Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 26. Juli 2016 - 13 B 254/16
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.166.666,00 Euro festgesetzt.
1
I.
2Die Beigeladene ist Inhaberin der mit Bescheid vom 2. September 2005 - zugestellt am 9. September 2005 - im sogenannten Nachzulassungsverfahren erteilten Verlängerung der Zulassung für das Arzneimittel „P. “ Tabletten, das als Wirkstoff 750 mg Methocarbamol pro Tablette enthält. Das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erteilte der Antragstellerin unter dem 15. August 2008 und dem 21. Januar 2009 zwei generische Zulassungen unter Bezugnahme hierauf („E. Methocarbamol 750 mg Tabletten“ und „N. Methocarbamol 750 mg Tabletten“). Diese wurden auf die Klage der Beigeladenen durch Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 30. Oktober 2012 - 7 K 2148/10 - mit der Begründung aufgehoben, sie seien unter Verletzung der Unterlagenschutzrechte der Beigeladenen ergangen. Bereits mit Bescheid vom 15. Juni 2010 hatte das BfArM der Antragstellerin auf deren Antrag vom 29. April 2009 die hier streitgegenständliche bibliografische Zulassung für das identische Arzneimittel „N1. 750 mg Tabletten“ erteilt. Hiergegen erhob die Beigeladene Widerspruch. Auf Antrag der Antragstellerin ordnete das BfArM am 29. Juli 2010 die sofortige Vollziehung der Zulassung an, nachdem zuvor die Beigeladene auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs schriftlich verzichtet hatte. Mit Änderungsanzeige vom 16. August 2010 zeigte die Antragstellerin eine Änderung der Bezeichnung des mit Bescheid vom 15. Juni 2010 zugelassenen Arzneimittels in „E. N1. 750 mg Tabletten“ an. Nachdem das Oberverwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 30. Oktober 2012 abgelehnt hatte (OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2013 - 13 A 2756/12 -), nahm das BfArM mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2014 die bibliografische Zulassung der Antragstellerin zurück. Am 17. Juni 2014 erhob die Antragstellerin dagegen Klage. Auf Antrag der Beigeladenen ordnete das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 15. Dezember 2014 (7 L 1502/14) die sofortige Vollziehung der Aufhebung der Zulassung an. Die dagegen von der Antragstellerin erhobene Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. April 2015 (13 B 1484/14) zurück.
3Auf Antrag der Antragstellerin vom 25. August 2015 hat das Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss vom 26. Januar 2016 den Beschluss vom 15. Dezember 2014 geändert und den Antrag der Beigeladenen auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2014 erfolgten Aufhebung der Zulassung für das Arzneimittel „E. N1. 750 mg Tabletten“ abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die gemäß § 80a Abs. 3 VwGO i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zu treffende Interessenabwägung falle nunmehr zugunsten der Antragstellerin aus. Der Rücknahmebescheid sei nach Ablauf der Unterlagenschutzfrist für das Arzneimittel „P. “ rechtswidrig. Die Ansprüche der Beigeladenen aus drittschützenden Vorschriften seien erloschen. Sie habe keinen Anspruch mehr auf Aufhebung der Zulassung der Antragstellerin vom 15. Juni 2010, da sich diese nunmehr als rechtmäßig erweise. Diese - nach Erlass des Aufhebungsbescheids eingetretenen Umstände - seien zu berücksichtigen, da im Konkurrentenstreit über den Unterlagenschutz im Arzneimittelrecht der Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht maßgeblich sei. Da die streitgegenständliche Zulassung rechtmäßig sei, bestehe kein berechtigtes Interesse der Beigeladenen mehr daran, bis zur Unanfechtbarkeit des Urteils den Sofortvollzug der Rücknahme anordnen zu lassen. Mit Urteil vom 26. Januar 2016 hat das Verwaltungsgericht Köln im Verfahren 7 K 3354/14 den Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 13. Juni 2014 aufgehoben. Dagegen hat die Beigeladene die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt (13 A 537/16).
4Am 29. Februar 2016 hat die Beigeladene Beschwerde gegen den Beschluss vom 26. Januar 2016 erhoben. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Der Abänderungsantrag sei bereits unzulässig. Zum Zeitpunkt des Erlasses des früheren Beschlusses vom 15. Dezember 2014 habe schon festgestanden, dass der Unterlagenschutz am 9. September 2015 ablaufe. Es liege folglich keine Änderung der entscheidungserheblichen Umstände vor, auf denen die Entscheidung vom 15. Dezember 2014 beruhe. Der Abänderungsbeschluss sei überdies auch rechtswidrig. Es komme für die im Hauptsacheverfahren erhobene Anfechtungsklage auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an. Ein Ausnahmefall, den das Bundesverwaltungsgericht annehme, wenn spezielle Grundrechte Einzelner (Art. 6 GG; Art. 8 EMRK) oder Planungsrechte der Gemeinde betroffen seien, liege nicht vor. Hier seien allein wirtschaftliche Interessen der Antragstellerin oder allenfalls ihr Recht aus Art. 2 GG betroffen. Eine Vergleichbarkeit mit bereits entschiedenen arzneimittelrechtlichen Sachverhalten sei auch nicht gegeben. Das Abstellen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung entspreche nicht den arzneimittelrechtlichen Regelungen und fördere zudem rechtswidriges Verhalten in unangemessener Weise. Die Rechtswidrigkeit der Zulassungserteilung im Jahre 2010 müsse daher nach Ablauf des Unterlagenschutzes fortbestehen. Außerdem sei rechtlich auf die heutigen Zulassungsvoraussetzungen abzustellen, denn sonst könnte die Antragstellerin die Zulassung auf einfacherem Wege erhalten, als es ihr bei rechtmäßigem Verhalten möglich gewesen wäre. Die Zulassung beruhe auf Unterlagen i. S. d. § 22 Abs. 3 AMG, die den heutigen gesetzlichen Anforderungen nicht genügten. Dass die damals vorgelegten Unterlagen nicht ausreichten, könne bereits an der Notwendigkeit der Vorlage einer aktuellen Äquivalenzstudie für den von der Antragstellerin erneut eingereichten Zulassungsantrag erkannt werden. Desweiteren sei die Zulassung bereits gemäß § 31 AMG erloschen. Ein rechtmäßiges Inverkehr-bringen des Arzneimittels innerhalb der Erlöschensfrist von drei Jahren sei nicht möglich gewesen.
5II.
6Die Beschwerde der Beigeladenen, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der dargelegten Gründe befindet, bleibt ohne Erfolg.
7Die Beschwerde der Beigeladenen ist zulässig. Insbesondere ist sie entgegen der Auffassung der Antragstellerin beschwerdeberechtigt. Sie ist als Beigeladene nicht nur formell Beteiligte des vorliegenden Verfahrens, sondern durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. Januar 2016 auch materiell beschwert. Als ursprüngliche Antragstellerin war die Beigeladene in dem vorangegangenen Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erfolgreich. Dadurch, dass das Verwaltungsgericht seinen Beschluss vom 15. Dezember 2014 geändert und den Antrag der Beigeladenen abgelehnt hat, kommt der Klage der Antragstellerin nunmehr aufschiebende Wirkung zu. Die Beigeladene verliert dadurch ihren bisher bestehenden Schutz vor der Vermarktung des wirkstoffgleichen Produkts durch die Antragstellerin.
8Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Beschwerdevorbringen stellt die allein maßgebliche Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage. Das Verwaltungsgericht hat den Beschluss vom 15. Dezember 2014 im Ergebnis zu Recht geändert und den Antrag der Beigeladenen auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der mit Widerspruchsbescheid erfolgten Aufhebung der Zulassung für das Arzneimittel „E. Methocarbomol 750 mg Tabletten“ abgelehnt.
9Der Abänderungsantrag der Antragstellerin ist sowohl zulässig (1.) als auch begründet (2.).
101. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ist der Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zulässig. Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragten. Bei der hier vorliegenden Ausgangsentscheidung handelt es sich zwar im engen Sinne nicht um einen Beschluss über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, weil er nicht einen Antrag auf Aussetzung, sondern auf Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 VwGO betraf. Da § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO aber für alle von § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO erfassten Fallgestaltungen auf § 80 Abs. 7 VwGO verweist, ist ein Abänderungsantrag auch in dieser umgekehrten Situation statthaft.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. März 2016 - 8 B 1341/15 -, juris, Rn. 16 m. w. N.
12Entgegen der Auffassung der Beigeladenen liegen hier veränderte Umstände im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vor. Mit Ablauf des 9. September 2015 - und damit nach Abschluss des früheren Verfahrens (7 L 1502/14; 13 B 1484/14) - ist die Unterlagenschutzfrist für das Arzneimittel „P. “ abgelaufen. Unerheblich ist, dass diese Veränderung und deren genauer Zeitpunkt bereits bei Erlass des Beschlusses vom 15. Dezember 2014 absehbar waren. Entscheidend ist vielmehr der Eintritt der veränderten Umstände erst nach Abschluss des früheren Verfahrens. Die fehlende Kenntnis und das fehlende Verschulden sind nur relevant für solche Umstände, die bereits bei Erlass des Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO bzw. § 80 a Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 VwGO vorlagen. Schon deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Antragstellerin den zukünftigen Ablauf der Unterlagenschutzfrist bereits im früheren Verfahren geltend gemacht hat oder hätte geltend machen können. Er war im Übrigen Gegenstand dieses Rechtsstreits. Die veränderten Umstände betreffen auch die entscheidungstragenden Erwägungen des Beschlusses vom 15. Dezember 2014. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Zulassungsbescheid vom 15. Juni 2010 jedenfalls bis zum Ablauf der Unterlagenschutzfrist am 9. September 2015 gegen § 24 AMG a.F. verstoße und bis zu diesem Zeitpunkt subjektive Rechte der Beigeladenen verletze. Diese habe ein berechtigtes Interesse daran, das eigene Arzneimittel jedenfalls bis zum Ende der Unterlagenschutzfrist ohne die Konkurrenz durch die Antragstellerin zu vermarkten, gegenüber dem das Interesse der Antragstellerin zurücktreten müsse, von einer zumindest noch bis September 2015 rechtswidrigen Zulassung Gebrauch zu machen.
132. Der Abänderungsantrag ist auch begründet. Gegenstand der Begründetheitsprüfung ist die Frage, ob die vorangegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 i. V. m. § 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 VwGO im gegenwärtigen Zeitpunkt und unter Zugrundelegung der jetzigen Sach- und Rechtslage erneut in gleicher Weise ergehen könnte. Der Entscheidungsmaßstab im Abänderungsverfahren entspricht demjenigen im vorangegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. März 2016 - 8 B 1341/15 -, juris, Rn. 49.
15Stellt - wie hier - die zuvor unterlegene Beigeladene den Abänderungsantrag, so ist dieser bereits dann begründet, wenn nunmehr eine Voraussetzung der Zulässigkeit oder der Begründetheit des früheren Antrags nach § 80 Abs. 5 i. V. m. § 80a VwGO nicht mehr besteht.
16Das ist hier der Fall. Der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2014 erfolgten Aufhebung der Zulassung des Arzneimittels „E1. W. N1. 750 mg Tabletten“ ist unzulässig geworden. Der Beigeladenen (und früheren Antragstellerin) fehlt nunmehr die analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Die Beigeladene ist hinsichtlich der im Rahmen des Widerspruchsbescheides erfolgten Aufhebung der bibliografischen Zulassung begünstigte Dritte einer die Antragstellerin als Adressatin belastenden Maßnahme. Die Antragsbefugnis für einen begünstigten Dritten erfordert die Möglichkeit einer Verletzung drittschützender Vorschriften, die für die Beigeladene nunmehr ausscheidet. Durch die infolge der aufschiebenden Wirkung der Klage gegebene Berechtigung der Antragstellerin, von der Zulassung vorerst (bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache) weiter Gebrauch zu machen, werden subjektiv-öffentliche Rechte der Beigeladenen nicht mehr berührt.
17Die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes über die Zulassung von Arzneimitteln sind öffentlich-rechtlicher Natur und vermitteln Dritten keine subjektiv-öffentlichen Rechte. Als drittschützende Normen in Konkurrenzsituationen kommen grundsätzlich nur die Bestimmungen über den Unterlagenschutz in Betracht, die den Interessen derjenigen pharmazeutischen Unternehmen dienen, die innovative Arzneimittel auf den Markt bringen.
18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. April 2016 - 13 B 28/16 -, juris, Rn. 12 ff., m. w. N., EuGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - Rs. C-104/13 (Olainfarm) -, Rn. 38 f.
19Die Verletzung des subjektiven Rechts auf Unterlagenschutz aus §§ 24b Abs. 1, i. V. m. §§ 141 Abs. 5 AMG, 24a Abs. 1 Satz 3 AMG in der bis zum Ablauf des 5. September 2005 geltenden Fassung, das auch bei der Stellung von gemischt-bibliografischen Zulassungsanträgen nach § 22 Abs. 3 AMG für wesentlich gleiche Arzneimittel zu beachten ist,
20vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. April 2015 - 13 B 1484/14 -, juris, Rn. 17 ff m. w. N.,
21sowie eine Verletzung der Drittschutz vermittelnden Frist des § 22 Abs. 3 AMG,
22vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2008 - 13 B 1169/08 - juris, Rn. 20 ff.,
23kommt unter keinen Umständen mehr in Betracht, nachdem die 10-jährige Schutzfrist - zwischen den Beteiligten unstreitig - am 9. September 2015 abgelaufen ist. Nach Ablauf dieses Schutzzeitraumes scheidet eine Verletzung des Rechts des Origina-tors auf Unterlagenschutz selbst dann aus, wenn der Zulassungsantrag bereits zuvor gestellt oder darüber hinaus die Zulassung sogar unter Verletzung dieser materiellen Voraussetzungen vor Ablauf der Schutzfrist erteilt wurde.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 3 C 19.14 -, juris, Rn. 31 ff., OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2801/10 -, juris, Rn. 160 ff., sowie Beschluss vom 26. September 2008 - 13 B 1169/08 ‑, juris, Rn. 20 ff. m. w. N.
25Die Möglichkeit der Verletzung (anderer) drittschützender Normen - etwa von Grundrechten - ist für die Beigeladene unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht ersichtlich. Die nach der Erteilung der Zulassung und vor Ablauf der Unterlagenschutzfrist durch die Antragstellerin erfolgte Vermarktung während eines Zeitraumes von ca. 4 Jahren (von 2010 bis 2014) beruht im Ausgangspunkt darauf, dass die Beigeladene nach Erhebung des Widerspruchs (freiwillig) auf die aufschiebende Wirkung desselben verzichtet hatte. Dieser freiwillige Verzicht, der Grundlage für die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch das BfArM war, mag zwar wegen der vorhandenen Konkurrenzsituation beachtliche Umsatzrückgänge zur Folge gehabt haben. Er führt aber mit Blick auf die obigen Ausführungen keinesfalls dazu, dass die Schutzfrist zu verlängern wäre.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
27Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 26. Juli 2016 - 13 B 254/16
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(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der Widerspruchsbescheid des BfArM vom 13.06.2014 betreffend das Arzneimittel „E. N. 750 mg Tabletten“ (Zul.-Nr. 00000.00.00) wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Mit Bescheid vom 02.09.2005, zugestellt am 09.09.2005, wurde der Fa. C. -X. -GmbH im sogenannten Nachzulassungsverfahren eine Verlängerung der Zulassung gemäß § 105 AMG für das Arzneimittel „P. “ Tabletten (Zulassungs-Nr. 0000000.00.00) erteilt. Dieses Arzneimittel enthält als Wirkstoff 750 mg Methocarbamol pro Tablette und wurde für das Anwendungsgebiet „Symptomatische Behandlung schmerzhafter Muskelverspannungen, insbesondere des unteren Rückenbereichs (Lumbago)“ zugelassen. Im Jahr 2008 wurde die Zulassung auf die Beigeladene übertragen.
3Unter dem 15.08.2008 erteilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – BfArM – der Klägerin eine generische Zulassung für das Arzneimittel „E. N. 750 mg Tabletten“ unter Bezugnahme auf das Referenzarzneimittel „P. “ Tabletten. Unter dem 20.01.2009 wurde der Klägerin eine weitere generische Zulassung für das Arzneimittel „N. N. 750 mg Tabletten“ erteilt, wobei ebenfalls das Arzneimittel „P. “-Tabletten als Referenzarzneimittel diente.
4Nachdem die Beigeladene Widerspruch gegen die generischen Zulassungen erhoben hatte, ordnete das BfArM im Oktober 2009 die sofortige Vollziehung der Zulassungen an. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2010 wies das BfArM die Widersprüche als unbegründet zurück.
5Auf die Anfechtungsklage der Beigeladenen vom 12.04.2010 – 7 K 2148/10 – gegen die generischen Zulassungen der Klägerin wurden diese durch Urteil der Kammer vom 30.10.2012 – 7 K 2148/10 – aufgehoben, weil die generischen Zulassungen unter Verletzung der Unterlagenschutzrechte der Antragstellerin aus § 24 b AMG erteilt worden waren. Der Rechtsauffassung der Beklagten, dass die Unterlagenschutzfrist abgelaufen sei, weil diese nach dem Prinzip der Globalzulassung mit der französischen Zulassung des Arzneimittels „M. 500 mg“ im Jahr 1996 begonnen habe, konnte das Gericht nicht folgen. Mit Beschluss des OVG NRW vom 11.10.2013 – 13 A 2756/12 – wurde der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil abgelehnt.
6Nach Erhebung des Widerspruchs der Beigeladenen gegen die generischen Zulassungen der Klägerin im Januar 2009 stellte die Klägerin am 29.04.2009 einen Antrag auf Zulassung eines identischen Arzneimittels mit der Bezeichnung „N. 750 mg Tabletten“ auf der Grundlage eines bibliographischen Antrags nach § 22 Abs. 3 AMG. Mit dem Antrag legte die Klägerin unter anderem eine Broschüre der Fa. C. -X. GmbH aus dem Jahr 2006 vor, in der die Durchführung und die Ergebnisse der toxikologischen und klinischen Studien beschrieben wurden, die die Fa. C. -X. im Nachzulassungsverfahren für „P. “ Tabletten zur Mängelbeseitigung vorgelegt hatte.
7Unter dem 15.06.2010 wurde der Klägerin die bibliographische Zulassung für „N. 750 mg Tabletten“ (Zulassungs-Nr. 00000.00.00) antragsgemäß erteilt. Hiergegen erhob die Beigeladene am 24.06.2010 Widerspruch und machte geltend, dass die Zulassung vermutlich auf Unterlagen der Beigeladenen für „P. “ gestützt worden sei, die noch der Unterlagenschutzfrist unterfielen, und damit rechtswidrig sei.
8Daraufhin beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 08.07.2010 beim BfArM die Anordnung der sofortigen Vollziehung und vertrat die Auffassung, der Widerspruch sei wegen Fehlens der Antragsbefugnis offensichtlich unzulässig und habe daher keine aufschiebende Wirkung.
9Mit Schreiben der Beigeladenen vom 22.07.2010 an das BfArM verzichtete diese auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs, hielt aber ausdrücklich an der Erhebung des Widerspruchs fest.
10Das BfArM ordnete mit Bescheid vom 29.07.2010 die sofortige Vollziehung der bibliographischen Zulassung vom 15.06.2010 an. Mit Änderungsanzeige vom 16.08.2010 zeigte die Klägerin eine Änderung der Bezeichnung des mit Bescheid vom 15.06.2010 zugelassenen Arzneimittels in „E. N1. 750 mg Tabletten“ an.
11Nachdem das OVG NRW mit Beschluss vom 11.10.2013 im Verfahren 13 A 2756/12 das Urteil der Kammer vom 30.10.2012 – 7 K 2148/10 – und damit die Aufhebung der generischen Zulassungen der Klägerin bestätigt hatte, entschied das BfArM mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014 über den Widerspruch der Beigeladenen gegen die bibliographische Zulassung für das streitgegenständliche Arzneimittel vom 15.06.2010 und hob die Zulassung auf.
12In der Begründung wurde ausgeführt, der Widerspruch der Beigeladenen sei zulässig und begründet. Die Zulassung sei rechtswidrig und verletze die Beigeladene in ihren subjektiven Rechten aus § 22 Abs. 3 Satz 1 AMG. Daher sei die Zulassung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG und § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 22 Abs. 3 AMG zurückzunehmen. Die von der Klägerin eingereichten Unterlagen der Beigeladenen bzw. ihrer Rechtsvorgängerin hätten bei Erteilung der bibliographischen Zulassung nicht verwertet werden dürfen, weil dies zu einer Umgehung der generischen Unterlagenschutzfrist führe. Ohne diese Unterlagen sei aber das übrige vorgelegte bibliographische Material zum Beleg von Wirksamkeit und Verträglichkeit nach § 22 Abs. 3 AMG nicht ausreichend.
13Am 17.06.2014 erhob die Klägerin im vorliegenden Verfahren Klage gegen die Rücknahme der Zulassung vom 15.06.2010 durch den Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014. Daraufhin beantragte die Beigeladene mit Schreiben vom 09.07.2014 beim BfArM die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rücknahmeentscheidung. Der Antrag wurde durch Bescheid des BfArM vom 30.07.2014 abgelehnt.
14Daher stellte die Beigeladene beim erkennenden Gericht einen Antrag nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 VwGO, die Rücknahmeentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014 für sofort vollziehbar zu erklären. Durch Beschluss vom 15.12.2014 – 7 L 1502/14 – ordnete das Gericht die sofortige Vollziehung der Rücknahmeentscheidung für die bibliographische Zulassung des Arzneimittels an. Diese Entscheidung war maßgeblich auf die Erwägung gestützt, dass sich die Klage der Klägerin auf Aufhebung der Rücknahmeentscheidung voraussichtlich als erfolglos erweisen würde, weil die Aufhebung als rechtmäßig anzusehen sei. Denn die der Klägerin erteilte bibliographische Zulassung vom 15.06.2010 sei wegen einer Verletzung der Rechte der Beigeladenen auf Schutz der Zulassungsunterlagen für „P. “ aus §§ 24 a AMG a.F., 141 Abs. 5 AMG rechtswidrig, weil sie auf einer mittelbaren Verwertung der Studien der Beigeladenen beruhe, die mittels einer Broschüre der Fa. C. -X. aus dem Jahr 2006 im bibliographischen Zulassungsverfahren vorgelegt worden seien.
15Die gegen die Anordnung des Sofortvollzugs gerichtete Beschwerde der Klägerin wurde durch Beschluss des OVG NRW vom 27.04.2015 – 13 B 1484/14 – zurückgewiesen. Das Gericht schloss sich im Grundsatz der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts an und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung. In der Begründung wurde ausgeführt, dass eine zehnjährige Unterlagenschutzfrist bei analoger Anwendung von § 24 b AMG auch gegenüber einer mittelbaren Verwertung von Unterlagen einer gemischt-bibliographischen Erstzulassung im Rahmen eines bibliographischen Zweitantrages bestehe.
16Mit Schriftsatz vom 25.08.2015 beantragte die Klägerin, den Beschluss des VG Köln vom 15.12.2014 im Verfahren 7 L 1502/14 gemäß § 80 Abs. 7 VwGO abzuändern und den Antrag der Beigeladenen auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014 erfolgten Aufhebung der Zulassung für „E. N1. “ abzulehnen, 7 L 2095/15. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klage der Klägerin habe wegen des bevorstehenden Ablaufs der Unterlagenschutzfrist für „P. “ am 09.09.2015 nunmehr Aussicht auf Erfolg. Denn für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides komme es nach der Rechtsprechung des OVG NRW (Urteil vom 25.02.2015 – 13 A 137/14 – ) im Fall eines Widerrufs einer arzneimittelrechtlichen Zulassung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung an. Dies müsse wegen des erheblichen Grundrechtseingriffs und der erschwerten Möglichkeit der Wiedererlangung einer Zulassung nicht nur für einen Widerruf, sondern auch für die hier streitgegenständliche Rücknahme einer Zulassung gelten.
17Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei die Frage des Beurteilungszeitpunkts nach dem materiellen Recht zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 13.04.2010 – 1 C 10/09 – juris, Rn. 11). Dies gelte auch für Rücknahme- und Widerrufsentscheidungen. Insbesondere bei Nachbarklagen im Bereich des Baurechts seien nach der Rechtsprechung nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen (OVG NRW, Beschluss vom 04.06.1998 – 10 A 1318/97 - ).
18.
19Der Aufhebungsanspruch der Beigeladenen entfalle jedoch mit dem Ablauf der Unterlagenschutzfrist im September 2015 mit der Folge, dass die Rücknahme des Zulassungsbescheides rechtswidrig geworden sei. Nach der Rechtsprechung des OVG NRW sei der Inhaber einer Erstzulassung nach Ablauf der Frist nicht mehr berechtigt, die Aufhebung oder Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zweitzulassung zu verlangen (OVG NRW, Urteil vom 04.07.2013 – 13 A 2801/10 – juris, Rn. 165, 169). Die Aufhebung der streitgegenständlichen Zulassung der Klägerin würde zu einer faktischen Verlängerung der Unterlagenschutzes für „P. “ bis zur Erlangung einer erneuten Zulassung führen, die nicht in Einklang mit dem materiellen Recht stehe. Die Unterlagenschutzfrist stehe einer Antragstellung und –bearbeitung vor Ablauf der Frist nicht entgegen. Es genüge, wenn der 10-Jahreszeitraum im Zeitpunkt der Erteilung der Zweitzulassung abgelaufen sei (OVG NRW, Beschluss vom 26.09.2008 - 13 B 1171/08 - ).
20Die „Broschüre“ der Fa. C. -X. mit der Wiedergabe der maßgeblichen Studienergebnisse sei somit nunmehr zu berücksichtigen. Es handele sich auch um anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG. Dieser Text sei von der Fa. C. -X. veröffentlicht worden und damit öffentlich zugänglich. Eine besondere wissenschaftliche Anerkennung sei nicht erforderlich. Diese enthalte auch inhaltlich eine hinreichende Beschreibung der Studienergebnisse. Ungeachtet dessen müsse die Beklagte die Broschüre auch nach § 24 d AMG berücksichtigen, nachdem der Unterlagenschutz abgelaufen sei.
21Die Beklagte und die Beigeladene widersprachen dem Antrag mit der Begründung, bei der streitgegenständlichen Rücknahme einer Zulassungsentscheidung komme es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung an. Mit dem Widerruf einer arzneimittelrechtlichen Zulassung sei dieser Fall nicht zu vergleichen. Daher sei der Verstoß gegen den Unterlagenschutz der Beigeladenen weiterhin zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Rechtsprechung zum Nachbarschutz im Baurecht auf den Unterlagenschutz im Arzneimittelrecht nicht übertragbar. Denn der Makel der rechtswidrigen Zulassungserteilung hafte der relevanten Zulassung dauerhaft an, auch nachdem die Unterlagenschutzfrist abgelaufen sei.
22Auf die Entscheidung des OVG NRW vom 04.07.2013, wonach nach dem Ablauf der Unterlagenschutzfrist keine Rechte des Erstantragstellers mehr bestünden, könne die Klägerin sich nicht berufen, weil das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 17.11.2014 – 3 B 67.13 – die Revision gegen das Urteil zugelassen habe.
23Die Klägerin dürfe für ihr rechtswidriges Verhalten, das zu der rechtwidrigen Erteilung der bibliographischen Zweitzulassung während der Unterlagenschutzfrist geführt habe, nicht dadurch belohnt werden, dass die Rechtswidrigkeit nach Ablauf der Frist als unbeachtlich angesehen würde. Dies führe zu einer Umgehung des Verwertungsverbots während der Schutzfristen. Bei einer rechtmäßigen Vorgehensweise sei eine Verwendung der Unterlagen und damit eine Zulassungsantragstellung nämlich erst ab dem Ablauf der Frist möglich.
24Aus § 24 d AMG ergebe sich nicht, dass die Beklagte nunmehr verpflichtet sei, die Unterlagen der Beigeladenen zu verwerten. Vielmehr steht die Verwertung im Ermessen der Behörde. Im Übrigen sei es nicht Aufgabe der Bundesoberbehörde, die Zulassungsfähigkeit des Arzneimittels der Klägerin herzustellen. Vielmehr obliege der Klägerin der Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels.
25Es sei auch nicht richtig, dass eine Aufhebung einer ursprünglich rechtswidrigen Zulassung, die nach Ablauf der Schutzfrist fortbestehe, zu einer Verlängerung der Schutzfrist führe. Denn es sei jedermann freigestellt, nach Ablauf der Frist einen Zulassungsantrag zu stellen.
26Unabhängig von den Rechten der Beigeladenen sei die streitgegenständliche Zulassung auch im jetzigen Zeitpunkt rechtswidrig, weil eine Bezugnahme auf die „Broschüre“ der Fa. C. -X. grundsätzlich nicht möglich sei. Denn es handele sich nicht um anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG, weil die beschriebenen Studien bisher nicht veröffentlicht worden seien. Die Broschüre sei keine öffentlich zugängliche und anerkannte Quelle. Im Ergebnis enthalte die Broschüre nur eine nicht aussagekräftige Zusammenfassung der durchgeführten Studien. Die übrigen Literaturdaten allein seien jedoch für die Feststellung von Wirksamkeit und Verträglichkeit des Arzneimittels unzureichend. Insofern wird auf eine Stellungnahme des BfArM vom 18.08.2015 Bezug genommen.
27Am 09.09.2015 lief die Unterlagenschutzfrist für das Arzneimittel „P. “ der Beigeladenen ab. Die Klägerin stellte danach bei der Beklagten einen erneuten Antrag auf eine generische Zulassung unter Bezugnahme auf die Unterlagen von „P. “ sowohl im nationalen Verfahren als auch im dezentralisierten Verfahren mit Deutschland als „reference member state“ (RMS). In diesem Verfahren wurde wegen einer Änderung der Leitlinien eine neue Bioäquivalenzstudie vorgelegt. In beiden Verfahren sind noch keine Entscheidungen ergangen.
28Im Klageverfahren hat sich die Klägerin auf ihren Vortrag in den Verfahren 7 L 1502/14 und 7 L 2095/15 berufen. Ergänzend hat sie ausgeführt, es treffe nicht zu, dass die klinische Studie, die im Rahmen des Nachzulassungsverfahrens für das Arzneimittel „P. “ vorgelegt worden sei, nicht veröffentlicht sei und damit nicht als anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG anerkannt werden könne. In der Zeitschrift „MMW-Fortschritte der Medizin“ sei die Studie zwischenzeitlich durch die Autoren O. F. , K.A. N2. , M. T. unter der Überschrift „N1. bei akuten Rückenschmerzen“ beschrieben worden (Ausgabe 2015, 157). Soweit diese Publikation noch Fragen offen lasse, sei die Beklagte gemäß § 24 d AMG verpflichtet, diese durch Rückgriff auf den vorliegenden Abschlussbericht der Studie zu beantworten. Die der Klägerin erteilte bibliographische Zulassung sei daher nunmehr rechtmäßig.
29Der Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Beiladung vom 13.01.2016 wurde durch Beschluss der Kammer vom 22.01.2016 abgelehnt.
30Die Klägerin beantragt,
31den Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014 betreffend das Arzneimittel „E. N1. 750 mg Tabletten“ (Zul.-Nr. 00000.00.00) aufzuheben.
32Die Beklagte beantragt,
33die Klage abzuweisen.
34Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
35die Klage abzuweisen.
36Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und in den Verfahren 7 K 2148/10, 7 L 1502/14 und 7 L 2095/15 sowie auf die von der Beklagten in diesen Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge und sämtliche von den Beteiligten in diesen Verfahren vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
37E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
38Die Klage ist gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zulässig und begründet. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13.06.2014 erweist sich im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
39Welcher Zeitpunkt bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes zugrunde zu legen ist, beurteilt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach dem anwendbaren materiellen Recht,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.07 - , BVerwGE 130, 113-122; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO-Großkommentar, 3. Aufl. 2010, § 113 Rn. 91 ff.
41Hierbei gilt als Regelfall, dass bei eingreifenden Verwaltungsakten - wie der Rücknahme oder dem Widerruf von Genehmigungen - grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, wenn nicht das anwendbare materielle Recht die Berücksichtigung späterer Änderungen von Sach- oder Rechtslage gebietet. Dies ist beispielweise der Fall im Bereich des Aufenthaltsrechts und des Baurechts. Hier sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wegen der Grundrechtsintensität des betreffenden Eingriffs und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Rücknahme oder dem Widerruf einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis auch spätere Veränderungen der Sach- oder Rechtslage zu berücksichtigen,
42BVerwG, Urteil vom 13.04.2010 – 1 C 10/09 – juris, Rn. 11 ff.
43Insbesondere ist nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bei der Prüfung einer Aufhebung der Baugenehmigung, die auf einen Nachbarwiderspruch hin erfolgt ist, der gleiche materielle Beurteilungsmaßstab anzulegen, der auch im Rahmen einer Nachbarklage gegen die Genehmigungserteilung Anwendung finden würde. In diesem Verfahren sind aber zwischenzeitlich ergangene Rechtsänderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen, da es nicht verhältnismäßig wäre, eine bei Erlass rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste,
44vgl. OVG NRW, Beschluss vom 04.06.1998 – 10 A 1318/97 – juris, Rn. 6 ff.; Wolff, in Sodan/Ziekow, VwGO-Großkommentar, 4. Auflage 2014, § 113 Rn. 119.
45Diese für die baurechtliche Nachbarklage geltenden Maßstäbe können nach Auffassung der Kammer auch bei der Anfechtung von Zulassungsentscheidungen durch Dritte, insbesondere durch Vorantragsteller, im Arzneimittelrecht Anwendung finden. Sie können daher auch auf den hier streitgegenständlichen Fall einer Aufhebung einer Zulassung im Drittwiderspruchsverfahren, die vom Zulassungsinhaber angefochten wird, übertragen werden, weil die Interessenlage vergleichbar ist. Insbesondere ist die Aufhebung einer Zulassung eine Maßnahme mit besonderer Eingriffsintensität in die Rechte des pharmazeutischen Unternehmers aus Art. 12 GG, weil die Neuerteilung einer Zulassung wegen des zeitlichen und finanziellen Aufwands, gegebenenfalls gestiegener Anforderungen und weiterreichender Versagungsgründe erheblich erschwert ist,
46vgl. OVG NRW, Urteil vom 25.02.2015 – 13 A 1371/14 – „Kava-Kava“, juris: für den Widerruf einer arzneimittelrechtlichen Zulassung.
47Es wäre daher nicht verhältnismäßig, die Aufhebung einer rechtswidrigen Zulassung in einem Drittwiderspruchsverfahren gerichtlich zu bestätigen, wenn wegen einer Änderung der Sach- oder Rechtslage feststeht, dass die Zulassung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtskonform ist, weil sie nicht mehr gegen Rechte des Dritten verstößt.
48Es kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben, ob die Rechtsprechung zur baurechtlichen Nachbarklage auch insoweit im Arzneimittelrecht Anwendung finden kann, als nach Genehmigungserteilung eintretende Umstände, die für den Bauherrn – bzw. den Inhaber der Zweitgenehmigung - nachteilig sind, nicht berücksichtigt werden. Zweifel an einer Übertragung dieser Praxis auf die arzneimittelrechtliche Drittanfechtung ergeben sich aus dem Grundsatz der Arzneimittelsicherheit, der die Beachtung aller aktuellen Umstände und Erkenntnisse bei einer gerichtlichen Entscheidung über die Erteilung und den Bestand einer Zulassung für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln erfordert. Daher ist beim Widerruf einer arzneimittelrechtlichen Zulassung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich,
49vgl. OVG NRW, Urteil vom 25.02.2015 – 13 A 1371/14 – juris; VG Köln, Urteil vom 20.05.2014 – 7 K 6969/11 – juris: für den Widerruf einer arzneimittelrechtlichen Zulassung.
50Ob dies auch generell für die Rücknahme einer arzneimittelrechtlichen Zulassung gilt, kann hier offen bleiben. Nach Auffassung der Kammer kann jedenfalls in dem hier vorliegenden Konkurrentenstreit der Klägerin nicht verwehrt werden, sich auf den für sie günstigen Umstand des Ablaufs der Unterlagenschutzfrist zu berufen, der nach Erlass der streitgegenständlichen Rücknahme der Zulassung erfolgte.
51Dies folgt aus einer Auslegung des materiellen Rechts, das die Beachtung des Endes des Unterlagenschutzes zugunsten des Inhabers der Zweitzulassung gebietet. Maßgeblich sind insoweit die Rechtsvorschriften des Arzneimittelrechts, die die Bezugnahme oder die Verwendung von Unterlagen eines Vorantragstellers im Rahmen eines nachfolgenden generischen oder bibliographischen Zulassungsantrages für ein vergleichbares Arzneimittel regeln. Nach den hier anwendbaren Vorschriften, insbesondere § 24 a Abs. 1 Satz 3 AMG a.F., besteht nach dem Ende der Unterlagenschutzfrist kein Anspruch des Erstantragstellers auf Aufhebung der Zulassung mehr, selbst wenn die Zulassung noch während der Schutzfrist und damit rechtswidrig erteilt worden ist,
52vgl. OVG NRW, Urteil vom 04.07.2013 – 13 A 2801/10 - „Clopidogrel“.
53Diese Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts bezieht sich zwar unmittelbar auf die Unterlagenschutzfrist nach Art. 13 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 2309/93 im zentralen Zulassungsverfahren, die hier nicht anwendbar ist. Art. 13 Abs. 4 verweist aber auf Art. 4 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a) iii) der Richtlinie 65/65/EWG in der Fassung der Richtlinie 87/21/EWG, die später in Art. 10 Abs. 1 Buchstabe a) iii) der Richtlinie 2001/83/EG vom 22.12.2001 übernommen wurde. Diese gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen sind wiederum Grundlage der nationalen Vorschrift des § 24 a Abs. 1 Satz 3 AMG in der bis zum 05.09.2005 geltenden Fassung. Die hier festgelegte 10-jährige Schutzfrist ist auch im vorliegenden nationalen Zulassungsverfahren nach § 22 Abs. 3 AMG auf der Grundlage einer analogen Anwendung des § 24 b i.V.m.. § 141 Abs. 5 AMG zu beachten.
54Die o.g. Entscheidung des OVG NRW, die sich auch mit der Auslegung der hier anwendbaren Vorschriften befasst, kann daher auf das vorliegende Verfahren übertragen werden.
55Daher war die streitgegenständliche Zulassung der Klägerin vom 15.06.2010, die auf § 22 Abs. 3 AMG beruhte, wegen einer mittelbaren Verwertung der Unterlagen der Beigeladenen für das am 02.09.2005 zugelassene Arzneimittel „P. “ innerhalb der zehnjährigen Schutzfrist wegen eines Verstoßes gegen § 24 b, § 141 Abs. 5 AMG i.V.m. § 24 a AMG rechtswidrig,
56vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27.04.2015 - 13 B 1484/14 - und VG Köln, Beschluss vom 15.12.2014 - 7 L 1502/14 - .
57Infolgedessen war der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 13.06.2014 im Drittwiderspruchsverfahren der Beigeladenen gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 und § 73 Abs. 1 VwGO im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig. Auf die Gründe der o. g. Beschlüsse wird in vollem Umfang Bezug genommen.
58Nachdem jedoch die Unterlagenschutzfrist am 09.09.2015 – zehn Jahre nach der Zustellung des Zulassungsbescheides für „P. “ – abgelaufen ist, wird die Beigeladene durch die streitgegenständliche Zulassung nicht mehr in ihren Unterlagenschutzrechten verletzt. Der Aufhebungsbescheid kann daher nicht mehr auf einen Verstoß gegen § 24 b AMG gestützt werden (hierzu 1.). Er kann aber auch nicht mehr auf die Verletzung von § 22 Abs. 3 AMG und die Rücknahmevorschriften des § 30 Abs. 1 und Abs. 2 AMG gestützt werden (hierzu 2.). Der Aufhebungsbescheid vom 13.06.2014 ist daher im nun maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung rechtswidrig und aufzuheben.
591.
60Eine Verletzung von Unterlagenschutzrechten der Beigeladenen nach Ablauf der Schutzfrist kommt nicht mehr in Betracht. Denn innerhalb der Zehnjahresfrist des hier analog anwendbaren § 24 b, § 141 Abs. 5 AMG i.V.m. § 24 a Abs. 1 Satz 3 AMG a.F. ist zwar die Erteilung einer Zulassung nicht zulässig und damit eine gleichwohl erteilte Zulassung rechtswidrig. Die Frist steht aber einer Antragstellung und Bearbeitung eines Zulassungsantrages für ein wesentlich gleiches Arzneimittel vor Fristablauf nicht entgegen,
61OVG NRW, Urteil vom 04.07.2013 - 13 A 2801/10 - juris, Rn. 161 ff.
62Diese Auslegung gilt nicht nur für die Unterlagenschutzrechte des Erstantragstellers gemäß Art. 13 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 i.V.m. Art. 4 Abs. 2 Nr. 8 der Richtlinie 65/65/EWG in der Fassung der Richtlinie 87/21/EWG, die für Referenzarzneimittel Anwendung findet, deren Genehmigung im zentralen Zulassungsverfahren vor dem 20.11.2005 beantragt wurde,
63vgl. OVG NRW, Urteil vom 04.07.2013 - 13 A 2801/10 – „Clopidogrel“.
64Sie ist gleichermaßen zutreffend für die Auslegung der hier anwendbaren Vorschrift des Art. 10 Abs. 1 Buchstabe a) iii) der Richtlinie 2001/83/EG in der bis zum 30.11.2005 geltenden Fassung und der darauf beruhenden nationalen Regelung des § 24 a Abs. 1 Satz 3 AMG a. F., die für Referenzarzneimittel gilt, deren Zulassung im nationalen Verfahren vor dem 30.10.2005 beantragt wurde. Denn diesen Regelungen liegen ebenfalls die Bestimmungen in Art. 4 Abs. 2 Nr. 8 der Richtlinie 65/65/EWG in der Fassung der Richtlinie 87/21/EWG zugrunde. Die Rechtsprechung des OVG NRW kann daher auf die hier anwendbaren Vorschriften übertragen werden.
65Gemäß Art. 10 Abs. 1 Buchstabe a) iii) der Richtlinie 2001/83/EG war der Antragsteller nicht verpflichtet, die Ergebnisse der vorklinischen und klinischen Versuche vorzulegen, wenn er nachweisen konnte, dass das Arzneimittel im Wesentlichen einem Arzneimittel gleicht, das seit mindestens 6 Jahren in der Gemeinschaft nach den Gemeinschaftvorschriften zugelassen und im Verkehr ist. Die Mitgliedsstaaten konnten diese Frist auf zehn Jahre verlängern. Davon hatte der nationale Gesetzgeber in § 24 a Abs. 1 Satz 3 AMG a.F. Gebrauch gemacht. Nach dieser Vorschrift war die Bezugnahme auf die vorklinischen und klinischen Prüfungen eines Referenzarzneimittels ohne die Zustimmung des Vorantragstellers zulässig, wenn der Antragsteller nachwies, dass die erstmalige Zulassung des Arzneimittels in der EG länger als zehn Jahre zurücklag.
66Der Nachweis für den Ablauf der 10-Jahres Frist kann daher - ebenso wie der Nachweis der wesentlichen Gleichheit - als materiell-rechtliche Voraussetzung der Erteilung der Zulassung aufgefasst werden. Diese durfte nicht vor Ablauf der Frist erfolgen. Dagegen enthielten diese Bestimmungen keine ausdrückliche Regelung für das Zulassungsverfahren, insbesondere kein Verbot für die Einreichung des Antrags oder die behördeninterne Bearbeitung vor Ablauf der Frist. Daher gibt es auch kein korrespondierendes Recht des Erstantragstellers, die Verletzung einer Antragsfrist nach Ablauf des Schutzzeitraums noch geltend zu machen,
67vgl. OVG NRW, Urteil vom 04.07.2013 - 13 A 2801/10 - juris Rn. 162 f.; VG Berlin, Beschluss vom 19.03.1990 - 14 A 78.90 - juris Rn. 21, OVG Berlin, Beschluss vom 06.04.1990 - 5 S 34.90 – juris, Rn. 3.
68Eine Auslegung dieser Regelung dahingehend, dass erst nach Ablauf der zehnjährigen Schutzfrist die Stellung und Bearbeitung eines Zulassungsantrages gestattet ist, ist auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des innovativen Unternehmers nicht erforderlich. Denn die zehnjährige Schutzfrist ab der Erstzulassung sichert dem Erstantragsteller einen erheblichen und genau kalkulierbaren Zeitraum, in dessen Verlauf er Konkurrenz durch Nachahmerpräparate nicht fürchten muss. Eine Erweiterung dieser Frist durch einen unbestimmten zusätzlichen Zeitraum, der für die Bearbeitung eines Zweitantrages erforderlich ist, ist dagegen nicht geboten,
69vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26.09.2008 - 13 B 1169/08, 13 B 1171/08 und 13 B 1202/08 - juris; VG Köln, Urteil vom 20.10.2010 - 24 K 7534/08 - .
70Dies würde zu unterschiedlichen Schutzfristen für die Erstantragsteller führen, die vom jeweiligen Bearbeitungsbedarf abhängig und somit nicht berechenbar wären.
71Auch die Änderung und Differenzierung der Unterlagenschutzfristen bei generischen Anträgen durch die Richtlinie 2004/27/EG vom 31.03.2004, die durch das 14. Änderungsgesetz vom 29.08.2005 (BGBl. I S. 2570) in Gestalt des § 24 b AMG umgesetzt wurde, führt nicht zu einer abweichenden Auslegung. Nach § 24 b Abs. 1 AMG gilt nun eine achtjährige Frist, in der eine Bezugnahme und damit auch eine Antragstellung und Bearbeitung unzulässig ist und eine zehnjährige Vermarktungssperre, mit der Folge, dass ein Zulassungsbescheid bereits vor Ablauf von 10 Jahren erteilt, aber nicht ausgenutzt werden kann,
72vgl. Kortland, in Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz 2012, § 24 b Rn. 42; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 121. Akt.-Lief. 2012, § 24 b Anm. 28; Ambrosius, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2. Aufl. 2014, § 6 Rn. 211.
73Der Gesetzgebungsgeschichte kann aber nicht entnommen werden, dass durch diese Änderung eine bereits zuvor geltende zehnjährige Frist für die Antragstellung um zwei Jahre verkürzt werden sollte. Vielmehr sollten die Zulassung für Generika vereinfacht und unterschiedliche Schutzfristen in den Mitgliedsstaaten harmonisiert werden,
74vgl. Erwägungsgründe der Richtlinie 2004/27/EG vom 31.03.2004.
75Eine Absicht zur Reduzierung der Unterlagenschutzfrist lässt sich dieser Begründung nicht entnehmen,
76OVG NRW, Beschluss vom 26.09.2008 – 13 B 1169/08 – juris, Rn. 51.
77Demnach kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber sowohl nach der früheren Regelung in § 24 a Abs. 1 Satz 3 AMG a.F. als auch nach der neuen Regelung in § 24 b Abs. 1 AMG für generische Zulassungsanträge dem Erstantragsteller eine insgesamt zehnjährige Frist für die exklusive Vermarktung eines Arzneimittels zugestehen wollte, dessen Zulassung er durch erhebliche Investitionen in die Zulassungsunterlagen erwirkt hat. Diese Frist kann nur durch die Erweiterung der Zulassung um neue Anwendungsgebiete um 1 Jahr verlängert werden, § 24 b Abs. 1 Satz 3 AMG. Gleiches gilt für die mindestens zehnjährige allgemeine medizinische Verwendung des Wirkstoffs nach § 22 Abs. 3 AMG i.V.m. Art. 10 a der Richtlinie 2001/83/EG i.d.F. der Richtlinie 2004/27/EG. Auch diese räumt dem Erstantragsteller nur das subjektive Recht ein, gegen die Erteilung einer bibliographischen Zulassung während der Zehn-Jahres-Frist vorzugehen, nicht aber gegen eine Antragstellung und Bearbeitung vor Ablauf der Frist,
78vgl. OVG NRW, Urteil vom 04.07.2013 - 13 A 2801/10 - juris, Rn. 163; Beschlüsse vom 26.09.2008 - 13 B 1169/08 und 13 B 1202/08 - ; VG Köln, Beschlüsse vom 25.07.2008 - 7 L 1009/08 u.a. - ; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 123. Akt.-Liefg. 2012, § 22 Anm. 87.
79Aus Sicht der Kammer spricht insbesondere diese einheitliche Auslegung der Unterlagenschutzfristen im Sinne eines zehnjährigen Vermarktungsschutzes dafür, an der Rechtsprechung des OVG NRW im Urteil vom 04.07.2013 trotz Zulassung der Revision durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.11.2014 – 3 B 67/13 – zunächst festzuhalten. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem genannten Beschluss auch nicht zum Ausdruck gebracht, dass insoweit erhebliche rechtliche Bedenken bestehen. Vielmehr wollte der Senat das Revisionsverfahren zum Anlass nehmen, grundsätzlich zu klären, welche Rechtspositionen dem Inhaber der Zulassung eines Referenzarzneimittels gegenüber einer späteren rechtswidrigen Zulassung eines Generikums zustehen. Somit erscheint auch eine Bestätigung der Rechtsprechung des OVG NRW im Revisionsverfahren möglich.
80Demnach war die der Klägerin am 15.06.2010 erteilte bibliographische Zulassung nur deshalb rechtswidrig, weil sie innerhalb der noch bis zum 09.09.2005 laufenden Unterlagenschutzfrist für „P. “ erfolgte. Ein Rechtsfehler wegen der vor Fristablauf erfolgenden Stellung des Zulassungsantrages lag jedoch nicht vor. Nur eine verfrühte Antragstellung könnte aber dazu führen, dass die Zulassung auch aktuell noch rechtswidrig ist, weil dieser Verfahrensfehler durch den Ablauf der Schutzfrist nicht geheilt werden kann. Daraus folgt, dass nach Ablauf der Unterlagenschutzfrist im September 2005 Rechte der Beigeladenen durch die streitgegenständliche Zulassung nicht mehr verletzt werden. Ein weiterhin anhaftender „Makel“ einer verfrühten Antragstellung liegt aber gerade nicht vor.
81Ist aber ein materieller Anspruch der Beigeladenen auf Aufhebung einer generischen Zulassung nach Ablauf der Schutzfrist nicht mehr begründet, ist dies auch im Rahmen einer Klage gegen die Aufhebung dieser Zulassung zu berücksichtigen. Daher ist der Aufhebungsbescheid vom 13.06.2014 nunmehr rechtswidrig, weil die Zulassung nicht mehr gegen Rechte der Beigeladenen verstößt.
822.
83Der Aufhebungsbescheid ist auch nicht als Rücknahme einer Zulassung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AMG rechtmäßig. Die Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage liegen nicht mehr vor.
84Nach diesen Vorschriften ist eine Zulassung zurückzunehmen, wenn bei ihrem Erlass das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 AMG nicht dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprach. Sie kann zurückgenommen werden, wenn in den Unterlagen nach § 22 Abs. 3 AMG unvollständige Angaben gemacht worden sind.
85Der Beklagten kann zwar darin gefolgt werden, dass bei Erlass der streitgegenständlichen Zulassung am 15.06.2010 die Unterlagen nach § 22 Abs. 3 AMG nicht für die Begründung von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des beantragten Arzneimittels ausreichten und die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Zulassung daher im Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung am 13.06.2014 vorlagen. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Unterlagenschutzfrist für „P. “ noch nicht abgelaufen und die „Broschüre“ der Fa. C. -X. GmbH, die wesentliche Untersuchungsergebnisse aus dem Zulassungsverfahren für „P. “ enthielt, durfte analog § 24 b AMG nicht berücksichtigt werden. Die übrigen bibliographischen Unterlagen waren aber für die erstrebte Zulassung nach § 22 Abs. 3 AMG nicht ausreichend, wie das BfArM erneut in seiner Stellungnahme vom 18.08.2015 belegt hat. Dies hat auch die Klägerin nicht substantiiert bestritten.
86Diese Sachlage hat sich aber durch den Ablauf der Unterlagenschutzfrist geändert. Die Beigeladene kann der Zulassung nicht mehr entgegenhalten, dass ihre Unterlagenschutzrechte verletzt werden. Dieser Umstand ist auch, wie ausgeführt, im Rahmen der Anfechtungsklage gegen die Aufhebung zu berücksichtigen. Es ist daher folgerichtig, wenn auch bei der gerichtlichen Überprüfung der Rücknahme der Zulassung nach § 30 AMG der Wegfall des Unterlagenschutzes zu beachten ist, soweit er auf die Rücknahmeentscheidung eine Auswirkung hat. Andernfalls wären die Unterlagen des Erstantragstellers auf dem Umweg über § 30 AMG über den Fristablauf hinaus geschützt, was nicht dem Gesetzeszweck entspricht.
87Wegen des Wegfalls des Unterlagenschutzes kann die vorgelegte „Broschüre“ mit den maßgeblichen Studienergebnissen nun als „anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial“ im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG in die Beurteilung von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels einbezogen werden.
88Der Einwand der Beklagten, die „Broschüre“ erfülle nicht die Voraussetzungen für die Anerkennung als „anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial“, vermag nicht zu überzeugen. Dem steht schon entgegen, dass die Beklagte diese Unterlagen bei der Erteilung der Zulassung am 15.06.2010 als ausreichend bewertet hat. Andernfalls hätte sie die Zulassung nicht erteilen dürfen.
89Darüber hinaus lässt sich auch auf der Grundlage einer Auslegung des § 22 Abs. 3 AMG i.V.m. Art. 10 a der Richtlinie 2001/83/EG nicht begründen, dass dieses Schriftstück die Anforderungen nicht erfüllt.
90In § 22 Abs. 3 AMG ist das „andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial“ nicht definiert. Erkenntnisse zur Auslegung ergeben sich aus dem Anhang zur Richtlinie 2001/83/EG bzw. den hiermit übereinstimmenden Arzneimittelprüfrichtlinien sowie aus der Rechtsprechung des EuGH zur bibliographischen Zulassung.
91In Teil II Ziff. 1 des Anhangs I der Richtlinie 2001/83/EG sind die Anforderungen an Zulassungsanträge gemäß Art. 10 a der Richtlinie beschrieben. Dort heißt es, anstelle der Module 4 und 5 sei anhand einer ausführlichen wissenschaftlichen Bibliographie auf präklinische und klinische Fragen einzugehen. Unter dem Buchstaben b) wird gefordert, dass die eingereichten Unterlagen alle Aspekte der Unbedenklichkeits- und /der Wirksamkeitsbewertung abdecken und einen Überblick über die einschlägigen Veröffentlichungen umfassen müssen. Dabei seien vor und nach dem Inverkehrbringen durchgeführte Studien und wissenschaftliche Veröffentlichungen über die vorliegenden Erfahrungen in Form von epidemiologischen Studien zu berücksichtigen.
92Nach der Rechtsprechung des EuGH schwächt das sog. abgekürzte Verfahren im Sinne des Art. 10 a der Richtlinie 2001/83/EG in keiner Weise die Anforderungen ab, denen die Arzneimittel in Bezug auf Sicherheit und Wirksamkeit genügen müssen, sondern entbindet den Antragsteller lediglich von der nochmaligen Durchführung der erforderlichen Versuche. Stattdessen ist dieser verpflichtet, durch eine eingehende Bezugnahme auf wissenschaftliche Veröffentlichungen nachzuweisen, dass die im Anhang der Richtlinie beschriebenen Versuche zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt worden sind und den Nachweis erbracht haben, das der Wirkstoff des Arzneimittels die in Art. 4 (der Richtlinie 65/65/EWG, heute Art. 8 der Richtlinie 2001/83/EG) genannten Kriterien für eine Zulassung erfüllt,
93vgl. EuGH, Urteil vom 05.10.1995 – C-440/93 – juris, Rn. 17; Urteil vom 23.10.2014 – C-104/13 – juris, Rn. 29.
94Demnach ist von dem vorgelegten Erkenntnismaterial zu fordern, dass es nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten aufbereitet und veröffentlicht ist und hinreichende Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Verträglichkeit des Arzneimittels enthält, sodass die Durchführung neuer Studien überflüssig ist.
95Dies ist bei der Broschüre der Fa. C. -X. der Fall. Diese enthält insbesondere die Ergebnisse der notwendigen klinischen und präklinischen Studien der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen. Bei wissenschaftlichen Studien, die mit einem vergleichbaren Arzneimittel zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt worden sind, handelt es sich um einen typischen Fall des „anderen Erkenntnismaterials“. Dieses wurde auch veröffentlicht, weil die Broschüre mit Wissen und Willen der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen in den Verkehr gelangt ist, auch wenn diese Veröffentlichung nicht in einer Fachzeitschrift erfolgte. Dass die Studie nach wissenschaftlichen Erkenntnissen angefertigt und dokumentiert wurde, ist nicht zweifelhaft. Fraglich könnte allenfalls sein, ob die in der Broschüre enthaltenen, zusammengefassten Aussagen inhaltlich ausreichend sind, um die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels zu beurteilen.
96Es ist jedoch gerade charakteristisch für die Publikation einer Studie – auch in einer Fachzeitschrift – dass diese nicht den Studienbericht in allen Einzelheiten wiedergibt, sondern eine Zusammenfassung von Studiendesign, Studienverlauf und Studienergebnissen enthält. Wenn die Beklagte eine derartige Darstellung als unzureichend beurteilt, muss sie im Einzelnen darlegen, welche Mängel vorhanden sind, die eine Beurteilung der Studienergebnisse nicht zulassen. Eine derartige substantiierte Darstellung der Mängel der Broschüre hat die Beklagte jedoch nicht vorgelegt. Hierzu ist sie aber verpflichtet, wenn sie sich auf den Versagungsgrund nicht vollständiger bzw. nicht ausreichender Unterlagen beruft,
97vgl. BVerwG, Urteil vom 18.05.2010 – 3 C 25.09 – juris, Rn. 19.
98Demgegenüber kann die Beklagte sich auch nicht darauf berufen, man habe sich in der Arbeitsgruppe für das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und das dezentralisierte Verfahren (CMDh) darauf geeinigt, nur noch Veröffentlichungen in Fachzeitschriften als bibliographisches Erkenntnismaterial zu akzeptieren, wie die Vertreterinnen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt haben. Eine derartige Absprache ist für das Gericht nicht verbindlich, solange diese nicht in einer Änderung des Anhangs I der Richtlinie 2001/83/EG oder den hierzu ergangenen wissenschaftlichen Leitlinien ihren Niederschlag findet.
99Im Übrigen ist die Beklagte nach dem Ablauf der Unterlagenschutzfrist auch ohne eine entsprechende Bezugnahme der Klägerin berechtigt, ergänzend die ihr vorliegenden originalen Studienberichte zur „P. “ zur Beurteilung der vorgelegten Broschüre heranzuziehen, § 24 d AMG. Es spricht daher viel dafür, dass sie sich auf eine eventuelle unvollständige Darstellung der Untersuchungsergebnisse in den vorgelegten Unterlagen nicht mehr berufen kann.
100Da die Beklagte somit die Mängel der eingereichten bibliographischen Unterlagen in Form der Broschüre der Fa. C. -X. nicht dargelegt und auch keine weiteren Rücknahmegründe angeführt hat, liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Zulassung im Sinne des § 30 Abs. 1 oder Abs. 2 AMG im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr vor.
101Der angefochtene Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014 war somit aufzuheben.
102Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 159 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
103Die Kammer hat die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Dem Antrag auf Zulassung müssen vom Antragsteller folgende Angaben beigefügt werden:
- 1.
der Name oder die Firma und die Anschrift des Antragstellers und des Herstellers, - 2.
die Bezeichnung des Arzneimittels, - 3.
die Bestandteile des Arzneimittels nach Art und Menge; § 10 Abs. 6 findet Anwendung, - 4.
die Darreichungsform, - 5.
die Wirkungen, - 6.
die Anwendungsgebiete, - 7.
die Gegenanzeigen, - 8.
die Nebenwirkungen, - 9.
die Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 10.
die Dosierung, - 11.
zur Herstellungsweise des Arzneimittels, - 12.
die Art der Anwendung und bei Arzneimitteln, die nur begrenzte Zeit angewendet werden sollen, die Dauer der Anwendung, - 13.
die Packungsgrößen, - 14.
die Art der Haltbarmachung, die Dauer der Haltbarkeit, die Art der Aufbewahrung, die Ergebnisse von Haltbarkeitsversuchen, - 15.
die Methoden zur Kontrolle der Qualität (Kontrollmethoden).
(1a) Die Angaben nach Absatz 1 Nummer 1 bis 10 müssen in deutscher, die übrigen Angaben in deutscher oder englischer Sprache beigefügt werden; andere Angaben oder Unterlagen können im Zulassungsverfahren statt in deutscher auch in englischer Sprache gemacht oder vorgelegt werden, soweit es sich nicht um Angaben handelt, die für die Kennzeichnung, die Packungsbeilage oder die Fachinformation verwendet werden.
(2) Es sind ferner vorzulegen:
- 1.
die Ergebnisse physikalischer, chemischer, biologischer oder mikrobiologischer Versuche und die zu ihrer Ermittlung angewandten Methoden (analytische Prüfung), - 2.
die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Versuche, - 3.
die Ergebnisse der klinischen Prüfungen oder sonstigen ärztlichen oder zahnärztlichen Erprobung, - 4.
eine Erklärung, dass außerhalb der Europäischen Union durchgeführte klinische Prüfungen unter ethischen Bedingungen durchgeführt wurden, die mit den ethischen Bedingungen der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 gleichwertig sind, - 5.
eine zusammenfassende Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems des Antragstellers, die Folgendes umfassen muss: - a)
den Nachweis, dass der Antragsteller über eine qualifizierte Person nach § 63a verfügt, und die Angabe der Mitgliedstaaten, in denen diese Person ansässig und tätig ist, sowie die Kontaktangaben zu dieser Person, - b)
die Angabe des Ortes, an dem die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation für das betreffende Arzneimittel geführt wird, und - c)
eine vom Antragsteller unterzeichnete Erklärung, dass er über die notwendigen Mittel verfügt, um den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen,
- 5a.
der Risikomanagement-Plan mit einer Beschreibung des Risikomanagement-Systems, das der Antragsteller für das betreffende Arzneimittel einführen wird, verbunden mit einer Zusammenfassung, - 6.
(weggefallen) - 7.
eine Kopie jeder Ausweisung des Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. EG Nr. L 18 S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist, - 8.
eine Bestätigung des Arzneimittelherstellers, dass er oder eine von ihm vertraglich beauftragte Person sich von der Einhaltung der Guten Herstellungspraxis bei der Wirkstoffherstellung durch eine Überprüfung vor Ort überzeugt hat; die Bestätigung muss auch das Datum des Audits beinhalten.
(3) An Stelle der Ergebnisse nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 kann anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, und zwar
- 1.
bei einem Arzneimittel, dessen Wirkstoffe seit mindestens zehn Jahren in der Europäischen Union allgemein medizinisch verwendet wurden, deren Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt und aus dem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial ersichtlich sind, - 2.
bei einem Arzneimittel, das in seiner Zusammensetzung bereits einem Arzneimittel nach Nummer 1 vergleichbar ist, - 3.
bei einem Arzneimittel, das eine neue Kombination bekannter Bestandteile ist, für diese Bestandteile; es kann jedoch auch für die Kombination als solche anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, wenn die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels nach Zusammensetzung, Dosierung, Darreichungsform und Anwendungsgebieten auf Grund dieser Unterlagen bestimmbar sind.
(3a) Enthält das Arzneimittel mehr als einen Wirkstoff, so ist zu begründen, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet.
(3b) Bei radioaktiven Arzneimitteln, die Generatoren sind, sind ferner eine allgemeine Beschreibung des Systems mit einer detaillierten Beschreibung der Bestandteile des Systems, die die Zusammensetzung oder Qualität der Tochterradionuklidzubereitung beeinflussen können, und qualitative und quantitative Besonderheiten des Eluats oder Sublimats anzugeben.
(3c) Ferner sind Unterlagen vorzulegen, mit denen eine Bewertung möglicher Umweltrisiken vorgenommen wird, und für den Fall, dass die Aufbewahrung des Arzneimittels oder seine Anwendung oder die Beseitigung seiner Abfälle besondere Vorsichts- oder Sicherheitsmaßnahmen erfordert, um Gefahren für die Umwelt oder die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen zu vermeiden, dies ebenfalls angegeben wird. Angaben zur Verminderung dieser Gefahren sind beizufügen und zu begründen.
(4) Wird die Zulassung für ein im Geltungsbereich dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so muss der Nachweis erbracht werden, dass der Hersteller berechtigt ist, das Arzneimittel herzustellen. Dies gilt nicht für einen Antrag nach § 21 Abs. 3 Satz 2.
(5) Wird die Zulassung für ein außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so ist der Nachweis zu erbringen, dass der Hersteller nach den gesetzlichen Bestimmungen des Herstellungslandes berechtigt ist, Arzneimittel herzustellen, und im Falle des Verbringens aus einem Land, das nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, dass der Einführer eine Erlaubnis besitzt, die zum Verbringen des Arzneimittels in den Geltungsbereich dieses Gesetzes berechtigt.
(6) Soweit eine Zulassung im Ausland erteilt worden ist, ist eine Kopie dieser Zulassung und eine Kopie der Zusammenfassung der Unbedenklichkeitsdaten einschließlich der Daten aus den regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten, soweit verfügbar, und der Berichte über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen beizufügen. Ist eine Zulassung ganz oder teilweise versagt worden, sind die Einzelheiten dieser Entscheidung unter Darlegung ihrer Gründe mitzuteilen. Wird ein Antrag auf Zulassung in einem Mitgliedstaat oder in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union geprüft, ist dies anzugeben. Kopien der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten genehmigten Zusammenfassungen der Produktmerkmale und der Packungsbeilagen oder, soweit diese Unterlagen noch nicht vorhanden sind, der vom Antragsteller in einem Verfahren nach Satz 3 vorgeschlagenen Fassungen dieser Unterlagen sind ebenfalls beizufügen. Ferner sind, sofern die Anerkennung der Zulassung eines anderen Mitgliedstaates beantragt wird, die in Artikel 28 der Richtlinie 2001/83/EG vorgeschriebenen Erklärungen abzugeben sowie die sonstigen dort vorgeschriebenen Angaben zu machen. Satz 5 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt worden sind.
(7) Dem Antrag ist der Wortlaut der für das Behältnis, die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage vorgesehenen Angaben sowie der Entwurf einer Zusammenfassung der Produktmerkmale beizufügen, bei der es sich zugleich um die Fachinformation nach § 11a Absatz 1 Satz 2 handelt, soweit eine solche vorgeschrieben ist. Der zuständigen Bundesoberbehörde sind außerdem die Ergebnisse von Bewertungen der Packungsbeilage vorzulegen, die in Zusammenarbeit mit Patienten-Zielgruppen durchgeführt wurden. Die zuständige Bundesoberbehörde kann verlangen, dass ihr ein oder mehrere Muster oder Verkaufsmodelle des Arzneimittels einschließlich der Packungsbeilagen sowie Ausgangsstoffe, Zwischenprodukte und Stoffe, die zur Herstellung oder Prüfung des Arzneimittels verwendet werden, in einer für die Untersuchung ausreichenden Menge und in einem für die Untersuchung geeigneten Zustand vorgelegt werden.
(1) Die Zulassung erlischt
- 1.
wenn das zugelassene Arzneimittel innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Zulassung nicht in den Verkehr gebracht wird oder wenn sich das zugelassene Arzneimittel, das nach der Zulassung in den Verkehr gebracht wurde, in drei aufeinander folgenden Jahren nicht mehr im Verkehr befindet, - 2.
durch schriftlichen Verzicht, - 3.
nach Ablauf von fünf Jahren seit ihrer Erteilung, es sei denn, dass spätestens neun Monate vor Ablauf der Frist bei der zuständigen Bundesoberbehörde ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung gestellt wird, - 3a.
(weggefallen) - 4.
wenn die Verlängerung der Zulassung versagt wird.
(1a) Eine Zulassung, die verlängert wird, gilt ohne zeitliche Begrenzung, es sei denn, dass die zuständige Bundesoberbehörde bei der Verlängerung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 eine weitere Verlängerung um fünf Jahre nach Maßgabe der Vorschriften in Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Absatz 2 auch unter Berücksichtigung einer zu geringen Anzahl von Patienten, bei denen das betreffende Arzneimittel angewendet wurde, als erforderlich beurteilt und angeordnet hat, um das sichere Inverkehrbringen des Arzneimittels weiterhin zu gewährleisten.
(2) Der Antrag auf Verlängerung ist durch einen Bericht zu ergänzen, der Angaben darüber enthält, ob und in welchem Umfang sich die Beurteilungsmerkmale für das Arzneimittel innerhalb der letzten fünf Jahre geändert haben. Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde dazu eine überarbeitete Fassung der Unterlagen in Bezug auf die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit vorzulegen, in der alle seit der Erteilung der Zulassung vorgenommenen Änderungen berücksichtigt sind.
(3) Die Zulassung ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 oder des Absatzes 1a auf Antrag nach Absatz 2 Satz 1 innerhalb von sechs Monaten vor ihrem Erlöschen um fünf Jahre zu verlängern, wenn kein Versagungsgrund nach § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 5, 5a oder 6 vorliegt oder die Zulassung nicht nach § 30 Abs. 1 Satz 2 zurückzunehmen oder zu widerrufen ist oder wenn von der Möglichkeit der Rücknahme nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 oder des Widerrufs nach § 30 Abs. 2 Nr. 2 kein Gebrauch gemacht werden soll. § 25 Abs. 5 Satz 5 und Abs. 5a gilt entsprechend. Bei der Entscheidung über die Verlängerung ist auch zu überprüfen, ob Erkenntnisse vorliegen, die Auswirkungen auf die Unterstellung unter die Verschreibungspflicht haben.
(4) Erlischt die Zulassung nach Absatz 1 Nr. 2 oder 3, so darf das Arzneimittel noch zwei Jahre, beginnend mit dem auf die Bekanntmachung des Erlöschens nach § 34 folgenden 1. Januar oder 1. Juli, in den Verkehr gebracht werden. Das gilt nicht, wenn die zuständige Bundesoberbehörde feststellt, dass eine Voraussetzung für die Rücknahme oder den Widerruf nach § 30 vorgelegen hat; § 30 Abs. 4 findet Anwendung.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladenen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Antragstellerin betreibt einen Schweinehaltungsbetrieb in W. , dessen (baurechtlich) genehmigter Bestand u. a. 230 Sauen und 990 zugehörige Ferkelaufzuchtplätze umfasst. Mit Bescheid vom 9. Januar 2014 erteilte der Antragsgegner der Antragstellerin die immissionsschutzrechtliche Genehmigung u. a. zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Aufzucht und zum Halten von 2.200 Mastschweinen und eines neuen Güllehochbehälters mit 2.500 m³ Lagervolumen auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück .
4Auf der westlich unmittelbar angrenzenden Hofstelle betreiben die Beigeladenen Schweinehaltung mit 650 Mastschweinen, 68 Sauen und 200 Aufzuchtferkeln. Das zugehörige Betriebsleiterwohnhaus bewohnen sie selbst. Ein im Osten bzw. Südosten an den Betrieb der Antragstellerin angrenzendes, vermietetes Mehrparteienwohnhaus gehört ebenfalls den Beigeladenen; dabei handelt es sich wohl um das Doppelhaus O.
5In dem nach § 10 BImSchG durchgeführten Genehmigungsverfahren wandte sich der Beigeladene zu 2. gegen das Vorhaben mit der nicht näher spezifizierten Begründung, er befürchte „dadurch“ einen erheblichen Mietzinsverlust bei seinen sieben Mietwohnungen.
6Die Beigeladenen erhoben gegen die Genehmigung fristgerecht Klage (VG Düsseldorf 3 K 463/14). Nachdem der Antragsgegner die von ihm angeordnete sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheids während eines laufenden Eilrechtsschutzverfahrens (VG Düsseldorf 3 L 151/14) auf Weisung der Bezirksregierung Düsseldorf wieder aufgehoben hatte, ordnete das Verwaltungsgericht Düsseldorf auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 19. März 2015 (3 L 667/15) die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 9. Januar 2014 an. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beigeladenen wies der Senat mit Beschluss vom 30. Juli 2015 - 8 B 430/15 - zurück. Die gerichtlichen Eilentscheidungen waren maßgeblich darauf gestützt, dass die Beigeladenen mit ihren Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der im Hauptsacheverfahren angefochtenen Genehmigung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ausgeschlossen seien.
7Am 29. Oktober 2015 haben die Beigeladenen einen Abänderungsantrag nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 7 VwGO gestellt. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, dass die Präklusionsregelung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG nach Maßgabe der Entscheidung des EuGH vom 15. Oktober 2015 (Kommission/Deutschland, Rs. C-137/14) unionsrechtswidrig und daher nicht anzuwenden sei. Im Übrigen haben sie auf ihre in den vorangegangenen Eilrechtsschutzverfahren und dem anhängigen Klageverfahren geltend gemachten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Bezug genommen.
8Mit Beschluss vom 30. Oktober 2015 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der EuGH habe seine Entscheidung nur zu § 2 Abs. 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) und § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG getroffen und im Übrigen den Vorbehalt gemacht, dass eine Zurückweisung missbräuchlich erhobener Einwendungen weiterhin möglich sei. Es sei offen, ob danach im vorliegenden Fall weiterhin von einer Präklusion auszugehen sei. Damit verbleibe es bei der bisher getroffenen Interessenabwägung zu Lasten der Beigeladenen.
9Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beigeladenen.
10Die Stallanlage ist inzwischen errichtet und in Betrieb genommen worden.
11II.
12Die Beschwerde mit dem Antrag,
13unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2015 - 3 L 3570/15 - den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19. März 2015 - 3 L 667/15 - abzuändern und den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Antragsgegners vom 9. Januar 2014 zurückzuweisen,
14hat keinen Erfolg.
15Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach Maßgabe des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zwar durchgreifend in Frage. Der angegriffene Beschluss stellt sich jedoch im Ergebnis als richtig dar, was der Senat insoweit von Amts wegen zu prüfen hat.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 5; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14. März 2013 - 8 S 2504/12 ‑, DVBl. 2013, 795 = juris Rn. 11; Bay. VGH, Beschluss vom 21. Mai 2003 - 1 CS 03.60 -, NVwZ 2004, 251 = juris Rn. 16.
17Der Abänderungsantrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.).
181. Der Antrag ist gemäß §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zulässig.
19Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Bei der Ausgangsentscheidung handelt es sich zwar im engen Sinne nicht um einen Beschluss über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, weil er nicht einen Antrag auf Aussetzung, sondern auf Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO betraf. Da § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO jedoch für alle von § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO erfassten Fallgestaltungen (u. a.) auf § 80 Abs. 7 VwGO verweist, ist ein Abänderungsantrag auch in dieser umgekehrten Konstellation statthaft.
20Vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), VwGO, § 80 Rn. 556; ebenso bereits zur früheren Rechtslage VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18. Oktober 1988 - 8 S 2797/88 -, NVwZ-RR 1989, 398.
21Die weiteren Voraussetzungen des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO liegen ebenfalls vor.
22a) Bei der bezeichneten Entscheidung des EuGH vom 15. Oktober 2015 handelt es sich um eine Veränderung entscheidungserheblicher Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Diese Vorschrift erfasst sowohl Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse als auch der Rechtslage.
23Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14. Februar 2007 - 13 S 2969/06 -, NVwZ-RR 2007, 419 = juris Rn. 3; Puttler, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 185.
24Voraussetzung ist lediglich, dass die jeweiligen Umstände entscheidungserheblich sind.
25Vgl. OVG M.-V., Beschluss vom 16. Mai 2011 - 1 M 54/11 -, NVwZ-RR 2011, 959 = juris Rn. 7; Puttler, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 185.
26Auch eine nachträgliche Änderung höchstrichterlicher Rechtsprechung oder die Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage gehören zu den nach § 80 Abs. 7 VwGO zu berücksichtigenden Umständen, falls sich solche Erkenntnisse auf die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs auswirken.
27Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7. Oktober 2004 ‑ 11 ME 289/04 -, NVwZ 2005, 236 = juris Rn. 7.
28Insoweit kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die hier geltend gemachte Unionsrechtswidrigkeit des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG von Anfang an bestand und nur nicht erkannt wurde oder sich erst mit der Entscheidung des EuGH aktualisierte. Jedenfalls ist § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO im Lichte des Effektivitätsgebots (Art. 4 Abs. 3 EUV) so auszulegen, dass die wirksame Durchsetzung des Unionsrechts innerhalb des geltenden prozessrechtlichen Regelungswerks ermöglicht wird. Hiernach darf die praktische Wirksamkeit des Unionsrechts im Vollzug nicht durch das nationale Verfahrens- bzw. Prozessrecht und dessen Anwendung faktisch vereitelt oder erheblich erschwert werden.
29Ständige Rechtsprechung, z. B. EuGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - C-169/14 - (Morcillo und García), DVBl. 2014, 1457 = juris Rn. 31 m. w. N.
30Dem ist auch bei der Anwendung und Auslegung des Rechtsmittelrechts Rechnung zu tragen, sofern verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen wird, um Rechte durchzusetzen, die das Unionsrecht den Bürgerinnen und Bürgern einräumt.
31Vgl. etwa Frey, in: Gärditz (Hrsg.), VwGO, 2013, Vor § 124 Rn. 69; Gärditz, in: Rengeling/Middeke/ Gellermann (Hrsg.), Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 3. Aufl. 2014, § 35 Rn. 65.
32Dementsprechend ist ein Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO im Rahmen des insoweit deutungsoffenen Wortlautes auch dann statthaft, wenn dieser gestellt wird, um eine behauptete, auf Grund nachträglicher Rechtsprechung des EuGH erkannte Unionsrechtswidrigkeit der Entscheidungsprämissen im Ausgangsverfahren durch Abänderung zu korrigieren.
33Entsprechendes folgt auch aus dem verfassungsrechtlichen Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (Art. 19 Abs. 4 GG). Das BVerfG hat hierzu ausgeführt, dass ein Abänderungsantrag in verfassungskonformer Auslegung des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auch auf eine geänderte Rechtsprechung des EuGH gestützt werden könne, „da die höchstrichterliche Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage, die zu einer Veränderung der Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO führen kann, auch durch den Europäischen Gerichtshof möglich ist“.
34Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. August 2004 - 1 BvR 1446/04 -, BVerfGK 4, 36 = juris Rn. 19.
35b) Die in Bezug genommene Entscheidung des EuGH erweist sich vorliegend auch als entscheidungserheblich im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Sie führt bereits bei summarischer Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Beigeladenen - anders als im vorausgegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angenommen - mit den geltend gemachten Rechtsverletzungen durch Geruchsimmissionen und Bioaerosole, die auch die Antragsbefugnis jedenfalls eröffnen, sowie mit den Einwänden gegen die ordnungsgemäße Durchführung der Umweltverträglichkeitsvorprüfung nicht ausgeschlossen sind.
36Der Gerichtshof hat eine nationale Regelung, wonach zu spät vorgebrachte Einwendungen materiell präkludiert sind, im Anwendungsbereich des Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABlEU L 26/1 (UVP-Richtlinie) bzw. des Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung), ABlEU L 334/17 (IE-Richtlinie) für unvereinbar mit der unionsrechtlichen Verpflichtung erklärt, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht zu gewährleisten, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten.
37Vgl. EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015, ‑ C‑137/14 - (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NJW 2015, 3495 = juris Rn. 77 ff.
38Konkret betraf die Entscheidung die Präklusionsregelungen in § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG. Dass sich der EuGH in seiner Entscheidung zu der inhaltsgleichen Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG nicht geäußert hat, ist dem Streitgegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens geschuldet. Die Kommission hatte lediglich die Regelungen des § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG beanstandet (vgl. Rn. 68 des Urteils vom 15. Oktober 2015), Rechtsbehelfe Einzelner gegen Anlagengenehmigungen aber offenbar nicht im Blick gehabt. Der EuGH war an die von der Kommission im Rahmen des Verfahrens nach Art. 258 AEUV erhobenen Beanstandungen gebunden.
39Diese Eingrenzung der von dem EuGH im Urteil vom 15. Oktober 2015 betrachteten Präklusionsnormen entbindet die nationalen Gerichte nicht von der Verpflichtung zu prüfen, ob vergleichbare Vorschriften unionsrechtswidrig sind, und diese gegebenenfalls aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet zu lassen. Diese Verpflichtung hängt nicht davon ab, ob sich der EuGH zu der Vereinbarkeit der konkreten Vorschrift bereits geäußert hat. Hat das Gericht insoweit Zweifel, kann es den Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 2 AEUV um Klärung ersuchen.
40Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa EuGH, Urteil vom 19. Januar 2010 - C-555/07 -, Slg. 2010, I-365 = juris Rn. 51 ff.; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 9. Juni 1971 - 2 BvR 225/69 -, BVerfGE 31, 145 = juris Rn. 94.
41Vorliegend steht auch ohne eine erneute Befassung des EuGH außer Zweifel, dass § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ebenfalls unionsrechtswidrig und unanwendbar ist, soweit es um Vorhaben geht, die in den Anwendungsbereich der IE-Richtlinie bzw. der UVP-Richtlinie fallen.
42Die Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ist wortlautgleich mit § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG. Sie gilt für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und erfüllt dort dieselbe Funktion wie § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG im Planfeststellungsverfahren. Die Erwägung des Gerichtshofs, dass § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 VwVfG besondere Bedingungen aufstellen, die die gerichtliche Kontrolle einschränkten und die weder nach Art. 11 UVP-Richtlinie noch nach Art. 25 IE-Richtlinie vorgesehen seien,
43EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015, - C-137/14 - (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NJW 2015, 3495 = juris Rn. 78,
44trifft in gleicher Weise auf § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG zu. Die Einschätzung, dass die Überlegungen des EuGH auf § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ohne weiteres übertragbar sind, wird daher auch in der Literatur geteilt.
45Vgl. Zeissler/Schmitz, UPR 2016, 1, 4; Sinner, UPR 2016, 9 f.; Otto, NVwZ 2016, 292; Berkemann, DVBl. 2016, 205, 214; Keller/Rövekamp, NVwZ 2015, 1665, 1672; Fellenberg, NVwZ 2015, 1721, 1724; Ludwigs, NJW 2015, 3484, 3487, sowie bereits vor der Entscheidung Bunge, ZUR 2015, 531, 535; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2015 - 7 C 15.13 -, AUR 2016, 50 = juris Rn. 25 f., zu § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG Rh.-Pf.
46Hiervon ist bereits bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung auszugehen. Dies wird nicht durch den Einwand der Antragstellerin in Frage gestellt, die nach der Entscheidung des EuGH erforderliche umfassende materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeitskontrolle beziehe sich erst auf das Hauptsacheverfahren. Denn maßgeblicher Bestandteil der im vorliegenden summarischen Verfahren durchzuführenden Interessenabwägung ist gerade die Frage, ob die angefochtene Genehmigung voraussichtlich im Hauptsacheverfahren Bestand haben wird. Ein von den dort geltenden Maßstäben inhaltlich abweichender Prüfungsansatz verbietet sich deshalb.
47Der mit der vorliegend streitgegenständlichen Genehmigung zugelassene Schweinemastbetrieb fällt nach Art. 10 in Verbindung mit Anhang I Nr. 6.6. lit. b) in den Anwendungsbereich der IE-Richtlinie. Zugleich handelt es sich um eine „Anlage zur Intensivtierhaltung“, auf die die UVP-Richtlinie gemäß Art. 4 Abs. 2 i. V. m. Anhang II Nr. 1 e) dieser Richtlinie, hier umgesetzt durch Nr. 7.7 bis 7.9 und 7.11 der Anlage 1 zum UVPG, Anwendung findet.
48Nach allem ist im vorliegenden Fall derzeit nicht mehr davon auszugehen, dass die Antragsteller mit ihren Einwänden präkludiert sind. Zu keinem anderen Ergebnis führt die Bemerkung des Gerichtshofs, der nationale Gesetzgeber könne spezifische Verfahrensvorschriften vorsehen, nach denen z. B. ein missbräuchliches oder unredliches Vorbringen unzulässig ist.
49Vgl. EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015, a. a. O., Rn. 81.
50Ein derartiger Missbrauch kann nicht schon deshalb angenommen werden, weil die Beigeladenen im Genehmigungsverfahren trotz hinreichender Möglichkeiten keine näher spezifizierten Einwendungen erhoben haben. Darüber hinausgehende Umstände, die die Annahme eines missbräuchlichen oder unredlichen Verhaltens rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar. Ausgehend davon kann dahinstehen, ob ein etwaiges missbräuchliches Vorbringen überhaupt ohne ein vorheriges Tätigwerden des Gesetzgebers unmittelbar auf der Grundlage von § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG unberücksichtigt gelassen werden könnte.
512. Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch unter Berücksichtigung der Unanwendbarkeit der Präklusionsregelung aufrecht zu erhalten.
52Der Entscheidungsmaßstab im Abänderungsverfahren entspricht demjenigen im vorangegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, hier dem Verfahren auf Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Einen eigenständigen materiell-rechtlichen Maßstab für die Entscheidung des Gerichts enthält § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht. Die Entscheidungskriterien ergeben sich - soweit ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug nicht erkennbar ist - aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 2. Alt. VwGO, auf den § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO Bezug nimmt. Danach kann in der auch hier vorliegenden Fallkonstellation des begünstigenden Verwaltungsakts mit drittbelastender Wirkung die sofortige Vollziehung angeordnet werden, wenn das Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollziehung das Interesse des Belasteten an der aufschiebenden Wirkung überwiegt. In diesem Rahmen kommt es in erster Linie darauf an, ob der die aufschiebende Wirkung auslösende Rechtsbehelf - hier die Klage der Beigeladenen gegen die der Antragstellerin erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung - bei der angezeigten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich Erfolg haben wird. Dies ist (nur) dann der Fall, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Beigeladenen hierdurch in eigenen, gerade ihrem Schutz dienenden Rechtsnormen verletzt sind oder ihnen kraft spezialgesetzlicher Regelung ein Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung zusteht. Umgekehrt kann ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Begünstigten bejaht werden, wenn der von dem belasteten Beteiligten eingelegte Rechtsbehelf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und eine Fortdauer der grundsätzlich aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs dem Begünstigten gegenüber unbillig wäre. Darüber hinausgehende Rechtsverletzungen verschaffen dem anfechtenden Dritten keine im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Rechtsposition, weil ihm ein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch nicht zukommt.
53Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1169/08 -, PharmR 2008, 607 = juris Rn. 9 ff., vom 31. März 2009 - 13 B 278/09 -, juris Rn. 7 ff., und vom 24. Mai 2012 - 8 B 225/12 -, juris Rn. 9; Bay. VGH, Beschluss vom 23. August 1991 ‑ 14 CS 91.2254 -, BayVBl. 1991, 723, 724; OVG S.‑H., Beschluss vom 22. Februar 1995, 4 M 113/94 -, juris Rn. 2; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80a Rn. 29; vgl. weiterhin BVerfG, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 1 BvR 2466/08 -, BVerfGK 14, 278 = juris Rn. 21 f.
54Offen bleiben kann, ob § 4a Abs. 3 UmwRG auch auf die hier vorliegende Fallkonstellation eines nicht auf Aussetzung nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern auf Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 3 S. 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO gerichteten Begehrens erweiternd zu erstrecken ist. Ein abweichender Prüfungsmaßstab würde sich daraus im Ergebnis nicht ergeben.
55Vgl. ausführlich zum Prüfungsmaßstab OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, DVBl. 2014, 1415 = juris Rn. 62 ff, und vom 24. Juni 2015 ‑ 8 B 315/15 -, juris Rn. 14; vgl. weiterhin BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 ‑ 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 ‑ 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4; Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.
56Gemessen hieran erweist sich der sinngemäße Antrag, die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung aufgrund veränderter Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, als unbegründet. Zwar ist davon auszugehen, dass die Beigeladenen - wie dargelegt - mit ihren Einwendungen nicht präkludiert sind. Insoweit ist also die Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung anhand sämtlicher (die Beigeladenen schützender) Normen zu bewerten, die bei Erlass des Bescheides zu beachten waren.
57Unter Zugrundelegung der allgemeinen Maßstäbe für die Bestimmung erheblicher Geruchsimmissionen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (dazu unten a)), lässt sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, ob die angegriffene Genehmigung rechtmäßig ist (unten b)). Ob die zu erwartende Belastung mit Bioaerosolen die Beigeladenen in ihren Rechten verletzt, ist ebenfalls nicht abschließend zu klären (unten c)). Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts liegen bei summarischer Prüfung nicht vor (unten d)). Die Beigeladenen können die Aufhebung der Genehmigung nicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG verlangen, denn die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit wurde durchgeführt (unten e)). Im Rahmen der bei offenen Erfolgsaussichten vorzunehmenden weitergehenden Interessenabwägung gebührt vorliegend dem Interesse der Antragstellerin an der vorläufigen weiteren Ausnutzung der ihr erteilten Genehmigung Vorrang gegenüber dem Suspensivinteresse der Beigeladenen (unten f)).
58a) Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann nach ständiger Rechtsprechung bis zum Erlass bundeseinheitlicher Vorschriften die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 als Orientierungshilfe herangezogen werden. Die GIRL enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 49 ff.; Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 55 ff.; Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, ZNER 2015, 480 = juris Rn. 66-68, jeweils m. w. N.
60Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn- bzw. Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10% Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15% Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt für landwirtschaftliche Gerüche ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich wird dabei für landwirtschaftliche Gerüche der für Dorfgebiete anzusetzende Wert angenommen.
61Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 53, sowie Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31 ff., und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32.
62In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (entspricht 25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, juris Rn. 69 f.; Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
64Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche setzt stets das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Insoweit bedarf es einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl 2013, 177 = juris Rn. 41; Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl 2014, 318 = juris Rn. 70; Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, juris Rn. 56; Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 70, 79 ff.
66Landwirtschaftliche Gerüche im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
67Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 78.
68Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose, bei der aus der Vorbelastung und der Zusatzbelastung ggf. unter Berücksichtigung der Bebauungseinflüsse, einer Abluftfahnenüberhöhung und der Reduktion durch Abluftreinigungsanlagen im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an dem nach der GIRL maßgeblichen Immissionsrichtwert zu messen.
69OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33; Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11; Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, ZNER 2015, 480 = juris Rn. 72.
70Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
71Siehe im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 64 ff.; Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, ZNER 2015, 480 = juris Rn. 75; Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, juris Rn. 55 ff.
72b) Der Senat kann bei summarischer Prüfung nicht abschließend beurteilen, ob der Antragsgegner vorliegend mit Recht angenommen hat, dass von dem Vorhaben nach diesen Maßstäben keine unzumutbaren Geruchsbelästigungen für die Beigeladenen ausgehen. Das gilt sowohl für das im Eigentum der Beigeladenen stehende, vermiete Wohnhaus im Osten des streitgegenständlichen Vorhabens, bei dem es sich nach Aktenlage um das Doppelwohnhaus mit der Anschrift O. handeln dürfte, als auch für das Betriebsleiterwohnhaus der Beigeladenen auf deren eigener Hofstelle im Westen des Vorhabens (soweit eine unzumutbare Geruchsbelastung dieses Wohnhauses, was bisher unklar bleibt, mit der Klage überhaupt geltend gemacht werden soll).
73An beiden Wohnhäusern ist nach Aktenlage ein Immissionsrichtwert von 0,15 einzuhalten (dazu aa). Die Geruchsimmissionsprognose der Landwirtschaftskammer rechtfertigt nicht mit hinreichender Sicherheit den Schluss, dass der maßgebliche Immissionswert nicht überschritten wird. Allerdings spricht derzeit auch nichts für die Annahme, er werde an einem der beiden Wohnhäuser offensichtlich überschritten (dazu bb).
74aa) Für das Doppelwohnhaus O. gilt ein Immissionsrichtwert von 0,15.
75Der Standort dieses Wohnhauses liegt nicht (mehr) im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Der für diesen Bereich vormals bestehende einfache Bebauungsplan, der für die Straße O. wohl ein Dorfgebiet festsetzte, wurde bereits 1995 aufgehoben. Damit dürfte das Wohnhaus wohl dem Außenbereich nach § 35 BauGB zuzuordnen sein, sofern eine Überprüfung im Hauptsacheverfahren nicht eine Zuordnung nach § 34 BauGB ergeben sollte. Hieraus folgt entgegen der pauschalen Annahme des Antragsgegners aber nicht ohne weiteres, dass die Beigeladenen an diesem Wohnhaus Geruchsimmissionen bis zu einem Wert von 0,25 hinnehmen müssten. Einzelfallbezogene Umstände, die im vorliegenden Fall eine Erhöhung des für Dorfgebiete und grundsätzlich auch im Außenbereich geltenden Immissionswerts von 0,15 rechtfertigen, hat der Antragsgegner nicht vorgebracht. Ob die Vorprägung des Gebietscharakters durch die frühere bauplanungsrechtliche Festsetzung als Dorfgebiet die Darlegungslasten für eine ausnahmsweise Überschreitung des regulären Immissionswertes von 0,15 erhöht, bedarf daher derzeit keiner Entscheidung. Dass der frühere Bestand von Ortsrecht einen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf vertragliche Verpflichtungen gegenüber den Mietern geschaffen haben könnte (so die Behauptung der Beigeladenen), haben diese jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt.
76Auch am Betriebsleiterwohnhaus auf der Hofstelle der Beigeladenen (O. ) dürfte nach Aktenlage ein Immissionswert von 0,15 einzuhalten sein. Es ist im Außenbereich gelegen; und der Antragsgegner hat auch diesbezüglich bisher keine einzelfallbezogenen Umstände dargelegt, die ausnahmsweise eine Erhöhung dieses Wertes rechtfertigen.
77Eine einzelfallbezogene Begründung für einen entsprechend erhöhten Immissionswert, bei dessen Bestimmung die nach der Rechtsprechung relevanten Kriterien,
78vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 96 ff. m. w. N.,
79zu berücksichtigen wären, könnte der Antragsgegner allerdings auch noch während des Klageverfahrens nachholen.
80bb) Nach dem Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer vom 20. November 2012 lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob der Immissionswert an den beiden genannten Immissionspunkten im Ergebnis eingehalten wird. Auch wenn die Immissionsprognose im vorliegenden Eilverfahren nicht vollumfänglich überprüft werden kann, entspricht sie bei summarischer Prüfung jedenfalls nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen, die der Senat in seiner neueren, inzwischen gefestigten Rechtsprechung an eine auf der sicheren Seite liegende Prognose stellt.
81Zwar begegnet es bei summarischer Prüfung keinen Bedenken, dass bei der Berechnung der zu erwartenden Geruchsimmissionen hinsichtlich des Mastschweinestalls die geruchsreduzierenden Auswirkungen der nach dem Genehmigungsbescheid (Inhaltsbestimmung V.2., Nebenbestimmung VI.6.) in Verbindung mit den Antragsunterlagen einzubauenden Abluftreinigungsanlage berücksichtigt worden sind. Danach wird ein nach DLG-Signum-Test zertifiziertes System eingesetzt, das gewährleistet, dass kein Rohgasgeruch wahrnehmbar ist, die Restemissionen im Reingas kleiner als 300 GE/m³ sind und der Eigengeruch nach 100 m abgebaut ist.
82Vgl. zu den Voraussetzungen, unter denen die Reinigungsleistung einer Abluftreinigungsanlage berücksichtigungsfähig ist, OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 72 ff.
83Voraussichtlich ist daher nicht zu beanstanden, dass die Restemissionen aus der Abluftreinigungsanlage in den Prognoseberechnungen auf Null gesetzt worden sind, da sich alle nächstgelegenen fremden Wohnnutzungen in Entfernungen von über 100 m zum Stallneubau befinden. Die Behauptung der Beigeladenen, der Abstand zur nächsten Wohnbebauung betrage weniger als 50 m, steht dem nicht entgegen. Sie trifft auf die beiden in ihrem Eigentum stehenden Wohnhäuser, deren Beeinträchtigung sie allein geltend machen können, jedenfalls nicht zu. Beide Häuser dürften sich vielmehr in einem Abstand von mehr als 100 m zu dem Mastschweinestall befinden.
84Es fehlt indes an einer hinreichend genauen, gesonderten Ausweisung der Vorbelastung und der von dem streitgegenständlichen Vorhaben ausgehenden Zusatzbelastung an den hier maßgeblichen Immissionsorten, die zusammen die ermittelte Gesamtbelastung ergeben.
85(1) Das Betriebsleiterwohnhaus auf der landwirtschaftlichen Hofstelle der Beigeladenen im Westen des Vorhabens der Antragstellerin ist überhaupt nicht als Immissionsort in den Blick genommen worden; welche Gesamtbelastung sich dort ergibt, ist deshalb offen. Bei der insoweit notwendigen Ergänzung der Geruchsimmissionsprognose wird zu berücksichtigen sein, dass die von der Schweinehaltung der Beigeladenen ausgehende Geruchsbelastung (= Eigenbelastung) nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht in die Vorbelastung mit einzubeziehen ist. Hinzu kommt, dass u. U. eine noch zu begründende, einzelfallbezogene Erhöhung des grundsätzlich maßgeblichen Immissionswerts von 0,15 in Betracht kommen könnte. Berücksichtigt man des weiteren, dass das Wohnhaus der Beigeladenen etwa genauso weit von dem streitgegenständlichen Schweinemaststall entfernt ist wie das nachfolgend betrachtete Doppelhaus O. , für das eine (grobe) Immissionsprognose unter Einschluss der Belastung durch die Schweinehaltung der Beigeladenen vorliegt, erscheint es bei summarischer Prüfung nicht naheliegend, dass das Vorhaben am Wohnhaus der Beigeladenen im Ergebnis zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen führt.
86(2) Hinsichtlich des nicht zum Hof der Beigeladenen gehörenden, südöstlich an das Vorhaben der Antragstellerin angrenzenden Mietshauses O. lässt sich dem Immissionsschutzgutachten nicht hinreichend sicher entnehmen, dass der Immissionswert von 0,15 an diesem Immissionsort voraussichtlich eingehalten wird. Das Gutachten prognostiziert dort eine belästigungsrelevante Gesamtbelastung von 0,12. Insoweit dürfte sich das einschlägige Raster der Abbildung 9 des Gutachtens (S. 19) mit einer Rasterkantenlänge von 50 m (S. 15) aber als zu grob erweisen, um eine hinreichend genaue Prognose zu ermöglichen. Die maßgebliche Rasterfläche umfasst nicht nur das benannte Doppelhaus vollständig, sondern geht noch deutlich darüber hinaus. Da die im Norden angrenzende Rasterfläche bereits eine belästigungsrelevante Gesamtbelastung von 0,19 aufweist, lässt sich aufgrund der Ausblendung der realitätsnah anzunehmenden fließenden Übergänge zwischen diesen Werten nicht ausschließen, dass etwa im nördlichen Bereich des Doppelhauses der Immissionswert von 0,15 bereits überschritten wird (vgl. dazu auch die Anlage 2 zu der von den Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Sachverständigen für Immissionsschutz L. I. vom 24. März 2015).
87Die Klärung der Frage, ob auch hinsichtlich der hier betrachteten vermieteten Wohneinheiten die Geruchsbelastung durch den Schweinehaltungsbetrieb der Beigeladenen bei der Bestimmung der Vorbelastung unberücksichtigt bleiben muss, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Der Senat hat eine solche Gleichstellung mit der Wohnung des Betriebsinhabers selbst bisher nur für vermietete Wohnungen auf der Hofstelle angenommen, weil die Bewohner dieser Wohnungen das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, von der Hofstelle ableiten. Diese Wohnungen sind deshalb von vornherein mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet.
88Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 68, und - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 62, 95.
89Hier liegt der Fall anders. Das Doppelwohnhaus O. leitet seine baurechtliche Genehmigung jedenfalls nicht von der - nicht unmittelbar benachbarten - Hofstelle der Beigeladenen ab; vielmehr ist diese vermutlich unter der Geltung des zwischenzeitlich aufgehobenen Bebauungsplans erteilt worden.
90(3) Die Beurteilung der Zumutbarkeit der an den beiden hier in Rede stehenden Immissionsorten zu erwartenden Geruchsbelastung wirft weitere Fragen auf, die sich im Rahmen der summarischen Prüfung nicht abschließend beurteilen lassen.
91Nach Aktenlage kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch gewerbliche Betriebe wie die von den Beigeladenen angeführte, rund 450 m von dem Vorhaben der Antragstellerin entfernte Kläranlage auf der C. Straße sowie ein Regenrückhaltebecken in relevanter Weise auf die Geruchsbelastung einwirken. Die Beigeladenen berufen sich insoweit auf die „Kontroll- und Vergleichsrechnungen zur SMA H. /E. “ des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. I. vom 24. März 2015, die dieser im Auftrag des BUND (Kreis und Stadt W. ) erstellt hat. Darin wird dargelegt, dass das Mietshaus der Beigeladenen bei Einbeziehung der Geruchsbelastung durch die Kläranlage mit insgesamt bis zu 15,8 Jahresgeruchsstunden belastet werde.
92Es bedarf der Überprüfung im Hauptsacheverfahren, inwieweit dies zutrifft und hieraus unter Zugrundelegung der für gewerbliche Gerüche und ihr Zusammentreffen mit Tierhaltungsgerüchen anzuwendenden Maßstäbe,
93Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, juris Rn. 61 ff.,
94rechtliche Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens erwachsen.
95c) Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen ist die Genehmigung auch nicht deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil sie keinen Immissionsgrenzwert für Bioaerosole festsetzt. Ob vorliegend schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole zu erwarten sind, lässt sich bei summarischer Prüfung nicht abschließend beurteilen. Die TA Luft sieht insoweit keine Immissions- oder Emissionswerte vor; insbesondere enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Es gibt bislang auch keine sonstigen Grenz- oder Orientierungswerte, die die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. In Betracht kommt daher allenfalls eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft.
96Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, Rn. 104 ff.; Beschluss vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 52; Beschluss vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 53; Beschluss vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 33; Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
97Allerdings sprechen gegenwärtig gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube, Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) und Endotoxine ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, die menschliche Gesundheit zu beeinträchtigen. Beim derzeitigen Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr aber nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Insoweit ist die Vermeidung bzw. Senkung von erhöhten Bioaerosol-Konzentrationen nicht den drittschützenden Betreiberpflichten i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, sondern den Vorsorgeanforderungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Auf deren Einhaltung hat der Nachbar grundsätzlich keinen Anspruch.
98Vgl. zuletzt OVG NRW, Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, juris Rn. 110 m. w. N.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2015 - 7 C 10.13 -, juris Rn. 21 ff.
99Derzeit liegen hier keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefährdung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole vor. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Wohnhaus durch einen Schweinehaltungsbetrieb Bioaerosol-Immissionen ausgesetzt wird, die über eine allgemeine, gebietstypische Gefährdung hinausgehen und bereits zu einer konkreten Gefährdung der Gesundheit führen können, hält der Senat eine Orientierung an den Ergebnissen der Geruchsimmissionsprognose für nahe liegend. Denn der Übertragungsweg bei Bioaerosolen ist im Grunde derselbe wie bei Gerüchen.
100Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, juris Rn. 112.
101Vorliegend liegt eine Gesundheitsgefährdung durch Bioaerosole nicht nahe, weil die Antragstellerin mit dem in der Genehmigung vorgegebenen Einbau einer DLG-zertifizierten Abluftreinigungsanlage bereits die im Erlass des MKULNV NRW vom 19. Februar 2013 (Immissionsschutzrechtliche Anforderungen an Tierhaltungsanlagen, sog. Filtererlass) vorgesehenen, emissionsbegrenzenden Vorsorgemaßnahmen einhält. In der Fachwelt wird davon ausgegangen, dass Anlagen zur Verminderung von Staubemissionen auch zur Minderung von Bioaerosolen geeignet sind (vgl. Filtererlass, S. 6; ebenso Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer S. 33). Ob es bei dieser Sachlage gleichwohl - wie die Beigeladenen meinen - zum Schutz ihrer Nachbarrechte erforderlich ist, die voraussichtliche Belastung durch Bioaerosole gutachterlich ermitteln zu lassen, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Von offensichtlich drohenden Gesundheitsgefahren kann beim gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse im vorliegenden Fall jedenfalls nicht ausgegangen werden.
102d) Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts liegen bei summarischer Prüfung nicht vor. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in der seit dem 20. September 2013 geltenden Fassung des Gesetzes vom 11. Juni 2013 (BGBl. I 1548), der nach § 245a Abs. 4 BauGB auf den im November 2012 gestellten Antrag der Antragstellerin bereits Anwendung findet, sind gewerbliche Tierhaltungsanlagen im Außenbereich nicht mehr privilegiert. Die Landwirtschaftskammer hat jedoch bestätigt, dass die Antragstellerin nach Abschluss eines weiteren Landpachtvertrags in der Lage ist, für den Gesamt-Tierbestand das Kriterium der überwiegend eigenen Futtergrundlage i. S. v. § 201 BauGB zu erfüllen. Es besteht kein Anlass, diese Bewertung im vorliegenden summarischen Verfahren in Frage zu stellen.
103e) Die Beigeladenen haben keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens verlangt werden, wenn eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt wurde.
104Es kann dahinstehen, ob Anlass zur Prüfung dieser Rüge im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren besteht, obwohl die Beigeladenen ihre Klage bisher nicht auf Mängel der UVP-Vorprüfung gestützt haben. Sie haben das Unterbleiben der Vorprüfung nur im ersten, von ihnen selbst eingeleiteten Eilverfahren vor dem VG Düsseldorf (3 L 151/14) geltend gemacht und auf diesen Vortrag im vorliegenden Verfahren Bezug genommen. Diese Rüge greift jedenfalls nicht durch, denn die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit wurde durchgeführt. Sie ist im Vermerk des Antragsgegners vom 30. September 2013 (Beiakte 9, Bl. 540) im Einzelnen niedergelegt. Darin hat der Antragsgegner die zu prüfenden Kriterien aufgeführt und sich - nach Anhörung der betroffenen Fachbehörden - jeweils im Wesentlichen der Bewertung der von der Antragstellerin vorgelegten Vorprüfung des Einzelfalls angeschlossen. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedürfe. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner im Rahmen der Genehmigung lediglich das Ergebnis dieser Vorprüfung mitteilt. Eine Verpflichtung, die Vorprüfung insgesamt in den Genehmigungsbescheid aufzunehmen, ist nicht zu erkennen.
105Der Senat sieht im vorliegenden Verfahren keine Veranlassung, darüber hinaus zu überprüfen, ob die durchgeführte Vorprüfung dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG). Die Beigeladenen haben dies zu keinem Zeitpunkt substantiiert in Frage gestellt. Der - allein unionsrechtlich bedingte - Wegfall der Präklusion führt nicht dazu, dass Gerichte unabhängig von konkreten Rügen auf Fehlersuche gehen und ggf. Eilrechtsschutz gewähren müssten. Eine derartige Verpflichtung lässt sich den einschlägigen Richtlinien auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht entnehmen.
106f) Die bei offenen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache erforderliche weitere Interessenabwägung fällt zugunsten der Antragstellerin aus. Ihr drohen bei einer vorläufigen Einstellung des Betriebs wirtschaftliche Nachteile, die in der konkreten Verfahrenssituation unbillig wären und die von den Beigeladenen geltend gemachten Nachteile überwiegen.
107Die Antragstellerin hat die Stallanlage nach der gerichtlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung im November 2015 zulässigerweise errichtet und in Betrieb genommen. Sie ist mit der Inanspruchnahme von Krediten finanzielle Verpflichtungen eingegangen. Im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Genehmigung erhobenen Anfechtungsklage wäre sie gezwungen, die eingebrachten Mastschweine zu schlachten oder zu verkaufen bzw. jedenfalls an einen anderen Ort zu verbringen. Die damit verbundenen finanziellen Einbußen wären in der vorliegenden Konstellation unzumutbar.
108Zwar trägt die Antragstellerin das Risiko, dass getätigte Investitionen verloren sind, wenn die gegen die Genehmigung gerichtete Nachbarklage Erfolg hat.
109Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, juris Rn. 87.
110Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache hat die Antragstellerin aber ein qualifiziertes Interesse daran, dass die gerade durch gerichtliche Eilentscheidungen angeordnete sofortige Vollziehung ihrer Genehmigung aufrechterhalten bleibt, weil sie auf dieser Grundlage umfassende Investitionen getätigt und das Vorhaben ins Werk gesetzt hat. Abweichendes würde lediglich dann gelten, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache aufgrund veränderter Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO nunmehr erkennbar Aussicht auf Erfolg hätte. In diesem Fall würde nur die Betriebseinstellung, mit der die Antragstellerin mangels Bestandskraft der ihr erteilten Genehmigung ohnehin rechnen müsste, früher aktualisiert. Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor, weil die Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung ‑ wie dargelegt - mit der erforderlichen Sicherheit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht geklärt werden kann.
111Den Beigeladenen kann es demgegenüber zugemutet werden, für den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache den weiteren Betrieb der Schweinemastanlage hinzunehmen. Konkrete Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefahr durch Bioaerosole bestehen hier - wie oben ausgeführt - derzeit nicht. Bei Gerüchen geht es ohnehin nur um - nicht gesundheitsschädliche - Belästigungen.
112Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2015 - 7 C 10.13 -, NVwZ 2016, 79 = juris Rn. 33; OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 62.
113Sollten sich im Zuge der weiteren Sachverhaltsermittlung - wider Erwarten - ernsthafte Hinweise auf Gesundheitsgefahren ergeben, könnte jederzeit ein weiterer Abänderungsantrag gestellt werden. Es ist auch nicht nahe liegend, dass während des vorübergehenden Zeitraums bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage der Beigeladenen Mietzinsausfälle in einem Umfang drohen könnten, der die Altersvorsorge der Beigeladenen gefährdete.
114Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 2 VwGO.
115Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an den Ziffern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
116Abzurufen unter http://www.BVerwG.de/medien/pdf/ streitwertkatalog.pdf.
117Der danach im Hauptsacheverfahren auf 15.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren.
118Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
1. Die sofortige Vollziehung der mit Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 13.06.2014 erfolgten Aufhebung der mit Bescheid vom 15.06.2010 erteilten Zulassung für das Arzneimittel „E. W. N. 750 mg Tabletten“ (Zul-Nr. 00000.00.00) wird angeordnet.
Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 636.500,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2I.
3Mit Bescheid vom 02.09.2005, zugestellt am 09.09.2005, wurde der Fa. C. -X. -GmbH im sogenannten Nachzulassungsverfahren eine Verlängerung der Zulassung gemäß § 105 AMG für das Arzneimittel „P. “ Tabletten (Zulassungs-Nr. 0000000.00.00) erteilt. Dieses Arzneimittel enthält als Wirkstoff 750 mg Methocarbamol pro Tablette und wurde für das Anwendungsgebiet „Symptomatische Behandlung schmerzhafter Muskelverspannungen, insbesondere des unteren Rückenbereichs (Lumbago)“ zugelassen. Im Jahr 2008 wurde die Zulassung auf die Antragstellerin übertragen.
4Unter dem 15.08.2008 erteilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – BfArM – der Beigeladenen eine generische Zulassung für das Arzneimittel „E. W. N. 750 mg Tabletten“ unter Bezugnahme auf das Referenzarzneimittel „P. “ Tabletten. Unter dem 20.01.2009 wurde der Beigeladenen eine weitere generische Zulassung für das Arzneimittel „N1. N. 750 mg Tabletten“ erteilt, wobei ebenfalls das Arzneimittel „P. “-Tabletten als Referenzarzneimittel diente.
5Auf den Widerspruch der Antragstellerin gegen die generischen Zulassungen ordnete das BfArM im Oktober 2009 die sofortige Vollziehung der beiden generischen Zulassungen an. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2010 wies das BfArM die Widersprüche als unbegründet zurück.
6Auf die Klage der Antragstellerin auf Aufhebung der generischen Zulassungen der Beigeladenen vom 12.04.2010 – 7 K 2148/10 – wurden diese durch Urteil der Kammer vom 30.10.2012 – 7 K 2148/10 – aufgehoben, weil die generischen Zulassungen unter Verletzung der Unterlagenschutzrechte der Antragstellerin aus § 24 a AMG a.F. erteilt worden waren. Der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin, dass die Unterlagenschutzfrist abgelaufen sei, weil diese nach dem Prinzip der Globalzulassung mit der französischen Zulassung des Arzneimittels „Lumirelax 500 mg“ im Jahr 1996 begonnen habe, konnte das Gericht nicht folgen. Mit Beschluss des OVG NRW vom 11.10.2013 – 13 A 2756/12 – wurde der Antrag der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil abgelehnt.
7Nach Erhebung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die generischen Zulassungen der Beigeladenen im Januar 2009 stellte die Beigeladene am 29.04.2009 einen Antrag auf Zulassung eines identischen Arzneimittels mit der Bezeichnung „N. 750 mg Tabletten“ auf der Grundlage eines bibliographischen Antrags nach § 22 Abs. 3 AMG. Mit dem Antrag legte die Beigeladene unter anderem eine Broschüre der Fa. C. -X. GmbH aus dem Jahr 2006 vor, in der die Durchführung und die Ergebnisse der toxikologischen und klinischen Studien beschrieben wurden, die die Fa. C. im Nachzulassungsverfahren für „P. “ Tabletten zur Mängelbeseitigung vorgelegt hatte.
8Unter dem 15.06.2010 wurde der Beigeladenen die bibliographische Zulassung für „N. 750 mg Tabletten“ (Zulassungs-Nr. 00000.00.00) antragsgemäß erteilt. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 24.06.2010 Widerspruch und machte geltend, dass die Zulassung vermutlich auf Unterlagen der Antragstellerin für „P. “ gestützt worden sei, die noch der Unterlagenschutzfrist unterfielen, und damit rechtswidrig sei.
9Daraufhin beantragte die Beigeladene mit Schreiben vom 08.07.2010 beim BfArM die Anordnung der sofortigen Vollziehung und vertrat die Auffassung, der Widerspruch sei wegen Fehlens der Antragsbefugnis offensichtlich unzulässig und habe daher keine aufschiebende Wirkung.
10Mit Schreiben der Antragstellerin vom 22.07.2010 an das BfArM verzichtete diese auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs, hielt aber ausdrücklich an der Erhebung des Widerspruchs und dem gestellten Antrag auf Akteneinsicht fest.
11Das BfArM ordnete mit Bescheid vom 29.07.2010 die sofortige Vollziehung der Zulassung vom 15.06.2010 an. Mit Änderungsanzeige vom 16.08.2010 zeigte die Beigeladene eine Änderung der Bezeichnung des mit Bescheid vom 15.06.2010 zugelassenen Arzneimittels in „E. W. N. 750 mg Tabletten“ an.
12Nachdem das OVG NRW mit Beschluss vom 11.10.2013 im Verfahren 13 A 2756/12 das Urteil der Kammer vom 30.10.2012 – 7 K 2148/10 – und damit die Aufhebung der generischen Zulassungen der Beigeladenen bestätigt hatte, entschied das BfArM mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014 über den Widerspruch der Antragstellerin gegen die bibliographische Zulassung für das streitgegenständliche Arzneimittel vom 15.06.2010 und nahm die Zulassung zurück.
13In der Begründung wurde ausgeführt, der Widerspruch der Antragstellerin sei zulässig und begründet. Die Zulassung sei rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren subjektiven Rechten aus § 22 Abs. 3 Satz 1 AMG. Daher sei die Zulassung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG und § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 22 Abs. 3 AMG zurückzunehmen. Die von der Beigeladenen eingereichten Unterlagen der Antragstellerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin hätten bei Erteilung der bibliographischen Zulassung nicht verwertet werden dürfen, weil dies zu einer Umgehung der generischen Unterlagenschutzfrist führe. Ohne diese Unterlagen sei aber das übrige vorgelegte bibliographische Material zum Beleg von Wirksamkeit und Verträglichkeit nach § 22 Abs. 3 AMG nicht ausreichend.
14Am 17.06.2014 erhob die Beigeladene Klage gegen die Rücknahme der Zulassung vom 15.06.2010 im Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014 (7 K 3354/13). Daraufhin beantragte die Antragstellerin mit Schreiben vom 09.07.2014 beim BfArM die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rücknahmeentscheidung. Durch Bescheid vom 30.07.2014 lehnte das BfArM jedoch die Anordnung der sofortigen Vollziehung ab, weil die Antragstellerin das Antragsrecht verwirkt habe und im Übrigen die Erfolgsaussichten der Klage der Beigeladenen gegen den Rücknahmebescheid offen seien.
15Am 11.08.2014 stellte die Antragstellerin den vorliegenden Antrag nach § 80 a Abs. 3, Abs. 2 VwGO, die Rücknahmeentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014 für sofort vollziehbar zu erklären.
16Mit der Antragsbegründung macht sie geltend, sie werde durch die bibliographische Zulassung des streitgegenständlichen Arzneimittels in ihren Rechten auf Unterlagenschutz verletzt, weil die Unterlagenschutzfrist noch nicht abgelaufen sei. Das Antragsrecht sei durch den Verzicht auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht verwirkt worden. Die Rechtslage habe sich durch das rechtskräftige Urteil der Kammer vom 30.10.2012 – 7 K 2148/10 – zu Gunsten der Antragstellerin geändert.
17Die Antragstellerin beantragt,
18die Antragsgegnerin zu verpflichten, die mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014 gegen die Beigeladene ergangene Rücknahmeentscheidung hinsichtlich der Arzneimittelzulassung mit der Zulassungs-Nr. 00000.00.00 für das Arzneimittel „E. W. N. 750 mg Tabletten“ für sofort vollziehbar zu erklären.
19Die Antragsgegnerin beantragt,
20den Antrag abzulehnen.
21Sie beruft sich auf die Gründe des Bescheides vom 30.07.2014 und schließt sich im Übrigen der Auffassung der Beigeladenen an.
22Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
23den Antrag abzulehnen.
24Sie macht geltend, dass die Antragstellerin das Antragsrecht verwirkt habe, weil sie seinerzeit auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs verzichtet habe und das Antragsrecht somit nach einem Zeitablauf von 4 Jahren nicht mehr geltend machen könne. Der Antrag sei auch unbegründet. Unterlagenschutzrechte der Antragstellerin seien bei Erteilung der Zulassung nicht verletzt worden. Die von der Beigeladenen vorgelegte Broschüre der Fa. C. -X. von 2006 sei eine wissenschaftliche Veröffentlichung im Sinne von § 22 Abs. 3 AMG, die nicht zu den Zulassungsunterlagen von „P. “ gehöre. Im Verfahren des § 22 Abs. 3 AMG habe allein die zehnjährige allgemeine medizinische Verwendung des Wirkstoffs nach Erteilung einer Zulassung drittschützende Wirkung. Die 10-jährige Schutzfrist für Methocarbamol sei aber abgelaufen, weil der Wirkstoff schon seit Jahrzehnten in der EU zugelassen sei (Lumirelax, Robaxin).
25II.
26Der Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin zu einer Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rücknahmeentscheidung vom 13.06.2014 zu verpflichten, ist im erkennbaren Interesse der Antragstellerin an einer zügigen und effektiven Durchsetzung ihrer Rechte dahingehend auszulegen, dass auch eine eigene Vollziehungsanordnung des Gerichts nach § 80 a Abs. 3 Satz 1 VwGO davon umfasst ist, § 88 VwGO.
27Der Antrag ist zulässig. Er ist nach § 80 a Abs. 3 Satz 1, letzte Alternative i.V.m. Abs. 2 VwGO statthaft. Danach kann das Gericht auf Antrag eines Dritten die sofortige Vollziehung anordnen, wenn ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der den Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf einlegt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Beigeladene hat gegen den sie belastenden Rücknahmebescheid im Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014 in zulässiger Weise Anfechtungsklage erhoben, die grundsätzlich aufschiebende Wirkung hat. Die Antragstellerin kann daher die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rücknahme der Zulassung beantragen, weil sie durch diese begünstigt wird. Durch die Rücknahme der bibliographischen Zulassung der Beigeladenen kann die Antragstellerin die Zulassung für das vergleichbare Fertigarzneimittel „P. “ wieder ohne Konkurrenz durch die Beigeladene vermarkten.
28Der Antragstellerin steht auch die analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis zu. Es ist nicht von vornherein auszuschließen, dass die Antragstellerin in ihrem subjektiven Recht auf Unterlagenschutz aus § 24 a AMG a.F. i.V.m. § 141 Abs. 5 AMG durch die Erteilung der streitgegenständlichen Zulassung für E. W. N. vor Ablauf der 10-jährigen Schutzfrist am 09.09.2015 verletzt worden ist. Zwar gelten die genannten Vorschriften unmittelbar nur für das generische Antragsverfahren. Sie sind jedoch erweiternd dahingehend auszulegen, dass Unterlagenschutzfristen auch bei der Stellung von gemischt-bibliographischen Zulassungsanträgen nach § 22 Abs. 3 AMG für wesentlich gleiche Arzneimittel zu beachten sind, da der Unterlagenschutz sonst leicht durch die Stellung eines bibliographischen Antrags umgangen werden könnte,
29OVG NRW, Beschluss vom 26.09.2008 - 13 B 1169/08 - juris, Rn. 5; bestätigt durch Urteil vom 04.07.2013 - 13 A 2788/10 - , juris, Rn. 69, 101 ff.; European Commission, Pharmaceutical Committee, Summary Record vom 16.03.2009, Ziff. 1. D, Punkt 3.
30Im vorliegenden Verfahren erscheint es möglich, dass die Rechte der Antragstellerin auf alleinige Verwertung der Versuchsergebnisse, die sie im Zulassungsverfahren für P. erarbeitet hat, bis zum Ablauf der Unterlagenschutzfrist dadurch verletzt worden sind, dass die Beigeladene diese Ergebnisse in einer mittelbaren Form durch Vorlage einer Broschüre der Fa. C. -X. GmbH aus dem Jahr 2006 zur Erlangung der bibliographischen Zulassung für ein wesentlich gleiches Arzneimittel genutzt hat.
31Das Antragsrecht ist auch nicht verwirkt. Eine Verwirkung des Rechts auf vorläufigen Rechtsschutz kommt dann in Betracht, wenn der Antragsteller seit der ersten Möglichkeit der Antragstellung eine längere Zeit hat verstreichen lassen und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Antragstellung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen,
32vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflg. 2010, § 80 a Rn. 15.
33Eine Verwirkung ergibt sich weder aus dem Zeitablauf seit der Möglichkeit der Antragstellung noch aus dem Umstand, dass die Antragstellerin seinerzeit auf die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs verzichtet hat.
34Zwar sind seit der Möglichkeit der Stellung eines Antrags nach § 80 a VwGO nach der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zulassung am 29.07.2010 bis zum Eingang des vorliegenden Eilantrags im August 2014 fast 4 Jahre vergangen. Dieser Zeitablauf ist jedoch nicht auf eine Untätigkeit der Antragstellerin zurückzuführen. Vielmehr hat die Antragstellerin die Entscheidung des BfArM über ihren Widerspruch abgewartet. Auf dessen Bearbeitungsdauer hatte sie keinen Einfluss. Sie konnte auch bei ihrem anfänglichen Verzicht auf vorläufigen Rechtsschutz im Widerspruchsverfahren nicht mit dieser langen Bearbeitungszeit durch das BfArM rechnen, das wiederum den Ausgang des Rechtsstreits über die generischen Zulassungen der Beigeladenen abgewartet hat.
35Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin während dieses gesamten Zeitraums untätig war. Sie hat nach dem Urteil des VG Köln vom 30.10.2012 im generischen Verfahren mit Schreiben vom 28.11.2012 beim BfArM eine Entscheidung über den Widerspruch beantragt, am 14.01.2013 einen weiteren Antrag auf Akteneinsicht gestellt und am 17.04.2014 unter Hinweis auf den Beschluss des OVG NRW vom 11.10.2013 erneut um eine Entscheidung über den Widerspruch gebeten.
36Es ist auch nicht ersichtlich, dass hier besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Antragsrechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Insbesondere hat die Antragstellerin durch den Verzicht auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht für alle Zeit auf Rechtsschutz gegen die Zulassung der Beigeladenen verzichtet. Der Verzicht beschränkte sich erkennbar auf die Zeitdauer des Widerspruchsverfahrens und war auf die unsichere Rechtslage hinsichtlich des Bestehens und Umfangs von Unterlagenschutzrechten der Antragstellerin zurückzuführen. Die Beigeladene konnte daraus nicht ableiten, dass die Antragstellerin auch bei einer Bestätigung ihrer Rechtsansicht im Widerspruchsverfahren bzw. im gleichzeitig anhängigen Klageverfahren gegen die generischen Zulassungen weiterhin auf ihre Rechte verzichtet. Sie hat stets betont, dass sie auch die bibliographische Zulassung für rechtswidrig hält und diese Auffassung während des Verfahrens durchgängig aufrechterhalten.
37Die Beigeladene kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie auf die weitere Untätigkeit der Antragstellerin vertraut und im Hinblick darauf erhebliche Investitionen in die Vermarktung ihres Arzneimittels getätigt habe, die sich nun als vergeblich erwiesen. Die Beigeladene musste wegen des schwebenden Widerspruchsverfahrens damit rechnen, dass ihre Zulassung letztlich keinen Bestand haben könnte und hat daher die Investitionen auf eigenes Risiko getätigt. Im Übrigen kann von einer Vergeblichkeit der Investitionen keine Rede sein, da die Beigeladene seit 2010 Umsätze in Millionenhöhe mit dem streitgegenständlichen Arzneimittel erwirtschaftet hat (vgl. Bl. 84 d. A.).
38Der Antrag ist auch begründet. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung in arzneimittelrechtlichen Verfahren richtet sich die Begründetheit eines Antrags auf Anordnung der sofortigen Vollziehung im Rahmen des § 80 a Abs. 3 VwGO in Anlehnung an die Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nach einer Interessenabwägung. Bei dieser Abwägung kommt es vornehmlich darauf an, ob der in der Hauptsache eingelegte Rechtsbehelf voraussichtlich Erfolg haben wird,
39vgl. z.B. OVG NRW, Beschluss vom 31.03.2009 - 13 B 278/09 - .
40Diese Rechtsprechung, die für die Fälle des § 80 a Abs. 3 i.V.m. Abs.1 Nr. 1 VwGO gilt, in denen ein belasteter Dritter gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt, z.B. die arzneimittelrechtliche Zulassung, einen Rechtsbehelf eingelegt hat, kann in einer modifizierten Form auch auf die hier vorliegende Konstellation des § 80 a Abs. 2 VwGO angewendet werden.
41Maßstab ist auch hier in erster Linie die Erfolgsaussicht der Klage des belasteten Adressaten, da der vorläufige Rechtsschutz nur dazu dient, die Zeit bis zur Entscheidung über die Klage zu überbrücken. Die Erfolgsaussichten sind hier allerdings – in Abweichung zu den Fällen der Drittanfechtung – in vollem Umfang zu prüfen, da die Klage vom Adressaten des Verwaltungsakts erhoben wird und deshalb eine Beschränkung des Prüfungsumfangs auf drittschützende Normen nicht besteht.
42Ist die Klage voraussichtlich erfolgreich und wird der Verwaltungsakt im Klageverfahren wahrscheinlich wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben, kann kein überwiegendes Interesse eines begünstigten Dritten an der vorzeitigen Vollziehung des Verwaltungsakts bestehen. In diesem Fall wäre der Antrag abzulehnen. Ist hingegen die Klage voraussichtlich erfolglos, weil der Verwaltungsakt sich als rechtmäßig erweist, oder sind die Erfolgsaussichten offen, ist die Frage der Verletzung von Rechten des Dritten in die Interessenabwägung einzubeziehen. Denn die Verletzung von Drittrechten kann es rechtfertigen, den Verwaltungsakt schon vor der Entscheidung in der Hauptsache zu vollziehen und damit das Interesse des Adressaten an der aufschiebenden Wirkung der Klage zu verdrängen,
43vgl. Puttler, in Sodan/Ziekow, VwGO 3. Auflg. 2010, § 80 a Rn. 26.
44Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Überprüfung ist festzustellen, dass die durch die Beigeladene erhobene Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, weil die Aufhebung der Zulassung der Beigeladenen vom 15.06.2010 sich mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweisen wird (hierzu 1.). Da die bibliographische Zulassung der Beigeladenen unter Verstoß gegen die drittschützenden Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes über den Unterlagenschutz des Erstinhabers einer Zulassung erteilt worden ist und die Unterlagenschutzrechte der Antragstellerin leerzulaufen drohen, überwiegt im Ergebnis das Interesse der Antragstellerin an der sofortigen Vollziehung der Aufhebung der rechtswidrigen Zulassung (hierzu 2.).
451.
46Die Aufhebung der Zulassung der Beigeladenen vom 15.06.2010 im Widerspruchsbescheid vom 13.06.2014 ist rechtmäßig. Zwar ist unklar, auf welche Rechtsgrundlage die Antragsgegnerin die Entscheidung gestützt hat. Die Wahl der Form des Widerspruchsbescheides und die ersten Ausführungen zur Begründung legen nahe, dass die Antragsgegnerin die Befugnis des BfArM als Widerspruchsbehörde zur Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes wegen des Verstoßes gegen drittschützende Rechtsnormen nach §§ 68 Abs. 1 Satz 1, 73 Abs. 1 VwGO in Anspruch genommen hat. Die Angabe von § 30 Abs. 1 Satz 1 AMG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG als Ermächtigungsgrundlage und die Subsumtion unter diese Vorschriften deuten darauf hin, dass das BfArM sich in seiner Eigenschaft als Ausgangsbehörde (auch) auf die Rücknahmevorschriften des Arzneimittelgesetzes gestützt hat, die neben einem gleichzeitig anhängigen Widerspruchsverfahren eines Dritten angewendet werden können, vgl. § 50 VwVfG.
47Es spricht vieles dafür, dass die Aufhebung der Zulassung der Beigeladenen auf beide Rechtsgrundlagen gestützt werden kann. Jedenfalls ist diese Zulassung aber auf den Drittwiderspruch der Antragstellerin hin aufzuheben, weil bei ihrer Erteilung die Rechte der Antragstellerin auf den Schutz ihrer im Zulassungsverfahren für „P. “ Tabletten eingereichten Versuchsergebnisse aus §§ 24 a AMG a.F., 141 Abs. 5 AMG verletzt worden sind.
48Das Recht des Inhabers der ersten Zulassung eines Arzneimittels auf einen Schutz der von ihm eingereichten Unterlagen gegen die Verwertung durch andere Antragsteller besteht nicht nur gegenüber einer Bezugnahme auf diese Unterlagen im Rahmen eines generischen Verfahrens. Ein derartiges Verwertungsverbot ist ausdrücklich in § 24 b Abs. 1 AMG bzw. in der hier nach § 141 Abs. 5 VwGO anwendbaren Vorgängerfassung des § 24 a AMG a.F. angeordnet. Es muss aber auch dann gelten, wenn Unterlagen eines Erstanmelders innerhalb der Schutzfrist im Rahmen eines bibliographischen Antrags vorgelegt werden. Denn auch in diesem Fall werden die Unterlagen zur Erlangung einer Zweitzulassung durch einen anderen Antragsteller genutzt und damit die Erstzulassung wirtschaftlich entwertet. Damit würde der Unterlagenschutz durch die Möglichkeit der Stellung eines bibliographischen Antrags umgangen. Der Sinn und Zweck der Unterlagenschutzrechte gebietet daher eine erweiternde Auslegung des § 24 b Abs. 1 AMG/§ 24 a AMG a.F. bzw. eine einschränkende Auslegung des § 22 Abs. 3 AMG. Das entspricht auch der Auffassung der Europäischen Kommission zur Auslegung von Art. 10 und Art. 10 a der Richtlinie 2001/83/EG,
49OVG NRW, Beschluss vom 26.09.2008 - 13 B 1169/08 - juris, Rn. 5; bestätigt durch Urteil vom 04.07.2013 - 13 A 2788/10 - , juris, Rn. 69, 101 ff.; European Commission, Pharmaceutical Committee, Summary Record vom 16.03.2009, Ziff. 1. D, Punkt 3.
50Die Voraussetzungen des § 24 a AMG a.F. für einen Schutz der Unterlagen der Antragstellerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin sind erfüllt. Die von der Rechtsvorgängerin im Zulassungsverfahren für „P. “-Tabletten eingereichten selbst erarbeiteten Studien unterliegen einer 10-jährigen Unterlagenschutzfrist, die noch bis zum 09.09.2015 läuft. Dies wurde durch das Urteil der Kammer vom 30.10.2012 – 7 K 2148/10 – rechtskräftig festgestellt.
51Die der Beigeladenen am 15.06.2010 erteilte Zulassung war somit im Zeitpunkt ihrer Erteilung und bis heute rechtswidrig, weil die Beigeladene mit den Antragsunterlagen eine Zusammenfassung der geschützten Versuchsergebnisse (Broschüre der Fa. C. -X. von 2006, Anlage 4, Beiakte 2) vorgelegt und in ihrem klinischen Gutachten (Clinical Overwiew, Anlage 3, Beiakte 2)) verarbeitet hat, obwohl die Unterlagenschutzfrist noch nicht abgelaufen war.
52Die Broschüre der Fa. C. -X. von 2006 ist nicht deshalb vom Unterlagenschutz ausgenommen, weil sie sich nicht im Antragsdossier für das Original-Arzneimittel „P. “ Tabletten befand. Der Unterlagenschutz ist nicht auf die im Erstzulassungsverfahren vorgelegten Original-Unterlagen, hier die Studienberichte über toxikologische und klinische Studien, beschränkt,
53vgl. OVG NRW, Urteil vom 04.07.2013 - 13 A 2788/10 - .
54Vielmehr erfordern Sinn und Zweck eines effektiven Unterlagenschutzes, dass auch Dokumente, die in einer hinreichend ausführlichen Form die im Erstverfahren vorgelegten Versuchsverfahren und –ergebnisse beschreiben und die daher für eine mittelbare Nutzung dieser Ergebnisse herangezogen werden können, von einer Verwertung ausgeschlossen sind. Andernfalls würden die Rechte des Originators auf Unterlagenschutz ausgehöhlt.
55Die Broschüre der Fa. C. -X. von 2006 enthält u. a. eine eingehende Beschreibung der tierexperimentellen Versuche mit P. zur Toxizität (S. 14 f.), zur Mutagenität (S. 15) und zur Sicherheitspharmakologie (S. 16). Insbesondere werden dort auch das Studiendesign und die Ergebnisse (einschließlich der erstellten Diagramme) zweier randomisierter, placebokontrollierter, doppelblinder, klinischer Studien der Phase IV mit dem Arzneimittel „P. “ im beantragten Anwendungsgebiet (Beschwerden einer schmerzhaften Muskelverspannung im Becken/Lendenbereich, Lumbago) dargestellt (S. 18 – 23).
56Diese Studienergebnisse werden auch in dem von der Beigeladenen vorgelegten Modul 2.5 „Clinical Overview“ vom 15.04.2009 (Anlage 3, Beiakte 2, S. 23 – 26f.) des bibliographischen Antrags ausführlich wiedergegeben und maßgeblich für die Begründung von Wirksamkeit und Verträglichkeit des streitgegenständlichen Arzneimittels herangezogen. Damit hat die Beigeladene die von der Antragstellerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin erstellten Unterlagen verwertet.
57Zwar mag es sich hierbei um veröffentlichtes bibliographisches Erkenntnismaterial im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG handeln. Gleichwohl darf dieses in einem bibliographischen Antrag nicht verarbeitet werden, wenn insoweit noch Unterlagenschutz besteht. Die Vorschrift des § 22 Abs. 3 AMG, die dem Antragsteller eine Vorlage von „anderem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial“ ermöglicht, wenn eine allgemeine medizinische Verwendung eines bekannten Stoffes in der EU seit mindestens 10 Jahren besteht, geht stillschweigend davon aus, dass bei derartigen Wirkstoffen die Unterlagenschutzfristen in der Regel längst abgelaufen sind. Wenn – wie hier – noch Unterlagenschutzfristen laufen, können auch zugängliche wissenschaftliche Publikationen auf der Grundlage von geschützten Studienberichten nicht zur Begründung eines derartigen Antrags herangezogen werden,
58vgl. OVG NRW, Urteil vom 04.07.2013 - 13 A 2788/10 - : für einen wissenschaftlichen Bewertungsbericht einer außereuropäischen Zulassungsbehörde mit maßgeblichen Studiendaten; Beschluss vom 31.03.2009 – 13 B 278/09 - : für eine Fachinformation mit Ergebnissen von reproduktionstoxikologischen Versuchen.
59Ein Unterlagenschutz ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Fa. C. -X. die Ergebnisse der Studien im Jahr 2006 selbst veröffentlicht hat. Darin liegt keine Zustimmung zur Verwertung oder ein Verzicht auf den Schutzzeitraum. Vielmehr dient eine Veröffentlichung von Studiendaten – neben der Vermarktung des eigenen Arzneimittels – auch der Information der Öffentlichkeit und der Fachkreise. Diese Informationen würden aber missbraucht, wenn sie trotz laufender Unterlagenschutzfristen für Zweitanträge eingesetzt werden.
60Für diese Sichtweise spricht nunmehr auch § 42 b AMG, wonach der Inhaber eine Zulassung 6 Monate nach der Zulassung sogar verpflichtet ist, die Ergebnisse von Studien zu veröffentlichen. In § 42 b Abs. 3 Satz 7 AMG ist ausdrücklich bestimmt, dass die Vorschriften über den Unterlagenschutz davon unberührt bleiben, somit nach diesen Vorschriften veröffentlichte Studienberichte nicht für Zweitanträge für wesentlich gleiche Arzneimittel innerhalb der Schutzfristen genutzt werden dürfen.
61Dem Unterlagenschutz steht nicht entgegen, dass der Wirkstoff „Methocarbamol“ im Zeitpunkt der Zulassung von „P. “ 2005 möglicherweise kein „neuer Stoff“ mehr war. Nach dem rechtskräftigen Urteil der Kammer vom 30.10.2012 – 7 K 2148/10 – besteht keine Einschränkung des Unterlagenschutzes auf Zulassungen für neue Stoffe. Vielmehr können auch bibliographische Zulassungen oder gemischt-bibliographische Zulassungen einen Schutz der eingereichten Unterlagen auslösen.
62Dies gilt jedenfalls dann, wenn die bibliographische Zulassung nicht allein auf der Grundlage von früheren wissenschaftlichen Publikationen erteilt wurde, sondern wenn das vorgelegte Material durch eigene Studien des Antragstellers ergänzt wurde. Es besteht kein Grund dafür, warum diese, mit eigenem finanziellen Aufwand erarbeiteten, Erkenntnisse einen geringeren Schutz genießen sollen als Unterlagen, die im Rahmen einer sog. „Full application“ nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 AMG bzw. Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG eingereicht worden sind.
63Darüberhinaus hat der EuGH in einem aktuellen Urteil vom 23.10.2014 – C-104/13 – entschieden, dass auch rein bibliographische Zulassungen Referenzzulassungen im Sinne des Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG (generische Anträge) sein können. Dies hat zur Folge, dass auch der Inhaber einer solchen, auf einem well-established use beruhenden Arzneimittelzulassung, Unterlagenschutz gegenüber einem generischen Zweitantragsteller genießt. Diese Entscheidung des EuGH ist auf das vorliegende Verfahren zwar nicht unmittelbar übertragbar. Sie zeigt jedoch, dass Unterlagenschutz auch für bereits allgemein medizinisch verwendete Stoffe begründet werden kann.
64Demnach ist es für den hier festgestellten Verstoß gegen die Unterlagenschutzvorschrift des § 24 a AMG a.F. unerheblich, dass es sich bei dem Wirkstoff des streitgegenständlichen Arzneimittels möglicherweise bereits 2005 wegen der früheren Zulassungen von Methocarbamol in Frankreich (Lumirelax 1996) und im Vereinigten Königreich (Robaxin 1982) um einen allgemein medizinisch verwendeten Stoff gehandelt hat.
65Da die streitgegenständliche Zulassung der Beigeladenen vom 15.06.2010 unter Vorlage von geschützten Unterlagen der Antragstellerin erwirkt worden ist, verstößt diese jedenfalls gegen § 24 a AMG a.F. i.V.m. § 141 Abs. 5 AMG und damit gegen die darin geschützten subjektiven Rechte der Antragstellerin. Die Rechtsverletzung setzt nicht voraus, dass sich die nicht erlaubte Vorlage von geschützten Unterlagen auf die Entscheidungsfindung der Bundesoberbehörde ausgewirkt hat. Der Fehler könnte allenfalls dann unbeachtlich sein, wenn offenkundig ist, dass er sich nicht auf die Erteilung der Zulassung ausgewirkt hat,
66vgl. OVG NRW, Urteil vom 04.07.2013 - 13 A 2788/10 - .
67Dies kann auf den Rechtsgedanken des § 46 VwVfG zurückgeführt werden, wonach die Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht zu einer Aufhebung eines Verwaltungsakts führt, wenn sie offensichtlich die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Im vorliegenden Verfahren spricht alles dafür, dass die Verwertung der geschützten Unterlagen der Fa. C. -X. ursächlich für die Erteilung der bibliographischen Zulassung war und sich damit auf die Entscheidungsfindung der Antragsgegnerin ausgewirkt hat. Denn das BfArM hat in der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2014 klar zum Ausdruck gebracht, dass die bibliographische Zulassung ohne die Einbeziehung der geschützten Unterlagen der Antragstellerin nicht erteilt worden wäre. Denn die übrigen vorgelegten wissenschaftlichen Erkenntnisse reichten für die Begründung der Wirksamkeit und Verträglichkeit des beantragten Arzneimittels nach Auffassung des BfArM nicht aus.
68Dies ist nachvollziehbar, da die Antragsgegnerin das vorgelegte ältere wissenschaftliche Erkenntnismaterial für den Wirkstoff Methocarbamol aus den Jahren 1959 bis 1996 bereits im Mängelbeseitigungsverfahren für das Originalarzneimittel „P. “ durch das Mängelschreiben vom 04.07.2002 als völlig unzureichend beanstandet hatte. Im Rahmen des bibliographischen Antrags vom 29.04.2009 hat die Beigeladene gegenüber diesem Erkenntnisstand keine aktuellen neuen Studien – mit Ausnahme der geschützten Studien für „P. “ - vorgelegt. Alle neueren Publikationen aus den Jahren 2004 bis 2008 sind entweder Reviews oder Lehrbücher, Arzneimittellexika und andere Sekundärliteratur, die keine neuen Erkenntnisse enthalten.
69Da somit bereits aus dem Verstoß gegen § 24 a AMG a.F. eine Verletzung von subjektiven Rechten der Antragstellerin durch die streitgegenständliche Zulassung folgt, kommt es nicht mehr darauf an, ob auch ein Verstoß gegen die drittschützenden Merkmale des § 22 Abs. 3 AMG vorliegt.
70Es kommt ebenfalls nicht darauf an, ob die Rücknahme der streitgegenständlichen Zulassung auch nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 22 Abs. 3 AMG rechtmäßig ist. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass viel dafür spricht, dass das von der Beigeladenen vorgelegte bibliographische Erkenntnismaterial – ohne die Studienergebnisse der Fa. C. -X. - als Beleg für eine anerkannte Wirksamkeit und annehmbare Verträglichkeit aus den vom BfArM benannten Gründen nicht geeignet bzw. unvollständig war. Dieser Bewertung hat auch die Beigeladene bisher nicht widersprochen.
712.
72Die erforderliche Interessenabwägung zwischen dem Interesse der Beigeladenen an der Beibehaltung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen die Aufhebung der Zulassung und dem berechtigten Interesse der Antragstellerin auf Durchsetzung ihrer Rechte auf Unterlagenschutz fällt zugunsten der Antragstellerin aus. Die Klage der Beigeladenen gegen den Aufhebungsbescheid wird zunächst erfolglos bleiben, da der streitgegenständliche Zulassungsbescheid der Beigeladenen vom 15.06.2010 wegen eines Verstoßes gegen die drittschützende Vorschrift des § 24 a AMG a.F. rechtswidrig war und noch ist.
73Die Kammer lässt offen, ob die Klage nach Ablauf der Unterlagenschutzfrist am 09.09.2015 automatisch Erfolg haben wird oder ob die Beigeladene einen neuen Antrag auf eine generische oder bibliographische Zulassung stellen muss, über den dann unter zulässiger Berücksichtigung der Antragsunterlagen für „P. “ voraussichtlich positiv zu entscheiden ist. Denn es ist fraglich, ob der Wegfall des Unterlagenschutzes 2015 und damit eine nachträgliche günstige Veränderung der Sachlage bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides berücksichtigt werden kann.
74Jedenfalls steht der Antragstellerin noch bis zum September 2015 ein Recht auf Unterlagenschutz zu, das leer laufen würde, wenn nicht die sofortige Vollziehung der Aufhebung angeordnet würde. Die Antragstellerin hat aber ein berechtigtes Interesse daran, die bisherige rechtswidrige Vermarktung des streitgegenständlichen Arzneimittels der Beigeladenen zu stoppen und ihr eigenes Arzneimittel – jedenfalls bis zum Ende der Unterlagenschutzfrist – ohne die Konkurrenz durch die Beigeladene zu vermarkten.
75Der Umstand, dass die verbleibende Schutzfrist kurz ist und die Antragstellerin die bisherige Vermarktung des streitgegenständlichen Arzneimittels durch die Beigeladene vor dem Hintergrund der unsicheren Rechtslage nicht gerichtlich verhindert hat, ändert nichts daran, dass sie sich auf ihr Recht zur Alleinvermarktung bis zum Ende der Frist berufen kann. Ihr kann auch nicht entgegengehalten werden, dass sie ausweislich der eingereichten Umsatzübersicht (Bl. 77 d. A.) durch den Markteintritt des Arzneimittels der Beigeladenen keinen Umsatzeinbruch erlitten hat, vielmehr die Umsätze aufgrund anderer Umstände kontinuierlich angestiegen sind. Es ist nämlich davon auszugehen, dass ihr durch die rechtswidrige Konkurrenz der Beigeladenen ein erheblicher Gewinn entgangen ist und weiter entgehen wird.
76Das Interesse der Beigeladenen, von einer rechtswidrigen Zulassung noch zumindest bis September 2015 Gebrauch zu machen, muss demgegenüber zurücktreten. Dieses Interesse ist schon deshalb nicht schutzwürdig, weil die Beigeladene den Unterlagenschutz der Antragstellerin durch die Stellung des bibliographischen Antrags gezielt umgangen hat. Das ergibt sich schon aus ihrem Zulassungsantrag vom 28.04.2009, in dem erklärt wird, dass die Unterlagen mit den Unterlagen des zuvor gestellten generischen Antrags praktisch identisch sind und die Verkehrsfähigkeit des generischen Arzneimittels trotz des eingelegten Drittwiderspruchs der Antragstellerin erhalten werden soll. Diese Absicht wurde dann später auch durch die Übertragung der Arzneimittelbezeichnung „E. W. N. 750 mg Tabletten“ von dem generischen auf das bibliographische Arzneimittel umgesetzt, sodass ein Arzneimittel der Beigeladenen mit diesem Namen seit 2008 bis heute ununterbrochen in den Verkehr gebracht werden konnte.
77Es dürfte der Beigeladenen auch zumutbar sein, das streitgegenständliche Arzneimittel vorerst vom Markt zu nehmen, obwohl schon absehbar ist, dass sie das Arzneimittel nach Ablauf der Unterlagenschutzfrist bzw. der Erteilung einer neuen Zulassung wieder vermarkten darf. Den hiermit verbundenen Umsatzeinbruch wird man ihr zumuten können, da sie das Arzneimittel nun seit 4 Jahren unter Verletzung drittschützender Normen vertreibt und damit erhebliche Umsätze erzielt hat (Bl. 84 d.A.).
78Ihr Vortrag, dass sich nun die Investitionen in das Arzneimittel als vergeblich erwiesen, ist nicht nachvollziehbar. Die Investitionen haben sich zum einen bereits durch die erzielten Gewinne ausgezahlt. Zum anderen ist sie das Risiko der Vermarktung einer angefochtenen Zulassung bewusst eingegangen. Schließlich kann sie das Arzneimittel auch nach Ablauf der Unterlagenschutzfrist, ggfs. nach Erteilung einer neuen Zulassung, weiter vermarkten. Im Ergebnis überwiegt daher das Interesse der Antragstellerin an der sofortigen Durchsetzung ihrer Unterlagenschutzrechte, zumal auch das öffentliche Interesse für den sofortigen Vollzug einer rechtmäßigen Verwaltungsentscheidung spricht.
79Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 159 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt hat, hat sie die Kosten anteilig mit der ebenfalls unterlegenen Antragsgegnerin zu tragen. Eine Auferlegung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf die Antragsgegnerin oder die Staatskasse aus Gründen der Billigkeit war nicht veranlasst.
80Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
81Das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Aufhebung der Zulassung der Beigeladenen ist darauf gerichtet, die Beigeladene an der weiteren Vermarktung ihres Produktes zu hindern, um die eigenen Gewinneinbußen durch die Konkurrenz des Produktes zu vermeiden. Der Streitwert ist daher auf den entgangenen Jahresgewinn im Jahr der Antragstellung gerichtet,
82vgl. OVG NRW, Streitwertbeschluss vom 04.07.2013 - 13 A 2788/10 - .
83Die Antragstellerin hat die Höhe des entgangenen Gewinns nicht beziffert. Sie kann jedoch in etwa geschätzt werden. Es ist davon auszugehen, dass der Jahresumsatz der Beigeladenen für 2014 ausweislich der vorgelegten Übersicht 3,821 Mio Euro betragen wird (Bl. 84 d.A.), und dass dieser Umsatz der Antragstellerin entgangen ist, da die Beigeladene nach einer Recherche im Internet ihr Produkt zu demselben Preis wie die Antragstellerin vertreibt. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster kann mangels konkreter Anhaltspunkte angenommen werden, dass der Gewinn ca. ein Drittel des Umsatzes beträgt. Demnach ist der Antragstellerin im Jahr der Antragstellung 2014 ein Gewinn von 3,821 Mio Euro, dividiert durch 3, also 1,273 Mio Euro entgangen. Da im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung getroffen wird, ist der Betrag zu halbieren, also auf 636.500 Euro.
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 15. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 636.500 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
2I.
3Die Antragstellerin ist Inhaberin der Zulassung des unter dem 9. September 2005 (gemischt-bibliografisch) zugelassenen Arzneimittels “P. ” Tabletten, das als Wirkstoff 750 mg Methocarbamol pro Tablette enthält. Die Beigeladene erhielt unter dem 15. August 2008 zwei generische Zulassungen unter Bezugnahme hierauf (“E. Methocarbamol 750 mg Tabletten”, “N. Methocarbamol 750 mg Tabletten”), die auf die Klage der Antragstellerin durch Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 30. Oktober 2012 - 7 K 2148/10 - mit der Begründung aufgehoben wurden, sie seien unter Verletzung ihrer Unterlagenschutzrechte ergangen. Unter dem 15. Juni 2010 erteilte das BfArM der Beigeladenen die hier streitgegenständliche bibliografische Zulassung für das identische Arzneimittel “N. 750 mg Tabletten”, seit Änderungsanzeige vom 16. August 2010 bezeichnet als “E. Methocarbamol 750 mg Tabletten”. Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und berief sich auf ihre Unterlagenschutzrechte. Mit Schreiben vom 22. Juli 2010 teilte die Antragstellerin dem BfArM mit, sie verzichte auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs. Auf Antrag der Beigeladenen ordnete das BfArM am 29. Juli 2010 die sofortige Vollziehung der Zulassung an. Nachdem das Oberverwaltungsgericht den Antrag der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 30. Oktober 2012 abgelehnt hatte (OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2013 - 13 A 2756/12 -), entschied das BfArM über den Widerspruch der Antragstellerin und nahm mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2014 die bibliografische Zulassung der Beigeladenen zurück. Am 17. Juni 2014 hat die Beigeladene Klage gegen die Rücknahme der Zulassung erhoben. Den Antrag der Antragstellerin vom 9. Juli 2014, die sofortige Vollziehung der Rücknahmeentscheidung anzuordnen, lehnte das BfArM ab. Auf Antrag der Antragstellerin vom 11. August 2014 hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 15. Dezember 2014 die sofortige Vollziehung der mit Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 13. Juni 2014 erfolgten Aufhebung der Zulassung angeordnet.
4Dagegen hat die Beigeladene Beschwerde erhoben. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Der Antrag sei bereits unzulässig, da die Antragstellerin ihr Antragsrecht nach § 80a VwGO verwirkt habe. Seit der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zulassung bis zum Eingang des Eilantrags bei Gericht seien vier Jahre vergangen. Damit, dass die Antragstellerin auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs verzichtet habe, habe sie zum Ausdruck gebracht, dass sie sich nicht außerhalb des Hauptsacheverfahrens gegen den Vertrieb des Arzneimittels durch die Beigeladene zur Wehr setzen wolle. Der Antrag sei auch unbegründet. Der Unterlagenschutz nach § 24b Abs. 1 AMG/§ 24a AMG a. F. begründe kein Verwertungsverbot von wissenschaftlichen Veröffentlichungen, wenn es sich um einen allgemein medizinisch verwendeten, nicht von der Antragstellerin entwickelten Wirkstoff handele, für den die Zehnjahresfrist des § 22 Abs. 3 Nr. 1 AMG bereits abgelaufen sei. Aus dem Unterlagenschutzrecht folge nur ein Schutz vor generischen Anträgen bis zum Ablauf der Schutzfrist. Die allgemeine Interessenabwägung sei defizitär, weil das Verwaltungsgericht außer Acht gelassen habe, dass bereits eine generische Zulassung aufgrund einer britischen Referenzzulassung erteilt worden sei und der Antragstellerin Marktexklusivität ohnehin nicht ermöglicht werden könne. Im Übrigen seien die Interessen des Inhabers der Referenzzulassung und des Wettbewerbers gleich gewichtig.
5II.
6Die zulässige Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der von der Beigeladenen dargelegten Gründe befindet, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat nach diesem Maßstab zu Recht die sofortige Vollziehung der Rücknahme der Zulassung für das Arzneimittel “E. Methocarbamol 750 mg Tabletten” angeordnet.
71. Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin nach § 80a Abs. 3 i. V. m. Abs. 2, § 80 Abs. 5 VwGO, die sofortige Vollziehung des Rücknahmebescheids anzuordnen, ist nicht wegen Verwirkung des Antragsrechts unzulässig.
8Die Verwirkung als Hauptanwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Verhaltens bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Ob von einer Verwirkung auszugehen ist, entscheidet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalles.
9Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. März 2008 – 2 BvR 2111/07, 2 BvR 22 BvR 2112/07 -, juris, Rn. 25; BVerwG, Urteile vom 7. Februar 1974 - BVerwG 3 C 115.71 - BVerwGE 44, 339 (343), Beschluss vom 7. März 2013 - 4 BN 33.12 -, juris, Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 24. September 2009 - 8 B 1344/09.AK ‑, juris, Rn. 34.
10Hiervon ausgehend hat die Antragstellerin das Antragsrecht in Bezug auf den hier streitgegenständlichen Antrag nicht verwirkt. Es fehlt schon an einer längeren Dauer der Untätigkeit in Bezug auf den Antrag nach § 80a Abs. 3 i. V. m. Abs. 2, § 80 Abs. 5 VwGO, auf den für die Beurteilung abzustellen ist. Der Verwaltungsakt, dessen sofortige Vollziehung die Antragstellerin damit erstreiten möchte, ist der Rück-nahmebescheid vom 13. Juni 2014. Die Antragstellerin hat aber bereits am 9. Juli 2014 beim BfArM einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung dieses Bescheids gestellt und, nachdem die Antragsgegnerin diesen abgelehnt hatte, am 11. August 2014 beim Verwaltungsgericht einen entsprechenden Antrag gestellt.
11Abgesehen davon ist aber auch ein Umstandsmoment nicht ersichtlich. In der Zeit seit Ergehen des Rücknahmebescheids haben sich keine besonderen Umstände ergeben, die die Antragstellung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Zwar kann das Umstandsmoment auch in einer Handlung liegen, die vor Beginn des Zeitmoments liegt.
12Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 7. März 2013 - 4 BN 33.12 -, juris, Rn. 6.
13Das Verhalten der Antragstellerin nach der Zulassung des streitgegenständlichen Arzneimittels im Juni 2010 rechtfertigt aber nicht die Annahme, sie werde nichts mehr gegen den Vertrieb des Arzneimittels durch die Beigeladene unternehmen, jedenfalls keine vorläufige Regelung erwirken. Die Beigeladene konnte nicht deshalb auf das Ausbleiben eines vorläufigen Rechtsschutzantrags nach § 80a VwGO vertrauen, weil die Antragstellerin im Widerspruchsverfahren gegen die Zulassung des Arzneimittels auf die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs verzichtet und bis zum Ergehen des Widerspruchs- und Rücknahmebescheids keinen vorläufigen Rechtsschutzantrag bei Gericht gestellt hat. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen, denen der Senat auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens folgt.
14Mit Blick auf die Ausführungen der Beigeladenen ist zu ergänzen: Die Antragstellerin hat lediglich gegenüber dem BfArM – bei sachgerechter Auslegung für die Dauer des behördlichen Widerspruchsverfahrens – auf die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Zulassung verzichtet. Diese Erklärung ließ aber weder den Schluss zu, sie sei bis zum Erlass einer bestandskräftigen Entscheidung mit dem Vertrieb des Arzneimittels einverstanden, noch den Schluss, sie würde auch bei ‑ wie hier ‑ erfolgreichem Drittwiderspruch auf die sofortige Verwirklichung ihrer Rechte verzichten. Die Antragstellerin hat insbesondere zu keiner Zeit erkennen lassen, dass sie die Zulassung und die darin nach ihrer Sicht liegende Verletzung ihrer Unterlagenschutzrechte akzeptieren wird und ist damit durch die vorliegende Antragstellung nicht von einer zuvor eingenommenen gegenteiligen Rechtsposition abgerückt. Die Beigeladene kann auch nicht geltend machen, sie habe im Vertrauen darauf, dass die Antragstellerin nicht um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen werde, das Arzneimittel markteingeführt. Die Vermarktung in Ausnutzung der Zulassung ist nicht durch den Verzicht möglich geworden, sondern durch die kurz darauf erfolgende Anordnung der sofortigen Vollziehung durch das BfArM. Anders als von der Beigeladenen dargestellt, ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch nicht durch den Verzicht der Antragstellerin auf die aufschiebende Wirkung des Drittwiderspruchs „überhaupt erst ermöglicht“ worden, sondern ist der Behörde nach § 80a Abs. 1 VwGO unabhängig davon auf Antrag des Begünstigten möglich. Einen solchen Antrag hatte die Beigeladene hier auch gestellt. Dass das BfArM hier zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung lediglich den Verzicht der Antragstellerin auf die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs angeführt hat, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Ferner war die Investitionsentscheidung von vornherein risikobehaftet. Die Beigeladene konnte auf den Bestand der Zulassung nicht vertrauen, solange sie nicht bestandskräftig war, d. h. solange über den Widerspruch der Antragstellerin nicht entschieden war. Im Übrigen hat die Beigeladene in der Zwischenzeit auch erhebliche Umsätze in Millionenhöhe mit dem Arzneimittel erzielt.
152. Die nach § 80a Abs. 3 i. V. m. Abs. 2, § 80 Abs. 5 VwGO gebotene, an den Erfolgsaussichten ausgerichtete Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts wird durch das Beschwerdevorbringen ebenfalls nicht durchgreifend in Frage gestellt.
16a. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Rücknahme rechtmäßig ist, weil die Zulassung die Unterlagenschutzrechte der Antragstellerin verletzt. Die Beigeladene zieht nicht in Zweifel, dass bezüglich des Produkts „P. “ der Antragstellerin die zehnjährige, drittschützende Unterlagenschutzfrist der §§ 24b Abs. 1, 141 Abs. 5 AMG i. V. m. § 24a Abs. 1 Satz 3 AMG in der bis zum Ablauf des 5. Sep-tember 2005 geltenden Fassung noch nicht verstrichen ist, weil das Arzneimittel erst im September 2005 zugelassen worden ist. Sie erhebt ferner keine substantiierten Einwände dagegen, dass auch im Falle einer gemischt-bibliografischen Zulassung - hier: der für „P. “ - Unterlagenschutzrechte begründet werden, nämlich für die eigenen Studien, die in Ergänzung zum anderen wissenschaftlichen Erkenntnismaterial – hier: durch die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin – vorgelegt worden sind und die Zulassung erst ermöglicht haben.
17Vgl. auch EuGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 – Rs. C-104/13 (Olainfarm) -, EuZW 2015, 31.
18Die Beigeladene macht der Sache nach lediglich geltend, der Unterlagenschutz stehe nur generischen Zulassungen, nicht aber der hier streitgegenständlichen bibliografischen Zulassung entgegen (aa.). Er gelte ferner nicht für anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial wie die hier von der Beigeladenen verwendete Veröffentlichung zum Arzneimittel „P. “ der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin (bb.). Dem ist nicht zu folgen. Es muss auch nicht festgestellt werden, inwieweit die Vorlage geschützter Erkenntnisse sich konkret auf die Entscheidungsfindung des BfArM über den Zulassungsantrag ausgewirkt hat (cc.).
19aa. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend unter Bezugnahme auf die Senatsrechtsprechung ausgeführt hat, besteht das Recht des Inhabers der Erstzulassung eines Arzneimittels auf Schutz seiner Unterlagen nicht nur im Rahmen eines generischen, sondern auch bei der Wahl eines bibliografischen Zulassungsverfahrens für im Wesentlichen gleiche Arzneimittel.
20Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 92 ff.
21Dies ergibt sich für nach altem Recht zentral zugelassene Arzneimittel aus Art. 13 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 i. V. m. Art. 4 Abs. 2 Nr. 8 der Richtlinie 65/65/EWG. Die Vorschriften gewähren dem Inhaber der zentral erteilten Erstzulassung für zehn Jahre ein Recht auf Schutz vor Zweitzulassungen, die auf den Nachweis der wesentlichen Gleichheit mit dem erstzugelassenen Arzneimittel gestützt sind. Dieser Schutz gilt nach dem Wortlaut und nach dem Zweck dieser Vorschriften nicht nur gegenüber generischen Anträgen, sondern auch vor Zulassungen, zu deren Erlangung u. a. Dokumente über Ergebnisse pharmakologischer, toxikologischer, ärztlicher oder klinischer Versuche des Erstantragstellers vorgelegt werden.
22Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 100 f.
23Dem Inhaber einer national durch das BfArM erteilten Zulassung stehen ebenfalls Unterlagenschutzrechte zu, die bei bibliographischen Zulassungsanträgen nach § 22 Abs. 3 AMG zu beachten sind. Auch bei einem Wirkstoff, der im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMG seit mindestens zehn Jahren allgemein medizinisch verwendet wird, darf ein Dritter erst nach Ablauf der Unterlagenschutzfrist Unterlagen des Zulassungsinhabers eines wirkstoffgleichen Arzneimittels zur Erlangung einer Zulassung verwenden. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 24b Abs. 1 AMG. Diese Vorschrift ist in Bezug auf das bereits im September 2005 national zugelassene Arzneimittel „P. “ der Antragstellerin einschlägig, weil § 141 Abs. 5 AMG keine Tatbestandsverweisung auf § 24a AMG a.F. enthält, sondern nur hinsichtlich der Dauer der Schutzfrist die Fortgeltung alten Rechts anordnet.
24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2014 - 13 B 950/14 -, PharmR 2015, 76 = juris, Rn. 9.
25Dies zugrundegelegt gilt hier: Bei einem Generikum kann ohne Zustimmung des Vorantragstellers auf die Unterlagen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 und § 23 Abs. 1 AMG einschließlich der Sachverständigengutachten nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 4 AMG des Arzneimittels des Vorantragstellers (Referenzarzneimittel) Bezug genommen werden, sofern die erstmalige Zulassung des Referenzarzneimittels in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union länger als zehn Jahre zurückliegt.
26§ 24b Abs. 1 AMG ist hier nicht unmittelbar anwendbar. Die Vorschrift regelt die Zulassung von Generika und bestimmt dementsprechend den Unterlagenschutz nur für generische Anträge. § 22 Abs. 3 AMG, der die bibliografische Antragstellung regelt, weist aber hinsichtlich des Unterlagenschutzes eine planwidrige Regelungslücke auf. Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMG müssen die Wirkstoffe seit mindestens zehn Jahren in der EU allgemein medizinisch verwendet werden, deren Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt und aus dem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial ersichtlich sein. Der Gesetzgeber ging offenbar davon aus, dass mit der geregelten, drittschützenden,
27vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1169/08 -, PharmR 2008, 607 = juris, Rn. 24 ff. und vom 5. Oktober 2011 - 13 B 881/11 -, A & R 2011, 282 = juris, Rn. 12, 23, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 144,
2810-Jahres-Frist für die Verwendung auch der Unterlagenschutz für das vorzulegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial gewährleistet ist. Ergeben sich die allgemeine medizinische Verwendung, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit aus den Zulassungsunterlagen zu einem seit mindestens zehn Jahren zugelassenen Arzneimittel mit gleichem Wirkstoff und gleicher Indikation, ist ein Gleichlauf der Frist für die Verwendung und den Schutz der Unterlagen gegeben. Für den Fall, dass dies nicht zutrifft, hat der Gesetzgeber keine Regelung getroffen. Weder aus der Entstehungsgeschichte,
29vgl. zu § 24a AMG a. F. BT-Drs. 12/6480, S. 20, und zu § 24b Abs. 1 AMG BT-Drs. 15/5316, S. 38,
30noch aus der Vorschrift bzw. dem Normengefüge selbst ergeben sich irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass dies bewusst geschah und der pharmazeutische Unternehmer hier nicht in gleicher Weise wie bei Generika vor der Ausnutzung seiner Innovationen durch andere für eine bestimmte Zeit geschützt werden soll.
31Die Regelungslücke ist durch analoge Anwendung des § 24b Abs. 1 AMG i. V. m. § 24a Abs. 1 Satz 3 AMG a. F. zu schließen, weil der Gesetzgeber, wenn er daran gedacht hätte, die Frage des Unterlagenschutzes bei bibliografischen Anträgen mutmaßlich entsprechend geregelt hätte. Die zehnjährige Verwendungsdauer allein reicht nicht aus, um die effektive Durchsetzung der Vorschriften über den Unterlagenschutz zu gewährleisten und damit die Interessen pharmazeutischer Unternehmen, die innovative Arzneimittel entwickeln und auf den Markt bringen, hinreichend zu schützen. Eine Umgehung im Rahmen eines bibliografischen Antrags und die Gewährleistung der berechtigten Interessen der „Innovationsfirmen“ kann nur durch die entsprechende Anwendung der generischen Unterlagenschutzfristen auch im Rahmen des § 22 Abs. 3 AMG gesichert werden. Der Gesetzgeber wollte dem innovativen pharmazeutischen Unternehmer ein Ausschließlichkeitsrecht an den pharmakologischen, toxikologischen sowie ärztlichen und klinischen Unterlagen einräumen. Mit der Etablierung des Unterlagenschutzes sollen die innovativen Arzneimittelhersteller geschützt werden, die für die Erstzulassung (oder auch für eine gemischt-bibliografische Zulassung) umfangreiche und kostenintensive Versuche durchführen lassen müssen. Die Wahl des bibliografischen Antragsverfahrens darf nicht zu einer Immunisierung gegenüber den Vorschriften des Unterlagenschutzes führen. Ansonsten würden die Schutzrechte des Inhabers der Erstzulassung an einer – zeitlich begrenzten – exklusiven Nutzung der Ergebnisse seiner Versuche ausgehöhlt.
32Bestünde die Möglichkeit, bei „gesperrten“ generischen Anträgen bibliografische Anträge zu stellen, könnten innovatorische Unternehmer von einer Veröffentlichung der Ergebnisse ihrer Forschungen abgehalten werden. Diese ist aber zur Information der (Fach-)Öffentlichkeit und Herstellung von Transparenz erwünscht und nunmehr auch hinsichtlich der Ergebnisse klinischer Prüfungen in § 42b AMG gesetzlich gefordert. Die Veröffentlichung trägt ferner, auch wenn die Unterlagen vorübergehend nicht durch Dritte verwendet werden dürfen, zu dem Ziel bei, unnötige Tests an Menschen und/oder Tieren, die ohne erkennbaren Nutzen für die öffentliche Gesundheit wären, zu vermeiden.
33Vgl. Erwägungsgründe 9 und 10 der Richtlinie 2001/83/EG, Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2004/27/EG; EuGH, Urteile vom 18. Juni 2009 - Rs. C-527/07 (Generics) -, Rn. 22 f.; EuGH, und vom 23. Oktober 2014 - Rs. C-104/13 (Olainfarm) -, Rn. 29; Schlussanträge des Generalanwalts Wahl vom 20. Mai 2014 in der Rs. C-104/13, Rn. 25; EuGH, Urteile vom 5. Oktober 1995 - Rs. C-40/93 (Scotia) -, Slg. I-2870, Rn. 17, vom 3. Dezember 1998 - Rs. C- 368/96 (Generics) -, Rn. 22 f., 71, 83, und vom 29. April 2004 - Rs. C-106/01 (Novartis) -, juris, Rn. 46; OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 108, Beschluss vom 27. November 2014 - 13 B 950/14 -, juris, Rn. 29.
34Die Unternehmer sollen – soweit sie nicht zwischenzeitlich ohnehin verpflichtet sind – zur Veröffentlichung wissenschaftlicher Erkenntnisse ermutigt werden, indem sie sich auf die Einhaltung eines zehnjährigen Schutzzeitraums verlassen können.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2008 - 13 B 1169/08 -, juris, Rn. 31.
36Dieses weite Verständnis des Unterlagenschutzes entspricht auch dem Unionsrecht. § 24b Abs. 1 AMG sowie § 24a Abs. 1 Satz 3 AMG a. F. sind in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht, dessen Umsetzung sie dienen bzw. dienten, auszulegen und anzuwenden.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2014 - 13 B 950/14 -, juris, Rn. 11.
38Art. 10a der Richtlinie 2001/83/EG enthält wie § 22 Abs. 3 AMG keine Vorgaben zum Unterlagenschutz bei bibliografischen Anträgen, Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG regelt den Unterlagenschutz nur für die Zulassung von Generika. Die von der Beigeladenen angeführten Bestimmungen in Anhang I, Teil II, Ziffer 1 der Richtlinie 2001/83/EG betreffen den Nachweis der „allgemeinen medizinischen Verwendung“ und verhalten sich nicht zum Unterlagenschutz. Wenn danach auch vor dem Inverkehrbringen durchgeführte Studien zu berücksichtigen sind, verdeutlich dies allerdings, dass auch der Richtliniengeber von der allgemeinen medizinischen Verwendung in einem (seit mindestens zehn Jahren) zugelassenen wirkstoffgleichen Arzneimittel ausgegangen ist, dessen Unterlagen nunmehr vorgelegt werden. Dann aber stellen sich keine Fragen des Unterlagenschutzes. Ferner enthält der 9. Erwä-gungsgrund der Richtlinie 2001/83/EG die Vorgabe, dass bei der Zulassung von Arzneimitteln, die im Wesentlichen einem bereits zugelassenen Arzneimittel gleichen, darauf zu achten ist, dass innovative Unternehmen nicht benachteiligt werden. Der Grundsatz des „effet utile“ verlangt, dass den unionsrechtlichen Vorgaben und den nationalen Umsetzungsnormen über den Unterlagenschutz zur tatsächlichen Wirksamkeit verholfen wird. Dies erfordert es, sie auch auf quasi-generische Bezugnahmen in Form der Vorlage von Unterlagen eines Erstzulassungsverfahrens anzuwenden, auch wenn dies im Rahmen eines bibliografischen Zulassungsantrags erfolgt.
39Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 129.
40In diesem Sinne versteht auch die EU-Kommission (Pharmaceutial Committee) in einer offenbar zum Fall „Clopidogrel“ (Senatsurteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -) ergangenen Stellungnahme die Vorgaben zum Unterlagenschutz. Die Vertreter der Kommission erklären ausdrücklich, der Unterlagenschutz gelte unabhängig davon, ob es sich um ein Verfahren nach Art. 10 oder 10a der Richtlinie 2001/83/EG handele. Stütze sich ein Antragsteller oder die Behörde auf solche Unterlagen, sei dies eine Umgehung der Unterlagenschutzbestimmungen der Richtlinie 2001/83/EG.
41EU-Kommission, Pharmaceutical Committee - Human, Summary Record, 65. Treffen, 16. März 2009, Brüssel, S. 5.
42Das Vorbringen der Beigeladenen zum Urteil des EuGH vom 23. Oktober 2014 - Rs. C-104/13 (Olainfarm) -, schließlich verhilft der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg, weil die Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu nicht entscheidungstragend sind. Wie die Beigeladene selbst einräumt, kann sie für die vorliegende Fallgestaltung daraus jedenfalls nichts zu ihren Gunsten ableiten.
43bb. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen scheidet der Unterlagenschutz auch nicht deshalb aus, weil es sich bei der von ihr im Zulassungsverfahren vorgelegten Schrift um veröffentlichtes wissenschaftliches Erkenntnismaterial sowie nicht um Unterlagen aus dem Zulassungsverfahren zu „P. “ handelt. Es kann offen bleiben, ob die Schrift ferner, wie von der Beigeladenen geltend gemacht, als anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG einzuordnen ist. All diese Umstände schließen das Bestehen von Unterlagenschutz nicht aus. Zwar regelt § 24b Abs. 1 AMG i. V. m. § 24a AMG a. F. unmittelbar nur den Schutz von Zulassungsunterlagen zum Referenzarzneimittel. Die hier – ohnehin nur entsprechend anwendbare Vorschrift – bedarf aus den oben ausgeführten Gründen aber einer erweiternden Auslegung, um eine Umgehung des Unterlagenschutzes zu vermeiden und ihm auch in Ansehung der unionsrechtlichen Vorgaben zur tatsächlichen Wirksamkeit zu verhelfen. Der Zulassungsinhaber hat bis zum Ablauf der Unterlagenschutzfrist ein Recht auf alleinige Verwertung der Unterlagen, die er im Zulassungsverfahren erstellt hat. Denn die Vorleistungen des innovatorischen Unternehmers, der die erstmalige Zulassung erhalten hat, sollen für zehn Jahre vor der Verwendung mit dem Ziel der Zulassung gleicher Arzneimittel geschützt werden.
44Hiervon ausgehend ist der Unterlagenschutz, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht auf die im Zulassungsverfahren vorgelegten Original-Unterlagen beschränkt.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 105 ff., 125; s. auch schon OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2008 – 13 B 1169/08 -, juris, Rn. 38.
46Auch eine mittelbare Nutzung des geistigen Eigentums des pharmazeutischen Unternehmers an seinen Studien, etwa durch die Vorlage behördlicher Wiedergaben und Bewertungen der Studien im Zulassungsverfahren,
47vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 105 f.,
48oder durch die Einreichung von Veröffentlichungen der Studienergebnisse, verletzt die Unterlagenschutzrechte. Der Unterlagenschutz erlischt aus den oben zur Veröffentlichung ausgeführten Gründen ferner nicht dadurch, dass der Antragsteller die Studien oder sonstiges wissenschaftliches Erkenntnismaterial, das er erarbeitet und in seinem Zulassungsverfahren vorgelegt hat, veröffentlicht.
49Hiervon ausgehend sind die Unterlagenschutzrechte der Antragstellerin verletzt worden, weil die Beigeladene vor Ablauf der Unterlagenschutzfrist die Publikation der Ergebnisse von Studien verwendet hat, die der Zulassung von „P. “ zugrundelagen. In der Veröffentlichung der Firma C. , der damaligen Zulassungsinhaberin von „P. “, aus dem Jahr 2006 mit dem Titel „P. “ („Bei Rückenschmerzen“, „durchbricht den Teufelskreis“) finden sich Ausführungen zur Chemie, zur Pharmakologie, Toxikologie, zu Klinik und therapeutischen Erfahrungen, zur Verträglichkeit und Verkehrssicherheit. Unter anderem werden zwei placebokontrollierte klinische Studien zu „P. “ beschrieben, die auch ausweislich des Literaturverzeichnisses anderweitig nicht veröffentlicht waren. Hierauf hat die Beigeladene in ihren Antragsunterlagen verschiedentlich Bezug genommen (Modul 2.5, Clinical Overview, 15. April 2009, S. 23, 28, 33, Literaturverzeichnis). Die Unterlagenschutzrechte würden ausgehöhlt, wenn die Beigeladene die Studienergebnisse mittelbar durch die Vorlage der Veröffentlichung der vorherigen Zulassungsinhaberin nutzen dürfte, um eine Zulassung zu erlangen. Die Veröffentlichung dient offenbar in erster Linie der Information über das Arzneimittel und der Bewerbung des Produkts, vor allem in Fachkreisen. Darin liegt aber kein Verzicht auf den Unterlagenschutz.
50Mit dem Einwand, diese auch vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung werde praktischen Anforderungen nicht gerecht, kann die Beigeladene nicht durchdringen. Es mag im Einzelfall nicht ohne Weiteres festzustellen sein, ob wissenschaftliche Publikationen Studien wiedergeben, die Eingang in Zulassungsverfahren gefunden haben und deshalb noch dem Unterlagenschutz unterliegen. Dies gilt aber jedenfalls nicht für die hier in Rede stehende Veröffentlichung, die unter dem Produktnamen „P. “ vom (damaligen) Zulassungsinhaber herausgegeben worden ist und detaillierte Beschreibungen eigener Studien enthält. Dass diese Gegenstand eines Zulassungsverfahrens waren, wusste die Beigeladene zudem deshalb, weil sie zunächst generische Anträge gestellt hatte, ehe sie nach dem Drittwiderspruch der Antragstellerin, die sich auf die Verletzung ihrer Unterlagenschutzrechte berief, unter Vorlage derselben Unterlagen für ein identisches Präparat die bibliografische Zulassung beantragte.
51cc. Schließlich hätte das Verwaltungsgericht auch nicht prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der streitgegenständlichen Zulassung vorgelegen haben. Mit diesem Einwand macht die Beigeladene der Sache nach geltend, das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen, ob die bibliografische Zulassung nach § 22 Abs. 3 Nr. 1 AMG auch ohne die streitigen Unterlagen hätte erteilt werden müssen. Wie im angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt wird, reicht es für die Bejahung der Rechtswidrigkeit und der Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin aus, dass die Zulassung unter Vorlage von geschützten Unterlagen der Antragstellerin erwirkt worden ist. Hingegen muss nicht festgestellt werden, inwieweit die Vorlage geschützter Erkenntnisse sich konkret auf die Entscheidungsfindung des BfArM über den Zulassungsantrag ausgewirkt hat. Die Zulassung ist im Falle eines Verstoßes gegen den Unterlagenschutz allenfalls dann nicht aufzuheben, wenn offenkundig ist, dass der Verstoß sich auf das Ergebnis des Zulassungsvorgangs nicht ausgewirkt hat.
52Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, Rn. 130.
53Das ist hier nicht der Fall. Das BfArM hätte die Zulassung ohne die geschützten Unterlagen nicht erteilt, weil das übrige bibliografische Material nach seiner Auffassung Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht ausreichend belegte. Dies folgt daraus, dass „P. “ nach erheblichen Beanstandungen schließlich gemischt-bibliografisch, d. h. erst nach Vorlage eigener Studien, zugelassen worden ist, und ist behördeninternen Vermerken in den Verwaltungsvorgängen (siehe nur Bl. 454, 481, 483 ff. zu 77978.00.00) sowie dem Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2014 zu entnehmen. Die substantiierten Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu werden mit der Beschwerde nicht angegriffen. Auf die Frage, ob im Übrigen die Voraussetzungen eines well-established-use gegeben sind, insbesondere ob wegen der Zulassungen in Frankreich (M. , 1996) und Großbritannien (S. , 1982) von einer allgemeinen medizinischen Verwendung auszugehen ist, kommt es deshalb nicht mehr an.
54b. Ist danach von der Rechtmäßigkeit des Rücknahmebescheids auszugehen, fällt die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus. Die Einwände der Beigeladenen gegen die Interessenabwägung unter Ziffer 3 der erstinstanzlichen Entscheidungsgründe greifen nicht durch. Nach den vom Verwaltungsgericht zutreffend dargelegten Entscheidungsmaßstäben ist bei der im Rahmen des § 80a Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 VwGO vorzunehmenden Abwägung der kollidierenden Interessen auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzustellen; sind diese – wie hier hinsichtlich der Klage der Beigeladenen gegen den Rücknahmebescheid – wegen der Verletzung drittschützender Vorschriften durch die Zulassung vom 15. Juni 2010 zu verneinen, geht die Interessenabwägung regelmäßig zugunsten des Dritten aus.
55Vgl. zum Prüfungsmaßstab OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1169/08 -, juris, Rn. 9 ff., vom 31. März 2009 - 13 B 278/09 -, juris, Rn. 7 ff., und vom 27. November 2014 - 13 B 950/14 -, juris, Rn. 4.
56Denn wie die Beigeladene zutreffend betont, sind die wirtschaftlichen, grundrechtlich geschützten Interessen des Inhabers der Referenzzulassung und des Wettbewerbers gleich gewichtig, ein Vorrang kann sich nur ausnahmsweise aus einer fallbezogenen Abwägung der gegenläufigen Interessen ergeben.
57Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. September 2008 - 13 B 1013/08 -, juris, Rn. 37, und vom 26. September 2008 ‑ 13 B 1169/08 -, juris, Rn. 60.
58Hiervon ausgehend überwiegt das aus der Verletzung ihrer Unterlagenschutzrechte resultierende Interesse der Antragstellerin, die Vollziehung der Rücknahme der Zulassung zu erreichen, das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen, von einer rechtswidrigen Zulassung weiterhin Gebrauch zu machen, sowie das öffentliche Interesse an einem Preiswettbewerb mit generischen bzw. quasi-generischen Arzneimitteln. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Unterlagenschutzrechte – und damit auch der Vermarktungsschutz – der Antragstellerin, die (nur) noch bis September 2015 bestehen, leer liefen, wenn nicht die sofortige Vollziehung der Aufhebung angeordnet würde. Es sind auch mit der Beschwerde keine Umstände dargetan, die es ausnahmsweise gebieten würden, trotz offensichtlicher Rechtmäßigkeit des Rücknahmebescheids und bestehender Drittrechtsverletzung von einem Überwiegen der wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen auszugehen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Interesse der Beigeladenen, die bereits seit vier Jahren bestehende Zulassung auch für die relativ kurze Zeit bis zum Ablauf der Unterlagenschutzfrist im September 2015 weiterhin ausnutzen zu dürfen, wegen ihrer Rechtswidrigkeit und der gezielten Umgehung des Unterlagenschutzes nicht schutzbedürftig ist. Dass, wie die Beigeladene mit der Beschwerde geltend macht, wegen anderweitiger ausländischer und generischer Zulassungen die Antragstellerin keine absolute Marktexklusivität genießt, mag den wirtschaftlichen Wert der Unterlagenschutzrechte mindern, ändert aber nichts an der Schutzwürdigkeit ihres Interesses, diejenigen Arzneimittel vom Markt fernzuhalten, die unter Verletzung ihrer Rechte zugelassen worden sind.
594. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
60Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Den nach § 22 Absatz 1 Nummer 15, Absatz 2 und 3 erforderlichen Unterlagen sind Gutachten von Sachverständigen beizufügen, in denen die Kontrollmethoden und die Prüfungsergebnisse zusammengefasst und bewertet werden. Im Einzelnen muss aus den Gutachten insbesondere hervorgehen:
- 1.
aus dem analytischen Gutachten, ob das Arzneimittel die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist, ob die vorgeschlagenen Kontrollmethoden dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und zur Beurteilung der Qualität geeignet sind, - 2.
aus dem pharmakologisch-toxikologischen Gutachten, welche toxischen Wirkungen und welche pharmakologischen Eigenschaften das Arzneimittel hat, - 3.
aus dem klinischen Gutachten, ob das Arzneimittel bei den angegebenen Anwendungsgebieten angemessen wirksam ist, ob es verträglich ist, ob die vorgesehene Dosierung zweckmäßig ist und welche Gegenanzeigen und Nebenwirkungen bestehen.
(2) Soweit wissenschaftliches Erkenntnismaterial nach § 22 Absatz 3 vorgelegt wird, muss aus den Gutachten hervorgehen, dass das wissenschaftliche Erkenntnismaterial in sinngemäßer Anwendung der Arzneimittelprüfrichtlinien erarbeitet wurde.
(3) Den Gutachten müssen Angaben über den Namen, die Ausbildung und die Berufstätigkeit der Sachverständigen sowie seine berufliche Beziehung zum Antragsteller beigefügt werden. Die Sachverständigen haben mit Unterschrift unter Angabe des Datums zu bestätigen, dass das Gutachten von ihnen erstellt worden ist.
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladenen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Antragstellerin betreibt einen Schweinehaltungsbetrieb in W. , dessen (baurechtlich) genehmigter Bestand u. a. 230 Sauen und 990 zugehörige Ferkelaufzuchtplätze umfasst. Mit Bescheid vom 9. Januar 2014 erteilte der Antragsgegner der Antragstellerin die immissionsschutzrechtliche Genehmigung u. a. zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Aufzucht und zum Halten von 2.200 Mastschweinen und eines neuen Güllehochbehälters mit 2.500 m³ Lagervolumen auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück .
4Auf der westlich unmittelbar angrenzenden Hofstelle betreiben die Beigeladenen Schweinehaltung mit 650 Mastschweinen, 68 Sauen und 200 Aufzuchtferkeln. Das zugehörige Betriebsleiterwohnhaus bewohnen sie selbst. Ein im Osten bzw. Südosten an den Betrieb der Antragstellerin angrenzendes, vermietetes Mehrparteienwohnhaus gehört ebenfalls den Beigeladenen; dabei handelt es sich wohl um das Doppelhaus O.
5In dem nach § 10 BImSchG durchgeführten Genehmigungsverfahren wandte sich der Beigeladene zu 2. gegen das Vorhaben mit der nicht näher spezifizierten Begründung, er befürchte „dadurch“ einen erheblichen Mietzinsverlust bei seinen sieben Mietwohnungen.
6Die Beigeladenen erhoben gegen die Genehmigung fristgerecht Klage (VG Düsseldorf 3 K 463/14). Nachdem der Antragsgegner die von ihm angeordnete sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheids während eines laufenden Eilrechtsschutzverfahrens (VG Düsseldorf 3 L 151/14) auf Weisung der Bezirksregierung Düsseldorf wieder aufgehoben hatte, ordnete das Verwaltungsgericht Düsseldorf auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 19. März 2015 (3 L 667/15) die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 9. Januar 2014 an. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beigeladenen wies der Senat mit Beschluss vom 30. Juli 2015 - 8 B 430/15 - zurück. Die gerichtlichen Eilentscheidungen waren maßgeblich darauf gestützt, dass die Beigeladenen mit ihren Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der im Hauptsacheverfahren angefochtenen Genehmigung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ausgeschlossen seien.
7Am 29. Oktober 2015 haben die Beigeladenen einen Abänderungsantrag nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 7 VwGO gestellt. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, dass die Präklusionsregelung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG nach Maßgabe der Entscheidung des EuGH vom 15. Oktober 2015 (Kommission/Deutschland, Rs. C-137/14) unionsrechtswidrig und daher nicht anzuwenden sei. Im Übrigen haben sie auf ihre in den vorangegangenen Eilrechtsschutzverfahren und dem anhängigen Klageverfahren geltend gemachten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Bezug genommen.
8Mit Beschluss vom 30. Oktober 2015 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der EuGH habe seine Entscheidung nur zu § 2 Abs. 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) und § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG getroffen und im Übrigen den Vorbehalt gemacht, dass eine Zurückweisung missbräuchlich erhobener Einwendungen weiterhin möglich sei. Es sei offen, ob danach im vorliegenden Fall weiterhin von einer Präklusion auszugehen sei. Damit verbleibe es bei der bisher getroffenen Interessenabwägung zu Lasten der Beigeladenen.
9Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beigeladenen.
10Die Stallanlage ist inzwischen errichtet und in Betrieb genommen worden.
11II.
12Die Beschwerde mit dem Antrag,
13unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2015 - 3 L 3570/15 - den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19. März 2015 - 3 L 667/15 - abzuändern und den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Antragsgegners vom 9. Januar 2014 zurückzuweisen,
14hat keinen Erfolg.
15Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach Maßgabe des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zwar durchgreifend in Frage. Der angegriffene Beschluss stellt sich jedoch im Ergebnis als richtig dar, was der Senat insoweit von Amts wegen zu prüfen hat.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 5; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14. März 2013 - 8 S 2504/12 ‑, DVBl. 2013, 795 = juris Rn. 11; Bay. VGH, Beschluss vom 21. Mai 2003 - 1 CS 03.60 -, NVwZ 2004, 251 = juris Rn. 16.
17Der Abänderungsantrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.).
181. Der Antrag ist gemäß §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zulässig.
19Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Bei der Ausgangsentscheidung handelt es sich zwar im engen Sinne nicht um einen Beschluss über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, weil er nicht einen Antrag auf Aussetzung, sondern auf Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO betraf. Da § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO jedoch für alle von § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO erfassten Fallgestaltungen (u. a.) auf § 80 Abs. 7 VwGO verweist, ist ein Abänderungsantrag auch in dieser umgekehrten Konstellation statthaft.
20Vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), VwGO, § 80 Rn. 556; ebenso bereits zur früheren Rechtslage VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18. Oktober 1988 - 8 S 2797/88 -, NVwZ-RR 1989, 398.
21Die weiteren Voraussetzungen des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO liegen ebenfalls vor.
22a) Bei der bezeichneten Entscheidung des EuGH vom 15. Oktober 2015 handelt es sich um eine Veränderung entscheidungserheblicher Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Diese Vorschrift erfasst sowohl Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse als auch der Rechtslage.
23Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14. Februar 2007 - 13 S 2969/06 -, NVwZ-RR 2007, 419 = juris Rn. 3; Puttler, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 185.
24Voraussetzung ist lediglich, dass die jeweiligen Umstände entscheidungserheblich sind.
25Vgl. OVG M.-V., Beschluss vom 16. Mai 2011 - 1 M 54/11 -, NVwZ-RR 2011, 959 = juris Rn. 7; Puttler, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 185.
26Auch eine nachträgliche Änderung höchstrichterlicher Rechtsprechung oder die Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage gehören zu den nach § 80 Abs. 7 VwGO zu berücksichtigenden Umständen, falls sich solche Erkenntnisse auf die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs auswirken.
27Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7. Oktober 2004 ‑ 11 ME 289/04 -, NVwZ 2005, 236 = juris Rn. 7.
28Insoweit kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die hier geltend gemachte Unionsrechtswidrigkeit des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG von Anfang an bestand und nur nicht erkannt wurde oder sich erst mit der Entscheidung des EuGH aktualisierte. Jedenfalls ist § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO im Lichte des Effektivitätsgebots (Art. 4 Abs. 3 EUV) so auszulegen, dass die wirksame Durchsetzung des Unionsrechts innerhalb des geltenden prozessrechtlichen Regelungswerks ermöglicht wird. Hiernach darf die praktische Wirksamkeit des Unionsrechts im Vollzug nicht durch das nationale Verfahrens- bzw. Prozessrecht und dessen Anwendung faktisch vereitelt oder erheblich erschwert werden.
29Ständige Rechtsprechung, z. B. EuGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - C-169/14 - (Morcillo und García), DVBl. 2014, 1457 = juris Rn. 31 m. w. N.
30Dem ist auch bei der Anwendung und Auslegung des Rechtsmittelrechts Rechnung zu tragen, sofern verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen wird, um Rechte durchzusetzen, die das Unionsrecht den Bürgerinnen und Bürgern einräumt.
31Vgl. etwa Frey, in: Gärditz (Hrsg.), VwGO, 2013, Vor § 124 Rn. 69; Gärditz, in: Rengeling/Middeke/ Gellermann (Hrsg.), Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 3. Aufl. 2014, § 35 Rn. 65.
32Dementsprechend ist ein Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO im Rahmen des insoweit deutungsoffenen Wortlautes auch dann statthaft, wenn dieser gestellt wird, um eine behauptete, auf Grund nachträglicher Rechtsprechung des EuGH erkannte Unionsrechtswidrigkeit der Entscheidungsprämissen im Ausgangsverfahren durch Abänderung zu korrigieren.
33Entsprechendes folgt auch aus dem verfassungsrechtlichen Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (Art. 19 Abs. 4 GG). Das BVerfG hat hierzu ausgeführt, dass ein Abänderungsantrag in verfassungskonformer Auslegung des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auch auf eine geänderte Rechtsprechung des EuGH gestützt werden könne, „da die höchstrichterliche Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage, die zu einer Veränderung der Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO führen kann, auch durch den Europäischen Gerichtshof möglich ist“.
34Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. August 2004 - 1 BvR 1446/04 -, BVerfGK 4, 36 = juris Rn. 19.
35b) Die in Bezug genommene Entscheidung des EuGH erweist sich vorliegend auch als entscheidungserheblich im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Sie führt bereits bei summarischer Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Beigeladenen - anders als im vorausgegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angenommen - mit den geltend gemachten Rechtsverletzungen durch Geruchsimmissionen und Bioaerosole, die auch die Antragsbefugnis jedenfalls eröffnen, sowie mit den Einwänden gegen die ordnungsgemäße Durchführung der Umweltverträglichkeitsvorprüfung nicht ausgeschlossen sind.
36Der Gerichtshof hat eine nationale Regelung, wonach zu spät vorgebrachte Einwendungen materiell präkludiert sind, im Anwendungsbereich des Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABlEU L 26/1 (UVP-Richtlinie) bzw. des Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung), ABlEU L 334/17 (IE-Richtlinie) für unvereinbar mit der unionsrechtlichen Verpflichtung erklärt, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht zu gewährleisten, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten.
37Vgl. EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015, ‑ C‑137/14 - (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NJW 2015, 3495 = juris Rn. 77 ff.
38Konkret betraf die Entscheidung die Präklusionsregelungen in § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG. Dass sich der EuGH in seiner Entscheidung zu der inhaltsgleichen Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG nicht geäußert hat, ist dem Streitgegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens geschuldet. Die Kommission hatte lediglich die Regelungen des § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG beanstandet (vgl. Rn. 68 des Urteils vom 15. Oktober 2015), Rechtsbehelfe Einzelner gegen Anlagengenehmigungen aber offenbar nicht im Blick gehabt. Der EuGH war an die von der Kommission im Rahmen des Verfahrens nach Art. 258 AEUV erhobenen Beanstandungen gebunden.
39Diese Eingrenzung der von dem EuGH im Urteil vom 15. Oktober 2015 betrachteten Präklusionsnormen entbindet die nationalen Gerichte nicht von der Verpflichtung zu prüfen, ob vergleichbare Vorschriften unionsrechtswidrig sind, und diese gegebenenfalls aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet zu lassen. Diese Verpflichtung hängt nicht davon ab, ob sich der EuGH zu der Vereinbarkeit der konkreten Vorschrift bereits geäußert hat. Hat das Gericht insoweit Zweifel, kann es den Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 2 AEUV um Klärung ersuchen.
40Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa EuGH, Urteil vom 19. Januar 2010 - C-555/07 -, Slg. 2010, I-365 = juris Rn. 51 ff.; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 9. Juni 1971 - 2 BvR 225/69 -, BVerfGE 31, 145 = juris Rn. 94.
41Vorliegend steht auch ohne eine erneute Befassung des EuGH außer Zweifel, dass § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ebenfalls unionsrechtswidrig und unanwendbar ist, soweit es um Vorhaben geht, die in den Anwendungsbereich der IE-Richtlinie bzw. der UVP-Richtlinie fallen.
42Die Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ist wortlautgleich mit § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG. Sie gilt für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und erfüllt dort dieselbe Funktion wie § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG im Planfeststellungsverfahren. Die Erwägung des Gerichtshofs, dass § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 VwVfG besondere Bedingungen aufstellen, die die gerichtliche Kontrolle einschränkten und die weder nach Art. 11 UVP-Richtlinie noch nach Art. 25 IE-Richtlinie vorgesehen seien,
43EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015, - C-137/14 - (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NJW 2015, 3495 = juris Rn. 78,
44trifft in gleicher Weise auf § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG zu. Die Einschätzung, dass die Überlegungen des EuGH auf § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ohne weiteres übertragbar sind, wird daher auch in der Literatur geteilt.
45Vgl. Zeissler/Schmitz, UPR 2016, 1, 4; Sinner, UPR 2016, 9 f.; Otto, NVwZ 2016, 292; Berkemann, DVBl. 2016, 205, 214; Keller/Rövekamp, NVwZ 2015, 1665, 1672; Fellenberg, NVwZ 2015, 1721, 1724; Ludwigs, NJW 2015, 3484, 3487, sowie bereits vor der Entscheidung Bunge, ZUR 2015, 531, 535; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2015 - 7 C 15.13 -, AUR 2016, 50 = juris Rn. 25 f., zu § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG Rh.-Pf.
46Hiervon ist bereits bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung auszugehen. Dies wird nicht durch den Einwand der Antragstellerin in Frage gestellt, die nach der Entscheidung des EuGH erforderliche umfassende materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeitskontrolle beziehe sich erst auf das Hauptsacheverfahren. Denn maßgeblicher Bestandteil der im vorliegenden summarischen Verfahren durchzuführenden Interessenabwägung ist gerade die Frage, ob die angefochtene Genehmigung voraussichtlich im Hauptsacheverfahren Bestand haben wird. Ein von den dort geltenden Maßstäben inhaltlich abweichender Prüfungsansatz verbietet sich deshalb.
47Der mit der vorliegend streitgegenständlichen Genehmigung zugelassene Schweinemastbetrieb fällt nach Art. 10 in Verbindung mit Anhang I Nr. 6.6. lit. b) in den Anwendungsbereich der IE-Richtlinie. Zugleich handelt es sich um eine „Anlage zur Intensivtierhaltung“, auf die die UVP-Richtlinie gemäß Art. 4 Abs. 2 i. V. m. Anhang II Nr. 1 e) dieser Richtlinie, hier umgesetzt durch Nr. 7.7 bis 7.9 und 7.11 der Anlage 1 zum UVPG, Anwendung findet.
48Nach allem ist im vorliegenden Fall derzeit nicht mehr davon auszugehen, dass die Antragsteller mit ihren Einwänden präkludiert sind. Zu keinem anderen Ergebnis führt die Bemerkung des Gerichtshofs, der nationale Gesetzgeber könne spezifische Verfahrensvorschriften vorsehen, nach denen z. B. ein missbräuchliches oder unredliches Vorbringen unzulässig ist.
49Vgl. EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015, a. a. O., Rn. 81.
50Ein derartiger Missbrauch kann nicht schon deshalb angenommen werden, weil die Beigeladenen im Genehmigungsverfahren trotz hinreichender Möglichkeiten keine näher spezifizierten Einwendungen erhoben haben. Darüber hinausgehende Umstände, die die Annahme eines missbräuchlichen oder unredlichen Verhaltens rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar. Ausgehend davon kann dahinstehen, ob ein etwaiges missbräuchliches Vorbringen überhaupt ohne ein vorheriges Tätigwerden des Gesetzgebers unmittelbar auf der Grundlage von § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG unberücksichtigt gelassen werden könnte.
512. Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch unter Berücksichtigung der Unanwendbarkeit der Präklusionsregelung aufrecht zu erhalten.
52Der Entscheidungsmaßstab im Abänderungsverfahren entspricht demjenigen im vorangegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, hier dem Verfahren auf Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Einen eigenständigen materiell-rechtlichen Maßstab für die Entscheidung des Gerichts enthält § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht. Die Entscheidungskriterien ergeben sich - soweit ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug nicht erkennbar ist - aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 2. Alt. VwGO, auf den § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO Bezug nimmt. Danach kann in der auch hier vorliegenden Fallkonstellation des begünstigenden Verwaltungsakts mit drittbelastender Wirkung die sofortige Vollziehung angeordnet werden, wenn das Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollziehung das Interesse des Belasteten an der aufschiebenden Wirkung überwiegt. In diesem Rahmen kommt es in erster Linie darauf an, ob der die aufschiebende Wirkung auslösende Rechtsbehelf - hier die Klage der Beigeladenen gegen die der Antragstellerin erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung - bei der angezeigten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich Erfolg haben wird. Dies ist (nur) dann der Fall, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Beigeladenen hierdurch in eigenen, gerade ihrem Schutz dienenden Rechtsnormen verletzt sind oder ihnen kraft spezialgesetzlicher Regelung ein Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung zusteht. Umgekehrt kann ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Begünstigten bejaht werden, wenn der von dem belasteten Beteiligten eingelegte Rechtsbehelf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und eine Fortdauer der grundsätzlich aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs dem Begünstigten gegenüber unbillig wäre. Darüber hinausgehende Rechtsverletzungen verschaffen dem anfechtenden Dritten keine im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Rechtsposition, weil ihm ein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch nicht zukommt.
53Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1169/08 -, PharmR 2008, 607 = juris Rn. 9 ff., vom 31. März 2009 - 13 B 278/09 -, juris Rn. 7 ff., und vom 24. Mai 2012 - 8 B 225/12 -, juris Rn. 9; Bay. VGH, Beschluss vom 23. August 1991 ‑ 14 CS 91.2254 -, BayVBl. 1991, 723, 724; OVG S.‑H., Beschluss vom 22. Februar 1995, 4 M 113/94 -, juris Rn. 2; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80a Rn. 29; vgl. weiterhin BVerfG, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 1 BvR 2466/08 -, BVerfGK 14, 278 = juris Rn. 21 f.
54Offen bleiben kann, ob § 4a Abs. 3 UmwRG auch auf die hier vorliegende Fallkonstellation eines nicht auf Aussetzung nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern auf Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 3 S. 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO gerichteten Begehrens erweiternd zu erstrecken ist. Ein abweichender Prüfungsmaßstab würde sich daraus im Ergebnis nicht ergeben.
55Vgl. ausführlich zum Prüfungsmaßstab OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, DVBl. 2014, 1415 = juris Rn. 62 ff, und vom 24. Juni 2015 ‑ 8 B 315/15 -, juris Rn. 14; vgl. weiterhin BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 ‑ 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 ‑ 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4; Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.
56Gemessen hieran erweist sich der sinngemäße Antrag, die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung aufgrund veränderter Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, als unbegründet. Zwar ist davon auszugehen, dass die Beigeladenen - wie dargelegt - mit ihren Einwendungen nicht präkludiert sind. Insoweit ist also die Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung anhand sämtlicher (die Beigeladenen schützender) Normen zu bewerten, die bei Erlass des Bescheides zu beachten waren.
57Unter Zugrundelegung der allgemeinen Maßstäbe für die Bestimmung erheblicher Geruchsimmissionen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (dazu unten a)), lässt sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, ob die angegriffene Genehmigung rechtmäßig ist (unten b)). Ob die zu erwartende Belastung mit Bioaerosolen die Beigeladenen in ihren Rechten verletzt, ist ebenfalls nicht abschließend zu klären (unten c)). Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts liegen bei summarischer Prüfung nicht vor (unten d)). Die Beigeladenen können die Aufhebung der Genehmigung nicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG verlangen, denn die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit wurde durchgeführt (unten e)). Im Rahmen der bei offenen Erfolgsaussichten vorzunehmenden weitergehenden Interessenabwägung gebührt vorliegend dem Interesse der Antragstellerin an der vorläufigen weiteren Ausnutzung der ihr erteilten Genehmigung Vorrang gegenüber dem Suspensivinteresse der Beigeladenen (unten f)).
58a) Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann nach ständiger Rechtsprechung bis zum Erlass bundeseinheitlicher Vorschriften die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 als Orientierungshilfe herangezogen werden. Die GIRL enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 49 ff.; Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 55 ff.; Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, ZNER 2015, 480 = juris Rn. 66-68, jeweils m. w. N.
60Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn- bzw. Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10% Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15% Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt für landwirtschaftliche Gerüche ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich wird dabei für landwirtschaftliche Gerüche der für Dorfgebiete anzusetzende Wert angenommen.
61Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 53, sowie Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31 ff., und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32.
62In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (entspricht 25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, juris Rn. 69 f.; Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
64Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche setzt stets das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Insoweit bedarf es einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl 2013, 177 = juris Rn. 41; Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl 2014, 318 = juris Rn. 70; Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, juris Rn. 56; Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 70, 79 ff.
66Landwirtschaftliche Gerüche im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
67Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 78.
68Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose, bei der aus der Vorbelastung und der Zusatzbelastung ggf. unter Berücksichtigung der Bebauungseinflüsse, einer Abluftfahnenüberhöhung und der Reduktion durch Abluftreinigungsanlagen im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an dem nach der GIRL maßgeblichen Immissionsrichtwert zu messen.
69OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33; Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11; Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, ZNER 2015, 480 = juris Rn. 72.
70Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
71Siehe im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 64 ff.; Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, ZNER 2015, 480 = juris Rn. 75; Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, juris Rn. 55 ff.
72b) Der Senat kann bei summarischer Prüfung nicht abschließend beurteilen, ob der Antragsgegner vorliegend mit Recht angenommen hat, dass von dem Vorhaben nach diesen Maßstäben keine unzumutbaren Geruchsbelästigungen für die Beigeladenen ausgehen. Das gilt sowohl für das im Eigentum der Beigeladenen stehende, vermiete Wohnhaus im Osten des streitgegenständlichen Vorhabens, bei dem es sich nach Aktenlage um das Doppelwohnhaus mit der Anschrift O. handeln dürfte, als auch für das Betriebsleiterwohnhaus der Beigeladenen auf deren eigener Hofstelle im Westen des Vorhabens (soweit eine unzumutbare Geruchsbelastung dieses Wohnhauses, was bisher unklar bleibt, mit der Klage überhaupt geltend gemacht werden soll).
73An beiden Wohnhäusern ist nach Aktenlage ein Immissionsrichtwert von 0,15 einzuhalten (dazu aa). Die Geruchsimmissionsprognose der Landwirtschaftskammer rechtfertigt nicht mit hinreichender Sicherheit den Schluss, dass der maßgebliche Immissionswert nicht überschritten wird. Allerdings spricht derzeit auch nichts für die Annahme, er werde an einem der beiden Wohnhäuser offensichtlich überschritten (dazu bb).
74aa) Für das Doppelwohnhaus O. gilt ein Immissionsrichtwert von 0,15.
75Der Standort dieses Wohnhauses liegt nicht (mehr) im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Der für diesen Bereich vormals bestehende einfache Bebauungsplan, der für die Straße O. wohl ein Dorfgebiet festsetzte, wurde bereits 1995 aufgehoben. Damit dürfte das Wohnhaus wohl dem Außenbereich nach § 35 BauGB zuzuordnen sein, sofern eine Überprüfung im Hauptsacheverfahren nicht eine Zuordnung nach § 34 BauGB ergeben sollte. Hieraus folgt entgegen der pauschalen Annahme des Antragsgegners aber nicht ohne weiteres, dass die Beigeladenen an diesem Wohnhaus Geruchsimmissionen bis zu einem Wert von 0,25 hinnehmen müssten. Einzelfallbezogene Umstände, die im vorliegenden Fall eine Erhöhung des für Dorfgebiete und grundsätzlich auch im Außenbereich geltenden Immissionswerts von 0,15 rechtfertigen, hat der Antragsgegner nicht vorgebracht. Ob die Vorprägung des Gebietscharakters durch die frühere bauplanungsrechtliche Festsetzung als Dorfgebiet die Darlegungslasten für eine ausnahmsweise Überschreitung des regulären Immissionswertes von 0,15 erhöht, bedarf daher derzeit keiner Entscheidung. Dass der frühere Bestand von Ortsrecht einen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf vertragliche Verpflichtungen gegenüber den Mietern geschaffen haben könnte (so die Behauptung der Beigeladenen), haben diese jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt.
76Auch am Betriebsleiterwohnhaus auf der Hofstelle der Beigeladenen (O. ) dürfte nach Aktenlage ein Immissionswert von 0,15 einzuhalten sein. Es ist im Außenbereich gelegen; und der Antragsgegner hat auch diesbezüglich bisher keine einzelfallbezogenen Umstände dargelegt, die ausnahmsweise eine Erhöhung dieses Wertes rechtfertigen.
77Eine einzelfallbezogene Begründung für einen entsprechend erhöhten Immissionswert, bei dessen Bestimmung die nach der Rechtsprechung relevanten Kriterien,
78vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 96 ff. m. w. N.,
79zu berücksichtigen wären, könnte der Antragsgegner allerdings auch noch während des Klageverfahrens nachholen.
80bb) Nach dem Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer vom 20. November 2012 lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob der Immissionswert an den beiden genannten Immissionspunkten im Ergebnis eingehalten wird. Auch wenn die Immissionsprognose im vorliegenden Eilverfahren nicht vollumfänglich überprüft werden kann, entspricht sie bei summarischer Prüfung jedenfalls nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen, die der Senat in seiner neueren, inzwischen gefestigten Rechtsprechung an eine auf der sicheren Seite liegende Prognose stellt.
81Zwar begegnet es bei summarischer Prüfung keinen Bedenken, dass bei der Berechnung der zu erwartenden Geruchsimmissionen hinsichtlich des Mastschweinestalls die geruchsreduzierenden Auswirkungen der nach dem Genehmigungsbescheid (Inhaltsbestimmung V.2., Nebenbestimmung VI.6.) in Verbindung mit den Antragsunterlagen einzubauenden Abluftreinigungsanlage berücksichtigt worden sind. Danach wird ein nach DLG-Signum-Test zertifiziertes System eingesetzt, das gewährleistet, dass kein Rohgasgeruch wahrnehmbar ist, die Restemissionen im Reingas kleiner als 300 GE/m³ sind und der Eigengeruch nach 100 m abgebaut ist.
82Vgl. zu den Voraussetzungen, unter denen die Reinigungsleistung einer Abluftreinigungsanlage berücksichtigungsfähig ist, OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 72 ff.
83Voraussichtlich ist daher nicht zu beanstanden, dass die Restemissionen aus der Abluftreinigungsanlage in den Prognoseberechnungen auf Null gesetzt worden sind, da sich alle nächstgelegenen fremden Wohnnutzungen in Entfernungen von über 100 m zum Stallneubau befinden. Die Behauptung der Beigeladenen, der Abstand zur nächsten Wohnbebauung betrage weniger als 50 m, steht dem nicht entgegen. Sie trifft auf die beiden in ihrem Eigentum stehenden Wohnhäuser, deren Beeinträchtigung sie allein geltend machen können, jedenfalls nicht zu. Beide Häuser dürften sich vielmehr in einem Abstand von mehr als 100 m zu dem Mastschweinestall befinden.
84Es fehlt indes an einer hinreichend genauen, gesonderten Ausweisung der Vorbelastung und der von dem streitgegenständlichen Vorhaben ausgehenden Zusatzbelastung an den hier maßgeblichen Immissionsorten, die zusammen die ermittelte Gesamtbelastung ergeben.
85(1) Das Betriebsleiterwohnhaus auf der landwirtschaftlichen Hofstelle der Beigeladenen im Westen des Vorhabens der Antragstellerin ist überhaupt nicht als Immissionsort in den Blick genommen worden; welche Gesamtbelastung sich dort ergibt, ist deshalb offen. Bei der insoweit notwendigen Ergänzung der Geruchsimmissionsprognose wird zu berücksichtigen sein, dass die von der Schweinehaltung der Beigeladenen ausgehende Geruchsbelastung (= Eigenbelastung) nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht in die Vorbelastung mit einzubeziehen ist. Hinzu kommt, dass u. U. eine noch zu begründende, einzelfallbezogene Erhöhung des grundsätzlich maßgeblichen Immissionswerts von 0,15 in Betracht kommen könnte. Berücksichtigt man des weiteren, dass das Wohnhaus der Beigeladenen etwa genauso weit von dem streitgegenständlichen Schweinemaststall entfernt ist wie das nachfolgend betrachtete Doppelhaus O. , für das eine (grobe) Immissionsprognose unter Einschluss der Belastung durch die Schweinehaltung der Beigeladenen vorliegt, erscheint es bei summarischer Prüfung nicht naheliegend, dass das Vorhaben am Wohnhaus der Beigeladenen im Ergebnis zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen führt.
86(2) Hinsichtlich des nicht zum Hof der Beigeladenen gehörenden, südöstlich an das Vorhaben der Antragstellerin angrenzenden Mietshauses O. lässt sich dem Immissionsschutzgutachten nicht hinreichend sicher entnehmen, dass der Immissionswert von 0,15 an diesem Immissionsort voraussichtlich eingehalten wird. Das Gutachten prognostiziert dort eine belästigungsrelevante Gesamtbelastung von 0,12. Insoweit dürfte sich das einschlägige Raster der Abbildung 9 des Gutachtens (S. 19) mit einer Rasterkantenlänge von 50 m (S. 15) aber als zu grob erweisen, um eine hinreichend genaue Prognose zu ermöglichen. Die maßgebliche Rasterfläche umfasst nicht nur das benannte Doppelhaus vollständig, sondern geht noch deutlich darüber hinaus. Da die im Norden angrenzende Rasterfläche bereits eine belästigungsrelevante Gesamtbelastung von 0,19 aufweist, lässt sich aufgrund der Ausblendung der realitätsnah anzunehmenden fließenden Übergänge zwischen diesen Werten nicht ausschließen, dass etwa im nördlichen Bereich des Doppelhauses der Immissionswert von 0,15 bereits überschritten wird (vgl. dazu auch die Anlage 2 zu der von den Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Sachverständigen für Immissionsschutz L. I. vom 24. März 2015).
87Die Klärung der Frage, ob auch hinsichtlich der hier betrachteten vermieteten Wohneinheiten die Geruchsbelastung durch den Schweinehaltungsbetrieb der Beigeladenen bei der Bestimmung der Vorbelastung unberücksichtigt bleiben muss, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Der Senat hat eine solche Gleichstellung mit der Wohnung des Betriebsinhabers selbst bisher nur für vermietete Wohnungen auf der Hofstelle angenommen, weil die Bewohner dieser Wohnungen das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, von der Hofstelle ableiten. Diese Wohnungen sind deshalb von vornherein mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet.
88Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 68, und - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 62, 95.
89Hier liegt der Fall anders. Das Doppelwohnhaus O. leitet seine baurechtliche Genehmigung jedenfalls nicht von der - nicht unmittelbar benachbarten - Hofstelle der Beigeladenen ab; vielmehr ist diese vermutlich unter der Geltung des zwischenzeitlich aufgehobenen Bebauungsplans erteilt worden.
90(3) Die Beurteilung der Zumutbarkeit der an den beiden hier in Rede stehenden Immissionsorten zu erwartenden Geruchsbelastung wirft weitere Fragen auf, die sich im Rahmen der summarischen Prüfung nicht abschließend beurteilen lassen.
91Nach Aktenlage kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch gewerbliche Betriebe wie die von den Beigeladenen angeführte, rund 450 m von dem Vorhaben der Antragstellerin entfernte Kläranlage auf der C. Straße sowie ein Regenrückhaltebecken in relevanter Weise auf die Geruchsbelastung einwirken. Die Beigeladenen berufen sich insoweit auf die „Kontroll- und Vergleichsrechnungen zur SMA H. /E. “ des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. I. vom 24. März 2015, die dieser im Auftrag des BUND (Kreis und Stadt W. ) erstellt hat. Darin wird dargelegt, dass das Mietshaus der Beigeladenen bei Einbeziehung der Geruchsbelastung durch die Kläranlage mit insgesamt bis zu 15,8 Jahresgeruchsstunden belastet werde.
92Es bedarf der Überprüfung im Hauptsacheverfahren, inwieweit dies zutrifft und hieraus unter Zugrundelegung der für gewerbliche Gerüche und ihr Zusammentreffen mit Tierhaltungsgerüchen anzuwendenden Maßstäbe,
93Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, juris Rn. 61 ff.,
94rechtliche Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens erwachsen.
95c) Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen ist die Genehmigung auch nicht deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil sie keinen Immissionsgrenzwert für Bioaerosole festsetzt. Ob vorliegend schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole zu erwarten sind, lässt sich bei summarischer Prüfung nicht abschließend beurteilen. Die TA Luft sieht insoweit keine Immissions- oder Emissionswerte vor; insbesondere enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Es gibt bislang auch keine sonstigen Grenz- oder Orientierungswerte, die die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. In Betracht kommt daher allenfalls eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft.
96Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, Rn. 104 ff.; Beschluss vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 52; Beschluss vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 53; Beschluss vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 33; Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
97Allerdings sprechen gegenwärtig gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube, Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) und Endotoxine ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, die menschliche Gesundheit zu beeinträchtigen. Beim derzeitigen Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr aber nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Insoweit ist die Vermeidung bzw. Senkung von erhöhten Bioaerosol-Konzentrationen nicht den drittschützenden Betreiberpflichten i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, sondern den Vorsorgeanforderungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Auf deren Einhaltung hat der Nachbar grundsätzlich keinen Anspruch.
98Vgl. zuletzt OVG NRW, Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, juris Rn. 110 m. w. N.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2015 - 7 C 10.13 -, juris Rn. 21 ff.
99Derzeit liegen hier keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefährdung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole vor. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Wohnhaus durch einen Schweinehaltungsbetrieb Bioaerosol-Immissionen ausgesetzt wird, die über eine allgemeine, gebietstypische Gefährdung hinausgehen und bereits zu einer konkreten Gefährdung der Gesundheit führen können, hält der Senat eine Orientierung an den Ergebnissen der Geruchsimmissionsprognose für nahe liegend. Denn der Übertragungsweg bei Bioaerosolen ist im Grunde derselbe wie bei Gerüchen.
100Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, juris Rn. 112.
101Vorliegend liegt eine Gesundheitsgefährdung durch Bioaerosole nicht nahe, weil die Antragstellerin mit dem in der Genehmigung vorgegebenen Einbau einer DLG-zertifizierten Abluftreinigungsanlage bereits die im Erlass des MKULNV NRW vom 19. Februar 2013 (Immissionsschutzrechtliche Anforderungen an Tierhaltungsanlagen, sog. Filtererlass) vorgesehenen, emissionsbegrenzenden Vorsorgemaßnahmen einhält. In der Fachwelt wird davon ausgegangen, dass Anlagen zur Verminderung von Staubemissionen auch zur Minderung von Bioaerosolen geeignet sind (vgl. Filtererlass, S. 6; ebenso Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer S. 33). Ob es bei dieser Sachlage gleichwohl - wie die Beigeladenen meinen - zum Schutz ihrer Nachbarrechte erforderlich ist, die voraussichtliche Belastung durch Bioaerosole gutachterlich ermitteln zu lassen, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Von offensichtlich drohenden Gesundheitsgefahren kann beim gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse im vorliegenden Fall jedenfalls nicht ausgegangen werden.
102d) Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts liegen bei summarischer Prüfung nicht vor. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in der seit dem 20. September 2013 geltenden Fassung des Gesetzes vom 11. Juni 2013 (BGBl. I 1548), der nach § 245a Abs. 4 BauGB auf den im November 2012 gestellten Antrag der Antragstellerin bereits Anwendung findet, sind gewerbliche Tierhaltungsanlagen im Außenbereich nicht mehr privilegiert. Die Landwirtschaftskammer hat jedoch bestätigt, dass die Antragstellerin nach Abschluss eines weiteren Landpachtvertrags in der Lage ist, für den Gesamt-Tierbestand das Kriterium der überwiegend eigenen Futtergrundlage i. S. v. § 201 BauGB zu erfüllen. Es besteht kein Anlass, diese Bewertung im vorliegenden summarischen Verfahren in Frage zu stellen.
103e) Die Beigeladenen haben keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens verlangt werden, wenn eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt wurde.
104Es kann dahinstehen, ob Anlass zur Prüfung dieser Rüge im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren besteht, obwohl die Beigeladenen ihre Klage bisher nicht auf Mängel der UVP-Vorprüfung gestützt haben. Sie haben das Unterbleiben der Vorprüfung nur im ersten, von ihnen selbst eingeleiteten Eilverfahren vor dem VG Düsseldorf (3 L 151/14) geltend gemacht und auf diesen Vortrag im vorliegenden Verfahren Bezug genommen. Diese Rüge greift jedenfalls nicht durch, denn die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit wurde durchgeführt. Sie ist im Vermerk des Antragsgegners vom 30. September 2013 (Beiakte 9, Bl. 540) im Einzelnen niedergelegt. Darin hat der Antragsgegner die zu prüfenden Kriterien aufgeführt und sich - nach Anhörung der betroffenen Fachbehörden - jeweils im Wesentlichen der Bewertung der von der Antragstellerin vorgelegten Vorprüfung des Einzelfalls angeschlossen. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedürfe. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner im Rahmen der Genehmigung lediglich das Ergebnis dieser Vorprüfung mitteilt. Eine Verpflichtung, die Vorprüfung insgesamt in den Genehmigungsbescheid aufzunehmen, ist nicht zu erkennen.
105Der Senat sieht im vorliegenden Verfahren keine Veranlassung, darüber hinaus zu überprüfen, ob die durchgeführte Vorprüfung dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG). Die Beigeladenen haben dies zu keinem Zeitpunkt substantiiert in Frage gestellt. Der - allein unionsrechtlich bedingte - Wegfall der Präklusion führt nicht dazu, dass Gerichte unabhängig von konkreten Rügen auf Fehlersuche gehen und ggf. Eilrechtsschutz gewähren müssten. Eine derartige Verpflichtung lässt sich den einschlägigen Richtlinien auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht entnehmen.
106f) Die bei offenen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache erforderliche weitere Interessenabwägung fällt zugunsten der Antragstellerin aus. Ihr drohen bei einer vorläufigen Einstellung des Betriebs wirtschaftliche Nachteile, die in der konkreten Verfahrenssituation unbillig wären und die von den Beigeladenen geltend gemachten Nachteile überwiegen.
107Die Antragstellerin hat die Stallanlage nach der gerichtlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung im November 2015 zulässigerweise errichtet und in Betrieb genommen. Sie ist mit der Inanspruchnahme von Krediten finanzielle Verpflichtungen eingegangen. Im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Genehmigung erhobenen Anfechtungsklage wäre sie gezwungen, die eingebrachten Mastschweine zu schlachten oder zu verkaufen bzw. jedenfalls an einen anderen Ort zu verbringen. Die damit verbundenen finanziellen Einbußen wären in der vorliegenden Konstellation unzumutbar.
108Zwar trägt die Antragstellerin das Risiko, dass getätigte Investitionen verloren sind, wenn die gegen die Genehmigung gerichtete Nachbarklage Erfolg hat.
109Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, juris Rn. 87.
110Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache hat die Antragstellerin aber ein qualifiziertes Interesse daran, dass die gerade durch gerichtliche Eilentscheidungen angeordnete sofortige Vollziehung ihrer Genehmigung aufrechterhalten bleibt, weil sie auf dieser Grundlage umfassende Investitionen getätigt und das Vorhaben ins Werk gesetzt hat. Abweichendes würde lediglich dann gelten, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache aufgrund veränderter Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO nunmehr erkennbar Aussicht auf Erfolg hätte. In diesem Fall würde nur die Betriebseinstellung, mit der die Antragstellerin mangels Bestandskraft der ihr erteilten Genehmigung ohnehin rechnen müsste, früher aktualisiert. Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor, weil die Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung ‑ wie dargelegt - mit der erforderlichen Sicherheit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht geklärt werden kann.
111Den Beigeladenen kann es demgegenüber zugemutet werden, für den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache den weiteren Betrieb der Schweinemastanlage hinzunehmen. Konkrete Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefahr durch Bioaerosole bestehen hier - wie oben ausgeführt - derzeit nicht. Bei Gerüchen geht es ohnehin nur um - nicht gesundheitsschädliche - Belästigungen.
112Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2015 - 7 C 10.13 -, NVwZ 2016, 79 = juris Rn. 33; OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 62.
113Sollten sich im Zuge der weiteren Sachverhaltsermittlung - wider Erwarten - ernsthafte Hinweise auf Gesundheitsgefahren ergeben, könnte jederzeit ein weiterer Abänderungsantrag gestellt werden. Es ist auch nicht nahe liegend, dass während des vorübergehenden Zeitraums bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage der Beigeladenen Mietzinsausfälle in einem Umfang drohen könnten, der die Altersvorsorge der Beigeladenen gefährdete.
114Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 2 VwGO.
115Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an den Ziffern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
116Abzurufen unter http://www.BVerwG.de/medien/pdf/ streitwertkatalog.pdf.
117Der danach im Hauptsacheverfahren auf 15.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren.
118Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Arzneimittel, die sich am 5. September 2005 im Verkehr befinden und den Vorschriften der §§ 10 und 11 unterliegen, müssen zwei Jahre nach der ersten auf den 6. September 2005 folgenden Verlängerung der Zulassung oder Registrierung oder, soweit sie von der Zulassung oder Registrierung freigestellt sind, zu dem in der Rechtsverordnung nach § 36 oder § 39 genannten Zeitpunkt oder, soweit sie keiner Verlängerung bedürfen, am 1. Januar 2009 vom pharmazeutischen Unternehmer entsprechend den Vorschriften der §§ 10 und 11 in den Verkehr gebracht werden. Bis zu den jeweiligen Zeitpunkten nach Satz 1 dürfen Arzneimittel vom pharmazeutischen Unternehmer, nach diesen Zeitpunkten weiter von Groß- und Einzelhändlern mit einer Kennzeichnung und Packungsbeilage in den Verkehr gebracht werden, die den bis zum 5. September 2005 geltenden Vorschriften entsprechen. § 109 bleibt unberührt.
(2) Der pharmazeutische Unternehmer hat für Fertigarzneimittel, die sich am 5. September 2005 im Verkehr befinden, mit dem ersten nach dem 6. September 2005 gestellten Antrag auf Verlängerung der Zulassung der zuständigen Bundesoberbehörde den Wortlaut der Fachinformation vorzulegen, die § 11a entspricht; soweit diese Arzneimittel keiner Verlängerung bedürfen, gilt die Verpflichtung vom 1. Januar 2009 an.
(3) Eine Person, die die Sachkenntnis nach § 15 nicht hat, aber am 5. September 2005 befugt ist, die in § 19 beschriebenen Tätigkeiten einer sachkundigen Person auszuüben, gilt als sachkundige Person nach § 14.
(4) Fertigarzneimittel, die sich am 5. September 2005 im Verkehr befinden und nach dem 6. September 2005 nach § 4 Abs. 1 erstmalig der Zulassungspflicht nach § 21 unterliegen, dürfen weiter in den Verkehr gebracht werden, wenn für sie bis zum 1. September 2008 ein Antrag auf Zulassung gestellt worden ist.
(5) Die Zeiträume für den Unterlagenschutz nach § 24b Absatz 1 und 4 gelten nicht für Referenzarzneimittel, deren Zulassung vor dem 30. Oktober 2005 beantragt wurde; für diese Arzneimittel gelten die Schutzfristen nach § 24a in der bis zum Ablauf des 5. September 2005 geltenden Fassung und beträgt der Zeitraum in § 24b Abs. 4 zehn Jahre.
(6) Für Arzneimittel, deren Zulassung vor dem 1. Januar 2001 verlängert wurde, findet § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 in der bis zum 5. September 2005 geltenden Fassung Anwendung; § 31 Abs. 1a gilt für diese Arzneimittel erst dann, wenn sie nach dem 6. September 2005 verlängert worden sind. Für Zulassungen, deren fünfjährige Geltungsdauer bis zum 1. Juli 2006 endet, gilt weiterhin die Frist des § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 in der vor dem 6. September 2005 geltenden Fassung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann für Arzneimittel, deren Zulassung nach dem 1. Januar 2001 und vor dem 6. September 2005 verlängert wurde, das Erfordernis einer weiteren Verlängerung anordnen, sofern dies erforderlich ist, um das sichere Inverkehrbringen des Arzneimittels weiterhin zu gewährleisten. Vor dem 6. September 2005 gestellte Anträge auf Verlängerung von Zulassungen, die nach diesem Absatz keiner Verlängerung mehr bedürfen, gelten als erledigt. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für Registrierungen. Zulassungsverlängerungen oder Registrierungen von Arzneimitteln, die nach § 105 Abs. 1 als zugelassen galten, gelten als Verlängerung im Sinne dieses Absatzes. § 136 Abs. 1 bleibt unberührt.
(7) Der Inhaber der Zulassung hat für ein Arzneimittel, das am 5. September 2005 zugelassen ist, sich aber zu diesem Zeitpunkt nicht im Verkehr befindet, der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich anzuzeigen, dass das betreffende Arzneimittel nicht in den Verkehr gebracht wird.
(8) Für Widersprüche, die vor dem 5. September 2005 erhoben wurden, findet § 33 in der bis zum 5. September 2005 geltenden Fassung Anwendung.
(9) § 25 Abs. 9 und § 34 Abs. 1a sind nicht auf Arzneimittel anzuwenden, deren Zulassung vor dem 6. September 2005 beantragt wurde.
(10) Auf Arzneimittel, die bis zum 6. September 2005 als homöopathische Arzneimittel registriert worden sind oder deren Registrierung vor dem 30. April 2005 beantragt wurde, sind die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden. Das Gleiche gilt für Arzneimittel, die nach § 105 Abs. 2 angezeigt worden sind und nach § 38 Abs. 1 Satz 3 in der vor dem 11. September 1998 geltenden Fassung in den Verkehr gebracht worden sind. § 39 Abs. 2 Nr. 5b findet ferner bei Entscheidungen über die Registrierung oder über ihre Verlängerung keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach Art und Menge der Bestandteile und hinsichtlich der Darreichungsform mit den in Satz 1 genannten Arzneimitteln identisch sind.
(11) (weggefallen)
(12) (weggefallen)
(13) Für Arzneimittel, die sich am 5. September 2005 im Verkehr befinden und für die zu diesem Zeitpunkt die Berichtspflicht nach § 63b Abs. 5 Satz 2 in der bis zum 5. September 2005 geltenden Fassung besteht, findet § 63b Abs. 5 Satz 3 nach dem nächsten auf den 6. September 2005 vorzulegenden Bericht Anwendung.
(14) Die Zulassung eines traditionellen pflanzlichen Arzneimittels, die nach § 105 in Verbindung mit § 109a verlängert wurde, erlischt am 30. April 2011, es sei denn, dass vor dem 1. Januar 2009 ein Antrag auf Zulassung oder Registrierung nach § 39a gestellt wurde. Die Zulassung nach § 105 in Verbindung mit § 109a erlischt ferner nach Entscheidung über den Antrag auf Zulassung oder Registrierung nach § 39a. Nach der Entscheidung darf das Arzneimittel noch zwölf Monate in der bisherigen Form in den Verkehr gebracht werden.
(1) Dem Antrag auf Zulassung müssen vom Antragsteller folgende Angaben beigefügt werden:
- 1.
der Name oder die Firma und die Anschrift des Antragstellers und des Herstellers, - 2.
die Bezeichnung des Arzneimittels, - 3.
die Bestandteile des Arzneimittels nach Art und Menge; § 10 Abs. 6 findet Anwendung, - 4.
die Darreichungsform, - 5.
die Wirkungen, - 6.
die Anwendungsgebiete, - 7.
die Gegenanzeigen, - 8.
die Nebenwirkungen, - 9.
die Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 10.
die Dosierung, - 11.
zur Herstellungsweise des Arzneimittels, - 12.
die Art der Anwendung und bei Arzneimitteln, die nur begrenzte Zeit angewendet werden sollen, die Dauer der Anwendung, - 13.
die Packungsgrößen, - 14.
die Art der Haltbarmachung, die Dauer der Haltbarkeit, die Art der Aufbewahrung, die Ergebnisse von Haltbarkeitsversuchen, - 15.
die Methoden zur Kontrolle der Qualität (Kontrollmethoden).
(1a) Die Angaben nach Absatz 1 Nummer 1 bis 10 müssen in deutscher, die übrigen Angaben in deutscher oder englischer Sprache beigefügt werden; andere Angaben oder Unterlagen können im Zulassungsverfahren statt in deutscher auch in englischer Sprache gemacht oder vorgelegt werden, soweit es sich nicht um Angaben handelt, die für die Kennzeichnung, die Packungsbeilage oder die Fachinformation verwendet werden.
(2) Es sind ferner vorzulegen:
- 1.
die Ergebnisse physikalischer, chemischer, biologischer oder mikrobiologischer Versuche und die zu ihrer Ermittlung angewandten Methoden (analytische Prüfung), - 2.
die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Versuche, - 3.
die Ergebnisse der klinischen Prüfungen oder sonstigen ärztlichen oder zahnärztlichen Erprobung, - 4.
eine Erklärung, dass außerhalb der Europäischen Union durchgeführte klinische Prüfungen unter ethischen Bedingungen durchgeführt wurden, die mit den ethischen Bedingungen der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 gleichwertig sind, - 5.
eine zusammenfassende Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems des Antragstellers, die Folgendes umfassen muss: - a)
den Nachweis, dass der Antragsteller über eine qualifizierte Person nach § 63a verfügt, und die Angabe der Mitgliedstaaten, in denen diese Person ansässig und tätig ist, sowie die Kontaktangaben zu dieser Person, - b)
die Angabe des Ortes, an dem die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation für das betreffende Arzneimittel geführt wird, und - c)
eine vom Antragsteller unterzeichnete Erklärung, dass er über die notwendigen Mittel verfügt, um den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen,
- 5a.
der Risikomanagement-Plan mit einer Beschreibung des Risikomanagement-Systems, das der Antragsteller für das betreffende Arzneimittel einführen wird, verbunden mit einer Zusammenfassung, - 6.
(weggefallen) - 7.
eine Kopie jeder Ausweisung des Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. EG Nr. L 18 S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist, - 8.
eine Bestätigung des Arzneimittelherstellers, dass er oder eine von ihm vertraglich beauftragte Person sich von der Einhaltung der Guten Herstellungspraxis bei der Wirkstoffherstellung durch eine Überprüfung vor Ort überzeugt hat; die Bestätigung muss auch das Datum des Audits beinhalten.
(3) An Stelle der Ergebnisse nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 kann anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, und zwar
- 1.
bei einem Arzneimittel, dessen Wirkstoffe seit mindestens zehn Jahren in der Europäischen Union allgemein medizinisch verwendet wurden, deren Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt und aus dem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial ersichtlich sind, - 2.
bei einem Arzneimittel, das in seiner Zusammensetzung bereits einem Arzneimittel nach Nummer 1 vergleichbar ist, - 3.
bei einem Arzneimittel, das eine neue Kombination bekannter Bestandteile ist, für diese Bestandteile; es kann jedoch auch für die Kombination als solche anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, wenn die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels nach Zusammensetzung, Dosierung, Darreichungsform und Anwendungsgebieten auf Grund dieser Unterlagen bestimmbar sind.
(3a) Enthält das Arzneimittel mehr als einen Wirkstoff, so ist zu begründen, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet.
(3b) Bei radioaktiven Arzneimitteln, die Generatoren sind, sind ferner eine allgemeine Beschreibung des Systems mit einer detaillierten Beschreibung der Bestandteile des Systems, die die Zusammensetzung oder Qualität der Tochterradionuklidzubereitung beeinflussen können, und qualitative und quantitative Besonderheiten des Eluats oder Sublimats anzugeben.
(3c) Ferner sind Unterlagen vorzulegen, mit denen eine Bewertung möglicher Umweltrisiken vorgenommen wird, und für den Fall, dass die Aufbewahrung des Arzneimittels oder seine Anwendung oder die Beseitigung seiner Abfälle besondere Vorsichts- oder Sicherheitsmaßnahmen erfordert, um Gefahren für die Umwelt oder die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen zu vermeiden, dies ebenfalls angegeben wird. Angaben zur Verminderung dieser Gefahren sind beizufügen und zu begründen.
(4) Wird die Zulassung für ein im Geltungsbereich dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so muss der Nachweis erbracht werden, dass der Hersteller berechtigt ist, das Arzneimittel herzustellen. Dies gilt nicht für einen Antrag nach § 21 Abs. 3 Satz 2.
(5) Wird die Zulassung für ein außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so ist der Nachweis zu erbringen, dass der Hersteller nach den gesetzlichen Bestimmungen des Herstellungslandes berechtigt ist, Arzneimittel herzustellen, und im Falle des Verbringens aus einem Land, das nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, dass der Einführer eine Erlaubnis besitzt, die zum Verbringen des Arzneimittels in den Geltungsbereich dieses Gesetzes berechtigt.
(6) Soweit eine Zulassung im Ausland erteilt worden ist, ist eine Kopie dieser Zulassung und eine Kopie der Zusammenfassung der Unbedenklichkeitsdaten einschließlich der Daten aus den regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten, soweit verfügbar, und der Berichte über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen beizufügen. Ist eine Zulassung ganz oder teilweise versagt worden, sind die Einzelheiten dieser Entscheidung unter Darlegung ihrer Gründe mitzuteilen. Wird ein Antrag auf Zulassung in einem Mitgliedstaat oder in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union geprüft, ist dies anzugeben. Kopien der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten genehmigten Zusammenfassungen der Produktmerkmale und der Packungsbeilagen oder, soweit diese Unterlagen noch nicht vorhanden sind, der vom Antragsteller in einem Verfahren nach Satz 3 vorgeschlagenen Fassungen dieser Unterlagen sind ebenfalls beizufügen. Ferner sind, sofern die Anerkennung der Zulassung eines anderen Mitgliedstaates beantragt wird, die in Artikel 28 der Richtlinie 2001/83/EG vorgeschriebenen Erklärungen abzugeben sowie die sonstigen dort vorgeschriebenen Angaben zu machen. Satz 5 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt worden sind.
(7) Dem Antrag ist der Wortlaut der für das Behältnis, die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage vorgesehenen Angaben sowie der Entwurf einer Zusammenfassung der Produktmerkmale beizufügen, bei der es sich zugleich um die Fachinformation nach § 11a Absatz 1 Satz 2 handelt, soweit eine solche vorgeschrieben ist. Der zuständigen Bundesoberbehörde sind außerdem die Ergebnisse von Bewertungen der Packungsbeilage vorzulegen, die in Zusammenarbeit mit Patienten-Zielgruppen durchgeführt wurden. Die zuständige Bundesoberbehörde kann verlangen, dass ihr ein oder mehrere Muster oder Verkaufsmodelle des Arzneimittels einschließlich der Packungsbeilagen sowie Ausgangsstoffe, Zwischenprodukte und Stoffe, die zur Herstellung oder Prüfung des Arzneimittels verwendet werden, in einer für die Untersuchung ausreichenden Menge und in einem für die Untersuchung geeigneten Zustand vorgelegt werden.
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 15. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 636.500 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Antragstellerin ist Inhaberin der Zulassung des unter dem 9. September 2005 (gemischt-bibliografisch) zugelassenen Arzneimittels “P. ” Tabletten, das als Wirkstoff 750 mg Methocarbamol pro Tablette enthält. Die Beigeladene erhielt unter dem 15. August 2008 zwei generische Zulassungen unter Bezugnahme hierauf (“E. Methocarbamol 750 mg Tabletten”, “N. Methocarbamol 750 mg Tabletten”), die auf die Klage der Antragstellerin durch Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 30. Oktober 2012 - 7 K 2148/10 - mit der Begründung aufgehoben wurden, sie seien unter Verletzung ihrer Unterlagenschutzrechte ergangen. Unter dem 15. Juni 2010 erteilte das BfArM der Beigeladenen die hier streitgegenständliche bibliografische Zulassung für das identische Arzneimittel “N. 750 mg Tabletten”, seit Änderungsanzeige vom 16. August 2010 bezeichnet als “E. Methocarbamol 750 mg Tabletten”. Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und berief sich auf ihre Unterlagenschutzrechte. Mit Schreiben vom 22. Juli 2010 teilte die Antragstellerin dem BfArM mit, sie verzichte auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs. Auf Antrag der Beigeladenen ordnete das BfArM am 29. Juli 2010 die sofortige Vollziehung der Zulassung an. Nachdem das Oberverwaltungsgericht den Antrag der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 30. Oktober 2012 abgelehnt hatte (OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2013 - 13 A 2756/12 -), entschied das BfArM über den Widerspruch der Antragstellerin und nahm mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2014 die bibliografische Zulassung der Beigeladenen zurück. Am 17. Juni 2014 hat die Beigeladene Klage gegen die Rücknahme der Zulassung erhoben. Den Antrag der Antragstellerin vom 9. Juli 2014, die sofortige Vollziehung der Rücknahmeentscheidung anzuordnen, lehnte das BfArM ab. Auf Antrag der Antragstellerin vom 11. August 2014 hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 15. Dezember 2014 die sofortige Vollziehung der mit Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 13. Juni 2014 erfolgten Aufhebung der Zulassung angeordnet.
4Dagegen hat die Beigeladene Beschwerde erhoben. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Der Antrag sei bereits unzulässig, da die Antragstellerin ihr Antragsrecht nach § 80a VwGO verwirkt habe. Seit der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zulassung bis zum Eingang des Eilantrags bei Gericht seien vier Jahre vergangen. Damit, dass die Antragstellerin auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs verzichtet habe, habe sie zum Ausdruck gebracht, dass sie sich nicht außerhalb des Hauptsacheverfahrens gegen den Vertrieb des Arzneimittels durch die Beigeladene zur Wehr setzen wolle. Der Antrag sei auch unbegründet. Der Unterlagenschutz nach § 24b Abs. 1 AMG/§ 24a AMG a. F. begründe kein Verwertungsverbot von wissenschaftlichen Veröffentlichungen, wenn es sich um einen allgemein medizinisch verwendeten, nicht von der Antragstellerin entwickelten Wirkstoff handele, für den die Zehnjahresfrist des § 22 Abs. 3 Nr. 1 AMG bereits abgelaufen sei. Aus dem Unterlagenschutzrecht folge nur ein Schutz vor generischen Anträgen bis zum Ablauf der Schutzfrist. Die allgemeine Interessenabwägung sei defizitär, weil das Verwaltungsgericht außer Acht gelassen habe, dass bereits eine generische Zulassung aufgrund einer britischen Referenzzulassung erteilt worden sei und der Antragstellerin Marktexklusivität ohnehin nicht ermöglicht werden könne. Im Übrigen seien die Interessen des Inhabers der Referenzzulassung und des Wettbewerbers gleich gewichtig.
5II.
6Die zulässige Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der von der Beigeladenen dargelegten Gründe befindet, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat nach diesem Maßstab zu Recht die sofortige Vollziehung der Rücknahme der Zulassung für das Arzneimittel “E. Methocarbamol 750 mg Tabletten” angeordnet.
71. Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin nach § 80a Abs. 3 i. V. m. Abs. 2, § 80 Abs. 5 VwGO, die sofortige Vollziehung des Rücknahmebescheids anzuordnen, ist nicht wegen Verwirkung des Antragsrechts unzulässig.
8Die Verwirkung als Hauptanwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Verhaltens bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Ob von einer Verwirkung auszugehen ist, entscheidet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalles.
9Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. März 2008 – 2 BvR 2111/07, 2 BvR 22 BvR 2112/07 -, juris, Rn. 25; BVerwG, Urteile vom 7. Februar 1974 - BVerwG 3 C 115.71 - BVerwGE 44, 339 (343), Beschluss vom 7. März 2013 - 4 BN 33.12 -, juris, Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 24. September 2009 - 8 B 1344/09.AK ‑, juris, Rn. 34.
10Hiervon ausgehend hat die Antragstellerin das Antragsrecht in Bezug auf den hier streitgegenständlichen Antrag nicht verwirkt. Es fehlt schon an einer längeren Dauer der Untätigkeit in Bezug auf den Antrag nach § 80a Abs. 3 i. V. m. Abs. 2, § 80 Abs. 5 VwGO, auf den für die Beurteilung abzustellen ist. Der Verwaltungsakt, dessen sofortige Vollziehung die Antragstellerin damit erstreiten möchte, ist der Rück-nahmebescheid vom 13. Juni 2014. Die Antragstellerin hat aber bereits am 9. Juli 2014 beim BfArM einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung dieses Bescheids gestellt und, nachdem die Antragsgegnerin diesen abgelehnt hatte, am 11. August 2014 beim Verwaltungsgericht einen entsprechenden Antrag gestellt.
11Abgesehen davon ist aber auch ein Umstandsmoment nicht ersichtlich. In der Zeit seit Ergehen des Rücknahmebescheids haben sich keine besonderen Umstände ergeben, die die Antragstellung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Zwar kann das Umstandsmoment auch in einer Handlung liegen, die vor Beginn des Zeitmoments liegt.
12Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 7. März 2013 - 4 BN 33.12 -, juris, Rn. 6.
13Das Verhalten der Antragstellerin nach der Zulassung des streitgegenständlichen Arzneimittels im Juni 2010 rechtfertigt aber nicht die Annahme, sie werde nichts mehr gegen den Vertrieb des Arzneimittels durch die Beigeladene unternehmen, jedenfalls keine vorläufige Regelung erwirken. Die Beigeladene konnte nicht deshalb auf das Ausbleiben eines vorläufigen Rechtsschutzantrags nach § 80a VwGO vertrauen, weil die Antragstellerin im Widerspruchsverfahren gegen die Zulassung des Arzneimittels auf die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs verzichtet und bis zum Ergehen des Widerspruchs- und Rücknahmebescheids keinen vorläufigen Rechtsschutzantrag bei Gericht gestellt hat. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen, denen der Senat auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens folgt.
14Mit Blick auf die Ausführungen der Beigeladenen ist zu ergänzen: Die Antragstellerin hat lediglich gegenüber dem BfArM – bei sachgerechter Auslegung für die Dauer des behördlichen Widerspruchsverfahrens – auf die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Zulassung verzichtet. Diese Erklärung ließ aber weder den Schluss zu, sie sei bis zum Erlass einer bestandskräftigen Entscheidung mit dem Vertrieb des Arzneimittels einverstanden, noch den Schluss, sie würde auch bei ‑ wie hier ‑ erfolgreichem Drittwiderspruch auf die sofortige Verwirklichung ihrer Rechte verzichten. Die Antragstellerin hat insbesondere zu keiner Zeit erkennen lassen, dass sie die Zulassung und die darin nach ihrer Sicht liegende Verletzung ihrer Unterlagenschutzrechte akzeptieren wird und ist damit durch die vorliegende Antragstellung nicht von einer zuvor eingenommenen gegenteiligen Rechtsposition abgerückt. Die Beigeladene kann auch nicht geltend machen, sie habe im Vertrauen darauf, dass die Antragstellerin nicht um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen werde, das Arzneimittel markteingeführt. Die Vermarktung in Ausnutzung der Zulassung ist nicht durch den Verzicht möglich geworden, sondern durch die kurz darauf erfolgende Anordnung der sofortigen Vollziehung durch das BfArM. Anders als von der Beigeladenen dargestellt, ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch nicht durch den Verzicht der Antragstellerin auf die aufschiebende Wirkung des Drittwiderspruchs „überhaupt erst ermöglicht“ worden, sondern ist der Behörde nach § 80a Abs. 1 VwGO unabhängig davon auf Antrag des Begünstigten möglich. Einen solchen Antrag hatte die Beigeladene hier auch gestellt. Dass das BfArM hier zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung lediglich den Verzicht der Antragstellerin auf die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs angeführt hat, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Ferner war die Investitionsentscheidung von vornherein risikobehaftet. Die Beigeladene konnte auf den Bestand der Zulassung nicht vertrauen, solange sie nicht bestandskräftig war, d. h. solange über den Widerspruch der Antragstellerin nicht entschieden war. Im Übrigen hat die Beigeladene in der Zwischenzeit auch erhebliche Umsätze in Millionenhöhe mit dem Arzneimittel erzielt.
152. Die nach § 80a Abs. 3 i. V. m. Abs. 2, § 80 Abs. 5 VwGO gebotene, an den Erfolgsaussichten ausgerichtete Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts wird durch das Beschwerdevorbringen ebenfalls nicht durchgreifend in Frage gestellt.
16a. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Rücknahme rechtmäßig ist, weil die Zulassung die Unterlagenschutzrechte der Antragstellerin verletzt. Die Beigeladene zieht nicht in Zweifel, dass bezüglich des Produkts „P. “ der Antragstellerin die zehnjährige, drittschützende Unterlagenschutzfrist der §§ 24b Abs. 1, 141 Abs. 5 AMG i. V. m. § 24a Abs. 1 Satz 3 AMG in der bis zum Ablauf des 5. Sep-tember 2005 geltenden Fassung noch nicht verstrichen ist, weil das Arzneimittel erst im September 2005 zugelassen worden ist. Sie erhebt ferner keine substantiierten Einwände dagegen, dass auch im Falle einer gemischt-bibliografischen Zulassung - hier: der für „P. “ - Unterlagenschutzrechte begründet werden, nämlich für die eigenen Studien, die in Ergänzung zum anderen wissenschaftlichen Erkenntnismaterial – hier: durch die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin – vorgelegt worden sind und die Zulassung erst ermöglicht haben.
17Vgl. auch EuGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 – Rs. C-104/13 (Olainfarm) -, EuZW 2015, 31.
18Die Beigeladene macht der Sache nach lediglich geltend, der Unterlagenschutz stehe nur generischen Zulassungen, nicht aber der hier streitgegenständlichen bibliografischen Zulassung entgegen (aa.). Er gelte ferner nicht für anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial wie die hier von der Beigeladenen verwendete Veröffentlichung zum Arzneimittel „P. “ der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin (bb.). Dem ist nicht zu folgen. Es muss auch nicht festgestellt werden, inwieweit die Vorlage geschützter Erkenntnisse sich konkret auf die Entscheidungsfindung des BfArM über den Zulassungsantrag ausgewirkt hat (cc.).
19aa. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend unter Bezugnahme auf die Senatsrechtsprechung ausgeführt hat, besteht das Recht des Inhabers der Erstzulassung eines Arzneimittels auf Schutz seiner Unterlagen nicht nur im Rahmen eines generischen, sondern auch bei der Wahl eines bibliografischen Zulassungsverfahrens für im Wesentlichen gleiche Arzneimittel.
20Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 92 ff.
21Dies ergibt sich für nach altem Recht zentral zugelassene Arzneimittel aus Art. 13 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 i. V. m. Art. 4 Abs. 2 Nr. 8 der Richtlinie 65/65/EWG. Die Vorschriften gewähren dem Inhaber der zentral erteilten Erstzulassung für zehn Jahre ein Recht auf Schutz vor Zweitzulassungen, die auf den Nachweis der wesentlichen Gleichheit mit dem erstzugelassenen Arzneimittel gestützt sind. Dieser Schutz gilt nach dem Wortlaut und nach dem Zweck dieser Vorschriften nicht nur gegenüber generischen Anträgen, sondern auch vor Zulassungen, zu deren Erlangung u. a. Dokumente über Ergebnisse pharmakologischer, toxikologischer, ärztlicher oder klinischer Versuche des Erstantragstellers vorgelegt werden.
22Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 100 f.
23Dem Inhaber einer national durch das BfArM erteilten Zulassung stehen ebenfalls Unterlagenschutzrechte zu, die bei bibliographischen Zulassungsanträgen nach § 22 Abs. 3 AMG zu beachten sind. Auch bei einem Wirkstoff, der im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMG seit mindestens zehn Jahren allgemein medizinisch verwendet wird, darf ein Dritter erst nach Ablauf der Unterlagenschutzfrist Unterlagen des Zulassungsinhabers eines wirkstoffgleichen Arzneimittels zur Erlangung einer Zulassung verwenden. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 24b Abs. 1 AMG. Diese Vorschrift ist in Bezug auf das bereits im September 2005 national zugelassene Arzneimittel „P. “ der Antragstellerin einschlägig, weil § 141 Abs. 5 AMG keine Tatbestandsverweisung auf § 24a AMG a.F. enthält, sondern nur hinsichtlich der Dauer der Schutzfrist die Fortgeltung alten Rechts anordnet.
24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2014 - 13 B 950/14 -, PharmR 2015, 76 = juris, Rn. 9.
25Dies zugrundegelegt gilt hier: Bei einem Generikum kann ohne Zustimmung des Vorantragstellers auf die Unterlagen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 und § 23 Abs. 1 AMG einschließlich der Sachverständigengutachten nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 4 AMG des Arzneimittels des Vorantragstellers (Referenzarzneimittel) Bezug genommen werden, sofern die erstmalige Zulassung des Referenzarzneimittels in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union länger als zehn Jahre zurückliegt.
26§ 24b Abs. 1 AMG ist hier nicht unmittelbar anwendbar. Die Vorschrift regelt die Zulassung von Generika und bestimmt dementsprechend den Unterlagenschutz nur für generische Anträge. § 22 Abs. 3 AMG, der die bibliografische Antragstellung regelt, weist aber hinsichtlich des Unterlagenschutzes eine planwidrige Regelungslücke auf. Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMG müssen die Wirkstoffe seit mindestens zehn Jahren in der EU allgemein medizinisch verwendet werden, deren Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt und aus dem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial ersichtlich sein. Der Gesetzgeber ging offenbar davon aus, dass mit der geregelten, drittschützenden,
27vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1169/08 -, PharmR 2008, 607 = juris, Rn. 24 ff. und vom 5. Oktober 2011 - 13 B 881/11 -, A & R 2011, 282 = juris, Rn. 12, 23, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 144,
2810-Jahres-Frist für die Verwendung auch der Unterlagenschutz für das vorzulegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial gewährleistet ist. Ergeben sich die allgemeine medizinische Verwendung, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit aus den Zulassungsunterlagen zu einem seit mindestens zehn Jahren zugelassenen Arzneimittel mit gleichem Wirkstoff und gleicher Indikation, ist ein Gleichlauf der Frist für die Verwendung und den Schutz der Unterlagen gegeben. Für den Fall, dass dies nicht zutrifft, hat der Gesetzgeber keine Regelung getroffen. Weder aus der Entstehungsgeschichte,
29vgl. zu § 24a AMG a. F. BT-Drs. 12/6480, S. 20, und zu § 24b Abs. 1 AMG BT-Drs. 15/5316, S. 38,
30noch aus der Vorschrift bzw. dem Normengefüge selbst ergeben sich irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass dies bewusst geschah und der pharmazeutische Unternehmer hier nicht in gleicher Weise wie bei Generika vor der Ausnutzung seiner Innovationen durch andere für eine bestimmte Zeit geschützt werden soll.
31Die Regelungslücke ist durch analoge Anwendung des § 24b Abs. 1 AMG i. V. m. § 24a Abs. 1 Satz 3 AMG a. F. zu schließen, weil der Gesetzgeber, wenn er daran gedacht hätte, die Frage des Unterlagenschutzes bei bibliografischen Anträgen mutmaßlich entsprechend geregelt hätte. Die zehnjährige Verwendungsdauer allein reicht nicht aus, um die effektive Durchsetzung der Vorschriften über den Unterlagenschutz zu gewährleisten und damit die Interessen pharmazeutischer Unternehmen, die innovative Arzneimittel entwickeln und auf den Markt bringen, hinreichend zu schützen. Eine Umgehung im Rahmen eines bibliografischen Antrags und die Gewährleistung der berechtigten Interessen der „Innovationsfirmen“ kann nur durch die entsprechende Anwendung der generischen Unterlagenschutzfristen auch im Rahmen des § 22 Abs. 3 AMG gesichert werden. Der Gesetzgeber wollte dem innovativen pharmazeutischen Unternehmer ein Ausschließlichkeitsrecht an den pharmakologischen, toxikologischen sowie ärztlichen und klinischen Unterlagen einräumen. Mit der Etablierung des Unterlagenschutzes sollen die innovativen Arzneimittelhersteller geschützt werden, die für die Erstzulassung (oder auch für eine gemischt-bibliografische Zulassung) umfangreiche und kostenintensive Versuche durchführen lassen müssen. Die Wahl des bibliografischen Antragsverfahrens darf nicht zu einer Immunisierung gegenüber den Vorschriften des Unterlagenschutzes führen. Ansonsten würden die Schutzrechte des Inhabers der Erstzulassung an einer – zeitlich begrenzten – exklusiven Nutzung der Ergebnisse seiner Versuche ausgehöhlt.
32Bestünde die Möglichkeit, bei „gesperrten“ generischen Anträgen bibliografische Anträge zu stellen, könnten innovatorische Unternehmer von einer Veröffentlichung der Ergebnisse ihrer Forschungen abgehalten werden. Diese ist aber zur Information der (Fach-)Öffentlichkeit und Herstellung von Transparenz erwünscht und nunmehr auch hinsichtlich der Ergebnisse klinischer Prüfungen in § 42b AMG gesetzlich gefordert. Die Veröffentlichung trägt ferner, auch wenn die Unterlagen vorübergehend nicht durch Dritte verwendet werden dürfen, zu dem Ziel bei, unnötige Tests an Menschen und/oder Tieren, die ohne erkennbaren Nutzen für die öffentliche Gesundheit wären, zu vermeiden.
33Vgl. Erwägungsgründe 9 und 10 der Richtlinie 2001/83/EG, Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2004/27/EG; EuGH, Urteile vom 18. Juni 2009 - Rs. C-527/07 (Generics) -, Rn. 22 f.; EuGH, und vom 23. Oktober 2014 - Rs. C-104/13 (Olainfarm) -, Rn. 29; Schlussanträge des Generalanwalts Wahl vom 20. Mai 2014 in der Rs. C-104/13, Rn. 25; EuGH, Urteile vom 5. Oktober 1995 - Rs. C-40/93 (Scotia) -, Slg. I-2870, Rn. 17, vom 3. Dezember 1998 - Rs. C- 368/96 (Generics) -, Rn. 22 f., 71, 83, und vom 29. April 2004 - Rs. C-106/01 (Novartis) -, juris, Rn. 46; OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 108, Beschluss vom 27. November 2014 - 13 B 950/14 -, juris, Rn. 29.
34Die Unternehmer sollen – soweit sie nicht zwischenzeitlich ohnehin verpflichtet sind – zur Veröffentlichung wissenschaftlicher Erkenntnisse ermutigt werden, indem sie sich auf die Einhaltung eines zehnjährigen Schutzzeitraums verlassen können.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2008 - 13 B 1169/08 -, juris, Rn. 31.
36Dieses weite Verständnis des Unterlagenschutzes entspricht auch dem Unionsrecht. § 24b Abs. 1 AMG sowie § 24a Abs. 1 Satz 3 AMG a. F. sind in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht, dessen Umsetzung sie dienen bzw. dienten, auszulegen und anzuwenden.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2014 - 13 B 950/14 -, juris, Rn. 11.
38Art. 10a der Richtlinie 2001/83/EG enthält wie § 22 Abs. 3 AMG keine Vorgaben zum Unterlagenschutz bei bibliografischen Anträgen, Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG regelt den Unterlagenschutz nur für die Zulassung von Generika. Die von der Beigeladenen angeführten Bestimmungen in Anhang I, Teil II, Ziffer 1 der Richtlinie 2001/83/EG betreffen den Nachweis der „allgemeinen medizinischen Verwendung“ und verhalten sich nicht zum Unterlagenschutz. Wenn danach auch vor dem Inverkehrbringen durchgeführte Studien zu berücksichtigen sind, verdeutlich dies allerdings, dass auch der Richtliniengeber von der allgemeinen medizinischen Verwendung in einem (seit mindestens zehn Jahren) zugelassenen wirkstoffgleichen Arzneimittel ausgegangen ist, dessen Unterlagen nunmehr vorgelegt werden. Dann aber stellen sich keine Fragen des Unterlagenschutzes. Ferner enthält der 9. Erwä-gungsgrund der Richtlinie 2001/83/EG die Vorgabe, dass bei der Zulassung von Arzneimitteln, die im Wesentlichen einem bereits zugelassenen Arzneimittel gleichen, darauf zu achten ist, dass innovative Unternehmen nicht benachteiligt werden. Der Grundsatz des „effet utile“ verlangt, dass den unionsrechtlichen Vorgaben und den nationalen Umsetzungsnormen über den Unterlagenschutz zur tatsächlichen Wirksamkeit verholfen wird. Dies erfordert es, sie auch auf quasi-generische Bezugnahmen in Form der Vorlage von Unterlagen eines Erstzulassungsverfahrens anzuwenden, auch wenn dies im Rahmen eines bibliografischen Zulassungsantrags erfolgt.
39Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 129.
40In diesem Sinne versteht auch die EU-Kommission (Pharmaceutial Committee) in einer offenbar zum Fall „Clopidogrel“ (Senatsurteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -) ergangenen Stellungnahme die Vorgaben zum Unterlagenschutz. Die Vertreter der Kommission erklären ausdrücklich, der Unterlagenschutz gelte unabhängig davon, ob es sich um ein Verfahren nach Art. 10 oder 10a der Richtlinie 2001/83/EG handele. Stütze sich ein Antragsteller oder die Behörde auf solche Unterlagen, sei dies eine Umgehung der Unterlagenschutzbestimmungen der Richtlinie 2001/83/EG.
41EU-Kommission, Pharmaceutical Committee - Human, Summary Record, 65. Treffen, 16. März 2009, Brüssel, S. 5.
42Das Vorbringen der Beigeladenen zum Urteil des EuGH vom 23. Oktober 2014 - Rs. C-104/13 (Olainfarm) -, schließlich verhilft der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg, weil die Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu nicht entscheidungstragend sind. Wie die Beigeladene selbst einräumt, kann sie für die vorliegende Fallgestaltung daraus jedenfalls nichts zu ihren Gunsten ableiten.
43bb. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen scheidet der Unterlagenschutz auch nicht deshalb aus, weil es sich bei der von ihr im Zulassungsverfahren vorgelegten Schrift um veröffentlichtes wissenschaftliches Erkenntnismaterial sowie nicht um Unterlagen aus dem Zulassungsverfahren zu „P. “ handelt. Es kann offen bleiben, ob die Schrift ferner, wie von der Beigeladenen geltend gemacht, als anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial im Sinne des § 22 Abs. 3 AMG einzuordnen ist. All diese Umstände schließen das Bestehen von Unterlagenschutz nicht aus. Zwar regelt § 24b Abs. 1 AMG i. V. m. § 24a AMG a. F. unmittelbar nur den Schutz von Zulassungsunterlagen zum Referenzarzneimittel. Die hier – ohnehin nur entsprechend anwendbare Vorschrift – bedarf aus den oben ausgeführten Gründen aber einer erweiternden Auslegung, um eine Umgehung des Unterlagenschutzes zu vermeiden und ihm auch in Ansehung der unionsrechtlichen Vorgaben zur tatsächlichen Wirksamkeit zu verhelfen. Der Zulassungsinhaber hat bis zum Ablauf der Unterlagenschutzfrist ein Recht auf alleinige Verwertung der Unterlagen, die er im Zulassungsverfahren erstellt hat. Denn die Vorleistungen des innovatorischen Unternehmers, der die erstmalige Zulassung erhalten hat, sollen für zehn Jahre vor der Verwendung mit dem Ziel der Zulassung gleicher Arzneimittel geschützt werden.
44Hiervon ausgehend ist der Unterlagenschutz, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht auf die im Zulassungsverfahren vorgelegten Original-Unterlagen beschränkt.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 105 ff., 125; s. auch schon OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2008 – 13 B 1169/08 -, juris, Rn. 38.
46Auch eine mittelbare Nutzung des geistigen Eigentums des pharmazeutischen Unternehmers an seinen Studien, etwa durch die Vorlage behördlicher Wiedergaben und Bewertungen der Studien im Zulassungsverfahren,
47vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, juris, Rn. 105 f.,
48oder durch die Einreichung von Veröffentlichungen der Studienergebnisse, verletzt die Unterlagenschutzrechte. Der Unterlagenschutz erlischt aus den oben zur Veröffentlichung ausgeführten Gründen ferner nicht dadurch, dass der Antragsteller die Studien oder sonstiges wissenschaftliches Erkenntnismaterial, das er erarbeitet und in seinem Zulassungsverfahren vorgelegt hat, veröffentlicht.
49Hiervon ausgehend sind die Unterlagenschutzrechte der Antragstellerin verletzt worden, weil die Beigeladene vor Ablauf der Unterlagenschutzfrist die Publikation der Ergebnisse von Studien verwendet hat, die der Zulassung von „P. “ zugrundelagen. In der Veröffentlichung der Firma C. , der damaligen Zulassungsinhaberin von „P. “, aus dem Jahr 2006 mit dem Titel „P. “ („Bei Rückenschmerzen“, „durchbricht den Teufelskreis“) finden sich Ausführungen zur Chemie, zur Pharmakologie, Toxikologie, zu Klinik und therapeutischen Erfahrungen, zur Verträglichkeit und Verkehrssicherheit. Unter anderem werden zwei placebokontrollierte klinische Studien zu „P. “ beschrieben, die auch ausweislich des Literaturverzeichnisses anderweitig nicht veröffentlicht waren. Hierauf hat die Beigeladene in ihren Antragsunterlagen verschiedentlich Bezug genommen (Modul 2.5, Clinical Overview, 15. April 2009, S. 23, 28, 33, Literaturverzeichnis). Die Unterlagenschutzrechte würden ausgehöhlt, wenn die Beigeladene die Studienergebnisse mittelbar durch die Vorlage der Veröffentlichung der vorherigen Zulassungsinhaberin nutzen dürfte, um eine Zulassung zu erlangen. Die Veröffentlichung dient offenbar in erster Linie der Information über das Arzneimittel und der Bewerbung des Produkts, vor allem in Fachkreisen. Darin liegt aber kein Verzicht auf den Unterlagenschutz.
50Mit dem Einwand, diese auch vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung werde praktischen Anforderungen nicht gerecht, kann die Beigeladene nicht durchdringen. Es mag im Einzelfall nicht ohne Weiteres festzustellen sein, ob wissenschaftliche Publikationen Studien wiedergeben, die Eingang in Zulassungsverfahren gefunden haben und deshalb noch dem Unterlagenschutz unterliegen. Dies gilt aber jedenfalls nicht für die hier in Rede stehende Veröffentlichung, die unter dem Produktnamen „P. “ vom (damaligen) Zulassungsinhaber herausgegeben worden ist und detaillierte Beschreibungen eigener Studien enthält. Dass diese Gegenstand eines Zulassungsverfahrens waren, wusste die Beigeladene zudem deshalb, weil sie zunächst generische Anträge gestellt hatte, ehe sie nach dem Drittwiderspruch der Antragstellerin, die sich auf die Verletzung ihrer Unterlagenschutzrechte berief, unter Vorlage derselben Unterlagen für ein identisches Präparat die bibliografische Zulassung beantragte.
51cc. Schließlich hätte das Verwaltungsgericht auch nicht prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der streitgegenständlichen Zulassung vorgelegen haben. Mit diesem Einwand macht die Beigeladene der Sache nach geltend, das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen, ob die bibliografische Zulassung nach § 22 Abs. 3 Nr. 1 AMG auch ohne die streitigen Unterlagen hätte erteilt werden müssen. Wie im angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt wird, reicht es für die Bejahung der Rechtswidrigkeit und der Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin aus, dass die Zulassung unter Vorlage von geschützten Unterlagen der Antragstellerin erwirkt worden ist. Hingegen muss nicht festgestellt werden, inwieweit die Vorlage geschützter Erkenntnisse sich konkret auf die Entscheidungsfindung des BfArM über den Zulassungsantrag ausgewirkt hat. Die Zulassung ist im Falle eines Verstoßes gegen den Unterlagenschutz allenfalls dann nicht aufzuheben, wenn offenkundig ist, dass der Verstoß sich auf das Ergebnis des Zulassungsvorgangs nicht ausgewirkt hat.
52Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2013 - 13 A 2788/10 -, Rn. 130.
53Das ist hier nicht der Fall. Das BfArM hätte die Zulassung ohne die geschützten Unterlagen nicht erteilt, weil das übrige bibliografische Material nach seiner Auffassung Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht ausreichend belegte. Dies folgt daraus, dass „P. “ nach erheblichen Beanstandungen schließlich gemischt-bibliografisch, d. h. erst nach Vorlage eigener Studien, zugelassen worden ist, und ist behördeninternen Vermerken in den Verwaltungsvorgängen (siehe nur Bl. 454, 481, 483 ff. zu 77978.00.00) sowie dem Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2014 zu entnehmen. Die substantiierten Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu werden mit der Beschwerde nicht angegriffen. Auf die Frage, ob im Übrigen die Voraussetzungen eines well-established-use gegeben sind, insbesondere ob wegen der Zulassungen in Frankreich (M. , 1996) und Großbritannien (S. , 1982) von einer allgemeinen medizinischen Verwendung auszugehen ist, kommt es deshalb nicht mehr an.
54b. Ist danach von der Rechtmäßigkeit des Rücknahmebescheids auszugehen, fällt die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus. Die Einwände der Beigeladenen gegen die Interessenabwägung unter Ziffer 3 der erstinstanzlichen Entscheidungsgründe greifen nicht durch. Nach den vom Verwaltungsgericht zutreffend dargelegten Entscheidungsmaßstäben ist bei der im Rahmen des § 80a Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 VwGO vorzunehmenden Abwägung der kollidierenden Interessen auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzustellen; sind diese – wie hier hinsichtlich der Klage der Beigeladenen gegen den Rücknahmebescheid – wegen der Verletzung drittschützender Vorschriften durch die Zulassung vom 15. Juni 2010 zu verneinen, geht die Interessenabwägung regelmäßig zugunsten des Dritten aus.
55Vgl. zum Prüfungsmaßstab OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1169/08 -, juris, Rn. 9 ff., vom 31. März 2009 - 13 B 278/09 -, juris, Rn. 7 ff., und vom 27. November 2014 - 13 B 950/14 -, juris, Rn. 4.
56Denn wie die Beigeladene zutreffend betont, sind die wirtschaftlichen, grundrechtlich geschützten Interessen des Inhabers der Referenzzulassung und des Wettbewerbers gleich gewichtig, ein Vorrang kann sich nur ausnahmsweise aus einer fallbezogenen Abwägung der gegenläufigen Interessen ergeben.
57Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. September 2008 - 13 B 1013/08 -, juris, Rn. 37, und vom 26. September 2008 ‑ 13 B 1169/08 -, juris, Rn. 60.
58Hiervon ausgehend überwiegt das aus der Verletzung ihrer Unterlagenschutzrechte resultierende Interesse der Antragstellerin, die Vollziehung der Rücknahme der Zulassung zu erreichen, das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen, von einer rechtswidrigen Zulassung weiterhin Gebrauch zu machen, sowie das öffentliche Interesse an einem Preiswettbewerb mit generischen bzw. quasi-generischen Arzneimitteln. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Unterlagenschutzrechte – und damit auch der Vermarktungsschutz – der Antragstellerin, die (nur) noch bis September 2015 bestehen, leer liefen, wenn nicht die sofortige Vollziehung der Aufhebung angeordnet würde. Es sind auch mit der Beschwerde keine Umstände dargetan, die es ausnahmsweise gebieten würden, trotz offensichtlicher Rechtmäßigkeit des Rücknahmebescheids und bestehender Drittrechtsverletzung von einem Überwiegen der wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen auszugehen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Interesse der Beigeladenen, die bereits seit vier Jahren bestehende Zulassung auch für die relativ kurze Zeit bis zum Ablauf der Unterlagenschutzfrist im September 2015 weiterhin ausnutzen zu dürfen, wegen ihrer Rechtswidrigkeit und der gezielten Umgehung des Unterlagenschutzes nicht schutzbedürftig ist. Dass, wie die Beigeladene mit der Beschwerde geltend macht, wegen anderweitiger ausländischer und generischer Zulassungen die Antragstellerin keine absolute Marktexklusivität genießt, mag den wirtschaftlichen Wert der Unterlagenschutzrechte mindern, ändert aber nichts an der Schutzwürdigkeit ihres Interesses, diejenigen Arzneimittel vom Markt fernzuhalten, die unter Verletzung ihrer Rechte zugelassen worden sind.
594. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
60Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Dem Antrag auf Zulassung müssen vom Antragsteller folgende Angaben beigefügt werden:
- 1.
der Name oder die Firma und die Anschrift des Antragstellers und des Herstellers, - 2.
die Bezeichnung des Arzneimittels, - 3.
die Bestandteile des Arzneimittels nach Art und Menge; § 10 Abs. 6 findet Anwendung, - 4.
die Darreichungsform, - 5.
die Wirkungen, - 6.
die Anwendungsgebiete, - 7.
die Gegenanzeigen, - 8.
die Nebenwirkungen, - 9.
die Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 10.
die Dosierung, - 11.
zur Herstellungsweise des Arzneimittels, - 12.
die Art der Anwendung und bei Arzneimitteln, die nur begrenzte Zeit angewendet werden sollen, die Dauer der Anwendung, - 13.
die Packungsgrößen, - 14.
die Art der Haltbarmachung, die Dauer der Haltbarkeit, die Art der Aufbewahrung, die Ergebnisse von Haltbarkeitsversuchen, - 15.
die Methoden zur Kontrolle der Qualität (Kontrollmethoden).
(1a) Die Angaben nach Absatz 1 Nummer 1 bis 10 müssen in deutscher, die übrigen Angaben in deutscher oder englischer Sprache beigefügt werden; andere Angaben oder Unterlagen können im Zulassungsverfahren statt in deutscher auch in englischer Sprache gemacht oder vorgelegt werden, soweit es sich nicht um Angaben handelt, die für die Kennzeichnung, die Packungsbeilage oder die Fachinformation verwendet werden.
(2) Es sind ferner vorzulegen:
- 1.
die Ergebnisse physikalischer, chemischer, biologischer oder mikrobiologischer Versuche und die zu ihrer Ermittlung angewandten Methoden (analytische Prüfung), - 2.
die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Versuche, - 3.
die Ergebnisse der klinischen Prüfungen oder sonstigen ärztlichen oder zahnärztlichen Erprobung, - 4.
eine Erklärung, dass außerhalb der Europäischen Union durchgeführte klinische Prüfungen unter ethischen Bedingungen durchgeführt wurden, die mit den ethischen Bedingungen der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 gleichwertig sind, - 5.
eine zusammenfassende Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems des Antragstellers, die Folgendes umfassen muss: - a)
den Nachweis, dass der Antragsteller über eine qualifizierte Person nach § 63a verfügt, und die Angabe der Mitgliedstaaten, in denen diese Person ansässig und tätig ist, sowie die Kontaktangaben zu dieser Person, - b)
die Angabe des Ortes, an dem die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation für das betreffende Arzneimittel geführt wird, und - c)
eine vom Antragsteller unterzeichnete Erklärung, dass er über die notwendigen Mittel verfügt, um den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen,
- 5a.
der Risikomanagement-Plan mit einer Beschreibung des Risikomanagement-Systems, das der Antragsteller für das betreffende Arzneimittel einführen wird, verbunden mit einer Zusammenfassung, - 6.
(weggefallen) - 7.
eine Kopie jeder Ausweisung des Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. EG Nr. L 18 S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist, - 8.
eine Bestätigung des Arzneimittelherstellers, dass er oder eine von ihm vertraglich beauftragte Person sich von der Einhaltung der Guten Herstellungspraxis bei der Wirkstoffherstellung durch eine Überprüfung vor Ort überzeugt hat; die Bestätigung muss auch das Datum des Audits beinhalten.
(3) An Stelle der Ergebnisse nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 kann anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, und zwar
- 1.
bei einem Arzneimittel, dessen Wirkstoffe seit mindestens zehn Jahren in der Europäischen Union allgemein medizinisch verwendet wurden, deren Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt und aus dem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial ersichtlich sind, - 2.
bei einem Arzneimittel, das in seiner Zusammensetzung bereits einem Arzneimittel nach Nummer 1 vergleichbar ist, - 3.
bei einem Arzneimittel, das eine neue Kombination bekannter Bestandteile ist, für diese Bestandteile; es kann jedoch auch für die Kombination als solche anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, wenn die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels nach Zusammensetzung, Dosierung, Darreichungsform und Anwendungsgebieten auf Grund dieser Unterlagen bestimmbar sind.
(3a) Enthält das Arzneimittel mehr als einen Wirkstoff, so ist zu begründen, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet.
(3b) Bei radioaktiven Arzneimitteln, die Generatoren sind, sind ferner eine allgemeine Beschreibung des Systems mit einer detaillierten Beschreibung der Bestandteile des Systems, die die Zusammensetzung oder Qualität der Tochterradionuklidzubereitung beeinflussen können, und qualitative und quantitative Besonderheiten des Eluats oder Sublimats anzugeben.
(3c) Ferner sind Unterlagen vorzulegen, mit denen eine Bewertung möglicher Umweltrisiken vorgenommen wird, und für den Fall, dass die Aufbewahrung des Arzneimittels oder seine Anwendung oder die Beseitigung seiner Abfälle besondere Vorsichts- oder Sicherheitsmaßnahmen erfordert, um Gefahren für die Umwelt oder die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen zu vermeiden, dies ebenfalls angegeben wird. Angaben zur Verminderung dieser Gefahren sind beizufügen und zu begründen.
(4) Wird die Zulassung für ein im Geltungsbereich dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so muss der Nachweis erbracht werden, dass der Hersteller berechtigt ist, das Arzneimittel herzustellen. Dies gilt nicht für einen Antrag nach § 21 Abs. 3 Satz 2.
(5) Wird die Zulassung für ein außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so ist der Nachweis zu erbringen, dass der Hersteller nach den gesetzlichen Bestimmungen des Herstellungslandes berechtigt ist, Arzneimittel herzustellen, und im Falle des Verbringens aus einem Land, das nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, dass der Einführer eine Erlaubnis besitzt, die zum Verbringen des Arzneimittels in den Geltungsbereich dieses Gesetzes berechtigt.
(6) Soweit eine Zulassung im Ausland erteilt worden ist, ist eine Kopie dieser Zulassung und eine Kopie der Zusammenfassung der Unbedenklichkeitsdaten einschließlich der Daten aus den regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten, soweit verfügbar, und der Berichte über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen beizufügen. Ist eine Zulassung ganz oder teilweise versagt worden, sind die Einzelheiten dieser Entscheidung unter Darlegung ihrer Gründe mitzuteilen. Wird ein Antrag auf Zulassung in einem Mitgliedstaat oder in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union geprüft, ist dies anzugeben. Kopien der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten genehmigten Zusammenfassungen der Produktmerkmale und der Packungsbeilagen oder, soweit diese Unterlagen noch nicht vorhanden sind, der vom Antragsteller in einem Verfahren nach Satz 3 vorgeschlagenen Fassungen dieser Unterlagen sind ebenfalls beizufügen. Ferner sind, sofern die Anerkennung der Zulassung eines anderen Mitgliedstaates beantragt wird, die in Artikel 28 der Richtlinie 2001/83/EG vorgeschriebenen Erklärungen abzugeben sowie die sonstigen dort vorgeschriebenen Angaben zu machen. Satz 5 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt worden sind.
(7) Dem Antrag ist der Wortlaut der für das Behältnis, die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage vorgesehenen Angaben sowie der Entwurf einer Zusammenfassung der Produktmerkmale beizufügen, bei der es sich zugleich um die Fachinformation nach § 11a Absatz 1 Satz 2 handelt, soweit eine solche vorgeschrieben ist. Der zuständigen Bundesoberbehörde sind außerdem die Ergebnisse von Bewertungen der Packungsbeilage vorzulegen, die in Zusammenarbeit mit Patienten-Zielgruppen durchgeführt wurden. Die zuständige Bundesoberbehörde kann verlangen, dass ihr ein oder mehrere Muster oder Verkaufsmodelle des Arzneimittels einschließlich der Packungsbeilagen sowie Ausgangsstoffe, Zwischenprodukte und Stoffe, die zur Herstellung oder Prüfung des Arzneimittels verwendet werden, in einer für die Untersuchung ausreichenden Menge und in einem für die Untersuchung geeigneten Zustand vorgelegt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.