Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. März 2018 - 3 L 114/18

bei uns veröffentlicht am29.03.2018

Gründe

1

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 9. Kammer - vom 31. Januar 2018 hat keinen Erfolg.

2

Die Kläger haben den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 Asylgesetz - AsylG -) nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechend dargelegt.

3

„Grundsätzliche Bedeutung“ im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2016 - 4 A 2103/15.A -, juris). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Des Weiteren muss substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 9. Oktober 2015 - 8 LA 146/15 -, juris).

4

Hieran gemessen wird die Zulassungsschrift den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht gerecht.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Kläger (eines Familienvaters mit seinen vier minderjährigen Kindern im Alter von 6, 8, 13 und 16 Jahren) abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, eine Überstellung der Kläger nach Italien erweise sich nicht etwa deshalb im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO als unmöglich, weil aufgrund systemischer Mängel der Aufnahmebedingungen beziehungsweise des Asylverfahrens eine Abschiebung dorthin nicht durchgeführt werden könne. Für nach Italien überstellte Asylbewerber bestehe nicht die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bzw. von Art. 3 EMRK. Etwas anderes ergebe sich weder aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 4. November 2014 (- Nr. 29217/12, Tarakhel / Schweiz - HUDOC) noch aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014 (- 2 BvR 732/14 -, juris). Der EGMR habe in seiner Entscheidung vom 13. Januar 2015 (- Nr. 51428/10, A.M.E. / Niederlande - HUDOC) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund seien, eine Überstellung im Zuge des sog. Dublin-Verfahrens zu verbieten. Die Kläger gehörten auch nicht zu der Gruppe besonders schutzbedürftiger Personen, für die eine konkret-individuelle Zusicherung der italienischen Behörden einzuholen sei. Ungeachtet dessen sei eine solche Zusicherung durch die „circular letters“ des italienischen Innenministeriums (zuletzt vom 12. Oktober 2016) aber auch erfolgt.

6

1. Die Kläger werfen demgegenüber die Frage auf, ob „für die Überstellung die abstrakt-generelle Garantie der italienischen Behörden vor der Überstellung ausreichend [sei]“ oder ob „es einer konkreten, individuellen Garantie [bedürfe], dass die Familieneinheit, Erwägungsgrund 16 S. 1 Dublin III-VO, von Kindern und Eltern nach der Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat gewahrt [bleibe]“.

7

Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung dieser Frage berufen sie sich zunächst auf die Rechtsprechung des EGMR vom 4. November 2014 und des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014 (jeweils a. a. O.). Aus der Entscheidung des EGMR könne man schließen, dass das zuständige Bundesamt bei jeder Familie, die es nach Italien zurückschieben möchte, genaue Informationen zu deren Unterbringung, Lage und Art der Unterkunft, sowie die Garantie erhalten müsse, dass die Familienmitglieder nicht getrennt würden. Andernfalls werde Art. 3 EMRK verletzt. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lasse sich entnehmen, dass das Bundesamt bei der Überstellung von Familien die berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und die aus der Dublin III-VO abzuleitenden Grundsätze der uneingeschränkten Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls zu beachten habe. Das Bundesamt habe jedenfalls bei Neugeborenen und Kleinstkindern in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaates sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhalte, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren für die in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen. Das Bundesverfassungsgericht habe hierbei nicht festgestellt, dass es nicht auch für „ältere Kinder“ Probleme bei der Überstellung geben könne.

8

Dieser Vortrag genügt den Darlegungsanforderungen nicht.

9

Das Verwaltungsgericht hat sich in der angegriffenen Entscheidung ausführlich mit den zitierten Entscheidungen des EGMR vom 4. November 2014 und des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014 auseinandergesetzt und zusätzlich auf die (aktuellere) Entscheidung des EGMR vom 6. Oktober 2016 (gemeint: vom 4. Oktober 2016 - Nr. 30474/14, Jihana ALI u.a. / Schweiz u. Italien - HUDOC) hingewiesen. Es schlussfolgert aus der letztgenannten Entscheidung, dass die von der italienischen Behörde übermittelten Erklärungen (sog. „circular letters“, zum Wortlaut einer derartigen Erklärung siehe im Übrigen EGMR vom 28. Juni 2016 - Nr. 15636/16, N. A. / Dänemark - HUDOC Rn. 11) als ausreichende Garantie für die gebotene Berücksichtigung der besonderen Situation von Familien mit minderjährigen Kindern im Hinblick auf den altersentsprechenden Bedarf an Unterkunft und Versorgung genügen. In der Entscheidung des EGMR vom 4. Oktober 2016 heißt es - gerade auch in Bezug auf die in Rede stehenden italienischen Rundschreiben - unter Rn. 34:

10

“The Court understands from the circular letters dated 2 February, 15 April and 8 June 2015 from the Italian Ministry of the Interior (...) that the first and fourth applicants would be assigned one of the places in reception facilities in Italy which have been reserved for families with minor children and has no reason to believe that none of these places would be available to them upon their arrival in Italy (...)."

11

Dem setzt die Zulassungsschrift inhaltlich nichts entgegen. Letztlich beschränkt sie sich auf die Wiederholung des bereits vom Verwaltungsgericht eingehend bewerteten entgegengesetzten Standpunkts der Kläger. Den an die Darlegung des Zulassungsgrundes zu stellenden Anforderungen wird dies nicht gerecht. Hierfür wäre eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes insbesondere zur zitierten Rechtsprechung des EGMR vom 4. Oktober 2016 erforderlich gewesen.

12

Auf die Entscheidung des EGMR vom 4. November 2014 vermögen sich die Kläger schon deshalb nicht mit Erfolg zu berufen, weil sich die Sachlage aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Garantieerklärungen der italienischen Behörden in Form der „circular letters“ gewandelt hat, was - wie dargelegt - zu einer geänderten Rechtsprechungspraxis des EGMR geführt hat (siehe neben der zitierten Entscheidung vom 4. Oktober 2016 auch die weiteren Entscheidungen des EGMR vom 17. November 2015

13

- Nr. 54000/11, A.T.H. / Niederlande - HUDOC Rn. 38 f. sowie vom 28. Juni 2016, a. a. O., Rn. 30 ff.; im Übrigen auch: Österreichischer Verwaltungsgerichtshof, Beschlüsse vom 23. Januar 2018 [Gz.: Ra 2018/20/0001] sowie vom 23. März 2017 [Gz.: Ra 2017/20/0061], zu finden unter: www.ris.bka.gv.at, wonach vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR vom 28. Juni 2016 [a. a. O.] und mit Blick auf die in Rede stehenden Erklärungen der italienischen Behörde davon auszugehen sei, dass auch bei Familien mit minderjährigen Kindern die adäquate Unterbringung und Versorgung gesichert sei).

14

Auch der angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014 lässt sich das Erfordernis einer „konkreten, individuellen Garantie“ entgegen der Annahme der Kläger nicht entnehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat dort lediglich festgestellt, dass die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde bekanntermaßen bestehenden Kapazitätsengpässen „angemessen Rechnung zu tragen“ und „sicherzustellen“ habe, dass die Familie - jedenfalls soweit Familien mit neugeborenen und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren betroffen sind - bei der Übergabe an diese „eine gesicherte Unterkunft [erhalte]“. Aus welchen Gründen die in Rede stehenden Zusicherungen diesen Voraussetzungen nicht genügen sollen, haben die Kläger nicht dargelegt.

15

Was daneben die durch die Zulassungsschrift zitierte Rechtsprechung verschiedener Verwaltungsgerichte anbelangt (VG Hannover, Urteil vom 12. Oktober 2017 - 3 A 4622/17 -, juris, sowie Beschluss vom 21. Mai 2015 - 7 B 1962/15 -, juris; VG Schwerin, Beschluss vom 24. Februar 2015 - 3 B 1023/14 -, juris; VG Dresden, Beschluss vom 4. Februar 2015 - A 2 L 49/15 -, juris; VG Gießen, Beschluss vom 13. Januar 2015 - 1 L 3772/14.GI.A -, juris; VG Magdeburg, Urteil vom 17. Februar 2016 - 8 A 51/16 -, juris), wird hierdurch ebenfalls kein grundsätzlicher Klärungsbedarf aufgezeigt.

16

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 21. Mai 2015 (a. a. O.) nimmt - soweit sie durch die Zulassungsschrift zitiert wird - lediglich auf das Urteil des EGMR vom 4. November 2014 Bezug und leitet hieraus ab, dass auch bei einer asylsuchenden Familie mit Kindern, die das 3. Lebensjahr vollendet haben, vor einer Überstellung nach Italien eine individuelle Zusicherung der dortigen Behörden einzuholen sei. Abgesehen davon, dass diese Entscheidung zeitlich vor der Rechtsprechung des EGMR vom 4. Oktober 2016 ergangen ist, zeigen die Kläger nicht auf, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen dieser Sichtweise zu folgen sein sollte.

17

Gleiches gilt für die daneben zitierte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte Schwerin, Dresden, Gießen und Magdeburg (jeweils a. a. O.). Diese Entscheidungen sind sämtlich vor der Rechtsprechung des EGMR vom 4. Oktober 2016 ergangen. Im Übrigen setzen sich diese Entscheidungen - soweit sie von der Zulassungsschrift zitiert werden - mit der vorliegend aufgeworfenen Frage nicht oder nicht in einer Weise auseinander, die geeignet wäre, die Annahme der Kläger zum Erfordernis einer „konkreten, individuellen Garantie“ zu stützen. So weist etwa das Verwaltungsgericht Dresden in der von der Zulassungsschrift zitierten Entscheidung lediglich darauf hin, dass „rein einzelfallbezogen zu prüfen ist, ob ein Asylbewerber zu einer besonders schutzwürdigen Gruppe gehört, so dass vor seiner Abschiebung nach Italien […] eine Garantieerklärung der italienischen Behörden einzuholen ist“.

18

Ein noch bestehender Klärungsbedarf ist nach alldem nicht dargelegt.

19

Die Kläger vermögen sich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 12. Oktober 2017 (a. a. O.) zu berufen. Sie weisen unter Bezugnahme auf bestimmte Passagen dieser Entscheidung darauf hin, dass nach Auffassung dieses Verwaltungsgerichts nicht nur hinsichtlich Familien mit minderjährigen Kindern, sondern ganz generell - nämlich auch für junge, alleinstehende Asylbewerber - davon auszugehen sei, dass das italienische Asyl- und Aufnahmeverfahren systemisch mangelhaft sei. Abgesehen davon, dass die Kläger nicht darlegen, wie diese Entscheidung mit der vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung des EGMR vom 13. Januar 2015 (a. a. O.) in Einklang zu bringen ist, zeigen sie auch nicht auf, welche (rechtliche) Relevanz dieser Gesichtspunkt für die vorliegend aufgeworfene Frage haben soll. Zwar mag es sich bei der Frage, ob derzeit in Italien (auch) für die Vergleichsgruppe der jungen, alleinstehenden Asylbewerber systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen bestehen, die eine Überstellung solcher Asylbewerber nach Italien ausschließen oder einschränken, um eine grundsätzlich bedeutsame Tatsachenfrage handeln (hierzu etwa Sächs. OVG, Beschluss vom 10. Juni 2016 - 5 A 49/16.A -, juris). Diese Frage haben die Kläger vorliegend aber nicht aufgeworfen. Sie zeigen auch nicht auf, dass es für die konkret gestellte Frage auf das Bestehen systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien entscheidungserheblich ankommt. Folgte man nämlich der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover, dann lägen die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO vor und eine Überstellung nach Italien könnte (ohnehin) nicht erfolgen. Auf die aufgeworfene Frage der Gewährung bestimmter (abstrakt-genereller oder konkreten-individueller) Garantien für die Unterbringung von Familien käme es dann nicht mehr an. Dass anderes anzunehmen ist, zeigen die Kläger jedenfalls nicht auf.

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2. Grundsätzlicher Klärungsbedarf wird auch nicht hinsichtlich der weiteren Frage aufgezeigt, ob sich „falls Rechtsfrage 1 abgelehnt wird, […] eine Differenzierung nach dem Alter von Kindern, die in den zuständigen Mitgliedstaat überstellt werden sollen unter Beachtung der UN-Kinderkonvention, Erwägungsgrund 13 S. 1 Dublin III-VO [ergebe]".

21

Die Kläger haben hinsichtlich der ersten durch sie aufgeworfenen Frage den grundsätzlichen Klärungsbedarf - wie dargelegt - nicht aufzeigen können, weil sie die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht zu entkräften vermochten, es sei mit Blick auf die in Rede stehenden Erklärungen der italienischen Behörde davon auszugehen, dass auch für Familien mit minderjährigen Kindern die adäquate Unterbringung und Versorgung in Italien gesichert sei. Dann aber kommt es auf die Beantwortung der zweiten

22

- an das konkrete Alter anknüpfende - Frage nicht mehr entscheidungserheblich an. Abgesehen davon erschöpft sich die Zulassungsbegründung zu dieser Frage in einer Aneinanderreihung verschiedener Überlegungen zur UN-Kinderschutzkonvention und der hierzu ergangenen Rechtsprechung u.a. des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts, ohne dass ersichtlich würde, welche konkreten Schlussfolgerungen die Kläger hieraus ziehen wollen bzw. welche entscheidungserhebliche Frage die Kläger tatsächlich geklärt wissen wollen.

23

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG.

24

III. Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 78 Abs. 5 Satz 2, 80 AsylG, 152 Abs. 1 VwGO).


Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. März 2018 - 3 L 114/18

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. März 2018 - 3 L 114/18

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. März 2018 - 3 L 114/18 zitiert 6 §§.

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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. März 2018 - 3 L 114/18 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. März 2018 - 3 L 114/18 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 17. Feb. 2016 - 8 A 51/16

bei uns veröffentlicht am 17.02.2016

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 03.07.2015, mit welchem der Asylantrag wegen der Zuständigkeit Italiens als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Italien angeordnet wurde. Er bean

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 29. Jan. 2016 - 4 A 2103/15.A

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Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 12.8.2015 wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Der Antrag auf Zu
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. März 2018 - 3 L 114/18.

Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 09. Nov. 2018 - 2 B 589/18

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Gründe 1 Über den Antrag entscheidet im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Berichterstatterin als Einzelrichterin (§ 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG). 2 Der Antrag der Antragsteller, einem Ehepaar mit einer gemeinsamen 7 jährigen Tochter, der d

Referenzen

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 12.8.2015 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 03.07.2015, mit welchem der Asylantrag wegen der Zuständigkeit Italiens als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Italien angeordnet wurde. Er beantragt

2

den Bescheid vom 03.07.2015 aufzuheben.

3

Die Beklagte beantragt,

4

die Klage abzuweisen

5

und verweist auf den streitbefangenen Bescheid.

6

Im Eilverfahren (5 B 370/15) wurde mit Beschluss vom 22.07.2015 vorläufiger Rechtsschutz abgelehnt.

7

Mit Schriftsatz vom 21.01.2016 teilte die Beklagte mit, dass ein Überstellungsversuch am 09.12.2015 wegen Untertauchens des Klägers gescheitert sei. Den italienischen Behörden sei daher mitgeteilt worden, dass sich die Überstellungsfrist verlängert habe.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

9

Die Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch den Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) entschieden werden konnte, hat keinen Erfolg. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des sogenannten Selbsteintrittsrechts.

10

1.) Rechtsgrundlage für die Ablehnung des in Deutschland gestellten Asylantrages ist § 27a AsylG. Danach ist Italien für die Bearbeitung des Asylantrages zuständig.

11

2.) Eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Entscheidung über den Asylantrag im Wege des sogenannten Selbsteintritts besteht nicht. Es gibt keine wesentlichen Gründe für die Annahme, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem anderen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen. Die Voraussetzungen liegen vor, wenn ein Asylbewerber wegen systemischer Mängel, also strukturell bedingter, größerer Funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden Fall in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 – 29217/12 – HUDOC Rdnr. 98;. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 -, juris Rdnr. 24).

12

Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Asylsystem in Italien derzeit an solchen systemischen Mängeln leidet, die gerade auch den hier um Abschiebungsschutz nachsuchenden Asylbewerber der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Fall einer Rücküberstellung nach Italien eine menschenunwürdige entwürdigende Behandlung zu erfahren. Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Flüchtlingen sind diejenigen Umstände heranzuziehen, die auch auf die Situation des Klägers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt.

13

Mittlerweile ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in Italien nur die Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sind, wenn sie, weil ausschließlich auf staatliche Hilfe angewiesen, sich in einer besonderen Situation befinden (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) -, HUDOC Rn. 98; BVerfG, Beschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 732/14 -, juris; s. a. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 – juris, United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19.02.2014 - EM (Eritrea) and others of the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 - Rn. 62.). Dies gilt insbesondere im Fall der Betroffenheit von Kindern. Hierbei ist entscheidend auf ihre besondere Verletzlichkeit abzustellen, der der Vorrang gegenüber dem Gesichtspunkt ihres Status als illegaler Einwanderer einzuräumen ist (EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) -, HUDOC Rn. 99).

14

Unzweifelhaft gehört der Kläger gehört keiner solchen schutzbedürftigen Personengruppe an. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht ebenfalls in seiner Entscheidung (Urteil 51428/10 vom 13.01.2015 - A.M.E. vs. The Netherlands) davon aus, dass systemische Mängel des Asylverfahrens in Italien für den Kreis der Personen, die nicht zu einem besonders schützenswerten Personenkreis ("underprivileged and vulnerable population group in need of special protection", s. EGMR, Urteil vom 13.01.2015, a.a.O.) i. S. der Genfer Konvention und der ihr folgenden Richtlinien zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedsstaaten - Aufnahmerichtlinien - (Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013) gehören, nicht den Schweregrad einer Verletzung von Art. 3 EMRK erreichen. D.h., gesunde Männer ohne Familienangehörige, die den Weg aus ihrer Heimat nach Italien allein geschafft haben, sind den dort vorzufindenden Schwierigkeiten und Engpässen bei der Unterbringung und Versorgung regelmäßig weit eher gewachsenen als dies für Familien mit Kindern oder für Minderjährige zutrifft. Sie sind grundsätzlich in der Lage, auch eine Übergangsfrist unter schwierigen Bedingungen auszuhalten, ohne dass dies zu einer Rechtsverletzung im oben dargelegten Sinne führt. Dieser Auffassung folgend, scheidet ein Selbsteintritt der Beklagten aus.

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Nichts anderes ergibt sich aus aktuellen Erkenntnissen. Zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind keine tagespolitischen Meldungen bekannt, wonach Italien – wie früher – im besonderen Focus der Berichterstattung hinsichtlich systemischer Mängel im Asyl- oder Unterbringungsverfahren steht.

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Auch soweit einige Gerichte (VG Düsseldorf, Urteil v. 15.12.2015, 12 K 7303/15.A; juris; VG Darmstadt, Urteil v. 07.01.2016, 3 K 392/14.DA.A; VG Potsdam, Beschluss v. 19.10.2015, VG 12 L 816/15.A) in neuerer Rechtsprechung aufgrund eines erneuten Anstieges der Flüchtlingszahlen und der schlechten Witterung im Herbst/Winter Mängel im Unterbringungssystem annehmen, vermag dies nicht die erniedrigende unmenschliche Behandlung aufgrund eines Zusammenbruchs des italienischen Asyl- und Unterbringungssystems zu begründen. Denn auch diese Entscheidungen stellen nur eine temporäre Momentaufnahme dar und angesichts der bevorstehenden wärmeren Jahreszeit mag die Witterung nunmehr anders zu beurteilen sein.

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Ohne Zweifel verlangt die hohe Zahl von Flüchtlingen nach wie vor enorme Anstrengungen von Italien. Es liegen jedoch keine verlässlichen Informationen darüber vor, dass Italien nicht auch unter diesen Bedingungen in der Lage wäre, darauf angemessen zu reagieren, zumal Italien mehrfach Unterstützung durch die EU und Hilfsorganisationen erfahren hat; noch im Februar 2015 erhielt Italien einen Notkredit der EU, um die Versorgung der Flüchtlinge sicherzustellen (http//www.tagesschau.de, 19.02.2015). Damit die ohne Zweifel in den bisherigen Aufnahmeeinrichtungen bestehende prekäre Situation nicht zu menschenunwürdigen Zuständen führt, bezieht Italien nunmehr im Zuge der Lösung des bislang bestehenden innerstaatlichen Verteilungsproblems alle Regionen in die Aufnahme von Flüchtlingen ein. Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Flüchtlinge in Italien auf sich alleine gestellt sind und besondere persönliche Anstrengungen zur Bewerkstelligung des täglichen Lebensalltags unternehmen müssen. Trotzdem bestehen funktionierende Strukturen zur Aufnahme, Behandlung und Unterbringung der Flüchtlinge in Italien. Neben den staatlichen Strukturen gibt es kirchliche und private Trägerschaften. Die Einbeziehung solcher nichtstaatlicher Träger kann und darf dem italienischen Staat auch zugerechnet werden, da sie in das Gesamtsystem eingebettet sind (vgl. OVG NRW, Urteil v. 07.03.2014, 1 A 21/12.A; juris). Eine Untätigkeit bzw. die willentliche, systemimmanente Zusteuerung auf einen Kollaps kann nicht angenommen werden.

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Demnach ist davon auszugehen, dass in Italien vieles hinsichtlich der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen nicht optimal läuft. Selbiges ist aber auch in Deutschland zu verzeichnen, wie die hiesigen Verhältnisse am LaGeSo in Berlin beweisen. Trotzdem wird man diese - aufgrund der hohen Zahl der Flüchtlinge bedingten - Probleme nicht mit systemischen Mängeln in Verbindung bringen können.

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Das Gericht schließt sich somit der entsprechenden Rechtsprechung der vormals zuständigen Kammer (vgl. Eilverfahren) und weiterer Gerichte an (vgl. zuletzt: VG Ansbach, Urteil v. 11.12.2015, AN 14 K 15.50316; juris).

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3.) Die auf §§ 27a, 34a AsylG basierende Abschiebungsanordnung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Die Überstellungsfrist hat sich nach Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO weiter verlängert. Der Kläger entzog sich der am 09.12.2015 angesetzten Abschiebung durch Flucht. Denn die Abschiebung konnte mangels Habhaftmachung seiner Person nicht durchgeführt werden. Ein Asylbewerber ist nicht erst dann im Sinne der Dublin-Vorschriften flüchtig, wenn er seine Wohnung dauerhaft verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch den Zugriff der Behörden entzieht. Die Formulierung „flüchtig“ im Sinne der Dublin-Vorschriften knüpft an die geplante Überstellung des Asylbewerbers aufgrund der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates an. Kann diese nicht durchgeführt werden, weil sich der Asylbewerber derselben etwa durch Nichterscheinen entzieht, vereitelt gerade er die Überstellung. Dabei ist nicht entscheidend, ob die gescheiterte Überstellung vom Asylbewerber verschuldet ist. Entscheidend ist, dass die Nichtdurchführung durch ihn verursacht, also in seiner Sphäre liegt und jedenfalls nicht von der der Bundesrepublik Deutschland zu vertreten ist. Denn der Ablauf der Überstellungsfrist soll nicht den Asylbewerber schützen, sondern die Zuständigkeit des anderen Mitgliedstaats begründen; nur wenn es dieser aufgrund seiner fehlerhaften organisatorischen Maßnahmen nicht schafft, den Flüchtling in den zuständigen Mitgliedstaat zu verbringen, geht die Zuständigkeit über. Davon kann vorliegend keine Rede sein, wenn der Asylbewerber zu seiner geplanten Abschiebung nicht erscheint (vgl.: VG Magdeburg, Beschluss v. 11.12.2014, 1 B 1196/14; VG Berlin, Beschluss v.13.02.2011, 323 L 550/10.A; VG Potsdam, Urteil v. 04.06.2014; 6 K 2414/13.A; alle juris). Daher wird es auch nicht darauf ankommen, ob der Kläger etwa aufgrund Krankheit oder sonstiger nicht zu vertretender Gründe nicht erschien; entscheidend ist allein, dass die Bundesrepublik Deutschland den Fristablauf nicht zu vertreten hat.

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4.) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.