lediglich entscheidend gewesen, dass sich die anfallende Marge im Rahmen des Verkehrsüblichen halte. Mit einer Marge in dieser Größenordnung habe der Kläger ohne weiteres gerechnet. Das Landgericht hätte den Mitverschuldenseinwand der beiden Beklagten beachten müssen. Dem Kläger sei ausdrücklich die Möglichkeit mitgeteilt worden, den Swap-Vertrag bei einem negativen Marktwert von 70.000 EUR glatt zu stellen. Dies habe der Kläger nicht getan, sondern stattdessen weiter spekuliert und so den Schaden in Höhe von über 390.000 EUR entstehen lassen, was nicht den Beklagten anzulasten sei. Der Kläger hätte nicht die Auflösung des Vertrages Ende 2007 davon abhängig machen dürfen, dass die Beklagte zu 2 sich an dem eingetretenen Verlust beteilige. Der Kläger habe auch nicht mit dem Einwand der Beklagten rechnen müssen, durch einen zu frühen Verkauf eine Verringerung des Schadens infolge der Verbesserung des Marktwertes verhindert zu haben. Der negative Marktwert habe sich seit Ende 2007 kontinuierlich verschlechtert und es habe keine Hinweise dafür gegeben, dass der Markttrend sich in absehbarer Zeit in die Gegenrichtung entwickeln könnte. Eine ex ante überhaupt nicht vorhersehbare und objektiv fern liegende Erholung des negativen Marktwert hätte der Kläger sich unter keinen denkbaren Umständen entgegenhalten lassen müssen.
10 
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte zu 2 in der Berufungsinstanz erstmalig Folgendes vor:
11 
Die in dem Swap-Vertrag einstrukturierte Marge habe für die Beklagte zu 1 3.500 EUR und für die Beklagte zu 2 9.000 EUR betragen.
12 
Die Beklagte zu 2 wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beratung sei anleger- und objektgerecht erfolgt. Der Kläger sei von Berufs wegen in nennenswertem Umfang mit Finanzierungen vertraut gewesen. Er habe das Geschäft vollständig verstanden. Den bei der Beratung zu den ersten Swap-Verträgen zu Tage getretenen Irrtum des Klägers, aus dem Geschäft könne kein Verlust entstehen, habe die Beklagte zu 2 beseitigt durch die Darstellung bestimmter Veränderungen der Zins- und Währungslandschaft. Der streitgegenständliche Vertrag sei denkbar einfach strukturiert, sehr leicht begreiflich und selbst vom "Laien-"Anleger stets simpel überprüfbar. Der Verlauf habe anhand der in den Präsentationsunterlagen befindlichen "Ampeldarstellung" einfach überwacht werden können. Das Risiko des Geschäfts bestand im Währungsverlust von CHF/GBP, der in der Tagespresse mühelos feststellbar sei. Die Verdienstmarge der Beklagten sei nicht offenbarungspflichtig gewesen. Der anfängliche negative Marktwert sei dem Kläger bekannt gewesen (Bl. 238 d.A.). Aus der nicht bezifferten Marge, die nach dem Vortrag der Beklagten zu 2 identisch mit dem negativen Marktwert war, resultiere kein Beratungsfehler. Weil der Kläger wusste, dass die Beklagten eine Marge erhalten, sei die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens widerlegt. Der Kläger müsse sich ein Mitverschulden anrechnen lassen. Der Kläger habe weiter spekulieren wollen, nachdem ihm der schwebende Gesamtverlust von rund 70.000 EUR Ende 2007 mitgeteilt wurde, weil er auf eine Schadensbeteiligung seitens der Beklagten zu 2 und seitens seines Steuerberaters gesetzt habe.
13 
Die Beklagten beantragen:
14 
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010 (8 O 247/10) wird dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
15 
Der Kläger beantragt zuletzt:
16 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen und das Urteil des LG Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, aufrecht erhalten mit der Maßgabe, dass dieses Urteil in Ziff. 2 wie folgt geändert wird:
17 
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger die von ihm an die Beklagte 2 für einen Kredit für die Schadenssumme von EUR 390.724,87 im Zeitraum vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 gezahlten Zinsen in Höhe von zusammen EUR 7.437,34 zu zahlen.
18 
Zur Begründung der Antragsänderung in der Berufungsinstanz führt der Kläger, von den Beklagten nicht bestritten, aus, dass die Geschäftsbeziehung zwischen ihm und der Beklagten zu 2 zwischenzeitlich beendet sei. Für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 zahlte der Kläger an die Beklagte zu 2 für den Betrag von 390.724,87 EUR Zinsen in Höhe von 7.437,34 EUR.
19 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Das Gericht hat mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet.
II.
20 
Die gem. § 511 ZPO statthaften, form- und fristgerecht eingelegten und mit Begründungen versehenen Berufungen sind zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Die Beklagte zu 2 haftet wegen einer Fehlberatung im Zusammenhang mit einem Beratungsvertrag (1.). Die Beklagte zu 1 haftet wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen (2.).
21 
1. Klage gegen die Beklagte zu 2
22 
Zwischen der Beklagten zu 2 und dem Kläger ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (a.). Die Beklagte zu 2 hat pflichtwidrig weder objektgerecht (b.) noch anlegergerecht (c.) beraten. Die Pflichtverletzung war schuldhaft und kausal (d.) für den Schaden (e.). Den Kläger trifft kein Mitverschulden (f.).
23 
a. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 ist im Zusammenhang mit dem Abschluss des Cross-Currency-Swap-Vertrags vom 02.08.2007 ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Die Beklagte zu 2 hat auf eigene Initiative ihre Beratungstätigkeit gegenüber dem Kläger und seinem Steuerberater entfaltet. Die Beklagte zu 2 greift diese Feststellung des Landgerichts zu Recht nicht an. Soweit sie der Auffassung ist, es handele sich bei dem Cross-Currency-Swap-Vertrag um ein Eigengeschäft, das die Beklagte zu 1 für die Beklagte zu 2 ausgeführt hat, ändert dies nichts an dem daneben abgeschlossenen Beratungsvertrag. Ein Eigengeschäft der Beklagten zu 2 lässt sich zudem auf der Grundlage des Parteivortrages und der Vertragsunterlagen nicht feststellen. Vertragspartner des Cross-Currency-Swap-Vertrags ist eindeutig nur die Beklagte zu 1. Danach war die Beklagte zu 2 zur anleger- und objektgerechten Beratung des Klägers verpflichtet. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10; Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93).
24 
b. Die Beklagte zu 2 hat ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt. Im Rahmen der objektgerechten Beratung hat der Anlageberater den Kunden über diejenigen Eigenschaften und Risiken aufzuklären, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Die Beratung der Bank muss richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig sein. Die Bank muss zeitnah über alle Umstände unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Fehlen ihr derartige Kenntnisse, so hat sie das dem Kunden mitzuteilen und offenzulegen, dass sie zu einer Beratung z.B. über das konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Information nicht in der Lage ist (BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, Tz. 18 f.).
25 
Bei von der Bank selbst konstruierten Finanzprodukten besitzt diese gegenüber dem Kunden einen erheblichen Informationsvorsprung über die Marktverhältnisse, die spezifischen Risiken des Produkts, den Wert des Produkts und das erforderliche Risikomanagement zur Vermeidung von theoretisch möglichen ruinösen Verlusten. Im Rahmen der objektgerechten Aufklärung hat sie die bestehende Informationsasymmetrie zu beseitigen, um der „Angewiesenheit“ des Anlegers auf die Bank Rechnung zu tragen und ihn zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung zu befähigen (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 1059; Senat, Urt. v. 26.02.2010, 9 U 164/08, Tz. 100, zit.n.juris).
26 
Bei den aufklärungsbedürftigen wesentlichen Eigenschaften eines Swap-Vertrages lassen sich zwei Kategorien hervorheben: das Chancen-/Risikoprofil (aa.) und der (buchmäßige) Vermögenswert des Swap-Vertrages bzw. der in diesen einstrukturierten Zahlungsversprechen (bb.).
27 
aa. (1) Das Chancen-/Risikoprofil des Swap-Vertrages ist gekennzeichnet durch die mathematisch-theoretisch maximale Gewinnchance und das maximale, gegebenenfalls sogar unbegrenzte Verlustrisiko. Wird ein Swap-Vertrag - wie hier unstreitig - zu Spekulationszwecken und nicht zur Absicherung gegenläufiger Risiken abgeschlossen, übernimmt der Kunde eine offene Risikoposition. Die Information über diesen Rahmen von Chancen und Risiken ist daher wesentlich. Bei Verträgen mit hohen Risiken benötigt der Anleger allerdings zusätzliche Informationen über die Faktoren, die für das Risikoprofil und die Art des Risikos maßgeblich sind. Einen Einfluss auf den Erfolg haben beispielsweise die Art der gewählten Währungen, die unterschiedlichen Volatilitäten der für die Bank und den Kunden maßgeblichen Basiswerte, die gewählten Zinssätze und länderspezifischen Zinsstrukturkurven, die Wahrscheinlichkeiten (Value at Risk) oder asymmetrische Risikostrukturen mit Gewinn- oder Verlustbegrenzungen. Bei nur theoretischen Informationen über den maximalen Rahmen von Risiken und Chancen verhelfen dem Anleger erst Einschätzungen über deren Wahrscheinlichkeiten zu einer geeigneten Entscheidungsgrundlage. Das gilt insbesondere, wenn – wie bei Swap-Verträgen üblich – der Erfolg des Geschäfts von langfristigen Prognosen über Basiswerte wie Zinssätze oder Devisen abhängig ist, die über die Dauer der Vertragslaufzeit seriös nicht aufgestellt werden können. Daher hat der Senat es beanstandet, wenn Anlegern suggeriert wurde, sie könnten anhand eigener Zinsmeinungen für die Vertragslaufzeit eine verantwortbare Anlageentscheidung treffen (Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 49ff., zit.n.juris). Zwar können auch Wahrscheinlichkeitsmodelle die zukünftige Entwicklung nicht sicher vorhersagen, insbesondere nicht extreme Ereignisse wie eine Finanzkrise. Es handelt sich bei den Wahrscheinlichkeitsmodellen jedoch um Hilfsmittel, derer sich der professionelle Kapitalmarkt zur Beurteilung von Risiken bedient.
28 
Ist auf der Grundlage von Berechnungs- oder Simulationsverfahren bekannt, dass die Wahrscheinlichkeit des Verlustes höher ist als diejenige des Gewinns, ist das eine dem Kunden zu offenbarende Eigenschaft des von der Bank konstruierten Swaps. Auch sind Informationen über Verlustrisiken innerhalb eines definierten Zeitraums (z.B. Value at Risk) eine wichtige Entscheidungshilfe, weil sie die Eigenschaft der Zins- oder Währungswette auf der Grundlage der aktuellen Wirtschaftsdaten widerspiegeln. Ebenso wichtig ist die Kenntnis, wie schnell sich Verluste einstellen können und wie schnell man daher auf ungünstige Entwicklungen der Basiswerte oder anderer Umstände reagieren kann und muss, um ungewollte Verluste zu vermeiden. So können hoch volatile Basiswerte unter Umständen zu sehr schnellen Verlusten führen.
29 
(2) Die vorgenannten Umstände spiegeln sich in zwei verschiedenen Verlustszenarien wider. Einerseits ist der Anleger bis zum Laufzeitende vertraglich an das Geschäft gebunden. Ist die Bank nicht zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages verpflichtet, trägt er das Liquiditätsrisiko (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1051). Das ist das Risiko, dass er den Vertrag bei einer ungünstigen Entwicklung der Basiswerte oder sonstigen Umstände nicht durch ein Gegengeschäft am Markt glattstellen kann. Er bleibt dann an den Vertrag gebunden und seine Verluste ergeben sich aus der Summe sämtlicher Nettozahlungen bis zum Laufzeitende. Sie sind gegebenenfalls unbegrenzt.
30 
(3) Bietet die Bank, wie hier, dem Kunden ein nach Marktusancen bestehendes tägliches Auflösungsrecht zum aktuellen Marktwert an oder ist der Markt liquide, trägt der Kunde das Marktpreisrisiko (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1040). Dann setzt sich bei ungünstiger Entwicklung sein Verlust aus zwei Komponenten zusammen, nämlich dem (positiven oder negativen) Saldo der bisherigen Zahlungen bis zur vorzeitigen Beendigung und dem (positiven oder negativen) Marktwert zum Auflösungszeitpunkt.
31 
Für einen nicht erfahrenen Kunden genügt es jedoch nicht, das Marktpreisrisiko als solches zu kennen. Er muss zusätzlich darüber aufgeklärt werden, dass die Beherrschung dieses Risikos zwingend ein effektives Risikomanagement verlangt, damit rechtzeitig Verluste begrenzt werden können (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 19.65). Dies setzt voraus, dass der Anleger sich seiner Risikobereitschaft bewusst wird und beispielsweise einen Maximalverlust sowie einen realistisch erzielbaren Ertrag festlegt, die er zum Maßstab seiner Strategie wählt. Um insbesondere sich abzeichnende Verluste verhindern zu können, muss er die während der Vertragslaufzeit durch die Nettozahlungen erzielten Erträge mit dem jeweils aktuellen Auflösungspreis in der Form des aktuellen Marktwertes saldieren. Zudem muss er sich eine Meinung über die zukünftige Entwicklung des Marktwertes bilden können. Ohne Verständnis für das Marktpreisrisiko als charakteristisches Risiko des Vertrages (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1040) ist er nicht in der Lage zu erkennen, dass er die Entwicklung des Marktpreises ständig und engmaschig überwachen muss, um erforderlichenfalls den richtigen Ausstiegszeitpunkt wählen zu kennen. Hierzu muss der Anleger wissen, dass er ohne professionelle Hilfsmittel nicht in der Lage ist, allein den Marktwert beispielsweise auf der Grundlage der Entwicklung des Basiswerts zu ermitteln. Die Ermittlung ist deutlich komplexer. Beispielsweise ist die Ermittlung des Marktpreises für ein Devisentermingeschäft nicht nur vom aktuellen Wechselkurs abhängig, sondern auch von dem unterschiedlichen Zinsniveau in den beteiligten Ländern (Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, 40. Aufl., Teil III, Ziff. 8.2.2.2). So ist es durchaus möglich, dass sich der Marktwert gegenläufig zu der Entwicklung des Basiswerts entwickelt.
32 
(4) Zwar hat die Beklagte zu 2 schriftsätzlich die Auffassung vertreten, dass sich der Marktpreis des Zinswährungsswaps auch für einen Laien einfach mit den vier Grundrechenarten ermitteln lasse (so die Klageerwiderung, Bl. 52 d.A.). Dem haben aber bereits ihre eigenen Mitarbeiter widersprochen und erklärt, dass sie hierfür eine Software einsetzen. Der Zeuge P. hat bestätigt, dass der Kläger und sein Steuerberater den Wert „natürlich“ nicht selbst beurteilen konnten (Bl. 116 d.A.).
33 
(5) Im Zusammenhang mit der Risikostrategie erhält auch der anfängliche Marktwert seine eigenständige Bedeutung: Ohne Kenntnis des anfänglichen Marktwertes kennt der Anleger bereits nicht den Ausgangspunkt seiner Risikostrategie und kann beispielsweise auch nicht erkennen, dass die ersten Netto-Zinszahlungen seinen Vertrag noch nicht in die Gewinnzone führen können (vgl. a. Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 78, 80).
34 
(6) Die Beklagte zu 2 hat es unterlassen, den Kläger über die komplexen Zusammenhänge und das Erfordernis eines eigenen, effektiven Risikomanagements aufzuklären. Der Zeuge P. (Bl. 114 d.A.) erläuterte, dass dem Kläger mit derartigen Geschäften eine Zinsverbilligung von 2% als möglich dargestellt worden sei. Bezogen auf das Nominalkapital des Swap-Vertrages von ca. 1.477.500 EUR (1 Mio GBP umgerechnet zum damaligen Kurs EUR/GBP von ca. 1,4775) hätte dies für den Kläger eine Verbilligung um ca. 29.510 EUR p.a. bzw. insgesamt 59.020 EUR bedeutet. Auch wenn die Ertrags-Chancen rechnerisch höher waren, hat die Beklagte zu 2 offenbar die für „wahrscheinlich“ gehaltene Ertrags-Chance des Cross-Currency-Swaps dargestellt. Diese realistische Chance war mit einem weder nach Wahrscheinlichkeit noch nach Höhe quantifizierten Verlustrisiko verbunden. Dieses überstieg die von der Beklagten zu 2 als wahrscheinlich dargestellte Chance um ein Vielfaches und konnte existenzbedrohende Dimensionen annehmen. Daher war auch im konkreten Fall ein effektives Risikomanagement des Klägers zwingend erforderlich, worauf die Beklagte zu 2 den Kläger hätte hinweisen müssen.
35 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zu 2 hingegen vorgetragen, dass sie sich nicht zu einer Überwachung des Vertrages verpflichtet habe. Insbesondere hat sie nicht behauptet, den Kläger auf das Erfordernis einer eigenverantwortlichen Marktpreisüberwachung hingewiesen zu haben. Bei einer Privatperson ist es offenkundig, dass sie zur Überwachung des Marktpreises nicht in der Lage ist.
36 
(7) Angesichts der bereits fehlerhaften Aufklärung über das Risikomanagement kann es dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zu 2 im Rahmen der objektgerechten Aufklärung verpflichtet gewesen wäre, im Zusammenhang mit der Konstruktion des Swap-Vertrages Wahrscheinlichkeitsberechnungen durchzuführen und deren Ergebnisse dem Anleger vorher mitzuteilen oder zumindest darauf hinzuweisen, dass diese Berechnungen möglich sind, aber von ihr nicht durchgeführt wurden, so dass sie die Günstigkeit des Geschäfts und die mit diesem verbundenen wahrscheinlichen Risiken nicht beurteilen könne.
37 
bb. Die objektgerechte Aufklärung im Zusammenhang mit dem Vermögenswert des Swaps betrifft eine andere Dimension. Die Beklagte zu 2 hat den Kläger pflichtwidrig nicht über den Wert der von ihm im Rahmen des Swap-Vertrages übernommenen Leistungsverpflichtungen und den Wert der im Austausch hierzu von der Beklagten zu 1 erworbenen Zahlungsansprüche aufgeklärt.
38 
(1) Ein Swap-Vertrag setzt sich aus verschiedenen Einzelkomponenten zusammen (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, a.a.O., Rn. 19.147). Bei dem streitgegenständlichen Swap hat der Kläger die Verpflichtung zum zeitlich hinausgeschobenen Erwerb von 1 Mio. GBP zum Preis von 2,446 Mio. CHF übernommen. Das hat den Charakter eines Devisentermingeschäfts und wird vom Markt nach üblichen Methoden unter Berücksichtigung der landesspezifischen Zinssätze ermittelt (siehe hierzu: Obst/Hintner, a.a.O., Teil III, Ziff. 8.2.2.2). Der Kunde ist regelmäßig zu einer Preisermittlung nicht in der Lage. Er kann daher nicht abschätzen, welchen Wert die Endtauschzahlung zu einem bei Vertragsschluss festgelegten Wechselkurs hat, die er auf Vorschlag seiner Bank übernimmt. Auch der Wert der regelmäßigen Zinszahlungspflichten ist durch Abzinsung ermittelbar, unter Anwendung des jeweils maßgeblichen Abzinsungssatzes. Auch hier war der Kläger nicht in der Lage, den Wert der Leistungen, bezogen auf den Abschlusstag zu ermitteln.
39 
Der negative Marktwert ist daher nicht nur Ausdruck einer Interessenkollision der beratenden Bank (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10), sondern auch der Saldo des Wertes der ausgetauschten Leistungen. Dies hat das Landgericht zutreffend dargestellt und einen anschaulichen Vergleich mit dem Tausch von Wertpapieren angestellt, deren Wert der Anleger nicht ermitteln kann. Der Anleger erleidet bei Abschluss eines spekulativen Swap-Vertrages mit einem negativen Marktwert sofort eine Vermögenseinbuße. Diesen Umstand und das Ausmaß der Vermögenseinbuße muss er erkennen können, weil er andernfalls nicht zu einer verantwortlichen Anlageentscheidung befähigt wird.
40 
(2) Der Einwand der Beklagten zu 2, sie brauche als Bank, die den Swap im Wege des Eigengeschäfts vertreibe, nicht über ihren Gewinn aufzuklären, überzeugt den Senat nicht. Insbesondere stützen nicht die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27.09.2011 (XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10) ihre Auffassung. Zunächst liegt, wie bereits dargelegt, kein Eigengeschäft der Beklagten zu 2 vor, sondern ausschließlich ein Beratungsvertrag, der zudem durch ein Eigengeschäft nicht beseitigt wird. Darauf kommt es aber nicht an. Selbst wenn ein Eigengeschäft vorläge, ist dem besonderen Umstand Rechnung zu tragen, dass der Kläger eine für ihn nicht eindeutig erkennbare und bewertbare Leistung übernimmt. Er bietet der Bank nicht bewusst einen bei sich bereits vorhandenen und von ihm bewerteten Vermögensgegenstand im eigenen Interesse an. Die Bank schafft erst durch den Swap-Vertrag eine Verbindlichkeit des Anlegers, deren Höhe er nicht bewerten kann. Dieser Verbindlichkeit stellt sie im Wege des Austausches (Swap) eine Verbindlichkeit der Bank gegenüber. Die Bank ist dabei in der Lage, nach ihrem - vom Anleger nicht kontrollierbaren - Belieben den Wert der Leistung des Kunden hoch anzusetzen und den Wert der Gegenleistung des Austauschgeschäfts niedrig zu gestalten, wodurch sie ihre Gewinnspanne generieren kann. Wenn aber eine Partei auf Grund besserer Marktkenntnisse und sonstiger Informationsvorsprünge in der Lage ist, ihre Position in einer Weise auszunutzen, dass es als Verstoß gegen die Waffengleichheit und Fairness am Markt erscheint, muss sie über den sonst nicht aufklärungspflichtigen Wert der eigenen Leistung oder denjenigen der Gegenleistung aufklären (so auch Kramer in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 241 Rn. 124). Nur so ist der Anleger in der Lage zu beurteilen, ob er die wirtschaftliche (buchmäßige) Vermögenseinbuße übernehmen will, weil er das damit verbundene Chancen-/Risikoprofil, sofern er es beurteilen kann, für vorteilhaft hält. Dann wäre er in der Lage einzuschätzen, ob er die von den Beklagten verlangten Kosten für das Geschäft für angemessen hält.
41 
c. Die Beratung der Beklagten zu 2 war auch nicht anlegergerecht. Eine beratende Bank ist verpflichtet ist, vor Abgabe ihrer Anlageempfehlung den Wissensstand, die Erfahrungen und die Anlageziele, zu denen der Anlagezweck und die Risikobereitschaft gehören, zu erfragen. Diese Pflicht ist für Wertpapierdienstleistungsunternehmen - wie die Beklagte zu 2 - aufsichtsrechtlich auch normiert (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF, jetzt: § 31 Abs. 4 WpHG nF). Die Erkundigungspflicht entfällt nur dann, wenn der beratenden Bank diese Umstände bereits bekannt sind. Auch wenn theoretische Risiken geschildert oder Berechnungsbeispiele gegeben werden, kann die Bank nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Kunde auch bereit ist, hohe Risiken zu tragen. Es ist gerade die Aufgabe des Anlageberaters, ausschließlich Produkte zu empfehlen, die mit den Anlagezielen des Kunden - Anlagezweck und Risikobereitschaft - tatsächlich übereinstimmen. Erkundigt er sich nicht bereits - wie von der Rechtsprechung und aufsichtsrechtlich gefordert - vor seiner Anlageempfehlung nach der Risikobereitschaft des Kunden, so kann er seiner Pflicht zu einer anlegergerechten Empfehlung nur dadurch entsprechen, dass er sich noch vor der Anlageentscheidung seines Kunden die Gewissheit verschafft, dass dieser die von ihm geschilderten Risiken des Finanzprodukts in jeder Hinsicht verstanden hat (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10).
42 
Bei der Empfehlung von spekulativen Swap-Verträgen mit hohen Gewinnchancen und Verlustrisiken muss der Anlageberater daher abklären, mit welchem Ertrag der Kunde auf Grund seiner persönlichen Einschätzung der Marktentwicklung rechnet und bis zu welcher Höhe er bereit ist, Verluste in Kauf zu nehmen, um festzustellen, ob ein darauf ausgerichtetes Risikomanagement möglich ist. Er muss sich vergewissern, dass der Anleger nicht dem Irrtum unterliegt, dieses Risikomanagement laienhaft auf der Grundlage der Beobachtung eines Basiswertes, wie hier des Wechselkurses zwischen Schweizer Franken und Britischen Pfund durchführen zu können. Der Anlageberater muss sich überzeugen, dass der Anleger in der Lage ist, eigenverantwortlich zur Berechnung des Marktwertes und zur Risikoanalyse komplexe Berechnungen anzustellen oder sich bewusst ist, diesbezüglich verbindliche professionelle Unterstützung zu benötigen.
43 
Vor diesem Hintergrund war die Empfehlung der Beklagten zu 2 nicht anlegergerecht. Sie hat es bereits versäumt, die Höhe des vom Kläger akzeptierten Verlustes zu erfragen. Sie wusste zudem, dass der Kläger als Privatmann unfähig war, das sich aus dem Cross-Currency-Swap ergebende hohe Risiko zu „managen“, weil er nicht über die Mittel eines geeigneten Risikomanagements und die Fähigkeit verfügte, den Marktpreis zu ermitteln. Der angebotene Swap war daher für den Kläger ungeeignet und hätte ihm nicht angeboten werden dürfen.
44 
Die fehlende Eignung des Swap-Vertrages für den Kläger sowie die Pflichtwidrigkeit der Empfehlung werden auch nicht beseitigt durch eine Praxis der Banken, ohne konkrete vertragliche Vereinbarung den Swap-Vertrag zu überwachen, nach eigenem Gutdünken Auflösungsempfehlungen zu geben oder in frei gewählten Abständen Marktwerte mitzuteilen. Solange nicht die wesentlichen Parameter der Risikobereitschaft des Anlegers erfragt wurden (vgl. a. BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10), insbesondere der vom Anleger akzeptierte Maximalverlust und die erhoffte Rendite, ist die Bank nicht in der Lage, für den Kunden eine geeignete Risikostrategie umzusetzen. Auch kann nur eine effektive -verbindliche -Risikostrategie den Anleger davor schützen, dass er ungewollte Verluste erleidet oder ein - im Verhältnis zu dem erhofften Ertrag - unangemessenes Verlustrisiko übernimmt.
45 
d. Das Verschulden der Beklagten zu 2 liegt auf der Hand und wurde von ihr nicht widerlegt. Die Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2 waren für die Anlageentscheidung ursächlich. Hierfür spricht bereits die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10, Tz. 40; Urt. v. 09.06.1998, XI ZR 220/97). Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte (BGH, Beschl. v. 09.03.2011, XI ZR 191/10). Etwas anderes könnte dann gelten, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner im konkreten Einzelfall einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (BGH, Urt. v. 13.07.2004, XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, Rn. 28).
46 
Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre, wenn ihm das Erfordernis eines professionellen Risikomanagements mitgeteilt worden wäre, über das er unstreitig nicht verfügte und das die Beklagte zu 2 ihm auch nicht verbindlich angeboten hat. Auch ist nicht anzunehmen, dass der Kläger bei einem als wahrscheinlich dargestellten Ertrag von 59.020 EUR einen Austauschvertrag (Swap) mit einem sofortigen Wertverlust von 12.500 EUR, also von über 21% des erhofften Ertrages, akzeptiert hätte. Der Kläger war offensichtlich der ursprünglichen Auffassung, aus den Verträgen keine Verluste erzielen zu können. Dies ergibt sich u.a. aus dem Gesprächsprotokoll der Beklagten zu 2 vom 26.07.2005 (Anlage B2). Dem Kläger wurde zwar das generelle Verlustrisiko auf Grund von sich nach Vertragsschluss ändernden Umständen erläutert, nicht jedoch, dass der Vertrag bereits in der Verlustzone starten könnte. Im Übrigen wäre ihm bei einer anlegergerechten Beratung der streitgegenständliche Cross-Currency-Swap nicht angeboten worden, so dass er nicht in einen Entscheidungskonflikt hätte geraten können.
47 
e. Das Landgericht hat den Schaden zutreffend auf 390.724,87 EUR zuzüglich Kreditzinsen in Höhe von 21.554,16 EUR beziffert. Auch die weiteren Kreditzinsen aus dem Schadensbetrag von 390.724,87 EUR ab dem 01.12.2010, die erst in der Berufungsinstanz beziffert wurden, sind unstreitig. Die Berufung der Beklagten greift die Schadensberechnung nicht an. Soweit die Beklagten den Ansatz einer 1,5-fachen Anwaltsgebühr beanstanden, hat das Landgericht zu Recht wegen der im Zusammenhang mit den Swap-Verträgen bestehenden besonderen Schwierigkeit eine erhöhte Anwaltsgebühr anerkannt.
48 
f. Der Kläger muss sich kein Mitverschulden anrechnen lassen. Die Ausführungen des Landgerichts sind zutreffend und überzeugend. Für den Erfolg des Vertrages kam es entscheidend auf den Wechselkurs zum Stichtag am 30.06.2009 an. Auch die Beklagte zu 2 hat dem Kläger, entgegen dem missverständlichen erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten, keine Empfehlung zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages gegeben. Sie räumt selbst ein, dass der Vertrag trotz des Kurses und des vorübergehenden negativen Marktwertes noch ins Plus hätte drehen können (Schriftsatz vom 06.12.2010, S. 7, Bl. 141 d.A.), so dass der Schaden noch nicht feststand. Wenn jedoch sich bereits die fachkundige Beklagte zu 2 keine Prognose zutraute oder keine eindeutige Empfehlung zur Auflösung des Vertrages abgeben wollte, dann kann sie dem Kläger sein Festhalten am Vertrag nicht vorhalten. Entgegen dem Vortrag der Beklagten drängte sich dem Kläger die Notwendigkeit der Veräußerung nicht auf, sondern ihm wurden von der Beklagten zu 2 lediglich die möglichen Alternativen (Gesamtauflösung, Teilauflösung, Fortsetzung) gleichwertig nebeneinander dargestellt.
49 
Zudem war der Swap-Vertrag wegen des fehlenden Wissensstands des Klägers über dieses Produkt für diesen nicht geeignet, so dass seine vermeintliche Fehlentscheidung bereits ihre Ursache in der Empfehlung eines ungeeigneten Vertrages hat. Das kann die Beklagte zu 2 nicht entlasten.
50 
2. Klage gegen die Beklagte zu 1
51 
Die Beklagte zu 1 ist wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen gem. §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Ihre Aufklärungspflicht richtete sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Danach war die Beklagte zu 1 auch im unmittelbaren Kundengeschäft (OTC) zur Aufklärung über die entscheidungserheblichen Tatsachen verpflichtet (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1060, 1068). Der Umfang der Aufklärung hängt von der Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers und der Art der Anlage ab. Dabei ist die Informationsasymmetrie bzw. das Angewiesenheitsverhältnis zwischen Kunde und Bank zu berücksichtigten (Clouth in: Praktikerhandbuch, a.a.O., Rn. 1059 ff.). Der Kunde darf eine Vermittlung aller Informationen erwarten, die ihn in die Lage versetzen, eine eigenverantwortliche Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen. Insofern darf der Kunde ebenfalls eine Aufklärung darüber erwarten, dass es sich entgegen dem durch die Namensbezeichnung erweckten Eindruck (Swap) nicht um den Tausch von gleichwertigen Leistungen handelt, sondern um - für den Kunden nicht erkennbar - ungleichwertige Leistungen, die mit einem in der Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes bestehenden Verlust verbunden sind. Auf die Ausführungen zur nicht objektgerechten Beratung durch die Beklagte zu 2 wird Bezug genommen. Insofern decken sich im Bereich der Informationspflichten die Aufklärungs- und Beratungspflichten, so dass es auf das Vorliegen eines Beratungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 nicht ankommt (Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 13f. 222 ff.). Die fehlerhafte objektbezogene Aufklärung der Beklagten zu 2 muss sich die Beklagte zu 1 gem. § 278 BGB zurechnen lassen, weil sie dieser die Aufklärung des Kunden überlassen hat.
52 
Entgegen ihrer Auffassung wird die Beklagte zu 1 durch die Pflicht zur Offenbarung des negativen Marktwertes eines zu Spekulationszwecken konstruierten Swapvertrages auch nicht in ihrer Berufsausübungsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Dieses Recht wird nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze gewährt. Die vor allem in früheren Verfahren wiederholt vorgebrachte Argumentation, die Offenbarungspflicht würde die Banken verpflichten, ihre Gewinnmarge zu offenbaren, trifft nicht zu und wird in dieser Form von den Beklagten nicht aufrecht erhalten. Es ist unstreitig, dass der Marktwert nicht ausschließlich die Gewinnmarge wiederspiegelt, sondern auch weitere Verwaltungskosten und Kosten der Risikoabsicherung.
53 
Die Aufklärungspflicht gründet sich in den besonderen Umständen bei der Konstruktion des Swap-Vertrages und in der sich aus § 242 BGB ergebenden Pflicht, einen Vertragspartner nach Treu und Glauben über wesentliche Umstände aufzuklären, die ihm nicht bekannt sind, aber für den Abschluss und die Erreichung des Vertragszwecks von entscheidender Bedeutung sind. Die Informationspflicht hat nicht den Zweck, die Bank zur Offenbarung ihrer Gewinnmargen zu verpflichten. Sie resultiert aus einem außerordentlich hohen Informationsgefälle, das die Bank befähigt, ihre Erwerbsinteressen einseitig und ohne Rücksicht auf die Interessen des Kunden durchzusetzen. Es handelt sich um einen für den Kunden atypischen Austauschvertrag, den die Bank in einer für den Kunden nicht nachvollziehbaren Weise konstruiert hat und dessen Wert sich für den Kunden nicht erschließt. Es ist zwar nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zu 1 für diese Leistung eine Vergütung verlangt, die ihrem Aufwand und ihrem legitimen Gewinnstreben Rechnung trägt. Nachdem die Beklagte vorträgt, die Gegenposition im Vertrag nicht selbst zu übernehmen, sondern das Risiko an andere Marktteilnehmer durch Hedge-Geschäfte weiterzugeben, handelt es sich bei der Marge letztendlich um einen Preis, den sie ihrem Kunden abverlangt. Die Beklagte zu 1 nennt allerdings diesen Preis nicht, wie andere Dienstleister oder Verkäufer es tun. Sie kann diesen verstecken, indem sie die im Swap-Vertrag enthaltenen und auszutauschenden Leistungen nicht gleichwertig gestaltet, sondern, ohne dass der Kunde das erkennen kann, dem Kunden eine höherwertige Leistungsverpflichtung unterschiebt. Dadurch ist sie in der Lage, dem Kunden den scheinbar kostenlosen Erwerb einer Gewinnchance zu suggerieren.
54 
Bezüglich Verschulden, Kausalität, Schaden und Mitverschulden kann auf die Ausführungen bei der Beklagten zu 2 verwiesen werden, soweit sie die objektgerechte Aufklärung betreffen. Insbesondere trifft der Beklagtenvortrag nicht zu, die Beklagte zu 2 habe die Auflösung des Cross-Currency-Swap empfohlen, so dass der Kläger auf eigenes Risiko weiter spekuliert habe.
55 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart, Az. 31 O 29/08 KfH, vom 26. September 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 929.679,78 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.03.2008 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 16.03.2005 mit der Referenznummer 1114192 L geschlossenen Zinsswap noch entstehen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 571.680,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 313.180,55 Euro seit dem 27.03.2008 bis 29.07.2008 sowie aus 435.680,55 Euro vom 30.07.2008 bis 22.02.2009 sowie aus 571.680,55 Euro seit dem 23.02.2009 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der weiteren Zahlungsverpflichtung von 136.000,00 Euro aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap freizustellen.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap noch entstehen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert und Beschwer der Beklagten: 1.657.360,33 Euro

Gründe

 
I.
1.
Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen aus dem Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus und verlangt von ihrer früheren Hausbank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss von zwei Zinsswap-Verträgen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Sie werden wie folgt ergänzt:
Die Beklagte schloss mit der Klägerin am 28.03.2002 einen Rahmenvertrag über Finanztermingeschäfte (Anlage K1) sowie am 21.11.2003 einen Anhang zum Rahmenvertrag über die vorzeitige Erfüllung durch Ausgleichszahlung (Anlage K2). Die Parteien hatten in der Folgezeit fünf verschiedene Swap-Verträge abgeschlossen, darunter einen 3-Monats-EURIBOR-Zinsswap und einen EURIBOR-Ladder-Swap. Diese sind nicht im Streit. Gegenstand des Rechtsstreits sind ein weiterer sog. "Ladder-Swap" und ein sog. "CMS-Spread-Sammler-Swap".
Zum Ladder-Swap:
Die Beklagte übergab der Klägerin ein auf den 3. Februar 2005 datierendes Strategiepapier  "Strukturierter und vorzeitig mit Ausgleichszahlung beendbarer EUR-Zinsswap mit Euribor-Koppelung - "Ladder-Swap mit MTC" (Anlage B18). Es hatte auszugsweise folgenden Inhalt:
Kundenpositionierung und Markterwartung
- Sie haben einen Finanzierungsbedarf bzw. bestehende Finanzierungen in EUR
- Sie möchten Ihre Zinsbelastung für die kommenden Jahre reduzieren
- Sie rechnen in den nächsten Jahren nicht mit einem steilen Anstieg des 3-Monats-Euribors.
10 
- Diese Markterwartung möchten Sie zur Verbilligung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung nutzen.
11 
- (…)
12 
Strategievorschlag:
13 
Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit Euribor-Koppelung ("Ladder-Swap")
14 
Chancen
15 
Verbleibt der 3-Monats-EURIBOR auf dem derzeitigen Stand oder steigt er nur geringfügig und wird der Swap von der (Beklagten) nicht vorzeitig beendet, so verbilligen Sie Ihre Finanzierung auf die folgenden Perioden.
16 
Risiken
17 
- Bei einem starken Anstieg des 3-Monats-EURIBOR verringert sich Ihre Verbilligung. Ergibt die o.g. Formel unter Einbeziehung des Zinssatzes der vorherigen Periode und des festgestellten 3-Monats-EURIBOR einen Zinssatz von mehr als 3,50%, so schlägt die Strategie zur Zinsverbilligung ins Gegenteil um und Sie zahlen für diese Periode einen höheren Zinssatz, als Sie von der (Beklagten) empfangen. Bei entsprechender Entwicklung des 3-Monats-EURIBOR ist für die folgende Periode eine Verbilligung unter Umständen wieder möglich.
18 
- Worst Case": Da die Entwicklung des 3-Monats-EURBIOR nicht voraussehbar ist, kann kein "wort-case" beziffert werden, d.h. die Strategie ist bei einer für Sie ungünstigen Entwicklung des Referenzzinssatzes mit einem theoretisch unbegrenzten Verlustrisiko verbunden.
19 
Das Strategiepapier enthielt 3 Szenarioanalysen im Tabellenformat zur Darstellung der Zahlungsverpflichtungen, bezogen auf einen Basiswert von 11 Mio Euro. Das erste Szenario sah eine nahezu gleichmäßige kontinuierliche Steigerung des 3-Monats-EURIBOR während der 20 Perioden der Laufzeit von 2,14% auf 3,68% vor und endete mit einer "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,4 Mio Euro. Das zweite Szenario stellte beginnend bei einem 3-Monats-EURIBOR in Höhe von 2,14% eine halbjährliche Steigerung von 0,25 Prozentpunkten dar und schloss mit einer "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,19 Mio Euro. Das dritte Szenario enthielt eine vierteljährliche Steigerung des 3-Monats-EURIBOR um 0,2 Prozentpunkte und schloss mit einer negativen "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,5 Mio Euro.
20 
Die im Rahmen einer Präsentation der Beklagten vom 25.02.2005 verwendeten Präsentationsfolien (Anlage K3) enthielten ähnliche Hinweise. Auch die Szenarien ähnelten denen des Strategiepapiers mit der Abweichung, dass - bezogen auf leicht geänderte Vertragsdaten - das zweite Szenario einen geringfügig niedrigeren Gewinn und das dritte Szenario einen deutlich kleineren Verlust (96.000 Euro) auswiesen.
21 
Die Klägerin entschloss sich zum Abschluss des angebotenen Ladder-Swaps, allerdings mit einem reduzierten Bezugsbetrag in Höhe von 5 Mio Euro. Die hierüber getroffene Vereinbarung vom 18./23.03.2005 (Anlage K4) sah im Wesentlichen folgende Zahlungsbedingungen vor:
22 
Bezugsbetrag:
5 Mio Euro (wird nicht gezahlt, sondern ist nur
Basis für Zinsberechnung)
Laufzeit:
18.03.2005 - 18.03.2010 (vorbehaltlich
einer Anpassung)
Fälligkeitstermine und
Zinsfeststellungstermine:
vierteljährlich
Zahlungsverpflichtung
der Beklagten:
3,60% p.a. (fest)
Zahlungsverpflichtung
der Klägerin:
        
Erstes Jahr (4 Perioden):    
2,00% p.a. (fest)
Ab der 5. Periode:
Variabel nach folgender Formel:
        
Zinssatz der Vorperiode ./. Abschlag + Basissatz
Basissatz:
3-Monats-EURIBOR
Abschlag:
anfänglich 2,80%, im Jahresrhythmus um 0,50% steigend
Zinsfeststellung:
Der Vertragszinssatz wurde für jede Zinsperiode anhand
des zum jeweiligen Feststellungstag gültigen Zinssatzes
des 3-Monats-EURIBOR festgesetzt
Mindestzinssatz
der Klägerin:
0,00%
23 
Zudem hatte die Beklagte ein Recht zur vorzeitigen Beendigung ohne Ausgleichszahlung zu bestimmten Terminen. Unstreitig ist zudem ein beidseitiges Kündigungsrecht gegen Ausgleichszahlung zu jährlichen Beendigungsterminen ab 2008.
24 
Der Ladder-Swap hatte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einen - aus Sicht der Klägerin - negativen Marktwert. Die Beklagte hatte Kosten für Risikoabsicherung, Kapitalkosten und Abwicklungskosten sowie ihren Ertrag in den Ladder-Swap einkalkuliert, woraus sich auf der Grundlage von Bewertungsmethoden ein negativer Marktwert ergab. Diesen teilte die Beklagte der Klägerin nicht mit.
25 
Zum CMS-Spread-Sammler-Swap
26 
Die Beklagte stellte der Klägerin mit Strategiepapier vom 13.05.2005 (Anlage K5) sowie Präsentationsfolien vom 13.05.2005 (Anlage K6) einen CMS-Spread-Sammler-Swap vor. Im Strategiepapier machte sie u.a. folgende Angaben:
27 
Kundenpositionierung und Markterwartung
28 
- Sie verfügen über bestehende Euro-Finanzierungen bzw. -Anlagen
29 
- Sie möchten die hieraus resultierenden Zinszahlungen optimieren.
30 
- Sie rechnen damit, dass sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz (…) innerhalb der nächsten 5 Jahre nicht deutlich verringern wird, d.h. dass die Zinsstrukturkurve nicht wesentlich flacher wird.
31 
- Diese Markterwartung über die CMS-Differenz ("CMS-Spread") möchten Sie zur Optimierung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung bzw. -anlagen um bis zu 1,10% nutzen.
32 
- Sollte Ihre Markterwartung nicht eintreten und sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres-EUR-Swapsatz und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz verringern, so sind Sie bei einer erheblichen Verringerung bereit, eine Erhöhung Ihrer Zinsbelastung bzw. Reduzierung Ihrer Zinseinnahme in Kauf zu nehmen, wobei die Höhe Ihrer Zinszahlung auf 7% begrenzt ist.
33 
Strategievorschlag:
34 
Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit CMS-Spread-Koppelung
35 
Risiko:
36 
- Bei einem starken Rückgang der Differenz zwischen dem 10-Jahres-EUR-Swapsatz und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz verringert sich zunächst Ihre Verbilligung. Je höher die Anzahl der Tage in einer Periode, an denen die Differenz zwischen EUR CMS10 und EUR CMS2 unterhalb der jeweils gültigen strikes festgestellt wird, desto höher wird der Zinssatz, den Sie für diese Periode an die (Beklagte) zahlen, maximal bis zu 7,00%
37 
- Ihre Zinsvergünstigung wird bei einer Verringerung der Zinsdifferenz zwischen dem EUR CMS10 und EUR CMS2 unter die strikes zunächst aufgezehrt. Liegt der Zinsunterschied an mehr als 13 Bankarbeitstagen pro Periode (unter der Annahme von insgesamt 120 Bankarbeitstagen in der Periode) unter den strikes, so schlägt diese Verbilligungsstrategie ins Gegenteil um und Sie zahlen einen höheren Zinssatz an die (Beklagte), als Sie von der Bank empfangen.
38 
In dem Strategiepapier und der Präsentation wurde zudem der historische Verlauf des Spreads dargestellt sowie ein Histogramm der CMS-Spreads seit 1995. Dabei wurde das Histogramm beispielhaft erläutert, dass an 23 von 2621 Beobachtungstagen die Differenz zwischen dem CMS10-Satz und dem CMS2-Satz zwischen 0,03 und 0,40% lag. Wegen der weiteren Hinweise wird auf die Anlage K6 Bezug genommen.
39 
Die Klägerin entschied sich zum Abschluss des Swap-Vertrages. Die Vertragsbestandteile wurden im schriftlichen Vertrag vom 19./27.05.2005 festgehalten und hatten folgenden wesentlichen Inhalt:
40 
Bezugsbetrag:
5 Mio Euro (wird nicht gezahlt, sondern ist
nur Basis für Zinsberechnung)
Laufzeit:
27.07.2005 - 27.07.2010 (vorbehaltlich
einer Anpassung)
Fälligkeitstermine und
Zinsfeststellungstermine:    
Halbjährlich
Zahlungsverpflichtung
der Beklagten:
3,10% p.a. (fest)
Zahlungsverpflichtung
der Klägerin:
Variabel nach folgender Formel:
        
2,00% + 5,00% p.a. x (2N : D)
Schwelle:
0,82%
        
N = Anzahl der Bankarbeitstage im jeweiligen
Berechnungszeitraum, an dem die Differenz
zwischen dem 10-Jahres-Swap-Satz und dem
2-Jahres-Swap-Satz kleiner 0,82% ist
        
D = Anzahl der Bankarbeitstage
im Berechnungszeitraum.
Zinsfeststellung:
Der Vertragszinssatz wurde für jede Zinsperiode
anhand der zum jeweiligen Feststellungstag
gültigen Zinssätze festgesetzt
Höchstzinssatz
der Klägerin:
7,00%
41 
Nachdem der Vertrag sich für die Klägerin ungünstig entwickelte, vereinbarten die Parteien eine rückwirkende Restrukturierung des Vertrages. Die Beklagte überließ der Klägerin erneut ein Strategiepapier vom 31.10.2005 (Anlage K8) sowie Präsentationsfolien (Anlage K9). Die geänderten Konditionen hielten die Parteien in der Vereinbarung vom 11.11./07.12.2005 (Anlage K10) fest. Geändert wurden insbesondere folgende Werte:
42 
Zahlungsverpflichtung    
der Klägerin:
Variabel nach folgender Formel:
        
2,00% + 6,00% p.a. x (2N : D)
Schwelle:
0,735%
Höchstzinssatz
der Klägerin:
8,00% (zwischen den Parteien ist allerdings
ein Höchstsatz von 7,00% unstreitig)
43 
Auch der CMS-Spread-Sammler-Swap hatte bei Vertragsschluss einen negativen Marktwert in Höhe der von der Beklagten einkalkulierten Kosten und Gewinnmarge.
44 
Zum weiteren Verlauf
45 
Die Klägerin beendete am 16.06.2007 den Ladder-Swap gegen Ausgleichszahlung an die Beklagte in Höhe von 1.015.500 Euro. Am 22.01.2009 (im Laufe des Berufungsverfahrens) beendete sie den CMS-Spread-Sammler-Swap gegen eine vereinbarte Ausgleichszahlung in Höhe von 272.000 Euro. Davon zahlte die Klägerin lediglich 136.000 Euro an die Beklagte. Erstinstanzlich hat die Klägerin die Rückzahlung ihrer Verluste, die Freistellung von zukünftigen Verbindlichkeiten aus dem Vertrag sowie die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt.
2.
46 
Das Landgericht hat der Klage unter Berücksichtigung eines 50prozentigen Mitverschuldens der Klägerin stattgegeben. Zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung zur objektgerechten Beratung erfüllt. Die schriftlichen Risikohinweise seien ausreichend gewesen. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten von sich aus zum Ausdruck bringen müssen, wenn sie weitergehende Informationen für erforderlich gehalten hätten. Die Funktionsweise der Swaps sei anhand der Unterlagen erklärt worden. Die Risiken der Swap-Verträge seien ausreichend dargestellt worden. Der Hinweis auf den "worst case" habe genügt. Die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Falles sei anhand der Unterlagen ausreichend erkennbar gewesen, um der durch Betriebswirte vertretenen Klägerin eine eigenständige Anlageentscheidung zu ermöglichen. Die Beklagte habe der Klägerin nicht ihr Eigeninteresse verschwiegen. Die geschäftserfahrene Klägerin musste davon ausgehen, dass die vorliegenden Rechtsgeschäfte der Gewinnerzielung der Beklagten dienen sollten und dass diese daher eine ihr zufließende Marge bei der Konstruktion des sekundären Finanzproduktes eingepreist habe. Ein Hinweis darauf sowie auf ihre Kalkulation sei deshalb nicht erforderlich gewesen. Daher habe die Beklagte auch nicht auf den anfänglichen negativen Marktwert hinweisen müssen. Kaufleuten sei bekannt, dass, wenn sie einen gegenseitig verpflichtenden Vertrag abschließen, eine sofortige Beendigung des Vertrages zu einem negativen Vertragswert für den führt, der sich von dem Vertrag lösen will.
47 
Die Beklagte habe die Klägerin jedoch nicht anlegergerecht beraten. Die Beklagte habe in ihrem Informationsmaterial vielfach auf die Zinsbelastung der Klägerin Bezug genommen. Das habe für die Mitarbeiter der Klägerin bedeuten müssen, dass die Anlagegeschäfte zumindest in einem mittelbaren Zusammenhang mit den Zinsverpflichtungen der Klägerin aus ihren Kreditverträgen standen. Die Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen darauf hinzuweisen, dass bei den vorliegenden sekundären Finanzprodukten die Chancen und vor allem die Risiken sich nicht in vergleichbaren Dimensionen bewegen müssen, wie der gegenwärtige Zinsaufwand der Klägerin. Die Beklagte habe auch mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass die Klägerin trotz der Hinweise auf den "worst case" nicht mit einer den gegenwärtigen Zinsaufwand übersteigenden Eintrittswahrscheinlichkeit rechnen würde.
48 
Die Klägerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden in Höhe von 50% anrechnen lassen. Sie hätte anhand der Unterlagen erkennen können, dass die Finanzprodukte wegen ihres Risikopotenzials nicht für ihren Unternehmensgegenstand geeignet waren.
3.
49 
Das Urteil wurde der Klägerin am 02.10.2008 und der Beklagten am 06.10.2008 zugestellt. Beide habe dagegen fristgerecht (Montag, 03.11.2008 bzw. 29.10.2008) Berufung eingelegt und diese jeweils innerhalb verlängerter Frist begründet.
50 
Die Beklagte hält ihre Beratung für anlegergerecht und ist der Auffassung, die landgerichtlichen Feststellungen würden den Ausführungen zur objektgerechten Beratung widersprechen. Das Landgericht habe bei seiner Begründung nicht zwischen den beiden Swap-Verträgen differenziert. Bei dem CMS-Spread-Sammler-Swap sei das Verlustrisiko erkennbar und betragsmäßig begrenzt gewesen. Aus der objektgerechten Beratung habe die Klägerin ihr hohes Verlustrisiko auch bei dem Ladder-Swap erkennen können, zumal sie bereits Erfahrungen mit Swap-Verträgen gehabt habe. Eine etwaige Pflichtverletzung sei nicht kausal für den Schaden, weil die Klägerin die Swap-Verträge angesichts der Möglichkeit der Gewinne ohne Einsatz von Kapital auch dann abgeschlossen hätte, wenn sie über die Höhe der potentiellen Risiken aufgeklärt worden wäre. Das Mitverschulden der Klägerin betrage zudem 100%, weil sie das hohe Risiko habe erkennen können. Eine hilfsweise erhobene Widerklage hat die Beklagte später zurückgenommen. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie - auch mit Blick auf die Berufungsangriffe der Klägerin - ihre erstinstanzlichen Ausführungen und verteidigt das Urteil, soweit es Beratungsfehler verneint hat.
51 
Die Klägerin greift das Urteil an, weil sie die Berücksichtigung des Mitverschuldens in Höhe von 50% für nicht sachgerecht hält. Dies begründet sie unter anderem - und hilfsweise zur Stützung des landgerichtlichen Urteils gegen die Angriffe der Berufung der Beklagten - mit einer nicht objektgerechten Aufklärung. Die Preisregelung sei intransparent und verstoße gegen AGB-Recht. Es sei nicht ausreichend über die Höhe der Verlustrisiken aufgeklärt. Die tatsächliche Risikostruktur hätte anhand finanzmathematischer Kennzahlen (Value at Risk, Potential Future Exposure) dargestellt werden können. Bezüglich des CMS-Spread-Sammler-Swaps hätten Informationen gefehlt, wie hoch der durchschnittliche Spread lag. Die Präsentationsunterlagen hätten ein Unterschreiten der vereinbarten Barriere unwahrscheinlicher erscheinen lassen, als es tatsächlich war. Die Beklagte hätte über die Höhe der einstrukturierten Gewinnmarge aufklären müssen, um den Interessenkonflikt offen zu legen. Der Vertrieb der Swap-Verträge zur Zinsoptimierung sei irreführend, weil sie keinen Bezug zu den vermeintlich zu kompensierenden Grundgeschäften aufwiesen. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es einen Beratungsfehler angenommen hat.
52 
Wegen der Einzelheiten des umfangreichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze in beiden Instanzen Bezug genommen.
53 
Nachdem die Klägerin zunächst noch entsprechend der erstinstanzlich gestellten Anträge die Verurteilung der Beklagten beantragt hat, hat sie nach Beendigung des CMS-Spread-Sammler-Swap gegen Ausgleichszahlung ihre Anträge umgestellt.
54 
Die Klägerin beantragt:
55 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 929.679,78 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
56 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die aus dem am 16.03.2005 mit der Referenznummer 1114192 L geschlossenen Zinsswap noch entstehen.
57 
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 571.680,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 313.180,55 Euro ab Rechtshängigkeit bis 29.07.2008 sowie aus 435.680,55 Euro vom 30.07.2008 bis 22.02.2009 sowie aus 571.680,55 Euro seit dem 23.02.2009 zu zahlen.
58 
4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der weiteren Zahlungsverpflichtung von 136.000,00 Euro aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap freizustellen.
59 
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die weiteren, zukünftigen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap noch entstehen.
60 
Die Beklagte beantragt:
61 
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
62 
2. Die Klage wird abgewiesen.
63 
Die Klägerin beantragt:
64 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
65 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2010 einen Mitarbeiter der Beklagten, der für die Konstruktion und Produktentwicklung von Derivaten zuständig ist, als informierten Vertreter der Beklagten angehört. Diesbezüglich wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (GA 510 ff.) verwiesen.
II.
66 
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage, insbesondere die Feststellungsklage, ist zulässig (1.). Die Beklagte hat die Klägerin pflichtwidrig fehlerhaft sowohl im Zusammenhang mit dem Ladder Swap (2.) als auch mit dem CMS Spread Sammler Swap (3.) beraten.
67 
1. Zulässigkeit des Feststellungsantrags
68 
Die Feststellungsklage ist gem. § 256 ZPO zulässig, weil ein rechtliches Feststellungsinteresse besteht. Die Klägerin macht geltend, dass ihr auf Grund der geforderten Schadensersatzleistungen der Beklagten Steuernachteile entstehen können, die nicht durch vorherige Steuervorteile kompensiert werden können.
69 
2. Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Ladder Swap
70 
Die Beklagte schuldet der Klägerin Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Beratung beim Abschluss des Ladder Swaps. Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (a.). Dabei hat die Beklagte ihre Pflicht zur objektgerechten (b.) und anlegergerechten (c.) Beratung verletzt und eine fehlerhafte Empfehlung (d.) abgegeben. Die Pflichtverletzung war schuldhaft (e.) und hat bei der Klägerin kausal (f.) den geltend gemachten Schaden (g.) entstehen lassen. Ein Mitverschulden der Klägerin ist nicht anzurechnen (h.).
71 
a. Beratungsvertrag
72 
Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (std. Rspr. vgl. BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beratungsleistung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt (BGH Urt. v. 04.03.1987, IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117; Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02, zit.n.juris; Siol in Schimansky/Bunte/Lwowski (S/B/L), Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. § 43 Rn. 7).
73 
Das Landgericht hat den Abschluss eines Beratungsvertrages angenommen. Das ist zutreffend, weil die Beklagte als Hausbank der Klägerin an diese herangetreten ist und konkret eine Empfehlung zur "Zinsoptimierung" (Präsentationsfolie Anlage K3, S. 10) im Hinblick auf die steigenden Avalzinsen sowie die Belastung mit Kreditzinsen unterbreitet hat und somit unaufgefordert einen Rat erteilt hat. Diese landgerichtlichen Feststellungen nehmen die Parteien hin.
74 
Aus dem Beratungsvertrag, der gegenüber dem später abgeschlossenen Swap-Vertrag eine selbständige Bedeutung hat, folgt die Pflicht zur vollständigen, verständlichen und richtigen Beratung über das Anlageobjekt (objektgerechte Beratung). Das empfohlene Anlageobjekt muss zudem auf den Kunden zugeschnitten, also anlegergerecht sein (std. Rspr, vgl. nur: BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851; Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang (E/S/C/L), Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 192 ff.). Bewertungen und Empfehlungen müssen hingegen ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, WM 2009, 1647; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851).
75 
b. Objektgerechte Beratung
76 
In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben (std. Rspr, BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126). Diese Pflichten hat die Beklagte verletzt. Sie hat die Klägerin nicht darüber aufgeklärt, dass es sich bei dem Ladder-Swap um ein synthetisches, von ihr konstruiertes Finanzinstrument und Glücksspiel handelt, dessen Chancen und Risiken derart intransparent sind, dass sie nur mittels anerkannter Risikomodelle beurteilt werden können (aa.). Sie hat es unterlassen, die Klägerin auf ein in das Finanzinstrument von ihr einstrukturiertes erhöhtes Verlustrisiko hinzuweisen (bb.). Zudem wurden die Einflüsse der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt in der Zinsformel nicht dargestellt (cc.). Bezüglich aller Aspekte war die Klägerin aufklärungsbedürftig (dd.).
77 
aa. Risikobeurteilung mit Hilfe von Risikomodellen
78 
Bei Zinsswap-Geschäften handelt es sich in der Regel um sehr komplexe, von der emittierenden Bank frei konstruierte Verträge, in denen verschiedene Optionen, Risiken und Chancen einstrukturiert sind (1). Die Chancen und Risiken sind für den Anleger nicht transparent und durchschaubar (2). Die emittierenden Banken verfügen hingegen über geeignete Risikomodelle und Berechnungsmethoden, um das Risiko festzulegen und darzustellen (3). Der Swap-Vertrag stellt sich so als Glücksspiel dar, das die Parteien mit ungleichen Mitteln spielen (4). Dies führt zu einer Pflicht der Bank, den Kunden auf den Charakter des Vertrages und die Notwendigkeit einer professionellen, auf Risikomodellen beruhenden Risikoabschätzung hinzuweisen (5).
79 
(1) Ein Zinsswap-Geschäft ist ein OTC-Geschäft (over the counter), also ein individuell vereinbartes Geschäft zwischen zwei Vertragsparteien, das nicht über die Börse gehandelt wird. Das Bezugskapital (hier: 5 Mio. Euro) wird nicht bezahlt. Die Parteien tauschen lediglich Zins-Zahlungsströme aus, die jeweils zu den vertraglich vereinbarten Fälligkeitsterminen saldiert werden. Bei dieser Konstruktion kann es über die gesamte Laufzeit des Vertrages nur einen Gewinner geben. Das ist die Partei, die bis zum Vertragsende per Saldo weniger gezahlt hat als sie von der Gegenpartei empfangen hat. Dabei kann es vorkommen, dass anfängliche, für den Anleger positive Salden durch spätere höhere negative Salden übertroffen werden. Am Ende der Laufzeit ist der Gewinn der einen Partei immer identisch mit dem Verlust der anderen Partei (wenn man die Zinsvorteile, die aus den unterschiedlichen Zeitpunkten der periodischen Zahlungen entstehen können, vernachlässigt).
80 
Der Zinsswap ist ein synthetisches Finanzinstrument, das von der emittierenden Bank unter Einstrukturierung beliebiger Faktoren frei gestaltet werden kann und wird. Er kann in einer einfachen Form in dem Austausch eines Festzinssatzes gegen einen beliebigen Geld- oder Kapitalmarktzinssatz bestehen, wobei zum Ausgleich der verschiedenen Zinshöhen ein Abschlag (strike) auf einen der beiden Zinssätze vereinbart wird. Hierbei handelt es sich um einen Prozentsatz, der bis auf zwei oder drei Dezimalstellen hinter dem Komma festgelegt wird. Ein Swap kann aber auch einen Austausch eines variablen Zinssatzes (z.B. 6-Monats-EURIBOR) gegen einen anderen variablen Zinssatz (z.B. 10-Jahres-Swapsatz) enthalten. Weiter kann für eine Partei ein variabler Zinssatz gewählt werden, der sich nur mittelbar aus anderen Zinskurven ableitet, beispielsweise aus dem Verhältnis (Abstand) zweier Zinssätze zueinander (Spread) oder aus der Häufigkeit (Quote) der Unterschreitung bestimmter Schwellenwerte einer Zinskurve oder gar eines Spreads multipliziert mit einem Zinssatz. Es können Hebel in die Zinsformel einkalkuliert werden, die bei dem Eintritt bestimmter Ereignisse überproportionale Verluste oder Gewinne generieren. Weiter können die Verlustrisiken für eine oder beide Parteien durch Kündigungsrechte mit und ohne Ausgleichszahlungen, Mindest- oder Höchstzinssätze, durch an Vorperioden anknüpfende sich fortschreibende Zinssätze und zahlreiche weitere Strukturelemente beliebig beeinflusst werden. Häufig werden Zinsswapverträge mit einer anfänglichen Prämie bzw. garantierten positiven Salden für einige Zinsperioden zu Gunsten des Kunden strukturiert, um den Vertrag für ihn attraktiv erscheinen zu lassen. Diese können später durch gegenläufige Elemente kompensiert werden. Zudem ist eine nahezu beliebige Kombination der Elemente möglich. Sie münden in eine mehr oder weniger komplizierte Berechnungsformel für den variablen Zinssatz einer Partei.
81 
(2) Swap-Verträge werden häufig auf der Basis von bestimmten "Zinsmeinungen" angeboten, beispielsweise bezüglich des voraussichtlichen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR oder des wachsenden Abstands (Spread) zwischen einem Geld- und einem Kapitalmarktzinssatz für den bevorstehenden Vertragszeitraum. Die Zinsmeinung mag eine erste Motivation für die Wahl einer bestimmten Konstruktion eines Zinsswaps sein. Als ausschlaggebende oder gar alleinige Entscheidungsgrundlage für den Abschluss eines konkret angebotenen Vertrages ist sie hingegen untauglich, weil sie unzureichend die Auswirkung der einstrukturierten Optionen erfasst und bewertet. Vielleicht mag ein Vertragspartner noch eine "Meinung" über die voraussichtliche Entwicklung der absoluten Höhe eines bestimmten Zinssatzes (z.B. 12-Monats-EURIBOR) in einem überschaubaren Zeitraum haben. Ohne professionelle Hilfsmittel ist jedoch bereits nicht mehr vorstellbar, dass er diese Meinung bezogen auf beispielsweise 20 konkrete Zinsfeststellungstermine über die Dauer von 5 Jahren hat. Hierfür müsste der Vertragspartner u.a. auch die Volatilität des entsprechenden Zinssatzes berücksichtigen, die beispielsweise dazu führen kann, dass der Basiszins an einem Fälligkeitstermin vorübergehend weit überdurchschnittlich hoch ist und für eine Zinsperiode zu einem starken negativen Saldo führt. Je nach dem Stand des Basiszinssatzes zu den einzelnen Fälligkeitsterminen können die Zahlungsströme in unterschiedlicher Höhe positiv oder negativ für den Anleger sein, was den voraussichtlichen Gesamtsaldo, zumal unter Berücksichtigung von Kündigungsoptionen, nicht mehr einschätzbar macht. Noch weniger abschätzbar sind die Chancen eines Zinswaps, wenn die Zinszahlungslast nicht unmittelbar von der Höhe eines Basiszinssatzes abhängt, sondern das Unterschreiten eines definierten Schwellenwertes lediglich ein Ereignis darstellt, das Grundlage für den Faktor bildet, mit dem ein anderer Zinssatz zu multiplizieren ist. Komplexer wird es, wenn dabei nicht auf den Schwellenwert eines Marktzinssatzes (z. B. 3-Monats-EURIBOR), sondern auf den eines Spreads (Differenz zwischen zwei Marktzinssätzen) abgestellt wird. Die Kurve des Spreads (Zinsstrukturkurven) zwischen zwei Geld- oder Kapitalmarktzinssätzen wird nicht durch die absolute Höhe der beiden Zinssätze bestimmt, sondern hängt von den wechselnden Marktbedingungen für lang- und kurzfristige Kredite ab. So kann der Wert des Spreads steigen, obwohl die Kreditzinsen fallen. Um das Risiko eines solchen Vertrages abschätzen zu können, muss der Anleger wissen, auf Grund welcher Faktoren das Verhältnis der beiden Zinssätze, die den Spread bilden, beeinflusst werden kann. Er muss sich, erneut bezogen auf die zahlreichen vertraglichen Zinsfeststellungstermine während der Laufzeit und unter Berücksichtigung der Volatilität der Kurve, hierüber eine Meinung bilden können. Dies ist schlechterdings nicht vorstellbar (so auch OLG Frankfurt, Urt. v. 30.12.2009, 23 U 175/08, S. 17). Aber selbst bei einem verhältnismäßig einfachen Swap, bei dem zum Ausgleich des Unterschieds zwischen einem Festzinssatz und einem 3-Monats-EURIBOR lediglich ein Abschlag vereinbart wird, kommt es auf die präzise Festlegung des Prozentsatzes an. Liegt der vereinbarte Abschlag beispielsweise nur 0,2% über dem durchschnittlichen Abstand beider Zinssätze, entsteht bei einer 5-jährigen Laufzeit und einem Bezugswert von 5 Mio Euro ein Verlust in Höhe von 50.000 Euro. Eine derart präzise Vorhersage kann nicht auf der Basis von Marktkenntnissen und Zinsmeinungen getroffen werden.
82 
Im konkreten Fall des Ladder-Swaps waren insbesondere folgende Elemente (Optionen, Chancen, Risiken) einstrukturiert:
83 
- Der Swap begann mit einem "garantierten" positiven Saldo zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 1,60% p.a. für die Dauer eines Jahres. Nachdem die Beklagte einräumt, bei dem Ladder-Swap einen Gewinn einkalkuliert zu haben, musste dieser Betrag in der Folgezeit durch negative Salden ausgeglichen und um den kalkulierten Gewinn übertroffen werden.
84 
- Der Vertragszinssatz der Klägerin knüpfte ab der 5. Zinsperiode an den Zinssatz des 3-Monats-EURIBOR an. Ab diesem Zeitpunkt übernahmen die Parteien das Kursrisiko.
85 
- Ebenfalls ab der 5. Zinsperiode wurde der Vertragszinssatz der Klägerin auf der Basis des 3-Monats-EURIBOR um den jeweiligen Zinssatz der Vorperiode erhöht. Diese Regelung hat den so genannten Ladder-Effekt zur Folge, nämlich dass sich der Vertragszinssatz von dem Basiszinssatz teilweise lösen kann, sich überproportional verändert und verlangsamt auf Kursschwankungen reagiert.
86 
- Der aus der Summe von 3-Monats-EURIBOR und Vorperiodenzins errechnete Zinssatz wurde - gegenläufig - um einen Abschlag (strike) in Höhe von 2,80 Prozentpunkten reduziert.
87 
- Die Höhe des Abschlages stieg jährlich im Rhythmus um 0,5 Prozentpunkte auf zuletzt 4,30%. Die steigende Höhe des Abschlages begünstigte tendenziell die Klägerin, weil sie zu einer Reduzierung des Vertragszinssatzes beitrug und etwaige Steigerungen des 3-Monats-EURIBOR kompensierte. Allerdings ist der Jahresrhythmus der Steigerung relativ lang.
88 
- Der Swap sah eine vierteljährliche Zinsfeststellung an 20 Terminen vor, wobei die ersten 4 Termine durch die beidseitigen Festzinszahlungen statisch waren. Die Häufigkeit der Zinsfeststellung konnte in Verbindung mit dem Ladder-Effekt einen Einfluss auf die Entwicklung des Vertragszinses haben. Die Häufigkeit unterscheidet sich von der Häufigkeit, mit der der Abschlag (s.o.) erhöht wurde.
89 
- Der von der Klägerin zu zahlende Vertragszinssatz konnte nicht kleiner als 0% werden. Dadurch war die Veränderung des 3-Monats-EURIBOR zum Nachteil der Beklagten (Sinken des Zinssatzes) gedeckelt, während die Veränderung zum Vorteil der Beklagten (Steigen des Zinssatzes) nach oben unbegrenzt war.
90 
- Die Beklagte hatte ein Kündigungsrecht ohne Ausgleichszahlung jeweils zu zwei halbjährlichen Terminen. Dies ermöglichte ihr, einen ungünstig verlaufenden Vertrag und damit weitere Verluste zu begrenzen. Ebenfalls konnte sie sich dadurch vorzeitig etwaig erzielte Gewinne sichern und der Klägerin die Möglichkeit der Kompensation von Verlusten in späteren Zinsperioden nehmen.
91 
- Nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien bestand ein beidseitiges Kündigungsrecht mit Ausgleichszahlung ab dem 18. Juni 2008, dass jährlich ausgeübt werden konnte. Zwar lässt sich nach der Auffassung des Senats der Vertrag auch so auslegen, dass lediglich die Beklagte ein Kündigungsrecht durch Ausgleichszahlung hatte. Hierauf kommt es aber nicht an. Durch das Kündigungsrecht hatten beide Parteien zusätzlich die Möglichkeit, den Vertrag zum dann jeweils bestehenden Marktpreis abzulösen, wodurch erneut die Möglichkeit bestand, vorzeitig Gewinne mitzunehmen oder Verluste zu begrenzen. Die zeitlich eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten führten bei den Parteien zum sog. Stillhalterrisiko.
92 
Durch die verschiedenen frei einstrukturierbaren Elemente sowie die von der Bank erfolgten Festlegungen für Schwellenwert oder Höhe und Steigerung von Abschlägen entstand für den Zinsswap eine Risikostruktur, die mit einfachen Hilfsmitteln wie historischen Daten und einer auf Kenntnis der volkswirtschaftlichen Faktoren und Zusammenhänge beruhenden Abschätzung der zukünftigen Entwicklungen, schon gar über die mehrjährige Laufzeit des gesamten Swap-Vertrages, nicht mehr erfassbar war. Das Risiko des Ladder-Swaps konnte daher nur noch anhand von komplexen Berechnungsverfahren und Bewertungsmethoden ermittelt werden.
93 
(3) Die emittierende Bank verfügt über finanzmathematisch ausgebildetes Personal und hoch entwickelte Risikomodelle und Bewertungsmethoden. Sie ist zu deren Anwendung sowohl zum Zwecke des Risikomanagements (§ 25a KWG, vgl. Braun in Boos/Fischer/Schulte-Mattler (B/F/S), KWG, 3. Aufl., § 25a KWG, Rn. 53ff, 74ff.) als auch bilanzrechtlich verpflichtet (vgl. § 285 Nr. 18, 19 HGB a.F., § 255 Abs. 4 HGB n.F., § 340e Abs. 3 HGB, § 13 KWG, §§ 17, 21 Nr. 1, 312ff. SolvV). Für interne Risikomodelle der Banken legt § 316 SolvV fest, welche Risikofaktoren mindestens berücksichtigt werden müssen, um die Genehmigung der BAFIN zu erhalten. Auch wenn diese Vorschrift zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht in Kraft war, veranschaulicht sie die im Zusammenhang mit einem Swap-Vertrag zu beachtenden Risiken. § 316 Abs. 3 SolvV regelt beispielsweise ausdrücklich die Erfassung von Zinsstrukturrisiken, wie sie bei der Einarbeitung eines Spreads in die Zinsformel eines Swaps bestehen, und schreibt die Bildung von mindestens sechs Zinsrisikozonen vor, um so der Volatilität Rechnung zu tragen (vgl. B/F/S-Gaumert, a.a.O. § 316 SolvV Rn. 10).
94 
Der informierte Vertreter der Beklagten, ein Diplommathematiker, bestätigte bei seiner Anhörung vor dem Senat im Wesentlichen die Ausführungen der Klägerin zur Konstruktion der Swaps. Er erläuterte, dass ausgehend von einer Marktidee oder Impulsen aus anderen Bankabteilungen oder von Händlern die Produkte entwickelt werden. Dabei könne es von Vorteil sein, einen Swap so zu konstruieren, dass man dem Kunden Zinsgrenzen demonstrieren könne oder eine anfängliche Verbilligung, was für den Kunden attraktiv sei. Zur Kalkulation des Swaps verwendet die Beklagte ein Standardmodell, nämlich das von Heath-Jarrow-Morton. Bei dem Wahrscheinlichkeitsmodell werden insbesondere die aktuelle Zinsstrukturkurve, Volatilitätswerte und Korrelationen berücksichtigt. Mit diesem Modell kann zu jedem Zeitpunkt der Marktpreis des Vertrages errechnet werden. Der informierte Vertreter der Beklagten bestätigte den Klägervortrag, dass der Marktpreis der saldierte Wert der beiden vertraglichen Zahlungsströme sei, die mithilfe des Standardmodells berechnet worden seien. Seien die Chancen beider Seiten gleich, betrage der Marktpreis 0 Euro (fairer Marktpreis). Da die Bank aber mit dem Vertrag einen Gewinn erzielen wolle, würden die Elemente des Swaps so verändert werden, dass nach den Wahrscheinlichkeitsmodellen der Zahlungsstrom des Kunden um den kalkulierten Gewinn der Bank höher sei. Dies führe zu einem negativen Marktwert. Der Justiziar der Beklagten erklärte, dass eine Gewinnmarge von 3 % bis 5 % vom Basiswert üblicherweise einkalkuliert werde.
95 
Die Fähigkeit der präzisen Konstruktion und Steuerung der Swap-Verträge erschließt sich auch aus einem Vergleich der im Strategiepapier vom 3. Februar 2005 angebotenen Bedingungen mit denen im schriftlichen Vertrag vom 18./23.03.2005. Ursprünglich hatte die Beklagte einen eigenen Festzinssatz von 3,50% angeboten und bezüglich der Zahlungsverpflichtung der Klägerin einen Abschlag in Höhe von anfänglich 2,85%. Vereinbart wurden schließlich ein um 0,10 Prozentpunkte höherer Festzinssatz der Beklagten von 3,60% und ein um 0,05 Prozentpunkte niedrigerer Abschlag von anfänglichen 2,80 %.
96 
Die auf der Grundlage von Risikomodellen beruhende Konstruktion, seine Chancenverteilung und seine Marktbewertung sind für den Swap-Vertrag daher charakteristisch und prägend.
97 
(4) Im Kern ist der angebotene Ladder-Swap eine Art Glücksspiel (so auch OLG Frankfurt, Urt. v. 30.12.2009, 23 U 175/08, S. 17). Er ist dadurch geprägt, dass beide Seiten ein Risiko übernehmen und das Pflichtenprogramm bzw. die Zahlungen der Parteien vom Zufall oder der subjektiven Ungewissheit der Parteien über bestimmte Ereignisse abhängen (vgl. zur Definition des Glückspiels: Münchener Kommentar-Habersack, BGB, 5. Aufl., § 762, Rn. 4). Die Frage, ob ein Glückspiel i.S.v. § 762 BGB nur dann vorliegt, wenn kein ernsthafter sittlicher oder wirtschaftlicher Zweck dahinter steht (vgl. BGH Urt. v. 29.09.1977, III ZR 164/75, NJW 1977, 2357f.), kann hier dahingestellt bleiben, da es nicht um die Verbindlichkeit der vertraglichen Zahlungsverpflichtungen geht, sondern um die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten im Vorfeld.
98 
Bei einem Glücksspiel hängen typischerweise Gewinn und Verlust von entgegengesetzten Bedingungen ab (Staudinger-Engel (2008), § 762 BGB Rn. 3). Im vorliegenden Fall sind diese Bedingungen auf Grund der Optionsstruktur mit Ladder-Effekt, steigendem Abschlag, Mindestzinssatz, Volatilität und Kündigungsrechten, die zu vorzeitigen Ausstiegsszenarien führen können, ausgesprochen komplex. Im Wesentlichen ging es jedoch darum, welche Werte der 3-Monats-EURIBOR an den 16 Feststellungstagen haben würde, die für die Berechnung des Vertragszinssatzes der Klägerin von Bedeutung waren. Dabei spielte die Bank gegen den Kunden, denn sie wollte, wie sie einräumt, einen Gewinn erzielen, der zwangsläufig den Verlust des Gegners ausmacht.
99 
Allerdings wird dieses Spiel mit ungleich verteilten Mitteln gespielt. Die Bank hat das Spiel (den Swap) entworfen und die Spielregeln (z.B. Zinsformel, Optionsstruktur, Kündigungsrechte) selbst festgelegt. Dabei kann sie die Gewinnwahrscheinlichkeiten mit ihren anerkannten auf Wahrscheinlichkeitsmodellen beruhenden Bewertungsmethoden präzise berechnen. Der Kunde als Gegenspieler muss hingegen das Spiel ohne Bewertungsmodelle antreten und kennt die Gewinnwahrscheinlichkeiten nicht. Er gewinnt das Spiel, wenn seine "Zinsmeinung" z.B. von einem "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR besser ist als das von der Bank verwendete Wahrscheinlichkeitsmodell. Es ist ein Spiel "Zinsmeinung des Kunden gegen EDV-gestützte Wahrscheinlichkeitsberechnung der Bank".
100 
(5) An diesem Risikomodell-geprägten Glücksspiel-Charakter des Swap-Vertrages haben sich die Aufklärungspflichten der beklagten Bank zu orientieren. Es liegt eine deutliche Informationsasymmetrie vor, die zu einer Angewiesenheit des Anlegers auf die Bank führt (Clouth in E/S/C/L, a.a.O., Rn. 962). Dieses für die Bank offenkundige Informationsdefizit muss sie durch die Vermittlung aller Informationen ausgleichen, um den Anleger in die Lage zu versetzen, eine informierte Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen (Clouth, a.a.O., Rn. 970). Dies erwartet der Anleger auch, der seiner beratenden Bank erkennbar ein großes Vertrauen entgegenbringt.
101 
Wenn die Bank ihre Aufklärungspflicht über ein Swap-Vertrag erfüllen will, muss sie daher den Anleger darauf hinweisen, dass sie das angebotene synthetische Finanzinstrument unter Einstrukturierung verschiedener Elemente und unter der Verwendung von Risikomodellen modelliert hat und dass dementsprechend auch die mit dem Produkt verbundenen, für den Anleger nicht transparenten Risiken ausschließlich anhand von professionellen Risikomodellen abschätzbar sind. Insbesondere muss sie einen möglichen, sich aufdrängenden Irrtum des Anlegers verhindern, er könne allein auf Grund der Kenntnis von allgemeinen volkswirtschaftlichen Daten, der Konjunkturlage und seiner Meinung von der Entwicklung des Kapitalmarkts sich ein zuverlässiges Bild über das mit dem Swapvertrag verbundene Risiko machen. Vielmehr muss der Anleger auf Grund der Beratung erkennen, dass der Swap-Vertrag ein Glücksspiel ist, das nach den Regeln der Risikomodelle gespielt und bewertet wird. Ihm muss klar sein, dass er mit seiner unscharfen "Zinsmeinung" bezüglich der allgemeinen Marktentwicklung gegen die auf Risikomodelle gestützte Erwartung der Bank antritt und dass ein solches Verhalten - wie hier eines GmbH-Geschäftführers - vor dem Hintergrund des hochspekulativen Glücksspiel-Charakters der Zinsswap-Verträge und des theoretisch unbegrenzten Verlustrisikos wohl kaum mit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar ist, vgl. § 43 Abs. 1 GmbHG.
102 
Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt. Sie hat mit ihrem Strategiepapier und den Präsentationsfolien den grob vereinfachenden und irreführenden Eindruck erweckt, zur Beurteilung der Erfolgsaussichten des Ladder-Swaps komme es allein auf die Markterwartung von einem "nicht steilen" Anstieg des 3-Monats-EURIBOR an. Präzise Angaben über die Erfolgsfaktoren, die der Präzision ihrer Bewertungsmodelle entsprechen, hat sie nicht gemacht. Es wird noch nicht einmal klar, ab welchem Maß der Anstieg als steil oder nicht steil anzusehen ist. Den Umstand, dass sich die Risiken eines nach Risikomodellen konstruierten Swaps nur mit eben solchen Modellen seriös abschätzen lassen, hat sie verschwiegen. Der Glücksspiel-Charakter des Geschäfts wurde durch die nur scheinbar bestehende, aber von der Beklagten missverständlich in den Vordergrund gestellte Grundgeschäftsbezogenheit ("Optimierung" der Zinszahlungen auf Geschäftskredite) verschleiert.
103 
Diese Aufklärungspflicht gilt unabhängig von der Frage, ob die Gewinn-Chancen fair verteilt waren oder der Vertrag einen negativen Marktwert hatte. Denn bereits bei der Aufklärung über den Risikomodell-geprägten Charakter des Vertrages wird einem Anleger bewusst, dass er mit Blick auf die Optionsstruktur des Vertrages eine Reihe von Zinsmeinungen bezüglich der einzelnen Zinstermine und ihre Korrelation zu anderen Optionen und Strukturelementen entwickeln und Alternativszenarien bedenken und auch berechnen muss. Ihm wären dann auch der Glückspielcharakter und die Ungeeignetheit seiner Zinsmeinung als Beurteilungsgrundlage klar geworden.
104 
bb. Einstrukturierte Verlustrisiken (negativer Marktwert)
105 
Die Beklagte hat zudem fehlerhaft nicht über die Strukturierung des Vertrages zum Nachteil ihres Kunden aufgeklärt. Wenn eine Bank einen Ladder-Swap zur "Zinsoptimierung" anbietet, weckt sie beim Kunden die berechtigte Erwartung, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit des Vertrages höher ist als die Wahrscheinlichkeit des Misserfolges. Bestenfalls wird er ein ausgewogenes Chancen-Risikoverhältnis erwarten, das einem Marktwert von 0 Euro entspricht. Wenn die Bank den Vertrag jedoch wegen der eigenen Gewinnerzielungsabsicht so strukturiert, dass die Verlustwahrscheinlichkeit des Kunden höher ist als die Gewinnwahrscheinlichkeit, dann ist diese Risikostruktur wegen des Risikomodell-geprägten Charakters des Vertrages und des Widerspruchs zu der bewusst beim Kunden erzeugten Erwartung aufklärungspflichtig.
106 
Daran ändert nichts, dass die Beklagte wie alle Banken Gewinne erzielen möchte und der Geschäftsverkehr auch nichts anderes erwartet. In erster Linie darf der Geschäftsverkehr von seinem Berater erwarten, dass er seine Pflicht zur vollständigen und richtigen Aufklärung über sämtliche wesentlichen Eigenschaften des Anlageobjekts erfüllt. Hierzu gehört sicher die Information, dass der Markt auf der Grundlage von Risikomodellen dem Vertrag überwiegende Verlustrisiken beimisst und ihm daher einen objektiv feststellbaren negativen Marktwert beimisst (a.A. OLG Celle, Urt. v. 30.09.2009, 3 U 45/09, OLG Frankfurt, Urt. v. 29.07.2009, 23 U 76/08, OLG Düsseldorf Urt. v. 29.06.2009, 9 U 187/08).
107 
Irrtümlich ist das Landgericht in diesem Zusammenhang und unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LG Wuppertal (Urt. v. 16.07.2008, 3 O 33/08 zit.n.juris) davon ausgegangen, der negative Marktwert ergebe sich daraus, dass man aus längerfristigen verpflichtenden Verträgen nicht ohne weiteres aussteigen könne. In diesem Sinne haben anscheinend auch das OLG Celle und das OLG Frankfurt (jeweils a.a.O.) den negativen Marktwert verstanden. Sie haben in ihm eine Art Vorfälligkeitsentschädigung gesehen. Das OLG Celle ist zudem davon ausgegangen, dass andere Marktteilnehmer den Wert bestimmen. Das OLG Frankfurt hat lediglich vermutet, dass der Bank auch der negative Marktwert bei Vertragsschluss bekannt gewesen sei. Diesen Irrtum hat die Beklagte wiederholt genährt, indem sie sich auch in diesem Verfahren - wider besseres Wissen - ausdrücklich auf die Entscheidung des LG Wuppertal berief. Demgegenüber haben die Beklagte selbst, bzw. ihr informierter Vertreter, bei der Anhörung vor dem Senat angegeben, dass der Marktwert allein anhand der Bewertungsmethoden (hier Heath-Jarrow-Morton) ermittelt wird und den wahrscheinlichen Wert der auszutauschenden Zahlungsströme wiederspiegelt. Es handelt sich um eine objektiv ermittelbare Größe, die bereits zum Abschluss des Vertrages feststeht. Sie ermöglicht die jederzeitige Ablösung des Vertrages nach objektiven Kriterien, was nach den Angaben der Beklagten auch Usance sei, unabhängig von den vertraglich vereinbarten Kündigungsrechten.
108 
Es geht beim negativen Marktwert nicht um eine einstrukturierte Gewinnmarge, die die Bank nicht offen legen möchte. Der negative Marktwert ist eine objektive Größe, die in der realen Geschäftswelt eine wesentliche Bedeutung für das Risikomanagement und für das Rechnungswesen darstellt. Der objektiv ermittelbare und der Bank von Anfang an bekannte negative Marktwert hat bereits bei Vertragsschluss für den bilanzpflichtigen Kunden eine Bedeutung. Er stellt nämlich den gem. § 255 Abs. 4 HGB n.F. (früher § 285 Nr. 18, 19 HGB) zu berücksichtigenden beizulegenden Zeitwert dar. Ein schützenswertes betriebliches Geheimnis der Beklagten über die Höhe ihrer Gewinnmarge ist damit überhaupt nicht verbunden. Im Übrigen ist aus dem Marktwert nicht die volle Gewinnmarge ablesbar, weil die Beklagte zusätzlich Kosten der Verwaltung und Risikoabsicherung einkalkuliert hat.
109 
Der negative Marktwert ist, weil er auf den Risikomodellen beruht, ein Indikator für die "unfaire" Verteilung der Chancen und Risiken zu Lasten der Partei, die die höheren Verlustwahrscheinlichkeiten übernimmt. Ein "fairer" Swap hat den Marktwert von 0 Euro. Einen solchen würde die Bank aber nicht anbieten, da sie mit ihren Geschäften Geld verdienen möchte.
110 
Die aus dem Beratungsvertrag resultierende Pflicht zur objektgerechten und anlegergerechten Beratung wird nicht dadurch ausgehebelt, dass die Bank ein eigenes Produkt anstelle des Finanzinstruments eines Dritten anbietet. Bei dem Produkt eines Dritten würde man selbstverständlich erwarten, dass die Bank über die negativen Erfolgsaussichten aufklärt. Die Bank ist und bleibt auf Grund ihrer vertraglichen Verpflichtung zunächst einmal Beraterin. Als solche war sie gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F. verpflichtet, ihre Beratungsleistungen mit Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse ihrer Kunden zu erbringen. Gem. § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. war sie zur Vermeidung von Interessenkonflikten verpflichtet. Diese gesetzlichen und selbstverständlichen vertraglichen Verpflichtungen wurden nicht stillschweigend abbedungen. Das trägt die Beklagte auch nicht vor.
111 
Die Beratereigenschaft der Banken ist mit einem großen Vertrauen verbunden, das diese nicht als Einfallstor für eigennützige Geschäfte missbrauchen dürfen, um sich anschließend mit dem Hinweis auf die Erkennbarkeit oder Offensichtlichkeit ihrer Eigeninteressen der gesetzlichen Sorgfalts- und Interessenwahrungspflichten zu entledigen. Im Gegenteil sind Interessenkonflikte zu vermeiden und unvermeidbare Interessenkonflikte unter Wahrung der Kundeninteressen aufzulösen (Koller in: Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., § 31 Rn. 32).
112 
Der Interessenkonflikt, der durch die Ausführung von Eigengeschäften mit dem beratenen Kunden entsteht, lässt sich am einfachsten durch Unterlassen der Durchführung des Geschäfts vermeiden (Koller, a.a.O., Rn. 41). Wenn die Bank das Unterlassen für unzumutbar hält, ist sie in einem besonderen Maße an die Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten gebunden und hat sämtliche zweckdienlichen Informationen zu erteilen, die den dadurch in die Gefahr eines Nachteils geratenen Kunden in die Lage versetzt, das Eigeninteresse der Bank abzuschätzen. In keinem Fall darf die Empfehlung den Interessen des Kunden widersprechen (Koller, a.a.O., Rn. 77). Die Bank ist mindestens im gleichen Maße zur Mitteilung von Tatsachen und Abgabe von Empfehlungen verpflichtet, wie bei der Empfehlung eines Geschäfts mit einem Dritten.
113 
Gerät die Beklagte durch ein angebotenes Eigengeschäft in einen unausweichlichen Interessenskonflikt, weil wie beim Swap-Vertrag der Gewinn der einen Seite der Verlust der anderen Seite ist, muss sie sich entscheiden. Sie darf nicht im Gewande der vertrauenerweckenden Beraterin dem Anleger eine ihn mit Wahrscheinlichkeit benachteiligende Empfehlung abgeben, wie es der negative Marktwert indiziert, und dabei wesentliche Informationen verschweigen.
114 
Im Übrigen hält der Senat die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.11.2005 (XI ZR 76/05), die bezüglich Terminsoptionsgeschäften ergangen ist, für auf Fälle der vorliegenden Art übertragbar. Auch hier kann der Kunde nicht erkennen, dass sein Berater, der zugleich sein zukünftiger Vertragspartner ist, in den Vertrag eine eigene Gewinnmarge einkalkuliert hat, die den Vertrag dadurch - nach Einschätzung des auf Risikomodelle abstellenden Marktes - in einen "unfairen" Vertrag umwandelt. Andere Marktteilnehmer würde diesen Vertrag nur gegen Erhalt einer Prämie in Höhe des negativen Marktwertes übernehmen.
115 
cc. Volatilität des 3-Monats-EURIBOR und Ladder-Effekt
116 
Die Beklagte hat nicht über das Risiko der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt aufgeklärt.
117 
(1) Ein Berater hat seinen Kunden vollständig, richtig und unmissverständlich auf die wesentlichen Risiken einer Kapitalanlage hinzuweisen. Hierzu gehört auch das Risiko der Volatilität des Marktes. Diese Pflichten ergeben sich bereits unmittelbar aus dem nach Treu und Glauben auszulegenden Beratungsvertrag. Zur Konkretisierung bzw. als Mindeststandard werden bei Wertpapierdienstleistungen bzw. Wertpapiernebendienstleistungen im Bereich des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) die hierzu ergangenen Richtlinien des früheren BAWe (insbesondere die sog. Wohlverhaltensrichtlinien vom 26.05.1997 und 23.08.2001) bzw. jetzt die Verhaltens- und Organisationsverordnung des Bundesministeriums der Finanzen (WpDVerOV vom 20.07.2007) herangezogen (vgl. nur E/S/C/L-Braun/Lang/Loy Rn. 205 m.w.N., bezüglich der Festlegung als Mindeststandards: OLG Frankfurt, Urt. v. 17.06.2009, 23 U 34/08; noch offen gelassen BGH Urt. v. 08.05.2001, XI ZR 192/00, zit.n.juris).
118 
(2) Ein besonderes Risiko lag in dem Ladder-Effekt in Verbindung mit der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR. Dieses Risiko veranschaulicht bereits die grafische Darstellung des tatsächlichen Verlaufes der Zahlungspflichten der Parteien auf der Grundlage der im Internet verfügbaren Daten des 3-Monats-EURIBOR ( www.euribor.org ).
119 
Die Gerade in der Grafik stellt den Zinssatz der Zahlungsverpflichtungen der Bank dar (immer konstant 3,6%). Die zackig ansteigende Kurve zeigt den Zinssatz der Zahlungsverpflichtungen der Klägerin. Die dritte Kurve bildet den Verlauf des 3-Monats-EURIBOR ab. Solange die Kurve der Klägerin unterhalb derjenigen der Bank lag, hatte die Klägerin einen Gewinn. Die Zahlungskurve der Klägerin veranschaulicht eindrucksvoll die Auswirkung des Ladder-Effektes (stufenförmiger Verlauf). Dieser führte zu einer gewissen Entkoppelung des Vertragszinses von dem 3-Monats-EURIBOR und ließ die Zahlungskurve stärker steigen als den Basiszinssatz. Der Vertragszinssatz stieg sogar durch den Ladder-Effekt noch weiter, obwohl der Basiszinssatz sank, und folgte diesem erst nach einem steilen Abfall mit Verzögerung. In dem obigen Beispiel - die Grafik dient ausschließlich der realitätsnahen Veranschaulichung und ist nicht Teil der gerichtlichen Feststellungen – ist der 3-Monats-EURIBOR über die dargestellte Vertragslaufzeit sogar leicht von 2,136% auf 1,811% gesunken.
120 
(3) Die Beklagte hat nicht auf das mit dem Ladder-Effekt verbundene Risiko hingewiesen. Insbesondere geht dies nicht aus ihrem Strategiepapier oder ihren Präsentationsunterlagen hervor. Im Gegenteil hat sie - irreführend - als Entscheidungsgrundlage und Erfolgskriterium für den Vertrag einzig auf einen "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR abgestellt. Hierbei hat sie es nicht nur unterlassen klarzustellen, was unter diesem Begriff vor dem Hintergrund der Volatilität der Kurve zu verstehen ist. Das Kriterium des nicht steilen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR war bereits für sich genommen als Entscheidungsgrundlage ungeeignet.
121 
(a) Die Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, die Klägerin darüber aufzuklären, was unter einem "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR als Erfolgskriterium für den Vertrag zu verstehen ist. Bei dem komplex strukturierten Vertrag konnte bereits ein Zehntel Prozentpunkt bei der Festlegung des Festzinssatzes der Beklagten oder der Höhe des Abschlags über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Demgegenüber können die Vorstellungen, was unter einem steilen Anstieg zu verstehen ist, um Prozentpunkte auseinanderliegen.
122 
In der Mathematik kann die Steigung oder Steilheit einer Kurve für jede beliebige Teilstrecke und gar für jeden beliebigen Punkt der Kurve errechnet werden. Nur bei einer Geraden ist die Steigung an allen Punkten identisch. Bei einer volatil verlaufenden Kurve variiert hingegen die Steigung und nimmt während des Verlaufs unterschiedliche Werte an. Sie kann flach oder stark ansteigen, über eine längere oder kürzere Strecke diese Steigung beibehalten oder verändern und auch wieder im gleichen Maße fallen. Schließlich lässt sich die Steigung zwischen Anfangs- und Endpunkt errechnen. Diese ist in der Regel nicht identisch einer Maximalsteigung auf einer Teilstrecke.
123 
Die Beklagte hat mit der Formulierung
124 
"Sie rechnen in den nächsten Jahren nicht mit einem steilen Anstieg des 3-Monats-EURIBOR"
125 
den Eindruck erweckt, es komme auf die durchschnittliche Steigung des 3-Monats-EURIBOR zwischen Anfangstermin und Endtermin oder jedenfalls mehrjährig auseinanderliegenden Terminen an. Dies folgt aus der Formulierung "in den nächsten Jahren". Diesen Eindruck hat sie dadurch verstärkt, dass sie in ihren Beispielsszenarien ausschließlich lineare Verläufe des 3-Monats-EURIBOR modelliert hat.
126 
Bei dieser Betrachtung hätte die Beklagte die Aussage treffen können, dass (auf der Grundlage der in der Präsentationsfolie enthaltenen Vertragsdaten) der Basiszinssatz vierteljährlich nicht um mehr als ca. 0,146 Prozentpunkte (bzw. insgesamt 2,774 Prozentpunkten) steigen darf, um noch in der Gewinnzone zu bleiben. Dies ergibt sich aus einer Berechnung der Zinsformel mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms, wie es auch die Beklagte verwendet hat. Die Beklagte hätte weiter darstellen können, dass ein um ein Hundertstel Prozentpunkt höherer Anstieg von 0,156 Prozentpunkten pro Vierteljahr (= insgesamt 2,964 Prozentpunkte) bereits einen Verlust von über 300.000 Euro generieren würde. Warum ein Anstieg von vierteljährlich 0,1 4 6 Prozentpunkten bzw. insgesamt 2,774 Prozentpunkten innerhalb von 5 Jahren nicht steil sein soll und ein vierteljährlicher Anstieg von 0,1 5 6 Prozentpunkten bzw. insgesamt 2,964 Prozentpunkten steil, erschließt sich nicht. Das Kriterium der Steilheit ist in der von der Beklagten verwendeten Unschärfe absolut untauglich.
127 
(b) Unklar bleibt zusätzlich, wie sich zwischenzeitliche steile Anstiege auf den Erfolg des Vertrages auswirken. Bereits die oben dargestellte Grafik des Verlaufs des Vertrages enthält, bezogen auf die Werte des Anfangstermins (März 2005) und Endtermins (März 2009), ein (geringes?) Gefälle des 3-Monats-EURIBOR von 2,136% auf 1,811% und hat dennoch einen Verlust generiert. Die Volatilität des 3-Monats-EURIBOR bringt es mit sich, dass sich der Zinssatz kurzfristig verändern kann und zu unterschiedlichen Zeitpunkten einen steilen Anstieg aufweisen kann. Dies veranschaulichen zwei Beispielsgrafiken in Abwandlung des Beispielsszenarios 2 der Beklagten in der Präsentationsfolie (Anlage K3).
128 
Simuliert man anstelle eines linearen Anstiegs um halbjährlich 0,25 Prozentpunkte auf zuletzt 4,390% einen früheren (steilen?) Anstieg des 3-Monats-EURIBOR auf 4,390% mit einem anschließenden (flachen) Absinken auf den Ausgangswert 2,140% zurück, erreicht der 3-Monats-EURIBOR einen gegenüber dem Beispiel der Bank niedrigeren Durchschnittssatz von 3,246% und über die gesamte Laufzeit keine Steigung . Anhand der grafischen Darstellung erkennt man dennoch einen stark negativen Verlauf der Zinszahlungspflicht der Klägerin:
129 
Bei dieser Konstellation hätte die Klägerin einen Verlust in Höhe von 991.631,13 Euro erlitten (Differenz zum Beispielsszenario 2 der Beklagten: 1.947.531,13 Euro). Dieses Phänomen liegt an dem Ladder-Effekt der an dem Vorperiodenzinssatz anknüpft und nicht durch den einkalkulierten Abschlag kompensiert wird. In diesem Beispiel löste die Wende der Zahlungskurve im März 2008 erst die weitere Erhöhung des Abschlags auf 3,80% aus.
130 
Dennoch lässt sich nicht aus dem Beispiel folgern, dass jeder steile Anstieg des 3-Monats-EURIBOR während der Laufzeit zu einem Verlust der Klägerin geführt hätte. Simuliert man nämlich einen zunächst flachen und erst später steilen Anstieg, ergibt sich folgendes Bild über die wechselseitigen Zahlungsverpflichtungen:
131 
Bei diesem Beispiel hatte der Basiszinssatz während der Laufzeit einen starken Anstieg um 6,490 Prozentpunkte und - im Vergleich zum Beispielszenario der Beklagten - höheren Durchschnittszinssatz von 3,423%. Dennoch hätte die Klägerin bei diesem Szenario trotz des insgesamt und punktuell steilen Anstiegs einen Gewinn von 964.975,00 Euro erzielen können. Die Grafik veranschaulicht zudem die ungleiche Verteilung des Risikos des Ladder-Effekts durch die Begrenzung des Vertragszinssatzes der Klägerin nach unten auf 0%. Dadurch konnte sich der Vertragszins nicht im gleichen Maße für die Klägerin günstig entwickeln, wie er sich bei einem gegenteiligen Szenario ungünstig hätte entwickeln können.
132 
Aus dem Vorstehenden folgt, dass angesichts des volatilen 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt das Kriterium des "nicht steilen Anstiegs" ungeeignet für die Abschätzung der Erfolgsaussichten war. Dabei entlastet es die Beklagte nicht, dass die Klägerin selbst unter Zuhilfenahme eines Tabellenkalkulationsprogramms diese Szenarien hätte simulieren können. Die Beklagte war als Beraterin verpflichtet, der Klägerin zutreffende und vollständige Informationen zu erteilen und musste damit rechnen, dass sich der Kunde darauf verlässt.
133 
dd. Aufklärungsbedürftigkeit der Klägerin
134 
Die Klägerin war bezüglich sämtlicher Punkte aufklärungsbedürftig.
135 
(1) Zwar mag die Klägerin als mittelständisches Unternehmen eine Größe haben, die zu einer Einstufung als professionelle Kundin i.S.v. § 31a Abs. 2 S. 2 Nr. 2 WpHG n.F. führen würde. Dieses von der Beklagten vorgetragene Argument vermag eine Abweisung der Klage nicht zu begründen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses galt § 31a WpHG noch nicht. Zudem schreibt § 31a Abs. 6 S. 2 WpHG vor, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden am Beginn der Geschäftsbeziehung darauf hinweisen muss, dass sie ihn als professionellen Kunden behandelt und er die Möglichkeit hat, eine Einstufung als Privatkunde zu vereinbaren. Diese Pflicht soll eine ansonsten bestehende Unklarheit über die vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen anzuwendenden Verhaltenspflichten vermeiden (Clouth-Seyfried in E/S/C/L, a.a.O, Rn. 74). Die Einstufung in Kundenkategorien ist im Zusammenhang mit der parallel zur Vorschrift erlassenen WPDVerOV (s.o. II.2.b.cc (1)) zu sehen. Sie befreit das Wertpapierdienstleistungsunternehmen aber nicht vollständig von seinen Aufklärungspflichten. So ist zwar § 4 WPDVerOV von seinem aufsichtsrechtlich verpflichtenden Anwendungsbereich auf Privatkunden beschränkt. Die in § 5 WPDVerOV enthaltene Pflicht zur Information des Kunden über Risiken und Kosten gilt hingegen für alle Kundenkategorien.
136 
(2) Auch der Umstand, dass für die Klägerin Betriebswirte als Mitarbeiter tätig waren, die mit der Betreuung ihrer Kredite und liquiden Mittel beauftragt waren, lässt keinen Rückschluss zu, dass diese den erforderlichen Wissensstand über die komplexe Risikostruktur des Ladder Swaps besaßen. Welchen konkreten Wissensstand die Mitarbeiter in Bezug auf die Risikostrukturierung von Swap-Verträgen hatten, legt die Beklagte nicht dar. Allein auf der Grundlage einer allgemeinen betriebswirtschaftlichen Ausbildung kann kein finanzmathematisches Spezialwissen erwartet werden. Auch folgt dieses nicht aus der beruflichen Befassung mit den Finanzen eines Unternehmens (vgl. zur vorsichtigen Bewertung von beruflichen Tätigkeiten und Unternehmenseigenschaft: Braun/Lang/Loy in: E/S/C/L, a.a.O., Rn. 263). Für die Beklagte ersichtlich verfügte die Klägerin auch nicht über die erforderlichen Mittel zur Risikoabschätzung, insbesondere die hierfür erforderlichen Rechenmodelle. Dass ein Kunde, wie die Beklagte es dargestellt hat, mit dem angebotenen Zinsswap zu einer anderen Bank gehen und sich von dort ein Konkurrenzangebot einholen kann, lässt die im Verhältnis der Parteien auf Grund des Beratungsvertrages bestehende Aufklärungsbedürftigkeit nicht entfallen. In erster Linie ist die beratende Bank, die zugleich bewusst ein erhebliches Vertrauen ihres Kunden in Anspruch nimmt, zur umfassenden und wahrheitsgemäßen Aufklärung verpflichtet.
137 
(3) Aus diesem Grund lässt sich aus den bereits früher mit der Beklagten geschlossenen Swap-Verträgen nicht auf eine ausreichende Kenntnis der Klägerin über die damit verbundenen Risiken schließen. Dies könnte bezüglich der allgemeinen Risiken von Swap-Verträgen allenfalls dann der Fall sein, wenn die Beklagte die Klägerin bei Abschluss der früheren Verträge aufgeklärt hätte. Das hat sie nicht behauptet. Es ist daher davon auszugehen, dass die Mitarbeiter der Klägerin das in den Swap-Verträgen liegende Risikopotential auch früher nicht richtig erfasst haben. Ihre Erfahrung aus den Swap-Verträgen beschränkt sich daher darauf, dass diese günstig oder ungünstig verlaufen und vorzeitig aufgelöst werden können. Bezüglich der konkret im Ladder-Swap einstrukturierten und nur professionell zu erfassenden Risiken wären die früheren Verträge ohnehin ohne Bedeutung, da es insoweit auf die einzelnen Vertragsbedingungen einschließlich der bei Vertragsabschluss vorherrschenden Marktbedingungen und die bis auf zwei Dezimalstellen hinter dem Komma vereinbarten Prozentsätze ankam.
138 
c. Anlegergerechte Beratung
139 
Die Beratung der Beklagten war nicht anlegergerecht. Der Inhalt der Beratung hat sich an dem Kunden zu orientieren. Maßgeblich sind insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft. Zudem hat sich die Beratung danach auszurichten, welches Anlageziel der Kunde verfolgt (std. Rspr., vgl. BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126). Der angebotene Ladder-Swap entsprach weder dem Wissensstand der Klägerin über derartige Anlagegeschäfte (aa.) noch ihrem Anlageziel (bb.).
140 
aa. Wissensstand
141 
Die synthetisch und unter Anwendung von Risikomodellen konstruierten Swap-Verträge lassen sich bezüglich ihres Options-Charakters und ihrer Risikostruktur nur mit geeigneten Risikomodellen zutreffend erfassen und bewerten. Auf die - von der Beklagten irreführend in den Vordergrund gestellte - Zinsmeinung des Anlegers kommt es nur partiell an. Der Anleger benötigt ein vertieftes statistisches Wissen und die notwendigen Werkzeuge (Berechnungsmethoden), um die nicht transparenten Risiken des Produkts zu verstehen. Über diese muss er entweder selbst verfügen oder sie jedenfalls - über Dritte - verfügbar haben. Ohne das Wissen und die Berechnungsmethoden ist der Anleger auch während der Laufzeit des Vertrages nicht in der Lage, angemessen auf geänderte Gegebenheiten zu reagieren und beispielsweise durch die Ausübung der vertraglichen Kündigungsrechte Verluste zu begrenzen oder Gewinne mitzunehmen. Zum Beispiel kann er nicht den sich ändernden Marktwert errechnen und dies zur Grundlage seiner Entscheidungen machen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, zumal die Beklagte selbst einräumt, dass sie - entgegen den restriktiven Vertragsbedingungen - auch zur vorzeitigen Auflösung der Verträge entsprechend den Marktgepflogenheiten und unabhängig von den vertraglichen Kündigungsrechten bereit gewesen wäre. Die bestehende Wissensasymmetrie zwischen den Parteien war so offenkundig, dass die Beklagte davor nicht die Augen verschließen durfte.
142 
bb. Anlageziel
143 
Der Ladder-Swap entsprach ersichtlich nicht dem Anlageziel der Klägerin und hätte ihr daher nicht (schon gar nicht unaufgefordert) angeboten werden dürfen. Unstreitig wandte sich die Beklagte als Hausbank an die Klägerin im Zusammenhang mit der bevorstehenden Erhöhung der Avalzinsen. In dem Strategiepapier vom 03.02.2005 (Anlage B18) definiert sie das Anlageziel. Sie verweist auf einen bestehenden Finanzierungsbedarf und stellt das Interesse der Klägerin zur Reduktion der damit einhergehenden Zinsbelastung in den Vordergrund. Im Übrigen ist es das selbstverständliche Ziel eines jeden Gewerbetreibenden, nicht nur der Banken, mit ihren Geschäften Gewinne zu erzielen.
144 
Mit diesem Anlageziel vertrug sich ersichtlich kein Swap-Vertrag, bei dem wegen des von der Beklagten für sich einkalkulierten Gewinns mit einem identischen Verlust in dieser Höhe zu rechnen war. Bei einem einkalkulierten Gewinn in Höhe von 3% bis 5% bei einem Basiswert von 5 Mio Euro war somit ein Verlust der Klägerin in Höhe von 150.000,00 Euro bis 250.000,00 Euro wahrscheinlich.
145 
Hiergegen lässt sich nicht einwenden, die Entwicklung des Basiszinssatzes (3-Monats-EURIBOR) sei für niemanden vorhersehbar. Dieses Argument ist nur in der Laiensphäre richtig, verfehlt aber den Charakter des Swap-Vertrages. Dieser ist ein synthetisches, von der Bank selbst unter Anwendung von Wahrscheinlichkeitsmodellen konstruiertes Zinsderivat. Die Ergebnisse der Berechnungsmethoden sind nicht vollkommen belanglos, sondern die Grundlage für eine Vielzahl von wirtschaftlich weit reichenden Entscheidungen im Finanzsektor. Die Methoden und Ergebnisse sind gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil des Risikomanagements (vgl. § 25a KWG, §§ 17, 21 Nr. 1, 312ff. SolvV). Die Bedeutung der Aussagen der Risikomodelle für die professionelle Beurteilung von Finanzinstrumenten muss daher in die Anlageberatung einfließen und ist ein entscheidendes Kriterium für die Frage, ob ein Produkt zum Anlageziel des Kunden passt. Die Beklagte legt auch nicht dar, dass sie auf Grund anderer Erkenntnisse und entgegen den Ergebnissen der eigenen Berechnungsmethoden von einer Gewinnwahrscheinlichkeit zu Gunsten der Klägerin ausgegangen ist. Im Gegenteil vertraut sie selbst der Aussagekraft ihrer Modelle so sehr, dass sie darauf ihre Gewinnerwartungen, aber auch ihre Risiken (vgl. § 25a KWG) berechnet.
146 
Das im Zusammenhang mit der Frage der Aufklärung über den negativen Marktwert angeführte Argument, der Kunde rechne mit der Gewinnerzielungsabsicht seiner Bank, weshalb die Bank über die Höhe nicht aufklären müsse, führt hier nicht weiter. Bei der anlegergerechten Beratung kommt es ausschließlich darauf an, ob ein Produkt zum Anlageziel des Kunden passt. Ist das nicht der Fall, darf der Berater das Produkt dem Kunden bereits überhaupt nicht anbieten (BGH Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, Rn. 51) und den Versuch unternehmen, dennoch damit Geld zu verdienen. Im vorliegenden Fall war der Ladder-Swap ein voraussichtliches Verlustgeschäft. Einen solchen Vertrag durfte die Beklagte nicht anbieten. Mit ihrem Verhalten verstieß sie gleichzeitig gegen die Pflicht gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F., ihre Beratungsleistung im Interesse ihres Kunden zu erbringen. Denn schließlich war auch der Bank bekannt, dass ihre Kunden ausschließlich mit Gewinnerzielungsabsicht handeln.
147 
d. Fehlerhafte Empfehlung
148 
Der Berater schuldet seinem Kunden eine - ex ante betrachtet - vertretbare Empfehlung. Die Beklagte hat im Strategiepapier vom 3. Februar 2005 (Anlage B18) einen "Strategievorschlag" zum Abschluss des Ladder-Swaps, mithin eine Empfehlung abgegeben. Die Empfehlung eines Swap-Vertrages zur "Zinsoptimierung", der nach den anerkannten Berechnungsmethoden ein Verlustgeschäft enthält, ist nicht vertretbar.
149 
e. Verschulden
150 
Das Verschulden der Beklagten ist offensichtlich. Sie hatte Kenntnis von der im Vertrag einstrukturierten Gewinnmarge, die nur durch einen entsprechenden Verlust der Klägerin erzielt werden konnte und daher einen gleichzeitigen Vorteil der Klägerin aus dem Vertrag ausschloss. Sie konnte auch erkennen, dass die Klägerin mangels eigener Werkzeuge die Verlustgefahr des Vertrages nicht erkennen konnte. Der Beklagten musste gleichzeitig bewusst sein, dass der Begriff der "Zinsoptimierung" und die Herausstellung der Marktwerterwartung (kein steiler Anstieg des 3-Monats-EURIBOR) zudem geeignet waren, von den wahren Risiken des Vertrages und seiner komplexen Risikostruktur abzulenken. Da sie unstreitig mit dem Vertrag auf Kosten der Klägerin Gewinn erzielen wollte, handelte sie vorsätzlich. Wie sehr sich die Klägerin über das Verhalten der Beklagten empört hat, lässt sich daran erkennen, dass sie den Tatbestand des Betrugs gem. § 263 StGB erfüllt sieht.
151 
f. Kausalität
152 
Zu Gunsten der Klägerin greift die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens. Sie drängt sich im vorliegenden Fall geradezu auf. Es ist nicht anzunehmen, dass ein wirtschaftlich rational handelnder Geschäftsführer den Ladder-Swap abgeschlossen hätte, wenn ihm offenbart worden wäre, dass nach den anerkannten Wahrscheinlichkeitsmodellen die Zinsoptimierungsstrategie scheitern und zu einem Verlust in Höhe des Gewinns der Beklagten führen wird.
153 
g. Schaden
154 
Die Schadenshöhe ist betragsmäßig unstreitig und besteht in den von der Klägerin geleisteten Zahlungen nach Abzug der von der Beklagten erhaltenen Zahlungen. Auch der Feststellungsantrag ist begründet, da eine Steuerbelastung der Klägerin auf Grund der anstehenden Schadensersatzleistung der Beklagten nicht ausgeschlossen ist. Insofern ist zu beachten, dass die Klägerin eine GmbH ist. Kapitalgesellschaften verfügen steuerrechtlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre (vgl. BFH, Beschl. v. 20.11.2007, I R 54/05), so dass grundsätzlich alle Einnahmen, auch Schadensersatzleistungen Dritter, der Steuer unterliegen. Demgegenüber konnte die Klägerin ihre Verluste aus dem Geschäft wegen § 15 Abs. 4 S. 3 EStG nicht steuerlich geltend machen. Diese Frage bedarf im Rahmen des Feststellungsantrags jedoch keiner abschließenden Klärung.
155 
h. Mitverschulden
156 
Ein gem. § 254 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden der Klägerin liegt nicht vor. Grundsätzlich darf ein Anleger dem Rat seines Beraters vertrauen, ohne dass ihm ein Vorwurf daraus gemacht werden kann (BGH Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02). Zwar sind unter Umständen von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen, wenn ein Berater erkennbar für die Kapitalsucherseite handelt (vgl. BGH Urt. v. 25.11.1981, IVa ZR 286/80). Gegen die Berücksichtigung eines Mitverschuldens spricht jedoch die Vorgehensweise der Beklagten. Sie hat als Hausbank ein hohes Maß an Vertrauen in Anspruch genommen. Die Klägerin musste nicht ihr Wissensdefizit bezüglich der komplexen Risikostruktur erkennen. Dies gilt umso mehr, als eine Großbank wie die Beklagte als seriöses Institut wahrgenommen wird, das sich für die Interessen ihrer Kunden einsetzt und über eine hohe Erfahrung auf dem Finanzsektor verfügt. Für die Klägerin bestand überhaupt kein Anlass für die Annahme, sie müsse die Chancen des Swap-Vertrages nach anderen Kriterien als allein der Zinsmeinung bezüglich eines geringen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR beurteilen. Noch weniger musste sie damit rechnen, dass die Beklagte ihr ein "Zinsoptimierungsgeschäft" anbietet, das lediglich den Zweck hatte, einen Gewinn der Beklagten zu generieren. Demgegenüber war der Hinweis der Beklagten auf das theoretisch unbegrenzte Verlustrisiko ungeeignet, um der Klägerin die tatsächlichen Risiken und die einstrukturierten Wahrscheinlichkeiten vor Augen zu führen.
157 
3. Schadensersatz im Zusammenhang mit dem CMS-Spread-Sammler-Swap
158 
Die Beklagte hat bezüglich des CMS Spread Sammler Swap ihre Beratungspflichten schuldhaft verletzt, so dass sie der Klägerin zu Schadensersatz verpflichtet ist. Auch der CMS Spread Sammler Swap war ein komplexes Finanzinstrument mit verschiedenen Optionen.
159 
- Er stellte nicht auf einen Interbanken-Zinssatz ab, sondern auf die Differenz (Spread) zwischen zwei Interbankenzinssätze (10-Jahres-Swapsatz und 2-Jahres-Swapsatz). Hierzu hätte die Klägerin in der Lage sein müssen, sich eine Meinung bezüglich der Faktoren bilden zu können, die das Verhältnis dieser beiden Zinssätze zueinander beeinflussen.
160 
- Der Vertrag hatte eine fünfjährige Laufzeit mit 10 halbjährlichen Zinsfeststellungsterminen. Eine Zinsmeinung hätte sich daher auf sämtliche Termine und die Korrelation der verschiedenen Faktoren beziehen müssen.
161 
- Es kam nicht auf die Höhe des Spreads an, sondern auf die verhältnismäßig geringe Häufigkeit, mit der der Spread eine Schwelle pro Periode unterschritt. Hierzu hätte die Klägerin in der Lage sein müssen, sich eine Meinung über dieses Kriterium bezogen auf die 10 Perioden bilden zu können.
162 
- Der Vertragszinssatz der Klägerin leitete sich nicht unmittelbar aus einer Zinskurve ab, sondern wurde aus der Häufigkeitsquote des Unterschreitens, multipliziert mit einem Festzinssatz zuzüglich eines weiteren Festzinssatzes vom 2,00% ermittelt.
163 
- Die Festlegung der Schwelle durch die Beklagte enthielt bereits bezüglich ihrer Angemessenheit ein erhebliches Risiko.
164 
- Die Beklagte hatte ein Recht zur vorzeitigen Beendigung ohne Ausgleichszahlung zu jedem Zinszahlungstermin nach einem Jahr. Hierdurch bestand für die Klägerin die Gefahr, dass sie Verluste durch den späteren Verlauf des Vertrages nicht mehr würde kompensieren können.
165 
- Das Beendigungsrecht der Klägerin gegen Ausgleichszahlung galt erst ab dem 3. Jahr und war nur jährlich möglich (Stillhalterrisiko).
166 
Die Beklagte hat es unterlassen, die Klägerin auf den besonderen synthetischen Charakter des Produkts hinzuweisen, der eine Risikoabschätzung nur mittels anerkannter Berechnungsmodelle erlaubt. Über die einstrukturierten überwiegenden Verlustrisiken, erkennbar an dem negativen Marktwert, wurde ebenfalls nicht aufgeklärt. Vor dem Hintergrund der einstrukturierten Gewinnmarge war die Beratung nicht anlegergerecht und die Empfehlung nicht vertretbar und fehlerhaft. Insofern gilt das Gleiche wie für den Ladder-Swap.
167 
Darüber hinaus war die Beratung auch aus weiteren Gründen nicht objektgerecht. Im Zuge der objektgerechten Beratung war die Beklagte verpflichtet, der Klägerin diejenigen Eigenschaften und Risiken mitzuteilen, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sein konnten. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben.
168 
Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt, indem sie die konkreten das Risiko beeinflussenden Faktoren nicht dargestellt und missverständlich die Höhe des Spreads als entscheidenden Faktor in den Vordergrund gestellt hat. Im Strategiepapier vom 13.05.2005 (Anlage K6) und in der Präsentation wurde darauf abgestellt, dass die Klägerin nicht mit einer Verringerung der Differenz (Spread) zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-Swapsatz rechne. Bei dem vorliegenden CMS-Swap kommt es hingegen nicht auf die Höhe des Spreads zur unmittelbaren Berechnung des Vertragszinses an, sondern auf die Häufigkeit , mit der der Spread eine vertraglich vereinbarte Schwelle unterschreitet. Die Häufigkeit der Unterschreitung pro Periode bildet die Quote für den Vertragszinssatz der Klägerin. Zwar weist die Beklagte in ihrem Strategiepapier vom 31.10.2005 (Anlage K18) darauf hin, dass der Swap nachteilig für die Klägerin wird, wenn in einer Periode (120 Banktage) der Schwellenwert an 12 Banktagen unterschritten wird. Auch hat sie in ihrer Präsentation des Swaps vom 13.05.2005 (Anlage K5, S. 10) ein Histogramm der CMS Spreads der letzten 10 Jahre dargestellt und als Beispiel darauf hingewiesen, dass an 23 von 2621 Beobachtungstagen der Spread zwischen 0,30% und 0,40% gelegen hat. Das entspricht einer Quote von 1,05 von 120 Tagen. (Dabei hat die Beklagte ihre eigene Tabelle falsch abgelesen, weil diese Quote den Spread zwischen 0,4% und 0,5% betraf.)
169 
Damit hat die Beklagte das Risiko durch die Bezugnahme auf nicht maßgebliche Daten sowie eine zu unscharfe Beschreibung des Erfolgs- bzw. Risikoszenarios verharmlost. Die Beklagte hätte angeben müssen, mit welcher Häufigkeit der vertraglich vorgesehene Schwellenwert von zunächst 0,82% (Anlage K7) und später 0,735% (Anlage K10) in der Vergangenheit unterschritten wurde. Die Darstellung der Unterschreitung eines Schwellenwertes von 0,5% an umgerechnet 1,05 Tagen von 120 Banktagen gibt nicht genügend Anhaltspunkte und das Histogramm ist zu unscharf, um daraus selbständig Werte abzulesen. Die Beklagte hätte die Angaben anhand des verfügbaren Datenmaterials ohne Weiteres machen können. Diese Angabe war jedoch zu einer ersten groben Einschätzung des Risikos erforderlich, auch wenn historische Daten nur eine begrenzte Aussagekraft für die Zukunft haben. Zu dem verharmlosenden Verweis auf die falschen Werte hat die Beklagte missverständlich die Höhe des Spreads als Entscheidungskriterium in ihrem Strategiepapier und ihren Präsentationsfolien betont. Dabei stellte sie vollkommen konturlos auf eine "nicht deutliche" Verringerung der Differenz zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz ab. Zum Zeitpunkt der Produktpräsentation am 13.05.2005 lagen ausweislich des Strategiepapiers der Spread in Höhe von 1,11% und der angebotene Schwellenwert von 0,85% nur um 0,26 Prozentpunkte auseinander. Durch den unscharfen Begriff verstellt sich der Blick auf die hoch präzise Kalkulation des Vertrages nach Wahrscheinlichkeitsmodellen. Dem Anleger wird vermittelt, er könne sich bezüglich minimaler Veränderungen in der Differenz zweier Interbanken-Zinssätze bei einem Spielraum von 0,26 Prozentpunkten eine Meinung bilden. Bereits dies ist ihm nicht möglich, weil ihm in der Regel nicht die Faktoren bekannt sein dürften, die nicht einen einzelnen Zinssatz, sondern das Verhältnis zwischen zwei verschiedenen Zinssätzen (Zinsstrukturkurve) beeinflusst. Auch die Zeugin Glenk gab bei ihrer Vernehmung an nicht zu wissen, ob sie die Klägerin über die Faktoren, die den Spread beeinflussen können, aufgeklärt habe.
170 
Zudem wird dem Risiko der Volatilität des Spreads nicht die erforderliche Beachtung geschenkt. Denn die absolute oder durchschnittliche Höhe des Spreads war nach der Zinsformel für den Vertragszins ohne Relevanz. So bringt es die Formel mit sich, dass selbst ein durchschnittlich knapp über dem Schwellenwert liegender Spread pro Periode öfter als zwölfmal die Schwelle unterschreitet. Entscheidend war also zusätzlich, wie hoch neben dem erwarteten durchschnittlichen Spread die Abweichungen von diesem sein konnten.
171 
Auch die Restrukturierung des Swap im Oktober/November 2005 belegt die Grenze der menschlichen Fähigkeit, die Risiken abzuschätzen. Die Beklagte war in der Lage, den neuen Schwellenwert ohne nähere Begründung festzulegen. Die Klägerin war zu einer Überprüfung der Angemessenheit der Höhe des Schwellenwertes ersichtlich nicht in der Lage. Noch weniger wird sie in der Lage gewesen sein, anhand einer noch so dezidierten Zinsmeinung oder Erfahrung mit dem Kapitalmarkt die Auswirkung der Herabsenkung des Schwellenwertes von 0,82% auf 0,735% um lediglich 0,085 Prozentpunkte nachzuvollziehen und dessen Risikopotential abzuschätzen. Sie war bei der Vertragsgestaltung der finanzmathematisch überlegenen Beklagten ausgeliefert.
172 
Zu Verschulden, Kausalität, Schaden und Mitverschulden gilt das beim Ladder-Swap Ausgeführte. Soweit bei der Klägerin bezüglich der Ausgleichszahlung der Schaden in Höhe von 136.000 Euro mangels Zahlung noch nicht entstanden ist, kann sie von der Beklagten Freistellung verlangen.
III.
173 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
174 
Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Entscheidung auch auf den Umständen des Einzelfalls, insbesondere bezüglich der konkret fehlerhaften Aufklärung (Stichwort: Volatilität) in den Beratungsunterlagen und -gesprächen beruht.

Tenor

I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Ziff. 2 des Urteils auf Grund der Antragsänderung wie folgt neu gefasst wird:

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 7.437,34 EUR zu zahlen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: bis 410.000 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der beklagten Landesbank als Vertragspartnerin sowie von seiner Hausbank als Beraterin Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Cross-Currency-Swap-Vertrages. Der Kläger hatte im Jahr 2005 zwei Zinswährungsswap-Verträge mit der Beklagten zu 1 auf Beratung der Beklagten zu 2 abgeschlossen. Die Vertragsparteien hatten das Währungspaar Euro/Schweizer Franken und eine Verzinsung fest (Bank)/variabel (Kläger) vereinbart. Auf Empfehlung der Beklagten zu 2 wurden diese Swap-Verträge vorzeitig mit Gewinn für den Kläger aufgelöst. Auf Vorschlag der Beklagten zu 2 schlossen die Parteien am 02.08.2007 einen neuen Zinswährungsswap. Darin verpflichtete sich die Beklagte zu 1 zur vierteljährlichen Verzinsung von 1 Mio Britischer Pfund (GBP) in Höhe von 5,84 % p.a. (fest) und der Kläger zur Verzinsung von 2,446 Mio. Schweizer Franken (CHF) zu 3,31 % p.a. (fest). Das Nominalkapital sollte zum Laufzeitende (30.06.2009) ausgetauscht werden.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Kläger habe gegen die Beklagte zu 2 einen Schadensersatzanspruch, weil diese ihre Pflichten aus einem Beratungsvertrag verletzt habe. Die Beratung sei nicht objektgerecht gewesen, da die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über die Höhe und die Bedeutung des anfänglichen Marktwertes aufgeklärt habe. Dies stehe nach der Beweisaufnahme fest. Auch bei den streitgegenständlichen Cross-Currency-Swap-Verträgen hätte die Beklagte auf den anfänglichen negativen Marktwert hinweisen müssen. Dieser enthalte die Bewertung des Währungsrisikos, die nur den Beklagten, nicht jedoch dem Kläger möglich war. Insofern habe eine deutliche Informationsasymmetrie vorgelegen, an der sich die Beratungspflichten der Beklagten zu 2 zu orientieren hätten. Das vom Kläger eingegangene Risiko habe sich vor allem aus dem zum Enddatum des Vertrages fälligen Tausch der Bezugsbeträge ergeben. Aus der Sicht des Klägers habe der vereinbarte Endtausch das Recht enthalten, 1 Million GBP zum Kurs von 2,446 CHF zu kaufen. Dieses Recht habe bei Vertragsschluss einen Marktwert gehabt, der sich an den Prämien entsprechender Devisenoptionen orientiert haben dürfte. Der Marktwert, sowie die Marktwerte der weiteren der Beklagten zu 1 eingeräumten Rechte seien der Beklagten bekannt gewesen, nicht jedoch dem Kläger. Die Beklagte zu 2 hätte daher wenigstens die Höhe des saldierten Marktwertes des Gesamtgeschäfts mitteilen müssen. Die Lage sei vergleichbar mit einem Tausch von zwei Wertpapieren. In diesem Fall hätte die Beratungspflicht der Beklagten zu 2 die Mitteilung der Kurswerte der Wertpapiere umfasst. Die Pflicht zur Mitteilung der Marktwerte lasse sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vermittlung von Optionen ableiten. Auch wenn die Beklagte zu 2 nicht als Vermittlerin von Optionen gehandelt habe, so sei ihre Position dennoch vergleichbar, weil die Devisenoptionen in den Swap-Vertrag einstrukturiert waren. Nach dieser Rechtsprechung sei die Beklagte ebenfalls verpflichtet gewesen, die Optionsprämie bekanntzugeben. Bei dem negativen Marktwert handele es sich nicht um eine einstrukturierte Gewinnmarge. Der negative Marktwert sei eine objektive Größe und habe wesentliche Bedeutung für das Risikomanagement und das Rechnungswesen. Auch sei die Gewinnmarge nicht unmittelbar aus dem Marktwert ablesbar, weil der negative Marktwert noch Kosten der Verwaltung und der Risikoabsicherung enthalte, wobei die Beklagte zu 2 einen Betrag von 8.000 bis 9.000 EUR genannt habe. In der Entscheidung des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26.02.2010 (9 U 164/08) sei seitens der Bank eine übliche Gewinnmarge von 3-5 % des Bezugsbetrages genannt worden. Übertragen auf den vorliegenden Fall würde sich bei solchen Prozentsätzen eine Gewinnmarge von insgesamt 30.000 bis 50.000 GBP ergeben. Der Kläger sei trotz der vorherigen zwei Swap-Verträge aufklärungsbedürftig gewesen. Auch bei diesen beiden Verträgen habe die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über den Marktwert aufgeklärt. Zudem habe sich der streitgegenständliche Vertrag auf ein anderes Währungspaar bezogen und sei anders konstruiert gewesen. Die Pflichtverletzung sei für den Abschluss des Vertrages ursächlich gewesen. Zwar habe der Kläger sich ausdrücklich nach dem Verdienst erkundigt, die Höhe sei ihm aber nicht mitgeteilt worden.
Die Beklagte zu 2 habe den geltend gemachten Schaden einschließlich vorgerichtlicher Anwaltskosten unter Berechnung einer 1,5-Geschäftsgebühr zu ersetzen. Ein Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last. Der Kläger habe zwar höhere Bezugsbeträge als von der Beklagten zu 2 vorgeschlagen gewünscht (1.000.000 GBP anstatt 825.000 GBP). Die daraus sprechende Risikobereitschaft des Klägers habe jedoch ihren Grund in der mangelhaften Beratung der Beklagten zu 2 gehabt. Weiter könne dem Kläger nicht vorgehalten werden, dass er nicht bereits Ende 2007 den streitgegenständlichen Swap-Vertrag glattgestellt habe, als dies noch zu einem negativen Marktwert von 70.000 EUR möglich gewesen wäre. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Mitarbeiter der Beklagten zu 2 eine Auflösung nicht empfohlen hatten. Der Kläger habe unter diesen Umständen damit rechnen müssen, dass die Beklagte zu 2 bei einer Realisierung des Verlustes Ende 2007 ihm später eine eventuelle Erholung des Swap-Vertrages entgegenhalten werde.
Die Beklagte zu 1 hafte wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung. Sie hätte den Kläger über den anfänglichen Marktwert des Swap-Vertrages aufklären müssen. Aus dem Tausch-Charakter des Vertrages habe sich eine besondere Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers ergeben. Er habe für die ihm mit dem Vertrag eingeräumten Optionen keine Prämie gezahlt. Seine Gegenleistung habe in der Übernahme von Pflichten bestanden, deren Marktwert er allerdings nicht gekannt habe und auch nicht habe ermitteln können.
Gegen das der Beklagten zu 1 am 28.12.2010 und der Beklagten zu 2 am 29.12.2010 zugestellte Urteil haben die Beklagte zu 1 am 24.01.2011 und die Beklagte zu 2 am 25.01.2011 Berufung eingelegt, die sie beide innerhalb verlängerter Frist am 28.03.2011 mit einer Begründung versehen haben.
In der Berufungsinstanz trägt die Beklagte zu 1 erstmalig Folgendes vor:
Der Kläger sei mit Finanzierungsfragen aller Art einschließlich des Absicherns („Hedge“) von Zinsentwicklungsrisiken seit vielen Jahren in allen Einzelheiten bestens vertraut gewesen. Der Swap-Vertrag habe eine Marge der Bank in Höhe von lediglich 12.500 EUR enthalten. Diese Marge sei verkehrsüblich. Eine Marge von 4 %, wie sie der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10) oder der Entscheidung des Senats vom 26.02.2010 (9 U 164/08: 3%-5%) zu Grunde gelegen habe, habe eine nicht verkehrsübliche Höhe.
Die Berufung der Beklagten zu 1 ist der Auffassung, die Beratung der Beklagten zu 2 sei anleger- und objektgerecht gewesen. Der Kläger habe spekulative Gewinne aus den Swap-Geschäften erzielen wollen, um aus diesen Erträgen die laufenden Annuitäten aus seinen Immobilienverbindlichkeiten zu verringern sowie im bestmöglichen Fall darüber hinausgehende Gesamtüberschüsse zu erzielen. Dem Kläger sei dabei bewusst gewesen, dass die Beklagte zu 2 das Geschäft nicht ohne eigene Marge, also unentgeltlich angeboten habe. Ihm sei bewusst gewesen, dass eine Marge der Bank einstrukturiert gewesen sei, so dass er hierüber nicht hätte aufgeklärt werden müssen. Für ihn sei lediglich entscheidend gewesen, dass sich die anfallende Marge im Rahmen des Verkehrsüblichen halte. Mit einer Marge in dieser Größenordnung habe der Kläger ohne weiteres gerechnet. Das Landgericht hätte den Mitverschuldenseinwand der beiden Beklagten beachten müssen. Dem Kläger sei ausdrücklich die Möglichkeit mitgeteilt worden, den Swap-Vertrag bei einem negativen Marktwert von 70.000 EUR glatt zu stellen. Dies habe der Kläger nicht getan, sondern stattdessen weiter spekuliert und so den Schaden in Höhe von über 390.000 EUR entstehen lassen, was nicht den Beklagten anzulasten sei. Der Kläger hätte nicht die Auflösung des Vertrages Ende 2007 davon abhängig machen dürfen, dass die Beklagte zu 2 sich an dem eingetretenen Verlust beteilige. Der Kläger habe auch nicht mit dem Einwand der Beklagten rechnen müssen, durch einen zu frühen Verkauf eine Verringerung des Schadens infolge der Verbesserung des Marktwertes verhindert zu haben. Der negative Marktwert habe sich seit Ende 2007 kontinuierlich verschlechtert und es habe keine Hinweise dafür gegeben, dass der Markttrend sich in absehbarer Zeit in die Gegenrichtung entwickeln könnte. Eine ex ante überhaupt nicht vorhersehbare und objektiv fern liegende Erholung des negativen Marktwert hätte der Kläger sich unter keinen denkbaren Umständen entgegenhalten lassen müssen.
10 
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte zu 2 in der Berufungsinstanz erstmalig Folgendes vor:
11 
Die in dem Swap-Vertrag einstrukturierte Marge habe für die Beklagte zu 1 3.500 EUR und für die Beklagte zu 2 9.000 EUR betragen.
12 
Die Beklagte zu 2 wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beratung sei anleger- und objektgerecht erfolgt. Der Kläger sei von Berufs wegen in nennenswertem Umfang mit Finanzierungen vertraut gewesen. Er habe das Geschäft vollständig verstanden. Den bei der Beratung zu den ersten Swap-Verträgen zu Tage getretenen Irrtum des Klägers, aus dem Geschäft könne kein Verlust entstehen, habe die Beklagte zu 2 beseitigt durch die Darstellung bestimmter Veränderungen der Zins- und Währungslandschaft. Der streitgegenständliche Vertrag sei denkbar einfach strukturiert, sehr leicht begreiflich und selbst vom "Laien-"Anleger stets simpel überprüfbar. Der Verlauf habe anhand der in den Präsentationsunterlagen befindlichen "Ampeldarstellung" einfach überwacht werden können. Das Risiko des Geschäfts bestand im Währungsverlust von CHF/GBP, der in der Tagespresse mühelos feststellbar sei. Die Verdienstmarge der Beklagten sei nicht offenbarungspflichtig gewesen. Der anfängliche negative Marktwert sei dem Kläger bekannt gewesen (Bl. 238 d.A.). Aus der nicht bezifferten Marge, die nach dem Vortrag der Beklagten zu 2 identisch mit dem negativen Marktwert war, resultiere kein Beratungsfehler. Weil der Kläger wusste, dass die Beklagten eine Marge erhalten, sei die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens widerlegt. Der Kläger müsse sich ein Mitverschulden anrechnen lassen. Der Kläger habe weiter spekulieren wollen, nachdem ihm der schwebende Gesamtverlust von rund 70.000 EUR Ende 2007 mitgeteilt wurde, weil er auf eine Schadensbeteiligung seitens der Beklagten zu 2 und seitens seines Steuerberaters gesetzt habe.
13 
Die Beklagten beantragen:
14 
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010 (8 O 247/10) wird dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
15 
Der Kläger beantragt zuletzt:
16 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen und das Urteil des LG Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, aufrecht erhalten mit der Maßgabe, dass dieses Urteil in Ziff. 2 wie folgt geändert wird:
17 
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger die von ihm an die Beklagte 2 für einen Kredit für die Schadenssumme von EUR 390.724,87 im Zeitraum vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 gezahlten Zinsen in Höhe von zusammen EUR 7.437,34 zu zahlen.
18 
Zur Begründung der Antragsänderung in der Berufungsinstanz führt der Kläger, von den Beklagten nicht bestritten, aus, dass die Geschäftsbeziehung zwischen ihm und der Beklagten zu 2 zwischenzeitlich beendet sei. Für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 zahlte der Kläger an die Beklagte zu 2 für den Betrag von 390.724,87 EUR Zinsen in Höhe von 7.437,34 EUR.
19 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Das Gericht hat mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet.
II.
20 
Die gem. § 511 ZPO statthaften, form- und fristgerecht eingelegten und mit Begründungen versehenen Berufungen sind zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Die Beklagte zu 2 haftet wegen einer Fehlberatung im Zusammenhang mit einem Beratungsvertrag (1.). Die Beklagte zu 1 haftet wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen (2.).
21 
1. Klage gegen die Beklagte zu 2
22 
Zwischen der Beklagten zu 2 und dem Kläger ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (a.). Die Beklagte zu 2 hat pflichtwidrig weder objektgerecht (b.) noch anlegergerecht (c.) beraten. Die Pflichtverletzung war schuldhaft und kausal (d.) für den Schaden (e.). Den Kläger trifft kein Mitverschulden (f.).
23 
a. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 ist im Zusammenhang mit dem Abschluss des Cross-Currency-Swap-Vertrags vom 02.08.2007 ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Die Beklagte zu 2 hat auf eigene Initiative ihre Beratungstätigkeit gegenüber dem Kläger und seinem Steuerberater entfaltet. Die Beklagte zu 2 greift diese Feststellung des Landgerichts zu Recht nicht an. Soweit sie der Auffassung ist, es handele sich bei dem Cross-Currency-Swap-Vertrag um ein Eigengeschäft, das die Beklagte zu 1 für die Beklagte zu 2 ausgeführt hat, ändert dies nichts an dem daneben abgeschlossenen Beratungsvertrag. Ein Eigengeschäft der Beklagten zu 2 lässt sich zudem auf der Grundlage des Parteivortrages und der Vertragsunterlagen nicht feststellen. Vertragspartner des Cross-Currency-Swap-Vertrags ist eindeutig nur die Beklagte zu 1. Danach war die Beklagte zu 2 zur anleger- und objektgerechten Beratung des Klägers verpflichtet. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10; Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93).
24 
b. Die Beklagte zu 2 hat ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt. Im Rahmen der objektgerechten Beratung hat der Anlageberater den Kunden über diejenigen Eigenschaften und Risiken aufzuklären, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Die Beratung der Bank muss richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig sein. Die Bank muss zeitnah über alle Umstände unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Fehlen ihr derartige Kenntnisse, so hat sie das dem Kunden mitzuteilen und offenzulegen, dass sie zu einer Beratung z.B. über das konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Information nicht in der Lage ist (BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, Tz. 18 f.).
25 
Bei von der Bank selbst konstruierten Finanzprodukten besitzt diese gegenüber dem Kunden einen erheblichen Informationsvorsprung über die Marktverhältnisse, die spezifischen Risiken des Produkts, den Wert des Produkts und das erforderliche Risikomanagement zur Vermeidung von theoretisch möglichen ruinösen Verlusten. Im Rahmen der objektgerechten Aufklärung hat sie die bestehende Informationsasymmetrie zu beseitigen, um der „Angewiesenheit“ des Anlegers auf die Bank Rechnung zu tragen und ihn zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung zu befähigen (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 1059; Senat, Urt. v. 26.02.2010, 9 U 164/08, Tz. 100, zit.n.juris).
26 
Bei den aufklärungsbedürftigen wesentlichen Eigenschaften eines Swap-Vertrages lassen sich zwei Kategorien hervorheben: das Chancen-/Risikoprofil (aa.) und der (buchmäßige) Vermögenswert des Swap-Vertrages bzw. der in diesen einstrukturierten Zahlungsversprechen (bb.).
27 
aa. (1) Das Chancen-/Risikoprofil des Swap-Vertrages ist gekennzeichnet durch die mathematisch-theoretisch maximale Gewinnchance und das maximale, gegebenenfalls sogar unbegrenzte Verlustrisiko. Wird ein Swap-Vertrag - wie hier unstreitig - zu Spekulationszwecken und nicht zur Absicherung gegenläufiger Risiken abgeschlossen, übernimmt der Kunde eine offene Risikoposition. Die Information über diesen Rahmen von Chancen und Risiken ist daher wesentlich. Bei Verträgen mit hohen Risiken benötigt der Anleger allerdings zusätzliche Informationen über die Faktoren, die für das Risikoprofil und die Art des Risikos maßgeblich sind. Einen Einfluss auf den Erfolg haben beispielsweise die Art der gewählten Währungen, die unterschiedlichen Volatilitäten der für die Bank und den Kunden maßgeblichen Basiswerte, die gewählten Zinssätze und länderspezifischen Zinsstrukturkurven, die Wahrscheinlichkeiten (Value at Risk) oder asymmetrische Risikostrukturen mit Gewinn- oder Verlustbegrenzungen. Bei nur theoretischen Informationen über den maximalen Rahmen von Risiken und Chancen verhelfen dem Anleger erst Einschätzungen über deren Wahrscheinlichkeiten zu einer geeigneten Entscheidungsgrundlage. Das gilt insbesondere, wenn – wie bei Swap-Verträgen üblich – der Erfolg des Geschäfts von langfristigen Prognosen über Basiswerte wie Zinssätze oder Devisen abhängig ist, die über die Dauer der Vertragslaufzeit seriös nicht aufgestellt werden können. Daher hat der Senat es beanstandet, wenn Anlegern suggeriert wurde, sie könnten anhand eigener Zinsmeinungen für die Vertragslaufzeit eine verantwortbare Anlageentscheidung treffen (Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 49ff., zit.n.juris). Zwar können auch Wahrscheinlichkeitsmodelle die zukünftige Entwicklung nicht sicher vorhersagen, insbesondere nicht extreme Ereignisse wie eine Finanzkrise. Es handelt sich bei den Wahrscheinlichkeitsmodellen jedoch um Hilfsmittel, derer sich der professionelle Kapitalmarkt zur Beurteilung von Risiken bedient.
28 
Ist auf der Grundlage von Berechnungs- oder Simulationsverfahren bekannt, dass die Wahrscheinlichkeit des Verlustes höher ist als diejenige des Gewinns, ist das eine dem Kunden zu offenbarende Eigenschaft des von der Bank konstruierten Swaps. Auch sind Informationen über Verlustrisiken innerhalb eines definierten Zeitraums (z.B. Value at Risk) eine wichtige Entscheidungshilfe, weil sie die Eigenschaft der Zins- oder Währungswette auf der Grundlage der aktuellen Wirtschaftsdaten widerspiegeln. Ebenso wichtig ist die Kenntnis, wie schnell sich Verluste einstellen können und wie schnell man daher auf ungünstige Entwicklungen der Basiswerte oder anderer Umstände reagieren kann und muss, um ungewollte Verluste zu vermeiden. So können hoch volatile Basiswerte unter Umständen zu sehr schnellen Verlusten führen.
29 
(2) Die vorgenannten Umstände spiegeln sich in zwei verschiedenen Verlustszenarien wider. Einerseits ist der Anleger bis zum Laufzeitende vertraglich an das Geschäft gebunden. Ist die Bank nicht zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages verpflichtet, trägt er das Liquiditätsrisiko (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1051). Das ist das Risiko, dass er den Vertrag bei einer ungünstigen Entwicklung der Basiswerte oder sonstigen Umstände nicht durch ein Gegengeschäft am Markt glattstellen kann. Er bleibt dann an den Vertrag gebunden und seine Verluste ergeben sich aus der Summe sämtlicher Nettozahlungen bis zum Laufzeitende. Sie sind gegebenenfalls unbegrenzt.
30 
(3) Bietet die Bank, wie hier, dem Kunden ein nach Marktusancen bestehendes tägliches Auflösungsrecht zum aktuellen Marktwert an oder ist der Markt liquide, trägt der Kunde das Marktpreisrisiko (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1040). Dann setzt sich bei ungünstiger Entwicklung sein Verlust aus zwei Komponenten zusammen, nämlich dem (positiven oder negativen) Saldo der bisherigen Zahlungen bis zur vorzeitigen Beendigung und dem (positiven oder negativen) Marktwert zum Auflösungszeitpunkt.
31 
Für einen nicht erfahrenen Kunden genügt es jedoch nicht, das Marktpreisrisiko als solches zu kennen. Er muss zusätzlich darüber aufgeklärt werden, dass die Beherrschung dieses Risikos zwingend ein effektives Risikomanagement verlangt, damit rechtzeitig Verluste begrenzt werden können (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 19.65). Dies setzt voraus, dass der Anleger sich seiner Risikobereitschaft bewusst wird und beispielsweise einen Maximalverlust sowie einen realistisch erzielbaren Ertrag festlegt, die er zum Maßstab seiner Strategie wählt. Um insbesondere sich abzeichnende Verluste verhindern zu können, muss er die während der Vertragslaufzeit durch die Nettozahlungen erzielten Erträge mit dem jeweils aktuellen Auflösungspreis in der Form des aktuellen Marktwertes saldieren. Zudem muss er sich eine Meinung über die zukünftige Entwicklung des Marktwertes bilden können. Ohne Verständnis für das Marktpreisrisiko als charakteristisches Risiko des Vertrages (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1040) ist er nicht in der Lage zu erkennen, dass er die Entwicklung des Marktpreises ständig und engmaschig überwachen muss, um erforderlichenfalls den richtigen Ausstiegszeitpunkt wählen zu kennen. Hierzu muss der Anleger wissen, dass er ohne professionelle Hilfsmittel nicht in der Lage ist, allein den Marktwert beispielsweise auf der Grundlage der Entwicklung des Basiswerts zu ermitteln. Die Ermittlung ist deutlich komplexer. Beispielsweise ist die Ermittlung des Marktpreises für ein Devisentermingeschäft nicht nur vom aktuellen Wechselkurs abhängig, sondern auch von dem unterschiedlichen Zinsniveau in den beteiligten Ländern (Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, 40. Aufl., Teil III, Ziff. 8.2.2.2). So ist es durchaus möglich, dass sich der Marktwert gegenläufig zu der Entwicklung des Basiswerts entwickelt.
32 
(4) Zwar hat die Beklagte zu 2 schriftsätzlich die Auffassung vertreten, dass sich der Marktpreis des Zinswährungsswaps auch für einen Laien einfach mit den vier Grundrechenarten ermitteln lasse (so die Klageerwiderung, Bl. 52 d.A.). Dem haben aber bereits ihre eigenen Mitarbeiter widersprochen und erklärt, dass sie hierfür eine Software einsetzen. Der Zeuge P. hat bestätigt, dass der Kläger und sein Steuerberater den Wert „natürlich“ nicht selbst beurteilen konnten (Bl. 116 d.A.).
33 
(5) Im Zusammenhang mit der Risikostrategie erhält auch der anfängliche Marktwert seine eigenständige Bedeutung: Ohne Kenntnis des anfänglichen Marktwertes kennt der Anleger bereits nicht den Ausgangspunkt seiner Risikostrategie und kann beispielsweise auch nicht erkennen, dass die ersten Netto-Zinszahlungen seinen Vertrag noch nicht in die Gewinnzone führen können (vgl. a. Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 78, 80).
34 
(6) Die Beklagte zu 2 hat es unterlassen, den Kläger über die komplexen Zusammenhänge und das Erfordernis eines eigenen, effektiven Risikomanagements aufzuklären. Der Zeuge P. (Bl. 114 d.A.) erläuterte, dass dem Kläger mit derartigen Geschäften eine Zinsverbilligung von 2% als möglich dargestellt worden sei. Bezogen auf das Nominalkapital des Swap-Vertrages von ca. 1.477.500 EUR (1 Mio GBP umgerechnet zum damaligen Kurs EUR/GBP von ca. 1,4775) hätte dies für den Kläger eine Verbilligung um ca. 29.510 EUR p.a. bzw. insgesamt 59.020 EUR bedeutet. Auch wenn die Ertrags-Chancen rechnerisch höher waren, hat die Beklagte zu 2 offenbar die für „wahrscheinlich“ gehaltene Ertrags-Chance des Cross-Currency-Swaps dargestellt. Diese realistische Chance war mit einem weder nach Wahrscheinlichkeit noch nach Höhe quantifizierten Verlustrisiko verbunden. Dieses überstieg die von der Beklagten zu 2 als wahrscheinlich dargestellte Chance um ein Vielfaches und konnte existenzbedrohende Dimensionen annehmen. Daher war auch im konkreten Fall ein effektives Risikomanagement des Klägers zwingend erforderlich, worauf die Beklagte zu 2 den Kläger hätte hinweisen müssen.
35 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zu 2 hingegen vorgetragen, dass sie sich nicht zu einer Überwachung des Vertrages verpflichtet habe. Insbesondere hat sie nicht behauptet, den Kläger auf das Erfordernis einer eigenverantwortlichen Marktpreisüberwachung hingewiesen zu haben. Bei einer Privatperson ist es offenkundig, dass sie zur Überwachung des Marktpreises nicht in der Lage ist.
36 
(7) Angesichts der bereits fehlerhaften Aufklärung über das Risikomanagement kann es dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zu 2 im Rahmen der objektgerechten Aufklärung verpflichtet gewesen wäre, im Zusammenhang mit der Konstruktion des Swap-Vertrages Wahrscheinlichkeitsberechnungen durchzuführen und deren Ergebnisse dem Anleger vorher mitzuteilen oder zumindest darauf hinzuweisen, dass diese Berechnungen möglich sind, aber von ihr nicht durchgeführt wurden, so dass sie die Günstigkeit des Geschäfts und die mit diesem verbundenen wahrscheinlichen Risiken nicht beurteilen könne.
37 
bb. Die objektgerechte Aufklärung im Zusammenhang mit dem Vermögenswert des Swaps betrifft eine andere Dimension. Die Beklagte zu 2 hat den Kläger pflichtwidrig nicht über den Wert der von ihm im Rahmen des Swap-Vertrages übernommenen Leistungsverpflichtungen und den Wert der im Austausch hierzu von der Beklagten zu 1 erworbenen Zahlungsansprüche aufgeklärt.
38 
(1) Ein Swap-Vertrag setzt sich aus verschiedenen Einzelkomponenten zusammen (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, a.a.O., Rn. 19.147). Bei dem streitgegenständlichen Swap hat der Kläger die Verpflichtung zum zeitlich hinausgeschobenen Erwerb von 1 Mio. GBP zum Preis von 2,446 Mio. CHF übernommen. Das hat den Charakter eines Devisentermingeschäfts und wird vom Markt nach üblichen Methoden unter Berücksichtigung der landesspezifischen Zinssätze ermittelt (siehe hierzu: Obst/Hintner, a.a.O., Teil III, Ziff. 8.2.2.2). Der Kunde ist regelmäßig zu einer Preisermittlung nicht in der Lage. Er kann daher nicht abschätzen, welchen Wert die Endtauschzahlung zu einem bei Vertragsschluss festgelegten Wechselkurs hat, die er auf Vorschlag seiner Bank übernimmt. Auch der Wert der regelmäßigen Zinszahlungspflichten ist durch Abzinsung ermittelbar, unter Anwendung des jeweils maßgeblichen Abzinsungssatzes. Auch hier war der Kläger nicht in der Lage, den Wert der Leistungen, bezogen auf den Abschlusstag zu ermitteln.
39 
Der negative Marktwert ist daher nicht nur Ausdruck einer Interessenkollision der beratenden Bank (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10), sondern auch der Saldo des Wertes der ausgetauschten Leistungen. Dies hat das Landgericht zutreffend dargestellt und einen anschaulichen Vergleich mit dem Tausch von Wertpapieren angestellt, deren Wert der Anleger nicht ermitteln kann. Der Anleger erleidet bei Abschluss eines spekulativen Swap-Vertrages mit einem negativen Marktwert sofort eine Vermögenseinbuße. Diesen Umstand und das Ausmaß der Vermögenseinbuße muss er erkennen können, weil er andernfalls nicht zu einer verantwortlichen Anlageentscheidung befähigt wird.
40 
(2) Der Einwand der Beklagten zu 2, sie brauche als Bank, die den Swap im Wege des Eigengeschäfts vertreibe, nicht über ihren Gewinn aufzuklären, überzeugt den Senat nicht. Insbesondere stützen nicht die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27.09.2011 (XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10) ihre Auffassung. Zunächst liegt, wie bereits dargelegt, kein Eigengeschäft der Beklagten zu 2 vor, sondern ausschließlich ein Beratungsvertrag, der zudem durch ein Eigengeschäft nicht beseitigt wird. Darauf kommt es aber nicht an. Selbst wenn ein Eigengeschäft vorläge, ist dem besonderen Umstand Rechnung zu tragen, dass der Kläger eine für ihn nicht eindeutig erkennbare und bewertbare Leistung übernimmt. Er bietet der Bank nicht bewusst einen bei sich bereits vorhandenen und von ihm bewerteten Vermögensgegenstand im eigenen Interesse an. Die Bank schafft erst durch den Swap-Vertrag eine Verbindlichkeit des Anlegers, deren Höhe er nicht bewerten kann. Dieser Verbindlichkeit stellt sie im Wege des Austausches (Swap) eine Verbindlichkeit der Bank gegenüber. Die Bank ist dabei in der Lage, nach ihrem - vom Anleger nicht kontrollierbaren - Belieben den Wert der Leistung des Kunden hoch anzusetzen und den Wert der Gegenleistung des Austauschgeschäfts niedrig zu gestalten, wodurch sie ihre Gewinnspanne generieren kann. Wenn aber eine Partei auf Grund besserer Marktkenntnisse und sonstiger Informationsvorsprünge in der Lage ist, ihre Position in einer Weise auszunutzen, dass es als Verstoß gegen die Waffengleichheit und Fairness am Markt erscheint, muss sie über den sonst nicht aufklärungspflichtigen Wert der eigenen Leistung oder denjenigen der Gegenleistung aufklären (so auch Kramer in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 241 Rn. 124). Nur so ist der Anleger in der Lage zu beurteilen, ob er die wirtschaftliche (buchmäßige) Vermögenseinbuße übernehmen will, weil er das damit verbundene Chancen-/Risikoprofil, sofern er es beurteilen kann, für vorteilhaft hält. Dann wäre er in der Lage einzuschätzen, ob er die von den Beklagten verlangten Kosten für das Geschäft für angemessen hält.
41 
c. Die Beratung der Beklagten zu 2 war auch nicht anlegergerecht. Eine beratende Bank ist verpflichtet ist, vor Abgabe ihrer Anlageempfehlung den Wissensstand, die Erfahrungen und die Anlageziele, zu denen der Anlagezweck und die Risikobereitschaft gehören, zu erfragen. Diese Pflicht ist für Wertpapierdienstleistungsunternehmen - wie die Beklagte zu 2 - aufsichtsrechtlich auch normiert (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF, jetzt: § 31 Abs. 4 WpHG nF). Die Erkundigungspflicht entfällt nur dann, wenn der beratenden Bank diese Umstände bereits bekannt sind. Auch wenn theoretische Risiken geschildert oder Berechnungsbeispiele gegeben werden, kann die Bank nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Kunde auch bereit ist, hohe Risiken zu tragen. Es ist gerade die Aufgabe des Anlageberaters, ausschließlich Produkte zu empfehlen, die mit den Anlagezielen des Kunden - Anlagezweck und Risikobereitschaft - tatsächlich übereinstimmen. Erkundigt er sich nicht bereits - wie von der Rechtsprechung und aufsichtsrechtlich gefordert - vor seiner Anlageempfehlung nach der Risikobereitschaft des Kunden, so kann er seiner Pflicht zu einer anlegergerechten Empfehlung nur dadurch entsprechen, dass er sich noch vor der Anlageentscheidung seines Kunden die Gewissheit verschafft, dass dieser die von ihm geschilderten Risiken des Finanzprodukts in jeder Hinsicht verstanden hat (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10).
42 
Bei der Empfehlung von spekulativen Swap-Verträgen mit hohen Gewinnchancen und Verlustrisiken muss der Anlageberater daher abklären, mit welchem Ertrag der Kunde auf Grund seiner persönlichen Einschätzung der Marktentwicklung rechnet und bis zu welcher Höhe er bereit ist, Verluste in Kauf zu nehmen, um festzustellen, ob ein darauf ausgerichtetes Risikomanagement möglich ist. Er muss sich vergewissern, dass der Anleger nicht dem Irrtum unterliegt, dieses Risikomanagement laienhaft auf der Grundlage der Beobachtung eines Basiswertes, wie hier des Wechselkurses zwischen Schweizer Franken und Britischen Pfund durchführen zu können. Der Anlageberater muss sich überzeugen, dass der Anleger in der Lage ist, eigenverantwortlich zur Berechnung des Marktwertes und zur Risikoanalyse komplexe Berechnungen anzustellen oder sich bewusst ist, diesbezüglich verbindliche professionelle Unterstützung zu benötigen.
43 
Vor diesem Hintergrund war die Empfehlung der Beklagten zu 2 nicht anlegergerecht. Sie hat es bereits versäumt, die Höhe des vom Kläger akzeptierten Verlustes zu erfragen. Sie wusste zudem, dass der Kläger als Privatmann unfähig war, das sich aus dem Cross-Currency-Swap ergebende hohe Risiko zu „managen“, weil er nicht über die Mittel eines geeigneten Risikomanagements und die Fähigkeit verfügte, den Marktpreis zu ermitteln. Der angebotene Swap war daher für den Kläger ungeeignet und hätte ihm nicht angeboten werden dürfen.
44 
Die fehlende Eignung des Swap-Vertrages für den Kläger sowie die Pflichtwidrigkeit der Empfehlung werden auch nicht beseitigt durch eine Praxis der Banken, ohne konkrete vertragliche Vereinbarung den Swap-Vertrag zu überwachen, nach eigenem Gutdünken Auflösungsempfehlungen zu geben oder in frei gewählten Abständen Marktwerte mitzuteilen. Solange nicht die wesentlichen Parameter der Risikobereitschaft des Anlegers erfragt wurden (vgl. a. BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10), insbesondere der vom Anleger akzeptierte Maximalverlust und die erhoffte Rendite, ist die Bank nicht in der Lage, für den Kunden eine geeignete Risikostrategie umzusetzen. Auch kann nur eine effektive -verbindliche -Risikostrategie den Anleger davor schützen, dass er ungewollte Verluste erleidet oder ein - im Verhältnis zu dem erhofften Ertrag - unangemessenes Verlustrisiko übernimmt.
45 
d. Das Verschulden der Beklagten zu 2 liegt auf der Hand und wurde von ihr nicht widerlegt. Die Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2 waren für die Anlageentscheidung ursächlich. Hierfür spricht bereits die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10, Tz. 40; Urt. v. 09.06.1998, XI ZR 220/97). Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte (BGH, Beschl. v. 09.03.2011, XI ZR 191/10). Etwas anderes könnte dann gelten, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner im konkreten Einzelfall einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (BGH, Urt. v. 13.07.2004, XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, Rn. 28).
46 
Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre, wenn ihm das Erfordernis eines professionellen Risikomanagements mitgeteilt worden wäre, über das er unstreitig nicht verfügte und das die Beklagte zu 2 ihm auch nicht verbindlich angeboten hat. Auch ist nicht anzunehmen, dass der Kläger bei einem als wahrscheinlich dargestellten Ertrag von 59.020 EUR einen Austauschvertrag (Swap) mit einem sofortigen Wertverlust von 12.500 EUR, also von über 21% des erhofften Ertrages, akzeptiert hätte. Der Kläger war offensichtlich der ursprünglichen Auffassung, aus den Verträgen keine Verluste erzielen zu können. Dies ergibt sich u.a. aus dem Gesprächsprotokoll der Beklagten zu 2 vom 26.07.2005 (Anlage B2). Dem Kläger wurde zwar das generelle Verlustrisiko auf Grund von sich nach Vertragsschluss ändernden Umständen erläutert, nicht jedoch, dass der Vertrag bereits in der Verlustzone starten könnte. Im Übrigen wäre ihm bei einer anlegergerechten Beratung der streitgegenständliche Cross-Currency-Swap nicht angeboten worden, so dass er nicht in einen Entscheidungskonflikt hätte geraten können.
47 
e. Das Landgericht hat den Schaden zutreffend auf 390.724,87 EUR zuzüglich Kreditzinsen in Höhe von 21.554,16 EUR beziffert. Auch die weiteren Kreditzinsen aus dem Schadensbetrag von 390.724,87 EUR ab dem 01.12.2010, die erst in der Berufungsinstanz beziffert wurden, sind unstreitig. Die Berufung der Beklagten greift die Schadensberechnung nicht an. Soweit die Beklagten den Ansatz einer 1,5-fachen Anwaltsgebühr beanstanden, hat das Landgericht zu Recht wegen der im Zusammenhang mit den Swap-Verträgen bestehenden besonderen Schwierigkeit eine erhöhte Anwaltsgebühr anerkannt.
48 
f. Der Kläger muss sich kein Mitverschulden anrechnen lassen. Die Ausführungen des Landgerichts sind zutreffend und überzeugend. Für den Erfolg des Vertrages kam es entscheidend auf den Wechselkurs zum Stichtag am 30.06.2009 an. Auch die Beklagte zu 2 hat dem Kläger, entgegen dem missverständlichen erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten, keine Empfehlung zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages gegeben. Sie räumt selbst ein, dass der Vertrag trotz des Kurses und des vorübergehenden negativen Marktwertes noch ins Plus hätte drehen können (Schriftsatz vom 06.12.2010, S. 7, Bl. 141 d.A.), so dass der Schaden noch nicht feststand. Wenn jedoch sich bereits die fachkundige Beklagte zu 2 keine Prognose zutraute oder keine eindeutige Empfehlung zur Auflösung des Vertrages abgeben wollte, dann kann sie dem Kläger sein Festhalten am Vertrag nicht vorhalten. Entgegen dem Vortrag der Beklagten drängte sich dem Kläger die Notwendigkeit der Veräußerung nicht auf, sondern ihm wurden von der Beklagten zu 2 lediglich die möglichen Alternativen (Gesamtauflösung, Teilauflösung, Fortsetzung) gleichwertig nebeneinander dargestellt.
49 
Zudem war der Swap-Vertrag wegen des fehlenden Wissensstands des Klägers über dieses Produkt für diesen nicht geeignet, so dass seine vermeintliche Fehlentscheidung bereits ihre Ursache in der Empfehlung eines ungeeigneten Vertrages hat. Das kann die Beklagte zu 2 nicht entlasten.
50 
2. Klage gegen die Beklagte zu 1
51 
Die Beklagte zu 1 ist wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen gem. §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Ihre Aufklärungspflicht richtete sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Danach war die Beklagte zu 1 auch im unmittelbaren Kundengeschäft (OTC) zur Aufklärung über die entscheidungserheblichen Tatsachen verpflichtet (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1060, 1068). Der Umfang der Aufklärung hängt von der Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers und der Art der Anlage ab. Dabei ist die Informationsasymmetrie bzw. das Angewiesenheitsverhältnis zwischen Kunde und Bank zu berücksichtigten (Clouth in: Praktikerhandbuch, a.a.O., Rn. 1059 ff.). Der Kunde darf eine Vermittlung aller Informationen erwarten, die ihn in die Lage versetzen, eine eigenverantwortliche Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen. Insofern darf der Kunde ebenfalls eine Aufklärung darüber erwarten, dass es sich entgegen dem durch die Namensbezeichnung erweckten Eindruck (Swap) nicht um den Tausch von gleichwertigen Leistungen handelt, sondern um - für den Kunden nicht erkennbar - ungleichwertige Leistungen, die mit einem in der Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes bestehenden Verlust verbunden sind. Auf die Ausführungen zur nicht objektgerechten Beratung durch die Beklagte zu 2 wird Bezug genommen. Insofern decken sich im Bereich der Informationspflichten die Aufklärungs- und Beratungspflichten, so dass es auf das Vorliegen eines Beratungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 nicht ankommt (Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 13f. 222 ff.). Die fehlerhafte objektbezogene Aufklärung der Beklagten zu 2 muss sich die Beklagte zu 1 gem. § 278 BGB zurechnen lassen, weil sie dieser die Aufklärung des Kunden überlassen hat.
52 
Entgegen ihrer Auffassung wird die Beklagte zu 1 durch die Pflicht zur Offenbarung des negativen Marktwertes eines zu Spekulationszwecken konstruierten Swapvertrages auch nicht in ihrer Berufsausübungsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Dieses Recht wird nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze gewährt. Die vor allem in früheren Verfahren wiederholt vorgebrachte Argumentation, die Offenbarungspflicht würde die Banken verpflichten, ihre Gewinnmarge zu offenbaren, trifft nicht zu und wird in dieser Form von den Beklagten nicht aufrecht erhalten. Es ist unstreitig, dass der Marktwert nicht ausschließlich die Gewinnmarge wiederspiegelt, sondern auch weitere Verwaltungskosten und Kosten der Risikoabsicherung.
53 
Die Aufklärungspflicht gründet sich in den besonderen Umständen bei der Konstruktion des Swap-Vertrages und in der sich aus § 242 BGB ergebenden Pflicht, einen Vertragspartner nach Treu und Glauben über wesentliche Umstände aufzuklären, die ihm nicht bekannt sind, aber für den Abschluss und die Erreichung des Vertragszwecks von entscheidender Bedeutung sind. Die Informationspflicht hat nicht den Zweck, die Bank zur Offenbarung ihrer Gewinnmargen zu verpflichten. Sie resultiert aus einem außerordentlich hohen Informationsgefälle, das die Bank befähigt, ihre Erwerbsinteressen einseitig und ohne Rücksicht auf die Interessen des Kunden durchzusetzen. Es handelt sich um einen für den Kunden atypischen Austauschvertrag, den die Bank in einer für den Kunden nicht nachvollziehbaren Weise konstruiert hat und dessen Wert sich für den Kunden nicht erschließt. Es ist zwar nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zu 1 für diese Leistung eine Vergütung verlangt, die ihrem Aufwand und ihrem legitimen Gewinnstreben Rechnung trägt. Nachdem die Beklagte vorträgt, die Gegenposition im Vertrag nicht selbst zu übernehmen, sondern das Risiko an andere Marktteilnehmer durch Hedge-Geschäfte weiterzugeben, handelt es sich bei der Marge letztendlich um einen Preis, den sie ihrem Kunden abverlangt. Die Beklagte zu 1 nennt allerdings diesen Preis nicht, wie andere Dienstleister oder Verkäufer es tun. Sie kann diesen verstecken, indem sie die im Swap-Vertrag enthaltenen und auszutauschenden Leistungen nicht gleichwertig gestaltet, sondern, ohne dass der Kunde das erkennen kann, dem Kunden eine höherwertige Leistungsverpflichtung unterschiebt. Dadurch ist sie in der Lage, dem Kunden den scheinbar kostenlosen Erwerb einer Gewinnchance zu suggerieren.
54 
Bezüglich Verschulden, Kausalität, Schaden und Mitverschulden kann auf die Ausführungen bei der Beklagten zu 2 verwiesen werden, soweit sie die objektgerechte Aufklärung betreffen. Insbesondere trifft der Beklagtenvortrag nicht zu, die Beklagte zu 2 habe die Auflösung des Cross-Currency-Swap empfohlen, so dass der Kläger auf eigenes Risiko weiter spekuliert habe.
55 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
III ZR 44/06 Verkündet am:
18. Januar 2007
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Einspruch eingegangen
am 14.02.2007
Kiefer
Justizangestellter
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Anlageberater ist grundsätzlich gehalten, den Anlageinteressenten, dem
er zur Eingehung einer Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds
rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen
Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Marktes nur eingeschränkt
möglich ist.
BGH, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 12. Januar 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt aus abgetretenem Recht seines Bruders den Beklagten als Anlageberater auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Im November 1993 nahm der Beklagte auf Empfehlung eines Bekannten des Zedenten mit diesem telefonisch Kontakt wegen einer zusätzlichen Altersvorsorge auf. Aufgrund der anschließend geführten Gespräche empfahl der Be- klagte eine Beteiligung an der "N. Fonds Nr. …, N. L. , W. , H. , KG", einem geschlossenen Immobilienfonds. Der Zedent entschloss sich daraufhin zu einer Kommanditeinlage von 120.000 DM, die er neben Zahlung eines Agios absprachegemäß in Höhe von 60.000 DM erbrachte. 30.000 DM zahlte er aus Eigenmitteln. Die verbleibenden 30.000 DM finanzierte er durch ein Darlehen.
3
Ab Ende 1997 reduzierten sich die Einnahmen aus dem Fonds, da der Hauptpächter der Immobilie nicht mehr regelmäßig zahlte. Seit 1998 erfolgen keine Ausschüttungen mehr. Im Sommer 2004 forderte die Immobilienverwaltungsgesellschaft den Zedenten zu weiteren Zahlungen auf die Kommanditeinlage auf.
4
Der Kläger macht geltend, der Beklagte habe den Zedenten falsch beraten. Hierzu hat er unter anderem behauptet, der Beklagte habe dem Zedenten auf entsprechende Nachfrage versichert, die Anteile an dem geschlossenen Immobilienfonds könnten jederzeit wie Aktien verkauft werden. Der Beklagte hat demgegenüber behauptet, die Frage der Handelbarkeit der Anteile an der Immobilien -KG sei überhaupt nicht erörtert worden.
5
Der Kläger hat mit seiner Klage verlangt, den Beklagten zur Leistung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt 29.905,93 € Zug um Zug gegen Übertragung des Anteils des Zedenten an der Kommanditgesellschaft zu verurteilen und festzustellen, dass der Beklagte - ebenfalls Zug um Zug gegen Übertragung des Kommanditgesellschaftsanteils - verpflichtet ist, weitere Schäden zu ersetzen, und dass er sich mit der Annahme des Anteils in Verzug befindet. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision ist begründet. Über sie ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis des Beklagten, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstandes (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff).

I.


7
Berufungsgericht Das hat ausgeführt, Beratungsfehler des Beklagten ließen sich nicht feststellen. Insbesondere habe sich nicht bestätigt, dass der Zedent nachgefragt habe, ob und wie sich die KG-Beteiligung wieder veräußern lasse. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass dieser Punkt in den Beratungsgesprächen berührt worden sei. Zu einem unerfragten Hinweis auf die eingeschränkte Handelbarkeit von KG-Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds sei ein Anlageberater jedoch nicht verpflichtet. Dies sei allenfalls anzunehmen , wenn die Verfügbarkeit des investierten Geldes in einem absehbaren Zeitraum von Bedeutung gewesen wäre. Dies sei hier jedoch nicht der Fall, da der Zedent eine Altersvorsorge habe erwerben wollen und er beim Eintritt in die Kommanditgesellschaft noch nicht 40 Jahre alt gewesen sei. Die Beteiligten hätten deshalb von einer noch jahrzehntelangen Berufstätigkeit des Zedenten ausgehen können.

II.


8
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auch auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein Schadensersatzanspruch des Klägers nicht auszuschließen.
9
1. Die Vorinstanzen haben den Beklagten nicht als bloßen Anlagevermittler, sondern als Anlageberater angesehen. Diese Würdigung nimmt die Revision als ihr günstig hin. Sie ist auch - auf der Grundlage eines zwischen den Parteien zumindest stillschweigend geschlossenen Vertrags - von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
10
2. Ein Anlageberater unterliegt grundsätzlich weiterreichenden Pflichten als ein Anlagevermittler (vgl. z.B.: Senatsurteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993, 1114 f, ferner auch Senatsurteil vom 27. Oktober 2005 - III ZR 71/05 - NJW-RR 2006, 109, Rn. 14). Von einem Anlageberater kann der Interessent nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung erwarten. Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung. In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weitgehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger individueller Berater, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten (Senatsurteil vom 13. Mai 1993 aaO S. 1114 m.w.N.; s. ferner BGHZ 123, 126, 128 f), wobei die konkrete Ausgestaltung der Pflicht entscheidend von den Umständen des Einzelfalls abhängt (Senat aaO; BGHZ aaO S. 128). In Bezug auf das Anlageobjekt muss der Anlageberater rechtzeitig, richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig beraten. Insbesondere muss er den Interessenten über die Eigenschaf- ten und Risiken unterrichten, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (BGHZ aaO S. 129, vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1869). Denn nur aufgrund von Informationen, die ein zutreffendes aktuelles Bild der empfohlenen Anlage bieten, kann der Interessent eine sachgerechte Anlageentscheidung treffen (BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 aaO).
11
a) Die Frage, ob die begrenzte Möglichkeit, "gebrauchte" Kommanditanteile an geschlossenen Immobilienfonds weiterzuverkaufen, eine Eigenschaft ist, über die der Anlageberater auch ohne entsprechende Anfrage des Interessenten aufzuklären hat, wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet.
12
Oberlandesgericht Das Düsseldorf (Urteil vom 30. März 2006 - I-6 U 84/05 - juris Rn. 25) hält wohl einen unerfragten Hinweis des Anlageberaters auf die "geringe Fungibilität" des Kommanditanteils gerade auch dann für notwendig , wenn die Anlage der Altersversorgung dienen soll. Die Urteile des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLGR 2006, 780, 782) und des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 23. August 2005 (17 U 7/05 - juris Rn. 112 f = OLGR 2005, 886 ff insoweit dort nicht abgedruckt), die sich gleichfalls mit Hinweispflichten gegenüber Anlageinteressenten im Zusammenhang mit der Handelbarkeit solcher Kommanditanteile befassen, sind insoweit nicht eindeutig, da sie nicht ganz vergleichbare Sachverhalte betreffen.
13
Demgegenüber hat das Oberlandesgericht Naumburg (Beschluss vom 30. August 2005 - 2 W 21/04 - juris Rn. 39), ebenso wie das Berufungsgericht in der vorliegenden Sache, eine solche Hinweispflicht verneint. Allerdings bezieht sich die Entscheidung auf einen Anlagevermittler, so dass sie nicht ohne weiteres auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar ist.
14
b) In der Literatur (z.B.: Thiel, Die Haftung der Anlageberater und Versicherungsvermittler , § 2 S. 36 f; Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, 8. Aufl., Rn. 381c) gibt es Stimmen, die die grundsätzliche Pflicht des Anlageberaters zu einer ungefragten Aufklärung über die eingeschränkte Handelbarkeit von KG-Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds bejahen.
15
c) Der Bundesgerichtshof hat die Frage der Pflicht zur Aufklärung über diesen Umstand noch nicht entschieden. Das Urteil des II. Zivilsenats vom 9. Oktober 1989 (II ZR 257/88 - NJW-RR 1990, 229 f) betraf einen Fall, in dem der Berater wusste, dass der Anleger nicht an einer langfristigen Kapitalanlage interessiert war, und gleichwohl den unzutreffenden Eindruck einer leichten Wiederverkäuflichkeit aktiv förderte (ähnlich der Sachverhalt in BGHZ 167, 239 249, Rn. 26).
16
3. Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass jedenfalls der Anlageberater grundsätzlich gehalten ist, den Anlageinteressenten, dem er zur Eingehung einer Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Marktes nur eingeschränkt möglich ist. Die praktisch fehlende Aussicht, eine KG-Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds zu angemessenen Konditionen verkaufen zu können, ist ein Umstand, der für den durchschnittlichen Anleger für seine Anlageentscheidung von erheblicher Bedeutung ist. Die Bedingungen, zu denen ein Anleger auch auf langfristig festgelegtes Geld vorzeitig zurückgreifen kann, sind typischerweise ein wesentliches Element seiner Investitionsentscheidung. Dies gilt auch für Anlagen, die der Alterssicherung dienen sollen. Auch in diesen Fällen kann ein vorzeitiges Bedürfnis entstehen, die festgelegten Vermögenswerte liquide zu machen, wie etwa bei Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, krankheitsbedingtem Verlust der Erwerbsfähigkeit oder auch nur einer Änderung der Anlageziele.
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Die Pflicht zur ungefragten Aufklärung über die eingeschränkte Fungibilität von KG-Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds kann allerdings entfallen , wenn unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die Weiterveräußerung für den Anleger erkennbar ohne Belang ist. Im vorliegenden Fall sind aber, abgesehen von dem allein nicht durchgreifenden Aspekt des Altersvorsorgezwecks der Anlage, Umstände, die hierfür sprechen könnten, bislang nicht vorgetragen, so dass nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand von einer Pflichtverletzung des Beklagten auszugehen ist. Die persönliche Aufklärungspflicht des Anlageberaters kann ferner entfallen, wenn, was hier aber nicht der Fall ist, die entsprechende Belehrung in einem Prospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat und gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt.
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4. Das Verschulden des Auskunftsverpflichteten wird vermutet (§ 282 BGB a.F.; jetzt: § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).
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5. Es ist weiter davon auszugehen, dass der Zedent, dessen berufliche und finanzielle Zukunft, wie die Revision geltend macht, im Zeitpunkt der Anlageentscheidung ungewiss war, bei Aufklärung über die mangelnde Handelbarkeit des Kommanditanteils sich nicht zu dieser Investition entschlossen hätte.
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6. Der Senat kann die Sache selbst noch nicht abschließend entscheiden, so dass sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 24.06.2005 - 15 O 25147/04 -
OLG München, Entscheidung vom 12.01.2006 - 23 U 4115/05 -

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.