Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Feb. 2016 - 1 A 11081/14
Tenor
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 20. Mai 2014 wird der Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2014 aufgehoben, soweit dieser die Abschiebung der Kläger nach Bulgarien anordnet.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Kläger zu jeweils 1/10 und die Beklagte zu 1/2.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Kläger wenden sich gegen die Feststellung, dass ihnen aufgrund ihrer Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht, sowie gegen die Anordnung ihrer Abschiebung nach Bulgarien.
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Die Kläger, Eltern und drei minderjährige Kinder, sind eigenen Angaben zufolge Staatenlose palästinensischer Volkszugehörigkeit aus Syrien. Nachdem sie Syrien im Jahre 2012 verlassen hatten und über die Türkei nach Bulgarien gelangt waren, wurde ihnen dort mit Entscheidung vom 26. Februar 2013 subsidiärer Schutz gewährt. Im November 2013 reisten die Kläger auf dem Landweg über Rumänien, Ungarn und Österreich weiter in die Bundesrepublik Deutschland, wo sie am 29. November 2013 einen Asylantrag stellten.
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Ein vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 22. Januar 2014 an die bulgarische Staatliche Flüchtlingsverwaltung gestelltes Wiederaufnahmegesuch lehnte diese mit Schreiben vom 10. Februar 2014 ab. Aufgrund des den Klägern in Bulgarien bereits gewährten subsidiären Schutzes seien die Wiederaufnahmeregelungen der Dublin III-Verordnung vorliegend nicht anwendbar. Zuständige bulgarische Behörde sei vielmehr die dortige Grenzpolizei.
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Mit Bescheid vom 27. Februar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass den Klägern aufgrund ihrer Einreise aus Bulgarien als einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zustehe, und ordnete deren Abschiebung nach Bulgarien an.
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Am 4. April 2014 hat die bulgarische Grenzpolizei einer Übernahme der Kläger im Rahmen des deutsch-bulgarischen Rückübernahmeabkommens zugestimmt.
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Das Verwaltungsgericht Trier hat die gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. Februar 2014 erhobene Klage mit Urteil vom 20. Mai 2014 – 1 K 483/14.TR – abgewiesen. Rechtsgrundlage für die Feststellung, dass den Klägern kein Asylrecht zustehe, sei § 26a AsylVfG. Europarechtliche Bestimmungen stünden dessen Anwendung vorliegend nicht entgegen. Bulgarien sei, wenn auch die dortigen Lebensbedingungen schlechter und unsicherer seien als die in der Bundesrepublik, ein sicherer Drittstaat im Sinne der Vorschrift.
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Gegen das am 26. Mai 2014 zugestellte Urteil haben die Kläger am 25. Juni 2014 die Zulassung der Berufung beantragt. Die mit Beschluss des Senats vom 27. November 2014 – 1 A 10586/14.OVG –, der Prozessbevollmächtigten der Kläger zugestellt am 3. Dezember 2014, wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung haben die Kläger am 2. Januar 2015 begründet.
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Sie machen geltend, dass auf den vorliegenden Fall noch die Dublin II-Verordnung zur Anwendung gelange. Da ihnen in Bulgarien lediglich subsidiärer Schutz gewährt worden sei, seien ihre Asylanträge im Sinne der Dublin II-Verordnung erfolglos geblieben, weshalb § 26a AsylVfG keine Anwendung finde. Zudem sei Bulgarien wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens auch kein sicherer Drittstaat im Sinne des § 26a AsylVfG. Überdies stehe einer Abschiebung nach dort entgegen, dass der Kläger 1) an einer psychovegetativen Störung leide und die minderjährigen Kläger 3) – 5) besonders schutzwürdig und in besonderem Maße auf den Zugang zu medizinischer Behandlung, Unterbringung und Bildung angewiesen seien.
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Die Kläger beantragen,
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unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 20. Mai 2014 den Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2014 aufzuheben.
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Die zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienene Beklagte hat schriftsätzlich den Antrag angekündigt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie bezieht sich im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid und das erstinstanzliche Urteil.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (1 Heft) Bezug genommen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung, über die der Senat nach entsprechendem Hinweis in der Ladung gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden konnte, ist begründet, soweit das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Abschiebungsanordnung abgewiesen hat (II.), im Übrigen ist sie unbegründet (I.).
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I. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die in Ziffer 1 des Bescheides vom 27. Februar 2014 getroffene Feststellung, dass den Klägern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht, zu Recht abgewiesen.
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1. Nach § 26a Abs. 1 Sätze 1 und 2 Asylgesetz (AsylG; bis zum 23. Oktober 2015: Asylverfahrensgesetz – AsylVfG –) kann sich ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) – sog. sicherer Drittstaat – eingereist ist, nicht auf Artikel 16a Abs. 1 GG berufen; er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Wird der Asylantrag nur nach § 26a AsylG abgelehnt, so ist gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG lediglich festzustellen, dass dem Ausländer aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht. So ist es vorliegend zu Recht geschehen.
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a. Einer Anwendung des § 26a AsylG steht nicht bereits § 26a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AsylG entgegen, wonach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylG u. a. dann nicht gilt, wenn die Bundesrepublik Deutschland aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit der Beklagten ist nämlich nicht begründet worden.
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Die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats erfolgt vorliegend gemäß Art. 49 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L 180 S. 31 – Dublin III-VO) vom Grundsatz her nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl EG L 50 S. 1 – Dublin II-VO), da der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland noch vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist (vgl. dazu näher BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 –, juris, Rn. 27).
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Nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO ist zunächst Bulgarien als der Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden, dessen Grenze die Kläger aus einem Drittstaat – hier der Türkei – kommend im Jahr 2012 illegal überschritten haben. Die so begründete Zuständigkeit endete zwar gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts, jedoch hat Bulgarien den Klägern mit Entscheidung vom 26. Februar 2013 subsidiären Schutz gewährt und damit seine weitere Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrages gemäß Art. 9 Abs. 1 Dublin II-VO begründet.
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Für einen späteren Übergang der Zuständigkeit auf die Beklagte ist nichts ersichtlich. Insbesondere ergibt sich hierfür nichts aus der Dublin III-VO, welche nach ihrem Art. 49 Abs. 2 für das nach dem 1. Januar 2014 gestellte Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien jedenfalls im Hinblick auf das zu beachtende Verfahren maßgeblich ist (vgl. näher BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014, a. a. O., m. w. N.). Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO legt zwar fest, dass in den Fällen eines vom ersuchten Mitgliedstaat akzeptierten Wiederaufnahmegesuchs die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat übergeht, wenn die Überstellung des Asylbewerbers an den ersuchten Staat nicht innerhalb der in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehenen Frist von sechs Monaten erfolgt. Vorliegend fehlt es jedoch bereits an einer Annahme des Wiederaufnahmegesuchs durch Bulgarien. Die dortige Staatliche Flüchtlingsverwaltung hat eine Rückübernahme der Kläger nach den Regelungen der Dublin III-VO vielmehr mit Schreiben von 10. Februar 2014 unter Hinweis auf den in Bulgarien bereits gewährten subsidiären Schutz ausdrücklich abgelehnt und auf eine Zuständigkeit der Grenzpolizei verwiesen.
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b. Die angefochtene behördliche Feststellung ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil § 27a AsylG als speziellere Regelung einer Anwendung des § 26a AsylG entgegenstünde. Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
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Vorliegend bedarf die Frage einer eventuellen Konkurrenz zwischen den beiden Vorschriften jedoch keiner vertieften Betrachtung. § 26a Abs. 1 AsylG i. V. m. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 / 1. Alt. GG erfasst tatbestandlich ebenso wie § 27a / 1. Alt. AsylG die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft. Während Art. 27a AsylG als unmittelbare Rechtsfolge der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates aufgrund von Rechtvorschriften der Europäischen Gemeinschaft eine Ablehnung des Asylantrages als unzulässig vorsieht, ist im Falle einer Ablehnung nach § 26a Abs. 1 i. V. m. § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG festzustellen, dass dem Ausländer aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat – hier: einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 / 1. Alt. GG) – kein Asylrecht zusteht. Beide Normen sehen mithin insoweit auf der Tatbestandseite einen konkreten Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat vor und auf der Rechtsfolgenseite, dass der Asylantrag wegen des jeweiligen Drittstaatenbezugs nicht inhaltlich geprüft werden soll. Dies setzt europarechtlich in dem einen wie auch in dem anderen Falle voraus, dass in dem betreffenden Mitgliedstaat keine sog. systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen gegeben sind, aufgrund derer der Asylbewerber Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden (vgl. dazu näher EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, und BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 C 32/14 –, beide in juris, sowie etwa BeckOK/Günther AsylG § 26a Rn. 9). Neben der insoweit gegebenen Identität in Tatbestand und Rechtsfolgen im Falle der – hier wie bereits unter 1. a. dargelegt vorliegenden – Einreise aus einem aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaat sind auch die weiteren Rechtsfolgen der §§ 26a und 27a AsylG gemäß § 34a AsylG identisch. Nach alledem wären die Kläger auch im Falle einer die Anwendung des § 26a AsylG ausschließenden Spezialität des § 27a AsylG durch die hier nach § 26a AsylG getroffene Feststellung, dass ihnen kein Asylrecht zusteht, jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt.
- 24
c. Einer Anwendbarkeit des § 26a AsylG steht des Weiteren nicht der Umstand entgegen, dass den Klägern vor ihrer Einreise in die Bundesrepublik bereits in Bulgarien mit Entscheidung vom 26. Februar 2013 subsidiärer Schutz gewährt worden war.
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Das Konzept sicherer Drittstaaten beruht auf dem Gedanken, dass in Deutschland keine Schutzwürdigkeit besitzt, wer in einem sicheren Drittstaat Schutz hätte finden können (BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938.93, juris Rn. 157 m. w. N.). Daraus wird vereinzelt gefolgert, die Drittstaatenregelung sei nur auf noch nicht schutzberechtigte Personen anwendbar (VG Aachen, Beschluss vom 11. März 2015 – 5 L 736/14.A –, juris, und Funke-Kaiser, Asylmagazin 2015, S. 148 ff.).
- 26
Nach ganz überwiegender Auffassung (vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 11. Mai 2015 – 14 A 926/15 –, VG Berlin, Urteil vom 20. November 2015 – 23 K 864/14.A –, VG Aachen, Urteil vom 28. Oktober 2015 – 8 K 299/15.A –, VG Ansbach, Urteil vom 25. Juni 2015 – AN 3 K 14.30864 –, VG Düsseldorf, Urteil vom 3. Juni 2015 – 13 K 1028/15.A –, VG München, Beschluss vom 22. Juli 2015 – M 12 S 15.30952 –, VG Magdeburg, Urteil vom 6. August 2015 – 3 A 120/15 MD –, alle in juris, sowie Bender/Bethke, Asylmagazin 2013, 358, und BeckOK AuslR/Günther, AsylG § 27a Rn. 9), der sich auch der Senat anschließt, steht die Gewährung von subsidiärem Schutz der Anwendbarkeit des § 26a AsylG jedoch nicht entgegen. Hierfür spricht zum einen, dass Fallgestaltungen der vorliegenden Art vom Wortlaut der Vorschrift ohne weiteres erfasst werden. Zum anderen verlangen auch nicht etwa Sinn und Zweck des § 26a AsylG, dessen Anwendungsbereich auf die Fälle zu beschränken, in denen der sichere Drittstaat noch keinen Schutz gewährt hat. Wenn nach dem Konzept der Drittstaatenregelung in Deutschland derjenige keine Schutzbedürftigkeit besitzt, der in einem sicheren Drittstaat Schutz hätte finden können, muss dies erst recht für den gelten, der dort sogar bereits Schutz gefunden hat.
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Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach vor dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge nicht allein deshalb als unzulässig behandelt werden dürfen, weil dem Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat bereits subsidiärer Schutz gewährt worden ist (Beschluss vom 23. Oktober 2015 – 1 B 41.15 –, juris). Diese verhält sich nicht zur Ablehnung eines Asylantrages nach der Drittstaatenregelung des § 26a AsylG, sondern „zum Umfang der aus § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abzuleitenden Unzulässigkeit eines materiellen Prüfverfahrens“. Die hierzu angestellten Erwägungen lassen sich nicht auf die Drittstaatenregelung übertragen, nach der der Antrag nicht als unzulässig abgelehnt, sondern nur festgestellt wird, dass dem Ausländer aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht. § 26a AsylG, der erst nach der erstmaligen Regelung des Abschiebungsschutzes für die außerhalb des Bundesgebietes anerkannten Flüchtlinge (vgl. § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Ausländergesetzes 1990) in Kraft getreten ist, stellt eine speziellere Regelung für eine Teilmenge der von § 60 Abs. 1 AufenthG erfassten Personengruppe dar, nämlich die der aus einem sicheren Drittstaat eingereisten Ausländer (vgl. zum Ganzen auch VG Berlin, Urteil vom 20. November 2015 – 23 K 864.14 A –, juris, m. w. N.).
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d. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des sonach vom Grundsatz her hier anwendbaren § 26a Abs. 1 AsylG sind erfüllt; die Kläger sind aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 GG in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.
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Dabei kann die in der jüngsten Rechtsprechung umstrittene Frage offen bleiben, ob es sich bei Bulgarien um einen sicheren Drittstaat in diesem Sinne handelt (so etwa VG Magdeburg, Gerichtsbescheid vom 23. November 2015 – 7 A 278/14 –, VG Schleswig, Urteil vom 29. Oktober 2015 – 12 A 286/15 – , VG Ansbach, Urteil vom 7. Oktober 2015 – AN 11 K 15.50067 –, VG Düsseldorf, Urteil vom 18. September 2015 – 13 K 2288/15.A –, alle in juris) oder aber die durch § 26a Abs. 1 AsylG i. V. m. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG begründete Vermutung, dass die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Grundrechtecharta der Europäischen Union in den Mitgliedstaaten der EU sichergestellt ist, aufgrund systemischer Mängel des bulgarischen Asylverfahrens und der dortigen Aufnahmebedingungen als widerlegt gelten muss (so etwa VG Köln, Urteil vom 26. November 2015 – 20 K 712/15.A –, VG Oldenburg, Urteil vom 4. November 2015 – 12 A 498/15 – und VG Münster, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 8 K 436/15.A –, sowie in Bezug auf bestimmte Personengruppen z. B. VG Meiningen, Urteil vom 7. Oktober 2015 – 5 K 20146/14 Me – VG Schleswig, Urteil vom 1. Oktober 2015 – 12 A 229/15 – und VG München, Urteil vom 12. August 2015 – M 16 K 14.50547 –, alle in juris).
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Auch wenn es sich bei Bulgarien nicht um einen sicheren Drittstaat im Sinne des § 26a Abs. 1 AsylG handeln sollte, wären die Kläger gleichwohl über einen solchen eingereist. Nach ihrem eigenen Vorbringen (vgl. dazu die Niederschriften über die persönlichen Gespräche am 22. November und am 2. Dezember 2013, Bl. 47 ff. und 127 ff. der Verwaltungsakte) sind sie nämlich von Bulgarien aus mit dem PKW über Rumänien, Ungarn und Österreich in das Bundesgebiet gelangt. Jedenfalls Österreich ist unstreitig ein sicherer Drittstaat nach § 26a Abs. 1 AsylG. Bereits dort hätten die Kläger die Möglichkeit gehabt, mit der Begründung, dass es sich bei Bulgarien nicht um einen sicheren Drittstaat handele, um Schutz nachzusuchen.
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e. Der Beklagten ist es schließlich auch nicht wegen einer die Grundrechte der Kläger beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 C 34/14 –, juris) verwehrt, sich auf § 26a AsylG zu berufen.
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Das Verwaltungsverfahren hat vorliegend von der Asylantragstellung am 29. November 2013 bis zum Zustellung des hier streitgegenständlichen Bescheides vom 27. Februar 2014 am 7. März 2014 nur wenig länger als 3 Monate gedauert und weist daher jedenfalls für sich genommen keine Überlänge auf.
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Eine solche ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Dauer des gerichtlichen Verfahrens. Deren Einbeziehung zu Lasten der Beklagten erscheint jedenfalls dann nicht geboten, wenn der Asylbewerber – wie hier in Bezug auf Ziffer 1 des Bescheides vom 27. Februar 2014 der Fall – eine rechtmäßige Verwaltungsentscheidung angreift. Denn in diesem Fall hat bei normativer Betrachtung nicht die Beklagte die Ursache für die lange Verfahrensdauer gesetzt, sondern der Schutzsuchende, der es selbst in der Hand hat, die Prüfung seines Antrages dadurch voranzutreiben, dass er sich freiwillig in den hierfür zuständigen Mitgliedstaat begibt. Zudem bestünde anderenfalls die Gefahr, dass derjenige, der sich gegen eine rechtmäßige Behördenentscheidung u. U. jahrelang gerichtlich zur Wehr setzt, aufgrund § 77 Abs. 1 AsylG im Endeffekt unbilligerweise besser gestellt wird als der, der die rechtmäßige Entscheidung akzeptiert und sich danach verhält.
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II. Aufzuheben ist demgegenüber die in Ziffer 2 des Bescheides vom 27. Februar 2014 ausgesprochene Anordnung der Abschiebung nach Bulgarien.
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Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet, wenn ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden soll, das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
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Nach dieser Vorschrift ist es allein Aufgabe des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, zu prüfen, ob „feststeht“, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris, m. w. N.).
- 37
Zu den tatsächlichen Vollzugshindernissen, die einen Duldungsanspruch auslösen, gehört der Umstand, dass die Abschiebung aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Fehlende Übernahmebereitschaft des Staates, in den abgeschoben werden soll, ist ein solcher Umstand. Da die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht etwa nur zu unterlassen ist, wenn ein solcher Duldungsgrund vorliegt, sondern erst ergehen kann, wenn der Duldungsgrund ausgeschlossen ist („feststeht, dass sie durchgeführt werden kann“), muss die Übernahmebereitschaft positiv geklärt sein (vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 28. April 2015 – 14 B 502/15.A –, juris, m. w. N.).
- 38
Daran fehlt es hier in Bezug auf Bulgarien unabhängig davon, ob einer Abschiebung nach dort nicht bereits systemische Mängel des bulgarischen Asylwesens entgegenstünden (s. o.), bereits deshalb, weil die Durchführbarkeit auch im Hinblick auf die Übernahmebereitschaft des bulgarischen Staates ungeklärt ist.
- 39
Die bulgarische Staatliche Flüchtlingsverwaltung hat die auf der Grundlage der Dublin II-VO gestellten Übernahmeersuchen der Beklagten vom 22. Januar 2014 mit Schreiben vom 10. Februar 2014 abgelehnt, weil aufgrund des in Bulgarien bereits gewährten subsidiären Schutzes die Wiederaufnahmeregelungen der Dublin III-Verordnung vorliegend nicht anwendbar seien, und auf die Zuständigkeit der bulgarischen Grenzpolizei verwiesen. Die bulgarische Grenzpolizei hat sodann auf entsprechenden Antrag des Bundespolizeipräsidiums mit Schreiben vom 4. April 2014 zwar einer Übernahme der Kläger im Rahmen des deutsch-bulgarischen Rückübernahmeabkommens zugestimmt. Im gemäß § 77 Abs. 1 AsylG für die der Entscheidung des Senats zugrunde zu legende Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung steht jedoch nicht (mehr) fest, dass diese Übernahme (noch) durchführbar ist.
- 40
Nach Art. 7 Abs. 3 Satz 1 des deutsch-bulgarischen Abkommens über die Übernahme und Durchbeförderung von Personen (Rückübernahmeabkommen) vom 7. März 2006 (BGBl. II, S. 259) hat die Übernahme unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von drei Monaten, nachdem die ersuchte Vertragspartei der Übernahme zugestimmt hat, zu erfolgen. Diese Frist wird zwar gemäß Satz 2 der Vorschrift auf Antrag der ersuchenden Vertragspartei im Falle rechtlicher oder tatsächlicher Hindernisse für die Übergabe verlängert. Vorliegend ist jedoch die Dreimonatsfrist Anfang Juli 2014 abgelaufen, ohne dass die Beklagte auch nur einen Antrag auf deren Verlängerung gestellt, geschweige denn rechtliche oder tatsächliche Hindernisse für die Übergabe geltend gemacht hätte.
- 41
Danach erscheint im gemäß § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung jedenfalls ungeklärt, ob eine Übernahmebereitschaft Bulgariens trotz alledem noch besteht.
- 42
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylG; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
- 43
IV. Gründe, aus denen gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen wäre, liegen nicht vor.
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Feb. 2016 - 1 A 11081/14
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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Feb. 2016 - 1 A 11081/14 zitiert oder wird zitiert von 28 Urteil(en).
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.
(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.
(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.
(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.
(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
Tatbestand
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Der Kläger ist ein Asylbewerber aus Somalia. Er wendet sich gegen die Einstellung seines Asylverfahrens durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
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Der Kläger stellte Mitte August 2010 einen Asylantrag und gab in einer Niederschrift dazu am 9. September 2010 an, er sei somalischer Staatsangehöriger und am 1. Januar 1981 in Mogadischu geboren. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - nahm ihm Fingerabdrücke zur Identitätsfeststellung ab, die sich später als nicht verwertbar erwiesen. Der damit betraute Mitarbeiter stellte bereits bei der Abnahme fest, dass die Fingerkuppen des Klägers Veränderungen aufwiesen, die voraussichtlich zur Unverwertbarkeit der abgenommenen Fingerabdrücke führen würden. Der Kläger bestritt, seine Fingerkuppen manipuliert zu haben.
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Mit Schreiben vom 9. September 2010 wies das Bundesamt den Kläger darauf hin, dass die Beschädigung der Fingerkuppen den Verdacht begründe, dass der Kläger nicht bereit sei, an der Überprüfung seiner Identität mitzuwirken. Er werde daher aufgefordert, sein Asylverfahren dadurch zu betreiben, dass er zum einen binnen eines Monats in der Außenstelle des Bundesamts erscheine und sich "auswertbare Fingerabdrücke" abnehmen lasse. Zum anderen solle er schriftlich darlegen, in welchen Staaten er sich nach dem Verlassen seines Herkunftslandes aufgehalten habe, ob er dort bereits einen Asylantrag gestellt habe und dieser ggf. abgelehnt worden sei. Gleichzeitig wurde er unter Bezugnahme auf § 33 AsylVfG (a.F.) darauf hingewiesen, dass sein Asylantrag als zurückgenommen gelte, wenn er das Verfahren länger als einen Monat nicht betreibe und in diesem Fall über das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 AufenthG (a.F.) nach Aktenlage zu entscheiden sei. Dem Schreiben war eine Übersetzung in die Sprache Somali beigefügt. Der Kläger hat sich in einem weiteren Termin Fingerabdrücke abnehmen lassen, die wiederum nicht verwertbar waren. Zu seinem Reiseweg und zur Frage weiterer Asylanträge machte er innerhalb der Monatsfrist keine Angaben.
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Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 22. Oktober 2010 fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist (Nummer 1). Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorliegen (Nummer 2). Schließlich wurde der Kläger unter Androhung der Abschiebung in den "Herkunftsstaat" aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Nummer 3). Das Bundesamt hat den Bescheid im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Kläger der Betreibensaufforderung nicht nachgekommen sei. Er habe weder verwertbare Fingerabdrücke abgegeben noch die angeforderten schriftlichen Angaben zum Reiseweg und zu etwaigen früheren Asylverfahren gemacht. Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) scheitere bereits daran, dass für den Kläger kein Herkunftsland habe festgestellt werden können.
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Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des Bescheids sowie hilfsweise die Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.), weiter hilfsweise die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (n.F.) hinsichtlich Somalia, sowie die Aufhebung der gegen ihn verfügten Abschiebungsandrohung. Mit Schriftsatz vom 2. November 2010 stellte er beim Bundesamt einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in dem er sich zum Reiseweg äußerte und angab, keine weiteren Asylanträge gestellt zu haben.
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Während des Klageverfahrens forderte das Bundesamt den Kläger mit einem an seine Verfahrensbevollmächtigten gerichteten Schreiben vom 26. Oktober 2011 erneut auf, das Verfahren dadurch zu betreiben, dass er beim Bundesamt erscheine und sich Fingerabdrücke abnehmen lasse. Die Pflicht zur Duldung erkennungsdienstlicher Maßnahmen umfasse auch die Verpflichtung, im Vorfeld der erneuten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit der Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten. Den vom Bundesamt hierzu für den 15. November 2011 anberaumten Termin nahm der Kläger - nach eigenem Vorbringen wegen Verspätung - nicht wahr, bat das Bundesamt mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. November 2011 aber um einen neuen Termin. Ein solcher wurde jedoch nicht anberaumt.
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Das Verwaltungsgericht hob den Bescheid vom 22. Oktober 2010 auf. Während des Berufungsverfahrens erfuhr das Bundesamt, dass der Kläger im Rahmen einer polizeilichen Fahndungsmaßnahme im Oktober 2012 aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden war. Die erkennungsdienstliche Behandlung ergab, dass sich der Kläger schon im Oktober 2009 unter einer anderen Identität in Deutschland aufgehalten hatte und ihm im Rahmen eines Rückübernahmeersuchens Fingerabdrücke abgenommen worden waren. Zugleich führte ein Abgleich mit der Eurodac-Datenbank zu einem Treffer. Danach hatte der Kläger bereits am 18. April 2009 in Italien und am 23. Oktober 2009 sowie am 22. Februar 2010 in Schweden Asyl beantragt. Das italienische Innenministerium hatte den schwedischen Behörden in einem Schreiben vom 14. Dezember 2010 mitgeteilt, dass dem Kläger in Italien bereits die Flüchtlingseigenschaft ("refugee status") zuerkannt worden und das Dublin-Verfahren abgeschlossen sei.
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Darauf erklärte der Vertreter des Bundesamtes in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, er hebe den ersten Satz von Nummer 1 des angefochtenen Bescheides ("Der Asylantrag gilt als zurückgenommen") auf. Weiter hebe er die Androhung der Abschiebung in den Herkunftsstaat in Satz 2 von Nummer 3 des Bescheides auf. Stattdessen werde dem Kläger die Abschiebung nach Italien angedroht. Daraufhin kündigte der Klägervertreter hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Italien die Erhebung einer Klage an, sobald ein entsprechender Bescheid des Bundesamtes zugestellt worden sei. Gleichzeitig erklärte er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, soweit das Bundesamt den Bescheid vom 22. Oktober 2010 aufgehoben habe. Der Beklagtenvertreter stimmte der Hauptsacheerledigungserklärung insoweit zu, als Satz 1 von Nummer 1 des angefochtenen Bescheides aufgehoben worden sei.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat die Erledigung der Hauptsache in Bezug auf die Androhung der Abschiebung in das Herkunftsland (Nummer 3 des Bescheids vom 22. Oktober 2010) festgestellt und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Er begründet seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Die Einstellung des Verfahrens in Nummer 1 des Bescheids sei rechtswidrig. Denn diese Rechtsfolge sehe § 32 Satz 1 AsylVfG nur für den Fall der Asylantragsrücknahme oder des Verzichts nach § 14a Abs. 3 AsylVfG vor. Als geeignete Reaktion auf die Anerkennung als Flüchtling in einem anderen EU-Mitgliedstaat käme etwa die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie 2005) in Betracht. Eine Umdeutung der Verfahrenseinstellung in eine andere Form der Verfahrensbeendigung ohne Sachentscheidung nach § 47 VwVfG sei nicht möglich.
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Die in Nummer 2 des Bescheids getroffene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorlägen, habe nicht aufrechterhalten werden können, da seit Oktober 2012 bekannt sei, dass dem Kläger in Italien Flüchtlingsschutz zuerkannt wurde. Soweit das Bundesamt in Nummer 3 seiner Verfügung die Abschiebungsandrohung in das Herkunftsland des Klägers aufgehoben und durch die Androhung der Abschiebung nach Italien ersetzt hat, habe sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Dem Feststellungsbegehren des Klägers sei zu entsprechen, weil das Bundesamt seinen Bescheid in Nummer 3 durch die Androhung der Abschiebung nach Italien verändert, der Kläger aber diesen neuen Verwaltungsakt nicht im Wege einer objektiven Klageänderung in das Verfahren einbezogen habe. Vielmehr habe der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt, Klage zu erheben, wenn hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Italien ein entsprechender Bescheid der Beklagten zugestellt worden sei.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten. Diese begründet sie im Wesentlichen wie folgt: Der Verwaltungsgerichtshof hätte zunächst prüfen müssen, ob das Verfahren schon vor den in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) eingestellt gewesen sei, weil der Kläger einer rechtmäßigen Betreibensaufforderung nicht nachgekommen war. In diesem Fall hätte er die Klage abweisen müssen. Das Bundesamt sei sehr wohl befugt, ein Asylverfahren auch dann ohne Sachentscheidung einzustellen, wenn sich - wie hier - herausstelle, dass der Asylbewerber bereits im Ausland als Flüchtling anerkannt worden sei. § 60 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 AufenthG (n.F.) sehe ausdrücklich vor, dass das Bundesamt bei einer ausländischen Anerkennung kein (weiteres) Asylverfahren mehr durchzuführen habe. Das entspreche Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU, wonach die Mitgliedstaaten einen Asylantrag in derartigen Fällen als unzulässig behandeln könnten. Der deutsche Gesetzgeber habe für diese Konstellation zwar keine konkrete Regelung getroffen, die vorhandene Regelungslücke sei aber durch die Möglichkeit einer Verfahrensbeendigung in Anlehnung an § 32 AsylVfG zu schließen. Dann könne Nummer 1 des Bescheids vom 22. Oktober 2010 auch entsprechend umgedeutet werden. Eine Erledigung sei zu Nummer 3 des angefochtenen Bescheids durch die Änderung des Zielstaats der Abschiebung nicht eingetreten. Der Hinweis auf den Herkunftsstaat habe keinen Regelungscharakter, so dass der Kläger hierdurch auch nicht beschwert sei. Selbst bei Bejahung von Abschiebungsverboten bleibe die Abschiebungsandrohung im Übrigen unberührt.
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Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 8. Mai 2014 hat die Beklagte durch ergänzenden Bescheid vom 15. Mai 2014 Italien als Zielstaat der angedrohten Abschiebung bestimmt (Nummer 1) und angeordnet, dass der Kläger nicht nach Somalia abgeschoben werden darf (Nummer 2). Der Kläger hat gegen den ergänzenden Bescheid Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Soweit sich die Klage gegen den fehlenden Ausschluss von Somalia als Zielstaat einer Abschiebung in Nummer 3 des streitgegenständlichen Bescheids vom 22. Oktober 2010 gerichtet hat, haben die Parteien den Rechtsstreit im vorliegenden Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.
Entscheidungsgründe
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Der Senat kann ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die Revision der Beklagten ist begründet, soweit der Verwaltungsgerichtshof die Aufhebung der Nummern 1 und 2 des angefochtenen Bescheids vom 22. Oktober 2010 bestätigt hat. Das Berufungsurteil beruht insoweit auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Hingegen hat die Revision überwiegend keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Entscheidung zur Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des Bescheids richtet. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht eine Erledigung der Abschiebungsandrohung ohne Zielstaatsbestimmung angenommen. Diese ist vielmehr aufrechtzuerhalten. Allerdings hat er mit Recht entschieden, dass die nachträgliche Bestimmung von Italien als Zielstaat der Abschiebung nicht in das vorliegende Verfahren einbezogen wurde. Soweit die Parteien den Rechtsstreit über die Abschiebungsandrohung für erledigt erklärt haben, beruht dies auf der rechtlich gebotenen nachträglichen Bezeichnung von Somalia als Staat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf. Insoweit hat die Beklagte dem Anfechtungsbegehren des Klägers entsprochen und war das Verfahren einzustellen.
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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798) und das Aufenthaltsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), beide Gesetze zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. Urteil vom 11. September 2007 - BVerwG 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 30, jeweils Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylVfG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon - wie im vorliegenden Fall - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.
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1. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Aufhebung der angefochtenen Einstellungsverfügung in Nummer 1 des angefochtenen Bescheids durch das Verwaltungsgericht mit einer Begründung bestätigt, die Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 VwGO). Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Verfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) eingestellt, weil die Voraussetzungen für ein Nichtbetreiben des Verfahrens vorliegen. Der Kläger hat innerhalb der ihm gesetzten Betreibensfrist nicht die von ihm geforderten schriftlichen Angaben zu seinem Reiseweg und zur Frage einer Asylantragstellung im Ausland gemacht.
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Nach § 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) gilt ein Asylantrag, der nach § 13 Abs. 1 und 2 AsylVfG (a.F.) auch den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfasst, hingegen noch nicht das Begehren auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.), als zurückgenommen, wenn der Ausländer das Verfahren trotz Aufforderung des Bundesamts länger als einen Monat nicht betreibt (Satz 1). In der Aufforderung ist der Ausländer auf die nach Satz 1 eintretende Folge hinzuweisen (Satz 2). Liegen die Voraussetzungen einer (fiktiven) Antragsrücknahme vor, darf das Bundesamt keine Sachentscheidung mehr über den Asylantrag treffen. Vielmehr hat es nach § 32 AsylVfG in seiner Entscheidung festzustellen, dass das Asylverfahren eingestellt ist und ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 bis 5 oder 7 AufenthG (a.F.) vorliegt (Satz 1). In den Fällen des § 33 AsylVfG (a.F.) ist nach Aktenlage zu entscheiden (Satz 2). Das Bundesamt erlässt ferner eine Abschiebungsandrohung; die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist beträgt nach §§ 34, 38 Abs. 2 AsylVfG (a.F.) eine Woche. Für die Beurteilung des Regelungsinhalts des vorliegenden Bescheids ist auf die Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses abzustellen, da eine nachträgliche Erweiterung seiner Einstellungswirkung auch auf die Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes eine echte Rückwirkung der gesetzlichen Neuregelung des § 33 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) bedeuten würde, die mit der Rechtsordnung nicht zu vereinbaren wäre (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 12).
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1.1 Das Berufungsgericht durfte von der Prüfung der Einstellungsvoraussetzungen nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG nicht wegen der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen absehen. Zwar hat dieser erklärt, er hebe den ersten Satz von Nummer 1 des Bescheids vom 22. Oktober 2010 auf ("Der Asylantrag gilt als zurückgenommen"). Die erklärte Aufhebung ging jedoch ins Leere. Denn der Ausspruch der Rücknahmefiktion des Asylantrags durch das Bundesamt hat nach der gesetzlichen Ausgestaltung in § 33 und § 32 AsylVfG keinen eigenen Regelungsgehalt. Die Wirksamkeit der Rücknahme bedarf keiner Feststellung durch das Bundesamt; sie ist lediglich Vorfrage für den gemäß § 32 Satz 1 AsylVfG zu treffenden feststellenden Ausspruch, dass das Asylverfahren eingestellt ist. Diesen hat das Bundesamt aufrechterhalten. Im Übrigen konnte das Bundesamt eine bereits kraft Gesetzes eingetretene Einstellungswirkung nicht nachträglich aufheben.
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1.2 Die Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens nach § 33 Abs. 1 AsylVfG war gerechtfertigt. Sie setzt einen bestimmten Anlass voraus, der geeignet ist, Zweifel an dem Bestehen oder Fortbestehen des Sachentscheidungsinteresses zu wecken. Solche Zweifel können sich aus einer Vernachlässigung verfahrensrechtlicher Mitwirkungspflichten ergeben. Zu diesen gehört die Pflicht des Asylbewerbers, im Vorfeld einer geplanten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten (vgl. Urteil vom 5. September 2013 - BVerwG 10 C 1.13 - BVerwGE 147, 329 Rn. 19). Nach den in diesem Urteil aufgestellten Grundsätzen bestanden hier solche berechtigten Zweifel, weil bereits bei der ersten erkennungsdienstlichen Behandlung Gründe für die voraussichtliche Nichtverwertbarkeit der Fingerabdrücke bemerkt und dokumentiert worden waren, ohne dass der Kläger dazu substantiiert Stellung genommen hatte.
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1.3 Allerdings führte die Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens nicht zu einer Einstellung des Verfahrens, soweit vom Kläger die Mitwirkung an der Abgabe seiner Fingerabdrücke verlangt wurde. Denn Nummer 1 der Betreibensaufforderung vom 9. September 2010 verlangte von ihm die Abgabe "auswertbarer Fingerabdrücke" und entsprach damit nicht den gesetzlichen Vorgaben nach § 15 Abs. 2 Nr. 7 AsylVfG (vgl. hierzu Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 24 und 35). Die Aufforderung vom 26. Oktober 2011 entsprach dann zwar den gesetzlichen Vorgaben, weil sie vom Kläger lediglich verlangte, im Vorfeld der erneuten Fingerabdrucknahme alle Verhaltensweisen zu unterlassen, die die Auswertbarkeit seiner Fingerabdrücke beeinträchtigen oder vereiteln könnten (vgl. Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 39). Der Kläger kam dieser zweiten Betreibensaufforderung auch nicht nach, denn er erschien zu dem vom Bundesamt anberaumten Termin zur erneuten Fingerabdrucknahme am 15. November 2011 nicht. Ein mangelndes Betreiben des Verfahrens liegt trotz dieser Säumnis aber deshalb nicht vor, weil der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 18. November 2011 um einen neuen Termin zur erkennungsdienstlichen Behandlung gebeten hatte. Die versäumte Mitwirkungshandlung hätte damit noch innerhalb der gesetzten Betreibensfrist nachgeholt werden können. Eine Gelegenheit hierzu hat das Bundesamt dem Kläger aber nicht mehr eingeräumt.
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1.4 Die Einstellungswirkung des § 32 Satz 1 AsylVfG ist jedoch dadurch eingetreten, dass der Kläger der selbständigen Verpflichtung zur schriftlichen Darlegung des Reisewegs und zu einer eventuell bereits erfolgten Asylantragstellung nicht fristgerecht nachgekommen ist (Nummer 2 der Betreibensaufforderung vom 9. September 2010).
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Der Kläger war nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG verpflichtet, die vom Bundesamt angeforderten Angaben zu machen. Zu den Angaben, die von einem Asylbewerber verlangt werden können, zählen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG auch solche über Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und dort eingeleitete oder durchgeführte Asylverfahren (vgl. hierzu Urteil vom 5. September 2013 a.a.O. Rn. 33). Die Aufforderung vom 9. September 2010, das Verfahren durch entsprechende schriftliche Angaben zu betreiben, entspricht hier auch den weiteren Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 AsylVfG.
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Der Kläger hat die geforderten schriftlichen Angaben nicht innerhalb der Monatsfrist des § 33 Abs. 1 AsylVfG gemacht. Zwar hat der Bevollmächtigte des Klägers dies mit Schreiben vom 2. November 2010 - nach Ablauf der Monatsfrist - nachzuholen versucht. Gründe für eine unverschuldete Fristversäumung ergeben sich aus dem Schreiben jedoch nicht (zur Anwendung des § 32 VwVfG auf die Monatsfrist des § 33 Abs. 1 AsylVfG vgl. BTDrucks 12/2062 S. 33). Danach soll die Versäumung der Frist auf einem beim Kläger hervorgerufenen Irrtum beruhen. Dieser habe geglaubt, seiner Verpflichtung aus der Betreibensaufforderung dadurch nachgekommen zu sein, dass er am 7. Oktober 2010 bei der Außenstelle des Bundesamtes erschienen sei und sich dort erneut habe Fingerabdrücke abnehmen lassen. Er sei davon ausgegangen, dass er nunmehr zeitnah vom Bundesamt zu seinen Asylgründen, zu seinem Reiseweg und zur Asylantragstellung in anderen Ländern befragt werde. Aus diesem Vorbringen ergibt sich jedoch keine unverschuldete Fristversäumnis. Denn die Betreibensaufforderung vom 9. September 2010 bezieht sich auf zwei voneinander unabhängige Handlungen: (1) die Abnahme von Fingerabdrücken und (2) die schriftliche Darlegung zum Reiseweg sowie einer möglichen Asylantragstellung. Der Kläger konnte nicht davon ausgehen, durch eine Mitwirkung an der Abnahme von Fingerabdrücken zugleich seiner Pflicht nachgekommen zu sein, die geforderten schriftlichen Angaben zu machen. Dass auch für die in der Betreibensaufforderung genannten schriftlichen Angaben die Monatsfrist gilt, ergibt sich aus der Belehrung über die Rechtsfolgen eines Nichtbetreibens, in der sich die Monatsfrist erkennbar auf beide Mitwirkungshandlungen bezieht. Einer zusätzlichen Erwähnung der Monatsfrist in der Aufforderung zu schriftlichen Darlegungen - wie sie bei der Aufforderung zur Mitwirkung bei der Abnahme von Fingerabdrücken erfolgt ist - bedurfte es angesichts der Eindeutigkeit der auf beide Mitwirkungshandlungen bezogenen Aussage zu den Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der gesetzten Frist nicht. Der Kläger konnte dies auch verstehen, da ihm der Bescheid am 9. September 2010 nicht nur in deutsch, sondern auch in einer in die Sprache Somali übersetzten Fassung überreicht wurde.
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1.5 Ist das Asylverfahren nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG eingestellt, bedarf es keiner Entscheidung über die vom Verwaltungsgerichtshof als erheblich angesehene Frage, ob die Einstellung in eine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG oder in eine Entscheidung über seine Unbeachtlichkeit nach § 29 AsylVfG umgedeutet werden kann.
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1.6 Die Beklagte war für die erfolgte Einstellung des Verfahrens auch international zuständig. Die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union besteht nicht.
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Es kann offenbleiben, ob auf den Asylantrag eines Ausländers, der - wie hier - in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bereits als Flüchtling anerkannt ist, die Zuständigkeitsregelungen der Union nach den Verordnungen über das sogenannte Dublin-Verfahren anwendbar sind und das auch für Entscheidungen über die Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG gilt. Allerdings neigt der Senat zu der Auffassung, dass auf Ausländer, die in einem anderen Staat als Flüchtling anerkannt sind, die Regelungen zum Dublin-Verfahren nicht anwendbar sind. Doch selbst wenn diese Regelungen anwendbar sein sollten, wäre Deutschland der für die Entscheidung zuständige Mitgliedstaat geworden, ohne dass sich insoweit eine zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union verpflichtende Zweifelsfrage stellt.
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Nach der in Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU Nr. L 180 S. 31 - Dublin III-VO) getroffenen Übergangsregelung ist die Dublin III-VO zwar erst auf Anträge zur Erlangung internationalen Schutzes anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten, also ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Hier war der Antrag bereits im August 2010 und damit vor dem maßgeblichen Stichtag gestellt worden, so dass auf ihn grundsätzlich noch die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18. Februar 2003 (ABl EG Nr. L 50 S. 1 - Dublin II-VO) anwendbar wäre. Allerdings findet die Dublin III-VO darüber hinaus auf die Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - Anwendung. Im vorliegenden Fall käme eine Zuständigkeit Italiens anstelle Deutschlands in Betracht, weil der Kläger dort bereits im April 2009 einen Asylantrag gestellt hat und ihm dort die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (vgl. Art. 13 Dublin II-VO und Dublin III-VO). Eine Überstellung des Klägers nach Italien zur Prüfung des danach in Deutschland gestellten weiteren Antrags wäre nur im Wege der Wiederaufnahme (Art. 20 Dublin II-VO, Art. 23 ff. Dublin III-VO) möglich. Für Gesuche auf Wiederaufnahme - sofern sie nicht bereits vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden - ist jedenfalls für das zu beachtende Verfahren die Dublin III-VO maßgeblich. Danach sind derartige Gesuche nunmehr gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO innerhalb einer Frist von zwei bzw. drei Monaten zu stellen (so auch VGH Mannheim, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 31). Diese Frist ist im vorliegenden Fall verstrichen, ohne dass das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Italien gerichtet hat. Damit ist Deutschland gemäß Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO für die Prüfung des hier gestellten (neuen) Asylantrags zuständig, wenn man von der Anwendbarkeit der Dublin-Regelungen auf den vorliegenden Asylantrag ausgeht.
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2. Der Kläger kann mit dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) nicht durchdringen. Dieser Anspruch wird zwar nicht schon von der Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) erfasst (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487). Seine Geltendmachung ist jedoch nach § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der seit 1. Dezember 2013 geltenden Fassung (BGBl I S. 3474) unzulässig, weil der Kläger bereits außerhalb des Bundesgebiets als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt worden ist.
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Die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter in einem anderen Staat wirkt zwar völkerrechtlich nicht wie eine Statusentscheidung durch deutsche Behörden und hat in diesem Sinne keine umfassende Bindungswirkung für die Bundesrepublik Deutschland (hierzu auch Marx, InfAuslR 2014, 227 <232>). Die Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 legt einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als Flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche Bindung eines Vertragsstaats an die Anerkennungsentscheidung eines anderen vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 - BVerfGE 52, 391 <404>; BVerwG, Urteil vom 29. April 1971 - BVerwG 1 C 42.67 - BVerwGE 38, 87 <89 f.> = Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 2 S. 4 f.). Eine solche Bindungswirkung ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Dieses ermächtigt zwar nach Art. 78 Abs. 2 Buchst. a und b AEUV zu Gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige vorsehen, die maßgebliche Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 sieht eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung jedoch nicht vor. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von der nach Völker- und Unionsrecht fortbestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch eine nationale Regelung den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen (vgl. etwa die diesbezügliche Empfehlung des UNHCR im Beschluss Nr. 12 seines Exekutivkomitees aus dem Jahr 1978). In Deutschland genießen im Ausland anerkannte Flüchtlinge schon seit Inkrafttreten des Ausländergesetzes von 1990 (dort § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) den gleichen Abschiebungsschutz wie die im Inland anerkannten, ohne dass ein erneutes Anerkennungsverfahren durchgeführt wird. Durch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (n.F.) ordnet das nationale Recht eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an (ähnlich Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 205.3). Es besteht aber gerade kein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F.) oder eine hieran anknüpfende Erteilung eines Aufenthaltstitels in Deutschland. Vielmehr ist das Bundesamt bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig. Das hat der Senat bereits zu der bis 30. November 2013 geltenden Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 6 AufenthG (a.F.) entschieden (Beschluss vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 10 B 28.10 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 43). Dem entspricht die nunmehr geltende Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG. Sie ist jedenfalls bei Zuerkennung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat mit Unionsrecht vereinbar. Denn Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU - Asylverfahrensrichtlinie 2013 - eröffnet dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zu behandeln, wenn dem Ausländer bereits ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt, d.h. ihm entweder die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt hat (vgl. Art. 2 Buchst. i der Richtlinie).
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Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474) wurde die Unzulässigkeit eines erneuten Anerkennungsverfahrens nunmehr auch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.) erstreckt (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Damit wurde die Konsequenz aus der inhaltlichen Neubestimmung des Asylantrags in § 13 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) gezogen, der - im Einklang mit Unionsrecht - nunmehr neben dem Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch den Antrag auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz umfasst (vgl. BTDrucks 17/13063 S. 25 zu § 60 Abs. 2 AufenthG). Dies hat die verfahrensrechtliche Konsequenz, dass das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig ist, wenn dem Ausländer bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG (n.F.) zuerkannt worden ist (vgl. hierzu bereits Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 16). Da dem Kläger im vorliegenden Fall bereits in Italien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, kann er in Deutschland nicht mehr die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter verlangen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG).
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Für eine isolierte Aufhebung der negativen Sachentscheidung zum unionsrechtlichen Abschiebungsschutz nach der vor dem 1. Dezember 2013 geltenden Rechtslage in Nummer 2 des angefochtenen Bescheids fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis, weil ihm diese Aufhebung keinerlei Vorteile bringen kann, nachdem sein Begehren auf Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach dem nunmehr geltenden Recht unzulässig ist.
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3. Auch der vom Kläger weiter hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz hinsichtlich Somalias ist unzulässig. Denn ihm steht kraft Gesetzes nationaler Abschiebungsschutz in Bezug auf Somalia bereits aufgrund seiner ausländischen Flüchtlingsanerkennung nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zu (siehe oben Rn. 29). Für die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach weiteren Rechtsgrundlagen fehlt dem Kläger hier das Rechtsschutzbedürfnis.
- 33
-
Dem Kläger fehlt das Rechtsschutzbedürfnis auch für eine isolierte Aufhebung der negativen Sachentscheidung zum nationalen Abschiebungsschutz in Nummer 2 des angefochtenen Bescheids, da er aufgrund der in Italien ausgesprochenen Anerkennung als Flüchtling bereits - wie oben ausgeführt - den begehrten Abschiebungsschutz in Deutschland genießt.
- 34
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4. Der Streit über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des angefochtenen Bescheids hat sich durch die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof abgegebenen Erklärungen nicht erledigt. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs (UA Rn. 29) verletzt Bundesrecht.
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Zwar hat der Kläger die Ersetzung der Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat durch eine solche nach Italien, wie sie von dem Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung vom 14. Januar 2013 erfolgt ist, nicht im Wege der Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO in das vorliegende Verfahren einbezogen. Das unterliegt im Verwaltungsprozess aufgrund der Dispositionsmaxime - anders als nach § 68 FGO und § 86 SGG - allein seiner Entscheidung. Eine Umdeutung nach § 47 Abs. 1 VwVfG scheitert daran, dass es sich beim Austausch des Zielstaats um eine weitgehende inhaltliche Änderung der Abschiebungsandrohung handelt. Das gegen die Abschiebungsandrohung gerichtete Anfechtungsbegehren des Klägers hat sich aber durch die fehlende Einbeziehung der neuen Zielstaatsbestimmung in das Verfahren nicht erledigt. Denn der Klägerbevollmächtigte hat den Rechtsstreit in der Hauptsache nur insoweit für erledigt erklärt, als die Beklagte den Bescheid vom 22. Oktober 2010 aufgehoben hat. Bei der Abschiebungsandrohung hat die Beklagte aber nur die Zielstaatsbezeichnung "in seinen Herkunftsstaat" aufgehoben, nicht die Abschiebungsandrohung als solche. Die Abschiebungsandrohung besitzt auch ohne Zielstaatsbestimmung Verwaltungsaktcharakter (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 a.a.O. Rn. 25). Die Erledigungserklärung geht insoweit ins Leere, denn die nicht konkretisierte Zielstaatsbestimmung "in seinen Herkunftsstaat" stellte - ebenso wie ihre Aufhebung - mangels Regelungswirkung keinen anfechtungsfähigen Verwaltungsakt dar.
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Die streitgegenständliche Abschiebungsandrohung erfüllt in ihrer durch Nummer 2 des ergänzenden Bescheids vom 15. Mai 2014 erlangten Fassung die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der § 34 Abs. 1, § 38 Abs. 2 AsylVfG. Allerdings war sie in ihrer ursprünglichen Fassung insoweit rechtswidrig, als sie entgegen § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG nicht Somalia als den Staat bezeichnet hat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf. Hierzu war die Beklagte aufgrund der Bindungswirkung der italienischen Flüchtlingsanerkennung, die aufgrund der somalischen Staatsangehörigkeit des Klägers erfolgte, verpflichtet. Diesen rechtlichen Mangel hat die Beklagte durch nachträgliche Bezeichnung von Somalia als Staat, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf, in Nummer 2 des ergänzenden Bescheids vom 15. Mai 2014 ausgeräumt. In der Bestimmung des Staates, in den nicht abgeschoben werden darf, liegt nach dem Gedanken der § 59 Abs. 3, § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG eine verselbständigungsfähige Teilregelung. Die Parteien haben der veränderten Sachlage durch übereinstimmende Erledigungserklärungen Rechnung getragen. Damit ist der Rechtsstreit in Bezug auf diese Teilregelung der Abschiebungsandrohung in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 141 und § 125 Abs. 1 VwGO einzustellen. Die vorangegangenen Entscheidungen hierzu werden entsprechend § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO für wirkungslos erklärt. Im Übrigen war die Klage gegen die Abschiebungsandrohung abzuweisen.
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5. Die Kostenentscheidung ergibt sich, soweit streitig entschieden wurde, aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit das Verfahren eingestellt wurde, war gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des Unterliegens des Klägers bei der Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG sowie bei dem unionsrechtlichen subsidiären Schutz und nationalen Abschiebungsschutz erschien dem Senat - auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten zu tragenden Kosten des eingestellten Verfahrensteils - eine Kostenverteilung sachgerecht, wonach der Kläger zwei Drittel und die Beklagte ein Drittel der Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.
(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.
(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.
(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.
(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.
Tatbestand
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Die Kläger, eine Mutter und ihr Sohn, sind pakistanische Staatsangehörige und gehören der Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya an. Sie wenden sich gegen einen Bescheid der Beklagten, durch den ihre Asylanträge als unzulässig abgelehnt werden und ihre Abschiebung nach Spanien angeordnet wird.
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Die Kläger reisten gemeinsam mit zwei weiteren Kindern der Klägerin zu 1 (BVerwG 1 C 33.14 und 1 C 34.14) Anfang Januar 2013 nach Deutschland ein und stellten hier am 14. Januar 2013 Asylanträge. Dabei gaben alle vier Familienmitglieder an, aus religiösen Gründen in Pakistan verfolgt zu werden. Ein noch im gleichen Monat durchgeführter Abgleich der Fingerabdrücke mit Daten aus Eurodac ergab, dass zwar nicht die Klägerin zu 1, wohl aber ihre drei Kinder bereits in Spanien Asylanträge gestellt hatten.
- 3
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Im Mai 2013 wurde die Tochter (BVerwG 1 C 33.14) durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) persönlich angehört. Dabei gab sie - ohne ausdrücklich auch die Klägerin zu 1 einzubeziehen - an, bereits in Spanien einen Asylantrag gestellt zu haben. Sie alle hätten sich im November 2012 für drei oder vier Tage in Spanien aufgehalten und seien dort am Flughafen kontrolliert worden. Es sei kein Dolmetscher zugegen gewesen, und am Ende hätten sie etwas unterschreiben müssen. Sie wisse nicht, was sie unterschrieben habe, aber sie denke, es sei ein Asylantrag gewesen. Ihr eigentliches Ziel sei bereits damals Deutschland gewesen. Von Spanien aus seien sie zunächst nach Pakistan zurückgekehrt. Im Januar 2013 seien sie dann mit dem Flugzeug von Islamabad kommend nach Frankfurt a.M. geflogen. Ein Flugticket habe sie nicht mehr.
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Am 4. Dezember 2013 richtete die Beklagte unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO hinsichtlich sämtlicher vier Familienmitglieder Wiederaufnahmeersuchen an Spanien. Dabei gab sie an, dass es für die Klägerin zu 1 keinen Eurodac-Treffer gebe, diese aber gemeinsam mit ihrem Sohn gereist sei, der nach den aus Eurodac gewonnenen Daten am 1. Dezember 2012 in Malaga einen Asylantrag gestellt habe. Die Tochter (BVerwG 1 C 33.14) habe ebenfalls am 1. Dezember 2012 in Malaga einen Asylantrag gestellt, der älteste Sohn (BVerwG 1 C 34.14) am 3. Dezember 2012. Das spanische Innenministerium teilte mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 (BVerwG 1 C 33.14) und 19. Dezember 2013 (BVerwG 1 C 32.14 und 1 C 34.14), gleichfalls unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO, mit, dass es die Wiederaufnahme sämtlicher vier Familienmitglieder akzeptiere.
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Mit Bescheid vom 29. Januar 2014 stellte die Beklagte fest, dass die Asylanträge der Kläger unzulässig sind (Ziffer 1) und ordnete deren Abschiebung nach Spanien an (Ziffer 2). Die Asylanträge seien gemäß § 27a AsylVfG (jetzt: AsylG) unzulässig, da Spanien aufgrund der dort gestellten Asylanträge gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.
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Mit Beschluss vom 7. März 2014 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klagen gegen die Abschiebungsanordnung an. Mit Urteil vom 22. April 2014 hat es den Bescheid der Beklagten aufgehoben. Die Ablehnung der Asylanträge als unzulässig und die Anordnung der Abschiebung der Kläger seien rechtswidrig. Denn Deutschland sei gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig, weil es die Wiederaufnahmegesuche an Spanien nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten gestellt habe. Hier habe bereits am 16. Januar 2013 aufgrund des Datenabgleichs mit Eurodac ein Hinweis für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates der EU vorgelegen. Darüber hinaus habe die Tochter bei ihrer Anhörung auf einen Aufenthalt in Spanien und einen dort wahrscheinlich gestellten Asylantrag hingewiesen. Trotz dieser eindeutigen Hinweise habe die Beklagte erst am 4. Dezember 2013 Wiederaufnahmegesuche an Spanien gerichtet. Die in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO enthaltene Fristenregelung finde nicht nur in Verfahren auf Aufnahme eines Asylbewerbers Anwendung, sondern auch in Verfahren auf Wiederaufnahme.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss nach § 130a VwGO vom 25. August 2014 das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Deutschland sei nicht in analoger Anwendung von Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig geworden. Zur Anwendung komme allein das Verfahren zur Wiederaufnahme nach Art. 20 Dublin II-VO, weil die Kläger vor ihrer Einreise nach Deutschland in Spanien um Asyl nachgesucht hätten. Art. 20 der Dublin II-VO enthalte keine dem Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO entsprechende Fristbestimmung. Insoweit sei auch keine Regelungslücke zu erkennen, die durch eine analoge Heranziehung der Fristbestimmungen zur Aufnahme zu schließen wäre. Unabhängig davon könnten sich die Kläger auch nicht auf die Einhaltung der Zuständigkeits- und Fristenregelungen der Dublin II-VO berufen, denn sie dienten allein einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaates.
- 8
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Die Kläger wenden sich mit ihrer Revision gegen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zur Unzuständigkeit Deutschlands wie zur Abschiebungsanordnung. Das Verwaltungsgericht habe mit Recht die Fristenregelung für die Aufnahme auf das Verfahren der Wiederaufnahme übertragen, weil insoweit eine Regelungslücke vorliege. Damit sei Deutschland für die Behandlung der Asylanträge zuständig geworden. Andernfalls würden die Mitgliedstaaten für das Wiederaufnahmeverfahren keiner Fristbestimmung unterliegen. Dies würde der generellen Zielsetzung des Dublin-Regelwerks zuwiderlaufen, eine Beschleunigung der Asylverfahren zu erreichen. Es spreche zudem vieles dafür, dass die Kläger auch in ihren Grundrechten aus Art. 41 der GRC und Art. 6 Abs. 1 EMRK verletzt seien. Insoweit sei zu klären, ob sich ein Asylantragsteller in einem solchen Fall auf die Fristbestimmungen des Dublin-Regelungswerks berufen könne. Des Weiteren habe das Berufungsgericht verkannt, dass die gesetzliche Regelung des § 34a AsylG gegen Unionsrecht verstoße. Die Dublin II-VO sehe bei Unzuständigkeit eines Mitgliedstaates eine "Überstellung" vor. Damit habe das Unionsrecht eine neue Form der Aufenthaltsbeendigung geschaffen, die hinter der Abschiebung im Sinne des deutschen Ausländer- und Asylrechts zurückbleibe. Sowohl die Dublin II-VO als auch das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verböten, eine Überstellung eines Asylbewerbers mit dem Zwangsmittel einer Abschiebung durchzuführen.
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Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.
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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich an dem Verfahren nicht beteiligt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Kläger ist unbegründet. Der Beschluss des Berufungsgerichts steht im Einklang mit revisiblem Recht. Die erhobene Anfechtungsklage ist statthaft (1.). Die Entscheidung der Beklagten, die Asylanträge als unzulässig abzulehnen, verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (2.). Die angefochtene Abschiebungsanordnung erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylG (3.).
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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798) und das Aufenthaltsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), beide Gesetze zuletzt geändert durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon - wie im vorliegenden Fall in Bezug auf die maßgebliche Dublin-Verordnung - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.
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1. Die Vorinstanzen haben mit Recht die Anfechtungsklage als die allein statthafte Klageart angesehen, wenn es - wie hier - um das Begehren auf Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung eines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin II-Verordnung geht (Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist - ABl. L 50 S. 1).
- 14
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Der Erhebung einer auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO steht entgegen, dass die Dublin II-Verordnung - Dublin II-VO - ein von der materiellen Prüfung eines Asylantrags gesondertes behördliches Verfahren für die Bestimmung des hierfür zuständigen Staats vorsieht (Art. 2 Buchst. e). Die Trennung der Verfahren zur Zuständigkeitsbestimmung und zur materiellen Prüfung des Asylbegehrens darf nicht dadurch umgangen werden, dass das Verwaltungsgericht im Fall der Aufhebung der Zuständigkeitsentscheidung sogleich über die Begründetheit des Asylantrags entscheidet (so auch VGH Mannheim, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 - juris Rn. 18). Vielmehr fordert das Dublin-Regelungswerk, dass im Fall einer vom Gericht für fehlerhaft erachteten Verpflichtung eines anderen Staats die für das Dublin-Verfahren zuständige Behörde - hier das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) - die Möglichkeit erhält, einen anderen Mitglied- oder Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist, um die Aufnahme oder Wiederaufnahme des Asylantragstellers zu ersuchen (vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u.a. [ECLI:EU:C:2011:865], N.S. u.a. - Rn. 96 und vom 14. November 2013 - C-4/11 [ECLI:EU:C:2013:740], Puid - Rn. 33). Die Stellung eines solchen Ersuchens, das den Lauf von zuständigkeitsbegründenden Fristen auslöst, ist eine dem Bundesamt zugewiesene Aufgabe, die das Gericht im Fall des Durchentscheidens nicht erfüllen könnte (zur Notwendigkeit der Sicherung der dem Bundesamt zugewiesenen Steuerungsfunktion im Fall der gerichtlichen Überprüfung einer Einstellungsentscheidung nach §§ 32, 33 AsylG vgl. schon BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12).
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Das Bundesamt hat in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids auch eine rechtsgestaltende Regelung über die Zulässigkeit der beiden Asylanträge nach § 27a AsylG getroffen, deren Aufhebung mit der Anfechtungsklage begehrt werden kann. Ungeachtet der gewählten Formulierung des Bundesamts ("Die Asylanträge sind unzulässig") liegt nicht lediglich eine Feststellung vor, sondern eine rechtsgestaltende Entscheidung über die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig, wie das § 31 Abs. 6 AsylG verlangt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 - juris Rn. 12). Auch für die Aufhebung der in Ziffer 2 des Bescheids getroffenen Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG ist die Anfechtungsklage die statthafte Klageart.
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2. Die Entscheidung der Beklagten, die Asylanträge als unzulässig abzulehnen, verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Dabei kann offenbleiben, ob die Beklagte bei Stellung ihres Ersuchens an Spanien in Bezug auf die Klägerin zu 1 die Frist nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO zu beachten hatte und im Falle einer durch Fristversäumnis begründeten Zuständigkeit Spaniens für die Prüfung des Asylantrags der Klägerin zu 1 sich diese Zuständigkeit auch auf den Kläger zu 2 als mit der Klägerin zu 1 eingereistes minderjähriges Kind erstreckte (Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO). Denn auf eine etwaige Nichtbeachtung von Fristen für die Aufnahme oder Wiederaufnahme können sich die Kläger nicht berufen, weil die Fristenregelung für sie keine subjektiven Rechte begründet.
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a) Zwar ist der Verwaltungsgerichtshof zutreffend davon ausgegangen, dass die Drei-Monats-Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO nur für Aufnahmegesuche gilt, nicht hingegen für Gesuche auf Wiederaufnahme von Asylantragstellern. Der Senat hat bereits entschieden, dass das Fehlen einer Fristvorgabe für die Stellung eines Wiederaufnahmeersuchens in der Dublin II-VO keine Regelungslücke darstellt, die durch eine analoge Anwendung von Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO zu schließen wäre (BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 - 10 B 17.14 - juris Rn. 13; vgl. auch Beschluss vom 21. Mai 2014 - 10 B 31.14 - juris Rn. 5). Es fehlt aber an hinreichenden tatrichterlichen Feststellungen, dass auch die Klägerin zu 1 - wie ihre Kinder - in Spanien einen Asylantrag gestellt hat und deshalb auch auf sie das Verfahren der Wiederaufnahme nach Art. 20 Dublin II-VO Anwendung findet. Hätte die Klägerin zu 1 in Spanien keinen Asylantrag gestellt, fänden auf sie die Dublin-Regeln über die Aufnahme Anwendung und die Beklagte hätte mit der Unterbreitung des Gesuchs an Spanien mehr als zehn Monate nach der Asylantragstellung die Drei-Monats-Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO verstreichen lassen. Damit wäre Deutschland für die Prüfung des Asylantrags zuständig.
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b) Die Frage, ob die Klägerin zu 1 in Spanien einen Asylantrag gestellt hat, erweist sich jedoch nicht als entscheidungserheblich. Denn auf eine etwaige Nichtbeachtung der in diesem Fall zu beachtenden Drei-Monats-Frist für die Aufnahme nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO können sich die Kläger nicht berufen, weil die Fristenregelung für sie keine subjektiven Rechte begründet.
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Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil in der Rechtssache "Abdullahi" entschieden, dass in einer Situation wie der vorliegenden, in der der ersuchte Mitgliedstaat der Aufnahme des Asylbewerbers zugestimmt hat, der Betroffene der Entscheidung, den Asylantrag nicht zu prüfen und den Asylbewerber in einen anderen Mitgliedstaat zu überstellen, nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der GRC ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 [ECLI:EU:C:2013:813], Abdullahi - Rn. 60). Derartige systemische Mängel sind im vorliegenden Verfahren für Spanien weder gerichtlich festgestellt noch von den Verfahrensbeteiligten vorgetragen worden. In diesem Fall kann sich ein Asylbewerber nicht auf einen Fristablauf berufen, weil die Fristbestimmungen des Dublin-Regimes für die (Wieder-)Aufnahme lediglich als zwischen den Mitgliedstaaten wirkende Organisationsvorschriften anzusehen sind. Sie dienen einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne dem Antragsteller dadurch einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: März 2015, § 27a AsylVfG Rn. 65; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: November 2014, § 27a AsylVfG Rn. 196.1.; Bergmann, ZAR 2015, 81 <84>). Ein erneuter Klärungsbedarf dieser Frage ergibt sich insoweit auch nicht aus zwei anhängigen Vorlageverfahren beim Gerichtshof der Europäischen Union, da sich diese nicht auf die Auslegung der hier maßgeblichen Dublin II-VO beziehen, sondern auf die Frage, ob die Rechtslage bei Anwendung der Dublin III-VO anders zu beurteilen ist (Vorlage der Rechtbank Den Haag/Niederlande vom 12. Februar 2015 - C-63/15 - Ghezelbash und Vorlage des Kammarrätten i Stockholm/Schweden vom 1. April 2015 - C-155/15 - Karim).
- 21
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Unter welchen Voraussetzungen im Fall einer überlangen Verfahrensdauer eine Pflicht zum Selbsteintritt des ersuchenden Mitgliedstaats nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO besteht (vgl. dazu EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u.a. - Rn. 108 und vom 14. November 2013 - C-4/11 - Rn. 35), braucht nicht entschieden werden. Denn eine Verfahrensdauer von etwas mehr als elf Monaten von der Asylantragstellung bis zur Erteilung der Zustimmung zur Wiederaufnahme weist jedenfalls keine solche Überlänge auf.
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c) Die Kläger können auch aus dem Recht auf eine gute Verwaltung gemäß Art. 41 Abs. 1 der GRC keinen Anspruch auf Behandlung ihrer Asylanträge durch Deutschland ableiten. Denn in der Rechtsprechung des EuGH ist geklärt, dass sich dieses Recht nach seinem eindeutigen Wortlaut ausschließlich an die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union richtet und nicht an die Mitgliedstaaten, selbst wenn diese Unionsrecht anwenden (EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - C-249/13 [ECLI:EU:C:2014:2431], Boudjlida - Rn. 32 m.w.N.).
- 23
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d) Schließlich ergibt sich für die Kläger im Fall einer etwaigen Fristverletzung bei der Stellung eines Aufnahmegesuchs an Spanien auch aus Art. 6 Abs. 1 EMRK kein Anspruch auf Behandlung ihrer Asylanträge durch die Bundesrepublik Deutschland. Art. 6 Abs. 1 EMRK bezieht sich schon seinem Schutzbereich nach nicht auf das Verwaltungsverfahren vor dem Bundesamt, sondern enthält lediglich Verfahrensgarantien für Gerichtsverfahren und im Übrigen auch nur für solche Gerichtsverfahren, die zivilrechtliche Ansprüche oder strafrechtliche Anklagen betreffen. Hierzu gehören Streitigkeiten über Einreise, Aufenthalt und Ausweisung von Ausländern nicht (EGMR, Urteil vom 17. Mai 2011 - Nr. 43408/08, Izevbekhai u.a./Irland - NVwZ 2012, 686 Rn. 83; Entscheidung vom 24. März 2015 - Nr. 37074/13, Kerkez/Deutschland - EuGRZ 2015, 464 Rn. 40).
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3. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids zutreffend als rechtmäßig angesehen. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylG. Diese Vorschrift ist mit den unionsrechtlichen Bestimmungen des Dublin-Regelungswerks vereinbar, wie der Senat in seinem Urteil vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 - näher ausgeführt hat. Auf die Gründe dieses Urteils wird verwiesen.
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
Tenor
1. Dem Antragsteller wird zur Durchführung des vorliegenden Eilverfahrens Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte Rechtsanwalt C. aus B. beigeordnet.
2. Die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums 5 K 2077/14.A gegen die unter Ziffer 2. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 21. Oktober 2014 verfügte Abschiebungsanordnung wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e:
2I.
3Der am 00.00.00 geborene Antragsteller, nach eigenen Angaben syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, reiste am 13. Juli 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 30. Juli 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.
4Im Rahmen des Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens gab der Antragsteller am 30. Juli 2014 u.a. an, er habe nach seiner Flucht aus Syrien ein Jahr, fünf Monate und eine Woche in Ungarn gelebt. Dort habe er einen Asylantrag gestellt. Ausweislich der Niederschrift über die Anhörung gemäß § 25 AsylVfG am 19. August 2014 gab der Antragsteller insoweit weiter an, dass er in Ungarn als Asylberechtigter anerkannt worden sei. Man bekomme dort aber keine Unterstützung. Es sei dort schlimmer als in Syrien. Alle paar Monate sei er im Gefängnis gewesen. Ungefähr ein Jahr sei er in einer Asylunterkunft gewesen. Man bekomme dort keine Sprachkurse oder ähnliches, auch keinerlei soziale Hilfe. Zunächst habe er wenigstens eine Unterkunft bekommen, nachdem er aber anerkannt worden sei, habe man ihn angewiesen, die Unterkunft zu verlassen und für sich selbst zu sorgen. Er habe gefragt, ob er - in seinem erlernten Beruf - als Friseur arbeiten dürfe. Dies habe man mit der Begründung verneint, er müsse zunächst die Landessprache erlernen. Er habe dann auf der Straße gelebt und keinerlei Unterstützung erhalten.
5Nachdem auf entsprechende Anfrage des Bundesamtes ein Eurodac-Treffer der Kategorie 1 für Ungarn gemeldet worden war, stellte das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch bei der ungarischen "Dublin Coordination Unit". Diese lehnte unter dem 26. September 2014 die Wiederaufnahme des Antragstellers mangels Zuständigkeit ab und verwies auf die ungarischen „National Police Headquarters“. Der Antragsteller habe am 15. Oktober 2012 in Ungarn einen Asylantrag gestellt; am 28. Mai 2013 sei ihm subsidiärer Schutz gewährt worden. Im September 2013 sei ihm auch ein Reiseausweis ausgestellt worden. Die für die Wiederaufnahme des Antragstellers zuständige Stelle sei deshalb nicht die ungarische Dublin-Koordinierungsstelle. Der Antragsteller sei im Rahmen des Rückübernahmeabkommens für Personen mit illegalem Aufenthalt („in the framework oft the agreement on readmission of persons residing illegally“) zurückzuführen; hierfür seien die „National Police Headquarters“ zuständig.
6Das Bundesamt teilte dem Antragsteller darauf hin mit, dass die Entscheidung nunmehr im nationalen Verfahren im Wege des Drittstaatenbescheides ergehe. Mit Bescheid vom 21. Oktober 2014, dem Antragsteller am 3. November 2014 zugestellt, stellte das Bundesamt fest, dass dem Antragsteller in der Bundesrepublik kein Asylrecht zustehe (Ziffer 1 des Bescheides) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Ziffer 2 des Bescheides). Ungarn sei ein sicherer Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG), in den der Antragsteller abgeschoben werden könne. Systemische Mängel des Asylsystems in Ungarn stünden nicht entgegen. Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Zuerkennung des internationalen Schutzes sowie über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) sei nicht zu entscheiden.
7Der Antragsteller hat am 4. November 2014 Klage erhoben.
8Er beantragt unter Bezugnahme auf seinen Vortrag im Verwaltungsverfahren schriftsätzlich sinngemäß,
9die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums 5 K 2077/14.A gegen die unter Ziffer 2. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 21. Oktober 2014 verfügte Abschiebungsanordnung anzuordnen,
10Die Antragsgegnerin beantragt,
11den Antrag abzulehnen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin verwiesen.
13II.
141. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gemäß § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO - i.V.m. §§ 114, 115 der Zivilprozessordnung begründet, weil der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachfolgenden Gründen hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
152. Der Antrag,
16die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums 5 K 2077/14.A gegen die unter Ziffer 2. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 21. Oktober 2014 verfügte Abschiebungsanordnung anzuordnen,
17hat Erfolg.
18Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, da gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG - Aussetzungsanträge gegen eine Abschiebungsanordnung zulässig sind und der in der Hauptsache erhobenen Klage gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung zukommt.
19Der Antrag ist auch zulässig. Er ist insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 34 a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellt worden. Der angegriffene Bescheid ist dem Antragsteller ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 3. November 2014 persönlich ausgehändigt worden. Sein Antrag ist am 4. November 2014 und damit fristgerecht bei Gericht eingegangen.
20Der Antrag ist begründet, denn die auf § 34a AsylVfG i.V.m. § 26a AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung ist nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtswidrig. Da es sich um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, ist gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen.
21Im Rahmen eines Aussetzungsantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse einerseits und dem privaten Interesse des Antragstellers andererseits, von einer Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorläufig verschont zu bleiben.
22Dabei darf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts erfolgen, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet in § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG vorgeschrieben ist. Eine derartige Einschränkung des gerichtlichen Prüfungsmaßstabes hat der Gesetzgeber für die Fälle des § 34a Abs. 2 AsylVfG gerade nicht geregelt. Eine solche Gesetzesauslegung entspräche auch nicht dem gesetzgeberischen Willen, denn eine entsprechende Initiative zur Ergänzung des § 34a Abs. 2 AsylVfG fand im Bundesrat keine Mehrheit.
23Vgl. hierzu: Verwaltungsgericht (VG) Trier, Beschluss vom 18. September 2013 ‑ 5 L 1234/13.TR ‑; VG Göttingen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - 2 B 844/13 -; VG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 13 148/14.A - und VG B. , Beschluss vom 27. April 2014 ‑ 4 L 559/14.A ‑; alle: juris.
24Die Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses mit dem privaten Aussetzungsinteresse hat sich vielmehr maßgeblich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, soweit diese sich bei der im vorliegenden Verfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung abschätzen lassen. An der Vollziehung einer offensichtlich rechtswidrigen Maßnahme kann kein öffentliches Interesse bestehen; ist die zu vollziehende Maßnahme rechtmäßig, kann das Interesse am Aufschub der Vollziehung regelmäßig als gering veranschlagt werden, so dass das öffentliche Interesse überwiegt. Lassen sich die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs nicht abschließend abschätzen, bedarf es einer Abwägung aller relevanten Umstände, insbesondere der Vollzugsfolgen, um zu ermitteln, wessen Interessen für die Dauer des Hauptsacheverfahrens der Vorrang gebührt.
25Nach diesen Maßstäben fällt vorliegend die Interessenabwägung zu Gunsten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes erweist sich als rechtswidrig.
26Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34 a Abs. 1 AsylVfG. Danach ordnet das Bundesamt dann, wenn ein Ausländer - wie hier - in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) abgeschoben werden soll (dazu unter a), die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann (dazu unter b).
27a) Nach § 26 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 S. 1 GG (sicherer Drittstaat) eingereist ist, nicht auf Art. 16 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt (§ 26 a Abs. 1 S. 2 AsylVfG). Soweit der Asylantrag "nur nach § 26a abgelehnt" wird - diese Vorgehensweise hat das Bundesamt vorliegend gewählt -, ist gemäß § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG nur festzustellen, dass dem Ausländer auf Grund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht.
28Die Kammer lässt offen, ob der Anwendungsbereich dieser Vorschrift überhaupt eröffnet ist.
29Es spricht zwar vieles dafür, dass die Anwendbarkeit nicht am Ausschlusstatbestand des § 26 a Abs. 1 S. 3 Ziffer 2 AsylVfG scheitert. Nach dieser Regelung gilt § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG dann nicht, wenn die Bundesrepublik Deutschland aufgrund von europa- oder völkerrechtlichen Vorschriften für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Vorliegend dürften das Bundesamt ebenso wie die ungarische "Dublin Coordination Unit" zu Recht davon ausgegangen sein, dass die Zuständigkeitsregelungen der Union nach den Verordnungen über das sogenannte Dublin-Verfahren für den in der Bundesrepublik am 30. Juli 2014 gestellten Asylantrag des Antragstellers nicht anwendbar sind, weil dem Antragsteller, der bereits am 15. Oktober 2012 in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat, unter dem 28. Mai 2013 von Ungarn subsidiärer Schutz gewährt wurde. Damit kann weder eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland begründet sein aufgrund der für ab dem 1. Januar 2014 gestellte Asylanträge grundsätzlich einschlägigen Dublin III-VO (Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist - ABl. L 180 vom 29. Juni 2013, S. 31) noch sind die Vorschriften der Dublin III-VO als Spezialregelungen vorrangig anzuwenden.
30Die Dublin III-VO unterscheidet ausdrücklich zwischen "Antragsteller", Art. 2 Buchstabe c) Dublin III-VO und "Begünstigter internationalen Schutzes", Art. 2 Buchstabe f) Dublin III-VO. Antragsteller im Sinne der Verordnung ist danach derjenige, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde, wohingegen "Begünstigter internationalen Schutzes" derjenige ist, dem internationaler Schutz zuerkannt wurde. Das Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaates wird nach Art. 20 Abs. 1 Dublin III-VO (nur) eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. Dieses Verfahren dürfte indes nicht mehr einschlägig sein, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach dortigem Antrag auf internationalen Schutz die Flüchtlingseigenschaft oder - wie hier - subsidiären Schutz erhalten hat und damit das Verfahren auf Anerkennung internationalen Schutzes insgesamt positiv abgeschlossen ist. Dementsprechend sieht auch Art. 18 Abs. 1 Buchstabe a bis d Dublin III-VO keine Pflicht des zuständigen Mitgliedstaates zur Wiederaufnahme des Ausländers im Falle der positiven Bescheidung seines Antrags auf internationalen Schutz vor.
31Vgl. zur verneinten Anwendbarkeit der Dublin III-VO auf Personen, die in einem anderen Staat subsidiären Schutz erhalten haben: VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Dezember 2014 - 17 l 3001/14.A -, juris, Rn. 14ff sowie Beschluss vom 23. Januar 2015 - 13 L 2923/14.A -, juris, Rn. 8ff ; VG B. , Beschluss vom 16. Februar 2015 - 9 L 43/15.A - sowie Beschluss vom 28. November 2014 ‑ 7 L 782/14.A -; Bender/Bethke, "Dublin III", Eilrechtsschutz und das Comeback der Drittstaatenregelung - Elf Thesen zu den aktuellen Änderungen bezüglich innereuropäischer Abschiebungen in: Asylmagazin 11/2013, S. 358-367; offen gelassen: VG Minden, Beschluss vom 16. Januar 2015 - 10 L 671/14.A -, juris, Rn. 14 und offen gelassen für Antragsteller, die als Flüchtlinge anerkannt wurden: BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13 -, juris, Rn. 26: "Allerdings neigt der Senat zu der Auffassung, dass auf Ausländer, die in einem anderen Staat als Flüchtling anerkannt sind, die Regelungen zum Dublin-Verfahren nicht anwendbar sind." Für analoge Anwendung der Dublin-Verordnungen auf Personen mit Flüchtlingsschutzstatus oder subsidiärem Schutzstatus jedenfalls dann, wenn der Dublin-Staat der Aufnahme zustimmt: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Februar 2014 - A 12 K 383/14 - juris, Rn. 15. Differenzierend Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Artikel 2, K 22: Jedenfalls keine Anwendung der Dublin III-VO auf Personen, die als Flüchtlinge anerkannt wurden; bei Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Gewährung subsidiären Schutzes ebenfalls keine Anwendung, da dem Antragsteller bei gleichzeitigem Abschluss der Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz eine Form des internationalen Schutzes gewährt worden sei und Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d) daher nicht zur Anwendung komme; anders, wenn das Verfahren auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft trotz Gewährung subsidiären Schutzes im Übrigen noch offen sei, dann Verpflichtung zur Wiederaufnahme des Antragstellers gemäß Art. 18 Buchstabe b).
32Schließlich hat die ungarische "Dublin Coordination Unit" sich im Schreiben vom 24. September 2014 ausdrücklich für unzuständig erklärt und damit eine Aufnahme des Antragstellers nach den Regelungen der Dublin III-Verordnung abgelehnt.
33Fraglich ist allerdings, ob in der vorliegenden Konstellation der vom Bundesamt sodann vorgenommene "Rückgriff" auf die Drittstaatenregelung möglich ist und § 26 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bzw. Art. 16a Abs. 2 GG überhaupt Anwendung findet. Dagegen spricht, dass nach der Konzeption der Drittstaatenregelung diese nur auf Personen anwendbar ist, die noch nicht schutzberechtigt sind. In der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 2. März 1993 (Bundestagsdrucksache 12/4450, Seite 20) wird zur Neufassung des § 26a AsylVfG in Umsetzung des geänderten Art. 16 a Abs. 2 GG u.a. ausgeführt:
34"Satz 1 normiert in Übereinstimmung mit Artikel 16 a Abs. 2 GG den Grundsatz, daß sich derjenige nicht auf Artikel 16a Abs. 1 GG berufen kann, der aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist. Satz 2 stellt klar, daß dieser Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird. Die Regelung beruht darauf, daß ein vor politischer Verfolgung Flüchtender in dem ersten Staat um Schutz nachsuchen muß, in dem ihm dies möglich ist. Außerdem muß es dem Ausländer möglich sein, nach Rückkehr in den sicheren Drittstaat, über den er eingereist ist, ein dort eingeleitetes Verfahren auf Schutzgewährung zu Ende zu führen oder ein noch nicht gestelltes Schutzersuchen nachzuholen."
35Der Gesetzgeber hatte also erkennbar nur Antragsteller im Blick, für die entweder ein Asylverfahren im Drittstaat bereits eingeleitet oder für die dieses noch durchzuführen ist.
36Vgl. zur verneinten Anwendung der Drittstaatenregelung auf subsidiär Schutzberechtigte: Funke-Kaiser, Personen mit Schutzstatus in einem anderen EU-Land - Rechtliche Probleme, 21. November 2014, S. 3, abrufbar unter: http://downloads.akademie-rs.de/migration/20141121; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13 -, juris, Rn. 30, wonach das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig ist, wenn dem Ausländer bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG (n.F.) zuerkannt worden ist; für die Anwendung der Drittstaatenregelung wohl: Bender/Bethke, "Dublin III", Eilrechtsschutz und das Comeback der Drittstaatenregelung - Elf Thesen zu den aktuellen Änderungen bezüglich innereuropäischer Abschiebungen in: Asylmagazin 11/2013, S. 358-367.
37Entsprechend zielt auch die nach § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG im Falle einer Ablehnung "nur nach" § 26a AsylVfG zu treffende Feststellung, dass dem Ausländer auf Grund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zustehe, darauf, den Antragsteller auf die Durchführung des Asylverfahrens im Drittstaat zu verweisen. Vorliegend steht aber aufgrund des in Ungarn abgeschlossenen Asylverfahrens fest, dass der Antragsteller subsidiär schutzberechtigt ist. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG (n.F.) ist die Bundesrepublik Deutschland an diese Entscheidung auch gebunden, denn ein hier gestellter weiterer Antrag auf internationalen Schutz ist unzulässig.
38so ausdrücklich: BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13 -, juris, Rn. 29 m.w.N.
39Die Kammer lässt auch offen, ob Ungarn nach dem im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzulegenden Prüfungsmaßstab als Mitgliedstaat der Europäischen Union mit Blick auf Antragsteller mit subsidiärem Schutzstatus überhaupt ein "sicherer Drittstaat" im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG ist.
40Vgl. zur Prüfung ob ein Antragsteller in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, der kraft normativer Vergewisserung des Verfassungsgesetzgebers ein sicherer Drittstaat ist (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG), von einem im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfall betroffen ist, weil der Drittstaat subsidiär Schutzberechtigte unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) unterwirft: OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2015 - 14 A 134/15.A -, juris, Rn. 6ff.
41b) Auch wenn die Voraussetzungen des § 26a Abs. 1 AsylVfG in der Person des Antragstellers vorliegen würden, ist die streitige Abschiebungsanordnung (Ziffer 2 des angegriffenen Bescheides) jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil (derzeit) nicht feststeht, dass die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn tatsächlich möglich ist.
42Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG darf die Abschiebungsanordnung erst dann ergehen, wenn feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Dies setzt u.a. voraus, dass die Übernahmebereitschaft des Drittstaates, in den abgeschoben werden soll, abschließend geklärt ist. Die Abschiebungsanordnung als Festsetzung eines Zwangsmittels darf erst ergehen, wenn alle Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Abschiebung nach § 26a AsylVfG bzw. § 27a AsylVfG i.V.m. § 34a AsylVfG erfüllt sind, denn sie ist die letzte Voraussetzung für die Anwendung des Zwangsmittels, hier der Abschiebung.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1996 - 25 A 790/96.A -, juris, Rn. 9-11; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 – OVG 2 S 6.12 –, juris, Rn. 4; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 –, juris, Rn. 156 sowie grundsätzlich zu den Prüfungspflichten des Bundesamtes vor Erlass einer Abschiebungsanordnung: VGH Ba-Wü, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, juris, Rn. 4).
44Dies ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn beispielsweise eine vertraglich vereinbarte Rückübernahmefrist abgelaufen ist.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1996 - 25 A 790/96.A -, juris, Rn. 11.
46So verhält es sich vorliegend. Einschlägig für die Rückübernahme des Antragstellers ist das deutsch-ungarische Rückübernahmeabkommen und das Protokoll zur Durchführung des Abkommens vom 17. Dezember 1998, in Kraft getreten am 1. Januar 1999 (Bundesgesetzblatt Teil II, S. 90ff). Abschnitt II des Abkommens trifft Regelungen zur Übernahme von Drittstaatsangehörigen bei rechtswidriger Einreise und rechtswidrigem Aufenthalt.
47Nach Art. 4 Abs. 1 des Abkommens übernimmt jede Vertragspartei auf Antrag der anderen Vertragspartei ohne besondere Formalitäten die Person, die nicht die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei besitzt (Drittstaatsangehöriger),wenn sie die im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei geltenden Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt nicht erfüllt und nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, dass die Person
481. über einen gültigen, durch die andere Vertragspartei ausgestellten Aufenthaltstitel oder ein gültiges Visum verfügt oder
492. auf dem Luftweg unmittelbar aus dem Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei rechtswidrig in das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei eingereist ist.
50Da der Antragsteller in Ungarn subsidiären Schutzstatus hat und ihm ein ungarisches Reisedokument ausgestellt wurde (vgl. Art. 25 Abs. 2 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13. Dezember 2011, ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9, sogenannte Flüchtlingsschutzrichtlinie), ist davon auszugehen, dass er auch über einen ungarischen Aufenthaltstitel verfügt. Denn nach Art. 24 Abs. 2 der Flüchtlingsschutzrichtlinie stellen die Mitgliedstaaten Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, einen verlängerbaren Aufenthaltstitel aus, der mindestens ein Jahr und im Fall der Verlängerung mindestens zwei Jahre gültig sein muss.
51Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rückübernahmeverpflichtung nach Art. 4 Abs. 2 des Abkommens nicht besteht. Nach dieser Vorschrift besteht die Rückübernahmeverpflichtung nicht gegenüber einem Drittstaatsangehörigen, der
521. bei seiner Einreise in das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei im Besitz eines gültigen Visums oder eines anderen gültigen Aufenthaltstitels dieser Vertragspartei war oder dem nach seiner Einreise ein Visum oder ein anderer Aufenthaltstitel durch diese Vertragspartei ausgestellt wurde oder
532. aus einem Staat gekommen ist, mit dem die ersuchende Vertragspartei eine gemeinsame Grenze hat.
54Nach Artikel 5 Abs. 1 des Abkommens muss der Übernahmeantrag innerhalb von vier Monaten nach Kenntnis der jeweiligen Behörden von der rechtswidrigen Einreise oder des rechtswidrigen Aufenthalts des Drittstaatsangehörigen gestellt werden. Die ersuchte Vertragspartei beantwortet die an sie gerichteten Übernahmeersuche unverzüglich, längstens jedoch innerhalb von 14 Tagen. Die kontrollierte Übernahme des Drittstaatsangehörigen erfolgt unverzüglich, längstens jedoch innerhalb einer Frist von drei Monaten, nachdem die ersuchte Vertragspartei der Übernahme zugestimmt hat. Diese Frist wird auf Antrag der ersuchenden Vertragspartei nur im Falle rechtlicher und tatsächlicher Hindernisse für die Übernahme und nur für die Dauer dieser Hindernisse verlängert.
55Nach Aktenlage liegt für den Fall des Antragstellers kein Übernahmeantrag der Bundesrepublik Deutschland an die zuständigen ungarischen Behörden vor. Für diesen Antrag ist das in Anlage 1 zum Abkommen enthaltene "Protokoll über Rückführungen von Drittstaatsangehörigen" zu verwenden. Das Bundesamt hatte spätestens seit Eingang des Schreibens der "Dublin Coordination Unit" vom 24. September 2014 Kenntnis von der im Sinne des Abkommens illegalen Einreise des Antragstellers. Unter dem 1. Oktober 2014 hat das Bundesamt der Ausländerbehörde mitgeteilt, dass das Übernahmeersuchen - auf der Grundlage der Dublin III-VO - abgelehnt worden sei, da der Antragsteller in Ungarn subsidiären Schutz erhalten habe. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich das Bundesamt in der Folgezeit mit den "National Police Headquarters" in Verbindung gesetzt und um Übernahme des Antragstellers ersucht hat. Die Viermonatsfrist des Art. 5 Abs. 1 des Abkommens ist mithin jedenfalls seit 1. Februar 2015 abgelaufen.
56Schließlich stünde es Ungarn überdies nach Art. 5 Abs. 2 des Abkommens (zwischenzeitlich) frei, die Übernahme des Antragstellers abzulehnen. Nach dieser Vorschrift kann die Übernahme nämlich abgelehnt werden, wenn die ersuchte Vertragspartei nachweist, dass der Drittstaatsangehörige ihr Hoheitsgebiet vor mehr als sechs Monaten verlassen hat. Der Antragsteller ist nach seinen eigenen Angaben am 13. Juli 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist; am 30. Juli 2014 hat er den Asylantrag gestellt. Folglich hat er Ungarn jedenfalls seit Februar 2014 vor mehr als sechs Monaten verlassen.
57Anhaltspunkte dafür, dass die Übernahmebereitschaft Ungarns abweichend von den obigen Ausführungen deshalb feststeht, weil eine gesicherte Verwaltungsübung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ungarn besteht, nach der Ungarn abweichend von dem im Rückübernahmeabkommen vereinbarten förmlichen Verfahren subsidiär Schutzberechtigte ohne weiteres und vor allem ohne zeitliche Beschränkung unverzüglich aufnimmt, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
58Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 10. Dezember 2014 - 18a L 1681/14.A -, juris, Rn. 31; VG Magdeburg, Beschluss vom 4. Dezember 2014 - 9 B 438/14 -, juris, Rn. 25.
59Insbesondere kann dem Schreiben der "Dublin Coordination Unit" vom 24. September 2014 keine Übernahmebereitschaft entnommen werden, da dieses nur die für die Übernahme zuständigen und mithin vom Bundesamt zu kontaktierenden Behörden benennt, in der Sache aber gerade keine Entscheidung betreffend die Übernahme des Antragstellers enthält.
60Ob der Abschiebung des Antragstellers auch sog. inlandsbezogene Abschiebungshindernisse entgegenstehen, die das Bundesamt im Rahmen des Erlasses einer Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG mit zu prüfen hat, und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Erlass der Abschiebungsanordnung entstanden sind,
61Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. September 2014 ‑ 2 BvR 1795/14 ‑, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 ‑ 18 B 1060 -, juris Rn. 4,
62kann offen bleiben.
63Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
64Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung der Ziffer 1 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 5. Februar 2015 verpflichtet, festzustellen, dass für die Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Bulgarien vorliegt. Ziffer 2 des vorbenannten Bescheids wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen als Gesamtschuldner 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der 1965 geborene Kläger zu 1., seine Ehefrau, die 1991 geborene Klägerin zu 2., und die drei gemeinsamen Kinder, die Kläger 3. bis 5., geboren in den Jahren 2011, 2012 und 2013, sind syrische Staatsangehörige. Sie reisten im August 2014 in das Bundesgebiet ein und stellten am 24. September 2014 einen Asylantrag.
3Im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 24. September 2014 gaben sie gegenüber dem Bundesamt an, ihr Heimatland am 17. November 2013 verlassen zu haben und über die Türkei nach Bulgarien gereist zu sein. Dort hätten sie einen Asylantrag gestellt und sich bis zum 26. August 2014 aufgehalten.
4Nachdem das Bundesamt einen EURODAC-Treffer festgestellt hatte, bat es am 27. November 2014 die bulgarischen Behörden um die Wiederaufnahme der Kläger auf der Grundlage der Verordnung (EU) 604/2013 (Dublin-III-VO). Dies lehnten die bulgarischen Behörden unter dem 12. Dezember 2014 ab, da den Klägern in Bulgarien subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei. Es solle ein Antrag auf der Grundlage des zwischenstaatlichen Wiederaufnahmeübereinkommens gestellt werden.
5Mit Bescheid vom 5. Februar 2015, zugestellt am 13. Februar 2015, lehnte das Bundesamt die Anträge der Kläger als unzulässig ab (Ziffer 1) und drohte ihnen die Abschiebung nach Bulgarien an (Ziffer 2). Die Kläger dürften nicht nach Syrien abgeschoben werden.
6Die Kläger haben am 16. Februar 2015 Klage erhoben. In der mündlichen Verhandlung haben sie sinngemäß geltend gemacht, auch nach der Gewährung subsidiären Schutzes in Bulgarien noch Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland zu haben. Eine Rückkehr nach Bulgarien sei ihnen zudem wegen der dortigen Lebensbedingungen nicht zumutbar.
7Die Kläger beantragen - schriftsätzlich -,
8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 5. Februar 2015 zu verpflichten, das Asylverfahren durchzuführen sowie festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG gegeben ist.
9Die Beklagte beantragt - schriftsätzlich -,
10die Klage abzuweisen.
11Die Erkenntnisse der Kammer zur Lage in Bulgarien wurden in das Verfahren eingeführt. Die Kammer hat am 30. September 2015 mündlich verhandelt. Da dem Gericht erst nach der Schließung der mündlichen Verhandlung eine Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stuttgart vom 23. Juli 2015 zur Kenntnis gelangte, hat die Kammer mit Beschluss vom 6. Oktober 2015 die mündliche Verhandlung wiedereröffnet. Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2015, die Beklagte durch ihre allgemeine Prozesserklärung gegenüber dem VG Aachen auf die Durchführung einer (weiteren) mündlichen Verhandlung verzichtet.
12Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14Die Kammer konnte wegen der einvernehmlichen Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) entscheiden.
15Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
16Die zulässige Klage ist hinsichtlich des Begehrens auf Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 5. Februar 2015 und Durchführung des Asylverfahrens nur teilweise begründet.
17Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO, soweit die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG und subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG abgelehnt wurden.
18Der Bescheid ist formell rechtswidrig.
19Es liegt ein Verstoß gegen die Pflicht des Bundesamtes, die Kläger persönlich anzuhören, vor.
20Nach § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG hat das Bundesamt den Ausländer persönlich anzuhören. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss der Ausländer selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen.
21Das persönliche Gespräch mit den Klägern zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates, das im Wesentlichen ihren Reiseweg, einen bereits erhaltenen Schutzstatus, seine persönlichen Daten und weiteren Formalien zum Gegenstand hatte, ist keine ordnungsgemäße Anhörung im Sinne der benannten Vorschriften. Denn die Kläger wurden insbesondere zu den Gründen für ihren Entschluss, ihr Heimatland zu verlassen, nicht persönlich befragt. Damit hatten sie keine Gelegenheit die von § 25 AsylG geforderten Tatsachen im Rahmen einer persönlichen Anhörung anzugeben, was § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG aber von dem Asylsuchenden fordert.
22Das Bundesamt hatte nicht die Möglichkeit, von einer persönlichen Anhörung der Kläger nach § 24 Abs. 1 Satz 5 AsylG abzusehen, was nur dann der Fall ist, wenn einem auf internationalen Schutz beschränkten Asylantrag stattgegeben wird. Das Bundesamt hat die Anträge der Kläger aber als unzulässig abgelehnt.
23Das Bundesamt durfte auch nicht auf Grund von § 24 Abs. 1 Satz 4 Alt. 2 AsylG von einer persönlichen Anhörung der Kläger absehen. Nach dieser Vorschrift kann das Bundesamt von einer persönlichen Anhörung absehen, wenn der Ausländer nach seinen Angaben aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) eingereist ist.
24Zwar liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift vor, da die Kläger nach ihren Angaben auf dem Landweg in das Bundesgebiet eingereist sind. Der Anwendung von § 24 Abs. 1 Satz 4 Alt. 2 AsylG steht jedoch Unionsrecht entgegen.
25Unionsrechtliche Vorgaben für die Anhörung der Kläger enthalten die Richtlinie 2005/85/EG (Verfahrensrichtlinie I - VRL-2005) und die Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie II - VRL-2013). Die VRL-2005 wurde mit Wirkung zum 21. Juli 2015 aufgehoben und durch die Regelungen der VRL-2013 ersetzt. Art. 52 UAbs. 1 Satz 2 VRL-2013 enthält indes eine Übergangsbestimmung, wonach für vor dem 20. Juli 2015 gestellte Anträge die Vorschriften nach Maßgabe der VRL-2005 gelten. Art. 52 UAbs. 1 Satz 1 VRL-2013 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die Vorschriften zur Umsetzung der VRL-2013 auf nach dem 20. Juli 2015 oder früher gestellte Anträge anwenden. Eine Regelung des AsylG ist im Fall eines vor dem 20. Juli 2015 gestellten Antrags auf internationalen Schutz also dann mit Unionsrecht vereinbar, soweit sie entweder die Vorgaben der VRL-2005 oder der VRL-2013 umsetzt.
26Nach Art. 12 Abs. 1 VRL-2005 wird dem Asylbewerber Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zu seinem Asylantrag durch einen nach nationalem Recht zuständigen Bediensteten gegeben. Nur in den unter Art. 12 Abs. 2 VRL-2005 aufgelisteten Fällen kann auf die Durchführung der persönlichen Anhörung verzichtet werden. Ein solcher Fall liegt nicht vor.
27Die persönliche Anhörung der Kläger war insbesondere nicht nach Art. 12 Abs. 2 b) VRL-2005 entbehrlich.
28Nach Art. 12 Abs. 1 VRL-2005 wird dem Asylbewerber vor der Entscheidung der Asylbehörde Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zu seinem Asylantrag durch einen nach seinem nationalen Recht zuständigen Bediensteten gegeben. Gemäß Art. 12 Abs. 2 b) VRL-2005 kann auf die persönliche Anhörung verzichtet werden, wenn die zuständige Behörde bereits ein Treffen mit dem Antragsteller hatte, um ihn bei der Ausfüllung des Antrags und der Vorlage der für den Antrag wesentlichen Informationen nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie I - QRL-2004) zu unterstützen. Die wesentlichen Informationen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 QRL-2004 sind Angaben des Asylsuchenden zu Alter, familiären und sozialen Verhältnissen — auch der betroffenen Verwandten —, Identität, Staatsangehörigkeit(en), Land/Ländern und Ort(en) des früheren Aufenthalts, früheren Asylanträgen, Reisewegen, Identitätsausweisen und Reisedokumenten sowie zu den Gründen für seinen Antrag auf internationalen Schutz und sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen hierzu.
29Die Voraussetzungen von Art. 12 Abs. 2 b) VRL-2005 liegen nicht vor. Die Kläger haben ihre Anträge beim Bundesamt persönlich gestellt. Im Gegensatz zur gegenwärtigen Praxis des Bundesamtes,
30vgl. dazu VG Aachen, Urteil vom 28. Oktober 2015 - 8 K 468/15.A -,
31haben sie einen Fragebogen für syrische Staatsangehörige nicht ausgefüllt. Sie hatten damit auch nicht schriftlich die Gelegenheit, ihren Antrag zu begründen.
32Auch nach den Regelungen der VRL-2013 konnte nicht von der Anhörung der Kläger abgesehen werden.
33In Betracht käme insoweit Art. 34 Abs. 1 UAbs. 1 VRL-2013. Diese Vorschrift trifft eine besondere Regelung für die Anhörung im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung eines Antrags. Danach geben die Mitgliedstaaten den Antragstellern Gelegenheit, sich zu der Anwendung der Gründe nach Art. 33 VRL-2013 in ihrem besonderen Fall zu äußern, bevor die Asylbehörde über die Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz entscheidet. Hierzu führen die Mitgliedstaaten im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung eine persönliche Anhörung durch. Art. 33 Abs. 1 VRL-2013 erlaubt es zusätzlich zu den Fällen, in denen nach der Dublin-III-VO ein Antrag nicht geprüft wird, einen Antrag auf internationalen Schutz nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 VRL-2013 ohne Prüfung als unzulässig abzulehnen. Gemäß Art. 33 Abs. 2 a) VRL-2013 können die Mitgliedstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig betrachten, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt.
34Der Anwendungsbereich von Art. 34 VRL-2013 ist eröffnet. Das Bundesamt hat den Antrag der Kläger in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids als unzulässig mit der Begründung abgelehnt, dass die Kläger in Bulgarien bereits den subsidiären Schutzstatus erhalten hätten. Aus unionsrechtlicher Perspektive entspricht dies der Möglichkeit einen Antrag nach Art. 33 Abs. 2 a) VRL-2013 wegen eines bereits gewährten Schutzstatus abzulehnen.
35Den Anforderungen von Art. 34 Abs. 1 VRL-2013 an die Anhörung der Kläger im Fall der Ablehnung eines Antrags als unzulässig ist das Bundesamt aber nicht gerecht geworden.
36Die Kläger besaßen keine ausreichende Möglichkeit, sich persönlich zu einem bereits gewährten Schutzstatus in Bulgarien zu äußern. In dem persönlichen Gespräch beim Bundesamt am 24. September wusste das Bundesamt noch nicht, dass die Kläger den subsidiären Schutzstatus in Bulgarien erhalten haben. Die ihnen gestellte Frage, ob sie in einem anderen Land Asyl beantragt hätten, gibt ihnen nicht die von der VRL-2013 vorausgesetzte Möglichkeit, sich zu der beabsichtigten Ablehnung zu äußern.
37Die unterbliebene Anhörung und dadurch begründete formelle Rechtswidrigkeit führt indes nach § 46 VwVfG nicht zu einem Anspruch auf Aufhebung und Durchführung des Asylverfahrens.
38Nach § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
39Im Asylverfahren, das nur gebundene Entscheidungen kennt, kann allein eine fehlende Anhörung die Aufhebung eines Bescheids nach diesem Maßstab nie rechtfertigen. Die getroffene Entscheidung des Bundesamts muss vielmehr auch materiell rechtswidrig sein. Das Verwaltungsgericht hat die Spruchreife durch Nachholung der Anhörung herzustellen,
40vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1982 - 9 B 179/82 -, DVBl 1983, 33 = juris, Rn. 5.
41Der Anwendung von § 46 VwVfG steht nicht entgegen, dass die formelle Rechtswidrigkeit vorliegend auf einem Verstoß gegen Unionsrecht beruht. Zwar hebt der EuGH im direkten Vollzug des Unionsrechts bei unzureichender behördlicher Sachverhaltsaufklärung die getroffene Entscheidung grundsätzlich auf,
42vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk, ders.; VwVfG, 8. Aufl. (2014), § 46 Rn. 71, m.w.N.
43Hier liegt jedoch (der Regelfall - vgl. Art. 291 AEUV) des indirekten Vollzugs von Unionsrecht vor. Sofern - wie hier - spezielle gemeinschaftsrechtliche Regelungen fehlen, sind die Verfahrensmodalitäten, die den Schutz aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsender Rechte gewährleisten sollen, im Rahmen der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten von diesen unter Beachtung des Äquivalenz- und des Effektivitätsprinzips selbst zu regeln. Auch § 46 VwVfG kann deshalb Anwendung finden,
44vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2008 - 6 C 38/07 -, NVwZ 2009, 653 = juris, Rn. 41.
45Soweit durch Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG und subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG abgelehnt wurde, ist der Bescheid materiell rechtmäßig.
46Rechtsgrundlage für die ausgesprochene Ablehnung ist nicht § 27a AsylG. Hiernach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dies ist nicht der Fall.
47Die Zuständigkeit eines anderen Staates ergibt sich nicht aus Regelungen der Dublin-III-VO. Die Dublin-III-VO sieht nach der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus – der hier den Klägern aber in Bulgarien nicht gewährt wurde - keine Wiederaufnahmepflicht des den Schutzstatus gewährenden Mitgliedstaats vor,
48vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Mai 2015 – 14 A 926/15.A -, juris, Rn. 5; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. April 2015 – A 11 S 57/15 -, InfAuslR 2015, 310 = juris, Rn. 36 (für Dublin II), jeweils m.w.N.; a.A.: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Februar 2014 – A 12 K 383/14 -, juris, Rn. 15; Hailbronner, in: Ausländerrecht, Band 3, § 31 AsylG Rn. 40 unter Verweis auf Art. 24 Abs. 4 Dublin-III-VO, was nicht nachvollziehbar ist, da die Vorschrift sich nur auf abgelehnte Antragsteller bezieht.
49Dies ergibt sich unter anderem aus Art. 18 Abs. 1a, b Dublin-III-VO, wonach sich die Aufnahmeverpflichtung nur auf Antragsteller bezieht. Antragsteller sind nach Art. 2c Dublin-III-VO Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, über den noch nicht endgültig entschieden wurde.
50Etwas Anderes gilt auch nicht im Fall der Kläger, denen nur subsidiärer Schutz gewährt wurde.
51Zwar beinhaltet diese Entscheidung, dass der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft von den bulgarischen Behörden abgelehnt wurde. Auf Grund der Ablehnung des Antrags auf Flüchtlingsschutz geht der VGH Baden-Württemberg in einer Entscheidung zu der (hier nicht anwendbaren) Dublin-II-VO davon aus, dass eine Wiederaufnahmepflicht sich trotz der Gewährung subsidiären Schutzes nach der Dublin-II-VO richtet. Hintergrund hierfür ist, dass eine Wiederaufnahmepflicht nach der Dublin-II-VO nicht im Fall des erfolgreichen Abschlusses eines Asylverfahrens besteht. Da die Dublin-II-VO aber auf die Gewährung subsidiären Schutzes nicht Bezug nahm, sondern nur auf die Gewährung von Flüchtlingsschutz im Sinne der GFK abstellte, kann im Rahmen der Dublin-II-VO von einer erfolgreichen Beendigung des Asylverfahrens nicht bei der Gewährung von subsidiären Schutz gesprochen werden,
52vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. April 2015 – A 11 S 57/15 -, juris, Rn. 36 ff.
53Diese Argumentation lässt sich jedoch auf die Dublin-III-VO nicht übertragen. Die Dublin-III-VO ist nicht auf Drittstaatsangehörige anwendbar, die nur den subsidiären Schutzstatus erhalten haben,
54vgl. VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 – 23 K 906/14.A -, juris, Rn. 18; Funke-Kaiser, in: GK AsylG, § 27a Rn. 34 f.; Marx, AsylG, 8. Aufl. (2014), § 27a Rn. 11; a.A.: VG Berlin, Urteil vom 10. September 2015 - 33 K 113.15A -, juris, Rn. 19; Bergmann, ZAR 2015, 81; ausdrücklich offen gelassen von VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. April 2015 - A 11 S 57/15 -, InfAuslR 2015, 310 = juris, Rn. 37.
55Art. 18 Abs. 1 d) Dublin-III-VO verpflichtet einen Mitgliedstaat, einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wiederaufzunehmen. Nach Art. 2 b) Dublin-III-VO ist ein Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 2 h) der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie – QualRL -) zu verstehen. Hiernach ist ein Antrag auf internationalen Schutz das Ersuchen eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen um Schutz durch einen Mitgliedstaat, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt, und wenn er nicht ausdrücklich um eine andere, gesondert zu beantragende Form des Schutzes außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie ersucht. Zwar ist damit keine automatische Gleichstellung von Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutzstatus zu verstehen. Die Kammer geht aber dennoch aus, dass vor dem Hintergrund dieser Formulierung nicht von einer Ablehnung des Antrags im Sinne des Art. 18 Abs. 1 d) Dublin-III-VO auszugehen ist, wenn einem Antragsteller zumindest subsidiärer Schutz zugesprochen wurde, er also teilweise Erfolg hatte. Für diese Auslegung spricht auch eine Regelung der VRL-2013. Nach Art. 33 Abs. 1 VRL-2013 müssen die Mitgliedstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz nicht prüfen, wenn er nach dieser Vorschrift als unzulässig betrachtet wird. Gemäß Art. 33 Abs. 2 VRL-2013 können die Mitgliedstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz nur unter bestimmten Voraussetzungen als unzulässig betrachten. Art. 33 Abs. 2 lit. a) VRL-2013 erlaubt dies dann, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat. Die Verfahrensrichtlinie erlaubt es also, einen Antrag als unzulässig anzusehen, wenn einem Ausländer in einem anderen Mitgliedstaat subsidiärer Schutz gewährt wurde. Die Regelung der Verfahrensrichtlinie wäre hinsichtlich der Drittstaatsangehörigen, denen subsidiärer Schutz gewährt wurde, aber überflüssig, wenn der Antrag schon wegen einer Zuständigkeit nach der Dublin-III-VO als unzulässig abgelehnt werden könnte.
56Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig kann aber auf § 26a AsylG gestützt werden. Nach Satz 1 der Vorschrift kann ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG (sicherer Drittstaat) eingereist ist, sich nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen. Gemäß Satz 2 der Vorschrift wird er nicht als Asylberechtigter anerkannt.
57Dass die Kläger in Bulgarien den subsidiären Schutzstatus erhalten haben, steht der Anwendung von § 26a AsylG nicht entgegen.
58Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Vorschrift nur Asylsuchende im Blick hatte, die noch keinen Schutzstatus erhalten haben,
59vgl. so unter Berufung auf die Gesetzesbegründung zu § 26a AsylG in BT-Drs. 12/4450, S. 20, VG Aachen, Beschluss vom 11. März 2015 – 5 L 736/14.A -, juris, Rn. 30 ff.
60Das Konzept sicherer Drittstaaten beruht auf dem Gedanken, dass in Deutschland derjenige keine Schutzbedürftigkeit besitzt, der in einem sicheren Drittstaat Schutz hätte finden können. Diese Schutzbedürftigkeit fehlt erst recht, wenn der Asylbewerber nicht nur Schutz hätte finden können, sondern sogar Schutz gefunden hat,
61vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Mai 2015 – 14 A 926/15.A -, juris, Rn. 8 ff., VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 – 23 K 906.14.A -, juris, Rn. 19.
62Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26a AsylG liegen vor. Die Kläger sind auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG in das Bundesgebiet eingereist.
63§ 26a AsylG ermöglicht auch die von der Beklagten ausgesprochene Rechtsfolge, die Anträge der Kläger als unzulässig abzulehnen.
64Die von der Beklagten gewählte Formulierung „Der Antrag wird als unzulässig abgelehnt“ entspricht zwar nicht der Formulierung des Gesetzes, wonach gem. § 31 Abs. 4 AsylG im Fall des § 26a AsylG festzustellen ist, dass dem Antragsteller kein Asylrecht zusteht. Dies ist jedoch unschädlich, da beide Formulierungen zum Ausdruck bringen, dass materiell nicht geprüft wurde, ob die Voraussetzungen der Schutzzuerkennung vorliegen.
65Der Anwendung von § 26a AsylG steht auch nicht entgegen, dass die Kläger nicht nur Asyl nach Art. 16a GG, sondern auch internationalen Schutz beantragt haben.
66§ 26 Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet an, dass im Fall der Einreise aus einem sicheren Drittstaat, ein Ausländer sich nicht auf das Asylrecht nach Art. 16a GG berufen kann. Die Vorschrift trifft damit aber nur scheinbar keine Regelung über die Gewährung internationalen Schutzes. Nach § 26a Abs. 1 Satz 2 AsylG wird derjenige, der aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist, nicht als Asylberechtigter anerkannt wird. Da nach § 13 Abs. 2 AsylG der Asylantrag stets die Zuerkennung internationalen Schutzes umfasst, erfasst schon der Wortlaut von § 26a Abs. 1 Satz 2 AsylG ("Asylberechtigter") auch Anträge auf internationalen Schutz. Zudem ist nach § 31 Abs. 4 AsylG, der auf § 26a AsylG Bezug nimmt, (nur) festzustellen, dass dem Antragsteller kein Asylrecht zusteht. § 31 Abs. 4 AsylG ist eine Sonderregelung zu § 31 Abs. 2 AsylG, wonach bei beachtlichen Asylanträgen gleichzeitig über Flüchtlingsschutz und subsidiären Schutz zu entscheiden ist. Die Regelung des § 31 Abs. 4 AsylG impliziert deshalb, dass bei einer Entscheidung nach § 26a AsylG auch ein Antrag auf internationalen Schutz nicht materiell geprüft wird. Dies wird auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerecht, wonach das Art. 16a Abs. 2 GG und § 26a AsylG zu Grunde liegende Konzept normativer Vergewisserung im Fall einer Einreise aus einem sicheren Drittstaat auch die Berufung auf Rechte nach der GFK ausschließt,
67vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 = juris, Rn. 180 ff.
68Eine Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz ohne inhaltliche Prüfung ist auch mit Unionsrecht vereinbar. Die VRL-2013 erlaubt die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz ohne Sachprüfung, wenn der subsidiäre Schutz bereits in einem anderen Mitgliedstaat gewährt wurde.
69Die Kammer beschränkt ihre Prüfung auf die VRL-2013. Aus den vorstehend dargestellten Gründen genügt es für Anträge auf internationalen Schutz, die vor dem 20. Juli 2015 gestellt wurden, wenn das Recht der Mitgliedstaaten den Vorgaben der VRL-2005 oder der VRL-2013 entspricht.
70Die Ablehnung der Anträge der Kläger als unzulässig auf Grundlage der Drittstaatenregelung des § 26a AsylG entspricht allerdings nicht der unionsrechtlichen Drittstaatenregelung des Art. 38 f. VRL-2013.
71Die Art. 38 f. VRL-2013 erklären nationalstaatliche Regelungen zu der Bestimmung von sicheren Drittstaaten für zulässig. Allerdings beziehen sich diese Regelungen nur auf sichere Drittstaaten, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind. Dass nach unionsrechtlicher Diktion Drittstaaten nur die Staaten sind, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind, ergibt sich unter anderem ausdrücklich aus der Definition des „Drittstaatsangehörigen“ in Art. 2 a) Dublin-III-VO. Das Unionsrecht sieht damit die Anwendung des Konzepts sicherer Drittstaaten im Hinblick auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht vor. Die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft kann deshalb nicht auf die Einreise aus einem Mitgliedstaat gestützt werden. Anderenfalls könnten auch die Regeln der Dublin-III-VO durch nationalstaatliche Regelungen ausgehebelt werden. Art. 3 Abs. 3 Dublin-III-VO schließt es folgerichtig aus, den Antrag eines Ausländers im Anwendungsbereich der Dublin-III-VO auf Grund einer nationalrechtlichen Drittstaatenregelung (wie § 26a AsylG) wegen der Einreise aus einem Mitgliedstaat abzulehnen. Zwar behält nach Art. 3 Abs. 3 Dublin-III-VO jeder Mitgliedstaat das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurückzuweisen oder auszuweisen. Auch hier ist mit Drittstaat jedoch nur ein Staat gemeint, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union ist.
72Das Unionsrecht lässt für den hier vorliegenden Fall jedoch aus anderen Gründen zu, dass die Anträge der Kläger auf internationalen Schutz nicht materiell geprüft werden.
73Nach Art. 33 Abs. 1 VRL-2013 müssen die Mitgliedstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz nicht prüfen, wenn er nach dieser Vorschrift als unzulässig betrachtet wird. Gemäß Art. 33 Abs. 2 VRL-2013 können die Mitgliedstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz nur unter bestimmten Voraussetzungen als unzulässig betrachten. Art. 33 Abs. 2 lit. a) VRL erlaubt dies dann, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat. Dies ist hier der Fall, da Bulgarien den Klägern subsidiären Schutz gewährt hat.
74Die Kammer folgt nicht der Auffassung des VG Berlin, wonach jedenfalls seit Ablauf der Umsetzungsfrist der VRL-2013 Schutzsuchende auch dann ein unionsrechtliches Recht auf Prüfung ihres Zweitantrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft haben, wenn ihm in einem anderen Mitgliedstaat zuvor der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt wurde,
75vgl. VG Berlin, Urteil vom 11. September 2015 - 33 K 152.15.A -, juris, Rn. 18.
76Das VG Berlin stützt seine Auffassung darauf, dass nach Art. 46 Abs. 2 VRL-2013 die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass ein Rechtsbehelf nur dann im Hinblick auf die Flüchtlingseigenschaft als unzulässig betrachtet wird, wenn der dem Rechtsbehelfsführer zugesprochene subsidiäre Schutz in dem jeweiligen Mitgliedstaat der betreffenden Person die gleichen Rechte und Vorteile einräumt wie der Flüchtlingsstatus. Dies sei in der Bundesrepublik nicht der Fall. Es müsse deshalb das Verfahren nach § 71a AsylG (Zweitantrag) durchgeführt werden,
77vgl. VG Berlin, Urteil vom 11. September 2015 - 33 K 152.15.A -, a.a.O. Rn. 19.
78Die Kammer versteht die Vorschrift des Art. 46 Abs. 2 VRL-2013 hingegen dahingehend, dass es erforderlich und ausreichend ist, dass ein Asylsuchender, dem von einem Mitgliedstaat (nur) subsidiärer Schutz gewährt wurde, in diesem Mitgliedstaat einen wirksamen Rechtsbehelf einlegen können muss. Es besteht hingegen keine Pflicht eines anderen Mitgliedstaates einem Ausländer, der bereits den subsidiären Schutzstatus erhalten hat, einen Rechtsbehelf auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu eröffnen. Ansonsten würde die Vorschrift des Art. 33 Abs. 2 a) VRL-2013, die die Ablehnung eines Antrags als unzulässig erlaubt, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat, im Fall des gewährten subsidiären Schutzes leer laufen. Wenn die Auffassung des VG Berlin zuträfe, hätte Art. 33 Abs. 2 a) VRL-2013 so gefasst werden müssen, dass die Ablehnung des Antrags als unzulässig nur dann möglich ist, wenn ein anderer Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat. Das ist nach der VRL-2013, anders als noch nach der Vorgängervorschrift des Art. 25 Abs. 2 a) VRL-2005, aber nicht der Fall.
79Der Zweitantrag nach § 71a AsylG ist überdies auch gerade kein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 33 Abs. 2 a) VRL-2013. Während ein Rechtsbehelf auf die Korrektur einer noch nicht bestandskräftigen Entscheidung gerichtet ist, ist der Zweitantrag nach § 71a AsylG auf die Durchführung eines neuen Verwaltungsverfahrens nach Abschluss des Ursprungsverfahrens gerichtet.
80Der Kläger kann der Anwendung von § 26a AsylG auch nicht damit entgegentreten, dass eine Ausnahme vom Konzept der normativen Vergewisserung vorliege.
81Die Drittstaatenregelung des § 26a AsylG entspringt der Regelung des Art. 16a Abs. 2 GG. Diese Verfassungsnorm verfolgt das Konzept einer normativen Vergewisserung über die Sicherheit im Drittstaat. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung. Andere Staaten können durch den Gesetzgeber aufgrund der Feststellung, dass in ihnen die Anwendung der GFK und der EMRK sichergestellt ist, zu sicheren Drittstaaten bestimmt werden (Art. 16a Abs.2 Satz 2 GG). Die Drittstaatenregelung nach Art. 16a Abs. 2 GG greift immer dann ein, wenn feststeht, dass der Ausländer nur über (irgend-)einen der durch die Verfassung oder durch Gesetz bestimmten sicheren Drittstaaten in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sein kann; es muss nicht geklärt werden, um welchen sicheren Drittstaat es sich dabei handelt. Die Drittstaatenregelung schließt den Ausländer vom personalen Anwendungsbereich des Grundrechts auf Asyl aus Art. 16a GG aus. Gleichzeitig kann der Asylsuchende sich grundsätzlich auch nicht auf Abschiebungsschutz gegenüber einer Rückführung in den Drittstaat nach anderen Vorschriften (Art. 16a GG) berufen,
82vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 = juris, Rn. 157 ff., 180 ff.
83Ausnahmen vom Konzept der normativen Vergewisserung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann denkbar, wenn Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind,
84vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 -, a.a.O., Rn. 189.
85Ob eine Ausnahme in diesem Sinne vorliegt, bedarf hinsichtlich des Begehrens auf Durchführung eines Asylverfahrens zur Anerkennung als Asylberechtigte und Gewährung der Flüchtlingseigenschaft keiner Entscheidung.
86Soweit die Kläger ihre Anerkennung als Asylberechtigte beantragt haben, folgt dies schon daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Ausschluss aus dem personalen Geltungsbereich des Asylgrundrechts durch Art. 16a Abs. 2 GG nicht davon abhängig ist, ob der Ausländer in den Drittstaat zurückverbracht werden kann. Es muss auch nicht feststehen, über welchen Drittstaat der Asylsuchende eingereist ist. Ein Ausnahmefall vom Konzept der normativen Vergewisserung führt nicht dazu, dass ein Ausländer sich (wieder) auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen kann,
87vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 -, a.a.O., Rn. 157, 177; zur Kritik vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, § 26a Rn. 91, m.w.N.
88Auch hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bedarf es keiner Entscheidung, ob eine Ausnahme vom Konzept normativer Vergewisserung vorliegt.
89Eine Ausnahme vom Konzept der normativen Vergewisserung würde nur die verfassungsrechtliche Sperrwirkung des Art. 16a Abs. 2 GG aufheben. Dies ließe es deshalb selbst dann zu, dass ein Antrag auf internationalen Schutz wegen einer anderen Rechtsvorschrift abgelehnt wird. Da § 26a AsylG – wie vorstehend ausgeführt – unabhängig von der verfassungsrechtlichen Sperre des Art. 16a Abs. 2 GG die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutzes impliziert, würde eine Ausnahme vom Konzept der normativen Vergewisserung an der Möglichkeit des Bundesamtes, den Antrag auf internationalen Schutz auf Grund des einfachen Rechts, hier nach § 26a AsylG, abzulehnen, nichts ändern. Dies wäre nur dann anders, wenn höherrangiges Recht (insbesondere Unionsrecht) der Ablehnung entgegenstünde, was – wie vorstehend ausgeführt – nicht der Fall ist. Der Flüchtlingsstatus und der subsidiäre Schutzstatus sind zudem auf die Abwehr von Gefahren gerichtet, die einem Ausländer in seinem Herkunftsland drohen. Eine Situation, die eine Ausnahme vom Konzept normativer Vergewisserung rechtfertigt, macht jedoch ein Recht erforderlich, dass einen Ausländer vor Gefahren im jeweiligen sicheren Drittstaat (europäischen Mitgliedstaat) schützt. Dies ist nicht die Funktion der Rechte auf internationalen Schutz.
90Das Bundesamt dürfte den Antrag auf internationalen Schutz überdies (auch) im Fall einer Ausnahme vom Konzept der normativen Vergewisserung noch aus einem weiteren Grund ablehnen können. Denn den Klägern dürfte für ihr Begehren wegen der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus in Bulgarien das notwendige Sachbescheidungsinteresse an einer Flüchtlingsanerkennung in Deutschland fehlen.
91Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht im Fall der Flüchtlingsanerkennung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union kein Sachbescheidungsinteresse für eine erneute Flüchtlingsanerkennung in Deutschland. Ein Antrag auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist zudem unzulässig, wenn bereits subsidiärer Schutz gewährt worden sei,
92vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7/13 -, juris.
93Das fehlende Sachbescheidungsinteresse in den von dem Bundesverwaltungsgericht beschriebenen Konstellationen beruht darauf, dass sowohl die Flüchtlingsanerkennung als auch die Gewährung subsidiären Schutz durch einen anderen Mitgliedstaat nach § 60 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AufenthG ein Abschiebungsverbot hinsichtlich des Herkunftsstaates der Schutzsuchenden begründen. Das Bundesverwaltungsgericht hat indes nicht ausgeführt, dass die Zuerkennung subsidiären Schutzes auch das Sachbescheidungsinteresse für einen (erneuten) Antrag auf Flüchtlingsschutz ausschließt.
94Die Kammer geht im Anschluss an das VG Stade, Urteil vom 21. September 2015 - 1 A 791/14 -, juris, jedoch davon aus, dass in der Konstellation von in einem anderen Mitgliedstaat gewährten subsidiären Schutzstatus kein Sachbescheidungsinteresse für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen dürfte:
95"Für ein Verständnis des § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG dahingehend, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat erlangte Zuerkennung subsidiären Schutzes das Sachbescheidungsinteresse an einem (weiteren) Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland entfallen lässt, spricht die Zusammenschau mit § 13 Abs. 2 AsylG in der novellierten Fassung (durch Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28.8.2013, BGBl I S. 3474). Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG wird mit jedem Asylantrag die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nr. 2 beantragt. Nach Satz 2 kann der Asylantrag auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränkt werden. Nicht hingegen ist es möglich, einen isolierten Antrag auf Flüchtlingsanerkennung ohne subsidiären Schutz bzw. auf subsidiären Schutz ohne Flüchtlingsanerkennung zu stellen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich damit für eine Konzeption entschieden, wonach Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention sowie subsidiärer Schutz i.S. der Richtlinie 2011/95/EU nicht getrennt voneinander beantragt werden können. Diese Untrennbarkeit kann nur mit einem Verständnis des § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V. mit § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in Einklang gebracht werden, wonach ein außerhalb des Bundesgebiets erlangter Schutzstatus i.S. des § 13 Abs. 2 AsylG einen Asylantrag, der zwingend beide Elemente des internationalen Schutzes - nämlich sowohl die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch den subsidiären Schutz - enthält, insgesamt unzulässig werden lässt. Anderenfalls wären nämlich - wie vorliegend - Konstellationen denkbar, welche zu der nach § 13 Abs. 2 AsylG gerade nicht zulässigen Trennung eines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und eines Antrags auf Gewährung subsidiären Schutzes führen würden.
96Gegen das hier zu Grunde gelegte Verständnis spricht nicht, das der Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 60 Abs. 2 AufenthG (durch Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28.8.2013, BGBl I S. 3474) nicht ausdrücklich zu entnehmen ist, dass die Unzulässigkeit eines Asylantrags bei Vorliegen eines ausländischen subsidiären Schutzes geregelt werden sollte (so aber VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.4.2015 - A 11 S 57/15 -, juris). Die Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 60 Abs. 2 AufenthG lautet folgendermaßen (BT-Drs. 17/13063 vom 15.4.2013, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU, S. 25):
97Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich ausreichend deutlich, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des § 60 Abs. 2 AufenthG den internationalen subsidiären Schutz als Teil eines Asylantrages begreift, der nach den Maßgaben des Asylverfahrensgesetzes zu behandeln ist. Dies spricht dafür, dass eine getrennte Betrachtung von Flüchtlingsanerkennung und subsidiärem Schutz im Zusammenhang mit § 60 Abs. 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 2 AufenthG nicht beabsichtigt war. Eine Uneindeutigkeit, die ein anderes Verständnis nahelegen würde, kann hierin nicht erkannt werden (zu einer anderen Bewertung gelangt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.4.2015 - A 11 S 57/15 -, juris Rn. 58, 61). Eine solche liegt auch nicht etwa darin, dass der Gesetzgeber die Verzahnung von Flüchtlingsanerkennung und subsidiärem Schutz durch die Verweisung des § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG auf § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG vornimmt und nicht – wie es die Kläger einwenden – in § 60 AufenthG einheitlich von internationalem Schutz spricht.
98Ein anderes Verständnis als das hier vertretene würde zudem zur Folge haben, dass die Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen Mitgliedstaat in einem anderen Mitgliedstaat ohne Bedeutung bliebe, solange jener Mitgliedstaat wenigstens subsidiären Schutz gewährt hat. Dass von einer solchen Ablehnung regelmäßig auszugehen ist folgt aus Art. 2 f der Richtlinie 2011/95/EU, wonach Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz“ nur solche sind, die die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt haben (vgl. BT-Drs. 17/13063, S. 16). Eine solche Nichtbeachtung des Ergebnisses der inhaltlichen Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz durch einen anderen Mitgliedstaat widerspricht aber gerade einem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, wie es in den Richtlinien 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) und 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) sowie der Dublin III-Verordnung (VO EU Nr. 604/2013) zum Ausdruck kommt. Denn dieses System ist gerade darauf angelegt, dass ein Antrag auf internationalen Schutz in nur einem Mitgliedstaat geprüft wird. "
99Vgl. VG Stade, Urteil vom 21. September 2015 - 1 A 791/14 -, juris, Rn. 48 ff.
100Im Fall eines Flüchtlings mit zuerkanntem subsidiären Schutzstatus durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union dürfte das Bundesamt einen Antrag auf Flüchtlingsschutz und Zuerkennung subsidiären Schutzes deshalb nicht nur auf der Grundlage von § 26a AsylG, sondern auch wegen des fehlenden Sachbescheidungsinteresses ablehnen können. Der Antrag ist in diesem Fall dann als beachtlicher Asylantrag und nach den allgemeinen Regeln des § 31 Abs. 2, 3 AsylG, nicht also nach § 31 Abs. 4 AsylG, zu behandeln. Ob die in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Regelung auch in diesem Sinne ausgelegt werden kann, bedarf aber keiner Entscheidung, da die Voraussetzungen für eine Ablehnung nach § 26a AsylG – wie sich aus dem Vorstehenden ergibt – ebenfalls vorliegen.
101Soweit die Kläger die Verpflichtung der Beklagten zu der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG begehren, ist die Klage zulässig. Sie ist insbesondere als Verpflichtungsklage statthaft, § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO.
102Zwar ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bei Entscheidungen nach § 27a AsylG allgemein anerkannt, dass eine Anfechtungsklage und nicht die Verpflichtungsklage statthaft ist. Dies liegt darin begründet, dass eine materielle Prüfung des Begehrens durch das Bundesamt bislang nicht stattgefunden hat und dem Asylsuchenden nicht eine Tatsacheninstanz verloren gehen soll. Das Bundesamt soll zudem die Möglichkeit behalten, einen Antrag als offensichtlich begründet abzulehnen,
103vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Juni 2015 – 13 A 221/15.A -, juris; das BVerwG hat in einem anderen Verfahren wegen dieser Rechtsfrage die Revision zugelassen, BVerwG, Beschluss vom 25. August 2015 – 1 B 34/15, 1 B 34/15 (1 C 12/15) -, juris.
104Die Kammer geht aber nicht davon aus, dass diese Rechtsprechung auf Entscheidungen nach § 26a AsylVfG übertragbar ist. Zwar hat auch dann eine Sachprüfung noch nicht stattgefunden. Dies liegt aber in der verfassungsrechtlichen Sperrwirkung des Art. 16a Abs. 2 GG begründet, die im Fall der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nicht nur das Grundrecht auf Asyl, sondern auch Rechte nach der GFK und § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausschließt,
105vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 -, a.a.O., Rn. 180 ff.
106Soweit ein Ausländer sich dann aber darauf beruft, dass ein Ausnahmefall vom Konzept der normativen Vergewisserung vorliegt, der die benannte Sperrwirkung beseitigt, muss das Verwaltungsgericht bereits aus diesem Grund eine Sachprüfung vornehmen. Es liegt dann aber kein Grund mehr für eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsprozessrechts, dass das Verwaltungsgericht die Spruchreife herzustellen hat, vor.
107Die Klage ist hinsichtlich der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG auch begründet. Ziffer 1 des Bescheids ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
108Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich dies aus der EMRK ergibt. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Kläger können sich gegen eine Abschiebung nach Bulgarien auf Art. 3 EMRK berufen. Nach dieser Vorschrift darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
109Die Anwendung von § 60 Abs. 5 AufenthG wird nicht durch Art. 16a Abs. 2 GG ausgeschlossen.
110Zwar schließt das Art. 16a Abs. 2 GG zu Grunde liegende normative Vergewisserungskonzept es grundsätzlich aus, sich bei Einreise aus einem sicheren Drittstaat auf Gefährdungen gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu berufen,
111vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 -, a.a.O., Rn. 180 ff.
112Dem normativen Vergewisserungskonzept kann nur damit entgegengetreten werden, dass es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass der Betroffene von einem der vom Bundesverfassungsgericht herausgearbeiteten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist, wobei an diese Darlegung strenge Anforderungen zu stellen sind,
113vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 -, a.a.O., Rn. 189.
114Maßgebend für die gerichtliche Verneinung des Status eines sicheren Drittstaates für international Schutzberechtigte ist nicht, ob deren Lebensverhältnisse in dem Staat den europarechtlichen oder deutschen Anforderungen entsprechen oder prekär sind, sondern ob ein Sonderfall im obengenannten Sinne vorliegt. Hier kommt die im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangene Sonderfallgruppe in Betracht, dass der Drittstaat anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterwirft. Die Eingriffsschwelle von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCharta wird durch Missstände im sozialen Bereich aber nur unter strengen Voraussetzungen überschritten, z.B. hinsichtlich Gesundheitsversorgung und Unterbringung nur bei gänzlicher Versorgungsverweigerung mit existenzbedrohenden oder unmenschlicher Behandlung gleichkommenden Folgen. Dies wäre etwa der Fall, wenn Asylbewerber monatelang obdachlos und ohne Zugang zu jeder Versorgung wären,
115vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Mai 2015 - 14 B 525/15.A -, juris, Rn. 11 ff.; und vom 29. Januar 2015 - 14 A 134/15.A -, juris, Rn. 9.
116Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende (bzw. "entwürdigende") Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK. Hiernach besteht grundsätzlich keine Pflicht eines Staates, jeder Person eine Wohnung zu Verfügung zu stellen. Gleichzeitig müsse bei Asylsuchenden allerdings berücksichtigt werden, dass diese einer besonders unterprivilegierten und schutzbedürftigen Personengruppe angehörten. Diese gelte nicht nur, aber insbesondere für Kinder. Es sei deshalb eine Gesamtbetrachtung der Aufnahmebedingungen in dem Zielstaat und der spezifischen Situationen von Asylsuchenden erforderlich,
117vgl. EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - Nr. 29217/12 (Tarakhel) -, juris.
118Gemessen an diesen - hohen - Anforderungen droht den Klägern im Fall der Rückkehr eine Verletzung von Art. 3 EMRK.
119Die Kammer geht davon aus, dass die Kläger im Fall einer Rückkehr nach Bulgarien dort obdachlos wären und ihren Lebensunterhalt nicht sicherstellen könnten. Sie besitzen in Bulgarien weder einen effektiven Zugang zu einer Sozialwohnung und zu Geldleistungen, noch kann davon ausgegangen werden, dass sie die notwendigen Mittel für den Lebensunterhalt in Bulgarien durch eine Erwerbstätigkeit sicherstellen können. Zusätzlich ist zu beachten, dass die Kläger zu 3. bis 5. noch sehr jung sind und deshalb schon im Fall einer kurzzeitigen Obdachlosigkeit massiv gefährdet wären.
120Die Kammer stützt ihre Einschätzung maßgeblich auf eine Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stuttgart vom 23. Juli 2015. Hiernach existiert in Bulgarien kein konkreter nationaler Integrationsplan. Es gebe nur sehr geringe Chancen, sich eine Existenz aufzubauen. Zwar sei im Juni 2015 eine Integrationsstrategie bis 2016 erlassen worden, an einem Plan zur Umsetzung fehle es aber. Die QRL-2013 sei noch nicht umgesetzt werden. Es fehle an einem ausreichenden Budget für eine effektive Integrationspolitik. Für anerkannte Schutzberechtigte gebe es einen Anspruch auf Sozialhilfe, aber in geringerer Höhe im Vergleich zu bulgarischen Staatsangehörigen (für diese ca. 33 EUR pro Monat). Tatsächlich erhielten nur sehr wenige der anerkannten Schutzberechtigten diese finanzielle Unterstützung. Auch bei der Wohnraumsuche erhalte nur ein verschwindend geringer Teil Unterstützung. In der Regel bedeute der Erhalt eines Schutzstatus Obdachlosigkeit. Der Zugang zum Arbeitsmarkt sei äußerst erschwert. Es fehle an Sprachkenntnissen der Flüchtlinge und an der Bereitschaft der Arbeitgeber, anerkannte Schutzberechtigte anzustellen. Auf dem Schwarzmarkt seien die Möglichkeiten ebenfalls beschränkt, da dieser überwiegend von Roma eingenommen sei,
121vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Stuttgart vom 23. Juli 2015.
122Diese Angaben des Auswärtigen Amtes decken sich mit den Angaben mehrerer anderer Quellen. Auch diese gehen davon aus, dass anerkannte Schutzberechtigte in Bulgarien keinen effektiven Zugang zu einer Wohnung und sozialen Leistungen haben,
123vgl. Council of Europe (Europarat), Report by Nils Muiznieks following his visit to Bulgaria from 9 to 11 February 2015, S. 28 f.; ProAsyl, Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien, April 2015, S. 44 ff.; aida, Asylum Information Database, Country Report Bulgaria, 31. Januar 2015, S. 41; Bulgarian Helsinki Committee, Annual monitoring report on status determination procedures in Bulgaria, 2014. S. 13.
124Soweit nach den vorstehenden Berichten, anerkannte Schutzberechtigte nach der Statusanerkennung zum Teil noch in den Aufnahmeeinrichtungen für Antragsteller weiter leben können, rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Zum einen geben die Berichte nur einen Kulanzzeitraum von sechs Monaten an, was keine dauerhafte Lösung darstellt. Zudem wird ebenfalls davon berichtet, dass anerkannte Schutzberechtigte regelmäßig willkürlich aus den Einrichtungen ausgeschlossen würden. Schließlich würde eine entsprechende Kulanzregelung den Klägern als Rückkehrer nach Bulgarien von vornherein nicht weiterhelfen. Für eine Wiederaufnahme von anerkannten Schutzberechtigten in Aufnahmeeinrichtungen, die von diesen zuvor verlassen wurden, ist nichts ersichtlich. Dass der bulgarische Staat anerkannte Schutzberechtigte zum Teil zunächst in den Aufnahmeeinrichtungen weiter leben lässt, ist zuletzt ein Indiz, dass diese ansonsten keinen effektiven Zugang zu Obdach und Lebensunterhalt haben.
125Der Anwendung von § 60 Abs. 5 AufenthG steht nicht die Regelung der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylG entgegen.
126Zwar schließt § 31 Abs. 4 AsylG die Prüfung eines Anspruchs nach § 60 Abs. 5 AufenthG implizit aus. Anders als für die Rechte auf internationalen Schutz besteht dieser Ausschluss jedoch dann nicht mehr, wenn eine Ausnahme vom Konzept der normativen Vergewisserung vorliegt.
127Der Konzeption des Art. 16a Abs. 2 GG liegt die Annahme zu Grunde, dass ein Ausländer kein Bedürfnis für eine relative Schutzposition gegenüber einem sicheren Drittstaat besitzt. Anders ist dies aber dann, wenn ein Ausnahmefall vom Konzept normativer Vergewisserung vorliegt. Da § 26a AsylG an Art. 16a Abs. 2 GG anknüpft, kann auch die einfachgesetzliche Vorschrift den Ausschluss einer relativen Schutzposition gegenüber dem Drittstaat, für den ein Ausnahmefall vom Konzept normativer Vergewisserung festzustellen ist, nicht rechtfertigen.
128Die Abschiebungsandrohung (Ziffer 2 des Bescheids) ist wegen des Anspruchs auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG rechtswidrig, vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG.
129Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
Aktenzeichen: AN 3 K 14.30864
Im Namen des Volkes
Urteil
vom
3. Kammer
Sachgebiets-Nr.: 710 01
Hauptpunkte:
Italien
subsidiärer Schutzstatus
systemische Mängel - abgelehnt
Beweiskraft öffentlicher Urkunden
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
...
- Klägerin -
bevollmächtigt: ...
gegen
..., vertreten durch: ...
- Beklagte -
wegen Verfahrens nach dem AsylVfG
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 3. Kammer,
durch die Einzelrichterin Richterin am Verwaltungsgericht Kokoska-Ruppert aufgrund mündlicher Verhandlung vom
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Klägerin ist ohne Nachweis von Herkunft und Identität. Nach eigenen Angaben ist sie äthiopische Staatsangehörige amharischer Volkszugehörigkeit und orthodoxe Christin. Sie beantragte am
Im Rahmen des persönlichen Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates vor dem Bundesamt am
Mit Schreiben vom
Mit Schreiben vom
Vielmehr sei die Polizei für die Rückübernahme der Klägerin zuständig.
Mit Schreiben vom
Mit Schreiben des Landratsamtes ... teilte dies am
Daraufhin stellte das Bundesamt mit Bescheid vom
Zur Begründung führte das Bundesamt aus, dass die Klägerin bereits in Italien ein Asylverfahren durchgeführt und in diesem Verfahren die Zuerkennung internationalen Schutzes erhalten habe.
Mit dem Asylantrag werde gemäß § 13 Abs. 2 AsylVfG sowohl die Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG, als auch die Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG beantragt, da der Antrag nicht auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränkt worden sei. Der Antrag auf Durchführung eines Asylverfahrens werde abgelehnt, da die Klägerin, die aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26 a Abs. 2 AsylVfG i. V. m. Anlage I zum Asylverfahrensgesetz eingereist sei, sich nicht auf Art. 16 a Abs. 1 GG berufen könne. Auch Ausnahmen nach § 26 a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG lägen nicht vor. Es sei gemäß § 31 Abs. 4 AsylVfG lediglich festzustellen, dass der Klägerin kein Asylrecht zustehe, da der Asylantrag nur nach § 26 a Abs. 1 AsylVfG abgelehnt werde. In einem solchen Fall sei grundsätzlich weder über das Vorliegen der Voraussetzungen der Zuerkennung des internationalen Schutzes noch über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG zu entscheiden. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.
Der Bescheid wurde am
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten erhob die Klägerin am
Sie macht geltend, dass sie in Italien keinen Asylantrag gestellt habe. Sie habe lediglich in Deutschland derartige Anträge gestellt. Aus dem Bescheid gehe hervor, dass es lediglich um „Erkenntnisse“ des Bundesamtes handle. Derartige Erkenntnisse bzw. Vermutungen genügten jedoch nicht, hier das Verfahren nach Italien abzugeben.
Aufgrund ihres Antrags vom gleichen Tag, ordnete das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. November 2014
Sie beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Beschluss vom 13. November 2014
Dazu hat sich die Beklagte nicht geäußert.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom
Mit Beschluss der Kammer vom
Am
Die mündliche Verhandlung vom
Die Klägerin erklärte, sie habe den Bescheid für ihren Sohn nicht erhalten. In der Unterkunft hielten sich viele dunkelhäutige Personen auf. Ihr Bevollmächtigter regte mit Schreiben vom
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschriften über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom
1. Rechtsgrundlagen für Ziffer 1 des Bescheides, mit der festgestellt wurde, dass der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht, sind §§ 26 a, 31 Abs. 4 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG). Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16 Abs. 2 Satz eins Grundgesetz (sicherer Drittstaat) eingereist ist, nicht auf Art. 16 Abs. 1 Grundgesetz berufen. Die Klägerin ist von Italien-einem Mitgliedstaat der Europäischen Union-aus in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. In Italien wurde ihr der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt. Dies hat zur Folge, dass die Dublin III-Verordnung keine Anwendung findet. Die Einreise aus einem sicheren Drittstaat hat darüber hinaus zur Folge, dass sich die Klägerin nicht auf § 3 AsylVfG (Flüchtlingszuerkennung), § 4 AsylVfG (subsidiärer Schutz) sowie auf die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG berufen kann. Folgerichtig hat die Beklagte in Ziffer 1 des Bescheides nach § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG lediglich festgestellt, dass der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht.
2. Der auf § 34 a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG gestützten Abschiebungsanordnung nach Italien (Ziffer 2 des Bescheides) können vorliegend nicht die Bedingungen in Italien entgegengehalten werden, d. h. auch die Abschiebungsanordnung erweist sich als rechtmäßig.
Hat der Ausländer-wie hier-im sicheren Drittstaat bereits einen Schutzstatus erhalten, ist darauf abzustellen, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4/Art. 19 Abs. 2 Europäische Grundrechte Charta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
Dass die Verhältnisse in Italien diesbezüglich hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Flüchtlingsschutz dergestalt zurückbleiben, ist nach dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu erkennen.
a. Soweit die Genfer Flüchtlingskonvention für anerkannte Flüchtlinge Wohlfahrtsregelungen enthält (Art. 20 ff. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten und vom Konzept der normativen Vergewisserung mit umfasst sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber dem jeweiligen Inländer nicht hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die GFK den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 23, 24 GFK).
Den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen lässt sich nicht entnehmen, dass schutzberechtigte Personen in Italien systematisch schlechter behandelt werden als Inländer (vgl. insbesondere Ziffer 5.2 des Berichts der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 4. August 2014), auch wenn sich im Einzelfall Schwierigkeiten daraus ergeben, dass aufgrund der fehlenden familiären Beziehungen in Italien für Schutzberechtigte aus anderen Staaten es diesen schwerer fällt, in Italien zurechtzukommen.
b. Im Hinblick auf Italien ist nach wie vor zwar anzuerkennen, dass die Lebensbedingungen auch für Personen mit anerkannten Schutzstatus nach den vorhandenen Erkenntnissen durchaus schwierig sein können. Aufgrund der Erlangung internationalen Schutzes in Italien hat die Klägerin dort nicht mehr den Status eines Asylbewerbers, sondern den Status eines aufgenommenen Ausländers mit einer Aufenthaltserlaubnis. Ob die Qualität des dortigen Asylverfahrens und die Lebensbedingungen während des Asylverfahrens den Anforderungen der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Aufnahmerichtlinie) entsprechen, kann deshalb dahinstehen. Die europarechtlichen Verpflichtungen bezüglich von Ausländern mit einem internationalen Schutzstatus beurteilen sich vielmehr nach Kapitel 7 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Qualifikationsrichtlinie). Demnach haben subsidiär Schutzberechtigte Zugang zu Beschäftigung, zu Bildung, zur medizinischen Versorgung, zu Sozialhilfeleistungen in dem Umfang wie sie auch Staatsangehörige dieses Mitgliedstaates erhalten und zu Wohnraum zu den Bedingungen die den Bedingungen gleichwertig sind, die für andere Drittstaatsangehörige gelten, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten (Art. 26-32 der Qualifikationsrichtlinie).
Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Qualifikationsrichtlinie vorgesehenen Gleichbehandlungsgebotes erkennbar, noch herrschen in Italien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannt Schutzberechtigte würden eine erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und der Klägerin müsste daher unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Artikel 3 EMRK zu gelten dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannt Schutzberechtigte in Italien derzeit ausgesetzt sind, nicht (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 23.1.2015 - 13 L 2923/14.A - juris Rn. 30; VG Augsburg, U. v. 2.4.2015 - Au 5 K 15.50098 - juris Rn. 29).
Das Gericht verkennt nicht, dass sich in Teilbereichen der Unterkunftserlangung und der Gewährung von Hilfen durchaus für Inhaber eines Schutzstatus in Italien Mängel und Defizite nach wie vor feststellen lassen. Auch wird nicht verkannt, dass die soziale Situation der Schutzberechtigten oftmals härter als die der Asylsuchenden ist, da sie nämlich nach Abschluss des Asylverfahrens das Anrecht auf die Aufnahme in einem Aufnahmezentrum für Asylsuchende verlieren. Dies hat die Klägerin im Verfahren auch entsprechend geschildert. Schutzberechtigte können sich lediglich auf die Warteliste der lokalen Projekte im Rahmen des Schutzsystems für Asylsuchende und Flüchtlinge eintragen lassen. Für die von diesem System nicht erfassten Personen bleiben nur Unterstützungen allgemeiner Art, wie sie auch für andere mittellose Italien vorgesehen sind.
Die Klägerin muss sich nach alledem daher auf die Italien für alle italienischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandards verweisen lassen, auch wenn diese dem Niveau der Bundesrepublik Deutschland nicht entsprechen mögen.
Das Gericht hält auch für den Fall der Unterbringung von subsidiär Schutzberechtigten in Italien grundsätzlich daran fest, dass die Probleme bei der Flüchtlingsaufnahme in Italien nicht als so gravierend bewertet werden müssen, dass von einem systemischen Mangel auszugehen wäre. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 17.9.2014-2 BvR 1795/14-und des Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom 4.11.2014-29217/12 (Tarakhel/Schweiz), NvWZ 2015, 127 ff..
Auch wenn nach den vorhandenen Informationen die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine erhebliche Zahl von Flüchtlingen keine Unterkunft in Italien findet oder in überbelegten Einrichtungen auf engstem Raum untergebracht wird (EGMR, NvWZ 2015,127,131) kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Behandlung von Personen mit Schutzstatus in Italien ein Mindestmaß an Schwere erreicht, die den Anwendungsbereich von Art. 3 EMRK eröffnet. Art. 3 EMRK kann insbesondere nicht so ausgelegt werden, dass er die Konventionsstaaten verpflichtet, allen in ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen das Recht auf eine Wohnung zu gewähren. Dieser Vorschrift kann auch keine allgemeine Pflicht entnommen werden, Flüchtlinge finanziell zu unterstützen, damit sie einen gewissen Lebensstandard aufrechterhalten können (EGMR, NvWZ 2015,127,129; vgl. EMRK, U. v. 21.1.2011 - 30969/09
Sonstige allgemeine humanitäre Gründe, die einer Rückführung der Klägerin nach Italien zwingend entgegenstehen würden, sind nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen.
Schließlich droht der Klägerin in Italien weder die Todesstrafe, noch besteht erhebliche konkrete Gefahr dafür, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung dort Opfer eines Verbrechens werden wird, welches zu verhindern nicht in der Macht Italiens steht. Zudem ist nicht ersichtlich, dass Italien selbst zum Verfolgerstaat werden wird.
3. Der EGMR hat aus den festgestellten Verhältnissen in Italien den Schluss gezogen, dass die Aufnahmebedingungen für minderjährige Asylbewerber an ihr Alter angepasst sein müssen, um sicherzustellen, dass keine Situation von Anspannung und Angst mit besonders traumatisierenden Wirkungen für die Psyche der Kinder entsteht. Nur in diesem Fall wird die Schwere erreicht, die erforderlich ist, um unter das Verbot in Art. 3 EMRK zu fallen (EGMR, NvWZ 2015,127,131).
Auch das Bundesverfassungsgericht (a. a. O.) verlangt aufgrund der derzeitigen Auskunftslage für Italien, dass bei der Abschiebung von Familien mit Neugeborenen und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaates sicherzustellen ist, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren für diese im besonderen Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.
Zwar ist der Bescheid für den Sohn der Klägerin, der hier in Deutschland geboren ist, bestandskräftig geworden. Die Zustellungsurkunde vom 23. Oktober 2014 begründet den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen (§ 182 Abs. 1 Satz 2, § 418 Abs. 1 ZPO). Demnach hat der Zusteller den Bescheid an die Adressatin, die Klägerin, persönlich übergeben. Zwar ist der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsache zulässig (§ 418 Abs. 2 ZPO). Der Gegenbeweis erfordert jedoch den Nachweis eines anderen Geschehensablaufs. Hierfür reicht ein schlichtes Bestreiten der Richtigkeit der beurkundeten Tatsache nicht aus. Vielmehr muss ein anderer Geschehensablauf dargelegt werden, der zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Unrichtigkeit der bezeugten Tatsache, etwa ein Fehlverhalten des Zustellers, begründet (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2002 - 2 WDB 15.01 - juris Rn. 6). Hierfür bestehen vorliegend allein aufgrund der Aussage, es befänden sich eine Vielzahl dunkelhäutiger Personen in der Unterkunft, keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat die Beweiskraft der öffentlichen Urkunde (Postzustellungsurkunde) nicht erschüttern können, § 418 ZPO. Daher kann in diesem Klageverfahren auf die Belange des Sohnes der Klägerin und seine besondere Schutzwürdigkeit im Rahmen der Rückführung nach Italien nicht abgestellt werden. Die Klägerin selbst ist keine Asylbewerberin. Sie ist knapp 30 Jahre alt und könnte in Italien grundsätzlich auch einer Beschäftigung nachgehen.
Jedoch geht die Einzelrichterin davon aus, dass im Rahmen der Abschiebung der Klägerin und ihres Sohnes nach Italien wegen des jungen Alters des Kindes in Absprache der beteiligten Behörden eine gesicherte Unterkunft bereitgestellt wird.
Die Abschiebungsanordnung gemäß § 34 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG begegnet im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken.
Demnach war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Gerichtskosten werden nach § 83 b Asylverfahrensgesetz nicht erhoben.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach
Hausanschrift: Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
zu beantragen.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Gegenstandswert beträgt 5.000,00 EUR (§ 30 Abs. 1 Satz 1 RVG).
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben ein am ... geborener eritreischer Staatsangehöriger. Er reiste - wieder nach eigenen Angaben - am 13. September 2014 ins Bundesgebiet ein (Bl. 23 der Behördenakte) und stellte am 21. Oktober 2014 einen Asylantrag (Bl. 5 der Behördenakte).
Es ergab sich ein EURODAC-Treffer IT2... (Bl. 37 der Behördenakte).
Auf das Übernahmeersuchen des Bundesamtes vom
Am ... Februar 2015 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte für den Antragsteller.
Mit Bescheid vom
Am ... Mai 2015 hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beim Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen den Bescheid vom „15. Januar 2015“ (gemeint wohl: 8.5.2015; auch das angegebene Geschäftszeichen ist ein anderes) Klage erhoben (M 12 K 15.30951) und beantragt zusätzlich
hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Italien die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Zur Begründung wurde vorgetragen, der Antragsteller habe in Italien kein Asylverfahren durchgeführt. Es müsste zunächst ein Dublin-Verfahren durchgeführt werden. In Italien würden immer wieder Asylanträge durchgeführt, obwohl kein Asylantrag gestellt worden sei.
Die Antragsgegnerin beantragt am
den Antrag abzulehnen (Bl. 15 der Gerichtsakte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids anzuordnen, ist zulässig, aber unbegründet (§ 34a Abs. 2 AsylVfG).
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem sich aus § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung; nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylVfG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Trier, B. v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR - juris; VG Göttingen, B. v. 9.12.2013 - 2 B 869/13 - juris, Rn. 16). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Nach der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers nach derzeitiger Einschätzung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird, denn der streitgegenständliche Bescheid begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig (Nr. 1 des Bescheides), findet seine Rechtsgrundlage in Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylVfG und § 31 Abs. 4 AsylVfG, nachdem dem Antragsteller in Italien Flüchtlingsschutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zuerkannt worden ist (Bl. 52 der Behördenakte). Der Vortrag in der Antragsbegründung, er habe kein Asylverfahren in Italien durchlaufen, ist unglaubhaft, nachdem dem Antragsteller dort Flüchtlingsschutz zuerkannt wurde.
Nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG kann sich auf das in dessen Absatz 1 gewährleistete Asylgrundrecht nicht berufen, wer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem sicheren Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK - vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II. S.560) und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S.953) sichergestellt ist (BVerfG v. 14. 5. 1996 - 2 BvR 1938/93 - juris). Ausgehend hiervon wird eine Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG nicht durch die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (nachfolgend Dublin III VO) verdrängt, denn diese Verordnung findet auf Asylbewerber, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union - hier in Italien - subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zuerkannt worden ist, keine Anwendung. Dies ergibt sich daraus, dass das in dieser Verordnung geregelte Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedsstaates nach Art. 20 Dublin III VO nur eingeleitet wird, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird, über den noch nicht endgültig entschieden wurde (Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, § 27a Rn. 34). Daran fehlt es indessen, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union einen Asylantrag gestellt und dort Flüchtlingsschutz erhalten hat (BVerwG, U. v. 17.6.2014 - 10 C 7/13; VG Trier, B. v. 14. 7. 2014 -5 L 1226/14.TR - juris)
Von daher stehen europarechtliche Bestimmungen einer Anwendung von § 26a AsylVfG nicht entgegen und ist von vornherein kein Raum für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO.
Der Asylantrag wurde zu Recht gem. § 26a AsylVfG abgelehnt, weil der Antragsteller aus Italien, einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, und damit aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist, § 26 Abs. 2 AsylVfG. Der Sinn des § 26a AsylVfG besteht darin, bei einer Einreise aus einem sicheren Drittstaat die Berufung auf das Asylgrundrecht - und damit zugleich die sachliche Prüfung der bezüglich des Herkunftslandes geltend gemachter Verfolgungsgründe - auszuschließen (BVerfG v. 14. 5. 1996 - 2 BvR 1938/93 u. a., BVerfGE 94, 49ff. = NVwZ 1996, 700,702). Darüber hinaus lässt die Drittstaatenregelung nach dem ihr zugrundeliegenden Konzept der normativen Vergewisserung über die Sicherheit im Drittstaat nicht nur die Berufung auf das Asylgrundrecht, sondern auch auf die Rechtspositionen nach § 60 Abs. 1 (jetzt: § 3 AsylVfG) und § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (jetzt: § 4 AsylVfG, § 60 Abs.5 AufenthG; § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) im Hinblick auf den sicheren Rechtsstaat entfallen (so BVerfG
Der Antragsteller hat mit seinem Asylantrag die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationalen Schutz beantragt, § 13 Abs. 2 AsylVfG; eine Beschränkung des Asylantrags auf nur internationalen Schutz ist nicht erfolgt, § 13 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG. Die Ablehnung des Antrags nach § 26a AsylVfG erfolgte daher zu Recht.
Eine Entscheidung „nur nach § 26a AsylVfG“ und damit auch nach § 31 Abs. 4 AsylVfG kommt nicht in Betracht, wenn eine Rückführung in den sicheren Drittstaat nicht möglich ist (Hailbronner, Ausländerrecht, AsylVfG, B 2, § 31 Rn. 82). Diese Voraussetzung ist aber vorliegend nicht gegeben, eine Rückführung nach Italien ist möglich (vgl. Schreiben der italienischen Behörden vom 20. Januar 2015, Bl. 52 der Behördenakte).
Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann (Nr. 2 des Bescheides). Die Abschiebung des Antragstellers nach Italien ist auch grundsätzlich durchführbar. Gegen die Abschiebung kann eingewandt werden, dass eine Ausnahmesituation vorliegt, in welcher der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und daher zum Verfolgerstaat wird. In seltenen Ausnahmefällen kann sich schließlich aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich von seinen generell einzuhaltenden Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne Prüfung des Schutzgesuchs entledigt (Hailbronner, a. a. O., Rn. 84).
Ein solcher Ausnahmefall liegt im Fall des Antragstellers nicht vor. Er hat in Italien subsidiären Schutz erhalten, so dass er in sein Heimatland Eritrea nicht abgeschoben wird.
Ein Ausnahmefall liegt auch nicht deshalb vor, weil den Antragsteller in Italien schwere Menschenrechtsverletzungen erwarten würden. Ein Ausländer, der in einen Drittstaat zurückgewiesen werden soll, kann den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat - entgegen seiner sonstigen Praxis - Schutz verweigern (BVerfG, U. v. 14. 5. 1996 - 2 BvR 1938/93 - juris). Die Sonderfälle im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln im Sinne der Ausführungen in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs von 21. Dezember 2011 - C 411/10
Systemische Mängel, die einer Überstellung nach Italien entgegenstehen könnten, sind nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bei der Durchführung von Asylverfahren und Behandlung von Asylbewerbern in Italien nicht gegeben.
Dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Abl. C 83/389 v. 30. März 2010, des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge v. 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S.559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S.685 in der Fassung der Bekanntmachung v.
Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011 - C - 411/10 und C - 493/10
Hat ein Ausländer - wie hier - bereits einen Schutzstatus erhalten, ist nicht auf systemische Mängel im Asylverfahren bzw. der Aufnahmebedingungen abzustellen, sondern darauf, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedsstaat im Sinne von Art. 4, 19 Abs. 2 Grundrechte-Charta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein (VG Düsseldorf, B. v. 6.11.2014 - 17 L 2289/14.A - juris; VG Aachen, B. v. 5. 3. 2015 -8 L 739/14.A - juris ). Das Kriterium der systemischen Mängel hat Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen der Art. 4 Grundrechte-Charta bzw. Art. 3 EMRK.
Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR- Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABl. C 303/17 v. 14. Dezember 2007
Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insb. von der Dauer der Behandlung und ihrer physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Art. 3 EMRK kann allerdings nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass er die Vertragsparteien verpflichtete, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, U. v. 21. Januar 2011, a. a. O.; B. v. 2. April 2013 - 27725/10
Gleichwohl sind die in der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2014 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - Aufnahmerichtlinie - (Abl. L 180 S. 96) genannten Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Asylsuchende werden in einem Mitgliedsstaat unmenschlich oder erniedrigend behandelt, wenn ihnen nicht die Leistungen der Daseinsvorsorge gewährt werden, die ihnen nach der Aufnahmerichtlinie zustehen. Ihnen müssen während der Dauer des Asylverfahrens die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, mit denen sie die elementaren Bedürfnisse (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) in zumutbarer ::0::befriedigen können. Als Maßstab sind die Art 17 und 18 der Aufnahmerichtlinie mit den dort geregelten zeitlich beschränkten Einschränkungsmöglichkeiten bei vorübergehenden Unterbringungsengpässen und der Verpflichtung, auch in diesen Fällen die Grundbedürfnisse zu decken, heranzuziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014 - 1 a 21/12.A - juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16. April 2014 - A 11 S 1721/13, InfAuslR 2014, 293 und juris).
Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsstatus wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes. Es gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art.24) und der Reisedokumente (Art. 25 Abs.1). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art.27), zum Erhalt von Sozialleistungen (Art.29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu.
Der Antragsteller, der bereits Flüchtlingsschutz in Italien genießt, hat dort ein Aufenthaltsrecht und hat dieselben Rechte wie italienische Staatsangehörige (Stellungnahme des Auswärtigen Amtes an das VG Freiburg
Das Gericht schließt sich der Beurteilung des EGMR an, der infolge der umfassenden Auswertung der vorliegenden auch aktuellen Erkenntnismittel zu dem Ergebnis gekommen ist, dass zwar in einigen Bereichen, an einigen Orten insbesondere infolge des Eintreffens von Flüchtlingswellen immer wieder Mängel insbesondere bei der Unterbringung von Asylbewerbern zu verzeichnen sind, diese jedoch nicht den Grad bzw. Umfang von systemischen Mängeln aufweisen. Der EGMR hat in seinem Beschluss vom 2. April 2013 (a. a. O.) ausgeführt:
„Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zweckes eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, einige Mängel aufweisen mag, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen, wie es im Fall M.S.S. gegen Belgien und Griechenland der Fall war. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars weisen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigen übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten sind. (...) Vor diesem Hintergrund kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt hat, dass ihr im Fall einer Rückkehr nach Italien aus wirtschaftlicher, gesundheitlicher und psychologischer Sicht ein tatsächliches und dringliches Härtefallrisiko droht, das schwer genug wiegen würde, um von Art. 3 EMRK erfasst zu werden.“
Der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U. v. 4. Mai 2011- 2 BvR 2333/08; BVerwGE 128, S.326 und juris) hat seine Rechtsauffassung über die Einschätzung der Situation der Asylsuchenden in Italien durch die Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10, HUDOC) ausdrücklich bestätigt.
Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle einer unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (EGMR, B. v. 2.4.2013 - 27724/10-juris). Dies folgt daraus, dass Art. 3 EMRK im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährleistenden materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens - und Sozialbedingungen (VG Düsseldorf, B. v. 15.4.2013 - 17 L 660/13.A - juris Rn. 43). Der Antragsteller muss sich nach alledem auf die in Italien für alle italienischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandards verweisen lassen, auch wenn diese dem Niveau der Bundesrepublik Deutschland nicht entsprechen mögen.
Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylVfG nicht erhoben.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
- 1
Die Kläger begehren die Durchführung ihrer Asylverfahren im Gebiet der Beklagten.
- 2
Sie sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit und islamischer Religionszugehörigkeit. Eigenen Angaben zufolge verließen sie im April 2007 ihr Herkunftsland mit dem Zug. Sie reisten von Polen nach Österreich, von wo sie nach drei Jahren nach Polen abgeschoben wurden. Anschließend waren die Kläger ein Jahr in Polen. Dann reisten sie wieder nach Österreich und wurden erneut nach Polen abgeschoben. Dann reisten sie wieder nach Österreich. Nach drei Monaten reisten sie am 26. Januar 2015 mit dem Pkw in das Gebiet der Beklagten ein.
- 3
Nachdem die Kläger ausweislich der Eurodac-Datenbank am 11. April 2007 bereits in Polen Asyl beantragt hatten, beantragten sie am 9. März 2015 beim Bundesamt für (im Folgenden: Bundesamt) Asyl. Dabei trug die Klägerin zu 1. bei ihrer persönlichen Anhörung am selben Tage vor, sie sei aufgrund psychischer Probleme auf die Unterstützung ihrer in Österreich lebenden Schwester, Frau A., angewiesen. Sie sei gegen eine Prüfung ihres Antrages auf internationalen Schutz in Polen, da ein Pole die Klägerin zu 1. in Polen bedroht habe. Auch wohnten in Polen Verwandte ihres geschiedenen Mannes, die die Klägerin zu 2. wegnehmen beziehungsweise diese entführen wollten.
- 4
Auf ein Übernahmeersuchen des Bundesamtes vom 30. März 2015 antworteten die polnischen Behörden mit Schreiben vom 10. April 2015, das Ersuchen könne nicht akzeptiert werden. Die Dublin-III-Verordnung sei nicht auf Personen anwendbar, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt wurde. Die Klägerin zu 1. habe am 4. November 2013 zum fünften Mal in Polen Asyl beantragt. Die polnischen Behörden hätten ihr den subsidiären Schutzstatus zuerkannt. Sie besitze eine vom 7. Juli 2014 bis 7. Juli 2016 gültige Aufenthaltserlaubnis (Nr. RP6148645).
- 5
Mit Bescheid vom 16. April 2015, der der Klägerin zu 1. ausweislich der Zustellungsurkunde XK 35 825 680 2DE am 22. April 2015 zugestellt wurde, stellte das Bundesamt fest, dass den Klägern kein Asylrecht in der Bundesrepublik Deutschland zustehe und ordnete es die Abschiebung nach Polen an.
- 6
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Kläger könnten sich aufgrund ihrer Einreise aus Polen, einem sicheren Drittstaat, gemäß § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen. Die Ausnahmen des § 26a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG lägen nicht vor. Hinsichtlich der geltend gemachten psychischen Probleme der Klägerin zu 1. stehe Asylbewerbern in Polen medizinische Versorgung und psychologische Betreuung zur Verfügung, die kostenlos sei und grundsätzlich durch qualifiziertes Personal erfolge. Die Anordnung der Abschiebung in den sicheren Drittstaat beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.
- 7
Mit ihrer am 29. April 2015 erhobenen Klage tragen die Kläger vor, die Klägerin zu 1. leide unter gravierenden psychiatrischen Problemen sowie Hautproblemen. Eine fachärztliche Begutachtung sei am 4. Juni 2015 vorgesehen. Eine Operation sei unausweichlich. Unbeschadet bestehender Behandlungsmöglichkeiten in Polen gehe es um die Frage der Prüfung der Reisefähigkeit.
- 8
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat schriftsätzlich angekündigt, er werde beantragen,
- 9
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für vom 16. April 2015 zu verpflichten, ein Asylverfahren durchzuführen.
- 10
Die Beklagte hat schriftsätzlich angekündigt, sie werde beantragen,
- 11
die Klage abzuweisen.
- 12
Sie bezieht sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung.
- 13
Den ebenfalls am 29. April 2015 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Gericht mit Beschluss vom 13. Mai 2015 abgelehnt (vgl. 3 B 121/15 MD).
- 14
Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die durch Hinweis des Gerichts in das Verfahren eingeführten Dokumente betreffend Abschiebungsanordnungen nach Polen Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
- 15
Die Kammer kann durch die Einzelrichterin entscheiden, weil der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylVfG mit Beschluss der Kammer vom 2. Juni 2015 auf die bestellte Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen wurde.
- 16
Das Gericht kann zudem gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz des Ausbleibens der Kläger und der Beklagten zur mündlichen Verhandlung in der Sache entscheiden, da die - ordnungsgemäß zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladenen - Beteiligten in der Ladung hierauf hingewiesen worden sind.
- 17
Die Klage hat keinen Erfolg.
- 18
Statthafte Klageart ist hinsichtlich der Abschiebungsanordnung sowie der Entscheidung, dass der Asylantrag der Kläger unzulässig sei, nicht die Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO, sondern die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO. Die Beklagte müsste nach einer Aufhebung ihres Bescheides vom 16. April 2015 ohne besonderen Verpflichtungsausspruch des Gerichts das Asylverfahren für die Kläger durchführen. Der schriftsätzlich angekündigte Klageantrag ist gemäß § 88 VwGO nach dem erkennbaren Klagebegehren insoweit auslegungsfähig.
- 19
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 16. April 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
- 20
Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Feststellung des Bundesamtes, dass den Klägern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht, ist § 31 Abs. 4 AsylVfG. Danach ist nur festzustellen, dass dem Ausländer auf Grund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht, wenn der Asylantrag nur nach § 26 a AsylVfG abgelehnt wird. Vorliegend lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Kläger in dem angefochtenen Bescheid nach § 26 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG aufgrund der Einreise der Kläger aus Polen, einem sicheren Drittstaat im Sinne von Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26 a Abs. 2 AsylVfG i.V.m. Anlage I zum AsylVfG, ab.
- 21
Die Anwendung des § 26 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist nicht gemäß § 26 a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AsylVfG ausgeschlossen. Nach dieser Regelung gilt Satz 1 nicht, wenn die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
- 22
Europarechtliche Regelungen stehen einer Anwendung des § 26 a AsylVfG nicht entgegen. Insbesondere wird die Anwendung von Art. 16 a Abs. 2 GG, §§ 26 a, 31 Abs. 4 AsylVfG nicht durch die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (vgl. ABl. L 180 vom 29. Juni 2013, S. 31 ff.) - im Folgenden: Dublin-III-Verordnung - verdrängt.
- 23
Zwar ist die Dublin-III-Verordnung nach deren Art. 49 Satz 2 auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Dabei ist unter Antrag im Sinne dieser Vorschrift derjenige zu verstehen, der Anlass für die Frage nach der Geltung des Dublin-Systems ist (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 21. Oktober 2014, 9 B 373/14 MD), mithin der hier von den Klägern am 9. März 2015 gestellte Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland.
- 24
Obgleich der zeitliche Anwendungsbereich der Dublin-III-Verordnung danach eröffnet ist, findet die Dublin-III-Verordnung vorliegend keine Anwendung. Denn die Kläger haben ihren Antrag in Deutschland gestellt, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union - hier: Polen - subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zuerkannt worden ist (vgl. VG Magdeburg, Beschlüsse vom 21. Oktober 2014, 9 B 373/14 MD, und vom 11. Dezember 2014, 9 B 428/14 MD).
- 25
Nach der sich insbesondere aus ihrem Art. 18 Abs. 1 ergebenden Systematik ist die Dublin-III-Verordnung lediglich solange auf Personen anwendbar, die im Dublin-Gebiet einen Antrag gestellt haben, solange über diesen noch nicht oder negativ entschieden wurde.
- 26
Das Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats wird nach Art. 20 Dublin-III-Verordnung eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. "Antragsteller" ist nach Art. 2 lit. c) Dublin-III-Verordnung ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde. Daran fehlt es hier.
- 27
Zwar galten weiterflüchtende Schutzsuchende, die in ihrem europäischen Erstaufnahmeland den europarechtlichen subsidiären Schutz erhalten haben, bisher als "abgelehnte" Asylbewerber, weshalb sie dem Dublin-System unterfielen (vgl. Art. 16 Abs. 1 lit. e) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist [ABl. L 50 vom 25. Februar 2003, S. 1 ff.]). Jedoch ist aufgrund des erweiterten Verständnisses des Begriffs "Asylantrag", der nun als "Antrag auf internationalen Schutz" den Antrag auf den Flüchtlingsstatus sowie auf die subsidiäre Schutzberechtigung umfasst (vgl. Art. 2 lit. b) Dublin-III-Verordnung), nunmehr nur noch abgelehnt, wer auch keinen europarechtlichen subsidiären Schutz erhalten hat (vgl. Bender/Bethke, Asylmagazin 2013, S. 358 [359]). Daran fehlt es, wenn der Ausländer - wie hier die Kläger (vgl. Blatt 55 Beiakte A) - bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Asylantrag gestellt und dort subsidiären Schutz erhalten hat (vgl. VG Trier, Beschlüsse vom 16 April 2014, 5 L 569/14.TR, juris, Rdnr 14, und vom 4. Juli 2014, 5 L 1190/14.TR, juris, Rdnr. 16; VG Darmstadt, Beschluss vom 9. Juli 2014, 4 L 1034/14.DA.A).
- 28
Dies zugrunde gelegt, hat das Bundesamt die Abschiebung der Kläger nach Polen gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG aller Voraussicht nach zu Recht angeordnet.
- 29
Nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann, wenn der Ausländer - hier; die Kläger - in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) - hier: nach Polen - oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) abgeschoben werden soll.
- 30
Danach hat das Bundesamt vor Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG auch zu prüfen, ob Abschiebungsverbote oder Duldungsgründe vorliegen. Anders als bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote im Zusammenhang mit dem Erlass einer Abschiebungsandrohung (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 25 November 1997, 9 C 58.96, und vom 11. November 1997, 9 C 13.96, jeweils zitiert nach juris) ist es nicht auf die Prüfung von sogenannten "zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen" beschränkt, Vielmehr bestimmt § 34 a AsylVfG ausdrücklich, dass das Bundesamt die Abschiebung anordnet, "sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann".
- 31
Die Abschiebungsanordnung darf als Festsetzung eines Zwangsmittels mithin erst ergehen, wenn alle Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Abschiebung nach § 26 a oder § 27 a AsylVfG i.V.m. § 34 a AsylVfG erfüllt sind. Das bedeutet, dass das Bundesamt vor Erlass der Abschiebungsanordnung gegebenenfalls sowohl "zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse" als auch der Abschiebung entgegenstehende "inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse" zu berücksichtigen hat. Es ist in diesem Zusammenhang unter anderem verpflichtet zu prüfen, ob die Abschiebung in den Dritt- beziehungsweise Mitgliedstaat aus subjektiven, in der Person des Ausländers liegenden und damit vom System der normativen Vergewisserung nicht erfassten Gründen - wenn auch nur vorübergehend - rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 2. Mai 2012, 13 MC 22/12, juris, Rdnr. 27; OVG Münster, Beschluss vom 30. August 2011, 18 B 1060/11, juris, Rdnr. 4; VGH Mannheim, Beschluss vom 31. Mai 2011, A 11 S 1523/11, juris, Rdnr. 4; OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 2010, 4 Bs 223/10, juris, Rdnr. 10; OVG Greifswald, Beschluss vom 29. November 2004, 2 M 299/04, juris, Rdnr. 9).
- 32
Gründe, aufgrund deren ihre Abschiebung rechtlich nicht zulässig oder tatsächlich nicht möglich ist, haben die Kläger nicht glaubhaft gemacht. Unbeschadet der nach der Erkenntnislage jedenfalls in Polen gewährleisteten hinreichenden medizinischen Versorgung haben die Kläger die von ihnen lediglich pauschal behauptete Reiseunfähigkeit beziehungsweise zwingend in Deutschland erforderliche Behandlungsbedürftigkeit der Klägerin zu 1. durch keine aussagefähigen ärztlichen Unterlagen belegt. Allein aus der schlichten Behauptung, die Klägerin zu 1. leide unter psychiatrischen und Hauptproblemen, die einer für den 4. Juni 2015 vorgesehenen fachärztlichen Begutachtung und anschließenden Operation bedürften, ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit im Sinne eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses wegen rechtlicher Unmöglichkeit nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
- 33
Auch im jetzt nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt sind Anhaltspunkte dafür, dass eine Abschiebung der Kläger nach Polen nicht durchgeführt werden kann, weder hinreichend dargelegt noch sonst ersichtlich.
- 34
Zur Vermeidung von Wiederholungen folgt das Gericht daher in vollem Umfang den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsakts und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe entsprechend § 77 Abs. 2 AsylVfG ab.
- 35
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83 b AsylVfG.
- 36
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Tatbestand
- 1
Der Kläger hat die syrische Staatsangehörigkeit. Er hatte vor Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bereits in Bulgarien ein Asylverfahren durchlaufen. Ihm wurde dort internationaler Schutz zuerkannt.
- 2
Am 13.04.2015 stellte er im Bundesgebiet einen Antrag auf Durchführung eines Asylverfahrens.
- 3
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte mit Bescheid vom 30.06.2015 - - (zugestellt 10.07.2015) den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und drohte die Abschiebung nach Bulgarien an (Nr. 2). Im letzten Absatz des Tenors wird festgehalten, dass nicht nach Syrien abgeschoben werden darf.
- 4
Hiergegen ließ der Kläger unter dem 22.07.2015 Klage erheben mit dem angekündigten Antrag,
- 5
den Bescheid der Beklagten vom 30.06.2015 aufzuheben.
- 6
Der Kläger behauptet systemische Mängel in den Aufnahmebedingungen Bulgariens.
- 7
Wegen der im Entscheidungszeitpunkt dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse von dritter Seite bezüglich Bulgariens wird auf die ins Verfahren eingeführte Erkenntnismittelliste verwiesen, die u.a. folgende Auskünfte enthält:
- 8
- Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Stuttgart zum Verfahren A 13 K 1733/15 - 508-9516.80/48488 - vom 23.07.2015
- 9
- Auskunft von Frau Dr. Valeria Illareva, PhD, Bericht über die derzeitige rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien vom 27.08.2015 auf Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 111.08.2015 – A 11 S 1095/15 -
- 10
Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.10.2015 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
- 11
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Niederschrift der mündlichen Verhandlung sowie die dem Gericht vorliegenden Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 12
Die zulässige Klage ist unbegründet.
- 13
Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz - AsylG - (bis zum Ablauf des 23.10.2015 bezeichnet als Asylverfahrensgesetz - AsylVfG -, vgl. das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015 (BGBl. I S. 1722)) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, §113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
- 14
Das Gericht folgt den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des angegriffenen Bescheides und sieht daher von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab (§77 Abs. 2 AsylG). Zunächst kommt aufgrund des dem Kläger in Bulgarien zuerkannten Status keine Asylanerkennung in Betracht (§26a Abs. 1 Satz 1 AsylG). Die Einreise aus einem sicheren Drittstaat hat darüber hinaus zur Folge, dass sich der Kläger nicht auf § 3 AsylG (Flüchtlingszuerkennung), § 4 AsylG (Subsidiärer Schutz) sowie die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG berufen kann (vgl. Urteil der 3. Kammer des erkennenden Gericht vom 24.03.2015 - 3 A 112/14 - Juris-Rn. 21 m.w.N.). Das Bundesamt hat überdies zutreffend darauf hingewiesen, dass ein erneuter Ausspruch über die bereits in Bulgarien mit positivem Ergebnis geprüften Voraussetzungen internationalen Schutzes unzulässig wäre (BVerwG, Urteil vom 17.06.2014 - 10 C 7/13 - BVerwGE 150, 29 ff., juris-Rn. 29; Beschluss vom 30.09.2015 - 1 B 51/15-juris).
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Das Gericht hat vorliegend keinen Anlass daran zu zweifeln, dass Bulgarien für den Kläger als sicherer Drittstaat anzusehen ist. Dies steht für Bulgarien als Mitgliedstaat der Europäischen Union kraft normativer Vergewisserung des Verfassungsgesetzgebers fest (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes). Diese Normativwertung ist nur dann im Einzelfall zu hinterfragen, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass ein vom normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangener Sonderfall betroffen ist, wobei an diese Darlegung strenge Anforderungen zu stellen sind (BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49 ff., Juris-Rn. 189 f.) Anhaltspunkte in diesem Sinne, entgegen der gesetzlichen Grundregel des § 31 Abs. 4 AsylG in Deutschland in eine (erneute) Prüfung der §§ 3 und 4 AsylG oder von § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG in Bezug auf Bulgarien einzutreten, bestehen vorliegend nicht.
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Sonderfälle im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des BVerfG, in denen von einer Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG abzusehen ist, entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln im Sinne der Ausführungen in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 21.12.2011 - C 411/10 und C 493/10 - und vom 10.12.2013 - C 394/12 - wonach ein Asylbewerber einer Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens oder - wie im vorliegenden Fall - der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden und die zugunsten des Mitgliedstaates streitende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht, widerlegt ist (vgl. zusammenfassend auch BVerwG, Beschluss vom 06.06.2014 - 10 B 35/14 - Buchholz 402.25 § 27a AsylVfG Nr 2, Juris-Rn. 5 f.).
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Die Grundsätze, nach denen zu erwägen ist, ob im Einzelfall eine Verletzung von Art. 3 EMRK droht, hat der EGMR (Große Kammer) im Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) Rn. 93 ff. (dt. Übersetzung NVwZ 2015, 127 f.) wie folgt zusammengefasst:
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[93] Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs kann die Ausweisung eines Asylbewerbers durch einen Konventionsstaat eine Frage nach Art. 3 EMRK aufwerfen, also die Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach der Konvention begründen, wenn es nachweislich ernsthafte Gründe für die Annahme gibt, dass er im Aufnahmeland tatsächlich Gefahr läuft, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden. Wenn das so ist, verpflichtet Art. 3 EMRK dazu, den Betroffenen nicht in dieses Land auszuweisen (s. EGMR, Slg. 2008 Nr. 152, insoweit in NVwZ 2008, 1330, nicht abgedruckt - Saadi/Italien; EGMR, Slg. 2011 Nr. 365 = NVwZ 2011, 413 - M. S. S./Bulgarien u. Griechenland; EGMR, 1989, Serie A, Bd. 161 Nr. 90f. = NJW 1990, 2183 - Soering/Vereinigtes Königreich; EGMR, 1991, Serie A, Bd. 125 Nr. 103 = NVwZ 1992, 869 = NJW 1992, 3085 Ls. - Vilvarajah ua/Vereinigtes Königreich; EGMR, Slg. 1997- III Nr. 34 = NVwZ 1998, 163 - H. L. R./Frankreich; EGMR, Slg. 2000-VIII Nr. 38 = NVwZ Beil. I 2001, 97 - Jabari/Türkei; EGMR, Slg. 2007-I Nr. 135 - Salah Sheekh/Niederlande).
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[94] Um in den Anwendungsbereich von Art. 3 EMRK zu fallen, muss die Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen. Die Beurteilung dieses Mindestmaßes ist relativ und hängt von allen Umständen des Einzelfalls ab, wie die Dauer der Behandlung und ihre physischen und psychischen Wirkungen sowie manchmal von Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (s. ua EGMR, Slg. 2000-XI Nr. 91 = NJW 2001, 2694 = NStZ 2001, 335 Ls. - Kudla/Polen; EGMR, Slg. 2011 Nr. 219 = NVwZ 2011, 413 - M. S. S./Bulgarien u. Griechenland).
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[95] Art. 3 EMRK kann nicht so ausgelegt werden, dass er die Konventionsstaaten verpflichtet, allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen das Recht auf eine Wohnung zu gewähren (s. EGMR, Slg. 2001-I Nr. 99 - Chapman/Vereinigtes Königreich). Dieser Vorschrift kann auch keine allgemeine Pflicht entnommen werden, Flüchtlinge finanziell zu unterstützen, damit sie einen gewissen Lebensstandard aufrechterhalten können (s. EGMR, Urt. v. 26.4.2005 - 53566/99 Nr. 85 - Müslim/Türkei; EGMR, Slg. 2011 Nr. 249 = NVwZ 2011, 413 - M. S. S./Bulgarien u. Griechenland).
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[96] Im Urteil M. S. S./Bulgarien u. Griechenland (s. EGMR, Slg. 2011 Nr. 250 = NVwZ 2011, 413) hat der Gerichtshof aber angenommen, dass es darum im damaligen Fall nicht gehe, denn anders als im Fall Müslim/Türkei (s. EGMR, Urt. v. 26.4.2005 - 53566/99 Nr. 83 f.) schreibe jetzt das positive Recht vor, dass bedürftigen Asylbewerbern Unterkunft und angemessene materielle Bedingungen gewährt werden müssen. Das ergebe sich für die griechischen Behörden aus dem griechischen Recht, das Gemeinschaftsrecht, nämlich die RL 2003/09/EG zur Festsetzung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern (Aufnahmerichtlinie), in staatliches Recht überführt habe. (...).
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[97] Im selben Urteil M. S. S./Bulgarien u. Griechenland (s. EGMR, Slg. 2011 Nr. 251, insoweit in NVwZ 2011, 413, nicht abgedruckt) hat der Gerichtshof großes Gewicht auf den Status des Bf. gelegt, der Asylbewerber war und deswegen einer besonders benachteiligten und verwundbaren Bevölkerungsgruppe angehörte und besonders schutzbedürftig war, worüber es international einen weiten Konsens gebe, wie die Genfer Konvention, das Mandat und die Aktivitäten des UNHCR und die Aufnahmerichtlinie der EU zeigten.
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[98] In dem Urteil M. S. S./Bulgarien u. Griechenland (s. EGMR, Slg. 2011 Nr. 252 f. = NVwZ 2011,413) hat der Gerichtshof weiter vor der Entscheidung, ob extreme Armut Fragen nach Art. 3 EMRK aufwerfen könne, darauf hingewiesen, dass er nicht ausgeschlossen habe, „dass die Verantwortlichkeit des Staates (nach Art. 3 EMRK) wegen der Behandlung eines Bf. begründet sein kann, der vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und behördlicher Gleichgültigkeit gegenübersteht, obwohl er sich in so ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist“ (s. EGMR, Entsch. v. 18.6.2009 - 45603/05 - Budina/Russland).
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[99] Was insbesondere Minderjährige angeht, hat der Gerichtshof entschieden, es müsse im Auge behalten werden, dass ihre besonders verwundbare Lage entscheidend ist und schwerer wiegt als die Tatsache, dass sie Ausländer mit unrechtmäßigem Aufenthalt sind (s. EGMR, Slg. 2006-XI Nr. 55 = NVwZ-RR 2008, 573 = NVwZ 2008, 766 Ls. - Mubilanzila Mayeka u. Kaniki Mitunga/Belgien; EGMR, Urt. v. 19.1.2012 - 39472/07 Nr. 91 - Popov/Frankreich). Kinder haben besondere Bedürfnisse wegen ihres Alters und ihrer Abhängigkeit, aber auch wegen ihres Status als Asylbewerber. Die Kinderkonvention der VN verpflichtet im Übrigen die Staaten zu angemessenen Maßnahmen, damit ein Kind, das sich um einen Flüchtlingsstatus bemüht, Schutz und menschliche Hilfe erhält, einerlei, ob es allein oder von seinen Eltern begleitet ist (s. EGMR, Urt. v. 19.1.2012 - 39472/07 Nr. 91 - Popov/Frankreich).
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Dabei ist anzumerken, dass selbst Fehlleistungen im Einzelfall das Konzept der normativen Vergewisserung nach der Rechtsprechung des EGMR nicht in Frage stellen. Der EGMR führt aus (EGMR vom 02.04.2013 Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a. ./. Niederlande und Italien Rn. 68 ff., dt. Übersetzung ZAR 2013, 336):
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„Die Beurteilung, ob es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, der Beschwerdeführer laufe tatsächlich Gefahr, einer gegen Artikel 3 verstoßenden Behandlung ausgesetzt zu sein, muss unbedingt nach strengen Maßstäben erfolgen und erfordert zwangsläufig, dass der Gerichtshof die Bedingungen im Aufnahmeland gegenüber den Normen dieser Bestimmungen der Konvention beurteilt. Diese Normen bedeuten, dass die Misshandlung, der die Beschwerdeführerin behauptet, nach ihrer Rückführung ausgesetzt zu sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich von Artikel 3 zu fallen. Die Beurteilung dessen ist relativ, da sie von allen Umständen des Falles abhängt, wie beispielsweise von Dauer, Art und Kontext der Behandlung, von ihren körperlichen und seelischen Auswirkungen und in einigen Fällen vom Geschlecht, vom Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Der Gerichtshof wiederholt, dass es grundsätzlich beim Beschwerdeführer liegt, Beweise zu erbringen, mit denen nachgewiesen werden kann, dass es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er, sollte die beanstandete Maßnahme durchgeführt werden, tatsächlich Gefahr liefe, einer gegen Artikel 3 verstoßenden Behandlung ausgesetzt zu sein ... Die Beurteilung des Gerichtshofs muss sich auf die voraussichtlichen Folgen der Abschiebung der Beschwerdeführerin nach ... konzentrieren. Dies muss wiederum im Lichte der allgemeinen Lage sowie der persönlichen Umstände der Beschwerdeführerin betrachtet werden. .Der Gerichtshof wiederholt zudem, dass die bloße Rückführung in ein Land, in dem die wirtschaftliche Stellung der Person schlechter als im ausweisenden Land ist, nicht ausreicht, um das in Artikel 3 untersagte Mindestmaß an Misshandlung zu erreichen, dass Artikel 3 nicht als Verpflichtung der Hohen Vertragsparteien ausgelegt werden kann, jede Person innerhalb ihres Hoheitsgebiets eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen, und dass diese Bestimmung keine allgemeine Verpflichtung beinhaltet, Flüchtlingen finanzielle Hilfe zu bieten, um es ihnen zu ermöglichen, einen gewissen Lebensstandard aufrecht zu erhalten. ... Liegen keine außergewöhnlich schwerwiegenden humanitäre Gründe gegen die Abschiebung vor, reicht die Tatsache, dass sich die materiellen und sozialen Lebensbedingungen des Beschwerdeführers beträchtlich verschlechtern würden, wenn sie von der Vertragspartei abgeschoben würde, als solche nicht aus, um zu einen Verstoß gegen Artikel 3 zu führen.“
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Für die Annahme einer dem Kläger drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK ist danach eine schlechte Versorgungslage allein nicht ausreichend.
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Nach der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 steht anerkannten Schutzberechtigten auf Grundlage des von Bulgarien zuerkannten Status verschiedene Ansprüche zu, unter anderem auf Sozialhilfeleistungen, allerdings ausgehend von dem Niveau, das auch eigenen Staatsangehörigen gewährt wird (vgl. Art. 29 der Richtlinie). Zur rechtlichen Ausgestaltung vgl. die Angaben zu Bulgarien in MISSOC (EU's Mutual Information System on Social Protection), http://ec.europa.eu/missoc und die Studie „Migrant access to social security and healthcare: policies and practice“ des European Migration Network vom April 2014, verfügbar unter http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-we-do/- networks/european_migration_network/. Die Erstreckung der allgemeinen Sozialleistungen auch auf Flüchtlinge wird ausdrücklich bestätigt z.B. auch auf der Webseite des Arbeits- und Sozialministeriums, http://www.mlsp.government.bg/- index.php?section=POLICIES&P=218. Unerheblich ist dabei, dass das rechtlich gewährleistete Niveau sich naturgemäß von dem der Bundesrepublik Deutschland unterscheidet und dieses auch erheblich unterschreiten kann. Allerdings hat Bulgarien die Richtlinie in Bezug auf den Inhalt des zu gewährenden Schutzes nicht vollständig umgesetzt. Hiervon geht sowohl die EU-Kommission aus, die nach den Angaben in ihrem Vertragsverletzungsverfahrensregister (http://ec.europa.eu/atwork/applying-eu-law/- infringements-proceedings/infringement_decisions/) im Vertragsverletzungsverfahren 2014/0026 am 23.09.2015 mit ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme gemäß Art. 258 AEUV die zweite Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens wegen Nichteinhaltung der Richtlinie 2011/95/EU gegen Bulgarien eingeleitet hat. Das Auswärtige Amt teilt laut o.g. Einschätzung diese Auffassung.
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Nach Einschätzung des Auswärtigen Amts und Dr. Illareva sind für eine faktische Verwirklichung der nach der nationalen Gesetzeslage bestehenden Ansprüche auf Unterstützungsleistungen erhebliche Hürden durch international Schutzberechtigte zu überwinden. Anerkannte Flüchtlinge können wegen mangelhafter Verwaltungspraxis oder nur schwer erfüllbaren Anforderungen (z.B. Vorweisen eines Wohnsitzes ohne das Hilfe beim Erlangen eines solchen erreichbar wäre) tatsächlich nur in seltenen Fällen tatsächlich Zugang zu staatlicher Unterstützung erhalten. Zu den ohnehin bestehenden administrativen Hürden tritt regelmäßig eine nicht durch Dolmetscher kompensierte Sprachbarriere und nach Schilderungen in anderen Verfahren auch eine häufig nicht unerheblich kritische Haltung gegenüber Flüchtlingen hinzu. Diese Hürden können zwar in Einzelfällen durch Hilfe aus der Zivilgesellschaft oder Unterstützung z.B. durch andere Flüchtlinge überwunden werden. Nicht von vornherein völlig ausgeschlossen erschiene zudem auch, dass Flüchtlinge mit Schutzstatus Rechtschutz in Anspruch nehmen könnten. Gleichwohl kann allgemein das Versorgungsniveau für anerkannte Schutzberechtigte als einer ohnehin besonders benachteiligten und verwundbaren Bevölkerungsgruppe derzeit nur als äußerst schlecht beurteilt werden. Eine Sicherung des Existenzminimums können daher unter Zugrundelegung der aktuellen Auskunftslage nur Personen erreichen, denen alle Voraussetzungen für ein „Sich-Durchschlagen-Können" zugesprochen werden können, die mithin keinen besonderen Schutzbedarf aufweisen.
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Eine besondere Schutzbedürftigkeit des Klägers kann vorliegend jedoch nicht festgestellt werden. Er ist gesundheitlich nicht beeinträchtigt und arbeitsfähig. Es besteht nach den Schilderungen in der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung kein Anlass, trotz der o.g. Lage im vorliegenden Fall von einer dem Kläger drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK für den Fall einer Abschiebung nach Bulgarien auszugehen.
- 31
Für eine Annahme, nach der auch ohne besonderes Schutzbedürfnis von einer jedem anerkannten Schutzberechtigten drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK auszugehen wäre, fehlt es derzeit trotz der o.g. Auskünfte an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten, da nach nahezu allen Berichten und auch der Erfahrung des Gerichts anerkannte Schutzberechtigte überhaupt nicht in Bulgarien bleiben wollen und kaum jemals überhaupt versuchen, sich in den dortigen bescheidenen Möglichkeiten eine Existenz aufzubauen. Das von dem Kläger nur allgemein und ohne eigene Wahrnehmung beschriebene Szenario, „keinerlei Zukunft zu haben“, ist deshalb als nicht hinreichend zur Annahme eines drohenden Konventionsverstoßes zu bewerten. In vergleichbarer Weise kommt auch die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke (vgl. Art. 1, Art. 2 Abs. 2 GG) in Betracht, d.h. nur zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage in dem Sinne, dass dem Ausländer sehenden Auges der sichere Tod drohen würde oder er schwerste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten hätte, vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43/07 -, juris Rn. 32 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9/95 -, juris Rn. 14. Wird ein solches Risikoszenario ausschließlich mit der mutmaßlichen Versorgungssituation begründet, muss für deren Annahme allerdings eine hinreichende Tatsachenbasis vorliegen, wie das Bundesverwaltungsgericht am Beispiel der Versorgungslage in Afghanistan ausgeführt hat (BVerwG, Urteil vom 08.09.2011 - 10 C 14/10 - BVerwGE 140, 319 ff., Juris-Rn. 24 ff.). Als solche genügt die derzeit bestehende Auskunftslage jedenfalls für Betroffene nicht, die sich in keiner besonders verwundbaren Lage befinden.
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Die vorliegend ausgesprochene Abschiebungsandrohung nach Bulgarien begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Soweit andere Gerichte derzeit in vergleichbaren Fällen die Abschiebungsandrohung mangels Rechtsgrundlage aufheben (vgl. z.B. VG Berlin, Urteil vom 04.06.2015 - 23 K 906.14 A - Juris-Rn. 33 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 03.07.2015 - 8 K 2181/15.A - Juris-Rn. 20 f.) wird diese Auffassung vom erkennenden Gericht nicht geteilt.
- 33
Es mag zwar die vom Bundesamt herangezogene Begründung einer milderen Maßnahme auf Grundlage von § 34a AsylG gewissen argumentativen Bedenken ausgesetzt sein (vgl. VG Berlin a.a.O. Rn. 35). Es ist allerdings nicht ersichtlich, warum durch § 34a AsylG der Rückgriff auf das allgemeine Institut der Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG verdrängt sein sollte. Dagegen spricht bereits § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG, nach der die Abschiebungsanordnung zwar keiner „Androhung“ bedarf, was eine solche begrifflich aber auch nicht ausschließt. Zudem findet sich in § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG zwar keine ausdrückliche Klarstellung, nach der eine Androhung (auch) erlassen wird, wenn die besonderen engen Voraussetzungen einer Anordnung nicht gegeben sind. Die dort genannten fünf Voraussetzungen einer Abschiebungsandrohung sind aber auch im Fall einer Entscheidung des Bundesamtes auf Grundlage von § 26a oder § 27a sämtlich erfüllt, da es zu einem entsprechenden, eine Abschiebungsandrohung ausschließenden Ausspruch auch in diesen Fällen nicht kommt.
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Der von der o.g. Rechtsprechung behauptete Regelungszusammenhang, nach der der Rückgriff auf § 34 AsylG versperrt sein soll, wenn die Entscheidung zur Sache auf § 26a AsylG gestützt wird (vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 05.10.2015 - 21 ZB 15.30178 - Juris-Rn. 4 m.w.N.) kann jedenfalls nicht im Sinne einer Ausschlusswirkung verstanden werden. Ausgangspunkt dieser Argumentation dürften die Ausführungen des OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 30.09.1996 - 25 A 790/96.A - NVwZ 1997, 1141 ff. sein. Dieses hat zwar zutreffend auf den Zusammenhang von der Ablehnung des Asylantrages nur nach § 26a AsylG und einer Entscheidung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG hingewiesen, denn es kann nach dem Gesetzeswortlaut keine Anordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG geben ohne eine Entscheidung nach § 26a (bzw. jetzt auch §27a). Die gegebene Begründung dafür, warum dieser Zusammenhang „untrennbar“ sein soll (a.a.O. Juris-Rn. 9) in dem Sinne, dass im Falle einer Entscheidung nach § 26a nur § 34a AsylG angewendet werden darf, hält das Gericht dagegen nicht für überzeugend. Danach soll das Bundesamt nur die Wahl haben zwischen entweder einer Kombination von Entscheidungen nach § 26a und § 34a AsylG oder einer Entscheidung nach dem gewöhnlichen Entscheidungsprogramm. Es stelle sich in einem Fall, in dem die Abschiebung in den sicheren Drittstaat nicht möglich sei nur die Alternative, entweder dem Ausländer ein Bleiberecht für die Bundesrepublik Deutschland zu gewähren oder ihn ins Herkunftsland abzuschieben, was nur unter Prüfung von Abschiebungsverboten möglich sei (OVG Nordrhein-Westfalen a.a.O. Juris-Rn. 11).
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Diese Vorstellung entspricht weder der überwiegenden Vollzugspraxis noch dem geltenden Aufenthaltsrecht. Es findet sich nicht nur im Gesetzeswortlaut sondern auch sonst kein Hinweis, dass die nachträglich in das Gesetz eingefügte Abschiebungsanordnung das „normale“ Institut der Abschiebungsandrohung derart verdrängen sollte, dass, wenn die besonderen Voraussetzungen einer Anordnung - aus welchen Gründen auch immer - vom Bundesamt nicht positiv festgestellt werden können, eine Androhung überhaupt nicht mehr möglich sein sollte. Denn auch die Ausländerbehörde wäre in einem solchen Fall aus Gründen der Zuständigkeit daran gehindert, § 34 Abs. 1 Satz 3 AsylG. In der Gesetzesbegründung finden sich dazu folgende Ausführungen:
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BT-Drucksache 12/4450, S. 23:
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Zu Nummer 20 [Änderung der Zustellvorschriften für Fälle einer Abschiebungsanordnung]
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Zu Buchstabe a
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„Die neuen Vorschriften in § 31 Abs. 1 enthalten besondere Zustellungsregelungen für den Fall, in dem eine Abschiebungsanordnung nach § 34a ergeht. Der Bescheid über eine nur nach § 26a erfolgte Ablehnung des Asylantrages und die Abschiebungsanordnung sind abweichend von der allgemeinen Regelung (auch des §8 Abs. 1 Satz 2 VwZG) dem Ausländer selbst zuzustellen. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten oder hat er einen Empfangsberechtigten benannt, soll ein Abdruck der Entscheidung auch diesem zugeleitet werden. Dem Ausländer kann der Bescheid auch durch die für die Abschiebung oder die Durchführung der Abschiebung zuständigen Behörde zugestellt werden. Da die Rückführung in Drittstaaten aus tatsächlichen Gründen in der Regel nur kurzfristig möglich ist, ist die abweichende Zustellungsregelung erforderlich."
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Zu Nummer 23 [Einfügung von § 34a AsylVfG] - Zu Absatz 1:
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„Das Absehen von einer Abschiebungsandrohung ist erforderlich, da in dem verkürzten Verfahren eine Rückführung in den Drittstaat regelmäßig nur kurzfristig durchgeführt werden kann und die Möglichkeit einer freiwilligen Rückreise in den Drittstaat im allgemeinen nicht besteht. Die Rücknahmeübereinkommen begründen kein individuelles Einreiserecht in den Drittstaat für den Ausländer. Das Bundesamt darf die Anordnung nach § 34a erst treffen, wenn die Abschiebung in den sicheren Drittstaat durchgeführt werden kann. Satz 2 stellt klar, daß der Ausländer die Möglichkeit der Abschiebung nach § 34 a nicht durch Rücknahme des Asylantrages unterlaufen kann."
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Im vorliegenden Fall ist ein Einreiserecht in den Drittstaat allerdings schon aufgrund des von diesem verliehenen Status gegeben. Es ist deshalb nicht ersichtlich, warum das Bundesamt, wenn es die Voraussetzungen einer Abschiebungsanordnung nicht positiv festzustellen vermag, nicht gleichwohl eine Abschiebungsandrohung aussprechen dürfte. Diese Auffassung würde die Intention beider Vorschriften konterkarieren, im Falle einer negativen Entscheidung die Vollstreckungsvoraussetzungen einer möglichst schnellen Rückführung zu schaffen. Zudem ist in diesen Fällen eine freiwillige Einreise in den Drittstaat u.U. auch dann noch möglich, wenn eine Rückführung gegen den Willen ausscheidet. Die Gegenauffassung bedeutete eine dauerhafte Vollzugsvereitelung, die dem Gesamtregelungszusammenhang von § 34 und § 34a AsylG weder nach der Formulierung noch nach der gesetzgeberischen Intention unterstellt werden kann. Auch der hypothetische Fall, dass ein aufnahmebereiter sonstiger Staat als Ziel einer Abschiebung bereit stehen würde, zeigt, dass die Möglichkeit der Abschiebungsandrohung nicht schon deshalb verdrängt wird, weil im Entscheidungszeitpunkt die Voraussetzungen einer Abschiebungsanordnung nicht positiv bejaht werden können. Denn eine Abschiebungsanordnung kann nur bezüglich Staaten im Sinne von § 26a oder § 27a AsylG ausgesprochen werden, während die Androhung sich auch auf sonstige Staaten erstrecken würde (§ 59 Abs. 2 AufenthG).
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Etwaigen inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen wäre deshalb erst anlässlich einer konkret in Aussicht genommenen Abschiebungsmaßnahme zunächst seitens der zuständigen Ausländerbehörde nachzugehen (BVerwG, Urteil vom 11.11.1997 - 9 C 13/96 - BVerwGE 105, 322 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2012 - A 2 S 1995/12 -). Dies beträfe auch eine etwaige rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung wegen Reiseunfähigkeit im engeren Sinn oder - außerhalb des Transportvorgangs - im weiteren Sinn gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (BVerfG a.a.O. juris-Rn. 11 f. m.w.N.).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Tenor
1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Jeder Beteiligte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige andere Beteiligte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), mit dem sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt und ihm die Abschiebung nach Bulgarien angedroht wurde.
Der Kläger ist syrischer Staatsangehöriger arabischer Volkszugehörigkeit, reiste am
Das Bundesamt stellte am
Mit Bescheid vom
Der Bescheid wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am
Hiergegen ließ der Kläger mit am 18. Februar 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 6. Februar 2015 die vorliegende Klage erheben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beklagte in ihrem Bescheid auf den gewährten subsidiären Schutz verweise, den der Kläger wohl auf dem Papier in Bulgarien erhalten habe. Leider nicht mehr. Dem Kläger sei zu keinem Zeitpunkt Wohnung, Essen, ärztliche Versorgung zur Verfügung gestellt worden. Er sei in der ganzen Zeit obdachlos gewesen. Dies stelle einen Verstoß gegen die Aufnahmerichtlinien dar. Diese gälten ebenfalls für die „Papierschutzberechtigten“ nach bulgarischem Verständnis. Hierzu wurde auf ein Urteil des VG München
Der Kläger beantragt:
Der Bescheid des Bundesamtes vom 28. Januar 2015 wird aufgehoben.
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.
Mit Schreiben vom 18. März 2015 legte der Bevollmächtigte des Klägers einen Beschluss des VG Oldenburg
Mit Schreiben vom 29. September 2015 wies das Gericht darauf hin, dass im streitgegenständlichen Bescheid als Rechtsgrundlage für die Ziffer 2 (Abschiebungsandrohung nach Bulgarien) § 34a AsylVfG genannt sei. Dieser verlange als Tatbestandsvoraussetzung unter anderem, dass feststehe, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne. Dies bedeute insbesondere, dass die Übernahmebereitschaft des Mitgliedstaates, in den abgeschoben werden solle, abschließend geklärt sei (vgl. nur Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 34, Rn. 20 m. w. N.). Den Behördenakten sei nicht zu entnehmen, dass bzw. wie Bulgarien seine Übernahmebereitschaft bezüglich des Klägers erklärt habe. Um Stellungnahme werde gebeten.
Die Beklagte nahm hierzu mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2015 dahingehend Stellung, dass eine Abschiebungsandrohung ausgesprochen worden sei. § 34a AsylVfG fordere das Vorliegen des Einverständnisses des Mitgliedstaates mit der Rücküberstellung vor Erlass einer Abschiebungsanordnung. Vorliegend sei als milderes Mittel „lediglich“ eine Abschiebungsandrohung ausgesprochen worden. Eine solche könne ohne Vorliegen eines Nachweises, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne, ausgesprochen werden. Bei der Abschiebungsandrohung liege die Zuständigkeit für die Prüfung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse (z. B. Reisefähigkeit) nicht beim Bundesamt, sondern bei der zuständigen Ausländerbehörde. Somit könne das Bundesamt im Zeitpunkt der Bescheiderstellung nicht beurteilen, ob die angedrohte Abschiebung tatsächlich vollzogen werden könne. Dies werde unter anderem auch dadurch deutlich, dass die Absprache der Modalitäten und die Organisation einer gegebenenfalls tatsächlich durchzuführenden Abschiebung ausschließlich zwischen der zuständigen Ausländerbehörde und der Bundespolizei erfolge. Eine Mitwirkung des Bundesamtes sei nicht vorgesehen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 7. Oktober 2015 Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die erhobene Anfechtungsklage hier die statthafte Klageart, obwohl das Rechtsschutzbegehren des Klägers letztendlich darauf abzielt, eine materielle Entscheidung über den gestellten Asylantrag zu erlangen. Denn durch die Aufhebung eines Bescheides, mit dem ein Asylantrag wie vorliegend nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt wurde, wird das Verfahren in den Zustand vor Erlass des Bescheides zurückversetzt (so die obergerichtliche Rechtsprechung, vgl. nur BayVGH, U. v. 13.4.2015, 11 B 15.50031, juris Rn. 18 m. w. N.). Diese Rechtsprechung ist auch auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar, obwohl sie streng genommen für Bescheide auf der Grundlage der Dublin-II- oder -III-VO ergangen ist. Jedoch ist die diesbezügliche Begründung für die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage auf den vorliegenden „Drittstaatenbescheid“ übertragbar (ebenso VG Berlin, U. v. 4.6.2015, Az. 23 K 906.14 A, juris Rn. 14 m. w. N.).
Die Klage ist auch fristgerecht erhoben worden. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 1. Halbsatz AsylVfG von zwei Wochen. Ein Fall der einwöchigen Klagefrist nach § 74 Abs. 1, 2. Halbsatz AsylVfG liegt weder nach § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG vor, da vorliegend kein unbeachtlicher Asylantrag im Sinne von § 29 Abs. 1 AsylVfG vorliegt, noch nach § 34a Abs. 2 AsylVfG, da das Bundesamt eine Abschiebungsanordnung gerade nicht getroffen hat. Der Bescheid wurde ausweislich der Bundesamtsakten am 4. Februar 2015 mit Postzustellungsurkunde zugestellt, die Klageerhebung am 18. Februar 2015 erfolgte daher fristgerecht.
Die Klage ist jedoch nur im Umfang des Tenors begründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts vom 28. Januar 2015 ist, was seine Ziffer 1 (Ablehnung des Asylantrags als unzulässig) angeht, rechtmäßig. Er verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, weshalb die Klage insoweit nach dem Maßstab des § 113 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als unbegründet abzuweisen war. Ziffer 2 des Bescheides (Abschiebungsandrohung bezüglich Bulgariens) ist jedoch rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Klage ist daher insoweit begründet.
1.
Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgelehnt.
Allerdings kann das Bundesamt sich zur Begründung dieser Entscheidung entgegen der Bescheidsbegründung nicht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Die Entscheidung ist jedoch gleichwohl im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn Bulgarien, das Land, in dem der Kläger den Status eines subsidiär Schutzberechtigten erhalten hat, ist sicherer Drittstaat nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, Art. 16a Abs. 2 GG, da es sich um einen Mitgliedstaat der Europäischen Union handelt. Reist ein Ausländer aus einem sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland ein wie im vorliegenden Fall, so prüft das Bundesamt grundsätzlich weder die Voraussetzungen der Asylberechtigung noch des Flüchtlingsstatus noch das Vorliegen der subsidiären Schutzberechtigung oder von Abschiebungsverboten (so Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 31, Rn. 30). Dies ist letztlich im System der Drittstaatenregelung begründet. Allerdings hat das Bundesamt ein Verfahrensermessen dahingehend, dass es freiwillig eine Prüfung der Voraussetzungen des Flüchtlingsstatus, des subsidiären Schutzes und von Abschiebungsverboten durchführen kann. Allein eine Prüfung, ob Asylberechtigung im Sinn des Art. 16a GG besteht, ist dem Bundesamt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 16a GG bei Einreise aus einem sicheren Drittstaat nicht möglich (vgl. zum Ganzen Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 31, Rn. 31; Hailbronner, AuslR., § 31 AsylVfG Rn. 58). Eine Verpflichtung des Bundesamtes, bei der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nach § 31 Abs. 4, § 26a AsylVfG vorzugehen, besteht aber gerade nicht (so auch Hailbronner, AuslR., § 31 AsylVfG, Rn. 58). Dies ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung der genannten Vorschriften (BT-Drs. 12/450, 23), wo von einer Wahlmöglichkeit des Bundesamts die Rede ist. Daneben spricht für eine derartige Auslegung im Sinne einer Wahlmöglichkeit des Bundesamtes auch der Zweck der Beschleunigung und der Praktikabilität des Asylverfahrens: Auch bei Einreise über einen sicheren Drittstaat widerspräche es dem Sinn des Gesetzes, das Bundesamt in derartigen Fällen immer auf eine mögliche, unter Umständen aber mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbundene Abschiebung in den sicheren Drittstaat festzulegen (Hailbronner a. a. O.; ebenso OVG NRW
Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides zwar in der Begründung des Bescheides nur auf den Ausschluss einer Prüfung des subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 AufenthG gestützt. In der Sache hat es damit aber zu erkennen gegeben, dass es nicht gewillt ist, eine sachliche Entscheidung auch über den bisher erlangten Schutzstatus hinausgehenden Schutzstatus als anerkannter Flüchtling nach der Genfer Konvention zu treffen. Konkret wird dies auf Seite 2 des Bescheides dadurch ausgedrückt, dass eine materielle Prüfung des Asylantrags nicht erfolgt. Im Ergebnis ist dies die gleiche Folge, wie wenn sich das Bundesamt von vornherein auf die Einreise aus dem sicheren Drittstaat beruft und auf eine Prüfung des Asylantrags in materieller Hinsicht verzichtet.
Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig ist auch nicht aus dem Grunde rechtswidrig, dass eine Ausnahme von dem der Drittstaatenregelung zugrunde liegenden Konzept der normativen Vergewisserung hier vorliegen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (U. v. 14.5.1996, 2 BvR 1938.93, 2 BvR 2315.93
Der insoweit maßgebliche Schutzstatus, dessen Einhaltung in Bulgarien zu überprüfen ist, ist ausschließlich der EMRK zu entnehmen. Nicht überzeugen kann der Ansatz des VG Oldenburg in dem vom Bevollmächtigten des Klägers übersandten Beschluss vom 27. Januar 2015 (Az. 12 B 245/15, juris, insbesondere Leitsatz 1 und Rn. 15), wonach die in der Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2013/33/EU) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96) und der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011) genannten Anforderungen den Schutzstandard nach Art. 3 der EMRK erweitern. Diese Forderung wird in dem genannten Beschluss vom VG Oldenburg nicht nähergehend begründet, sondern postuliert. Bezug wird insoweit auf ein Urteil des VGH Baden-Württemberg
Die Kammer schließt sich nach Auswertung der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) vorliegenden Erkenntnismittel hinsichtlich der Situation von subsidiär Schutzberechtigten in Bulgarien der Einschätzung verschiedener anderer Gerichte (VG Berlin, U. v. 4.6.2015, Az. 23 K 906.14 A, juris; OVG Nordrhein-Westphalen,
Der Bericht von Amnesty International (AI) vom Februar 2015 (Missing the point - Lack of adequate investigation of hate crimes in Bulgaria) betrifft allgemein die Situation von Minderheiten, also nicht nur der Gruppe, zu der der Kläger gehört. Vielmehr untersucht er allgemein die Diskriminierung von Minderheiten in Bulgarien. Darüber hinaus kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass das bulgarische Recht, insbesondere die Strafgesetzgebung, grundsätzlich Schutz vor rassistisch motivierten oder fremdenfeindlichen Straftaten bietet (dort Seite 41) und stellt auch die tatsächliche Einleitung von Ermittlungs- und Strafverfahren durch die bulgarischen Behörden als solches nicht grundsätzlich in Frage. Dementsprechend lässt sich für die hier interessierende Frage daraus nichts Wesentliches ableiten. Ähnliches gilt für die Dokumentation von Pro Asyl „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“ vom April 2015: Die dort skizzierten Einzelfallschicksale stammen, was die Verhältnisse in Bulgarien angeht, bereits aus dem Jahr 2013. Darüber hinaus betreffen sie vor allem die Situation in laufenden Asylverfahren, nicht jedoch die hier interessierende Lage anerkannter Schutzberechtigter wie des Klägers. Ungeachtet dessen lässt sich insbesondere aufgrund der zwischen der bulgarischen Regierung und dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) vereinbarten Programme zur Verbesserung der Situation für Asylsuchende und Asylberechtigte nicht feststellen, dass das Land der Situation der anerkannt Schutzberechtigten gleichgültig gegenübersteht. So hat Bulgarien im Juli 2014 eine „nationale Strategie zur Integration von international Schutzberechtigten in Bulgarien“ für die Jahre 2014 bis 2020 entwickelt (vgl. den genannten Bericht von Pro Asyl auf S. 32 und den „Special Support Plan to Bulgaria“ der EASO vom 5.12.2014, S. 11). Eines der zentralen Ziele dieser nationalen Strategie ist es danach, das Problem der Obdachlosigkeit durch die Schaffung von Wohnraum zu bekämpfen (EASO a. a. O., S. 17). Auch wenn die konkrete Umsetzung dieser Pläne derzeit noch nicht absehbar ist, lässt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht feststellen, dass der bulgarische Staat die Umsetzung von vornherein nicht ernsthaft beabsichtigt. Gegen eine derartige Annahme spricht insbesondere, dass Bulgarien bereits im Jahr 2014 mit der Unterstützung der EASO und anderer internationaler Organisationen wie dem UNHCR die Situation der Asylantragsteller maßgeblich verbessern konnte (EASO a. a. O. S. 11).
Außerdem lässt sich aus den vorliegenden Berichten keine Verletzung der aus Art. 3 EMRK folgenden Schutzpflichten durch den bulgarischen Staat ableiten. Ein Verstoß gegen die Pflicht, Schutz vor Angriffen auf die körperliche Unversehrtheit zu gewähren, liegt nicht vor, da rassistisch motivierte Gewalttaten an Asylantragstellern und Flüchtlingen grundsätzlich dokumentiert werden (so der Bericht von AI, S. 18 und 39; ebenso der Bericht von Pro Asyl auf S. 16, 21 und 30 ff.). Ein strukturelles Versagen der bulgarischen staatlichen Behörden hinsichtlich der Strafverfolgung ist daher nicht erkennbar, auch wenn Missstände vorliegen mögen. Auch die mit einiger Wahrscheinlichkeit anerkannt Schutzberechtigten in Bulgarien drohende Obdachlosigkeit stellt als solche keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Seiten des bulgarischen Staates dar. Diese bleiben nach der Anerkennung in der Regel nur 14 Tage in den Aufnahmeeinrichtungen für Asylantragsteller, nur in Ausnahmefällen können besonders Schutzbedürftige bis zu sechs Monate nach der Anerkennung dort wohnen bleiben (vgl. den Bericht von Pro Asyl, S. 33 ff.). In Obdachlosenunterkünften oder Sozialwohnungen können sie zwar kein Obdach finden, da hierfür Voraussetzung die bulgarische Staatsbürgerschaft mindestens eines Familienmitgliedes ist. Allerdings vermittelt Art. 3 EMRK nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte jedenfalls keinen Anspruch auf ein Obdach. Ebenso wenig begründet dieser eine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, B. v. 2.4.2013, 27725.10, juris, insb. Leitsatz 1). Das Land bietet international Schutzberechtigten Sozialhilfeleistungen, wobei der monatliche Leistungssatz der Mindestsozialhilfe, die auch bulgarische Staatsangehörige erhalten, entspricht (vgl. den Bericht von AIDA (Asylum Information Database), Länderreport Bulgarien, Stand Januar 2015, S. 41). Nach dem genannten Bericht von Pro Asyl werden diese Sozialleistungen auch tatsächlich ausgezahlt (dort S. 35) auch wenn es im Einzelfall für nicht mit den örtlichen Verhältnissen vertraute Flüchtlinge schwierig sein mag, die Auszahlung zu erreichen. Auch die unabdingbare medizinische Grundversorgung wird durch Bulgarien für anerkannte Schutzberechtigte gewährleistet. Diese sind auch im nationalen Gesundheitssystem versichert. Voraussetzung hierfür ist wie bei bulgarischen Staatsangehörigen die Zahlung eines monatlichen Beitrags in Höhe von 8,70 EUR (UNHCR, Bulgarien als Asylland, Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation und Bulgarien, Stand April 2014, S. 12). Dieser Beitrag kann jedenfalls theoretisch mit den gewährten Sozialhilfeleistungen bestritten werden. Das durch Art. 3 EMRK gebotene lebenserhaltende Niveau ist damit gewährleistet.
Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist daher rechtmäßig. Die Klage ist insoweit abzuweisen.
2.
Dagegen ist die Anfechtungsklage gegen Ziffer 2 des Bescheides begründet. Die dort geregelte Abschiebungsandrohung nach Bulgarien ist rechtswidrig (hierzu a)) und verletzt den Kläger auch in seinen Rechten (hierzu b)).
a) Die Abschiebungsandrohung ist mangels einer einschlägigen Rechtsgrundlage rechtswidrig. In der Begründung des streitgegenständlichen Bescheides (dort S. 3) ist noch § 34a AsylVfG erwähnt, ohne dass klar ausgedrückt wird, dass die Abschiebungsandrohung auf diese Bestimmung gestützt wird. Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2015 hat das Bundesamt auf die entsprechende Anfrage des Gerichts klar zu erkennen gegeben, dass es sich als Rechtsgrundlage nicht auf § 34a AsylVfG berufen will, da es die danach notwendige Prüfung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse (wie z. B. die Reisefähigkeit), anders als nach § 34a AsylVfG notwendig, selbst nicht vornehmen will. Eine anderweitige Rechtsgrundlage für Ziffer 2 des Bescheides ist jedoch nicht ersichtlich.
Als „milderes Mittel“ im Vergleich zur Abschiebungsanordnung wäre eine Abschiebungsandrohung denkbar, wenn § 34a AsylVfG tatbestandsmäßig erfüllt wäre. Die Voraussetzungen des § 34a AsylVfG liegen hier nicht vor. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist Tatbestandsvoraussetzung, dass „feststeht, dass sie (die Abschiebung) durchgeführt werden kann“. Zu prüfen ist daher grundsätzlich die Übernahmebereitschaft des jeweiligen Drittstaats, welche abschließend geklärt sein muss (vgl. nur VG Gelsenkirchen, U. v. 8.5.2015, Az. 18a K 3619/14, juris Rn. 57; OVG Hamburg, B. v. 3.12.2010, Az. 4 Bs 223/10, juris Rn. 10; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 1.2.2012, Az. 2 S 6.12, juris Rn. 4; Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 34a AsylVfG, Rn. 20; Hailbronner, AuslR., § 34a AsylVfG, Rn. 16; Pietz in: Kluth/Heusch, Beck-OK AuslR., § 34a AsylVfG, Rn. 12). Eine derartige Klärung lässt sich der Bundesamtsakte nicht entnehmen. Insoweit kann auch nicht die abschlägige Antwort Bulgariens auf die Anfrage um Übernahme des Klägers nach den Vorschriften der Dublin-III-VO herangezogen werden. Denn daraus ergibt sich eindeutig die Notwendigkeit einer erneuten Anfrage an eine andere, hierfür zuständige bulgarische Behörde (vgl. Bl. 92 der Bundesamtsakte).
Damit liegen aber die Tatbestandsvoraussetzungen des § 34a AsylVfG nicht vor. Die Abschiebungsandrohung konnte damit auf diese Bestimmung auch nicht im Sinne eines milderen Mittels gestützt werden, da sich diese Frage erst stellen würde, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen würden.
Es lässt sich aber auch keine andere Rechtsgrundlage für die in Ziffer 2 verfügte Abschiebungsandrohung finden. Insbesondere können hier nicht § 34 AsylVfG und §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG herangezogen werden. Denn das Bundesamt ist im vorliegenden Fall für eine Abschiebungsandrohung nicht zuständig. § 34 AsylVfG regelt in Abs. 1 Satz 1 unter Bezugnahme auf den für ausländerrechtliche Abschiebungsandrohungen geltenden § 59 AufenthG die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der asylrechtlichen Abschiebungsandrohung (Pietz in: Beck-OK AuslR., § 34 AsylVfG, vor Rn. 1). Danach ist materielle Voraussetzung für eine Abschiebungsandrohung durch das Bundesamt, dass die in Ziffern 1 bis 4 genannten Voraussetzungen (keine Zuerkennung eines Schutzstatus) erfüllt sind. Erforderlich ist damit, dass eine inhaltliche Prüfung des Asylantrags durchgeführt wurde. Wie bereits oben ausführlich dargestellt wurde, ist dies im vorliegenden Fall, da der Asylantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt wurde, gerade nicht erfolgt. Daher ist das Bundesamt hier für den Erlass einer Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylVfG gerade nicht zuständig. Es kann sich daher als Rechtsgrundlage der in Ziffer 2 verfügten Abschiebungsandrohung auch nicht auf die ausländerrechtlichen Bestimmungen der §§ 59 und 60 AufenthG berufen.
Nachdem eine anderweitige Rechtsgrundlage weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, ist Ziffer 2 mangels einer Rechtsgrundlage objektiv rechtswidrig.
b) Der Kläger wird hierdurch auch in eigenen Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt. Wie das VG Berlin in dem bereits zitierten Urteil vom 4. Juni 2015 (Az. 23 K 906.14 A, juris) zutreffend entschieden hat, entzieht sich das Bundesamt durch den Erlass einer Abschiebungsandrohung seinem ihm gesetzlich zugewiesenen Prüfungsauftrag hinsichtlich des Bestehens inländischer Abschiebungshindernisse gerade in den von § 34a AsylVfG erfassten Fällen einer Einreise aus einem sicheren Drittstaat. Während derartige Vollstreckungshindernisse beim Erlass einer Abschiebungsanordnung unmittelbar vom Bundesamt geprüft werden müssen, nimmt das Bundesamt, wie es in seiner Stellungnahme an das Gericht vom 1. Oktober 2015 ausdrücklich klargestellt hat, diese Prüfung nicht vor, und zwar nach eigenen Angaben auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt. Falls solche Hindernisse später vorliegen, kann der betroffene Asylsuchende dies nur gegenüber der Ausländerbehörde geltend machen und vorläufigen Rechtsschutz im Streitfall nur nach § 123 Abs. 1 VwGO erreichen. Die Rechtsschutzmöglichkeiten des Ausländers sind daher insoweit empfindlich eingeschränkt. Darüber hinaus soll § 34a AsylVfG auch bezüglich Abschiebungshindernissen in Bezug auf den sicheren Drittstaat eine einheitliche Prüfung durch das gesetzlich hierfür vorgesehene Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gewährleisten. Aufgrund der Handlungsweise des Bundesamtes käme es demgegenüber zu einer Zersplitterung der Zuständigkeiten auf sämtliche Ausländerbehörden der Länder. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Länder auch ansonsten für die Abwicklung von Abschiebungen und für die Prüfung etwaiger Abschiebungshindernisse außerhalb eines Asylverfahrens zuständig sind. Denn der Gesetzgeber hat hier im Rahmen des § 34a AsylVfG gerade ein abweichendes Verfahren vorgesehen. Diesem gesetzlichen Auftrag kann sich das Bundesamt nicht mit der Argumentation, es werde hier ein milderes Mittel angewandt, entziehen. Das Bundesamt unterliegt somit auch hier der Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) und besitzt nicht die Kompetenz, unter Nichtausübung der ihm obliegenden Aufgabe deren tatsächliche Verlagerung auf Ausländerbehörden mit der Erfüllung durch diese zu bewirken, wodurch im Übrigen die Gefahr einer gegen Art. 3 GG verstoßenden Ungleichbehandlung bei einer Vielzahl an Ausländerbehörden anstelle der seitens des Gesetzgebers gewünschten Konzentration beim Bundesamt einträte. Die Bundesbehörde kann also nicht die ihr obliegende Aufgabe auf Länderbehörden/Kommunen delegieren. Abgesehen davon ergäbe sich auch das prozessuale Problem bei Akzeptanz der hiesigen Entscheidungsweise des Bundesamtes, dass dieses einen einen Dritten belastenden Bescheid erlässt, ohne dass der jeweilige Träger der Ausländerbehörde im bisherigen (insofern rechtswidrigen) Behördenverfahren involviert gewesen wäre; hier wäre im Gerichtsverfahren dann eine (notwendige) Beiladung des Trägers der Ausländerbehörde zu dessen Rechts- und Interessenwahrung verankert. Es drängt sich beim Blick in das Gesetz auf, dass der Gesetzgeber - auch angesichts des Beschleunigungsgrundsatzes - eine solche - auch prozessuale - Konstruktion nicht gewollt hat, weshalb auch mangels Lücke ein Analogieverbot insofern gilt. Eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten liegt daher vor.
Somit ergibt sich die Verletzung des Klägers in eigenen Rechten auch daraus, dass es sich bei der Abschiebungsandrohung um eine durch eine unzuständige Behörde getroffene, ihn belastende Regelung handelt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 83b AsylVfG.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Ziffer 2 des Bescheides vom 2. März 2015 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind staatenlose Palästinenser und beantragten am 31. Oktober 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
3In der Befragung beim Bundesamt vom 31. Oktober 2014 gaben sie unter anderem an, im Oktober 2013 mit dem Auto über Syrien in die Türkei gereist zu sein. Nach zwei Wochen seien sie nach Bulgarien gegangen, wo sie 10 Monate geblieben seien. Anschließend seien sie nach F. geflogen, von wo aus sie mit dem Zug nach Deutschland gereist seien.
4Das Bundesamt richtete am 23. Dezember 2014 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Bulgarien. Die bulgarischen Behörden lehnten die Übernahme der Kläger unter dem 13. Januar 2015 ab. Da ihnen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei, handle es sich um kein Dublin-Verfahren. Die Beklagte wurde darauf hingewiesen, an welche Stelle ihre Anfrage stattdessen zu richten sei.
5Mit Bescheid vom 2. März 2015 lehnte das Bundesamt die Asylanträge als unzulässig ab (Ziffer 1) und forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Ziffer 2). Der Bescheid wurde am 17. März 2015 als Einschreiben zur Post gegeben.
6Am 23. März 2015 haben die Kläger Klage erhoben.
7Die Kläger sind der Ansicht, die schweren Erkrankungen der Klägerin zu 2.) und des Klägers zu 3.) stünden einer Abschiebung nach Bulgarien entgegen. Die Klägerin zu 2.) werde wegen einer Reaktivierung einer ausgedehnten Lungentuberkulose behandelt. Die Therapie müsse noch bis Ende 2015 fortgeführt werden. Bei einer Unterbrechung oder inadäquaten Behandlung bestehe die Gefahr von Resistenzen und dann eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben. Der Kläger zu 3.) leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Überdies seien die Kläger zu 3.) und 4.) knapp vier bzw. gerade sechs Jahre alt und die Klägerin zu 2.) sei erneut schwanger. Daher unterfielen sie der besonders schutzbedürftigen Personengruppe. Schließlich erscheine fraglich, ob eine Abschiebung nach Bulgarien tatsächlich möglich sei, da die bulgarischen Behörden ihre Übernahme abgelehnt hätten.
8Die Kläger beantragen,
9den Bescheid des Bundesamtes vom 2. März 2015 aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.
13Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des Klage- und des Eilverfahrens sowie des Verwaltungsvorgangs der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Über die Klage entscheidet die Einzelrichterin, nachdem ihr die Sache durch Beschluss der Kammer vom 22. Mai 2015 übertragen worden ist (§ 76 Absatz 1 AsylVfG).
16Die zulässige Anfechtungsklage in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet.
17Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 2. März 2015 ist zwar hinsichtlich Ziffer 1 rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO (I). Ziffer 2 des vorstehend genannten Bescheides begegnet hingegen rechtlichen Bedenken (II.).
18I. Der Asylantrag ist unzulässig, da den Klägern in Bulgarien, einem sicheren Drittstaat, bereits internationaler Schutz gewährt worden ist. Bulgarien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union „sicherer Drittstaat“ im Sinne von § 26a AsylVfG. Nach § 26a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer nicht auf Artikel 16a Absatz 1 Grundgesetz (GG) berufen, wenn er aus einem Drittstaat im Sinne des Artikel 16a Absatz 2 Satz 1 GG eingereist ist.
191. Der Anwendung des Artikel 16a Absatz 2 GG und des § 26a AsylVfG geht nicht die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III-VO) vor. Denn diese findet auf Ausländer, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union hier: Bulgarien – die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU) zuerkannt worden ist, keine Anwendung,
20vgl. angedeutet in Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7.13 –, juris, Rn. 26; VG Düsseldorf, Urteil vom 9. September 2014 – 17 K 2897/14.A –, n.V.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2014 – 17 L 1194/14.A –, juris, Rn. 14; so auch zur Vorgängerregelung Dublin II VO Nr. 343/2003: VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 – 6 L 104/13.A –, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 – 6 K 7204/12.A –, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a AsylVfG Rn. 34.
21Die Dublin III-VO unterscheidet ausdrücklich zwischen „Antragsteller“, Artikel 2 Buchstabe c) Dublin III-VO und „Begünstigter internationalen Schutzes“, Artikel 2 Buchstabe f) Dublin III-VO. Antragsteller im Sinne der Verordnung ist danach derjenige, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde, wohingegen „Begünstigter internationalen Schutzes“ derjenige ist, dem internationaler Schutz zuerkannt wurde. Das Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaates wird nach Artikel 20 Absatz 1 Dublin III-VO (nur) eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. Dieses Verfahren ist indes nicht mehr einschlägig, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach dortigem Antrag auf internationalen Schutz die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus erhalten hat. Dementsprechend sieht auch Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a) bis d) Dublin III-VO keine Pflicht des zuständigen Mitgliedstaates im Falle des positiven Bescheides über einen Antrag auf internationalen Schutz vor. Für eine Ausübung des in Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO geregelten Selbsteintrittsrechts der Mitgliedstaaten ist dann ebenfalls von vornherein kein Raum mehr. Sollte im Übrigen der gegebene Fall noch nach dem Regime der Dublin II-VO (vgl. Artikel 49 Absatz 2 der Dublin III-VO) zu beurteilen sein, folgte nichts anderes, denn auch auf Personen mit einem subsidiären Schutzstatus wäre die Vorgängerverordnung nicht anwendbar,
22vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. November 2014 – 17 L 2404/14.A – n.V.; VG Düsseldorf, Urteil vom 17. Februar 2015 – 17 K 6764/14.A –, n.V.
232. Bulgarien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union jedenfalls für die Fälle des Antragstellern gewährten internationalen Schutzes ein „sicherer Drittstaat“ im Sinne von Artikel 16a Absatz 2 Satz 1 GG.
24a) Der vorgenannten Verfassungsnorm liegt das „Konzept der normativen Vergewisse-rung“ über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK) und den Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung,
25vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, – 2 BvR 22 BvR 2315/93 –, juris, Rn. 181.
26Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem hinter der Schaffung eines Gemein-samen Europäischen Asylsystems (vgl. Artikel 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Eu-ropäischen Union – AEUV) stehenden „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“. Selbiges beruht auf der Annahme, alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, beachteten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die – freilich widerlegbare – Vermutung gelten, die Behandlung des Klägers als eines schutzberechtigt anerkannten Ausländers stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten,
27vgl. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –und – C-493/10 –, juris, Rn. 10 ff., 75, 78, 80.
28Diese Annahmen zugrunde gelegt, greift die „sichere Drittstaatenregelung“ (nur) dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangen werde,
29vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris, Rn. 52 f., 60 zum „Prinzip des gegen-seitigen Vertrauens“; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris, Rn. 189 zum „Konzept der normativen Vergewisserung“.
30Von einem solchen Fall ist dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird.
31Der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Artikel 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) bzw. dem inhaltsgleichen Artikel 3 EMRK ausgesetzt zu sein,
32vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 – und – C-493/10 –, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94.
33Hat der Ausländer indes – wie hier – bereits einen Schutzstatus erhalten, ist darauf abzu-stellen, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tat-sächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. dem inhaltsgleichen Artikel 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
34Dass die Verhältnisse in Bulgarien diesbezüglich hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Schutz dergestalt zurückbleiben, ist nach dem für die Entscheidung nach § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu erkennen.
35Soweit die Genfer Flüchtlingskonvention für anerkannte Flüchtlinge Wohlfahrtsregelungen enthält (Artikel 20 ff. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten und vom Konzept der normativen Vergewisserung mit umfasst sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern nicht hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die Genfer Flüchtlingskonvention den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Artikel 23, 24 GFK). Letztere ist nach den aktuellen Erkenntnissen gegeben. Eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Klägers im Sinne von Artikel 3 EMRK ist gleichfalls nicht ersichtlich.
36Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Artikel 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Artikel 24) und der Reisedokumente (Artikel 25). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Artikel 26), zur Bildung (Artikel 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Artikel 29) und medizinischer Versorgung (Artikel 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu.
37Danach ist im Hinblick auf Bulgarien zwar anzuerkennen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutzsta-tus dort nach den gegebenen Erkenntnissen schwierig sind. Weder ist aber eine Verletzung der in Artikel 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote er-kennbar noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und dem Kläger müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Artikel 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, derzeit nicht.
38vgl. auch Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 29. Januar 2015 – 14 A 134/15.A – , juris; VG Berlin, Urteil vom 31. Juli 2015 – 23 K 418/14.A – juris, m.w.N.
39Das Gericht hat hierzu die aktuellen Erkenntnisse zur Situation anerkannter Schutzberechtigter in Bulgarien, insbesondere den Länderbericht für Bulgarien der Asylum Information Database vom 31. Januar 2015 (im Folgenden: AIDA), den Bericht „Missing the point - Lack of adequate investigation of hate crimes in Bulgaria" von Amnesty International aus Februar 2015 (im Folgenden: Amnesty) und den Bericht „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien" von Pro Asyl aus April 2015 (im Folgenden: Pro Asyl) gewürdigt. Weiter hat sie den „Special Support Plan to Bulgaria" des European Asylum Support Office vom 5. Dezember 2014 (im Folgenden: EASO) sowie den Bericht des UNHCR „Current Situation of Asylum in Bulgaria“ aus April 2014 berücksichtigt. Den letztgenannten Organisationen kommt bei der Beurteilung der Situation in den Mitgliedstaaten eine besondere Bedeutung zu (vgl. Artikel 33 und Erwägungsgrund 22 der Dublin III-Verordnung und Artikel 9 der Verordnung EU 439/2010).
40Die Berichte von Amnesty International und Pro Asyl begegnen schon Zweifeln, ob sie tatsächlich geeignet sind, eine strukturelle Durchbrechung des grundgesetzlich vermuteten menschenrechtskonformen Verhaltens des bulgarischen Staates zu belegen. So hat der Amnesty-Bericht nicht die besondere Situation anerkannter Schutzberechtigter zum Gegenstand, sondern untersucht ganz allgemein die Diskriminierung von Minderheiten in Bulgarien. Zu den befragten Betroffenen gehörten neben Asylantragstellern und Flüchtlingen auch Angehörige der Roma und der türkischen Minderheit sowie Opfer homophober Bedrohungen (Amnesty, S. 8f.). Die Untersuchung gelangt überdies zu dem Ergebnis, dass das bulgarische Recht, insbesondere die Strafgesetzgebung, grundsätzlich Schutz vor rassistisch motivierten oder fremdenfeindlichen Straftaten bietet (Amnesty, S. 41), und stellt auch die tatsächliche Einleitung von Ermittlungs- und Strafverfahren durch die bulgarischen Behörden als solches nicht grundsätzlich in Frage. Die Zielrichtung dieses Berichts scheint daher in erster Linie eine gesellschaftspolitische zu sein, die auf eine Bezeichnung der Motive derartiger Straftaten abzielt. Die Dokumentation von Pro Asyl stützt sich auf bereits bekannte Berichte anderer Organisationen und die konkreten Schilderungen einzelner Betroffener. Die skizzierten Einzelfallschicksale, die als solche nicht geeignet sind, die grundgesetzliche Vermutung des Artikel16a Absatz 2 Satz 1 GG zu durchbrechen, stammen bereits aus dem Jahr 2013. Hinzukommt, dass sie vor allem die Situation im laufenden Asylverfahren betreffen, nicht hingegen die hier allein interessierende Lage anerkannter Schutzberechtigter.
41VG Berlin, Urteil vom 31. Juli 2015 – 23 K 418/14.A – juris, S. 9 f.
42Ungeachtet der konkreten Situation der anerkannten Schutzberechtigten lässt sich schon nicht – wie vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gefordert – feststellen, dass Bulgarien dieser gleichgültig gegenübersteht. So hat Bulgarien im Juli 2014 eine „Nationale Strategie zur Integration von international Schutzberechtigten in Bulgarien" für die Jahre 2014 bis 2020 entwickelt (Pro Asyl, S. 32; EASO, S. 11). Die Integration Begünstigter internationalen Schutzes ist auch Ziel des mit dem European Asylum Support Office vereinbarten aktuellen Support Plan (EASO, S. 11). Eines der zentralen Ziele ist es, das drängende Problem der Obdachlosigkeit durch die Schaffung von Wohnraum zu bekämpfen (EASO, S. 17). Auch wenn diese Pläne bisher noch wenig konkret und ihre Finanzierung fraglich erscheinen, vermag das Gericht nicht festzustellen, dass der bulgarische Staat ihre Umsetzung von vornherein nicht ernsthaft beabsichtigt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, Bulgarien wolle lediglich seine internationalen Verpflichtungen auf dem Papier erfüllen. Maßgeblich gegen eine derartige Annahme spricht, dass Bulgarien im Jahr 2014 auf ähnlicher Grundlage hinsichtlich der Situation der Asylantragsteller mit der Unterstützung des EASO und anderer internationaler Organisationen maßgebliche Verbesserungen tatsächlich erreicht hat.
43VG Berlin, Urteil vom 31. Juli 2015 – 23 K 418/14.A – juris, S. 10.
44Schließlich belegen die vorliegenden Berichte für die Lebensbedingungen anerkannter Schutzberechtigter in Bulgarien auch unter Berücksichtigung der besonderen Schutzbedürftigkeit von Flüchtlingen, die anders als bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht auf ihre Sprachkenntnisse und ein soziales Netz zurückgreifen können,
45vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2 0 1 4 – 2 BvR 1795.14 –, juris, Rn. 13,
46im Einzelnen keine Verletzungen der aus Artikel 3 EMRK folgenden Schutzpflichten des bulgarischen Staates. Ein Verstoß Bulgariens gegen seine Pflicht, Schutz vor Angriffen auf die körperliche Unversehrtheit zu gewähren, lässt sich nicht feststellen. Soweit rassistisch motivierte Gewalttaten an Asylantragstellern und Flüchtlingen dokumentiert werden (Amnesty, S. 18, 39; Pro Asyl, S. 16, 21 und 30 ff.), ist ein strukturelles staatliches Versagen nicht erkennbar. Die bulgarischen Behörden verfolgen grundsätzlich derartige Straftaten (Amnesty, S. 39, 4 1 ; Pro Asyl, S. 30).
47VG Berlin, Urteil vom 31. Juli 2015 – 23 K 418/14.A – juris, S. 10.
48Auch die Obdachlosigkeit, die anerkannt Schutzberechtigten in Bulgarien mit einiger Wahrscheinlichkeit droht, stellt als solche keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar. Nach der Anerkennung bleiben Flüchtlinge in der Regel nur 14 Tage in den Aufnahmeeinrichtungen für Asylantragsteller; nur in Ausnahmefällen können besonders Schutzbedürftige bis zu sechs Monate nach Anerkennung in den Lagern bleiben (hierzu wie zum Folgenden: Pro Asyl, S. 33f.). Anerkannte Flüchtlinge können auch in Obdachlosenunterkünften oder Sozialwohnungen kein Obdach finden, weil hierfür mindestens ein Familienmitglied die bulgarische Staatsbürgerschaft besitzen muss. Die einzig verbleibende Möglichkeit ist, auf dem freien Wohnungsmarkt eine Wohnung suchen. Dies ist jedenfalls für Flüchtlinge, die keine Arbeit haben und über keine finanzielle Unterstützung von Angehörigen oder Freunden verfügen, nur schwer möglich. Allerdings gibt es auch Beispiele dafür, dass es im Einzelfall durchaus gelingen kann, zumindest eine vorübergehende Unterkunft zu finden (vgl. Pro Asyl, S. 16, 20, 21 und 25). Ungeachtet dessen vermittelt Artikel 3 EMRK nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte jedenfalls keinen Anspruch auf ein Obdach.
49VG Berlin, Urteil vom 31. Juli 2015 – 23 K 418/14.A – juris, S. 11.
50Artikel 3 EMRK begründet schließlich auch keine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen,
51vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), Urteil vom 21. Januar 2011 – 30969/09 –, juris, Rn. 249.
52Gleichwohl gewährt Bulgarien international Schutzberechtigten Sozialhilfeleistungen. Der monatliche Leistungssatz beträgt 33,23 Euro und entspricht damit der Mindestsozialhilfe, die auch bulgarische Staatsangehörige erhalten (vgl. AIDA, S. 41). Diese Sozialleistungen werden auch tatsächlich ausgezahlt (vgl. Pro Asyl, S. 35). Wenn Pro Asyl in seinem Bericht feststellt, dass die Leistungen im Jahr 2014 bei 7.000 Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, nur in zwölf Fällen ausgezahlt worden seien, bleibt zum einen völlig offen, ob die Leistungsansprüche in den übrigen Fällen überhaupt (erfolglos) geltend gemacht wurden, und zum anderen unberücksichtigt, dass zahlreiche Flüchtlinge Bulgarien unmittelbar nach ihrer Anerkennung verlassen haben.
53VG Berlin, Urteil vom 31. Juli 2015 – 23 K 418/14.A – juris, S. 11.
54Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass Bulgarien für anerkannte Schutzberechtigte nicht zumindest auch eine unabdingbare medizinische Grundversorgung gewährleistet. Auch anerkannte Schutzberechtigte sind im nationalen Gesundheitssystem versichert. Voraussetzung ist - wie bei bulgarischen Staatsangehörigen - die Zahlung eines monatlichen Beitrags in Höhe von 8,70 Euro (UNHCR, Observations on the current Situation of Asylum in Bulgaria, April 2014, S. 12), der jedenfalls theoretisch mit den gewährten Sozialhilfeleistungen bestritten werden kann. Der Umstand, dass hiermit die Kosten für Arzneimittel und eine psychologische Versorgung nicht abgedeckt sind (vgl. UNHCR, Observations on the current Situation of Asylum in Bulgaria, April 2014, S. 12), belegt für sich genommen nicht, dass nicht jedenfalls eine – nach Artikel 3 EMRK allein gebotene – lebenserhaltende Behandlung grundsätzlich sichergestellt ist. Gleiches gilt für die von Pro Asyl als maßgebliche tatsächliche Zugangshürde identifizierten Patientenlisten, wonach Patienten faktisch nur dann Zugang zu Versicherungsleistungen haben, wenn sie bei einem Hausarzt auf einer Liste geführt werden (Pro Asyl, S. 36). Der in den aktuellen Berichten weiter bemängelte unzureichende Zugang zum Bildungssystem und zum Arbeitsmarkt berührt schon den Schutzbereich des Artikel 3 EMRK ersichtlich nicht.
55VG Berlin, Urteil vom 31. Juli 2015 – 23 K 418/14.A – juris, S. 11.
56Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Artikel 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten,
57vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – 27725/10 –, juris.
58Artikel 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst,
59vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris, Rn. 43, m.w.N.
60Die Kläger müssen sich daher auf den in Bulgarien für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht,
61vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris, Rn. 42, s.a. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 – 13 A 2160/04.A –, juris, (noch zu § 53 Absatz 6 Satz 1 Ausländergesetz [AuslG 1990], heute § 60 Absatz 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz [AufenthG]).
62Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die zur Frage der Ausgestaltung des Asylver-fahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien ergangene Rechtsprechung und die hierzu dem Gericht vorliegenden Berichte etwa des UNHCR, von Amnesty International und Asylum Information Database nicht heranzuziehen sind. Denn diese betreffen maßgeblich die Einhaltung der Mindeststandards für Asylbewerber und die Ausgestaltung des Asylverfahrens, also den Zugang zum Asyl- bzw. Flüchtlingsschutz bzw. die Durchführung des Verfahrens, nicht aber die Umsetzung des gewährten internationalen Schutzes,
63vgl. einen systemischen Mangel aufgrund der Auswertung der diesbezüglichen Erkenntnisse für Asyl-suchende in Bulgarien verneinend etwa: VGH BW, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1636/14 –, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. September 2014 – 13 L 1690/14.A – n.V.; VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 K 14.30366 –, juris; VG Potsdam, Beschluss vom 14. November 2013 – 6 L 787/13.A –, juris; VG Regensburg, Beschluss vom 20. August 2012 – RN 9 S 12.30284 –, juris, alle m.w.N.
64b) Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person der Kläger liegenden und damit von dem "Konzept der normativen Vergewisserung" bzw. dem "Prinzip des gegenseitigen Vertrauens" von vornherein nicht erfassten Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen.
65Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob die Kläger als Person mit besonderen Bedürfnissen gemäß Artikel 20 Absatz 3 Richtlinie 2011/95/EU eingestuft wurden. Zu diesen können (unter anderem) gehören unbegleitete Minderjährige, Behinderte, Schwangere, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern sowie Personen mit psychischen Störungen.
66Allein die Minderjährigkeit der Kläger zu 3.) und 4.) begründet eine solche besondere Schutzbedürftigkeit nicht. Denn sie sollen gemeinsam mit den Eltern, den Klägern zu 1.) und 2.), nach Bulgarien zurückgeführt werden. Ob die Klägerin zu 2.) und der Kläger zu 3.) aufgrund ihrer Erkrankungen besonders schutzbedürftige Personen sind, kann demgegenüber dahingestellt bleiben. Denn es ist jedenfalls nicht nachvollziehbar vorgetragen, dass die Tuberkuloseerkrankung der Klägerin zu 2.) und die psychische Erkrankung des Klägers zu 3.) in Bulgarien nicht behandelbar wären. Entsprechendes ist nach der derzeitigen Erkenntnislage auch nicht ersichtlich. Mangels gegenteiliger durchgreifender Erkenntnisse ist der Zugang zur Gesundheitsversorgung in Bulgarien für anerkannte Schutzberechtigte trotz der zuweilen bereits geschilderten – die bulgarischen Staatsangehörigen gleichermaßen betreffenden – auftretenden praktischen Erschwernisse grundsätzlich hinreichend gewährleistet. Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass Bulgarien für anerkannte Schutzberechtigten nicht zumindest auch eine unabdingbare medizinische Grundversorgung gewährleistet. Auch anerkannte Schutzberechtigte sind im nationalen Gesundheitssystem versichert. Insoweit wird auf die vorstehenden Erwägungen Bezug genommen.
67c) Schließlich liegt auch keine (weitere) der vom Bundesverfassungsgericht zur Abschie-bungsanordnung nach §§ 34a Absatz 1, 26a AsylVfG gebildeten Fallgruppen zur Bestim-mung der Ausnahmen vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ vor,
68vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris, Rn. 189.
69Weder droht den Klägern in Bulgarien die Todesstrafe, noch besteht die erhebliche konkrete Gefahr, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung nach dort Opfer eines Verbrechens werden, welches zu verhindern nicht in der Macht Bulgariens steht. Zudem ist nicht ersichtlich, dass Bulgarien selbst zum Verfolgerstaat wird.
70II. Indes ist die in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes vom 2. März 2015 geregelte Abschiebungsandrohung rechtswidrig (1.) und verletzt die Kläger in ihren Rechten (2.), § 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO.
711. Nach § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung an, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Rechtsgrundlage deckt ihrer Rechtsfolge nach den Erlass einer Abschiebungsandrohung nicht ab. Der Wortlaut des § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG lässt dies eindeutig nicht zu („ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an“). Die Regelung räumt dem Bundesamt bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von vornherein kein Ermessen ein; diese Folge ist vielmehr zwingend, und damit ist für andere Mittel kein Raum.
72VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2015 – 23 K 906.14 A –, juris, Rn. 34; VG Ansbach, Urteil vom 22. April 2015 – AN 14 K 15.50044 –, juris, Rn. 23.
73Die Androhung der Abschiebung stellt auch kein zulässiges milderes Mittel gegenüber der Anordnung dar. Zwar bedarf es vor dem Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Absatz 1 Satz 3 AsylVfG keiner vorherigen Androhung und Fristsetzung. Indes spricht neben dem klaren Wortlaut des Satzes 1 dieser Vorschrift der Umstand, dass der Gesetzgeber die Formulierung „bedarf es nicht“ in anderen Regelungszusammenhängen so versteht, dass die erwähnte Alternative gerade ausgeschlossen sein soll (vgl. zu § 68 Absatz 1 Satz 2 VwGO).
74VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2015 – 23 K 906.14 A –, juris, Rn. 35; a.A. VG Ansbach, Urteil vom 22. April 2015 – AN 14 K 15.50044 –, juris, Rn. 24.
75Auch systematische Erwägungen sprechen dafür, § 34a Absatz 1 AsylVfG als Spezialvorschrift zu § 34 Absatz 1 AsylVfG anzusehen. Grundsätzlich kann zwar für den Fall, dass ein Ausländer abgeschoben werden soll, dem im Ausland bereits internationaler Schutz gewährt worden ist (§ 60 Absatz 1 Satz 3 Aufenthaltsgesetz – AufenthG), nach § 60 Absatz 10 AufenthG nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. Die Vorschrift erfasst damit Fälle, in denen der Ausländer über eine von einem Drittstaat zugesprochene Flüchtlingsanerkennung verfügt (§ 60 Absatz 1 Satz 3, 3. Alt. AufenthG) bzw. dem subsidiärer Schutz zugesprochen wurde (§ 60 Absatz 2 Satz 2 AufenthG) und der in den Drittstaat, keinesfalls aber den Herkunftsstaat, abgeschoben werden soll. Durch die enge Verknüpfung von § 34a Absatz 1 mit § 26a AsylVfG hat der Gesetzgeber indes klargestellt, dass die Regelung im Sonderfall der Rückführung in den sicheren Drittstaat keine Geltung beanspruchen soll.
76VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2015 – 23 K 906.14 A –, juris, Rn. 37.
77Diese Deutung entspricht überdies dem Sinn und Zweck der Vorschrift. § 34a AsylVfG sieht gerade deshalb von einer Abschiebungsandrohung ab, weil eine Rückführung in den Drittstaat regelmäßig nur kurzfristig durchgeführt werden kann,
78vgl. BT-Drucks. 12/4450, S. 23 sowie OVG NRW, Urteil vom 30. September 1996 – 25 A 790/96 A –, juris, Rn. 35.
79Der vorherige Erlass einer Abschiebungsandrohung verzögerte somit das vom Gesetzgeber gewollte beschleunigte Verfahren. Dieser hat abweichend von der grundsätzlich im Asylverfahrens- und im Ausländerrecht geregelten Aufgabenverteilung in § 34a AsylVfG gerade das Bundesamt dazu bestimmt, bereits bei Erlass einer Entscheidung nach den §§ 26a, 27a AsylVfG namentlich auch inländische Vollstreckungshindernisse zu prüfen, um den Ausländer rasch und ohne die Möglichkeit einer divergierenden Entscheidung der Ausländerbehörde insoweit abschieben zu können.
80OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Dezember 2012 – OVG 2 S 6.12 –, juris Rn. 5f.; OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 2010 – 4 Bs 223/10 –, juris Rn. 9 ff.
81Hier entledigt sich das Bundesamt endgültig dieser bewussten Zuständigkeitsverteilung des Gesetzgebers offenbar zu Lasten des Ausländers, der abgeschoben werden soll, weil im weiteren Verlauf die Ausländerbehörde für die Prüfung der inlandbezogenen Abschiebungshindernisse zuständig sein soll.
82Vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2015 – 23 K 906.14 A –, juris, Rn. 38.
83Mit dieser der Kompetenzverteilung des Gesetzgebers widersprechenden Verlagerung der weiteren Prüfung auf die Ausländerbehörde geht zudem eine im Lichte von Artikel 19 Absatz 4 GG bedenkliche Verkürzung des Rechtsschutzes für den Ausländer einher, was die Androhung gegenüber der Anordnung einer Abschiebung keinesfalls als das mildere Mittel erscheinen lässt. Denn dem Adressaten einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG steht seit der mit Gesetz vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) vorgenommenen Änderung des § 34a Absatz 2 AsylVfG ein deutlich besserer Rechtsschutz gegenüber Abschiebungen auf dieser Grundlage zu. Nach dessen Satz 1 sind Anträge nach § 80 Absatz 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen, und nach § 34a Absatz 2 Satz 2 AsylVfG ist die Abschiebung bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Nach dem bis dahin geltenden Absatz 2 des § 34a AsylVfG durfte demgegenüber die Abschiebung nach Absatz 1 gerade nicht nach § 80 oder § 123 VwGO ausgesetzt werden. Demgegenüber können Anträge im vorläufigen Rechtsschutz, mit denen im Rahmen von § 34 Absatz 1 AsylVfG zu berücksichtigende Abschiebungsverbote geltend gemacht werden, nur über § 123 Absatz 1 VwGO verfolgt werden, was den jeweiligen Antragsteller vor deutlich höhere Darlegungshürden stellt.
84VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2015 – 23 K 906.14 A –, juris, Rn. 39.
85Rechtsgrundlage für die Abschiebungsandrohung kann vorliegend auch nicht § 34 Absatz 1 AsylVfG sein. Danach erlässt das Bundesamt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zu-erkannt wird, ihm kein subsidiärer Schutz gewährt wird, die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise zulässig ist und der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil die Vorschrift nicht anwendbar ist. Denn wenn das Bundesamt einen Asylantrag – wie hier – nur nach § 26a AsylVfG ablehnt, ist nach § 31 Absatz 4 Satz 1 AsylVfG lediglich festzustellen, dass dem Ausländer auf Grund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht. Diese Entscheidung ist gemäß § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG „zusammen“ – dass heißt zeitgleich – mit „der Abschiebungsanordnung nach § 34a“ zu treffen und dann „dem Ausländer selbst zuzustellen“. Damit wird deutlich, dass der Gesetzgeber von einer Verknüpfung des § 26a AsylVfG und im Übrigen auch des § 27a AsylVfG allein mit § 34a AsylVfG ausging. Nach der Gesetzessystematik besteht danach ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Asylversagung wegen der Einreise aus einem sicheren Drittstaat bzw. der Zuständigkeit eines anderen Staates und der Anordnung der Abschiebung in diesen Staat
86OVG NRW, Beschluss vom 25. September 2000 – 18 B 1783/99 –, juris, Rn. 11 und 21, und Urteil vom 30. September 1996, – 25 A 790/96 A –, juris, Rn. 9; vgl. auch Marx, AsylVfG, 8. Auflage, 2014, § 31 Rn. 17.
87In diesen Konstellationen nimmt das Bundesamt keine sachliche Prüfung eines Asylantrags vor, sondern verweist den Asylbewerber auf die Zuständigkeit eines anderen bzw. eines sicheren Drittstaates. Hier soll allein Raum für eine Abschiebungsanordnung sein, was darauf hinweist, dass § 34a AsylVfG bei einer Entscheidung (nur) nach den §§ 26a, 27a AsylVfG gegenüber § 34 Absatz 1 AsylVfG spezieller ist.
88VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2015 – 23 K 906.14 A –, juris, Rn. 40.
89Bestätigt wird dies dadurch, dass die Möglichkeit, auf § 34 Absatz 1 AsylVfG i.V.m. § 60 Absatz 10 AufenthG zurückzugreifen und eine Abschiebungsandrohung zu erlassen, nicht voraussetzungslos ist. Grundsätzlich darf das Bundesamt in Fällen der vorliegenden Art die in § 34 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen jedoch gerade nicht prüfen (vgl. § 31 Absatz 4 Satz 1 AsylVfG), weil sich Entscheidungen nach §§ 26a, 27a AsylVfG allein zur Zulässigkeit des Asylgesuchs im Bundesgebiet verhalten. So ist es auch im konkreten Fall geschehen. Diesbezüglich ist der angegriffene Bescheid vom 13. April 2014 eindeutig. Der Erlass einer Abschiebungsandrohung setzt – anders als derjenige einer Abschiebungsanordnung – nach § 34 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 AsylVfG zudem stets voraus, dass die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen und bedarf einer ausdrücklichen Entscheidung des Bundesamtes. Insofern passt das Prüfprogramm des § 34 Absatz 1 AsylVfG von vornherein nicht zu der hier gegebenen Konstellation des § 26a AsylVfG.
90VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2015 – 23 K 906.14 A –, juris, Rn. 41.
91Nur wenn die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat nicht möglich ist, kommt § 31 Absatz 4 AsylVfG nicht zum Zuge mit der Folge, dass nicht nach dem reduzierten, sondern gemäß § 31 Absatz 2 und 3 AsylVfG nach dem „gewöhnlichen Entscheidungsprogramm“ über das Asylbegehren zu befinden ist. Dies ist schon deswegen unvermeidlich, weil sich in einem solchen Fall nur die Alternative stellt, entweder dem Ausländer ein Bleiberecht für die Bundesrepublik Deutschland zu gewähren oder ihn ins Herkunftsland abzuschieben. Die Entscheidung darüber lässt sich aber ohne Prüfung der in §§ 60 Absatz 1, 5 und 7 AufenthG normierten Abschiebungshindernisse nicht treffen. Nur wenn also die Durchführung der Abschiebung im Sinne des § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG nicht möglich ist, ist ungeachtet der Einreise aus einem sicheren Drittstaat das volle Entscheidungsprogramm zu beachten. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben.
92VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2015 – 23 K 906.14 A –, juris, Rn. 42 m.w.N.
932. Schließlich verletzt die Abschiebungsandrohung die Kläger auch in ihren Rechten. Denn durch den Erlass einer Abschiebungsandrohung entzieht sich das Bundesamt nach den obigen Ausführungen seinem ihm gesetzlich zugewiesenen Prüfungsauftrag hinsichtlich des Bestehens inländischer Abschiebungshindernisse. Während derartige Vollstreckungshindernisse – etwa das Vorliegen einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit – beim Erlass einer Abschiebungsanordnung unmittelbar von dieser Behörde geprüft werden müssen, nimmt das Bundesamt in der hiesigen Konstellation diese Prüfung nicht vor. Liegen solche Hindernisse aber vor, kann der betroffene Asylsuchende diese – wie bereits ausgeführt – nur gegenüber der Ausländerbehörde geltend machen und vorläufigen Rechtsschutz im Streitfall nur nach § 123 Absatz 1 VwGO erreichen. Sind damit die Rechtsschutzmöglichkeiten des Ausländers daher jedenfalls hinsichtlich der Prüfung inländischer Vollstreckungshindernisse empfindlich eingeschränkt, kommt es nicht darauf an, dass dem Kläger durch die geänderte Entscheidung statt der ursprünglichen Verpflichtung zur sofortigen Ausreise eine auf 30 Tage verlängerte Ausreisefrist zugestanden wird.
94VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2015 – 23 K 906.14 A –, juris, Rn. 43 m.w.N.; a.A. VG Ansbach, Urteil vom 22. April 2015 – AN 14 K 15.50044 –, juris, Rn. 24.
95Da Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides nach alldem rechtswidrig ist, kann dahingestellt bleiben, ob ein Abschiebungshindernis nach § 60 Absatz 7 AufenthG und/oder § 60a Absatz 2 Satz 1 AufenthG besteht und ob Bulgarien zur Übernahme der Kläger bereit ist.
96Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Absatz 1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
97Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Absatz 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
Tenor
Die Entscheidung zu 2. aus dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17. Februar 2015 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der 1976 geborene Kläger ist Kurde und Yezide syrischer Staatsangehörigkeit. Er besitzt arabische, kurdische sowie geringe englische und türkische Sprachkenntnisse. Er reiste im August 2013 aus seinem Heimatland aus und stellte am 2. Juni 2014 in Bulgarien einen Asylantrag. Für den Kläger wurde die Eurodac-Nr. xxxxxxxxxxxxxxxx vergeben. Am 9. Oktober 2014 wurde dem Kläger in Bulgarien der Flüchtlingsstatus zuerkannt.
3Der Kläger reiste von Bulgarien am 7. Dezember 2014 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein und stellte am 20. Januar 2015 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag. Er trug vor, er habe bereits in Bulgarien einen Asylantrag gestellt. Das Bundesamt richtete ein Übernahmeersuchen an Bulgarien. Die staatliche Flüchtlingsagentur Bulgariens teilte am 11. Februar 2015 mit, dem Kläger sei bereits am 9. Oktober 2014 Flüchtlingsschutz zuerkannt worden. Daher sei seine Übernahme nicht nach den Regelungen der Dublin III-VO möglich. Eine weitere Anfrage in Übereinstimmung mit dem Rückübernahmeabkommen solle das Bundesamt an die zuständige Grenzpolizeibehörde richten. Das Bundesamt stellte kein solches Rückübernahmeersuchen; eine Zustimmung der bulgarischen Grenzpolizei zur Rückübernahme des Klägers erfolgte nicht.
4Mit Bescheid vom 17. Februar 2015 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (1.), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung, im Falle der Klageerhebung nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, und drohte ihm die Abschiebung nach Bulgarien oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet sei, an (2.). Schließlich stellte das Bundesamt fest, dass der Kläger nicht nach Syrien abgeschoben werden dürfe. Zur Begründung führte es wegen der Abschiebungsandrohung aus: Eine Abschiebungsandrohung sei nach § 34a AsylVfG zulässig, da es sich gegenüber der Anordnung um ein milderes Mittel handele.
5Am 27. Februar 2015 hat der Kläger Klage auf Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 17. Februar 2015 erhoben. Wegen der Entscheidung des Bundesamts zum Asylrecht hat er die Klage zurückgenommen.
6Zur Begründung trägt er vor: Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Es obliege dem Bundesamt, unabhängig von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft das Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten in Bezug auf Bulgarien zu prüfen. Dort lägen systemische Mängel auch insbesondere in der Versorgung der Flüchtlinge nach Zuerkennung des Schutzstatus vor. … (wird ausgeführt)
7Der Kläger beantragt
8die Ziffer 2. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17. Februar 2015 aufzuheben.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13Das Verwaltungsgericht kann über die Klage entscheiden, auch wenn die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war. Sie wurde mit der Ladung darauf hingewiesen, dass bei ihrem Ausbleiben ohne sie verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14Das Verfahren ist einzustellen, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat (§ 92 Abs. 3 VwGO).
15Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet. Die Entscheidung zu 2. aus dem Bescheid des Bundesamtes vom 17. Februar 2015, mit der der Kläger zur Ausreise aufgefordert wurde und ihm die Abschiebung nach Bulgarien angedroht worden ist, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Für die Abschiebungsandrohung fehlt eine Rechtsgrundlage (dazu I.). Darüber hinaus ist eine Abschiebung des Klägers nach Bulgarien nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar (dazu II.).
16I. Die Abschiebungsandrohung nach Bulgarien kann nicht auf § 34a AsylVfG gestützt werden. Soll ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt nach dieser Vorschrift die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Die Ermächtigungsgrundlage sieht damit von einer Abschiebungsandrohung ab.
17Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1996 – 25 A 790/96.A -, www.nrwe.de, Rdnr. 58 = Juris.
18Ihr Wortlaut erstreckt sich allein auf eine Abschiebungsanordnung. Motiv der Regelung einer Abschiebungsanordnung ist, dass eine Rückführung in den Drittstaat regelmäßig nur kurzfristig durchgeführt werden kann.
19vgl. BT-Drucksache 12/4450, S. 23.
20Der Zweck einer Abschiebungsandrohung spricht ebenfalls gegen die Möglichkeit einer solchen Vollstreckungsmaßnahme. Eine Abschiebungsandrohung hat die Funktion, den Ausländer vor einer drohenden zwangsweisen Abschiebung zu warnen und ihn an die gesetzliche Pflicht zur (freiwilligen) Ausreise zu erinnern,
21vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 2005 – 1 C 29.04 -, www.bverwg.de, Rdnr. 18 = Juris = InfAuslR 2006, 207.
22Diese Funktion kann sie im Falle einer Rückführung nach einem Rückführungsabkommen regelmäßig nicht erfüllen. Der Kläger kann nicht freiwillig ausreisen. Das Land seines Aufenthalts kann er nicht frei wählen. Anspruch auf Aufnahme hat er allein gegenüber seinem Herkunftsland Syrien, in das er aber nicht einreisen kann (§ 60 Abs. 1 AufenthG). Die Möglichkeit einer freiwilligen Einreise in einen Drittstaat besteht nicht. Eine freiwillige Einreise nach Bulgarien ist nicht möglich. Die Rückübernahmeabkommen begründen für den Ausländer im Allgemeinen kein individuelles Einreiserecht in den Drittstaat. Sie begründen allein Rechte der Vertragsparteien. Dies gilt auch für das deutsch-bulgarische Rückübernahmeabkommen vom 7. März 2006 (BGBl. II 259). Ein anderer Drittstaat wird den Kläger nicht aufnehmen. Deshalb kann nur eine Abschiebungsanordnung in Betracht kommen,
23vgl. BT-Drucksache 12/4450, S. 23; zur Überstellung nach den Dublin-Verordnungen vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 -, www.bverwg.de, Rdnr. 18 = Juris.
24Kann die Abschiebungsandrohung ihre Funktion nicht erfüllen, ist sie kein geeignetes Mittel der Vollstreckung. Ob sie ein milderes Mittel ist, ist daneben unerheblich.
25Rechtsgrundlage der Abschiebungsandrohung ist auch nicht § 34 AsylVfG. Die Vorschrift ist nicht neben § 34a AsylVfG anwendbar. Sie wird durch die spezielle Regelung des § 34a AsylVfG verdrängt. Mit § 34a AsylVfG hat der Gesetzgeber eine abschließende Sonderregelung geschaffen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll nur eine Abschiebungsanordnung in Betracht kommen. Das Absehen von einer Abschiebungsandrohung ist nach Auffassung des Gesetzgebers erforderlich,
26BT-Drucksache 12/4450, S. 23.
27Gegenteiliges folgt nicht aus § 60 Abs. 10 AufenthG, auf den § 34 AsylVfG verweist. Ist § 34 AsylVfG nicht anwendbar, kann § 60 Abs. 10 AufenthG nicht über § 34 AsylVfG angewendet werden. Durch die enge Verknüpfung von § 34a Abs. 1 mit § 26a AsylVfG hat der Gesetzgeber auch klargestellt, dass die Regelung im Sonderfall der Rückführung in den sicheren Drittstaat keine Geltung beanspruchen soll,
28vgl. VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 ‑ 23 K 906/14.A ‑, Juris, RdNrn. 34 – 37; VG Stade, Urteil vom 21. September 2015 – 1 A 791/14 -, www.rechtsprechung.niedersachsen.de, Rdnr. 30 = Juris, Rdnr. 30.
29Eine unmittelbare Anwendung des § 60 Abs. 10 AufenthG scheidet aus, weil das Asylverfahrensgesetz für seinen Geltungsbereich (§ 1 AsylVfG) Spezialgesetz im Verhältnis zum Aufenthaltsgesetz ist.
30II. Ungeachtet des Umstands, dass eine Abschiebungsandrohung im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt, kann eine Abschiebung des Klägers nach Bulgarien auch deshalb nicht durchgeführt werden, weil sie nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar ist. Für den Kläger besteht in Bulgarien die konkrete Gefahr der längeren Obdachlosigkeit.
31Mit der Forderung, dass feststehen muss, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, obliegt dem Bundesamt u. a. die Prüfung, dass keine zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse vorliegen.
32Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 ‑ 2 BvR 1795/14 ‑, www.bundesverfassungsgericht.de, Rdnr. 9 = Juris; Schnell, Die Überstellung in den nach der Dublin-II Verordnung zuständigen Mitgliedstaat, NWVBl. 2013, 218 (226).
33Eine Gefahr im Sinn des Art. 3 EMRK begründet ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Art. 3 EMRK wird nicht durch das Recht der Europäischen Union oder durch sonstiges Recht verdrängt.
34Vgl. zum Recht der Europäischen Union BVerwG, Urteil vom 25. März 2015 – 1 C 16.14 -, www.bverwg.de, Rdnr. 25 = InfAuslR 2015, 285.
35Dass Bulgarien der Europäischen Menschenrechtskonvention beigetreten ist und damit die daraus folgenden Verpflichtungen übernommen hat, hindert nicht die Annahme, dass mit der Abschiebung eines Ausländers nach Bulgarien ein Verstoß gegen die Konvention verbunden sein kann. Eine Abschiebung in einen Staat, der gleichfalls Konventionsstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention ist, lässt die Verantwortlichkeit des abschiebenden Staats unberührt, der verpflichtet ist, eine Abschiebung zu unterlassen, wenn es erwiesenermaßen ernsthafte Gründe gibt anzunehmen, dass der betroffene Ausländer wirklich der Gefahr einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung ausgesetzt wird.
36Eine Behandlung ist unmenschlich im Sinne von Art. 3 EMRK, wenn sie absichtlich erfolgt und entweder tatsächliche körperliche Verletzungen oder schwere körperliche und psychische Leiden verursacht. Eine Behandlung ist hingegen als erniedrigend anzusehen, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt und dadurch fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert, oder wenn sie Angst, Furcht oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, im moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu brechen,
37Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 -, Inf-AuslR 2011, 271 = NVwZ 2011, 413, Rdnr. 220.
38Art. 3 EMRK kann zwar nicht so ausgelegt werden, dass er die Konventionsstaaten dazu verpflichtet, allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen das Recht auf eine Unterkunft zu gewähren. Aus dieser Vorschrift ergibt sich auch keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren, damit sie einen gewissen Lebensstandard haben.
39Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011, a. a. O., Rdnr. 249; Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 -, NVwZ 2015, 127, Rdnr. 95 = NLMR 2014, 478; vgl. zum Maßstab auch BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, www.bverwg.de, Rdnr. 23
40Darum geht es aber nicht im vorliegenden Fall. Das positive Recht schreibt vor, dass anerkannten Flüchtlingen Unterkunft gewährt werden muss. Nach Art. 32 der Richtlinie 2011/95/EU (Flüchtlingsschutz-RL), deren Umsetzungsfrist abgelaufen ist, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass Personen, denen internationalen Schutz zuerkannt worden ist, Zugang zu Wohnraum unter Bedingungen erhalten, die den Bedingungen gleichwertig sind, die für andere Drittstaatsangehörige gelten, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten. Diese europarechtliche Vorschrift bestimmt dem Grunde nach einen Anspruch auf Zugang zu Wohnraum und den Maßstab für diesen Zugang. Der Wortlaut der Vorschrift kann zwar auch dahin ausgelegt werden, dass der Regelungsinhalt ausschließlich eine Regel zur Gleichbehandlung enthält. Eine solche Auslegung entspricht aber nicht ihrem Zweck. Art. 32 Flüchtlingsschutz-RL erfüllt nicht einen sozialpolitischen Zweck. Vielmehr soll mit den Regelungen des Kapitels VII der Richtlinie der Flüchtlingsschutz wirksam ausgestaltet werden. Wie sich insbesondere aus der Kapitelüberschrift ergibt, soll auch mit Art. 32 der Richtlinie der Inhalt des Internationalen Schutzes ausgestaltet werden. Die Wirksamkeit des Flüchtlingsschutzes setzt einen Schutz vor Obdachlosigkeit voraus. Ein Aufenthaltsrecht bzw. der Schutz vor Zurückweisung allein (Art. 21 der Richtlinie) macht den Flüchtlingsschutz nicht wirksam. Fehlt den Schutzberechtigten jede materielle Lebensgrundlage, werden sie veranlasst sein, um im Zufluchtsland nicht zugrunde zu gehen, in ihren Herkunftsstaat und also in den Verfolgerstaat zurückzukehren. Ein anderer Staat wird sich kaum finden, der sie aufnimmt.
41Vgl. Moll/Pohl, Das Drittstaatenkonzept im unionsrechtlichen Kontext, ZAR 2012, 102, 105.
42Eine Beschränkung des Regelungsinhalts des Art. 32 Flüchtlingsschutz-RL auf ein Gleichbehandlungsgebot, das eine längere Obdachlosigkeit zulässt, ist auch systemwidrig. Bei einer solchen Auslegung der Vorschrift wäre ein anerkannter Flüchtling schlechter gestellt als ein Asylbewerber. Denn die Mitgliedstaaten sind gem. Art. 2 Buchstabe g, Art. 17 und Art. 18 Abs. 1 Richtlinie 2013/33/EU ‑ Aufnahmerichtlinie - verpflichtet, während des Verfahrens, in dem über einen Antrag auf internationalen Schutz entschieden wird, für eine Unterkunft der Asylbewerber zu sorgen.
43Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Rechtsprechung nicht ausgeschlossen, dass die Verantwortlichkeit des Staates nach Art. 3 EMRK wegen der Behandlung einer Person begründet sein kann, der vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und behördlicher Gleichgültigkeit gegenüber steht, obwohl er sich in so ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist.
44Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011, a. a. O., Rdnr. 253; Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 -, a. a. O., Rdnr. 98 = NLMR 2014, 478; zur Inanspruchnahme von sozialen Leistungen vgl. auch EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 - 26565/05 -, BeckRS, Rdnr. 42 = NVwZ 2008, 1334
45Im Bereich sozialer Fürsorge kann es unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das Verbot, jemanden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung zu unterwerfen, aber von vorneherein nur um die Gewährleistung einer unabdingbaren Grundversorgung gehen.
46Vgl. dazu EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 - 26565/05 -, a. a. O., Rdnr. 42 ff.
47Die Eingriffsschwelle von Art. 3 EMRK wird durch Missstände im sozialen Bereich also nur unter strengen Voraussetzungen überschritten.
48Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2015 – 14 B 525/15.A –, www.nrwe.de = Juris.
49Davon ausgehend kann ein Staat im Rahmen von Art. 3 EMRK für eine Behandlung verantwortlich sein, bei der sich ein von staatlicher Unterstützung vollständig abhängiger Asylsuchender in einer gravierenden Mangel- oder Notsituation staatlicher Gleichgültigkeit ausgesetzt sieht, die mit der Menschenwürde unvereinbar ist.
50Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, www.nrwe.de, Rdnr. 126 = Juris; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2015 – 14 B 525/15.A –, www.nrwe.de, Rdnr. 14 = Juris.
51Ein solcher besonders gravierender Fall liegt hier vor. Die für den Kläger ohne Aussicht auf eine Verbesserung zu prognostizierenden Existenzbedingungen haben das für Art. 3 EMRK erforderliche Mindestmaß an Schwere erreicht. Der Kläger wäre im Falle seiner Abschiebung nach Bulgarien vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist, stände aber behördlicher Gleichgültigkeit gegenüber, obwohl er sich in so ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist.
52Dem Status des Klägers als Flüchtling ist erhebliche Bedeutung zuzumessen. Aufgrund der Flüchtlingseigenschaft ist er Teil einer besonders unterprivilegierten und verletzlichen Gesellschaftsschicht mit speziellem Schutzbedürfnis. Die ihn in Bulgarien erwartete Behandlung begründet die Gefahr, dass der Kläger in Bulgarien den Schutz der Genfer Konvention trotz dessen formeller Zuerkennung aus praktischen Gründen nicht wahrnehmen kann. Er wäre im Falle seiner Abschiebung nach Bulgarien nämlich längerfristig obdachlos, ohne die Möglichkeit zu haben, an dieser Situation selbst etwas zu ändern. Die soziale Situation begründete - wie ausgeführt - den Zwang, trotz Flüchtlingsstatus das Land verlassen zu müssen.
53Vgl. dagegen zu ausreisepflichtigen Drittstaatsangehörigen, deren Asylantrag in Bulgarien abgelehnt wurde, VG Aachen, Beschluss vom 1. April 2015 – 8 L 56/125.A -, www.nrwe.de = Juris.
54In Drittstaaten können betroffene Ausländer - anders als bei einer Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen.
55Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 ‑, www.bverfg.de = Juris.
56Auch für die Zeit danach besteht die konkrete Gefahr längerer Obdachlosigkeit und Verelendung. Zwar mögen die rechtlichen Vorgaben der Genfer Konvention, die hinsichtlich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Rechte eine Gleichbehandlung mit eigenen Staatsangehörigen verlangt (vgl. Art. 23 und 24 GK), von Gesetzes wegen eingehalten werden. Maßgeblich sind aber die tatsächlichen Verhältnisse.
57Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 1991 – 2 BvR 902/85 u. a. -, Juris, Rn. 37 = InfAuslR 1991, 200 zur Gefahr politischer Verfolgung.
58Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte sind in Bulgarien infolge der praktischen Handhabung der Behörden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von Obdachlosigkeit, Armut und Verelendung bedroht. Nach den Erkenntnissen bedeutet der Erhalt eines Schutzstatus in Bulgarien in der Regel Obdachlosigkeit. Dies beruht auf den folgenden Feststellungen des Gerichts:
59Anerkannte Schutzberechtigte müssen nach einer gewissen Zeit die Aufnahmelager verlassen, die für Asylbewerber eingerichtet sind. Der Kläger kann auch in kein Aufnahmelager zurückkehren. Auf dem Wohnungsmarkt haben anerkannte Schutzberechtigte auf Grund der Voreingenommenheit der Bevölkerung geringe Chancen. In anderen Fällen wird ihre Situation durch das Verlangen hoher Mieten ausgenutzt, die nicht zu finanzieren sind.
60Die Finanzierung einer Unterkunft durch Erwerbseinkommen ist regelmäßig nicht möglich. Der Zugang zum Arbeitsmarkt für anerkannte Schutzberechtigte ist in Bulgarien äußerst erschwert. Selbst für Schutzberechtigte mit (akademischem) Berufsabschluss bestehen keine erhöhten Chancen. Dies hat seine Ursache - auch wegen einer selbständigen Tätigkeit - in fehlenden Kenntnissen der bulgarischen Sprache; gleichzeitig besteht derzeit kein hinreichendes Angebot für Sprachkurse. Eine weitere Ursache liegt in der oftmals fehlenden Bereitschaft der Arbeitgeber, anerkannte Schutzberechtigte als Arbeitskräfte einzustellen. Eine Arbeitsförderung durch Jobcenter ist nicht möglich. Die Meldung über eine Arbeitssuche hat bei demjenigen Jobcenter zu erfolgen, in dem der Arbeitssuchende vorübergehend oder dauerhaft wohnt, um dessen örtliche Zuständigkeit zu begründen. Zudem setzt die Registrierung beim Jobcenter die Vorlage eines Ausweisdokuments voraus. Der Antrag zur Ausstellung eines Ausweisdokuments setzt wiederum voraus, dass der Antragsteller im Bezirk der Ausstellungsbehörde wohnt, um deren örtliche Zuständigkeit zu begründen. Die Adresse der Aufnahmezentren können die Schutzberechtigten zu diesem Zweck nicht verwenden. Dies gilt erst recht für den Kläger, wenn er aus Deutschland nach Bulgarien überstellt wird. Eine Erwerbstätigkeit auf dem Schwarzmarkt kommt ebenfalls nicht in Betracht. Es mag dahingestellt bleiben, ob eine solche Tätigkeit Grundlage einer Erwerbsprognose sein darf. Jedenfalls sind auch auf dem Schwarzmarkt die Erwerbsmöglichkeiten für anerkannte Schutzberechtigte beschränkt, da dieser vorwiegend von einer anderen Bevölkerungsgruppe geprägt wird.
61Die Anmietung einer Unterkunft aus Sozialmitteln ist nicht möglich. Die Stellung eines Antrags auf Sozialleistungen ist ebenfalls an das Vorhandensein einer Unterkunft geknüpft. Der Antrag muss an das Sozialhilfedirektorat der Sozialhilfsagentur gestellt werden, in deren Bezirk der Antragsteller wohnt, um deren örtliche Zuständigkeit zu begründen. Gleichzeitig ist die Meldung beim Jobcenter Voraussetzung für die Gewährung von Sozialleistungen, die – wie ausgeführt – ebenfalls eine Unterkunft voraussetzt.
62Die Erlangung einer Unterkunft aus Mitteln von Nichtregierungsorganisationen ist nicht möglich. Zwar haben die staatliche Flüchtlingsbehörde und das bulgarische Rote Kreutz am 21. Juli 2015 eine Vereinbarung unterzeichnet, die das Ziel hat, Schutzberechtigten eine Unterkunft zu vermitteln. Bislang ist die Förderung aber noch nicht umgesetzt worden. Außerdem besteht die Prognose einer sehr niedrigen Erfolgsquote, weil die Förderung den Besitz eines Ausweisdokumentes voraussetzt, die Schutzberechtigten aber - wie ausgeführt - bereits eine Unterkunft vorweisen müssen, um die örtliche Zuständigkeit einer Behörde zu begründen.
63Der bulgarische Staat unternimmt gleichwohl keine Anstrengungen, um die Lage von Schutzberechtigten wirksam zu verbessern. Es gibt keinen konkreten nationalen Integrationsplan. Das „Nationale Programm zur Integration von Flüchtlingen in Bulgarien“ lief im Dezember 2013 aus. Ein Programmentwurf für eine Programmperiode 2014 – 2016 wurde vom Ministerrat nicht verabschiedet. Die Regierung wies die Integrationsaufgaben dem Ministerium für Arbeit und Soziales zu. Das Ministerium bestand auf die Verabschiedung einer nationalen Strategie für die Integration der international Schutzberechtigten, die im Juli 2014 erfolgte. In der Folgezeit wurde ein konkreter Integrationsplan nicht erarbeitet. Im Juni 2015 wurde eine Integrationsstrategie bis 2016 erlassen. Es fehlt aber weiterhin auch nur an einem Plan zur Umsetzung. Außerdem steht für effektive Integrationsmaßnahmen kein Budget zur Verfügung.
64Vgl. AA, Auskunft vom 23. Juli 2015 an das VG Stuttgart; Dr. Valeria Illareva, Bericht für den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vom 27. August 2015 über die derzeitige rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien.
65Auf dieser Grundlage ist nicht die Prognose gerechtfertigt, dass die beschlossenen Strategien derart und rechtzeitig umgesetzt werden, dass sie die für den Kläger bestehende Gefahr einer Obdachlosigkeit beseitigen.
66Die Sicherung einer Unterkunft ist auch sonst nicht gewährleistet. Wegen einer Rückführung des Klägers ist Ansprechpartner für die Beklagte die Grenzpolizei Bulgariens (vgl. die Erklärung Bulgariens vom 11. Februar 2015 sowie Art. 13 Abs. 1 des Rückübernahmeabkommens). Es ist nicht gewährleistet, dass die bulgarische Grenzpolizei nach einer Einreisekontrolle weitere Maßnahmen ergreift, die einer (Not-)Versorgung des Klägers dienen. Das Bundesamt hat auch weder Kontakt mit der zuständigen bulgarischen Behörde aufgenommen, um zu Gunsten des Klägers eine konkrete und belastbare Zusicherung zu erhalten, dass im Falle seiner Abschiebung für diesen eine zur Grundversorgung hinreichende Unterkunft zur Verfügung steht, noch eine andere Maßnahme zur Abwendung der zu erwartenden Notlage ergriffen.
67Vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 -, Juris, Rdnr. 189 am Ende = NJW 1996, 1665; Beschluss vom 17. September 2014 ‑ 2 BvR 1795/14 -, www.bverfg.de, Rdnr. 8.
68Bei einer solchen Sachlage würde es elementaren Grundsätzen der Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) zuwiderlaufen, Personen, die ohne Unterkunft und nicht in der Lage sind, sich aus eigenem Bemühen eine solche zu verschaffen, anstelle einer Unterbringung durch die zuständige Behörde auf das Wohlwollen dritter Personen oder Stellen zu verweisen.
69Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. März 1992 – 9 B 3839/91 -, Juris, Rdnr. 9 = NWVBl. 1992, 180.
70Art. 16a Abs. 2 GG steht der Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK nicht entgegen.
71Grundsätzlich ist nach dieser Verfassungsvorschrift davon auszugehen, dass die Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention in Bulgarien sichergestellt ist. Nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG ist Bulgarien ein sicherer Drittstaat, weil es 2007 der Europäischen Union beigetreten ist. Die Verfassungsnorm erfasst die Staaten, die nach 1993 der Union beigetreten sind (dynamische Verweisung). Die Regelung ist auch nicht auf das Asylrecht im Sinn des Art. 16a Abs. 1 GG beschränkt. Sie erstreckt sich auf Abschiebungsverbote, soweit diese aus der Europäischen Menschenrechtskonvention folgen.
72Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 -, a. a. O., Rdnr. 186.
73Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestimmt Art. 16a Abs. 2 GG aber nicht eine Regel, die keine Ausnahmen zulässt. Der Regelungsgehalt des Art. 16a Abs. 2 GG folgt aus dem mit dieser Verfassungsnorm verfolgten Konzept einer normativen Vergewisserung über die Sicherheit im Drittstaat. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Art. 16a Abs. 2 GG sieht nicht vor, dass dies im Einzelfall überprüft wird. Die Beklagte hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungsverbote durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. So könnte sich beispielsweise im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EMRK, wonach die Todesstrafe nicht konventionswidrig ist, ein Ausländer gegenüber einer Überstellung in den Drittstaat auf das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG berufen, wenn ihm dort die Todesstrafe drohen sollte. Nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz durch den Drittstaat sind auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird. Weiterhin sind von dem Konzept der normativen Vergewisserung nicht erfasst Verhältnisse im Drittstaat, die sich schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG hierauf noch aussteht.
74Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 -, a. a. O., Rdnr. 181 und 189.
75Die Voraussetzungen einer der vom Bundesverfassungsgericht bisher für eine Ausnahmesituation angeführten fünf Fallgruppen liegen hier nicht vor. Insbesondere liegt wegen der festgestellten Verletzung des Art. 3 EMRK keine Ausnahmesituation im Sinn der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung vor. Sie betrifft nicht allein den Kläger oder wenige Einzelfälle, sondern eine Vielzahl der Personen, denen in Bulgarien internationaler Schutz zuerkannt wird. Soweit mit dem Auslaufen des „Nationalen Programms zur Integration von Flüchtlingen in Bulgarien“ eine schlagartige Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist, liegt die vom Bundesverfassungsgericht genannte Fallgruppe hier nicht vor, da sie sich auf Drittstaaten erstreckt, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung bestimmt sind, Bulgarien aber bereits kraft Verfassung sicherer Drittstaat ist.
76Die fünf Ausnahme-Fallgruppen, die das Bundesverfassungsgericht angeführt hat, sind aber nicht abschließend. Es wird zwar die Rechtsauffassung vertreten, die vom Bundesverfassungsgericht angeführten Fallgruppen seien nicht erweiterungsfähig, weil das Bundesverfassungsgericht u. a. die Erläuterung der letzten der Fallgruppe mit dem Wort „schließlich“ eingeleitet habe.
77Vgl. dazu Randelshofer, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 16a Abs. 2 (Februar 1999), Rdnr. 69; Moll/Pohl, Das Drittstaatenkonzept im unionsrechtlichen Kontext, ZAR 2012, 102, 104.
78Dies ist aber nicht der Fall. Das Bundesverfassungsgericht hat einstweilige Anordnungen erlassen, die die Möglichkeit voraussetzen, dass weitere Ausnahmen vom Konzept der normativen Vergewisserung bestehen. Die damals anhängigen Verfassungsbeschwerden gaben dem Bundesverfassungsgericht Anlass zur Untersuchung, ob und gegebenenfalls welche Vorgaben das Grundgesetz in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und Art. 16a Abs. 2 Sätze 1 und 3 GG für die fachgerichtliche Prüfung der Grenzen des Konzepts der normativen Vergewisserung bei der Anwendung des § 34a AsylVfG trifft.
79Vgl. BVerfG, z. B. Beschluss vom 8. September 2009 - 2 BvQ 56/09 -, www.bverfg.de, Rdnr. 4 = Juris; Beschluss vom 10. Dezember 2009 - 2 BvR 2767/09 -, www.bverfg.de, Rdnr. 4 = Juris.
80Dies hat das Verfassungsgericht insbesondere auf den Zeitraum bezogen, den die Organe der Europäischen Union benötigen, Erkenntnisse über bedrohliche Defizite des Asylsystems eines Mitgliedstaats auszuwerten und gegenüber dem Mitgliedsstaat erforderliche Maßnahmen durchzusetzen.
81Vgl. BVerfG, z. B. Beschluss vom 12. Oktober 2010 – 2 BvR 1902/10 -, www.bverfg.de, Rn. 4 = Juris; Beschluss vom 10. Dezember 2009 - 2 BvR 2767/09 -, a. a. O.
82In anderen Fällen hat das Bundesverfassungsgericht die Frage angesprochen, ob selbst strukturelle Defizite, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestehen, einen im Konzept der normativen Vergewisserung nicht aufgefangenen Sonderfall darstellen können, die Frage aber infolge von Darlegungsmängeln keiner Klärung zuführen können.
83Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. September 2014 – 2 BvR 732/14, 2 BvR 1795/14, 2 BvR 991/14 und 2 Bv2 BvR 939/14 -, jeweils www.bverfg.de, Rn. 9 = Juris.
84Die festgestellte Situation, die mit dem Auslaufen des „Nationalen Programms zur Integration von Flüchtlingen in Bulgarien“ entstanden ist, liegt außerhalb der Grenzen der normativen Vergewisserung über die Situation in Bulgarien. Basis jeder Ausnahme vom Konzept einer normativen Vergewisserung ist, dass die Beklagte Schutz zu gewähren hat, wenn Abschiebungsverbote durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. Denn Art. 16a Abs. 2 GG will nicht den notwendigen Schutz verweigern. Die Vorschrift bezweckt, eine europäische Gesamtregelung der Schutzgewährung für Flüchtlinge mit dem Ziel einer Lastenverteilung zwischen den an einem solchen System beteiligten Staaten zu erreichen.
85Vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 -, a. a. O., Rdnr. 153.
86Das Bundesverfassungsgericht ging bei seiner Entscheidung von 1996 zwar davon aus, dass bei Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine rasante Veränderung der für die Verfolgungssicherheit relevanten tatsächlichen Verhältnisse ausgeschlossen ist. Dies folgt aus der Kombinierung der Fallgruppe zu den Verhältnissen, die sich schlagartig ändern, mit dem Merkmal des Zeitraums einer ausstehenden Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG.
87Vgl. Randelshofer, a. a. O., Rdnr. 70.
88Mit Blick auf die heute vorherrschenden Verhältnisse kann aber die Erwartung nicht aufrecht erhalten werden, dass bei Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine rasante Veränderung der für eine Verfolgungssicherheit relevanten tatsächlichen Verhältnisse ausgeschlossen ist. Sind die vom Bundesverfassungsgericht bisher benannten fünf Fallgruppen nicht abschließend, muss analog zu der o. a. Fallgruppe einer Veränderung der maßgeblichen Umstände entsprechendes für den Zeitraum gelten, den die Organe der Europäischen Union benötigen, Erkenntnisse über bedrohliche Defizite des Asylsystems eines Mitgliedstaats auszuwerten und gegenüber dem Mitgliedsstaat erforderliche Maßnahmen durchzusetzen. Dass die EU solche Maßnahmen ergriffen hat, um Art. 32 der Flüchtlingsschutz-RL und damit den Flüchtlingsschutz in Bulgarien zu wahren, und sie zugleich wegen der längeren Obdachlosigkeit anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien Erfolge erzielt hat, ist nicht erkennbar. Die Europäische Kommission hat zwar im Juni 2013 wegen der Flüchtlingsschutz-RL ein Aufforderungsschreiben an Bulgarien gerichtet. Nachdem Bulgarien die Richtlinie nicht umgesetzt bzw. der Kommission die nationalen Umsetzungsmaßnahmen nicht mitgeteilt hatte, hat die Kommission auch am 23. September 2015 im Verletzungsverfahren 2014/0026 beschlossen, Bulgarien wegen Nichtmittteilung nationaler Maßnahmen zur Umsetzung der Flüchtlingsschutz-RL eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu übermitteln (Art. 258 AEUV; sog. zweite Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens).
89Vgl. Europäische Kommission, Pressemitteilung vom 23. September 2015, “Mehr Verantwortung bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise: Europäische Kommission bringt Gemeinsames Europäisches Asylsystem auf Kurs und leitet 40 Vertragsverletzungsverfahren ein“, http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-5699_de.htm; vgl. auch die Aufstellung der Generaldirektion Migration und Inneres zu den Verletzungsverfahren, http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-is-new/eu-law-and-monitoring/infringements_by_country_bulgaria_en. htm.
90Es ist aber nicht festzustellen, dass Bulgarien auf dieser Grundlage Änderungen bei der Gewährung von Unterkünften oder bei der Gewährung finanzieller Mittel zur Anmietung von Unterkünften eingeleitet hat.
91Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
I.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... September 2014 wird aufgehoben.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der am ... 1983 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste zusammen mit seiner Ehefrau und den in den Jahren 2006, 2009 und 2013 im Iran geborenen Kindern am
Bei seiner polizeilichen Vernehmung im Zusammenhang mit der unerlaubten Einreise gab der Kläger unter anderem an, sie seien mit einem Auto an die türkisch-bulgarische Grenze gefahren worden. Als sie ausgestiegen seien, hätten sie fünf bis sechs Stunden zu Fuß laufen müssen und dann seien sie in Bulgarien gewesen. Sie seien dort sofort von der Polizei kontrolliert und dann in die Türkei zurückgeschoben worden. Die türkische Polizei habe sie in ein Gefängnis in der Stadt ... gebracht. Dort seien sie eine Woche gewesen und dann mit dem Bus nach ... gefahren und dort freigelassen worden. In der Türkei habe es dann einen Monat gedauert und im zweiten Versuch habe es dann geklappt und sie seien nach Bulgarien gelangt. Sie seien dort festgenommen aber diesmal nicht zurückgeschoben worden. Sie seien von einem Gefängnis ins nächste verlegt worden. Sie seien in insgesamt drei Gefängnissen gewesen. Es seien Flüchtlingslager gewesen, hätten aber ausgesehen wie Gefängnisse. Im Gefängnis „...“ seien arabische Rechtsanwälte gewesen, die sie für 200 USD pro Person aus dem Gefängnis geholt hätten und nach ... verbracht hätten. Dort seien sie vier bis fünf Monate gewesen.
Am
Am
Am
Mit Bescheid vom ... September 2014, zugestellt am
Am 12. September 2014 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage. Sie beantragten zudem, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Hierzu wurde im Wesentlichen vorgetragen, es lägen hinsichtlich Bulgariens systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union vor. Der Kläger habe sich in der Einrichtung „...“ befunden, wo er nur unzureichend mit Basisleistungen wie Nahrungsmitteln versorgt worden sei. Des Weiteren sei die Aufnahmeeinrichtung deutlich überbelegt gewesen. Daher habe keinerlei Privatsphäre bestanden und es hätten extrem schlechte hygienische Bedingungen geherrscht, so dass eine Gefährdung der Gesundheit bestanden habe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ...09.2014, zugestellt am
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom
Mit Beschluss des Gerichts
Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss der Kammer vom
Die Beteiligten verzichteten jeweils auf mündliche Verhandlung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Verfahren M 16 S 14.50544, die Gerichtsakten in den Verfahren der weiteren Familienmitglieder (M 16 K 14.50548 und M 16 S 14.50549) sowie auf die jeweils vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Gründe
Über die Klage konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist begründet.
Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts vom ... September 2014 ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt, auf den für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylVfG abzustellen ist, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Es ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG für den Erlass der Abschiebungsanordnung nicht mehr vorliegen, da nicht feststeht, dass die Abschiebung (unter Beachtung der zur Vermeidung drohender gravierender Rechtsverletzungen der Kinder des Klägers erforderlichen Schutzmaßnahmen) in absehbarer Zeit durchgeführt werden könnte. Das Wohl des Kindes ist gemäß Art. 6 Abs. 1 Dublin-III-VO in allen Verfahren nach dieser Verordnung eine vorrangige Erwägung der Mitgliedstaaten.
Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass es nach der - von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden - jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift Aufgabe allein des Bundesamts ist zu prüfen, ob „feststeht“, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt. Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn.11 f. m. w. N.). Bei Rückführungen in sichere Drittstaaten können hiervon betroffene Ausländer - anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen. In einem solchen Fall hat das zuständige Bundesamt angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen nach dem Dublin-System vorrangig zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der uneingeschränkten Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls jedenfalls bei Neugeborenen und Kleinstkindern in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren für die in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn.15 f. in Bezug auf Italien).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. insbesondere EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel/Schweiz, Nr. 29217/12
Unter Beachtung dieser Maßgaben bestehen vorliegend unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnislage schwerwiegende Gründe für die Annahme, dass jedenfalls die Kinder des Klägers im Falle einer Abschiebung nach Bulgarien der Gefahr einer Behandlung ausgesetzt wären, die Art. 3 EMRK zuwiderläuft. Dabei bestehen auf der Grundlage der im Wesentlichen übereinstimmenden Aussagen des Klägers und seiner Ehefrau sowie der Erkenntnislage zum maßgeblichen Zeitraum des Aufenthalts in Bulgarien erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass die Familie dort bereits einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung tatsächlich ausgesetzt war.
Auf die Frage, ob darüber hinaus auch systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO in Bulgarien in Bezug auf Familien mit Kleinstkindern vorliegen, was obergerichtlich bislang nicht entschieden wurde, kommt es daher vorliegend nicht entscheidungserheblich an (vgl. hierzu auch Wendel, DVBl 2015, 731, 733 ff).
Im Bericht des UNHCR vom 2. Januar 2014 wurde zunächst die Einschätzung geäußert, dass Asylbewerber in Bulgarien aufgrund systematischer Defizite der Aufnahmebedingungen und des Asylverfahrens dem tatsächlichen Risiko einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt seien, und es wurde empfohlen, Überstellungen nach Bulgarien einzustellen (vgl. UNHCR, „Bulgaria As a Country of Asylum - UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria“, 2.1.2014, S. 16). Zum 1. April 2014 unternahm UNHCR eine Neubewertung der Situation und kam dabei zu folgenden Schlussfolgerungen: UNHCR habe zwischen dem 1. Januar und dem 31. März 2014 erhebliche Verbesserungen in Bulgarien bei der Registrierung, Bearbeitung von Anträgen auf internationalen Schutz und den allgemeinen Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in den Aufnahmezentren festgestellt. Es sei entscheidend, dass diese Verbesserungen sowie solche, die zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Dokuments auf den Weg gebracht würden, konsolidiert würden und für ihre Nachhaltigkeit gesorgt werde. Es sei außerdem ausschlaggebend, dass die Regierung ein umfassendes Integrationsprogramm für Personen, die internationalen Schutz genießen würden, entwickle und umsetze. UNHCR wolle nichtsdestotrotz auf die weiterhin bestehenden Schwächen des bulgarischen Asylsystems hinweisen, insbesondere in Hinblick auf den Zugang zu Bulgarien an den Grenzen; ungeeignete Aufnahmebedingungen in zwei von sieben Zentren; die mangelnden Voraussetzungen für die Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen - insbesondere in Hinblick auf Kinder im Allgemeinen und unbegleitete Minderjährige im Besonderen; den Mangel an Systemen, um auf diese Bedürfnisse einzugehen; die weiterhin bestehende Notwendigkeit, die Asylverfahren qualitativ zu verbessern, einschließlich der Bereitstellung von Informationen in einer Sprache, die die Asylsuchenden verstehen würden; und eine dringende Notwendigkeit, Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und Integrationsmaßnahmen für Personen, die als international schutzbedürftig anerkannt seien, zu gewähren. Auf dieser Grundlage wolle UNHCR daher herausstellen, dass Gründe vorliegen können, Überstellungen gemäß der Dublin-Verordnung für bestimmte Gruppen oder Einzelpersonen auszuschließen, auch wenn die Mängel nicht mehr derart seien, dass eine allgemeine Aussetzung der Dublin-Überstellungen nach Bulgarien gerechtfertigt wäre. UNHCR empfehle, dass Dublin-Staaten eine Einzelfallbewertung durchführten und prüften, ob eine Überstellung mit ihren Verpflichtungen vereinbar sei, die Grundrechte des Einzelnen gemäß EU-Recht und internationalem Recht zu schützen, insbesondere im Hinblick auf Asylsuchende mit besonderen Bedürfnissen oder Vulnerabilitäten (vgl. UNHCR, „Bulgarien als Asylland - UNHCR Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien“, April 2014; S. 17). Weiterhin führte UNHCR in einer jüngeren Stellungnahme vom 23. Dezember 2014 aus, UNHCR sorge sich weiter um mangelnde Systematik bei der Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen, sowie um ein fehlendes System, um auf solche, einmal identifizierte Bedürfnisse einzugehen (vgl. UNHCR, Auskunft an das Verwaltungsgericht Minden in der Verwaltungsrechtssache 10 L 530/14.A vom 23.12.2014; S. 5).
Amnesty International kritisierte in einem Bericht vom April 2014 nach einer Überprüfung (des Zugangs zu bulgarischem Hoheitsgebiet und zum Asylverfahren, der Inhaftierung von Asylsuchenden und der Aufnahmebedingungen für Asylsuchende) bei einem weiteren Besuch in Bulgarien - trotz Verbesserung der Aufnahmebedingungen und einer personellen Aufstockung der staatlichen Flüchtlingsagentur (SAR) - die systemischen Mängel bei der Behandlung von Asylsuchenden in Bulgarien. Asylsuchende würden nach wie vor routinemäßig inhaftiert und die Aufnahmebedingungen seien weiterhin unzureichend. Nach bulgarischem Recht könnten Kinder in Begleitung ihrer Eltern bis zu drei Monate inhaftiert werden, während (nur) Kinder ohne elterliche Begleitung nicht inhaftiert werden dürften. Trotz der großen Anzahl an Kleinkindern in den Aufnahmeeinrichtungen sei von Seiten der Regierung keine kleinkindgerechte Nahrung zur Verfügung gestellt worden. Daher hätten sich diejenigen, die es sich hätten leisten können, ihren Kindern angemessene Nahrung gekauft, während alle anderen ihre Kinder mit Brot und Tee versorgt hätten. Die besuchten Aufnahmeeinrichtungen würden trotz der Verbesserungen nach wie vor nicht den adäquaten Standards entsprechen, insbesondere im Hinblick auf sanitäre Einrichtungen, Lebensmittelversorgung und Zugang zu Bildung für Kinder (vgl. Amnesty International, „Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen“, April 2014, S. 2, 4, 9). Ebenso bestätigte das „European Council on Refugees and Exiles - ECRE“ (vgl. http://www.asylumineurope.org/news/07-04-2014/ecre-calls-european-countries-not-send-asylum-seekers-back-bulgaria) am 7. April 2014 die Forderung, Dublin-Überstellungen nach Bulgarien weiterhin auszusetzen.
Nach dem am
Nach dem aktuellen Bericht von „aida - Asylum Information Database“ („Country Report Bulgaria“ - aida-Länderbericht -, Stand:
In dem im April 2015 veröffentlichten Bericht von PRO ASYL e.V. („Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“) werden exemplarisch Aussagen von Flüchtlingen zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen in Bulgarien dokumentiert. Diese Flüchtlinge seien überwiegend im Jahr 2014 nach Deutschland eingereist. Es werde gefordert, dass von Rücküberstellungen innerhalb oder außerhalb des Dublin-Übereinkommens abgesehen werde (vgl. PRO ASYL e.V., a. a. O. S. 7). In der Stellungnahme von PRO ASYL e.V. an das Verwaltungsgericht Köln
Angesichts dieser Erkenntnislage muss insgesamt davon ausgegangen werden, dass ohne das Vorliegen einer entsprechenden individuellen Zusicherung von Seiten Bulgariens nicht sichergestellt wäre, dass die Familie des Klägers nach einer Rücküberstellung nach Bulgarien dort unmittelbar in einer dem Kindesalter entsprechenden Weise aufgenommen würde. Eine Abschiebung würde daher derzeit gegen Art. 3 EMRK verstoßen.
Selbst wenn nach den vorliegenden Erkenntnismitteln davon ausgegangen werden könnte, dass Familien stets eine Unterkunft erhalten würden, wäre dies allein nicht ausreichend, da an die Qualität der Unterkunft und auch die damit zusammenhängende Versorgung der Kinder bestimmte Mindestanforderungen zu stellen sind. Eigene Einrichtungen für Familien existieren nicht (vgl. aida-Länderbericht, a. a. O. S. 43). Zwar mögen einzelne Unterkünfte familienfreundlicher ausgestaltet worden sein (vgl. UNHCR, Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien, April 2014, S. 9) und es mag Bemühungen geben, nach Möglichkeit Kernfamilien zusammen und in eigenen Räumen unterzubringen (vgl. aida-Länderbericht, a. a. O. S. 43). Hieraus lässt sich jedoch gerade nicht folgern, dass dies für alle Aufnahmeeinrichtungen der Fall wäre. Auch nach dem aida-Länderbericht wurden lediglich „Mindeststandards“ in allen Aufnahmeeinrichtungen erreicht. Nähere Ausführungen der vorhandenen Standards, insbesondere in Bezug auf Familien, auch was eine kleinkindgerechte Ernährung anbelangt, enthält der Bericht nicht. Nach der bisherigen Erkenntnislage ist die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung als defizitär anzusehen (vgl. hierzu auch VGH BW, U. v.
Das Bundesamt hat sich auf die Anfrage des Gerichts, ob derzeit entsprechende individuelle Zusicherungen von Seiten der bulgarischen Behörden eingeholt werden und auf dieser Grundlage Rücküberstellungen von Familien mit Kleinstkindern nach Bulgarien möglich sind, bzw., ob solche tatsächlich durchgeführt werden, nicht geäußert. Demnach ist davon auszugehen, dass jedenfalls derzeit nicht feststeht, dass eine Abschiebung der Familie des Klägers nach Bulgarien durchgeführt werden könnte. Sofern - wie nach dem derzeitigen Erkenntnisstand anzunehmen ist - in absehbarer Zeit rechtlich keine Überstellung möglich ist, kann die auf der Grundlage des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erlassene Abschiebungsanordnung keinen Bestand mehr haben. In diesem Fall ist auch in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens von einer Ermessensreduzierung auf Null für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO auszugehen, da die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats, in den eine Überstellung rechtlich möglich wäre, nicht ersichtlich ist. Eine Überstellung der Familie nach Ungarn käme bereits wegen der dortigen Verhältnisse ebenfalls in Betracht (vgl. hierzu VG München, z. B. Gerichtsbescheid
Da der Asylantragsteller nach den Grundstrukturen des gemeinsamen Europäischen Asylsystems jedenfalls einen Anspruch darauf hat, dass sein Asylantrag zumindest in einem Mitglied- oder Vertragsstaat geprüft wird, so verletzt die Aufrechterhaltung der Ablehnung des Antrags als unzulässig auch seine Rechte (vgl. auch VGH BW, U. v. 29.4.2015 - A 11 S 121/15 - juris Rn. 42). Mit der objektiven Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids ist somit auch eine subjektive Rechtsverletzung des Klägers im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verbunden, so dass der Bescheid insgesamt aufzuheben war.
Soweit der Kläger weiterhin beantragt hat, die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen, war hierüber nicht ausdrücklich zu entscheiden, da davon auszugehen ist, dass die Beklagte dem von sich aus nachkommen wird bzw. eine Zuständigkeit der Beklagten mit einer entsprechenden Verpflichtung zur Prüfung des Asylantrags unmittelbar Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO folgt.
Die Kostenfolge beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylVfG nicht erhoben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
Tatbestand
- 1
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Der Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger und gehört der Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya an. Er wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, durch den sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Spanien angeordnet wird.
- 2
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Der Kläger reiste gemeinsam mit seiner Mutter und zwei Geschwistern (BVerwG 1 C 32.14 und 1 C 33.14) Anfang Januar 2013 nach Deutschland ein und stellte hier am 14. Januar 2013 einen Asylantrag. Dabei gaben alle vier Familienmitglieder an, aus religiösen Gründen in Pakistan verfolgt zu werden. Ein noch im gleichen Monat durchgeführter Abgleich der Fingerabdrücke mit Daten aus Eurodac ergab, dass der Kläger und seine Geschwister, nicht aber seine Mutter, bereits in Spanien Asylanträge gestellt hatten.
- 3
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Im Mai 2013 wurde die Schwester des Klägers (BVerwG 1 C 33.14) durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) persönlich angehört. Dabei gab sie an, bereits in Spanien einen Asylantrag gestellt zu haben. Sie alle hätten sich im November 2012 für drei oder vier Tage in Spanien aufgehalten und seien dort am Flughafen kontrolliert worden. Es sei kein Dolmetscher zugegen gewesen, und am Ende hätte sie etwas unterschreiben müssen. Sie wisse nicht, was sie unterschrieben habe, aber sie denke, es sei ein Asylantrag gewesen. Ihr eigentliches Ziel sei bereits damals Deutschland gewesen. Von Spanien aus sei sie zunächst nach Pakistan zurückgekehrt. Im Januar 2013 sei sie dann mit dem Flugzeug von Islamabad kommend nach Frankfurt a.M. geflogen. Ein Flugticket habe sie nicht mehr.
- 4
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Am 4. Dezember 2013 richtete die Beklagte unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO hinsichtlich sämtlicher vier Familienmitglieder Wiederaufnahmeersuchen an Spanien. Dabei gab sie an, dass es für den Kläger und seine Geschwister, nicht aber für deren Mutter, jeweils Eurodac-Treffer gebe. Die Schwester (BVerwG 1 C 33.14) und ihr jüngerer Bruder (BVerwG 1 C 32.14) hätten nach den aus Eurodac gewonnenen Daten am 1. Dezember 2012 in Malaga einen Asylantrag gestellt, der Kläger (BVerwG 1 C 34.14) am 3. Dezember 2012. Das spanische Innenministerium teilte mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 (BVerwG 1 C 33.14) und 19. Dezember 2013 (BVerwG 1 C 32.14 und 1 C 34.14), gleichfalls unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO, mit, dass es die Wiederaufnahme sämtlicher vier Familienmitglieder akzeptiere.
- 5
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Mit Bescheid vom 29. Januar 2014 stellte die Beklagte fest, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist (Ziffer 1) und ordnete seine Abschiebung nach Spanien an (Ziffer 2). Der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG (jetzt: AsylG) unzulässig, da Spanien aufgrund des dort gestellten Asylantrages gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.
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Mit Beschluss vom 7. März 2014 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klage gegen die Abschiebungsanordnung an. Mit Urteil vom 22. April 2014 hat es den Bescheid der Beklagten aufgehoben. Die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig und die Anordnung der Abschiebung des Klägers seien rechtswidrig. Denn Deutschland sei gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig, weil es das Wiederaufnahmegesuch an Spanien nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten gestellt habe. Hier habe bereits am 16. Januar 2013 aufgrund des Datenabgleichs mit Eurodac ein Hinweis für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates der EU vorgelegen. Darüber hinaus habe die Schwester des Klägers bei ihrer Anhörung im Verfahren BVerwG 1 C 33.14 auf einen Aufenthalt in Spanien und einen dort wahrscheinlich gestellten Asylantrag hingewiesen. Trotz dieser eindeutigen Hinweise habe die Beklagte erst am 4. Dezember 2013 Wiederaufnahmegesuche an Spanien gerichtet. Die in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO enthaltene Fristenregelung finde nicht nur in Verfahren auf Aufnahme eines Asylbewerbers Anwendung, sondern auch in Verfahren auf Wiederaufnahme.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss nach § 130a VwGO vom 25. August 2014 das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Deutschland sei nicht in analoger Anwendung von Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig geworden. Zur Anwendung komme allein das Verfahren zur Wiederaufnahme nach Art. 20 Dublin II-VO, weil der Kläger vor seiner Einreise nach Deutschland in Spanien um Asyl nachgesucht habe. Art. 20 der Dublin II-VO enthalte keine dem Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO entsprechende Fristbestimmung. Insoweit sei auch keine Regelungslücke zu erkennen, die durch eine analoge Heranziehung der Fristbestimmungen zur Aufnahme zu schließen wäre. Unabhängig davon könne sich der Kläger auch nicht auf die Einhaltung der Zuständigkeits- und Fristenregelungen der Dublin II-VO berufen, denn sie dienten allein einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaates.
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Der Kläger wendet sich mit seiner Revision gegen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zur Unzuständigkeit Deutschlands wie zur Abschiebungsanordnung. Das Verwaltungsgericht habe mit Recht die Fristenregelung für die Aufnahme auf das Verfahren der Wiederaufnahme übertragen, weil insoweit eine Regelungslücke vorliege. Damit sei Deutschland für die Behandlung der Asylanträge zuständig geworden. Andernfalls würden die Mitgliedstaaten für das Wiederaufnahmeverfahren keiner Fristbestimmung unterliegen. Dies würde der generellen Zielsetzung des Dublin-Regelwerks zuwiderlaufen, eine Beschleunigung der Asylverfahren zu erreichen. Es spreche zudem vieles dafür, dass der Kläger auch in seinen Grundrechten aus Art. 41 der GRC und Art. 6 Abs. 1 EMRK verletzt sei. Insoweit sei zu klären, ob sich ein Asylantragsteller in einem solchen Fall auf die Fristbestimmungen des Dublin-Regelungswerks berufen könne. Des Weiteren habe das Berufungsgericht verkannt, dass die gesetzliche Regelung des § 34a AsylG gegen Unionsrecht verstoße. Die Dublin II-VO sehe bei Unzuständigkeit eines Mitgliedstaates eine "Überstellung" vor. Damit habe das Unionsrecht eine neue Form der Aufenthaltsbeendigung geschaffen, die hinter der Abschiebung im Sinne des deutschen Ausländer- und Asylrechts zurückbleibe. Sowohl die Dublin II-VO als auch das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verböten, eine Überstellung eines Asylbewerbers mit dem Zwangsmittel einer Abschiebung durchzuführen.
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Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.
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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich an dem Verfahren nicht beteiligt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der Beschluss des Berufungsgerichts steht im Einklang mit revisiblem Recht. Die erhobene Anfechtungsklage ist statthaft (1.). Die Entscheidung der Beklagten, den Asylantrag als unzulässig abzulehnen, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (2.). Die angefochtene Abschiebungsanordnung erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylG (3.).
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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798) und das Aufenthaltsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), beide Gesetze zuletzt geändert durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon - wie im vorliegenden Fall in Bezug auf die maßgebliche Dublin-Verordnung - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.
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1. Die Vorinstanzen haben mit Recht die Anfechtungsklage als die allein statthafte Klageart angesehen, wenn es - wie hier - um das Begehren auf Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung eines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin II-Verordnung geht (Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist - ABl. L 50 S. 1). Dies hat der Senat mit Urteil vom gleichen Tag in dem die Mutter und den Bruder des Klägers betreffenden Verfahren (BVerwG 1 C 32.14) näher ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hat in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids auch eine rechtsgestaltende Regelung über die Zulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylG getroffen, dessen Aufhebung mit der Anfechtungsklage begehrt werden kann. Auch für die Aufhebung der in Ziffer 2 des Bescheids getroffenen Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG ist die Anfechtungsklage die statthafte Klageart.
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2. Die Entscheidung der Beklagten, den Asylantrag als unzulässig abzulehnen, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Dabei kann offenbleiben, ob die Beklagte bei Stellung ihres Ersuchens an Spanien in Bezug auf die Mutter des Klägers die Frist nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO zu beachten hatte und im Falle einer durch Fristversäumnis begründeten Zuständigkeit Spaniens für die Prüfung des Asylantrags der Mutter des Klägers sich diese Zuständigkeit auch auf den Kläger und seine Geschwister erstreckte, im Fall des Klägers nach Art. 14 Dublin II-VO. Denn auf eine etwaige Nichtbeachtung von Fristen für die Aufnahme oder Wiederaufnahme kann sich der Kläger nicht berufen, weil die Fristenregelung für ihn keine subjektiven Rechte begründet.
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a) Zwar ist der Verwaltungsgerichtshof zutreffend davon ausgegangen, dass die Drei-Monats-Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO nur für Aufnahmegesuche gilt, nicht hingegen für Gesuche auf Wiederaufnahme von Asylantragstellern. Der Senat hat bereits entschieden, dass das Fehlen einer Fristvorgabe für die Stellung eines Wiederaufnahmeersuchens in der Dublin II-VO keine Regelungslücke darstellt, die durch eine analoge Anwendung von Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO zu schließen wäre (BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 - 10 B 17.14 - juris Rn. 13; vgl. auch Beschluss vom 21. Mai 2014 - 10 B 31.14 - juris Rn. 5). Es fehlt aber an hinreichenden tatrichterlichen Feststellungen, dass auch die Mutter des Klägers - wie ihre Kinder - in Spanien einen Asylantrag gestellt hat und deshalb auch auf sie das Verfahren der Wiederaufnahme nach Art. 20 Dublin II-VO Anwendung findet.
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Hätte die Mutter des Klägers in Spanien keinen Asylantrag gestellt, fänden auf sie die Dublin-Regeln über die Aufnahme Anwendung und die Beklagte hätte mit der Unterbreitung des Gesuchs an Spanien mehr als zehn Monate nach der Asylantragstellung die Drei-Monats-Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO verstreichen lassen. Damit wäre Deutschland für die Prüfung des Asylantrags der Mutter zuständig. Diese Zuständigkeit würde sich auf die bei Einreise minderjährigen Geschwister des Klägers nach Art. 4 Abs. 3 Dublin II-VO (wenn hinsichtlich der Minderjährigkeit auf die Sachlage bei Einreise abzustellen wäre) und auf den Kläger nach Art. 14 Dublin II-VO erstrecken, da Deutschland dann für die Aufnahme des größten Teils der Familienmitglieder zuständig wäre.
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b) Die Frage, ob die Mutter des Klägers in Spanien einen Asylantrag gestellt hat, ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn auf eine etwaige Nichtbeachtung der in diesem Fall zu beachtenden Drei-Monats-Frist für die Aufnahme nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO kann sich der Kläger nicht berufen, weil die Fristenregelung für ihn keine subjektiven Rechte begründet.
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Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil in der Rechtssache "Abdullahi" entschieden, dass in einer Situation wie der vorliegenden, in der der ersuchte Mitgliedstaat der Aufnahme des Asylbewerbers zugestimmt hat, der Betroffene der Entscheidung, den Asylantrag nicht zu prüfen und den Asylbewerber in einen anderen Mitgliedstaat zu überstellen, nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der GRC ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 [ECLI:EU:C:2013:813], Abdullahi - Rn. 60). Derartige systemische Mängel sind im vorliegenden Verfahren für Spanien weder gerichtlich festgestellt noch von den Verfahrensbeteiligten vorgetragen worden. In diesem Fall kann sich ein Asylbewerber nicht auf einen Fristablauf berufen, weil die Fristbestimmungen des Dublin-Regimes für die (Wieder-)Aufnahme lediglich als zwischen den Mitgliedstaaten wirkende Organisationsvorschriften anzusehen sind. Sie dienen einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne dem Antragsteller dadurch einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: März 2015, § 27a AsylVfG Rn. 65; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: November 2014, § 27a AsylVfG Rn. 196.1.; Bergmann, ZAR 2015, 81 <84>). Ein erneuter Klärungsbedarf dieser Frage ergibt sich insoweit auch nicht aus zwei anhängigen Vorlageverfahren beim Gerichtshof der Europäischen Union, da sich diese nicht auf die Auslegung der hier maßgeblichen Dublin II-VO beziehen, sondern auf die Frage, ob die Rechtslage bei Anwendung der Dublin III-VO anders zu beurteilen ist (Vorlage der Rechtbank Den Haag/Niederlande vom 12. Februar 2015 - C-63/15 - Ghezelbash und Vorlage des Kammarrätten i Stockholm/Schweden vom 1. April 2015 - C-155/15 - Karim).
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Unter welchen Voraussetzungen im Fall einer überlangen Verfahrensdauer eine Pflicht zum Selbsteintritt des ersuchenden Mitgliedstaats nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO besteht (vgl. dazu EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u.a. [ECLI:EU:C:2011:865], N.S. u.a. - Rn. 108 und vom 14. November 2013 - C-4/11 [ECLI:EU:C:2013:740], Puid - Rn. 35), braucht nicht entschieden zu werden. Denn eine Verfahrensdauer von etwas mehr als elf Monaten von der Asylantragstellung bis zur Erteilung der Zustimmung zur Wiederaufnahme weist jedenfalls keine solche Überlänge auf.
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c) Der Kläger kann auch aus dem Recht auf eine gute Verwaltung gemäß Art. 41 Abs. 1 der GRC keinen Anspruch auf Behandlung seines Asylantrages durch Deutschland ableiten. Denn in der Rechtsprechung des EuGH ist geklärt, dass sich dieses Recht nach seinem eindeutigen Wortlaut ausschließlich an die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union richtet und nicht an die Mitgliedstaaten, selbst wenn diese Unionsrecht anwenden (EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - C-249/13 [ECLI:EU:C:2014:2431], Boudjlida - Rn. 32 m.w.N.).
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d) Schließlich ergibt sich für den Kläger im Fall einer etwaigen Fristverletzung bei der Stellung des Wiederaufnahmegesuchs an Spanien auch aus Art. 6 Abs. 1 EMRK kein Anspruch auf Behandlung seines Asylantrages durch die Bundesrepublik Deutschland. Art. 6 Abs. 1 EMRK bezieht sich schon seinem Schutzbereich nach nicht auf das Verwaltungsverfahren vor dem Bundesamt, sondern enthält lediglich Verfahrensgarantien für Gerichtsverfahren und im Übrigen auch nur für solche Gerichtsverfahren, die zivilrechtliche Ansprüche oder strafrechtliche Anklagen betreffen. Hierzu gehören Streitigkeiten über Einreise, Aufenthalt und Ausweisung von Ausländern nicht (EGMR, Urteil vom 17. Mai 2011 - Nr. 43408/08, Izevbekhai u.a./Irland - NVwZ 2012, 686 Rn. 83; Entscheidung vom 24. März 2015 - Nr. 37074/13, Kerkez/Deutschland - EuGRZ 2015, 464 Rn. 40).
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3. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids zutreffend als rechtmäßig angesehen. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylG. Diese Vorschrift ist mit den unionsrechtlichen Bestimmungen des Dublin-Regelungswerks vereinbar, wie der Senat in seinem Urteil vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 - näher ausgeführt hat. Auf die Gründe dieses Urteils wird verwiesen.
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
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er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
Tenor
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12.11.2014 ‑ 17 L 2406/14.A ‑ wird geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage 17 K 6765/14.A VG Düsseldorf (14 A 50/15.A OVG NRW) wird hinsichtlich der Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 17.9.2014 angeordnet.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
1
G r ü n d e :
2Der Senat kommt der Anregung des Antragstellers nach, von Amts wegen den im Tenor genannten Beschluss zu ändern (§ 80 Abs. 7 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑), weil es für ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage hinreichend wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen für die angefochtene Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) nicht vorliegen. Danach soll dann, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung angeordnet werden, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
3Vgl. zur Auslegung dieses Merkmals OVG NRW, Beschluss vom 3.3.2015 ‑ 14 B 102/15.A ‑, juris.
4Das beschließende Gericht hat aus dem Begriff "sobald" gefolgert, dass die Abschiebungsanordnung dann, aber auch erst dann zu erlassen ist, wenn die Rückführung in allernächster Zeit auch tatsächlich möglich ist. Daher muss die Rücknahmebereitschaft desjenigen Drittstaates, in den abgeschoben werden soll, geklärt sein.
5OVG NRW, Urteil vom 30.9.1996 ‑ 25 A 790/96.A ‑, NVwZ 1997, 1141 (1143) = NRWE Rn. 56 ff.
6Mit der Forderung, dass feststehen muss, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, obliegt dem Bundesamt die Prüfung, dass weder zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse noch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogenen Vollzugshindernisse, auch Duldungsgründe nach § 60a Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), vorliegen.
7BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 17.9.2014 ‑ 2 BvR 1795/14 ‑, juris Rn. 9 f.; Schnell, Die Überstellung in den nach der Dublin-II Verordnung zuständigen Mitgliedstaat, NWVBl. 2013, 218 (226).
8Zu den tatsächlichen Vollzugshindernissen, die einen Duldungsanspruch auslösen, gehört der Umstand, dass die Abschiebung aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Fehlende Übernahmebereitschaft des Staates, in den abgeschoben werden soll, ist ein solcher Umstand. Da die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht etwa nur zu unterlassen ist, wenn ein solcher Duldungsgrund vorliegt, sondern erst ergehen kann, wenn der Duldungsgrund ausgeschlossen ist ("feststeht, dass sie durchgeführt werden kann"), muss die Übernahmebereitschaft positiv geklärt sein.
9Funke-Kaiser in: GK AsylVfG 1992, Loseblattsammlung (Stand: November 2014), § 34a Rn. 20.
10Daran fehlt es hier. Bulgarien hat die Übernahme nach dem Dublin-System abgelehnt und auf einen Übernahmeantrag im Rahmen des Rückübernahmeabkommens verwiesen. Dass ein solcher gestellt und positiv beschieden worden wäre, ist nicht erkennbar.
11Angesichts dessen bestehen Bedenken gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wenn es das Tatbestandsmerkmal bejaht, weil aus der erfolgten Ablehnung der Übernahme durch Bulgarien nach dem Dublin-System kein Rückschluss dergestalt gezogen werden könne, Bulgarien habe die Übernahme grundsätzlich abgelehnt, und es seien keine einer Rückführung entgegenstehende Anhaltspunkte ersichtlich (S. 3 des Urteils 17 K 6765/14.A). Die Abschiebung erfordert, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, die Übernahmebereitschaft Bulgariens in Form der Zustimmung Bulgariens zu einem Übernahmeersuchen Deutschlands (Art. 7 Abs. 3 des Rückübernahmeabkommens), wobei die Zustimmung auch durch Verschweigen erteilt werden kann (Art. 7 Abs. 2 Satz 2 und 4 des Rückübernahmeabkommens). Solange diese Zustimmung nicht vorliegt, steht nicht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Der Umstand, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Bulgarien die Übernahme verweigern werde, ändert nichts daran, dass im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides und auch heute noch eine Abschiebung mangels Zustimmung Bulgariens zur Übernahme nicht durchgeführt werden kann und somit allenfalls eine mehr oder weniger begründete Hoffnung darauf besteht, dass die Abschiebung in Zukunft durchgeführt werden kann.
12Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die Gerichtskosten ergibt sich aus § 83b AsylVfG.
13Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.