Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 03. Juli 2018 - 1 OLG 2 Ss 81/17

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2018:0703.1OLG2SS81.17.00
bei uns veröffentlicht am03.07.2018

Tenor

1. Der Vorlagebeschluss des Senats vom 28. Februar 2018 wird zurückgenommen.

2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 4. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 10. Oktober 2017 wird mit der Maßgabe kostenfällig verworfen, dass der Ausspruch über die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 1.846,65 EUR entfällt.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein hat den Angeklagten mit Urteil vom 2. Mai 2017 des Betruges in 8 Fällen schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt. Seine durch Schriftsatz des Verteidigers vom 2. Mai 2017 (beim Amtsgericht eingegangen am 4. Mai 2017) eingelegte Berufung hat der Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung rechtswirksam auf den Rechtsfolgeausspruch beschränkt. Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) hat mit Berufungsurteil vom 10. Oktober 2017 die Gesamtfreiheitsstrafe auf ein Jahr und zehn Monate ermäßigt und das Rechtsmittel im Übrigen verworfen. Daneben hat es die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 1.846.65 EUR angeordnet. Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zum Wegfall der Einziehungsentscheidung; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.

II.

2

Die Überprüfung des Strafausspruches einschließlich der Entscheidung über die Ablehnung einer Bewährungsaussetzung hat keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ergeben, § 349 Abs. 2 StPO. Soweit der Schriftsatz der Verteidigerin vom 15. Dezember 2017 eine Aufklärungsrüge enthält, wäre diese nicht rechtzeitig innerhalb der Frist der §§ 345 Abs. 1 S. 2, 344 Abs. 2 S. 2 StPO erhoben.

III.

3

Das Rechtsmittel des Angeklagten führt jedoch zur Aufhebung und zum Wegfall der Entscheidung über die Einziehung des Wertes des Erlangten.

1.

4

Die vom Berufungsgericht auf § 73 Abs. 1 StGB in der ab 1. Juli 2017 geltenden Fassung (nachfolgend: StGB n.F.) gestützte Einziehungsentscheidung ist rechtsfehlerhaft. Da das – allein vom Angeklagten – angegriffene Urteil des Amtsgerichts am 2. Mai 2017 ergangen ist, waren auch im Berufungsverfahren weiterhin die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB in der bis zum 30. Juni 2017 geltenden Fassung (nachfolgend: StGB a.F.) in Anwendung zu bringen (Art. 316h Satz 2 EGStGB). Dem steht nicht entgegen, dass sich das Amtsgericht mit Maßnahmen der Vermögensabschöpfung nicht erkennbar befasst und insoweit keine Entscheidung über Anordnung oder Nichtanordnung von Verfall bzw. Verfall von Wertersatz getroffen hat. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als „Entscheidung über die Anordnung des Verfalls und des Verfalls von Wertersatz“ im Sinne von Art. 316h Satz 2 EGStGB auch das nicht begründete Unterbleiben der Anordnung einer dieser Maßnahmen in einem tatrichterlichen Urteil anzusehen (BGH, Urteil vom 29.03.2018 – 4 StR 568/17, juris Rn. 25; ebenso: Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 19.04.2018 – 2 Rev 6/18, juris Rn. 23 ff.). Soweit das Kammergericht eine hiervon abweichende Rechtsauffassung vertreten hat (vgl. Beschluss vom 01.12.2017, (5) 161 Ss 148/17 (69/17)), ist jene Entscheidung durch die danach ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die auch die hier gegebene Konstellation erfasst, überholt. Im Hinblick hierauf ist eine Vorlage gem. § 121 GVG entbehrlich geworden; der Senat nimmt daher seinen Vorlagebeschluss vom 28. Februar 2018 zurück.

2.

5

Der auf das alleinige Rechtsmittel des Angeklagten im Berufungsrechtszug erstmalig erfolgten Anordnung des Verfalls (von Wertersatz) i.S.v. §§ 73 ff StGB a.F. steht das Verschlechterungsverbot (§ 331 StPO) entgegen (vgl. BGH Beschluss vom 17.09.2013 – 5 StR 25/13, NStZ 2014, 32, 33; Beschluss vom 28.04.2015 – 3 StR 101/15, juris Rn. 2; OLG Hamm, Beschlüsse vom 08.10.2007, 3 Ws 560/07 juris Rn. 17, und vom 28.02.2012 – III-3 RVs 7/12, NStZ-RR 2012, 272, 273; Quentin in MK-StGB, 1. Aufl. § 331, Rn. 56). Einer Zurückverweisung an das Landgericht bedurfte es nicht; vielmehr kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 StPO den Entfall der Einziehungsanordnung selbst anordnen (Senat, Beschluss vom 06.11.2017 – 1 OLG 2 Ss 65/17, juris Rn. 6).

6

Ob, wie das Kammergericht in der vorgenannten Entscheidung vertreten hat, das Verschlechterungsverbot hinsichtlich von Entscheidungen nach den §§ 73 ff. StGB n.F. nur eingeschränkt bzw. überhaupt nicht gilt (a.A.: Senat, Beschluss vom 06.11.2017 – 1 OLG 2 Ss 65/17, juris Rn. 5; Wiedner in BeckOK-StPO, 29. Ed. 01.01.2018, StPO § 358 Rn. 36; differenzierend: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61 Aufl. § 331 Rn. 21; vgl. a.: BGH, Beschluss vom 10.04.2018 – 5 StR 101/18, juris Rn. 1 zu § 358 StPO) bedarf keiner Entscheidung.

3.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Auch unter Berücksichtigung des Teilerfolgs des unbeschränkt eingelegten Rechtsmittels ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört
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(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

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(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn d

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(1) Das Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Berufung eingelegt hat. (2)

Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch - StGBEG | Art 316h Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung


Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.

(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73 bis 73c, 75 Absatz 1 und 3 sowie die §§ 73d, 73e, 76, 76a, 76b und 78 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) anzuwenden. Die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) sind nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist.

25
a) Hinsichtlich der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung kommt im vorliegenden Verfahren noch das bis zum 1. Juli 2017 geltende Recht zur Anwendung , weil bereits vor dem 1. Juli 2017 eine erstinstanzliche Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist (Art. 316h Sätze 1 und 2 EGStGB). „Eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz“im Sinne von Art. 316h Satz 2 EGStGB ist auch die Nichtanordnung einer dieser Maßnahmen (vgl. BT-Drucks. 18/11640, S. 84 sowie BT-Drucks. 18/9525, S. 98 und BGH, Urteil vom 29. November 2017 – 2 StR 271/17, Rn. 11 jeweils zu Art. 14 EGStPO). Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Tatgericht eine Verfallsanordnung ausdrücklich geprüft und in den Urteilsgründen dargelegt hat, welche der tatbestandlichen Voraussetzungen es für nicht gegeben hielt. Denn auch das nicht begründete Unterbleiben einer Verfallsanordnung oder einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz ist eine hierzu ergangene „Entscheidung“ im Sinne der Übergangsvorschrift (vgl. dazu auch Ott in: KK-StPO, 7. Aufl., § 260 Rn. 17; Stuckenberg in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 260 Rn. 34 mwN). Würde das begründungslose Unterbleiben einer Verfalls- oder Wertersatzverfallsanordnung in einem vor dem 1. Juli 2017 ergangenen tatrichterlichen Urteil im Rechtsmittelverfahren nicht an dem zum Urteilszeitpunkt geltenden alten Recht gemessen, sondern in Anwendung von Art. 316h Satz 1 EGStGB an dem Recht der Vermögensabschöpfung in der seit dem 1. Juli 2017 geltenden Fassung, könnte dies im Einzelfall dazu führen, dass das erstinstanzliche Urteil insoweit allein wegen der Gesetzesänderung aufgehoben wird. Gerade dies zu verhindern ist aber die ratio legis von Art. 316h Satz 2 EGStGB (vgl. BT-Drucks. 18/11640, S. 84). Auch könnte eine andere Sichtweise eine parallele Anwendung von altem und neuem Recht in demselben Verfahren zur Folge haben, wenn sich der Tatrichter etwa teilweise zum Verfall verhält und sich teilweise hierzu rechtsfehlerhaft nicht äußert. Anhaltspunkte dafür, die Auslegung von Art. 316h EGStGB daran zu messen, ob der Tatrichter die Nichtanordnung einer Vermögensabschöpfung begründet hat oder die Begründung im Urteil unterblieben ist, lassen sich weder dem Wortlaut der Vorschrift, noch den Gesetzesmaterialien entnehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2017 – 4 StR 589/17, NJW-Spezial 2018, 121).

Tenor

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 5, vom 24. August 2017 werden verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seiner Revision und seine ihm insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Im Übrigen trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.

Gründe

I.

1

Mit Urteil vom 3. November 2016 hat das Amtsgericht Hamburg-Barmbek den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und wegen Diebstahls in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Fragen der Vermögensabschöpfung hat es ausweislich der Urteilsgründe nicht erörtert.

2

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit Verteidigerschriftsatz vom 3. November 2016, eingegangen per Fernkopie am gleichen Tag, Berufung eingelegt und diese zugleich auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Am 4. November 2016, eingegangen per Fernkopie am 7. November 2016, hat auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Diese hat sie am 14. November 2016 auf das Strafmaß beschränkt und hierzu im Hinblick auf die Höhe der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe ausgeführt.

3

Mit Urteil vom 24. August 2017 hat das Landgericht Hamburg, Kleine Strafkammer 5, die Berufung des Angeklagten verworfen, ihn auf die Berufung der Staatsanwaltschaft zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Zudem hat die Kammer eine Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von 15.000,- € unter Hinweis auf § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in der vor dem 1. Juli 2017 geltenden Fassung erwogen, aber nicht getroffen.

4

Gegen das landgerichtliche Urteil hat der Angeklagte mit taggleich per Fernkopie eingegangenem Verteidigerschriftsatz vom 24. August 2017 Revision eingelegt. Nach Fertigstellung des Hauptverhandlungsprotokolls am 11. Oktober 2017 ist das Urteil aufgrund richterlicher Verfügung vom 9. Oktober 2017 dem Verteidiger am 22. Oktober 2017 zugestellt worden. Mit Verteidigerschriftsatz vom 13. November 2017, eingegangen per Fernkopie am gleichen Tag, hat der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt und zur Sachrüge weiter ausgeführt.

5

Auch die Staatsanwaltschaft hat, eingegangen am 30. August 2017, Revision eingelegt, die Verletzung materiellen Rechts gerügt und beantragt, das Urteil insoweit aufzuheben als die Einziehung des Wertersatzes unterblieben ist. Nach (erst) aufgrund richterlicher Verfügung vom 27. November 2017 sodann am 29. November 2017 erfolgter Urteilszustellung hat die Staatsanwaltschaft am 12. Dezember 2017, eingegangen am 14. Dezember 2017, die Sachrüge ergänzend ausgeführt.

6

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten kostenpflichtig gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen, im Übrigen ist sie der Revision der Staatsanwaltschaft beigetreten und hat beantragt, Termin zur Hauptverhandlung anzuberaumen.

7

In der Hauptverhandlung hat die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Urteil des Landgerichts Hamburg aufzuheben, soweit die Anordnung der Einziehung des Wertes des durch die Taten Erlangten unterblieben ist, und die Sache in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurückzuverweisen.

8

Die Verteidigung hat beantragt, die Revision der Staatsanwaltschaft zu verwerfen sowie das Urteil auf die Revision des Angeklagten hin aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.

II.

9

Den statthaften und auch im Übrigen zulässigen Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten bleibt in der Sache der Erfolg versagt.

10

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig, aber unbegründet.

11

a) Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Berufungsurteil des Landgerichts Hamburg vom 24. August 2017 ist gemäß § 333 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig erhoben (§§ 341, 344, 345 StPO).

12

Die Beschränkung der Revision der Staatsanwaltschaft auf die Nichtanordnung der Einziehung ist wirksam, insbesondere ist diese - nach der Erklärung der Staatsanwaltschaft allein angegriffene - Frage von den übrigen Teilen des Urteils abtrennbar.

13

aa) Bei einer vermögensabschöpfenden Anordnung gemäß §§ 73 ff. StGB a.F. handelt es sich um eine Maßnahme eigener Art ohne Strafcharakter (vgl. zur bisherigen Rechtslage BVerfGE 110, 1; BGH, Beschluss vom 6. Februar 2018, Az.: 5 StR 600/17 - juris m.w.N.; NStZ-RR 2017, 342; Urteil vom 18. Juli 2013, Az.: 4 StR 100/13, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Rücknahme 7; Urteil vom 1. März 1995, Az. 2 StR 691/94, BGHR StGB § 73d Strafzumessung 1; a.A. u.a. Fischer § 73 Rn. 5 m.w.N. zur Literaturmeinung; differenzierend Gebauer, ZRP 2016, 101; Saliger, ZStW 2017, 995). Die Vermögensabschöpfung verfolgt präventive, nicht repressive Zwecke (vgl. BVerfGE 110, 1; BGH, Beschluss vom 6. Februar 2018, Az.: 5 StR 600/17 - juris; BGHSt 47, 369). Entsprechende Anordnungen setzen nach dem Wortlaut der §§ 73 ff. StGB lediglich eine rechtswidrige, hingegen nicht eine schuldhafte Tatbegehung voraus; sie können sich sogar gegen tatunbeteiligte Dritte richten (§ 73 Abs. 3 und 4 StGB a.F.; § 73b StGB n.F.).

14

Dies gilt auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017. Diese verfolgt in erster Linie das Ziel, die bisher bestehenden Regelungen zu vereinfachen und zu vervollständigen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/9525, S. 2, 48). Trotz umfassender Neuregelung und Veränderung von Begrifflichkeiten ist der Rechtscharakter vermögensabschöpfender Anordnungen unverändert geblieben (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 47, 48, 55 zum „quasi-kondiktionellen Charakter der Vermögensabschöpfung“; hierzu auch BGH, Beschluss vom 6. Februar 2018, Az.: 5 StR 600/17 - juris; OLG Köln, Urteil vom 23. Januar 2018, Az.: III-1 RVs 274/17; abweichend insoweit mit Blick auf Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK LG Kaiserslautern in wistra 2018, 94).

15

bb) Als Maßnahme eigener Art lässt sich die erfolgte oder unterbliebene Anordnung der Vermögensabschöpfung losgelöst von den übrigen, nicht angegriffenen Teilen des Urteils - namentlich dem Schuldspruch und den übrigen Rechtsfolgen - einer Prüfung und Beurteilung durch das Revisionsgericht unterziehen (vgl. BGH in NStZ-RR 1997, 270, BGH, Urteil vom 11. April 1995, Az.: 1 StR 836/94, BGHR StGB § 73c Härte 4; BGH, Urteil vom 19. November 1993, Az.: 2 StR 468/93, BGHR StGB § 73 Erlangtes 1; MüKo-Quentin, § 73 Rn. 75).

16

b) Die Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.

17

Zu Recht hat das Landgericht von einer Einziehungsentscheidung abgesehen, da aufgrund wirksamer Berufungsbeschränkung auf das Strafmaß eine Entscheidung über Wertersatzverfall vom Rechtsmittelangriff der Staatsanwaltschaft ausgenommen war.

18

Soweit die Generalstaatsanwaltschaft der Ansicht ist, dass das Landgericht unabhängig von dieser Beschränkung - sogar auf Rechtsmittel des Angeklagten hin - aufgrund der ab 1. Juli 2017 geltenden neuen Vorschriften zum Recht der Einziehung (§§ 73 ff. StGB n.F.) zwingend eine Einziehungsentscheidung hätte treffen müssen, kann es der Senat dahinstehen lassen, in welchem Umfang das neue Recht zur Einziehung derartig weitreichende Folgen entfaltet, jedenfalls steht der Anwendung der neuen Vorschriften die Übergangsvorschrift des Art. 316h EGStGB entgegen.

19

aa. Art. 316h Satz 1 EGStGB sieht vor, dass auf laufende Verfahren ausschließlich die mit dem Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I, S. 872) eingeführten Vorschriften anzuwenden sind.

20

Allerdings schränkt Art. 316h Satz 2 EGStGB dieses dahingehend ein, dass die neuen Einziehungsvorschriften nicht in Verfahren anzuwenden sind, in denen bereits bis zum 1. Juli 2017 eine Entscheidung über die Anordnung oder Nichtanordnung des Verfalls oder Wertersatzverfalls getroffen worden ist. So verhält es sich aber vorliegend im Hinblick auf das Urteil des Amtsgerichts vom 3. November 2016.

21

(1) Strafprozessuale (Sach-)Entscheidungen ergehen in Form von Urteilen oder Beschlüssen (vgl. Meyer-Goßner, Einl. Rn. 121 f.). Das Strafurteil hat dabei den der Anklageschrift und dem Eröffnungsbeschluss zugrunde liegenden Verfahrensstoff, wie er sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt, erschöpfend zu erfassen (§ 264 StPO). Im Verurteilungsfall sind auf den Schuldspruch eine oder mehrere Rechtsfolgen als strafgerichtliche Reaktion festzusetzen. Dies hat in der Urteilsformel zu erfolgen. Alle dort nicht genannten Rechtsfolgen sind damit zugleich als nicht angeordnet zu verstehen (vgl. RGSt 63, 184; BGH, Beschluss vom 25. Juni 1993, BGHR StPO § 260 Urteilsspruch 1; LR-Stuckenberg § 260 StPO Rn. 27, 34; KK-Ott, § 260 StPO Rn. 8, 17, 36). Dies gilt unabhängig davon, ob das Gericht sich vor der Urteilsfindung hiermit befasst und die Voraussetzungen als nicht gegeben erachtet hat oder ob die Rechtsfolge aufgrund von Unkenntnis oder Unachtsamkeit keinen Eingang in die Urteilsformel gefunden hat (vgl. RGSt 8, 349).

22

Daran gemessen hat das Amtsgericht Hamburg mit seinem Urteil vom 3. November 2016 sachlich den Prozessstoff, mithin auch eine etwaige Einziehungsentscheidung, bereits beschieden.

23

(2) Der Senat sieht keine Veranlassung, abweichend von diesen Grundsätzen die Anforderungen an eine „Entscheidung“ im Sinne des Art. 316h Satz 2 EGStGB einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine Entscheidung dann nicht vorliegt, wenn die Urteilsgründe zur Einziehung schweigen (vgl. auch HansOLG, Urteil vom 5. April 2018, 1 Rev 7/18).

24

(a) Der Wortlaut des Art. 316h EGStGB ist diesbezüglich indifferent.

25

(b) Systematische Erwägungen legen es nahe, auch den Fall der versehentlich unterbliebenen vermögensabschöpfenden Anordnung - jedenfalls in der Vergangenheit bis zum 1. Juli 2017 - als „Entscheidung“ im Sinne des § 316h Satz 2 EGStGB zu verstehen.

26

Nach Abschluss der Urteilsverkündung lässt sich die Urteilsformel grundsätzlich nicht nachträglich korrigieren (vgl. Meyer-Goßner, § 268 Rn. 9ff.). Etwaige Korrekturen bleiben dem Rechtsmittelverfahren vorbehalten.

27

Soweit - eigentlich notwendige - Entscheidungen unterblieben und im Rechtsmittelverfahren nicht korrigiert worden sind, gelten die gesetzlichen Mindestanforderungen (vgl. etwa fehlende Bestimmung der Tagessatzhöhe gem. § 40 Abs. 2 StGB, fehlende Bestimmung der Dauer der Sperrzeit gem. § 69a StGB).

28

Dieses gilt etwa für den Fall der unterbliebenen Kostenentscheidung gemäß § 464 StPO (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 464 StPO Rn. 8 m.w.N.), die ungeachtet des Verfahrensausgangs dazu führt, dass die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und der Angeklagte seine notwendigen Auslagen trägt. Außerhalb des gemäß § 464 Abs. 3 StPO vorgesehenen Beschwerdeverfahrens lässt sich die Entscheidung nicht nachholen (vgl. Schmitt, a.a.O. Rn. 16).

29

Soweit für den Fall der unterbliebenen Grundentscheidung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 StrEG verbreitet anerkannt ist, diese auch nach Rechtskraft des Urteils im Beschlusswege nachzuholen, ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber für diesen Fall mit § 8 Abs. 1 Satz 2 StrEG ebendiesen Verfahrensweg ausdrücklich vorgesehen hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 8 StrEG Rn. 7 m.w.N. zum Meinungsstand hinsichtlich der erfassten Konstellationen).

30

(c) Der in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers (BT- Drucks. 18/11640, S. 84) - rasche Einführung der neuen gesetzlichen Regelungen zur Vermögensabschöpfung ab 1. Juli 2017, gleichzeitige Fortgeltung der bis zum 30. Juni 2017 ergangenen Entscheidungen, Vermeidung eines jahrelangen Nebeneinanders von altem und neuem Recht - spricht ebenfalls dafür, dass bis zum 30. Juni 2017 nach bisherigem Verständnis ergangene Entscheidungen als Zäsur der Anwendung der neuen Regelungen entgegenstehen sollen.

31

Die von dem Gesetzgeber beabsichtigte zügige Ablösung der geltenden Vorschriften lässt sich auf zweifache Weise gewährleisten:

32

Zum einen kommt nach Art. § 316h Satz 1 EGStGB das neue Recht ab dem 1. Juli 2017 möglichst rasch und umfassend zur Geltung, namentlich auch für vor diesem Zeitpunkt begangene Taten und auch in laufenden Verfahren. Das Meistbegünstigungsprinzip findet insoweit keine Anwendung. Diese Stichtagsregelung trägt dem besonderen politischen Gestaltungswillen des Gesetzgebers (hierzu Saliger, ZStW 2017, 995, 997 f.) auch in zeitlicher Hinsicht Rechnung.

33

Zum anderen findet nach Art. § 316h Satz 2 EGStGB weiterhin das alte Recht Anwendung, soweit bereits eine Entscheidung zur Vermögensabschöpfung ergangen ist. Anderenfalls - so die auf prozessökonomischen Erwägungen beruhende Begründung des Gesetzgebers - „müssten die erstinstanzlichen Entscheidungen im Rechtsmittelverfahren allein wegen der Gesetzesänderung aufgehoben werden“ (BT-Drucks. 18/11640, S. 84).

34

Eben diese Aufhebung - mit der entsprechenden Bindung justizieller Ressourcen - wäre auch in den Fällen versehentlich unterbliebener Vermögensabschöpfung erforderlich, fasste man sie nicht ebenfalls unter den Begriff der „Entscheidung“.

35

(d) Dieser Auslegung der Übergangsvorschrift steht auch nicht der § 76a Abs. 1 StGB in der ab 1. Juli 2017 geltenden Fassung entgegen.

36

Danach ist eine Einziehung selbständig möglich, insbesondere sollen einer selbständigen (Wertersatz-)Einziehung weder der Strafklageverbrauch noch die Verjährung der (Erwerbs-)Tat entgegenstehen; die selbständige Einziehung soll sogar in Betracht kommen, wenn die Einziehungsentscheidung in der Hauptverhandlung übersehen oder vergessen worden ist (so ausdrücklich Köhler, NStZ 2017, S. 671) bzw. „weil sich das Gericht der Möglichkeit der Einziehung überhaupt nicht bewusst war oder weil es (konkludent oder ausdrücklich) von einer Entscheidung abgesehen hat (vgl. § 421 StPO-E)“ (BT Drucksache 18/9525 S. 72).

37

Angesichts dieser zu § 76a StGB erfolgten umfangreichen Begründung einer ab 1. Juli 2017 geltenden umfassenden, sogar - dem Strafgesetzbuch eher fremden - rückwirkenden Anwendung auf „Altfälle“ nachträglicher, gar eigenständiger Vermögensabschöpfung im Strafgesetzbuch „unter Gerechtigkeitsaspekten“ (BT-Drucksache a.a.O.) und der zugleich in Art. 316h Satz 2 EGStGB getroffenen Ausschlussregelung der bis zum 30. Juni 2017 ergangenen „Entscheidungen“ hätte es nahegelegen, dass der Gesetzgeber in seiner Begründung auf den Gleichklang der § 76a Abs. 1 StGB und § 316h EGStGB - wie zu § 312 StPO-E geschehen - hingewiesen hätte.

38

Dass dies nicht erfolgt ist, obwohl der Gesetzgeber die Reichweite erkannt hatte, spiegelt das unterschiedlich weite Verständnis des Entscheidungsbegriffs im alten und neuen Recht der Vermögensabschöpfung wider:

39

Während die Vermögensabschöpfung als „Säule der Kriminalitätsbekämpfung“ (BT-Drucks. 18/11640, S. 77; kritisch hierzu Fischer Vor § 73 Rn. 2) ab dem 1. Juli 2017 in möglichst weitem Umfang zum Tragen kommen soll, sollen „Altfälle“ möglichst ressourcenschonend beendet werden.

40

bb. Da die Staatsanwaltschaft ihre Berufung allein auf das „Strafmaß“ beschränkt und namentlich nur die Einzel- und Gesamtstrafen als zu niedrig angegriffen hatte, war die vom Amtsgericht nicht erfolgte Anwendung der §§ 73 ff. StGB a.F. vom Anfechtungswillen ausgenommen.

41

2. Die Revision des Angeklagten ist zulässig, aber unbegründet, nachdem in der Sache die Überprüfung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Hamburg vom 24. August 2017 auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen tragenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

42

Einer vermögensabschöpfenden Anordnung steht bereits das Verschlechterungsverbot des § 331 Abs. 1 StPO entgegen. Zu „Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat“ gehören auch vermögensabschöpfende Anordnungen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2015, Az.: 3 StR 101/15; Meyer-Goßner, § 331 Rn. 21) jedenfalls im Rahmen der bis zum 30. Juni 2017 geltenden Vorschriften.

43

Der Senat kann insoweit offenlassen, in welchem Umfang die Neufassung der Vorschriften zur Vermögensabschöpfung, hier insbesondere mit Blick auf § 76 a StGB und dem selbständigen Nachverfahren (vgl. Köhler a.a.O.) Auswirkungen etwa auf das Verschlechterungsverbot haben wird (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2018, Az.: 2 Rev 37/18).

44

3. Soweit das Kammergericht in einem unveröffentlichten Beschluss die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen und ergänzende Ausführungen zu § 316h EGStGB gemacht hat (Beschluss vom 1. Dezember 2017, Az.: (5) 161 Ss 148/17 (69/17)), sieht sich der Senat an seiner Entscheidung nicht gehindert, da angesichts der Begründung nicht erkennbar ist, dass die ergänzenden Ausführungen für die Entscheidung tragend sein könnten.

III.

45

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Das Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Berufung eingelegt hat.

(2) Diese Vorschrift steht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nicht entgegen.

2
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben; der Ausspruch über die Anordnung des Verfalls kann hingegen aufgrund des bereits von Amts wegen zu beachtenden Verbots der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 StPO) keinen Bestand haben. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Im Urteil der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 19. Dezember 2012 (21 Kls 34/12, 701 Js 493/12), gegen das ausschließlich die Angeklagte Revision einlegte und das daraufhin mit Beschluss des Senats vom 30. April 2013 (3 StR 85/13) mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben wurde, war eine die Beschwerdeführerin betreffende Verfallsanordnung nicht getroffen worden. Das Verbot der Schlechterstellung erfasst aber auch die Entscheidung über die Anordnung eines erweiterten Verfalls, weil es sich dabei um eine Rechtsfolge der Tat im Sinne von § 358 Abs. 2 StPO handelt (BGH wistra 2013, 474, 475; OLG Hamm StV 2008, 132 […]), die keine reine Sicherungsmaßnahme ist (vgl. hierzu Brunner in KMR § 331 Rn. 38). Daher durfte ungeachtet der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 73d StGB in tatsächlicher Hinsicht aus Rechtsgründen keine Verfallsanordnung mehr ausgesprochen werden. Aus diesem Grund scheidet auch eine Zurückverweisung der Sache im Umfang der beantragten Aufhebung an eine andere Strafkammer aus."

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

1
Der Wert des durch die gemeinsamen Taten von den Angeklagten D. T. und I. Erlangten beschränkt sich auf die vom Landgericht eingezogenen 30.040,88 Euro. Soweit der Generalbundesanwalt beantragt hat, die gesamtschuldnerische Haftung auf weitere 7.559 Euro zu erstrecken, handelt es sich um den Wert der im Fall II.10 angestrebten Beute. Eine solche Verschlechterung ist allein auf die Revision eines Angeklagten hin nicht möglich. Zudem hat das Landgericht insofern die Voraussetzungen des § 73 StGB verneint, da die Ware unmittelbar nach ihrer Lieferung sichergestellt und der Geschädigten ausgehändigt worden ist.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.