Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 24. Juli 2014 - 1 E 820/14
Tenor
Ziffer 1 des angefochtenen Beschlusses wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
1
G r ü n d e
2Die Beschwerde richtet sich bei verständiger Auslegung nur gegen Ziffer 1 des angefochtenen Beschlusses. Denn eine Beschwerde gegen Ziffer 2 des erstinstanzlichen Beschlusses wäre nach § 146 Abs. 2 VwGO bzw. dem darin zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken unzulässig.
3Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg. Der angefochtene Beschluss verletzt geltendes Recht, weil die Kammer, welche ihn in der Besetzung mit drei Berufsrichtern gefasst hat, nicht der gesetzliche Richter war; der Beschluss ist bereits deswegen und ungeachtet des Beschwerdevorbringens aufzuheben.
4Ergeht eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts wie hier im vorbereitenden Verfahren, so entscheidet darüber in den in § 87a Abs. 1 VwGO näher und abschließend bestimmten Fallgruppen der Vorsitzende; ist ein Berichterstatter bestellt, so ist dieser anstelle des Vorsitzenden für die Entscheidung zuständig (§ 87a Abs. 3 VwGO). Eine der Fallgruppen des § 87a Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwGO ist die Entscheidung „über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens“ (§ 87a Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Was die Aussetzung betrifft, mag dies zwar in der Praxis vor allem Entscheidungen im Anwendungsbereich des § 94 VwGO betreffen. Die Gesetzesfassung enthält aber keine Einschränkungen hinsichtlich der für die Aussetzung des Verfahrens maßgeblichen Rechtsgrundlagen.
5Ebenso etwa Geiger, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 87a Rn. 7.
6Grundsätzlich sind daher, soweit es um Aussetzungsentscheidungen aufgrund von Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung (ggf. in Verbindung mit der in § 173 VwGO ergänzend in Bezug genommenen Zivilprozessordnung) geht, von der gesetzlich bindend vorgegebenen Vorsitzenden-/Berichterstatterzuständigkeit keine Ausnahmen zu machen. Namentlich spricht nichts dagegen, dass von § 87a Abs. 1 Nr. 1 VwGO auch diejenigen Aussetzungsentscheidungen erfasst werden, um die es hier geht. Das sind diejenigen, die nach Maßgabe des § 75 Satz 3 VwGO ergehen.
7Vgl. In diesem Sinne auch Jacob, in: Gärditz, VwGO, 2013, § 87a Rn. 9.
8Wird eine Entscheidung, welche gemäß § 87a Abs. 1 bzw. Abs. 3 VwGO ausschließlich in die Zuständigkeit des Vorsitzenden bzw. des Berichterstatters fällt, wie hier durch den Spruchkörper in seiner Gesamtheit getroffen, so verstößt dies gegen das Gebot des gesetzlichen Richters; das führt im Beschwerdeverfahren zur Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses.
9Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. August 1994 – 2 C 1316/94 -, juris, Rn. 2 und 3; Redeker/v. Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 87a Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 87a Rn. 7.
10Ergänzend weist der Senat für das weitere Verfahren/Vorgehen noch auf Folgendes hin:
11Es ist hier aus den nachstehend angeführten Gründen mehr als zweifelhaft, dass die sachlichen Voraussetzungen für einen „zureichenden Grund“ im Sinne des § 75 Satz 3 VwGO vorliegen. Zum einen spricht vieles dafür (Gegenteiliges lässt sich jedenfalls der dem Senat vorliegenden Verfahrensakte nicht entnehmen), dass das diesem Beschwerdeverfahren zugrunde liegende Klageverfahren 3 K 7152/13 VG Köln der Kammerpraxis entsprechend ohne förmlichen Trennungsbeschluss schlicht durch Vergabe eines weiteren Aktenzeichens aus dem der Klageschrift vom 12. November 2013 zuzuordnenden „Mutterverfahren“ (wahrscheinlich dasjenige mit dem niedrigsten Aktenzeichen = 3 K 7051/13 VG Köln) hervorgegangen ist.
12Vgl. zu den Auswirkungen fehlender förmlicher Trennungen auf die Frage des zureichenden Grundes i.S. des § 75 Satz 3 VwGO die Senatsbeschlüsse vom 17. Juli 2014 – 1 E 708/14 - und vom heutigen Tage – 1 E 795/14 -.
13Dieser Umstand wird durch den im vorliegenden Verfahren nachfolgend gefassten Trennungsbeschluss vom 4. Juni 2014, der sich bereits auf das vom „Mutterverfahren“ faktisch abgetrennte Verfahren 3 K 7152/13 VG Köln – und damit nur auf einen Ausschnitt des von der Klägerin bestimmten Klageumfangs – bezog, aller Voraussicht nach nicht berührt, zumal es hier nicht um den neu abgetrennten Verfahrensteil geht.
14Unabhängig davon gelten für das vorliegende Verfahren jedenfalls diejenigen Begründungserwägungen, mit denen der Senat in seinem Beschluss vom heutigen Tage in dem Verfahren 1 E 822/14 den Aussetzungsbeschluss der Einzelrichterin des Verwaltungsgerichts aufgehoben hat, weil der dort angeführte Grund für das Nichtentscheiden über den Widerspruch nicht (mit-)ursächlich gewesen ist und er deswegen keinen zureichenden Grund i. S. des § 75 Satz 3 VwGO darstellt. Denn vorliegend ist die Aussetzung mit den gleichen Erwägungen begründet worden.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
16Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.
(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.
(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
1
G r ü n d e
2Gemäß § 75 Satz 3 VwGO setzt das Verwaltungsgericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten – verlängerbaren – Frist u. a. dann aus, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass über den Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt noch nicht entschieden worden ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend ungeachtet des Beschwerdevorbringens nicht gegeben.
3Ein zureichender Grund für eine Aussetzung des Verfahrens setzt voraus, dass der Verwaltungsakt, gegen den sich der Widerspruch richtet, Gegenstand des ausgesetzten Verfahrens ist. Daran fehlt es hier; der Bescheid, dessentwegen das Verfahren ausgesetzt worden ist, ist nach wie vor Gegenstand des Verfahrens 3 K 7047/13 VG Köln:
4Zu dem vorbezeichneten Aktenzeichen hat der Kläger am 15. November 2013 eine Klage erhoben. Gegenstand dieser Klage waren insgesamt sieben unterschiedliche Beihilfebescheide, die die Postbeamtenkrankenkasse im Auftrag der Deutschen Telekom AG erlassen hatte. Die stellvertretende Vorsitzende der für Beihilfestreitigkeiten der Bundesbeamten zuständigen Kammer des Verwaltungsgerichts hat unter dem 18. November 2013 Folgendes verfügt: „Es handelt sich hier um eine Klage, die insgesamt 7 Beihilfebescheide betrifft und damit unterschiedliche Streitgegenstände, die jeweils in gesonderten Verfahren zu bearbeiten sind. Es ist deshalb für jeden der in der Klageschrift aufgelisteten Leistungsanträge ein gesondertes Klageverfahren anzulegen. Die in den Betreff aufzunehmenden Daten der Leistungsanträge sind in der anliegenden Zweitschrift der Klage jeweils farblich markiert.“ Daraufhin sind sechs weitere Verfahren angelegt und zugehörige Aktenzeichen vergeben worden, denen jeweils ein Beihilfebescheid zugeordnet worden ist.
5Es ist, wie z. B. § 93 Satz 2 VwGO belegt, ohne Weiteres möglich, mehrere Ansprüche in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu erheben, d. h. zum Gegenstand einer einzigen Klage zu machen. Das Verwaltungsgericht kann allerdings anordnen, dass diese Ansprüche nicht in einem, sondern in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden (§ 93 Satz 2 VwGO). Diese Anordnung darf aber nicht – wie hier geschehen – durch bloße richterliche Verfügung erfolgen, sondern verlangt ungeachtet des nicht ganz eindeutigen Wortlauts („anordnen“) ebenso wie die Trennung von Verfahren, für die § 93 Satz 1 VwGO eine Entscheidung im Beschlusswege vorschreibt, aus Gründen der Rechtssicherheit und ‑klarheit einen förmlichen Beschluss des Gerichts.
6Vgl. Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO (Stand: April 2013), § 93 Rn. 24; Schmid, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 93 Rn. 20; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 93 Rn. 8; Stuhlfauth, in: Bader, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 93 Rn. 9; Haack, in: Gärditz, VwGO, § 93 Rn. 3; Garloff, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 93 Rn. 11 f.; Redeker/v.Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 93 Rn. 4; a. A. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 93 Rn. 6; Bamberger, in: Wysk, VwGO, § 93 Rn. 8, die – allerdings ohne tragfähige Begründung – auch einen konkludenten Trennungsbeschluss für zulässig erachten, was BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2001 – 9 B 72.01 –, juris, Rn. 3, zu § 93 VwGO i.V.m. § 138 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG offen gelassen hat.
7Dieser steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts und ist am Maßstab der Ordnung des Prozessstoffes im Interesse einer besseren Übersichtlichkeit auszurichten.
8Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. September 2012– 7 A 22.11 –, juris, Rn. 1, m. w. N.
9An einem solchen Beschluss fehlt es vorliegend. Auch der hier angegriffene Aussetzungsbeschluss kann – abgesehen von der abzulehnenden Annahme, ein Trennungsbeschluss könne auch konkludent ergehen – nicht der Sache nach als Trennungsbeschluss angesehen werden, weil er sich auf das (faktisch) bereits „abgetrennte“ Verfahren bezieht, wie die in den „Parallelverfahren“ zusätzlich ergangenen Aussetzungsbeschlüsse belegen.
10Der ggf. im Verfahren 3 K 7047/13 VG Köln erforderliche Trennungsbeschluss kann im Zeitpunkt dieser gerichtlichen Entscheidung nicht vom Verwaltungsgericht nachgeholt werden. Denn auch das Verfahren 3 K 7047/13 VG Köln ist ausgesetzt worden. Während der Aussetzung aber darf grundsätzlich keine Prozesshandlung vorgenommen werden bzw. gerichtliche Entscheidung mehr ergehen.
11Vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 1965 – V ZB 12/64 –, BGHZ 43, 135 = juris, Rn. 2; Stadler, in: Musielak, ZPO, 10. Aufl. 2013, § 249, Rn. 5; Greger, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 249 7, 8 ff.
12Schließlich kann das Verwaltungsgericht seinen Aussetzungsbeschluss im Verfahren 3 K 7047/13 VG Köln auch nicht mehr selber aufheben, nachdem die Sache in der Beschwerdeinstanz anhängig geworden ist.
13Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Tenor
Ziffer 1 des angefochtenen Beschlusses wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
1
Gründe:
2Die Beschwerde richtet sich bei verständiger Auslegung nur gegen Ziffer 1 des angefochtenen Beschlusses. Denn eine Beschwerde gegen Ziffer 2 des erstinstanzlichen Beschlusses wäre nach § 146 Abs. 2 VwGO bzw. dem darin zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken unzulässig.
3Gemäß § 75 Satz 3 VwGO setzt das Verwaltungsgericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten – verlängerbaren – Frist u. a. dann aus, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass über den Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt noch nicht entschieden worden ist. Der Grund muss objektiv vorliegen und darf nicht gegen die Rechtsordnung verstoßen.
4Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Januar 2004 – 7 B 58.03 ‑, ZOV 2004, 93 = juris, Rn. 4 und vom 23. Juli 1991 – 3 C 56.90 – NVwZ 1991, 1180 = juris, Rn. 10; Nds. OVG, Beschluss vom 25. März 2014 – 7 OB 7/14 ‑, GewArch 2014, 207 = juris, Rn. 3.
5Außerdem muss er die wesentliche (Mit-)Ursache für die ausgebliebene Widerspruchsentscheidung sein.
6Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. November 2010 – 4 S 2071/10 ‑, NVwZ-RR 2011, 224 = juris, Rn. 3.
7Diese Voraussetzungen sind vorliegend ungeachtet des Beschwerdevorbringens nicht erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat einen zureichenden Grund hier mit der Erwägung angenommen, im gerichtlichen Verfahren habe sich herausgestellt, der von der Beklagten eingeschaltete Gutachter sei aus näher dargelegten Gründen kein geeigneter Sachverständiger gewesen. Die Weigerung des Klägers, an der Prüfung der Notwendigkeit und wirtschaftlichen Angemessenheit der in Rede stehenden Aufwendungen für ärztliche Leistungen mitzuwirken, sei daher als wichtiger Grund im Sinne von § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I anzuerkennen; es sei möglich, dass der Kläger gegenüber einem anderen Arzt (gemeint: Amtsarzt) mitwirken werde.
8Der vom Verwaltungsgericht angeführte Grund war für das Nichtentscheiden über den Widerspruch bereits nicht (mit-)ursächlich. Das ergibt sich schon aus dem Umstand, dass sich die dem erstinstanzlichen Beschluss zu Grunde gelegte mangelnde Eignung des von der Beklagten herangezogenen Gutachters erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herausgestellt hat. Die Beklagte hat demnach nicht deshalb über den Widerspruch des Klägers nicht entschieden, weil sie selbst die mangelnde Eignung des Gutachters erkannt und daraus etwa den Schluss gezogen hätte, eine erneute, mehr Zeit beanspruchende Begutachtung, z. B. durch einen Amtsarzt, sei angezeigt. Dies korrespondiert mit den Erfahrungen des Senats mit der für die Beklagte handelnden Postbeamtenkrankenkasse in anderen Fällen (vgl. Urteile vom 12. September 2012 – 1 2333/09 - und vom 18. April 2013 ‑ 1 A 2426/10 ‑). Danach ignoriert die Beklagte in Fällen, in denen die Postbeamtenkrankenkasse für sie handelt, jedenfalls in von dieser als problematisch eingestuften Fällen schlichtweg ihre gesetzliche Verpflichtung, über erhobene Widersprüche zu entscheiden.
9Vorsorglich weist der Senat auf Folgendes hin: Das Klageverfahren enthebt die Beklagte nicht von der Verpflichtung zur Verbescheidung des erhobenen Widerspruchs sowie einer im Vorfeld erforderlichen sorgfältigen Ermittlung des Sachverhalts z. B. durch Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens. Auf die Aussetzung des Verfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO kommt es insoweit nicht an. Soweit der Kläger im vorliegenden Beschwerdeverfahren sich unter Hinweis auf „unstreitige“ Gebührenpositionen dagegen verwahrt, dass auch diese Gegenstand einer gutachterlichen Befassung und nachfolgenden behördlichen und später gerichtlichen Bewertung werden könnten, verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 27. Mai 2013 – 1 A 2782/11 ‑, NWVBl 2013, 442 = NVwZ-RR 2013, 745 = DÖD 2013, 239 = juris, insbes. Rn. 23 ff. = NRWE.
10Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
11Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.