Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 25. Juli 2016 - 9 K 1184/16.A
Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. April 2016 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Februar 2014 aufzuheben und den am 11. Mai 2016 erfolgten Vollzug der Abschiebungsanordnung vom 5. Februar 2014 (Überstellung des Klägers nach Italien) rückgängig zu machen.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist nach eigenen Angaben eritreischer Staatsangehöriger. Er stellte am 8. April 2013 einen Asylantrag. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab er an, er habe sich zuvor in Italien und in der Schweiz aufgehalten.
3Nachdem das Bundesamt am 10. April 2013 einen schweizerischen Eurodac-Treffer der Kategorie 1 und einen italienischen EURODAC-Treffer der Kategorie 2 ermittelt hatte, richtete es am 3. Dezember 2013 ein Wiederaufnahmeersuchen an die Schweiz. Die schweizerischen Behörden teilten unter dem 6. Dezember 2013 mit, dass der Kläger am 25. Oktober 2012 nach Italien überstellt worden und seitdem in der Schweiz nicht mehr in Erscheinung getreten sei. Am 16. Dezember 2013 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Italien. Ein Antwortschreiben der Dublineinheit des italienischen Innenministeriums ging nachfolgend nicht ein.
4Mit Bescheid vom 5. Februar 2014, zugestellt am 7. Februar 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Ziffer 1.) und ordnete seine Abschiebung nach Italien an (Ziffer 2.). Zur Begründung der Ziffern 1. und 2. führte das Bundesamt aus, dass der Asylantrag gemäß § 27a des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG; seit dem 24. Oktober 2015: Asylgesetz - AsylG) unzulässig sei, da Italien für den Asylantrag zuständig sei.
5Am 12. Februar 2014 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 5. Februar 2014 bei dem erkennenden Gericht Klage und beantragte die Anordnung ihrer aufschiebenden Wirkung.
6Am 9. März 2014 wurde der Kläger durch das zuständige Meldeamt mit dem Vermerk "Wegzug nach unbekannt" abgemeldet. Nachdem die Ausländerbehörde des Kreises Heinsberg das Bundesamt hiervon in Kenntnis gesetzt hatte, antwortete dieses unter dem 28. März 2014 mit dem Bemerken, dass eine Überstellung nunmehr bis zum 30. Juni 2015 möglich sei. Zeitgleich teilte das Bundesamt auch den italienischen Behörden mit, dass der Kläger untergetaucht sei und sich die Überstellungsfrist deshalb bis zum vorgenannten Datum verlängert habe. Am 1. April 2014 teilte die Ausländerbehörde dem Bundesamt mit, dass der Kläger seit dem 27. März 2014 wieder unter seiner bisherigen Anschrift wohnhaft sei. Im Rahmen des im Folgenden darzustellenden Abänderungsverfahrens 13 B 726/14 (vgl. Schriftsätze vom 31. Juli und 4. August 2015 [abgeheftet nur in 13 A 1266/14.A]) teilte der Kläger mit, dass er im März 2015 durchgängig unter seiner damaligen Anschrift gewohnt habe und dass ihn vermutlich sein Hausmeister bei der Meldebehörde abgemeldet habe, weil er, der Kläger, seiner Arbeitsverpflichtung (1 € - Job) nicht nachgekommen sei.
7Mit Beschluss vom 4. April 2014 - 7 L 105/14.A -, den Beteiligten am selben Tag bekanntgegeben/zugestellt, wurde der Eilantrag vom 12. Februar 2014 abgelehnt. Die Klage gegen den Bescheid vom 5. Februar 2014 wurde mit Urteil vom 6. Juni 2014 - 7 K 249/14.A - abgewiesen. Daraufhin beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung und stellte einen sinngemäßen Abänderungsantrag gemäß § 80 Abs. 7 VwGO. Im Rahmen dieses Eilverfahrens untersagte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen der Beklagten mit Zwischenentscheidung vom 15. Mai 2015 ‑ 19 B 726/14.A - vorläufig, den Kläger abzuschieben. Mit Beschluss vom 18. August 2015 - 13 B 726/14 - ordnete das Obergericht (nach Übergang des Verfahrens in die Zuständigkeit des 13. Senats) unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Aachen vom 4. April 2014 - 7 L 105/14.A - die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 249/14.A gegen die insoweit angefochtene Abschiebungsanordnung an. Zur Begründung führte es aus, dass die Überstellungsfrist nach summarischer Prüfung am 30. Juni 2014 abgelaufen sei. Zugleich wurde die Berufung zugelassen. Mit Beschluss vom 1. Dezember 2015 - 13 A 1266/14.A - wurde die Berufung als unzulässig verworfen, weil der Kläger sie nicht fristgerecht begründet hatte.
8Am 27. Januar 2016 beantragte der Kläger erneut die Durchführung eines Asylverfahrens. Unter dem 1. Februar 2016 beantragte er zudem, den Dublin-Bescheid vom 5. Februar 2014 aufzuheben.
9Mit Beschluss vom 30. März 2016 - 4 L 253/16 - untersagte das erkennende Gericht der Ausländerbehörde des Kreises Heinsberg im Wege der einstweiligen Anordnung, den Kläger bis zur Vornahme einer Befristungsentscheidung nach § 11 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) abzuschieben. Ein zugleich gegen die Beklagte gerichteter Eilantrag wurde übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt (Einstellungsbeschluss vom 11. April 2016 - 7 L 254/16.A -).
10Mit (weiterem Dublin-) Bescheid vom 28. April 2016 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Ziffer 1.) und ordnete seine Abschiebung nach Italien an (Ziffer 2.). Zudem wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 3.). Eine Übersendung dieses Bescheides erfolgte an die Prozessbevollmächtigte des Klägers unter dem 17. Mai 2016. Nach ihren Angaben wurde der Bescheid dem Kläger am 23. Mai 2016 per Post und am 18. Juli 2016 per Fax übersandt.
11Am 11. Mai 2016 wurde der Kläger nach Italien überstellt. Einen weiteren, am selben Tag gestellten Antrag des Klägers gegen die Ausländerbehörde des Kreises Heinsberg vom 11. Mai 2016, dieser im Wege der einstweiligen Anordnung seine Überstellung nach Italien zu untersagen, lehnte das erkennende Gericht mit Beschluss vom 19. Mai 2016 - 4 L 386/16 - mit der Begründung ab, das Rechtsschutzbegehren habe sich erledigt, und es fehle die Passivlegitimation der Ausländerbehörde.
12Der Kläger hat am 27. Mai 2016 Klage erhoben.
13Er trägt im Wesentlichen vor: Das an Italien gerichtete Übernahmeersuchen sei verfristet gewesen. Die Fiktion seiner Annahme scheide daher aus. Abgesehen davon sei die Überstellungsfrist am 5. Oktober 2014 abgelaufen gewesen. Er sei im März 2014 nicht flüchtig gewesen. Auf den Ablauf der Fristen könne er sich berufen, weil Italien zu keinem Zeitpunkt seiner Übernahme ausdrücklich zugestimmt habe. Der bestandskräftige Dublin-Bescheid vom 5. Februar 2014 stehe dem nicht entgegen, weil das Bundesamt auch mit Blick auf den "Folgeantrag" den Ablauf der Überstellungsfrist als nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage hätte bewerten müssen. Aufgrund der Rechtswidrigkeit der Überstellung habe diese keinen erneuten Zuständigkeitsübergang auf Italien zur Folge gehabt.
14Der Kläger beantragt,
151. den Bescheid des Bundesamtes vom 28. April 2016 aufzuheben, hilfsweise, das Einreise-und Aufenthaltsverbot in Ziffer 3. dieses Bescheides auf den 11. Mai 2016 zu befristen, hilfsweise das Bundesamt unter entsprechender Aufhebung dieses Bescheides in Ziffer 3. zu verpflichten, über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
162. den Bescheid des Bundesamtes vom 5. Februar 2014 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass dieser Bescheid rechtswidrig ist und die Vollziehung der Abschiebungsanordnung in seiner Ziffer 2. rechtswidrig war, und
173. die Beklagte zu verpflichten, die Folgen des Vollzugs der Abschiebungsanordnung am 11. Mai 2016 rückgängig zu machen.
18Die Beklagte beantragt sinngemäß,
19die Klage abzuweisen.
20Sie trägt im Wesentlichen vor, dass der Kläger innerhalb der Überstellungsfrist überstellt worden sei. Die Überstellungsfrist habe sich entsprechend verlängert, weil der Kläger im März 2014 flüchtig gewesen sei. Abgesehen davon sei die Zuständigkeit für die Bearbeitung seines Asylantrags jedenfalls aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Überstellung nach Italien auf diesen Mitgliedstaat übergegangen.
21Mit Beschluss vom 25. Juli 2016 - 9 L 440/16.A - hat die Kammer die aufschiebende Wirkung dieser Klage gegen die Abschiebungsanordnung und die Befristungsentscheidung im Bescheid des Bundesamtes vom 28. April 2016 angeordnet und den am 27. Mai 2016 gestellten Eilantrag des Klägers im Übrigen abgelehnt.
22Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung erteilt; dies folgt für die Beklagte aus ihrer allgemeinen Prozesserklärung vom 25. Februar und 24. März 2016 sowie aus der telefonischen Mitteilung vom 5. Juli 2016 (betreffend die Berichterstatterentscheidung). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten in diesem und in den Verfahren 7 K 249/14.A, 7 L 105/14.A, 13 B 726/14.A, 4 L 253/16, 7 L 254/16.A, 4 L 386/16 sowie 9 L 440/16.A und die beigezogenen Verwaltungsakten des Bundesamts und der Ausländerbehörde des Kreises Heinsberg Bezug genommen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
24Die Klage, über die gemäß §§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist mit allen (Haupt-) Anträgen im gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung zulässig und begründet.
251. Der Klageantrag zu 1. hat mit seinem Hauptantrag Erfolg.
26a) Er ist zunächst zulässig. Dem statthaften Anfechtungsantrag fehlt insbesondere nicht das Rechtsschutzbedürfnis; der Dublin-Bescheid vom 28. April 2016 ist aufgrund der Überstellung des Klägers nach Italien am 11. Mai 2016 nicht als erledigt anzusehen. Die Erledigung eines belastenden Verwaltungsakts tritt grundsätzlich noch nicht durch seine Vollziehung ein, sondern in aller Regel erst dann, wenn seine Vollziehung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
27Vgl. VG Trier, Urteil vom 27. Mai 2015 - 5 K 1176/14.RT -, juris, Rn. 22, m.w.N.
28So liegt der Fall hier nicht. Art. 29 Abs. 3 der Dublin III-VO bestimmt, dass in den Fällen, in denen eine Person irrtümlich überstellt oder einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung oder der Überprüfung einer Überstellungentscheidung nach Vollzug der Überstellung stattgegeben wird, der Mitgliedstaat, der die Überstellung durchgeführt hat, die Person unverzüglich wieder aufnimmt. Hier ist zwar, wie im Folgenden näher begründet wird, nicht die Dublin III-VO, sondern die ‑ eine Art. 29 Abs. 3 der Dublin III-VO entsprechende Regelung nicht enthaltene - Dublin II-VO anwendbar. Die Kammer legt gleichwohl den in dieser Vorschrift enthaltenen Rechtsgedanken des europäischen Verordnungsgebers zu Grunde, wonach die Überprüfung einer Überstellungsentscheidung, also hier der Dublin-Bescheid, auch noch nach Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat möglich sein muss, wenn der überstellende Mitgliedstaat den Betroffenen irrtümlich überstellt.
29In diesem Sinne bezüglich der "Unzuständigkeitsentscheidung": VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 16. November 2015 ‑ RN 5 K 15.50405 -, juris, S. 5, 1. Absatz.
30Diese Voraussetzung liegt hier vor, weil die Überstellungsfrist, wie nachfolgend dargelegt wird, vor der Überstellung des Klägers nach Italien abgelaufen und die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags somit auf die Beklagte übergegangen ist.
31Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung spricht gegen eine Erledigung auch, dass diese gemäß § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG uneingeschränkt für alle Zukunft Grundlage künftiger Aufenthaltsbeendigung im Fall eines Folgeantrags sein soll.
32So Funke-Kaiser, in: Gemeinschafts-Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, Rdnr. 70 zu § 34a, Stand: Juni 2014.
33Eine Erledigung des Bescheides vom 28. April 2016 folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Überstellungsfrist bereits abgelaufen ist. Eine solche Annahme verbietet sich hier schon deshalb, weil das Bundesamt auch aktuell an seiner Rechtsauffassung festhält, dass die Überstellungsfrist nicht abgelaufen sei und seine Dublin-Entscheidungen rechtmäßig seien, und den Kläger nach Italien überstellt hat. Auch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen ist in seinem stattgebenden Eilbeschluss vom 18. August 2015 - 13 B 726/14.A - sinngemäß davon ausgegangen, dass sich ein Dublin-Bescheid nicht durch den vom Obergericht angenommenen Ablauf der Überstellungsfrist erledigt; anderenfalls wäre der Eilantrag nämlich nicht statthaft und somit abzulehnen gewesen.
34Schließlich ist die Klage auch innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe (vgl. § 34a Abs. 2 Satz 1 und 3, § 74 Abs. 1 AsylG) und somit fristgerecht erhoben worden. Nachdem die Beklagte den Bescheid vom 28. April 2016 nicht, wie gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylG vorgegeben, dem Kläger ordnungsgemäß zugestellt, sondern nur seiner Prozessbevollmächtigten einen Abdruck zugeleitet hat, ist die Zustellung gleichwohl gemäß § 8 des Verwaltungszustellungsgesetzes geheilt worden, nachdem diese dem Kläger den Bescheid am 23. Mai 2016 per Post und zusätzlich am 18. Juli 2016 per Fax übersandt hat. Vor diesem Hintergrund ist von einer Bekanntgabe des in Rede stehenden Bescheides an den Kläger auszugehen, die jedenfalls nicht mehr als eine Woche vor Klageerhebung am 27. Mai 2016 erfolgt ist.
35b) Der Klageantrag zu 1. ist auch begründet. Der Bescheid vom 28. April 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
36Rechtsgrundlage der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziffer 1. dieses Bescheids ist § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG i. V. m. § 27a AsylG. Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG ist in solchen Fällen der Asylantrag als unzulässig abzulehnen. Im entscheidungserheblichen Zeitpunkt ist der Asylantrag des Klägers gemäß § 27a AsylG aber nicht unzulässig. Für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers ist nicht Italien, sondern die Beklagte zuständig. Dies folgt aus dem Ablauf der Überstellungsfrist.
37Deshalb bedarf keiner Entscheidung, ob die Fiktion der Annahme des Übernahmeersuchens vom 16. Dezember 2013 gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO hier dazu führt, dass Italien zuvor zuständig geworden war und die zunächst aus Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Dublin II-VO folgende Zuständigkeit der Beklagten wieder beseitigt hat. Nach Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Dublin II-VO ist der Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für die Prüfung des Asylantrags zuständig, wenn das an einem anderen Mitgliedstaat gerichtete Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb von drei Monaten nach Einreichung seines Antrags unterbreitet wird. Die Dublin II-VO ist anwendbar, weil der Kläger seinen Asylantrag am 8. April 2013 und somit vor dem Inkrafttreten der Dublin III-VO im Juni 2013 gestellt hat (vgl. Art. 49 Dublin III-VO). Des Weiteren ist Art. 17 Dublin II-VO und nicht Art. 16 Dublin II-VO einschlägig, weil davon auszugehen ist, dass der Kläger in Italien nicht, wie von Art. 16 Dublin II-VO vorausgesetzt, einen Asylantrag gestellt hat. Denn der italienische EURODAC-Treffer entspricht der Kategorie 2. In Anwendung des Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin II-VO resultierte die grundsätzliche Zuständigkeit der Beklagten daraus, dass sie das Übernahmeersuchen an Italien erst am 16. Dezember 2013 und somit nach Ablauf von drei Monaten nach der Asylantragstellung des Klägers am 8. April 2013 gerichtet hat; das vorangegangene Übernahmeersuchen an die Schweiz hat auf diesen Fristablauf schon deshalb keine Auswirkung, weil das Wiederaufnahmeersuchen an die Schweiz am 3. Dezember 2013 und somit ebenfalls nach Ablauf der hier in Rede stehenden Dreimonatsfrist erfolgt ist.
38Auf die sich nach dem Vorstehenden stellende Frage, ob auch ein verfristetes Übernahmeersuchen die Fiktion dessen Annahme auslösen kann und hier einem diesbezüglichen Erfolg der Klage entgegenstehenden könnte, kommt es nicht an, weil die Zuständigkeit der Beklagten für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers jedenfalls gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II‑VO wegen erfolglosen Ablaufs der Überstellungsfrist auf die Beklagte übergegangen ist. Nach dieser Vorschrift geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 Dublin II‑VO erfolgt die Überstellung spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat.
39Die Überstellungsfrist begann (erstmalig) mit der - hier unterstellten - fiktiven Annahme des Wiederaufnahmegesuchs und somit zwei Wochen nach dem an Italien gerichteten Übernahmeersuchen vom 16. Dezember 2013 (vgl. nochmals Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO).
40Der am 12. Februar 2014 und somit rechtzeitig gestellte Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage gegen die im Bescheid vom 5. Februar 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung im Sinne des §§ 34a Abs. 1 und 2 Satz 1 AsylG unterbrach den Lauf der Überstellungsfrist jedoch, und mit der Bekanntgabe des entsprechenden Eilbeschlusses vom 4. April 2014 an die Beklagte am selben Tag (der Bundesamts-Eingangsstempel "3. April 2014" dürfte auf einem Büroversehen beruhen) wurde diese Frist neu in Lauf gesetzt.
41Dies folgt aus der von der Kammer zugrunde gelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach bei einem rechtzeitigen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die Abschiebungsanordnung kraft Gesetzes (§ 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG) eine Abschiebung bis zu der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht vollzogen werden darf und daher die sechsmonatige Überstellungsfrist auch dann erneut in Lauf gesetzt wird, wenn das Verwaltungsgericht diesen Antrag ablehnt. Aus der - zu Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO ergangenen - Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich, dass dem Mitgliedstaat in Fällen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz stets die volle Überstellungsfrist zur Vorbereitung und Durchführung zur Verfügung stehen muss und die Frist für die Durchführung der Überstellung daher erst zu laufen beginnt, wenn grundsätzlich vereinbart und sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird und lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Dem unionsrechtlichen Begriff der "aufschiebenden Wirkung" eines Rechtsbehelfs unterfällt mithin unabhängig von der terminologischen Einordnung nach nationalem Recht auch das allein durch die Antragstellung nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG bewirkte gesetzesunmittelbare Abschiebungsverbot (§ 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich klar, dass dem Mitgliedstaat stets eine zusammenhängende sechsmonatige Überstellungsfrist zuzubilligen ist, so dass die in der Rechtsprechung vertretene Auffassung, nach der eine bloße Hemmung einer mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs in Lauf gesetzten Überstellungsfrist anzunehmen ist, nicht dem Unionsrecht entspricht.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 - 1 C 15.15 -, juris, Rn. 11, mit Verweis auch auf EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 < Petrosian > , Rn. 43 ff.
43Nach der Unterbrechung der Überstellungsfrist begann diese am 4. April 2014 erneut zu laufen, weil der den Eilantrag vom 12. Februar 2014 ablehnende Kammerbeschluss vom 4. April 2014 der Beklagten an diesem Tag bekannt gegeben worden ist. Dieser Zeitpunkt ist maßgeblich, weil nur so gewährleistet wird, dass der Beklagten die volle Überstellungsfrist zur Vorbereitung und Durchführung einer Überstellung zur Verfügung steht. Denn würde man auf das (hier gleiche) Datum der Beschlussfassung abstellen, würden der Beklagten insoweit einige Tage fehlen, wenn die Bekanntgabe einer Eilentscheidung nicht am Tag der Beschlussfassung, sondern später erfolgt. Denn erst mit der Bekanntgabe dieser Entscheidung erlangt die Beklagte Kenntnis davon, dass die Überstellungsfrist neu zu laufen beginnt.
44So im Ergebnis auch BVerwG, Beschluss vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 -, juris, Rn. 22.
45Die somit am 4. April 2014 neu in Lauf gesetzte Überstellungsfrist lief am 4. Oktober 2014 ab. Eine erneute Unterbrechung dieser Frist erfolgte nicht durch den Abänderungsantrag des Klägers vom 18. Juni 2014. Denn ein Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO hat nicht die Wirkungen des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG.
46So BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 -, juris, Rn. 18.
47Die Überstellungsfrist ist auch nicht gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Dublin-II-VO auf 18 Monate verlängert werden. Nach dieser Vorschrift kann die grundsätzlich geltende Überstellungsfrist von sechs Monaten auf höchstens 18 Monate verlängert werden, wenn die betreffende Person flüchtig ist. So liegt der Fall hier nicht.
48Der Kläger war im März 2014 (vor Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist) nicht flüchtig. Flüchtigkeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn der Asylbewerber seine Wohnung (dauerhaft) verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch dem Zugriff der Behörden entzieht; ein Asylbewerber ist jedoch auch dann flüchtig, wenn er sich seiner Überstellung entzieht.
49Vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 1 B 1196/14 -, juris, Rn. 7.
50Die Annahme des Bundesamtes und der zuständigen Ausländerbehörde, der Kläger sei im März 2014 flüchtig gewesen, beruht lediglich auf dem Umstand, dass der Kläger am 9. März 2014 durch das zuständige Meldeamt mit dem Vermerk "Wegzug nach unbekannt" abgemeldet worden ist. Indes war der Kläger bereits seit dem 27. März 2014 wieder unter seiner bisherigen Anschrift gemeldet, und im März 2014 stand weder eine geplante Überstellung des Klägers nach Italien noch ein (kurz) bevorstehender Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist im Raum stand. Zudem hat der Kläger im Rahmen des Abänderungsverfahrens 13 B 726/14 (vgl. seine Schriftsätze vom 31. Juli und 4. August 2015 [abgeheftet nur in 13 A 1266/14.A]) unwidersprochen mitgeteilt, dass er im März 2014 durchgängig unter seiner damaligen Anschrift gewohnt habe und dass ihn vermutlich sein Hausmeister bei der Meldebehörde abgemeldet habe, weil er, der Kläger, seiner Arbeitsverpflichtung (1 € - Job) nicht nachgekommen sei. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte hat die Kammer keinen Anlass, an der Richtigkeit dieses Vorbringens zu zweifeln, so dass es auch keiner weiteren Sachaufklärung von Amts wegen bedurfte, wer die offenbar zu Unrecht erfolgte kurzzeitige Abmeldung des Klägers aus dem Melderegister veranlasst hat. Vor diesem Hintergrund ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger im März 2014 zeitweise untergetaucht wäre. Diese Bewertung stimmt im Übrigen mit der (summarischen) Rechtsauffassung des Obergerichts überein (vgl. dessen Beschluss vom 18. August 2015 - 13 B 726/14 -).
51Lief die Überstellungsfrist nach allem am 4. Oktober 2014 ab, so bleiben die nachfolgenden, im Tatbestand dieses Urteils dargestellten weiteren Eilentscheidungen und Eilanträge in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Denn der an den erfolglosen Ablauf der Überstellungsfrist geknüpfte Zuständigkeitswechsel kann nicht durch Ingangsetzen einer neuen Überstellungsfrist wieder zu Fall gebracht werden.
52So BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 -, juris, Rn. 17.
53Schließlich ist die Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers von der Beklagten auch nicht mit seiner Überstellung nach Italien auf diesen Mitgliedstaat übergegangen. Denn abgesehen davon, dass Italien dieser Überstellung (in Kenntnis des Ablaufs der Überstellungsfrist) nicht ausdrücklich zustimmt hat, steht einem solchen Zuständigkeitsübergang entgegen, dass die Überstellung des Klägers nach Italien aufgrund der Zuständigkeit der Beklagten rechtswidrig war. Für den Fall einer solchen irrtümlichen Überstellung folgt aus dem (wie oben ausgeführt auch hier anzuwendenden) Rechtsgedanken der in Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO enthaltenen Regelung, dass die Zuständigkeit hier nicht auf Italien übergegangen ist, sondern die Beklagte im Gegenteil verpflichtet ist, den Kläger unverzüglich wieder aufzunehmen.
54Der Kläger kann sich auch auf die Zuständigkeit der Beklagten berufen. Dabei bedarf keiner näheren Erörterung, ob den Zuständigkeitsbestimmungen der Dublin II-VO generell individualschützende Wirkung zukommt und der Schutzsuchende in jedem Fall eine Prüfung durch den zuständigen Mitgliedstaat verlangen kann.
55 Vgl. zur Dublin III-VO: EuGH, Urteil vom 7. Juni 2016 - C-63/15
Denn der nach den Dublin-Bestimmungen zuständige Mitgliedstaat darf einen Schutzsuchenden jedenfalls dann nicht auf eine Prüfung durch einen anderen (unzuständigen) Mitgliedstaat verweisen, wenn dessen (Wieder-) Aufnahmebereitschaft nicht positiv feststeht. Dies ergibt sich als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal aus Sinn und Zweck des Dublin-Systems und der mit ihm verwirklichten verfahrensrechtlichen Dimension der materiellen Rechte, die die Richtlinie 2011/95/EU (sog. Anerkennungsrichtlinie) Schutzsuchenden einräumt. Danach kann sich ein Schutzsuchender den für die Prüfung seines Schutzbegehrens zuständigen Mitgliedstaat zwar nicht selbst aussuchen, er hat aber einen Anspruch darauf, dass ein von ihm innerhalb der EU gestellter Antrag auf internationalen Schutz innerhalb der EU geprüft wird. Könnte sich der Schutzsuchende auch bei fehlender (Wieder-) Aufnahmebereitschaft eines anderen Mitgliedstaats nicht auf die Zuständigkeit Deutschlands berufen, entstünde die Situation eines "refugee in orbit", in der sich kein Mitgliedstaat für die sachliche Prüfung des Asylantrags als zuständig ansieht. Dies würde dem zentralen Anliegen des Dublin-Regimes zuwiderlaufen, einen effektiven Zugang zu den Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz nicht zu gefährden (Erwägungsgrund 5 der Dublin III-VO).
57So BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 -, juris, Rn. 20.
58Hier fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass Italien den Ablauf der Überstellungsfrist und die daraus folgenden Zuständigkeit der Beklagten ‑ generell oder im Einzelfall - nicht einwendet.
59Die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützte Abschiebungsanordnung in Ziffer 2. des Bescheides vom 28. April 2016 ist ebenfalls rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt, soll der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Italien ist nach den obigen Ausführungen für die Durchführung des Asylverfahrens nicht zuständig.
60Auch die in Ziffer 3. des Bescheides vom 28. April 2016 enthaltene Befristungsentscheidung, die aufgrund der rechtswidrigen Überstellung hier die Wirkung eines eigenständigen sechsmonatigen Einreise- und Aufenthaltsverbots entfaltet und somit einen belastenden Verwaltungsakt darstellt, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Ungeachtet aller sonstigen Zweifelsfragen setzt die Befristungsentscheidung im Sinne des § 11 Abs. 2 AufenthG eine rechtmäßige Abschiebungsanordnung voraus. Eine solche liegt nach den vorstehenden Ausführungen nicht vor. Ob eine Überstellung eines Drittstaatsangehörigen in einen anderen Mitgliedstaat ein Einreise- und Aufenthaltsverbot grundsätzlich auszulösen vermag, bedarf hier keiner näheren Erörterung.
61Vgl. zur Begründung einer Einreisesperre durch eine vollzogene Abschiebungsanordnung: BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 -, juris, Rn. 24 u. 27; VG Magdeburg, Urteil vom 22. Dezember 2015 - 4 A 15/15, juris, Rn. 25 ff.; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 31. August 2015 - 24 K 5369/15 -, juris, Rn. 10 ff.; zur diesbezüglichen Voraussetzung einer rechtmäßigen Abschiebung: Funke-Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, II - § 11 Rn. 52, Stand: Oktober 2015, m.w.N.
622. Der Klageantrag zu 2. hat ebenfalls mit seinem Hauptantrag Erfolg. Da der (erste Dublin‑) Bescheid vom 5. Februar 2014 bei Klageerhebung bereits bestandskräftig war und eine zulässige Anfechtungsklage folglich ausscheidet, legt die Kammer diesen Antrag gemäß § 88 VwGO dahingehend aus, dass der Kläger beantragt, die Beklagte zu verpflichten, diesen Bescheid aufzuheben.
63Der so verstandene - unter Bezugnahme auf die vorstehenden Ausführungen zur fehlenden Erledigung eines Dublin-Bescheides wegen erfolgter Überstellung und Ablaufs der Überstellungsfrist zulässige - Antrag ist begründet. Der Kläger hat nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne) einen Anspruch, die Beklagte zu verpflichten, den Dublin-Bescheid vom 5. Februar 2014 aufzuheben. Dieser Bescheid ist im entscheidungserheblichen Zeitpunkt rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten.
64Der Bescheid vom 5. Februar 2014 ist wegen Ablaufs der Überstellungsfrist rechtswidrig. Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen zum Dublin-Bescheid vom 28. April 2016 verwiesen. Das somit nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eröffnete Ermessen ist auf eine Entscheidung zu Gunsten des Klägers reduziert. Dies folgt schon aus einer ermessensbindenden Verwaltungspraxis der Beklagten. So ist ein Dublin-Bescheid nach erfolglosem Ablauf der Überstellungsfrist nach der aktuellen Dienstanweisung der Beklagten vom Januar 2016 betreffend das Dublin-Verfahren aufzuheben.
65Vgl. auch VG München, Urteil vom 16. Dezember 2015 - M 12 K 15.50788 -, juris, Rn. 25 ff. (28 f.).
663. Schließlich ist auch der zulässige Klageantrag zu 3. begründet. Der Kläger hat einen Anspruch, die Beklagte zu verpflichten, den am 11. Mai 2016 erfolgten Vollzug der Abschiebungsanordnung vom 5. Februar 2014 rückgängig zu machen.
67Grundlage für diesen Anspruch ist der allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch i.V.m. mit dem Rechtsgedanken der in Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO enthaltenen Regelung. Der Folgenbeseitigungsanspruch setzt voraus, dass durch einen hoheitlichen Eingriff - hier die Überstellung des Klägers nach Italien am 11. Mai 2016 - ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt worden und dadurch für diesen ein andauernder rechtswidriger Zustand entstanden ist, dessen Beseitigung tatsächlich und rechtlich möglich ist. Der Folgenbeseitigungsanspruch knüpft mithin nicht allein an die Rechtswidrigkeit des Eingriffsaktes an, sondern an die Rechtswidrigkeit des dadurch geschaffenen Zustands. In einem solchen Fall kann der in seinem subjektiven Recht verletzte Betroffene verlangen, dass derjenige rechtmäßige Zustand wiederhergestellt wird, der unverändert bestünde, wenn es zu dem rechtswidrigen Eingriff und dem damit verbundenen, andauernden rechtswidrigen Zustand nicht gekommen wäre.
68So OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - 18 B 104/14, juris, Rn. 6 ff, m.w.N.
69Die für einen solchen Anspruch notwendigen Voraussetzungen liegen vor. Die nach dem Vorstehenden gegebene Zuständigkeit der Beklagten für die Prüfung des Asylantrags des Klägers (jedenfalls) wegen Ablaufs der Überstellungsfrist führt nicht nur zur Rechtswidrigkeit seiner Überstellung, sondern auch des Fernhaltens des Klägers von der erneuten Einreise in das Bundesgebiet. Die Folgenbeseitigung ist auch tatsächlich möglich. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte mit den zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen wird und diese seine Wiedereinreise unter Übernahme der Kosten ermöglichen werden. Die Folgenbeseitigung ist schließlich nicht rechtlich unmöglich. Insbesondere steht der Wiedereinreise des Klägers nicht die Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG entgegen. Denn abgesehen davon, dass die Wiedereinreise über eine Befristung der Wirkungen der Abschiebung oder eine Betretenserlaubnis ermöglicht werden könnte, setzt die grundsätzlich allein aufgrund des faktischen Vollzugs der Abschiebung eintretende Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG eine rechtmäßige Abschiebung voraus, die hier nicht vorliegt.
70Vgl. VG Augsburg, Beschluss vom 1. Februar 2010 - Au 5 S 10.30014 -, juris, Rn. 33 u. 47, m.w.N.
71Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 83b AsylG. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11 Alt. 2, 711, 709 Satz 2 der Zivilprozessordnung.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 25. Juli 2016 - 9 K 1184/16.A
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 25. Juli 2016 - 9 K 1184/16.A zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.
(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt. Das Gleiche gilt für den Asylantrag eines Kindes, wenn der Vertreter nach § 14a Abs. 3 auf die Durchführung eines Asylverfahrens verzichtet hatte.
(2) Der Ausländer hat den Folgeantrag persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in der er während des früheren Asylverfahrens zu wohnen verpflichtet war. Wenn der Ausländer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen hatte, gelten die §§ 47 bis 67 entsprechend. In den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder wenn der Ausländer nachweislich am persönlichen Erscheinen gehindert ist, ist der Folgeantrag schriftlich zu stellen. Der Folgeantrag ist schriftlich bei der Zentrale des Bundesamtes zu stellen, wenn
- 1.
die Außenstelle, die nach Satz 1 zuständig wäre, nicht mehr besteht, - 2.
der Ausländer während des früheren Asylverfahrens nicht verpflichtet war, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
(3) In dem Folgeantrag hat der Ausländer seine Anschrift sowie die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt. Auf Verlangen hat der Ausländer diese Angaben schriftlich zu machen. Von einer Anhörung kann abgesehen werden. § 10 gilt entsprechend.
(4) Liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vor, sind die §§ 34, 35 und 36 entsprechend anzuwenden; im Falle der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) ist § 34a entsprechend anzuwenden.
(5) Stellt der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt, so bedarf es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung. Die Abschiebung darf erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen, vollzogen werden, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden.
(6) Absatz 5 gilt auch, wenn der Ausländer zwischenzeitlich das Bundesgebiet verlassen hatte. Im Falle einer unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) kann der Ausländer nach § 57 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes dorthin zurückgeschoben werden, ohne dass es der vorherigen Mitteilung des Bundesamtes bedarf.
(7) War der Aufenthalt des Ausländers während des früheren Asylverfahrens räumlich beschränkt, gilt die letzte räumliche Beschränkung fort, solange keine andere Entscheidung ergeht. Die §§ 59a und 59b gelten entsprechend. In den Fällen der Absätze 5 und 6 ist für ausländerrechtliche Maßnahmen auch die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer aufhält.
(8) Ein Folgeantrag steht der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegen, es sei denn, es wird ein weiteres Asylverfahren durchgeführt.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.
(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.
(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.
(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.
(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.
Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.
(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.
(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.
(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.
(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.
(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.
(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.
(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.
(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.
(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
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die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
Gründe
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Die auf § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO gestützte Anhörungsrüge des Antragstellers hat keinen Erfolg.
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Der Antragsteller hat nicht im Sinne von § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO vorliegen und das Gericht mit seinem Beschluss vom 06.11.2014 (Az.: 1 A 1140/14 MD) den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
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Der in Art. 103 Abs. 1 GG oder einfachem Verfahrensrecht verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet grundsätzlich das Recht, sich in dem Verfahren sowohl zur Rechtslage als auch zum zugrunde liegenden Sachverhalt äußern zu können (vgl. im Folgenden: OVG LSA, B. v. 14.05.2010 - 3 L 184/10 und 3 L 260/08 -, nicht veröffentlicht). Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das entscheidende Gericht dabei, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (std. Rspr. d. BVerfG, u. a. B. v. 14.06.1960 - 2 BvR 96/60 -, BVerfGE 11, 218 [220]; B. v. 30.10.1990 - 2 BvR 562/88 -, BVerfGE 83, 24 [35]). Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs ist allerdings erst dann verletzt, wenn das Gericht gegen den vorbezeichneten Grundsatz, das Vorbringen eines Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, erkennbar verstoßen hat. Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass dem genannten Verfassungsgebot entsprochen worden ist (vgl. BVerfG, B. v. 29.05.1991 - 1 BvR 1383/90 -, BVerfGE 84, 133 [146]; B. v. 17.11.1992 - 1 BvR 168/89 u. a. -, BVerfGE 87, 363 [392 f.]), ist die Annahme einer Verletzung der Pflicht des Gerichts zur Kenntnisnahme des Beteiligtenvorbringens und des In-Erwägung-Ziehens desselben erst dann gerechtfertigt, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Einzelfalles ergibt (vgl. BVerfG, B. v. 19.07.1967 - 2 BvR 639/66 -, BVerfGE 22, 267 [274]; B. v. 25.05.1993 - 1 BvR 345/83 -, BVerfGE 88, 366 [375]). Hierfür reicht es nicht schon aus, dass in der angefochtenen Entscheidung auf einen bestimmten Sachvortrag der Beteiligten nicht eingegangen worden ist. Denn jedenfalls ist das Gericht weder nach Art. 103 Abs. 1 GG noch nach einfachem Verfahrensrecht verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jeder Einzelheit des Vorbringens zu befassen; es genügt vielmehr die Angabe der Gründe, „die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind“ (vgl. BVerfG, B. v. 17.11.1992, a. a. O.).
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Im vorliegenden Fall ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass das beschließende Gericht der ihm obliegenden Verpflichtung nach Art. 103 Abs. 1 GG oder einfachem Verfahrensrecht, das Vorbringen des Antragstellers in seinem Antrag vom 21.10.2014 (1 B 1140/14 MD) zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht oder nur unzureichend nachgekommen ist.
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Vielmehr hat sich das Gericht in dem gerügten Beschluss mit dem Vorbringen des Antragstellers im Verfahren 1 B 1140/14 MD auseinandergesetzt und dessen Relevanz in der gebotenen Weise erörtert. Dabei konnte das Gericht sich darauf beschränken, sich mit den Gründen zu befassen, die von dem Antragsteller bislang dargelegt wurden und die Gründe anzuführen, die insoweit für die richterliche Überzeugungsbildung – hier die Ablehnung des Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes – leitend gewesen sind.
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Entgegen der Ansicht des Antragstellers war das Gericht nicht nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, eine Stellungnahme des Antragstellers zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 27.10.2014 nebst Anlagen abzuwarten, in dem sie vortrug, die Überstellungsfrist habe sich verlängert weil sich der Antragsteller der für den 02.09.2014 vorgesehenen Überstellung durch Untertauchen entzogen habe und die Antragsgegnerin den italienischen Behörden dies unter dem 02.09.2014 mitgeteilt habe. Denn der anwaltlich vertretene Antragsteller war bereits im Zeitpunkt der Stellung des Abänderungsantrages 1 B 1140/14 MD vom 21.10.2014 in der Lage gewesen, zu einer etwaigen Verlängerung der Überstellungsfrist durch die Antragsgegnerin Stellung zu nehmen. Denn ihm war der geplante Überstellungstermin vom 02.09.2014 offensichtlich bekannt und es bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller auf der Grundlage des ärztlichen Attestes vom 01.09.2014 nicht als reisefähig angesehen hat. Als gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter musste der Antragsteller bei dieser Sachlage damit rechnen, dass die Antragsgegnerin durch eine entsprechende Mitteilung an die italienischen Behörden versucht, die Überstellungsfrist zu verlängern. Die war vorliegend umso mehr geboten, weil der Antragsteller seinen Abänderungsantrag vom 21.10.2014 ausschließlich mit dem Ablauf der Überstellungsfrist begründet hat.
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Darüber hinaus war sein Vorbringen, er habe den Überstellungstermin am 02.09.2014 nicht wahrnehmen können, weil er seit dem 01.09.2014 krankheitsbedingt nicht von B-Stadt nach Ascherleben habe reisen können und nicht, weil er nicht untergetaucht sei, nicht entscheidungserheblich. Gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Dublin-II-VO kann die Überstellungsfrist auf achtzehn Monate verlängert werden, wenn der Asylbewerber flüchtig ist. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist ein Asylbewerber nicht erst dann flüchtig im Sinne dieser Vorschrift, wenn er seine Wohnung (dauerhaft) verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch den Zugriff der Behörden entzieht, Die Formulierung „flüchtig ist“ knüpft an die Überstellung des Asylbewerbers an. Dies erlaubt es, auch den Sachverhalt vom Wortlaut und –sinn erfasst anzusehen, in dem sich der Asylbewerber seiner Überstellung durch sein Nichterscheinen entzieht. In einem solchen Fall hat nicht der Mitgliedstaat, sondern der Asylbewerber den Ablauf der Frist zu vertreten. Zumindest ist dem Asylbewerber dann der Ablauf der Sechs-Monats-Frist zuzurechnen, wenn er vorsätzlich und unentschuldigt zu seiner Überstellung nicht erschienen ist (vgl. VG B-Stadt, B. v. 13.01.2011 – 33 L 530.10 A -, juris, Rdnr. 22; VG Potsdam, U. v. 04.06.2014 -, juris, Rdnr. 16). Für diese Auslegung des Merkmals „flüchtig ist“ spricht, dass die Regelungen zur Überstellungsfrist Sanktionscharakter haben, und ein Staat der die sechs Monate betragende Überstellungsfrist missachtet, nunmehr zuständig sein soll. Es kann aber keine Rede davon sein, dass die Bundesrepublik Deutschland die Frist missachtet hat, wenn der Asylbewerber zu seiner Überstellung nicht erscheint (vgl. – allerdings mit den Voraussetzungen des vorsätzlichen und unentschuldigten Nichterscheinens zur Überstellung: VG B-Stadt, B. v. 13.01.2014 – a. a. O, Rdnr. 23).
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Der ist bereits deshalb flüchtig, weil er sich im Zeitpunkt seiner Überstellung nicht in der Gemeinschaftsunterkunft in A-Stadt aufgehalten hat, in der entsprechend seiner Duldungsbescheinigung vom 30.06.2014 seinen Wohnsitz zu nehmen hatte. Dass er im Zeitpunkt der vorgesehenen Überstellung auf der Grundlage des § 51 AsylVfG bereits in ein anderes Bundesland umverteilt worden war, ist nicht zu ersehen. Dem vom Antragsteller vorgelegten „Einigungspapier Oranienplatz“ und dem Beschluss des Berliner Senats vom 27.05.2014 kann an solche Umverteilungsentscheidung des Antragstellers nach B-Stadt nicht entnommen werden. Auch hat das Land B-Stadt entgegen der Ansicht des Antragstellers weder durch das Einigungspapier noch dem Senatsbeschluss rechtsverbindlich die Übernahme der Zuständigkeit für den Antragsteller zugesichert.
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Nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem daraus abgeleiteten „Vorrang des Gesetzes“ darf die Verwaltung nicht von bestehenden Gesetzen abweichen. Unabhängig von Form (z. B. Verwaltungsakt, Verwaltungsvertrag oder Rechtsnorm) und Wirkung (begünstigend oder belastend) ihres Handelns ist die Verwaltung stets an sämtliche bestehende - nationale und unmittelbar anwendbare europäische - Rechtsnormen gebunden. Die länderübergreifende Verteilung von Ausländern ist - wie ausgeführt - in § 51 AsylVfG geregelt. Eine länderübergreifende (Um)Verteilung von Ausländern unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AsylVfG - oder gar in Widerspruch zu diesen - verstößt gegen den Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes. Bei verständiger Würdigung des „Einigungspapiers Oranienplatz“ ist allerdings davon auszugehen, dass die Ausländerbehörde B-Stadt von der einzelfallbezogenen Prüfung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AsylVfG nicht dispendiert werden sollte (VG Magdeburg, B. v. 02.12.2014 – 2 B 287/14 MD -, S. 6 d. BA.).
- 10
In Ziffer 4 des Einigungspapiers heißt es, nach Erfüllung bestimmter - dort näher genannter - Zusagen durch die registrierten Flüchtlinge erfolge „auf Antrag eine umfassende Prüfung der Einzelfallverfahren im Rahmen aller rechtlichen Möglichkeiten (Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung, Anträge auf Umverteilung nach § 51 AsylVfG, etc.) […] In diesem Sinne wird die Ausländerbehörde die Antragstellerinnen und Antragsteller während des Verfahrens beratend unterstützen. […] Für die Zeit der Prüfung der jeweiligen Einzelfallverfahren bleibt die Abschiebung ausgesetzt“. Danach liegt es schon nach dem Wortlaut des Einigungspapiers fern, dass hierdurch ohne Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen im jeweiligen Einzelfall die Ergreifung bestimmter aufenthaltsrechtlicher Maßnahmen - wie etwa die Umverteilung nach B-Stadt - in Aussicht gestellt werden sollte. Vielmehr sprechen die Hinweise auf die „(umfassende) Prüfung der Einzelfallverfahren“ und der den Betroffenen „bei ihren Einzelverfahren“ gewährten Unterstützung sowie der Verweis auf den zu beachtenden „Rahmen aller rechtlicher Möglichkeiten“ dafür, dass eine ausländerbehördliche Prüfung der aufenthaltsrechtlichen Stellung im jeweiligen Einzelfall erfolgen soll, ohne dass die Ausländerbehörde dabei von vornherein auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt ist (VG Magdeburg, B. v. 02.12.2014 – 2 B 287/14 MD -, S. 6 d. BA.).
- 11
Diese Auslegung wird durch die Presseerklärung der Senatskanzlei B-Stadt vom 18. März 2014 (http://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/politik-aktuell/2014/meldung.91447.php; zuletzt abgerufen am 2. Dezember 2014) anlässlich der Senatspressekonferenz vom gleichen Tag gestützt. Dort heißt es u. a.: „Der Berliner Senat hat im Konflikt um das Flüchtlingscamp auf dem Oranienplatz und die Besetzung der Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg ein Lösungsangebot vorgelegt. In Einzelfallverfahren soll geprüft werden, ob die Betroffenen in der Stadt bleiben können.“ In diesem Sinne wird dort auch der Berliner Senator für Inneres und Sport Frank Henkel zitiert. Aus Sicht seiner Partei sei es u. a. wichtig gewesen, dass es „für die Flüchtlinge ‚keine Sonderbehandlung‘ gebe, sondern in jedem Fall der Einzelfall geprüft werde.“ Dies deckt sich mit der dort ebenfalls wiedergegebenen Aussage der Berliner Integrationssenatorin Dilek Kolat, Maximalforderungen nach einem Bleiberecht für alle habe sie aufgrund der Rechtslage nicht entsprechen können. Vereinbart worden sei, dass die Flüchtlinge die Zelte auf dem Oranienplatz selbst abbauten. Zugleich sei ihnen Unterstützung, darunter Rechtsberatung, in ihren Verfahren zugesichert worden (VG Magdeburg, B. v. 02.12.2014 – 2 B 287/14 MD -, S. 6 f- d. BA.).
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Aus der unterlassenen Durchsetzung der räumlichen Beschränkung durch die Ausländerbehörde lässt sich nicht ableiten, dass das Land B-Stadt konkludent eine Umverteilung des Antragstellers vorgenommen hat. Das bloße Schweigen einer Behörde oder die behördliche Duldung eines bestimmten Verhaltens oder Zustandes kann nicht als Verwaltungsakt angesehen werden, es sei denn, es lägen besondere Umstände vor, die zweifelsfrei für das Gegenteil sprechen. Dies ist nicht der Fall. Dass Unterlassen einer zwangsweise Räumung des Oranienplatzes und aufenthaltsrechtlicher Maßnahmen gegenüber den Campbewohnern beruhte nicht auf der Annahme der Zuständigkeit für die Flüchtlinge oder auf einem politischen Willen zur Zuständigkeit, sondern auf offenkundigen Unstimmigkeiten über das weitere Vorgehen innerhalb des Berliner Senats und darüber hinaus sowie auf dem Bestreben nach einer gewaltlosen Lösung des Konflikts, was letztlich zum „Einigungspapier Oranienplatz“ geführt hat (VG Magdeburg, B. v. 02.12.2014 – 2 B 287/14 MD -, S. 7 f. d. BA.)..
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Eine länderübergreifende Umverteilung des Antragstellers nach B-Stadt kommt auch nicht konkludent dadurch zum Ausdruck, dass die auf dem Oranienplatz campierenden Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünfte eingewiesen wurden und ihnen im „Einigungspapier Oranienplatz“ Unterstützung und Beratung bei ihren Einzelverfahren und der Entwicklung ihrer beruflichen Perspektiven zugesagt wurde. Diese Leistungen und Zusagen sind Teil der konsensualen Beilegung des Konflikts um das Protestcamp und damit im Kontext des „Einigungspapiers Oranienplatz“ zu bewerten. Danach handelt es sich um begleitende Leistungen zu den vereinbarten Einzelfallprüfungen, die deren Ergebnis nicht präjudizieren. So heißt es unter Nr. 4 des Einigungspapiers, die Ausländerbehörde werde „die Antragstellerinnen und Antragsteller während des Verfahrens beratend unterstützen. […] Die auf der Liste benannten Personen erhalten bei ihren Einzelverfahren Unterstützung durch den Unterstützungspool, der von den Wohlfahrtsverbänden Caritas und Diakonie sowie der Integrationsbeauftragten des Landes B-Stadt sichergestellt wird.“ (Hervorhebung nicht im Original). Zwar ist Nr. 5 des Einigungspapiers, wonach die Flüchtlinge Unterstützung und Begleitung bei der Entwicklung ihrer beruflichen Perspektiven erhalten, insoweit offener formuliert; insbesondere fehlt es an einer ausdrücklichen Beschränkung auf die Zeit der Einzelfallprüfung. Doch kann diese Aussage - hierfür spricht die Zusammenschau mit Nr. 4 - auch so verstanden werden, dass die - längerfristige - Unterstützung abhängig vom Ergebnis der Einzelfallprüfung auch vorzeitig beendet werden kann. Jedenfalls lässt sich aus der offenen Formulierung von Nr. 5 des Einigungspapiers nicht der Wille zur Übernahme von Asylbewerbern unabhängig vom Ergebnis der vereinbarten Einzelfallprüfung ableiten (VG Magdeburg, B. v. 02.12.2014 – 2 B 287/14 MD -, S. 8 d. BA.).
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Die dargelegten Gründe gegen eine konkludente Umverteilung des Antragstellers sprechen entgegen der Ansicht des Antragstellers auch gegen die Annahme einer „konkludenten Zweitduldung“ durch die Ausländerbehörde. Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf eine länderübergreifende Umverteilung im Wege der „Zweitduldung“. Das von einigen Obergerichten befürwortete Institut der „Zweitduldung“ wurde entwickelt, um nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens geduldeten Ausländern einen länderübergreifenden Wohnsitzwechsel - insbesondere zur Herstellung oder Wahrung einer familiären Lebensgemeinschaft - zu ermöglichen, deren Rechte nicht durch - vorübergehende - Verlassenserlaubnisse nach § 12 Abs. 5 AufenthG gewahrt werden können. Die nach § 56 Abs. 3 AsylVfG räumlich beschränkte „Erstduldung“ soll danach mit der von der aufnehmenden Ausländerbehörde zu erteilenden „Zweitduldung“ gegenstandslos werden. Diese auf das Schließen einer Regelungslücke abzielenden Erwägungen greifen hier offensichtlich nicht ein, weil das Asylverfahren des Antragstellers noch nicht abgeschlossen ist (vgl. VG Magdeburg, B. v. 02.12.2014 – 2 B 287/14 MD -, S. 8 f. d. BA. m. w. N.).
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Darüber hinaus hat der Antragsteller seine Überstellung verhindert, indem vorsätzlich und unentschuldigt nicht zur Abschiebung erschienen ist. Die Antragsgegnerin hat sich um eine fristgemäße Überstellung des Antragstellers bemüht, die letztlich nur daran gescheitert ist, dass der Antragsteller vorsätzlich und unentschuldigt nicht zum Überstellungstermin erschienen ist. Dem Antragsteller war der Termin zu seiner Überstellung offensichtlich bekannt, Mit Schreiben vom 01.09.2014 teilte er dem Salzlandkreis mit, er könne sich entgegen der Aufforderung des Landkreises vom 12.08.2014 nicht in der Gemeinschaftsunterkunft Dr.-Wilhelm-Feit-Str. 26 in A-Stadt einfinden. Sein Fernbleiben ist auch nicht entschuldigt. Der Antragsteller legte dem Salzlandkreis zwar ein ärztliches Attest vom 01.09.2014 vor, dass ihm bescheinigt, mindestens bis zum 05.09.2014 nicht wege- oder reisefähig zu sein. Dem Attest kann jedoch nicht entnommen, weshalb der Antragsteller wegen einer Durchfallerkrankung nicht wege- oder reisfähig war.
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Unerheblich ist vorliegend, dass die Antragsgegnerin in dem Formular, mit dem sie die italienischen Behörden davon unterrichtet hat, dass sie die Überstellung des Antragstellers innerhalb der sechs Monate betragenden Frist nicht vornehmen kann, den Grund hierfür mit dem im Formular vorgesehenen Begriff „untergetaucht“ nicht zutreffend beschreibt. Maßgeblich ist allein, dass sie die italienischen Behörden tatsächlich über eine Fristverlängerung aus den Gründen des Art. 20 Abs. 2 Dublin-II-VO informiert hat (VG B-Stadt, B. v. 13.01.2014 – a. a. O., Rdnr. 27).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
Tatbestand
- 1
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er reiste im August 2004 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 08.02.2005 ablehnte. Er wurde in dem Bescheid aufgefordert, das Bundesgebiet innerhalb eines Monats zu verlassen. Ihm wurde die zwangsweise Abschiebung angedroht. Eine gegen den Bescheid erhobene Klage wies das erkennende Gericht mit Urteil vom 25.08.2005 ab. Das Urteil wurde rechtskräftig. Ab dem 18.07.2005 war er für die Ausländerbehörde unbekannten Aufenthalts.
- 2
Am 14.02.2007 wurde der Kläger am Aachener Hauptbahnhof kontrolliert, nachdem er aus einem Zug aus Belgien ausgestiegen war. Er hatte einen Zugfahrschein für die Strecke von Paris nach B-Stadt.
- 3
Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellte der Kläger am 16.02.2007 einen Asylfolgeantrag. Mit Bescheid vom 16.03.2007 stellte das Bundesamt fest, dass dem Antragsteller in der Bundesrepublik kein Asylrecht zustehe und ordnete die Abschiebung nach Frankreich an. Am 03.04.2007 wurde der Kläger nach Frankreich überstellt.
- 4
Mit Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 09.08.2011 beantragte der Kläger die Befristung der Wiedereinreisesperre. Am 24.07.2012 stellte der Kläger einen weiteren Asylfolgeantrag. Der Beklagte erteilte ihm eine Duldung. Die Wohnsitznahme wurde nur im Kreisgebiet gestattet. Am 14.02.2013 schloss er die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen. Einen Antrag auf Änderung der Wohnsitzbestimmung nach B-Stadt lehnte der Beklagte ab, weil die Ausländerbehörde B-Stadt ihr Einvernehmen nicht erteilt hatte.
- 5
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 13.03.2013 die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und die Änderung des Bescheides vom 08.02.2005 ab. Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik innerhalb einer Woche zu verlassen. Für den Fall der Nichteinhaltung wurde ihm die Abschiebung in die Türkei angedroht. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
- 6
Zum 03.03.2013 meldete der Kläger seinen Hauptwohnsitz in B-Stadt an.
- 7
Am 24.04.2013 beantragte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte erneut die Befristung der Wirkung der Abschiebung und stellte einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 AufenthG.
- 8
Mit Bescheid vom 08.10.2013 befristete der Beklagte die Wirkung der Abschiebung vom 03.04.2007, indem sie die Wirkung der Sperrfrist auf 3 Monate nach freiwilliger Ausreise festsetzte. Zur Begründung hieß es: Die begehrte Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 AufenthG könne nur erteilt werden, wenn die zurzeit unbefristete Sperrwirkung der Abschiebung vom 03.04.2007 befristet werde. Aufgrund der illegalen Wiedereinreise und der Nichtbeachtung der Wohnsitzauflage habe der Kläger deutlich gemacht, dass er die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht beachte. Daher sei eine Sperrfrist zu verhängen, die ihn dazu anhalte, sich künftig an die Gesetze zu halten. Dem Antrag, die Wirkung der Abschiebung zu befristen, sei zu entsprechen, da im Hinblick auf die Eheschließung auch das private Interesse des Klägers an einer erneuten Einreise zu berücksichtigen sei.
- 9
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 14.10.2013 Widerspruch. Die Befristung sei rechtswidrig, weil sie unter die Bedingung einer erneuten freiwilligen Ausreise gestellt worden sei. Die Sperrfrist beginne mit der Ausreise, womit die erstmalige Ausreise, und nicht eine weitere Ausreise nach unerlaubter Wiedereinreise gemeint sei. Im Rahmen der Befristungsentscheidung könne nicht verlangt werden, erneut auszureisen.
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Mit Bescheid vom 16.04.2014, zugestellt am 22.04.2014, wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Widerspruch zurück: Im Rahmen der nachträglichen Befristung habe sich die Ausländerbehörde an den schutzwürdigen Belangen des Klägers orientiert und insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie Art. 2 Abs. 1 und 6 GG sowie Art. 8 EMRK einbezogen. Der Antragsteller verstoße weiter gegen das Aufenthaltsgesetz, da er sich nicht in der Gemeinschaftsunterkunft aufhalte und sein Aufenthaltsort unbekannt sei. Vor diesem Hintergrund sei die Befristung sehr entgegenkommend. Bis heute sei der Kläger nicht freiwillig ausgereist. Die Frist beginne erst mit der Ausreise.
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Am 21.05.2014 hat der Kläger Klage erhoben. Er wiederholt im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren.
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Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
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1. den Bescheid des Beklagten vom 08.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Sperrwirkung der Abschiebung vom 03.04.2007 ohne Bedingung mit sofortiger Wirkung aufzuheben,
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2. hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er nimmt Bezug auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und trägt ergänzend vor: Mittlerweile sei geklärt, dass die Befristungsentscheidung von Amts wegen erfolgen müsse und nicht von einem entsprechenden Antrag abhängig sei. Die Sperrwirkung der Abschiebung habe bislang nicht dazu geführt, dass der Kläger bereit wäre, sich gesetzeskonform zu verhalten. Angesichts der illegalen Wiedereinreise in das Bundesgebiet und der kontinuierlichen Missachtung der Wohnsitzbeschränkung sei derzeit noch keine Aufhebung der Sperrwirkung der Abschiebung durch eine Befristung auf null Monate möglich. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Kläger ohne die Sperrwirkung einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG haben dürfte. Die Befristung sei unter Berücksichtigung der familiären Situation des Klägers angemessen. Die Ausreisefrist habe nicht bereits mit der Abschiebung nach Frankreich begonnen, da der Lauf der Frist mit der Ausreise nach Zugang der Befristungsentscheidung beginne. Für die Befristungsentscheidung komme es im Übrigen durchaus darauf an, inwieweit die Ausreise freiwillig erfolgt sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorliegenden Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
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Das Gericht entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung; die Beteiligten haben sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt.
- 20
Mit dem Klageantrag zu 1. begehrt der Kläger zunächst die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 08.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2014. Der weiter unter 1. gefasste Klageantrag ist so auszulegen (§ 88 VwGO), dass der Kläger die Feststellung begehrt, dass die erfolge Überstellung nach Frankreich kein Einreise- und Aufenthaltsverbot auslöst, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die Wirkungen des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf null Monate zu befristen. Ferner begehrt der Kläger mit dem Klageantrag zu 2., den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
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Dem Kläger geht es ersichtlich darum, ihm einen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland ohne (erneute) vorherige Ausreise und zeitliche Sperre der Wiedereinreise zu ermöglichen. In Rechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG keine (Wieder-)Einreise- und Ausreisesperre nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auslöst (vgl. OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 06.03.2014 – 1 LA 21/14 -, juris; VG Düsseldorf, GB vom 31.08.2005 – 24 K 5369/15 -, juris; Funke-Kaiser in: GK AufenthG, § 11 Rdnr. 19). Vor diesem Hintergrund ist das Hauptbegehren des Klägers als Antrag auf Feststellung auszulegen, dass die Überstellung kein Einreise- und Aufenthaltsverbot entfaltet (vgl. hierzu VG B-Stadt, Urteil vom 13.10.2014 – 11 K 68.14 -, juris). Geht man hingegen davon aus, dass grundsätzlich ein Einreise- und Aufenthaltsverbot besteht, kann der Kläger hilfsweise sein Ziel auch dadurch erreichen, dass der Beklagte verpflichtet wird, ihm einen Befristungsanspruch auf null Monate ohne vorherige Ausreise zuzuerkennen (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.03.2014 - 1 C 2.13 -, NVwZ 2014, 223). In diesem Antrag ist hilfsweise auch eine Verpflichtung zur Neubescheidung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO enthalten. Mit einem solchen Antrag kann der Kläger sein Klageziel auch verfolgen, wenn die Wirkungen der Abschiebung bereits entfallen sein sollten (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, NVwZ 2015, 1210), etwa weil die Frist so zu bemessen ist, dass sie unter Anrechnung der nach seiner Abschiebung außerhalb des Bundesgebiets verbrachten Zeiten bereits abgelaufen ist. Dieses Ziel kann der Kläger in einem Hilfsantrag verfolgen. Ferner bleibt es bei dem ausdrücklich in der Klageschrift formulierten zweiten Hilfsantrag, der auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichtet ist.
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Die so verstandene Klage ist zulässig, aber nur begründet, soweit der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 08.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2014 und eine Neubescheidung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots begehrt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die Überstellung nach Frankreich keine Sperrwirkung entfaltet. Er kann vom Beklagten auch nicht beanspruchen, die Wirkungen des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf null Monate zu befristen oder ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
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Die Anträge richten sich gegen den richtigen Beklagten. Die Neuregelung des § 75 Nr. 12 AufenthG durch das am 01.08.2015 in Kraft getretene Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.07.2015 (BGBl. I S. 1386) hat nicht dazu geführt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für Entscheidungen über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 2 AufenthG zuständig geworden und dadurch ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 02. November 1973 – IV C 55.70 –, BVerwGE 44, 148). Durch die mit Art. 3 Nr. 18 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20.10.2015 (BGBl. I S. 1722) eingefügte Regelung des § 104 Abs. 12 AufenthG ist klargestellt, dass die Ausländerbehörden im Falle von Abschiebungsandrohungen nach §§ 34 und 35 AsylG und Abschiebungsanordnungen nach § 34 a AsylG, die bereits vor dem 01.08.2015 erlassen oder angeordnet worden sind, für die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 2 AufenthG zuständig bleiben.
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Der Antrag festzustellen, dass die Überstellung nach Frankreich am 03.04.2007 kein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auslöst, ist unbegründet.
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Die zwangsweise Durchführung einer Abschiebungsanordnung des Bundesamtes nach § 34a AsylVfG a. F. bzw. AsylG n. F. zur Überstellung eines Drittstaatsangehörigen in einen Mitgliedstaat begründet ein Einreise- und Aufenthaltsverbot. Gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
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Bei der zwangsweisen Rückführung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat aufgrund einer Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG a. F. bzw. AsylG handelt es sich um eine Abschiebung i. S. des § 11 Abs. 1 AufenthG. § 34 a AsylVfG bzw. AsylG verwendet den Begriff der Abschiebung („abgeschoben werden“). Zudem regelt § 75 Nr. 12 AsylG in der seit dem 01.08.2015 geltenden Fassung vom 27.07.2015 (BGBl. I S 1386) die Zuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ausdrücklich für die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 2 AufenthG im Fall einer Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylG. Aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes ergibt sich demnach kein Zweifel an der Anwendbarkeit des § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG im Falle einer zwangsweisen Überstellung nach einer Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylG bzw. AsylVfG.
- 27
Allerdings wird in Rechtsprechung und Literatur bezweifelt, ob dieses Verständnis der Regelung mit der Richtlinie 2008/115 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16.12.2009 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) in Einklang steht. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot werde gemäß Art. 11 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie durch Rückkehrentscheidungen ausgelöst. Abschiebungen würden nach Art. 3 Nr. 5, Art. 8 Abs. 1 und 3 der Rückführungsrichtlinie als Vollstreckung der Rückkehrverpflichtung verstanden. Die Rückführungsrichtlinie gehe davon aus, dass der Abschiebung eine förmliche Festsetzung durch eine Rückkehrentscheidung zugrunde liege. Rückkehr meine gemäß Art. 3 Nr. 3 der Rückführungsrichtlinie primär die Rückkehr in das Herkunftsland. Keine Rückkehrentscheidungen im europarechtlichen Sinne seien Maßnahmen, die als „Überstellung“ eingeordnet würden (vgl. VG Düsseldorf, GB vom 31.08.2005 – 24 K 5369/15 -, juris; Funke-Kaiser in: GK AufenthG, § 11 Rdnr. 19; ähnlich: OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 06.03.2014 – 1 LA 21/14 -, juris).
- 28
Aus diesen Erwägungen kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Rückführungsrichtlinie eine nationale Regelung verbietet, die auch die zwangsweise Überstellung eines illegal aus einem Drittstaat eingereisten Asylbewerbers in den Drittstaat als Rückführung einordnet und daran ein gesetzliches Einreise- und Aufenthaltsverbot knüpft. Art. 3 Nr. 3 der Rückführungsrichtlinie versteht als „Rückkehr“ die Rückreise von Drittstaatsangehörigen nicht nur in deren Herkunftsland, sondern auch in ein Transitland gemäß gemeinschaftlichen oder bilateralen Rückkehrabkommen oder anderen Vereinbarungen (2. Spiegelstrich). In dem vom OVG Schleswig-Holstein (a. a. O.) entschiedenen Fall griff diese Regelung nur deshalb nicht ein, weil die Entscheidung über subsidiären Schutz noch offen war und sich der dortige Kläger aus diesem Grund nicht i. S. des Art. 2 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie illegal in Deutschland aufgehalten hat. Im Übrigen kann auch eine Abschiebungsanordnung i. S. des § 34 a AsylG bzw. AsylVfG a. F. als Rückkehrentscheidung i. S. des Art. 8 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie verstanden werden. Aus der in Art. 8 Abs. 3 der Rückführungsrichtlinie gewählten Formulierung „kann“ lässt sich nicht darauf schließen, dass die Mitgliedstaaten gezwungen sind, neben der Rückkehrentscheidung noch eine weitere förmliche Entscheidung zur Vollstreckung vorzusehen.
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Auch das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 17.09.2015 (1 C 26.14, juris) davon aus, dass eine vollzogene Abschiebung eines Asylantragstellers, dessen Abschiebung nach § 34 a AsylVfG angeordnet wurde, eine Einreisesperre nach § 11 AufenthG begründet (Rdnr. 24). Das Gericht hat zwar darauf hingewiesen, dass eine bei Erlass der Abschiebungsanordnung festgesetzte Sperrfrist nach § 11 AufenthG keine Geltung für Fälle der Überstellung ohne Verwaltungszwang nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a Dublin-DVO besitzt und allein die Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG noch kein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 AufenthG bewirkt. Es hat jedoch keinen Zweifel daran geäußert, dass eine vollzogene Abschiebung ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 AufenthG auslöst (Rdnr. 26).
- 30
Der Kläger hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch darauf, die Wirkungen des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf null Monate zu befristen. Der Beklagte ist jedoch verpflichtet, über die Befristung des durch die Abschiebung vom 03.04.2007 begründeten Einreise- und Aufenthaltsverbots unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, weil die Entscheidung des Beklagten, die Wirkung der Sperrfrist auf 3 Monate nach freiwilliger Ausreise festzusetzen, rechtswidrig ist.
- 31
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung eines geltend gemachten Anspruchs auf eine Herabsetzung der Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 2 AufenthG ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, NVwZ 2015, 1210) bzw. bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Über den geltend gemachten Anspruch ist daher aufgrund der aktuellen Rechtslage zu entscheiden.
- 32
Ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, darf gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten. Nach § 11 Abs. 2 ist das Verbot von Amts wegen zu befristen. Gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG wird über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden. Die Frist darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Diese Frist soll zehn Jahre nicht überschreiten.
- 33
Der Umstand, dass über die Länge der Frist seit Inkrafttreten der Neuregelung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden wird, steht mit Europarecht, insbesondere der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG in Einklang. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar in seinem Urteil vom 14.02.2012 (- 1 C 7/11 -, BVerwGE 142, 29) zu § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i. d. seinerzeit geltenden Fassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes vom 22.11.2011 (BGBl. I S. 2258) zur Begründung seiner Auffassung, dass der Ausländerbehörde bei der Bemessung der Dauer der Befristung kein Ermessen zusteht, auch die unionsrechtliche Prägung der Regelung herangezogen. Daraus ist jedoch nicht zu folgern, dass die Rückkehr zu einer Ermessensregelung mit Unionsrecht nicht in Einklang steht.
- 34
Die Dauer des Einreiseverbots wird gemäß Art. 11 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Die Dauer des Einreiseverbots kann jedoch nach Satz 2 der Vorschrift fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt. Verfahrensrechtlich garantiert Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie, dass gegen Entscheidungen nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie, also Rückkehrentscheidungen sowie ggf. Entscheidungen über ein Einreiseverbot oder eine Abschiebung, ein wirksamer Rechtsbehelf eingelegt werden kann. Zudem ist bei der Auslegung der Regelung zu berücksichtigen, dass die Befristung im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG sowie Art. 8 EMRK besondere Bedeutung für die Verhältnismäßigkeit der Aufenthaltsbeendigung hat (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012, a. a. O.).
- 35
Diesen Anforderungen wird auch die Ermessensregelung des § 11 Abs. 3 AufenthG n. F. gerecht. Die Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 AufenthG über die Dauer der Sperrfrist entspricht den unionsrechtlichen Vorgaben nach Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG. Auch bei Ermessensentscheidungen sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 08.05.2014 - 1 C 3.13 -, BVerwGE 149, 320). Gegen Ermessensentscheidungen besteht auch wirksamer Rechtsschutz. Den Betroffenen stehen gegen die Entscheidung über die Dauer der Befristung nach § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG die Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung offen. Die von der Behörde getroffene Ermessensentscheidung ist vom Verwaltungsgericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO darauf zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Die gerichtliche Kontrolle umfasst - gerade bei ausländerrechtlichen Entscheidungen - die Frage, ob die Behörde unter Berücksichtigung auch der persönlichen Umstände nach den Gegebenheiten des Einzelfalls den Zweck der gesetzlichen Regelung, die Grundrechte und die rechtsstaatlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit (BVerwG, Beschluss vom 13.02.1996 – 1 B 20/96 –, Buchholz 402.240, § 12 AuslG 1990, Nr. 8) sowie die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen (vgl. etwa OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 05.12.2006 - 7 A 10924/06 -, NVwZ-RR 2007, 488) beachtet hat.
- 36
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 14.02.2012 (a. a. O.) nicht die Auffassung vertreten, dass eine in das Ermessen der Behörde gestellte Entscheidung über die Dauer der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots unionsrechtlichen Vorgaben widerspricht. Vielmehr hat es ausdrücklich erklärt, die Bemessung der Befristung stehe „seit dem Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011“ nicht mehr im Ermessen der Ausländerbehörde. In der Rechtsprechung wurde an der Auffassung, dass die Dauer der Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i. d. Fassung der Bekanntmachung vom 25.02.2008 in das Ermessen der Ausländerbehörde gestellt sei, noch festgehalten, als die Richtlinie 2008/115/EG nach Ablauf des 24.12.2010 mangels fristgerechter Umsetzung unmittelbar anwendbar war (vgl. etwa VG B-Stadt, Urteil vom 22.02.2011 - 35 K 317.10 -, juris). Diese Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht nicht als europarechtswidrig bezeichnet, sondern lediglich erklärt, daran sei angesichts der Rechtslage seit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 nicht mehr festzuhalten. Zur Begründung seiner Auffassung, dass es sich bei der Bemessung der Dauer der Frist nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG 2011 um eine gebundene Entscheidung handele, hat das Bundesverwaltungsgericht auf die „Gesamtschau“ der verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Regelungen sowie auf „den Hintergrund des insoweit offenen Wortlauts“ des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i. d. Fassung des Gesetzes vom 22.11.2011 Bezug genommen. Hat sich der Gesetzgeber nunmehr unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des „offenen Wortlauts“ der bisherigen Regelung dazu entschieden, dass über die Dauer der Sperrfrist im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörden zu entscheiden ist (vgl. BT-Drucks. 642/14 vom 29.12.2014, S. 39), so ist dies europarechtlich nicht zu beanstanden.
- 37
Die Entscheidung des Beklagten, die Wirkung der Sperrfrist auf 3 Monate nach freiwilliger Ausreise festzusetzen, steht jedoch nicht mit den gesetzlichen Regelungen des § 11 AufenthG alter wie neuer Fassung in Einklang. Nach der Gesetzeslage ist es unzulässig, den Lauf der Frist von einer erneuten Ausreise des Ausländers abhängig zu machen (so auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.11.2012 - 11 S 2307/11 -, juris; Hamb. OVG, Beschluss vom 15.08.1991 - Bs VII 67/91 -, InfAuslR 1992, 250). § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG (§ 11 Abs. 1 Satz 6 AufenthG a. F.) bestimmt zwar, dass die Frist erst mit der Ausreise beginnt, worunter sowohl die freiwillige wie auch die erzwungene Ausreise fällt (BVerwG, Urteil vom 17.01.2012 - 1 C 1.11 - BVerwGE 141, 325). Bei der Abschiebung vom 03.04.2007 handelt es sich jedoch bereits um eine Ausreise, die das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG bewirkt (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 17.09.2015 - 1 C 26.14 -, juris [Rdnr. 27]). Hat die zu setzende Frist bereits mit der Abschiebung vom 03.04.2007 begonnen, so kann für den Fristbeginn auch nach (unerlaubter) Wiedereinreise nicht eine vorhergehende weitere Ausreise verlangt werden. Die Erwägungen im Ausgangsbescheid vom 08.10.2013 und im Widerspruchsbescheid vom 16.04.2014 beziehen sich auch nicht auf einen Fristbeginn mit dem Zeitpunkt der Abschiebung am 03.04.2007. Vielmehr wird in dem Widerspruchsbescheid ausdrücklich ausgeführt, dass die Sperrfrist erst mit der (erneuten) Ausreise beginne.
- 38
Auch wenn die Entscheidung über die Befristung fehlerhaft ist, hat der Kläger keinen Anspruch darauf, dass die Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf null Monate herabgesetzt wird. Da die Fristsetzung gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG n. F. im Ermessen der Behörde steht, würde ein solcher Anspruch nach der im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts geltenden Sach- und Rechtslage eine Ermessensreduzierung auf Null voraussetzen. Das wäre der Fall, wenn die Frist zwingend so kurz zu bemessen ist, dass sie bereits im Zeitpunkt der Wiedereinreise abgelaufen war. Ein Anspruch auf vollständige Beseitigung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG kann sich auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, etwa weil schützenswerte familiäre Belange im Sinne von Art. 6 GG dies erfordern (BVerwG, Urteil vom 06.03.2014 – 1 C 2/13 –, NVwZ 2014, 335).
- 39
Unter diese Voraussetzungen liegt eine Ermessensreduzierung auf Null nicht vor. Nach der für die Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG n. F., die § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG a. F. entspricht, darf die Frist fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Es steht nicht fest, dass die grundsätzlich maßgebliche Grenze von fünf Jahren nach der Abschiebung am 03.04.2007 im Zeitpunkt der Wiedereinreise bereits überschritten war. Der Kläger hat nicht bewiesen und nicht einmal näher dargelegt, wann er nach seiner Abschiebung wieder in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Jedenfalls hat der Kläger bereits im Jahr 2011 Kontakt zu seiner damaligen Prozessbevollmächtigten aufgenommen, denn diese hat am 11.08.2011 für den Kläger eine Befristung der Wiedereinreisesperre beantragt. Auch wenn der Kläger seinen Asylfolgeantrag erst im Juli 2012 gestellt hat, ist nicht sicher, dass er sich nicht bereits zuvor in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat. Hierzu hat er keinerlei Angaben gemacht.
- 40
Auch aus den individuellen Umständen, insbesondere der Eheschließung, ergibt sich jedenfalls nicht zwingend, dass jede Ermessensentscheidung, die - auch für einen kurzen Zeitraum - mit einem weiterhin bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbot verbunden ist, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt oder aus sonstigen Gründen rechtswidrig ist. Greifbare Anhaltspunkte für die Annahme, dass dem Kläger und seiner Ehefrau eine vorübergehende Trennung oder ein vorübergehender gemeinsamer Aufenthalt in der Türkei nicht zumutbar ist, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
- 41
Ist der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides demnach rechtswidrig, ohne dass der Kläger einen Anspruch auf die von ihm begehrte positive Entscheidung hat, so hat das Gericht gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO den Beklagten zu verpflichten, über die Befristung, deren Länge gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu bestimmen ist, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
- 42
Der mit dem Klageantrag zu 2. gestellte Hilfsantrag, der darauf gerichtet ist, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, ist unbegründet. Das Gericht geht zwar davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erfüllt sind. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, weil für ihn - wie bereits ausgeführt - ein gesetzliches Einreise- und Aufenthaltsverbot besteht, das gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG die Erteilung eines Aufenthaltstitels ausschließt.
- 43
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2, 2. Alt. VwGO. Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 52 Abs. 2 GKG.
Tenor
Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 28. Juli 2015 wird aus Gründen der Klarstellung aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicher-heitsleistung in Höhe von 110 % der auf Grund des Gerichts-bescheides vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % der jeweils vollstreckbaren Kosten leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein Drittstaatsangehöriger und Adressat einer Abschiebungsanordnung des Bundesamtes nach § 34a AsylVfG geworden, mit der seine Überstellung nach Italien angeordnet worden ist.
3Daran anknüpfend hat der Beklagte dem Kläger mit der hier angefochtenen Ordnungsverfügung 28. Juli 2015 angekündigt, diese Abschiebungsanordnung zu einem nicht benannten Zeitpunkt durchzuführen und darüber hinaus in eigener Zuständigkeit die Wirkungen dieser „Abschiebung“ auf die 3 Jahre nach deren Durchführung befristet.
4Der Kläger hat am 3. August 2015 Klage erhoben und hält diese Befristung rechtswidrig, weil er nicht nach Italien überstellt werden dürfte.Er beantragt sinngemäß,
5den Beklagten unter Aufhebung seiner Ordnungsverfügung vom 28. Juli zu verpflichten, die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf weniger als 3 Jahre, bestenfalls auf sofort zu befristen.
6Der Beklagte beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8Er hält an seiner Zuständigkeit auch über den Zeitpunkt des 1. August 2015 und damit des Inkrafttretens des § 75 Nr. 12 AufenthG unter Verweis auf die Erlasslage mit der Erwägung fest, Sinn und Zweck der Neuregelung sei es gewesen, dem Bundesamt die Aufgabe der Befristung nicht für seit Längerem abgeschlossene Vorgänge zu übertragen; § 75 Nr. 12 AufenthG erfasse also bei verständiger Würdigung lediglich Fälle nach seinem Inkrafttreten erlassener Abschiebungsregelungen des Bundesamtes.
9Die Beteiligten sind zu der Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe:
12Der Beklagte kann zu der sinngemäß begehrten Herabsetzung der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nicht verpflichtet werden, weil er diese Maßnahme rechtmäßiger Weise nicht treffen kann. Es fehlt an Anlass und Zuständigkeit.Gleichwohl ist die Klage begründet, denn aus Gründen der Klarstellung muss die ausgesprochene Befristung aufgehoben werden, um den – möglicherweise Eintragungen in Registern zeitigenden - Anschein des Bestehens eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes zu beseitigen
131. Es besteht schon kein Anlass für die ausgesprochene Befristung, weil die Durchführung einer Abschiebungsanordnung des Bundesamtes nach § 34a AsylVfG zur Überstellung eines Drittstaatsangehörigen in einen Mitgliedstaat ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nicht auszulösen vermag.
14Im Ergebnis ebenso:Beck/OK AuslR/Maor AufenthG § 11 Rndr. 5(möglicherweise für alle Fallkonstellationen des § 34a AsylVfG)
15a) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG löst unter anderem eine Abschiebung ein Einreise- und Aufenthaltsverbot aus.
16„Abschiebung“ im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist jede tatsächliche ausländerbehördliche Beendigung des Aufenthaltes im Bundesgebiet in Anwendung unmittelbaren Zwanges nach dem Zweiten Unterabschnitt des Zweiten Abschnitts des VwVG NW, also der §§ 66 ff VwVG NW.
17Im Falle der zwangsweisen Durchsetzung einer zuvor herbeigeführten Pflicht zu freiwilligen Ausreise erwächst die nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 VwVG NW erforderliche gesetzliche Befugnis zur Zwangsanwendung aus dem Vollstreckungsrecht; der Weg zu § 66 VwVG NW geht über die §§ 55, 57 VwVG NW.Im Falle der Durchführung einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG erwächst die erforderliche Zwangsanwendungsbefugnis unmittelbar aus § 34a AsylVfG, ohne dass es des Weges über das Vollstreckungsrecht bedürfte.
18Bei der Bestimmung, ob mit einer solchen Maßnahme auch ein Einreise- und Aufenthaltsverbot verbunden sein soll, ist der nationale Gesetzgeber an das supranationale Recht gebunden; das nationale Gesetz ist europarechtskonform auszulegen.
19Soweit es um die Beendigung des Aufenthaltes von Drittstaatsangehörigen geht, ist deshalb die Richtlinie 2008/115
20des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2009 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger – Abl. L 348 vom 24. Dezember 2009, S. 98 bis 107 – (im Folgenden Rückführungsrichtlinie)
21zu beachten. Nach Art. 11 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie wird ein Einreise- und Aufenthaltsverbot durch eine Rückkehrentscheidungen ausgelöst. Daraus kann im Umkehrschluss gefolgert werden, dass diesem Begriff nicht unterfallende Maßnahmen nach dem Europarecht eine solche Verbotswirkung nicht zeitigen sollen.
22Art. 3 Nr. 5 und Art. 8 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie definieren die „Abschiebung“ als die Vollstreckung der Rückkehrverpflichtung, mithin einer zuvor herbeigeführten Verpflichtung des Ausländer, die sich auf die „Rückkehr“ richtet, die wiederum nach Art. 3 Nr. 3 der Rückführungsrichtlinie die Rückkehr primär ins Herkunftsland (und ausnahmsweise in einen anderen Drittstaat oder im Falle völkerrechtlicher Absprachen in ein Transitland) meint.
23Keine Rückkehrentscheidung im europarechtlichen Sinne sind hingegen Maßnahmen, die europarechtlich als „Überstellung“ eingeordnet werden.
24Diesen Begriff verwendet die Verordnung 2013/604
25des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrages auf Internationalen Schutz zuständig ist – Abl. L 180 vom 29. Juni 2013, S. 31 bis 59 – (im Folgenden Dublin III VO)
26etwa in der Erwägung 24 und im Abschnitt VI.
27Art. 26 Abs. 1 Satz 1 der Dublin III VO beschreibt diese – nationalrechtlich als Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG ergehende – Maßnahme dahin, dass„die betreffende Person von der Entscheidung in Kenntnis“ gesetzt wird, „sie in den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen“, und bezeichnet die spätere Anwendung unmittelbaren Zwanges in Art. 26 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 lit. c), Abs. 4 der Dublin III VO nicht als Vollstreckung oder Durchsetzung einer Pflicht des Ausländers, sondern als „Durchführung der Überstellung“.
28Die Durchführung einer Abschiebungsanordnung ist in Konstellationen wie der vorliegenden nationalrechtlich keine über das Vollstreckungsrecht laufende Durchsetzung einer auf die Ausreisepflicht gerichteten HDU-Verfügung, sondern eine Standardmaßnahme in dem Sinne, dass die dem Ausländer gegenüber ergehende Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG nur die behördliche Feststellung enthält, nach dortiger Prüfung habe man die Befugnis zu der angeordneten Verlegung.
29Grundsätzlich ist jeder Staat bei der Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen völkerrechtlich daran gebunden, einen Ausländer in das Land seiner Staatsangehörigkeit abzuschieben; die verbindliche Bestimmung anderer Abschiebungszielstaaten bedarf bi- oder multilateraler Absprachen der beteiligten Staaten.
30Die Variante der Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen in einen Mitgliedstaat nach § 58 Abs. 1b) AufenthG bestätigt dies, indem dort inhaltlich die Vorgabe des Zielstaates durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels seitens dieses Zielstaates legitimiert ist, und es sich strukturell um eine Abschiebung mit nur der Besonderheit handelt, dass es der Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich erlaubt ist, die Abschiebung nicht in den Staat der Staatsangehörigkeit vorzunehmen.
31Art. 30 der Dublin III VO unterstreicht den völkerrechtlichen Charakter der Überstellung unter Mitgliedstaaten mit der Festlegung, welcher Staat die Kosten der Überstellung zu tragen hat, und stellt in Abs. 3 das Verbot auf, die Kosten dem zu Überstellenden aufzuerlegen. Das weicht von der Haftungsregelung für die Kosten einer „Abschiebung“ in den §§ 66 ff AufenthG ab.
32Inhaltlich soll ein Einreise- und Aufenthaltsverbot europarechtlich im Grundsatz nur entstehen, wenn der Drittstaatsangehörige das gesamte Vertragsgebiet verlässt oder daraus zwangsweise entfernt wird und im Rahmen der Rückkehrentscheidung im Sinne der Rückführungsrichtlinie materiellrechtlich geklärt ist, dass der weitere Aufenthalt des Ausländers illegal ist.
33Die Ausnahme der Abschiebung nach § 58 Abs. 1b) AufenthG erklärt sich aus dem Umstand, dass die Legalität des Aufenthaltes des Drittstaatsangehörigen nach Maßgabe des Rechts des anderen Mitgliedstaates auf dessen Gebiet beschränkt war, und der Ausländer dies mit seinem (zu beendenden) Aufenthalt im Bundesgebiet missachtet hat.
34Dementsprechend sieht Art. 11 Abs. 4 der Rückführungsrichtlinie vor, dass der Mitgliedstaat, der von einem durch einen anderen Mitgliedstaat verhängten Einreise- und Aufenthaltsverbot abweichend den Aufenthalt des Ausländers zu legalisieren erwägt, den verhängenden Mitgliedstaat konsultieren muss. Das erhellt, dass ein Einreise- und Aufenthaltsverbot im Falle ordnungsgemäßer Herbeiführung grundsätzlich für alle Mitgliedstaaten gilt, nicht aber innerhalb des Vertragsgebietes und mithin auch nicht für bloße Verlegungen innerhalb dessen.
35b) Gegen die Exemtion der Fälle der Durchführung einer Überstellung eines Drittstaatsangehörigen in einen anderen Mitgliedstaat auf der Basis einer Abschiebungsanordnung des Bundesamtes nach § 34a AsylVfG vom Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG könnte vor allem der Wortlaut des § 75 Nr. 12 AufenthG angeführt werden, der die Zuständigkeit für die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 34a AsylVfG generell – und nicht beschränkt auf die im hiesigen Kontext unproblematischen Fälle des § 26a AsylVfG in Verbindung mit Art. 16a Abs. 2 Satz 2 GG – dem Bundesamt zuweist.
36Jedoch spricht die Entstehungsgeschichte dieser neuen Zuständigkeitsnorm dafür, dass die späte Einbeziehung auch der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG nicht aufgrund reiflicher Überlegung erfolgt ist.Nachdem der Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drucksache 18/4097; zu Ziff. 37 lit. c)) nur die Zuständigkeit für die neuen Befugnisse nach § 11Abs. 7 AufenthG bestimmen wollte, empfahl der Bundesrat (BR-Drucksache 642/14; Ziff. 31) aus Gründen der Klarstellung die Erweiterung auf die – unproblematischen! – Fälle des § 34 AsylVfG; die Beschlussempfehlung des Innenausschusses (BT-Drucksache 18/5420 zu Buchstabe q) sah dann ohne weitere eigene Erwägungen dazu und unter Bezugnahme auf die Bundesratsempfehlung die – einschränkungslose – Erweiterung auf alle Abschiebungsanordnungen nach § 34a AsylVfG vor.
372. Zudem ist mit dem Inkrafttreten der jüngsten Neuregelung des AufenthG die zuvor bestehende Zuständigkeit des Beklagten als Ausländerbehörde für die Bemessung der Dauer des mit der Abschiebung aus einer Abschiebungsregelung des Bundesamtes nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG etwa einhergehenden Einreise- und Aufenthaltsverbotes verdrängt.
38Klagen auf Verkürzung der Sperrfrist werden üblicherweise als Verpflichtungsklage
39in diesem Sinne BundesverwaltungsgerichtUrteil vom 14. Februar 2012 – 1C 7.11 –, Rdnr. 34;Urteil vom 10. Juli 2012 – 1 C 19.11 -, Rdnr. 27, 39 –
40verstanden, so dass die gegenwärtige Sach- und Rechtslage maßgeblich ist.
41Nach § 75 Nr. 12 AufenthG in der heute geltenden Fassung ist allein das Bundesamt für den Ausspruch der Befristung eines durch die Durchsetzung oder Durchführung einer ihrer Abschiebungsregelungen ausgelösten Einreise- und Aufenthaltsverbotes zuständig.
42Mangels einer Übergangsregelung gilt dies sofort.
43Der Umstand, dass in Art. 9 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung eine solche partiell getroffen wurde, belegt, dass das etwaige Erfordernis von Übergangsregelungen im Blick des Gesetzgebers war.Sie hinsichtlich § 75 Nr. 12 AufenthG nicht zu treffen, ist nach Auffassung des Gerichts dahin auszulegen, der Gesetzgeber habe bewusst diese Regelung umgehend und umfassend in Kraft setzen wollen.
44Im Gesetzgebungsverfahren sind zwar Aspekte der Verfahrensökonomie angesprochen worden als Grund dafür, dem Bundesamt diese Aufgabe nur dann zuzuweisen, wenn es den Asylantrag als solchen bearbeitet und entscheidet, um eine neuerlichen Befassung dieser Behörde mit dem Fall möglichst zu vermeiden. Auf dieser Linie liegt es auch, dass nach § 11 Abs. 4 AufenthG alle etwaigen späteren Entscheidungen im Zusammenhang mit einer Befristung weiterhin in der alleinigen Zuständigkeit der Ausländerbehörde bleiben sollen. Jedoch haben diese Erwägungen im Wortlaut des Gesetzes keinen Widerhall gefunden.
45Da dieser eindeutig ist, kann ihm auch im Wege der Auslegung nichts anderes entnommen werden; vielmehr bildet der Wortlaut die Grenze der Auslegung.
46Dem entgegen führt der Auslegungshinweis des Bundesministeriums des Innern (vom 3. August 2015) und des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW (vom 3. August 2015) an: „in den Fällen, in denen der Vorgang beim BAMF bereits (seit Langem) abgeschlossen ist, ist die Ausländerbehörde für die Befristung zuständig“.
47Den unzweideutigen Willen des Gesetzgebers im Wege einer solchen teleologischen Reduktion zu verändern, sieht das Gericht angesichts der Genese des Gesetzes weder Anlass noch angesichts der ungewöhnlichen Vielzahl der erfassten Fälle Berechtigung.Zudem würde die in dem Auslegungshinweis vorgeschlagene Lösung auch nicht zu einer wirksamen Klärung beitragen. Denn mit den in beiden Erlassen angeführten einschränkenden Kriterien, nur „seit Langem“ „abgeschlossene“ Vorgänge von der Zuständigkeit des Bundesamtes auszunehmen, wäre eine eindeutige Abgrenzung nicht möglich. Zum einen ist der Begriff „seit Langem“ in seiner zeitlichen Ausdehnung denkbar unbestimmt, zum anderen ist für Außenstehende (wie etwa das Gericht) nicht übersehbar, wann das Bundesamt einen Vorgang „abschließt“; auch inhaltlich ist nicht eindeutig, ob damit das Ergehen eines Bescheides das Bundesamtes gemeint sein und dann abgestellt werden soll auf den Zeitpunkt der Zustellung oder aber des Eintritts seiner Bestandskraft.
48Speziell in Fällen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG kommt – wenn man entgegen obiger Ansicht den Eintritt eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes für möglich hält – hinzu, dass das Bundesamt den „Vorgang“ bis zur tatsächlichen Durchführung der Überstellung schon deshalb nicht „abschließen“ kann, weil es ihn mit Blick auf die aus-nahmsweise eigene Verantwortlichkeit für die Beachtung auch denkbarer inlands-bezogener Vollstreckungshindernisse ohnehin laufend unter Kontrolle halten muss, so dass es denkbar unzweckmäßig und der Verwaltungsökonomie zuwiderlaufend wäre, die an sich ausschließliche und bis zur Durchführung währende Zuständigkeit contra legem aufzuspalten.
49Die Zulassung der Berufung folgt aus §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO mit Blick auf die Bedeutung sowohl der Frage nach dem Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG wie auch der nach der Zuständigkeit für Befristungen nach altem Recht ergangener bundesamtlicher Abschiebungsregelungen.
50Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 84 Abs. 1 Satz 3, 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
51Beschluss
52Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
53Gründe:
54Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... Mai 2014 aufzuheben.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheids vom ... Mai 2014, mit dem die Überstellung des Klägers nach Ungarn im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“ angeordnet wurde.
Der am ... geborene Kläger ist eigenen Angaben zufolge Staatsangehöriger von Mali. Er reiste - wieder nach eigenen Angaben - am 28. Juli 2013 ins Bundesgebiet ein (Bl. 26 der Behördenakte) und stellte am 12. August 2013 einen Asylantrag (Bl. 3 der Behördenakte). Bei der Anhörung gab der Kläger an, er sei über Marokko, die Türkei (1 Woche), Griechenland (2 Jahre und 2 Monate), Mazedonien (1 Monat), Serbien (1Monat), Ungarn (1 Monat) und Österreich nach Deutschland gereist (Bl. 44 der Behördenakte).
Es ergab sich ein EURODAC-Treffer für Ungarn (HU1...; Bl. 31 der Behördenakte).
Auf ein Übernahmeersuchen der Beklagten vom
Mit Bescheid vom ... Mai 2014 lehnte das Bundesamt der Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2; Bl. 63 der Behördenakte). Der Bescheid wurde mit Schreiben vom 28. Mai 2014 zugestellt (Bl. 68 der Behördenakte).
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages für die Bearbeitung gem. Art. 16 Abs. 1 Buchstb.c Dublin II VO zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 3 Dublin II VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.
Am ... Juni 2014 hat der Prozessbevollmächtigte seine Bevollmächtigung gegenüber dem Bundesamt angezeigt und Akteneinsicht beantragt (Bl. 75 der Behördenakte). Mit Schreiben vom
Am ... September 2015 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen den Bescheid vom ... Mai 2014 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage mit dem Antrag
den Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2015 aufzuheben.
Die Klage wurde im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Abschiebung des Klägers sei nicht vollzogen worden. Am ... Juli 2014 habe der Prozessbevollmächtigte die Aufhebung des Bescheides vom ... Mai 2014 beantragt. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 1. September 2014 bestätigt, dass die Überstellungsfrist abgelaufen sei, eine Aufhebung des Bescheides sei bisher nicht erfolgt. Der Prozessbevollmächtigte habe unter Fristsetzung nochmals an den Aufhebungsantrag hingewiesen.
Mit Beschluss vom 28. Oktober 2015
Die Beklagte stellte,
keinen Antrag
und äußerte sich auch nicht zur Sache.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die Verwaltungsstreitsache konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten mit Schreiben vom ... Oktober 2015 (Klägerbevollmächtigter) und
Die Klage ist im Hinblick auf den von der Klägerseite mit Schriftsätzen vom ... Juli 2014 und ... November 2014 gestellten und ohne Reaktion der Beklagten gebliebenen Antrag als Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO zulässig. Insbesondere ist auch die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 75 Satz 2 VwGO gegeben. Der Klägerbevollmächtigte hat am ... Juli 2014 und ... November 2014, mithin vor 17 bzw. 13 Monaten, einen Antrag auf Aufhebung des Bescheides beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gestellt (Anlage 1 zur Klage), über den bis heute nicht entschieden ist. Das Bundesamt hat sich zum Vorliegen eines Grundes für die verzögerte Bearbeitung und Entscheidung auch im Klageverfahren nicht geäußert. Auch wenn gerichtsbekannt ist, dass das Bundesamt durch die stark erhöhten Asylbewerberzahlen überlastet ist, reicht dies nicht aus, um einen zureichenden Grund für die Nichtverbescheidung anzunehmen. Es handelt sich nicht um eine kurzfristig erhöhte Geschäftsbelastung, sondern um eine permanente Überlastung der Behörde. In einem solchen Fall ist es Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung, für hinreichenden Ersatz zu sorgen und entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen (vgl. VG Dresden, U.v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14 - juris; VG Düsseldorf, U.v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A - juris; VG Braunschweig, U.v. 8.9.2014 - 8 A 618/13 - juris). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Behörde wie hier keine Perspektive für eine Entscheidung aufzeigt, so dass auf zunächst unbestimmte Zeit offenbleibt, wann überhaupt über den gestellten Antrag entscheiden wird.
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat nach § 51 Abs. 5 i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne) einen Anspruch darauf, die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom ... Mai 2014 aufzuheben. Dieser Bescheid ist im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung rechtswidrig. Sein Fortbestand verletzt den Kläger in eigenen Rechten, das Ermessen der Beklagten im Rahmen der Entscheidung über das Wiederaufgreifen ist „auf Null“ reduziert.
1. Vorliegend ist die Verordnung (EU) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II VO) nach Art. 29 Abs. 2 anwendbar. Nach Art. 49 Abs. 2 Dublin III VO (Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist) gilt die Dublin III VO erst für Aufnahmegesuche, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Das Wiederaufnahmegesuch der Beklagten wurde vorliegend am 27. Dezember 2013 und damit vor dem 1. Januar 2014 gestellt (Bl. 31 der Behördenakte; vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 11 ZB 14.30177 - juris Rn. 8). Gem. Art. 19 Abs. 3 Dublin II VO erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, in den zuständigen Mitgliedstaat gemäß den nationalen Rechtsvorschriften des ersteren Mitgliedstaats nach Abstimmung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat.
2. Diese sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 19 Abs. 3 Dublin II VO, die nach den Feststellungen der Beklagten (Bl. 67 der Behördenakte) am 9. Juli 2014 abgelaufen sein soll, ist verstrichen.
3. Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Dublin II VO). Ein Tatbestand, der nach Art. 19 Abs. 4 Satz 2 Dublin II VO ausnahmsweise zu einer Verlängerung der Überstellungsfrist führt, wurde weder von der Beklagten vorgetragen, noch ist ein solcher ersichtlich.
Der Asylantrag des Klägers ist damit nicht mehr nach § 27a AsylG wegen Unzuständigkeit der Beklagten unzulässig. Folglich kommt auch eine Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat nach § 34a AsylG nicht mehr in Betracht. Dass Ungarn sich entgegen der europarechtlichen Bestimmungen nicht auf den Fristablauf berufen wird und ausnahmsweise dennoch zur Übernahme des Klägers bereit ist, wurde weder mitgeteilt noch kann hiervon grundsätzlich ausgegangen werden (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2015 - 13a ZB 15.50005 - juris Rn. 4). Denn eine rein theoretische Überstellungsmöglichkeit, die nicht durch konkrete aussagekräftige und auch eine überschaubare zeitliche Dimension der Überstellung umfassende Fakten untermauert wird, kann nicht genügen, da andernfalls das dem Dublinsystem immanente Beschleunigungsgebot verletzt wird. Der angefochtene Bescheid ist damit rechtswidrig (geworden).
4. Der streitgegenständliche Bescheid des BAMF kann nach inzwischen gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung auch nicht in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylG umgedeutet werden, wie dies teilweise von der Beklagten in anderen Dublin-Verfahren nach Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist vertreten wurde (vgl. z. B. BayVGH, B.v. 18.5.2015 - 11 ZB 14.50053 - juris Rn. 17;
5. Das Gericht folgt auch nicht der teilweise vertretenen Auffassung, nach Eintritt der Überstellungsfrist würde sich ein BAMF-Bescheid, mit dem ein Asylantrag wegen Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats für unzulässig erklärt und die Abschiebung in diesen Mitgliedstaat angeordnet wurde, nach § 43 Abs. 2 VwVfG durch Zeitablauf erledigen (so: BayVGH, B.v. 30.3.2015 - 21 ZB 15.50025 - juris Rn. 2; VG Potsdam, U.v. 25.2.2015 - 6 K 1344/14.A - juris). Es erscheint theoretisch nicht ausgeschlossen, dass trotz Ablaufs der Überstellungsfrist - mit Zustimmung des betreffenden Mitgliedstaats - auf der Grundlage des angefochtenen Bescheids noch eine Überstellung nach Ungarn stattfinden könnte. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 10.12.2013 - C-394/12
6. Der Kläger hat aus § 51 Abs. 5 i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG auch einen Anspruch gegen die Beklagte darauf, diese zu verpflichten, den Bescheid vom... Mai 2014 aufzuheben.
a) Zunächst ist festzustellen, dass in der neueren obergerichtliche Rechtsprechung mittlerweile hinreichend geklärt ist, dass statthafte Klageart gegen eine Feststellung nach § 27a AsylG die Anfechtungsklage ist (vgl. z. B. BayVGH, B.v. 18.5.2015 - 11 ZB 14.50053 - juris m. w. N.; OVG NRW, B.v.
b) Zwar kann ein Asylbewerber einer Rücküberstellung im Dublin-Verfahren grundsätzlich nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der EU-Grundrechte-Charta ausgesetzt zu werden (grundlegend: EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 - juris). Die Regelungen der Dublin -Verordnungen richten sich als zwischenstaatliche Regelungen vorrangig an den Mitgliedstaat und begründen keine subjektiven Rechte der Asylbewerber auf Prüfung des Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland wegen Ablaufs der Überstellungsfrist (OVG SH, B.v. 24.2.2015 - 2 LA 15/15). Eine subjektive Rechtsstellung des Klägers ergibt sich hier aber aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO. Der Kläger hat ein subjektiv-öffentliches Recht auf die Durchführung eines Asylverfahrens und die Prüfung seines Asylbegehrens in einem der Mitgliedstaaten. Dieser Anspruch wird vereitelt, wenn eine Überstellung in den ursprünglich für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat nicht erfolgte und nach Ablauf der Überstellungsfrist auch nach allen vorliegenden Erkenntnissen nicht mehr erfolgen kann, die nunmehr zuständige Behörde aber weiterhin von der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylG ausgeht. Für die Rechtsverletzung des Klägers kommt es nicht darauf an, ob der Fristablauf nunmehr ein subjektives Recht auf Durchführung des Asylverfahrens im Bundesgebiet begründet. Denn durch den Fristablauf und die tatsächlich fehlende Überstellung wird das Verfahren in den Zustand zurückversetzt, in dem es sich bei Antragstellung in Deutschland befunden hat. Damit lebt die Pflicht der Beklagten zur Behandlung des Asylantrags wieder auf. Im Anschluss daran muss die Beklagte prüfen, ob es sich um einen Erst- oder um einen Zweitantrag handelt (vgl. VG Würzburg, U.v. 27.11.2014 - W 3 K 13.30553 - juris). Wenn also wegen Ablaufs der Überstellungsfrist allein die Zuständigkeit der Beklagten (sei es für ein „klassisches“ Erstverfahren, sei es für einen Zweitantrag nach § 71a AsylG) bleibt, muss der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens als notwendiger Bestandteil des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem dann zuständigen Staat geltend gemacht werden können (so auch: VG Regensburg, U. v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - juris Rn. 20).
c) Vor diesem Hintergrund konnte der Kläger nach § 51 Abs. 5 i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG von der Beklagten fordern, sein Asylverfahren wiederaufzugreifen und den bestandskräftigen Bescheid vom... Mai 2014 aufzuheben. Auch wenn es sich insoweit grundsätzlich um eine Ermessensentscheidung der Beklagten handelt, ist das Ermessen der Beklagten insoweit „auf Null“ reduziert: Wie bereits dargelegt, liegt dem europäischen Zuständigkeitssystem zugrunde, dass die Antragsteller ein durchsetzbares Recht haben müssen, dass die Anträge jedenfalls von einem Mitglied- oder Vertragsstaat zeitnah geprüft werden, konkret inzwischen von der Beklagten. Der Fortbestand der anderslautenden Entscheidung der Beklagten verletzt den Kläger - wie dargelegt - in eigenen Rechten. Eine andere Sichtweise würde dem Grundanliegen des gemeinsamen europäischen Asylsystems widersprechen. Dieses darf um seiner Effektivität willen nicht so ausgelegt und angewandt werden, dass die betroffenen Antragsteller in keinem Staat eine Prüfung ihres Schutzgesuchs erhalten können und ggf. ohne den im Unionsrecht vorgesehenen förmlichen Schutzstatus bleiben. Raum für eine andere Entscheidung der Beklagten als die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids bleibt vor diesem Hintergrund nicht.
Im Übrigen bleibt anzumerken, dass nach Kenntnis des Gerichts die Beklagte in vergleichbaren Fallkonstellationen durchaus eine Aufhebung entsprechender Bescheide vornimmt und somit sogar eine entsprechende ermessensbindende Verwaltungspraxis vorliegend dürfte. Dass dies im vorliegenden Verfahren nicht entsprechend erfolgte, dürfte - mangels anderer bekannt gewordener Gründe - wohl allein in einer Überlastung des BAMF begründet liegen.
Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Der angegriffene Beschluss wird geändert.
Der Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Rücküberstellung der Antragstellerin nach Deutschland zu verpflichten, wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.250 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Antragstellerin wurde am 8. Januar 2014 vom Antragsgegner in ihr Heimatland abgeschoben. Nachdem sie kurz vor ihrem Abflug beim Verwaltungsgericht zunächst um Abschiebungsschutz nachgesucht hatte, hat sie sodann ihren Antrag auf unverzügliche Rücküberstellung nach Deutschland umgestellt. Das Verwaltungsgericht hat dem Rücküberstellungsantrag mit dem angegriffenen Beschluss vom 9. Januar 2014 stattgegeben und dem Antragsgegner neben der unter Ziffer 1 getroffenen Feststellung, dass die Abschiebung vorläufig keine Einreisesperre auslöse, zur Durchsetzung/Sicherung des Anspruchs der Antragstellerin unter Ziffer 2 konkrete Verpflichtungen auferlegt. Nach Ablehnung des vom Antragsgegner zunächst gestellten Abänderungsantrags mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2014 ‑ 22 L 72/14 –, hat der Antragsgegner gegen den Beschluss vom 9. Januar 2014 Beschwerde eingelegt.
4II.
5Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die vom Antragsgegner dargelegten Gründe führen zur Änderung des angegriffenen Beschlusses und zur Ablehnung des Rücküberstellungsantrags. Damit entfallen auch die Feststellung/Anordnungen zu Ziffer 1 und 2 des angegriffenen Beschlusses.
6Die Antragstellerin hat einen im Wege der einstweiligen Anordnung sicherungsfähigen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO; § 294 ZPO). Es ist nach ihrem Vorbringen nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass sie nach ihrer Abschiebung in die Russische Föderation derzeit einen auf Rücküberstellung, d.h. Rückkehr bzw. Wiedereinreise ins Bundesgebiet gerichteten Anspruch hat.
7Begehrt ein abgeschobener Ausländer die Rückgängigmachung der Abschiebung nicht im Wege einer Klage, sondern im Wege einer einstweiligen Anordnung, bedeutet eine entsprechende Verpflichtung nach § 123 VwGO bereits eine Vorwegnahme der Hauptsache. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO dient allerdings regelmäßig nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; einem Antragsteller soll grundsätzlich nicht bereits das gewährt werden, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen kann. Aus diesem Grundsatz folgt, dass einem Eilantrag auf Rückgängigmachung einer Abschiebung im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO nur stattgegeben werden kann, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, insbesondere zur Verwirklichung von Grundrechten, schlechterdings unabweisbar ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für einen Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Dies setzt neben der Glaubhaftmachung einer besonderen Eilbedürftigkeit, des sog. Anordnungsgrundes, zudem eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache voraus.
8Vgl. Sächs. OVG, Beschlüsse vom 14. Dezember 2011 – 3 B 244/11 -, juris Rn. 5, und vom 8. Januar 2009 – 3 B 8/09 -, juris, Rn. 3; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. März 2008 - 13 S 418/08 -, juris Rn. 7; OVG Saarl., Beschluss vom 24. Januar 2003 – 9 W 50/02 -, juris, Rn. 26.
9Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Als Grundlage für das verfolgte Begehren kommt allein ein Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht. Dieser setzt voraus, dass durch einen hoheitlichen Eingriff – hier die Abschiebungsmaßnahme – ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt worden und dadurch für diesen ein andauernder rechtswidriger Zustand entstanden ist, dessen Beseitigung tatsächlich und rechtlich möglich ist.
10Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 – 4 C 24.91 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 8. Juli 2010 – 3 S 26.10 -, juris Rn. 15 ; OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2007 – 17 B 2297/06 -, juris Rn. 6; Thür. OVG, Beschluss vom 27. Juni 2006 – 3 EO 354/06 -, juris Rn. 7; OVG Saarl., Beschluss vom 24. Januar 2003 – 9 W 50/02 -, juris, Rn. 23.
11Der Folgenbeseitigungsanspruch knüpft mithin nicht allein an die Rechtswidrigkeit des Eingriffsaktes an, sondern an die Rechtswidrigkeit des dadurch geschaffenen Zustands.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1989 – 7 C 2.87 -, juris Rn. 80.
13In einem solchen Fall kann der in seinem subjektiven Recht verletzte Betroffene verlangen, dass derjenige rechtmäßige Zustand wiederhergestellt wird, der unverändert bestünde, wenn es zu dem rechtswidrigen Eingriff und dem damit verbundenen, andauernden rechtswidrigen Zustand nicht gekommen wäre.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 – 4 C 24.91 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 8. Juli 2010 – 3 S 26.10 -, juris Rn. 15.
15Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich mit Blick auf das Vorbringen der vor ihrer Abschiebung – unstreitig - vollziehbar ausreisepflichtigen Antragstellerin nicht feststellen, dass ihr aufgrund ihrer am 8. Januar 2014 vom Antragsgegner durchgeführten Abschiebung der geltend gemachte Folgenbeseitigungsanspruch zusteht.
16Die Abschiebung war zwar jedenfalls zu Beginn rechtswidrig. Nach den vor der Abschiebung erstellten maßgeblichen ärztlichen Berichten sollte im Anschluss an die Ankunft im Zielstaat der Abschiebung eine stationäre psychiatrische Aufnahme gewährleistet sein, die der Antragsgegner nicht hinreichend organisiert hatte. Deshalb stand der Antragstellerin vor der Abschiebung ein Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG zu, weil die Abschiebung mit Blick auf die der Antragstellerin drohenden Gesundheitsgefahren aus rechtlichen Gründen unmöglich war. Es fehlt aber an einem andauernden rechtswidrigen Zustand und damit an einer der oben genannten weiteren Voraussetzungen des Folgenbeseitigungsanspruchs.
17Nach der vom Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 15. Januar 2014 – 22 L 72/14 – im vom Antragsgegner eingeleiteten Abänderungsverfahren zutreffend zitierten Senatsrechtsprechung,
18vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Dezember 2010 – 18 B 1599/10 -, juris,
19kann ein auf einen Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 AufenthG führendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gegeben sein, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich verschlechtern wird.
20Zu den auf einen Duldungsanspruch führenden Maßstäben hat der Senat seine Rechtsprechung im genannten Beschluss im Weiteren wie folgt dargestellt:
21„Wann dies der Fall ist und welche Anforderungen an die staatliche Schutzpflicht zu stellen sind, bestimmt sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls.
22Für die Annahme eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses wegen Gesundheitsgefahren ist danach erstens erforderlich, dass eine Gesundheitsverschlechterung von erheblichem Gewicht zu erwarten ist. Insoweit ist auf die Wertung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abzustellen: Eine durch die Ausreise eintretende Gesundheitsverschlechterung ist jedenfalls dann nicht mehr zumutbar, wenn dadurch konkrete erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Betreffenden von einem Gewicht einzutreten drohen, dass sie gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einer Abschiebung entgegenstünden. Soweit sich unterhalb dieser Schwelle durch die Ausreise bzw. Abschiebung eine Gesundheitsverschlechterung einstellen sollte, hat sie der Ausländer hingegen grundsätzlich hinzunehmen. Eine mit der Erkenntnis der Aussichtslosigkeit eines Bleiberechts für Deutschland und einer bevorstehenden Rückkehr in das Heimatland einhergehende Gefährdung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustandes führt für sich genommen regelmäßig nicht auf eine Reiseunfähigkeit. Indem das Aufenthaltsgesetz ebenso wie zuvor das Ausländergesetz die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht (vgl. § 58 AufenthG), nimmt es in diesem Zusammenhang vielfach zu erwartende Auswirkungen auf den gesundheitlichen und insbesondere auf den psychischen Zustand der Betroffenen in Kauf und lässt diese nur beim Vorliegen besonderer Umstände, die durch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ihre Begrenzung erfahren, als Abschiebungsverbote gelten.
23Vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 15. September 2004 ‑ 18 B 2014/04 ‑, vom 4. November 2005 ‑ 18 B 94/05 ‑ und vom 13. Januar 2006 ‑ 18 B 1023/05 ‑.
24Zweitens sind die geltend gemachten Erkrankungen und etwa zu befürchtende Verschlechterungen nur hinsichtlich des Vollzugs der Abschiebung als solcher in den Blick zu nehmen.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 ‑ 1 C 1.02 ‑, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66.
26Abzugrenzen ist insoweit zu zielstaatsbezogenen Folgen der Abschiebung, namentlich der Frage der Behandelbarkeit vorliegender Erkrankungen, hinsichtlich welcher – sofern Asylverfahren durchgeführt sind – gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG Bindungswirkung an die diesbezügliche Entscheidung des insoweit zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes: Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) besteht. Zwar ist Zweck und Folge der Abschiebung, dass der/die Betreffende sich danach im Heimatland befindet. Das macht die damit verbundenen Erschwernisse aber nicht zu ‚unmittelbaren Folgen der Abschiebung‘ im Sinne oben genannter Begriffsbestimmung. Diejenigen Gefahren, die dem Ausländer aufgrund des Aufenthalts bzw. im Zusammenhang mit dem Aufenthalt im Zielstaat der Abschiebung drohen, sind vielmehr zielstaatsbezogen.
27Vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. September 2004 ‑ 18 B 1657/04 ‑ mit weiteren Nachweisen und vom 4. November 2005 – 18 B 94/05 ‑.
28Insofern ist es (auch) eine zielstaatsbezogene Frage, ob eine ärztliche/psychologische Versorgung im Zielstaat vorhanden ist und eine begonnene Therapie dort weitergeführt werden kann.
29Im Hinblick auf die Schutzpflicht der Ausländerbehörde gilt, dass diese durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen – etwa durch ärztliche Hilfen bis hin zur Flugbegleitung – zu treffen hat, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann. Wenn dem Ausländer unmittelbar nach seiner Ankunft im Zielstaat eine Gesundheitsgefährdung im vorgenannten Sinne droht, endet die Schutzpflicht nicht mit der Ankunft des Ausländers im Zielstaat, sondern dauert bis zum Übergang in eine Versorgung und Betreuung dort fort. Dann ist sicher zu stellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Heimatland zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer allerdings auch in diesem Zusammenhang auf den allgemein üblichen Standard der Möglichkeiten in seinem Heimatland verwiesen ist.
30Vgl. Senatsbeschluss vom 27. Juli 2006 ‑ 18 B 586/06 ‑, NWVBl. 2007, 55.
31Dies zugrunde gelegt kann bei einer psychischen Erkrankung, wie sie hier in Rede steht, vom Vorliegen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im genannten Sinn außer in Fällen einer Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit im engen Sinne nur ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Ausländers droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann
32– vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 30. Dezember 2004 ‑ 18 B 2690/04 ‑ und vom 13. Januar 2006 ‑ 18 B 1023/05 ‑, jeweils mit weiteren Nachweisen –
33(...), oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon sonst konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands droht, die allerdings – in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen – nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation des Betreffenden mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden darf (...). Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des oben aufgezeigten Maßstabs droht, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Versorgung und Betreuung fehlt.“
34Gemessen an diesen Maßstäben hat die Antragstellerin mit Blick auf ihre psychische Erkrankung einen vor ihrer Abschiebung am 8. Januar 2014 bestehenden Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 AufenthG glaubhaft gemacht.
35Denn vom Antragsgegner ist vor der Abschiebung der Antragstellerin die (auch) amtsärztlich für erforderlich gehaltene Gewährleistung einer stationären psychiatrischen Aufnahme im direkten Anschluss an ihre Rückführung ins Heimatland nicht organisiert worden. Dies führte nach der dargestellten Senatsrechtsprechung bis zur entsprechenden Organisation durch den Antragsgegner wegen der einen Grundrechtseingriff nach Art. 2 Abs. 2 GG darstellenden Gesundheitsgefahren auf einen Anspruch der Antragstellerin auf Aussetzung der Abschiebung (Duldung) nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
36Im Auftrag des Antragsgegners hatte dessen Gesundheitsamt die Frage nach der Flug- und Reisetauglichkeit der Antragstellerin in der amtsärztlichen Stellungnahme vom 15. Oktober 2013 nach Einholung des neurologisch-psychiatrischen Fachgutachtens des Facharztes für Neurologie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. med. L. vom 1. Oktober 2013 unter Zitierung der dortigen Ausführungen wie folgt beantwortet: „Bei der Betroffenen liegt eine depressive Anpassungsstörung… vor. Flug- und Reisetauglichkeit liegt vor. Wegen vorliegender Suizidideen sollte die Abschiebung ohne vorheriges Wissen der Probandin erfolgen. Zusätzlich sollte die Rückführung in ständiger Begleitung erfolgen. Direkt im Anschluss sollte eine stationäre psychiatrische Aufnahme gewährleistet sein.“
37Von der Maßgeblichkeit dieser Vorgaben ist auch der Antragsgegner nach Aktenlage ersichtlich ausgegangen. Dass die vom Antragsgegner insoweit vor der Abschiebung der Antragstellerin getroffenen Maßnahmen jedoch offensichtlich nicht ausreichend waren, hat das Verwaltungsgericht in seinem im Abänderungsverfahren ergangenen Beschluss vom 15. Januar 2014 in zutreffender Weise ausgeführt.
38Diesen Fehler hat der Antragsgegner aber jedenfalls nachträglich mit der Folge korrigiert, dass dieser mit der Abschiebung zunächst verbundene rechtswidrige Zustand entfallen ist. Aufgrund der unter Kostenübernahme durch den Antragsgegner im Anschluss an die Abschiebung erfolgten stationären Behandlung der Antragstellerin in einer Privatklinik in N. kann von einer insoweit noch andauernden Rechtsverletzung der Antragstellerin nicht mehr ausgegangen werden. In dieser Klinik war nämlich nach dem ärztlichen Befundbericht des Regionalarztes der Botschaft vom 10. Januar 2014 eine psychiatrische Mitbeurteilung möglich. Aus dieser Klinik wurde die Antragstellerin ausweislich des Entlassungsberichtes vom 15. Januar 2014 ohne in psychiatrischer Hinsicht erforderliche weitere Behandlung am 14. Januar 2014 entlassen.
39Daher kann offen bleiben, ob - wofür vieles spricht – ein andauernder rechtswidriger Zustand bereits ab dem Zeitpunkt entfallen war, als die Antragstellerin nach Aktenlage am 9. bzw. 10. Januar 2014 einige Stunden nach der Landung in N. jede Art von fachärztlicher psychiatrischer Behandlung oder Untersuchung strikt ablehnte (Beiakte Heft 5 Blatt 700 f.) bzw. am 10. Januar 2014 dem Regionalarzt der Botschaft gegenüber eine Unterbringung bzw. Behandlung in einem staatlichen russischen Krankenhaus ablehnte (vgl. Beiakte Heft 5 Blatt 701 und 710 sowie Beiakte Heft 6 Blatt 998). Denn ein Ausländer ist nach der bereits dargestellten Senatsrechtsprechung auf den allgemein üblichen Standard der Behandlungsmöglichkeiten in seinem Heimatland verwiesen. Ebenso kann aus den zuvor genannten Gründen die Frage offen bleiben, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass die Antragstellerin bereits während des Flugs gegenüber dem sie nach N. begleitenden Arzt seiner Stellungnahme vom 13. Januar 2014 zufolge auf ausdrückliche Nachfrage eine stationäre Therapie ablehnte.
40Entgegen der vom Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 15. Januar 2014 vertretenen Auffassung ergibt sich ein Folgenbeseitigungsanspruch der Antragstellerin auf Rücküberstellung bzw. Rückkehr ins Bundesgebiet auch nicht mit Rücksicht darauf, dass ihr vor ihrer Abschiebung die konkreten Modalitäten derselben nicht mitgeteilt worden sind. Eine dahingehende Mitteilungspflicht bestand nicht. Sie ist vom Senat lediglich in einer besonderen Fallkonstellation angenommen worden: Erweist sich eine geplante Abschiebung im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 VwGO als unzulässig wegen unzureichender Vorsorge der Ausländerbehörde im Hinblick auf die erforderliche Gewährleistung des Übergangs in die Versorgungssysteme im Zielstaat, so kann das Gericht die Abschiebung untersagen und die Ausländerbehörde damit nach Sicherstellung des dementsprechenden Übergangs auf ein Abänderungsverfahren entsprechend § 80 Abs. 7 VwGO verweisen. Stattdessen kann das Gericht sich aber auch darauf beschränken, die Abschiebung zunächst lediglich für einen bestimmten Zeitraum zu untersagen, um der Ausländerbehörde die Möglichkeit zu geben, die Abschiebung nach Ablauf dieses Zeitraums und Sicherstellung des Übergangs auch ohne Durchführung eines Verfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO erneut zu betreiben. Lediglich in der letztgenannten Variante hat der Senat aus Art. 19 Abs. 4 GG eine Verpflichtung der Ausländerbehörde abgeleitet, dem Ausländer die Modalitäten der Abschiebung rechtzeitig mitzuteilen, damit der Ausländer im Hinblick auf diese Information nicht in eine ungünstigere Situation gerät, als sie bei Durchführung eines Abänderungsverfahrens entsprechend § 80 Abs. 7 VwGO bestünde.
41Vgl. die Senatsbeschlüsse vom 28. Dezember 2010 – 18 B 1599/10 – , juris Rn. 22, und vom 29. November 2010 – 18 B 910/10 –, juris, Rn. 24 f.
42Davon ausgehend war die vom Verwaltungsgericht angesprochene Mitteilung nicht erforderlich. Klarstellend sei aber darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde im Einzelfall gebotene und getroffene Vorkehrungen in ihren Verwaltungsakten zu dokumentieren hat, damit der Ausländer - ggf. durch Akteneinsicht – und das Gericht in einem Abschiebungsschutzverfahren überprüfen können, ob diese eingehalten worden sind. Ungeachtet der Entbehrlichkeit der vom Verwaltungsgericht angenommenen Mitteilung ist zu berücksichtigen, dass eine solche Mitteilung allein der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG dient, d.h. dem Ziel, durch Erlangung gerichtlichen Eilrechtsschutzes Rechtsverletzungen eines Ausländers durch eine geplante Abschiebung zu verhindern. Die Mitteilung hat dienende Funktion im Interesse des materiellen Rechtsgüterschutzes. Ein auf eine unterlassene Mitteilung gestützter Folgenbeseitigungsanspruch kann deshalb nicht weiter gehen als der an die Verletzung des materiellen Rechts anknüpfende. Lässt sich, wie bereits ausgeführt, jedenfalls aufgrund der vom Antragsgegner nachträglich getroffenen Maßnahmen eine noch andauernde Verletzung materieller Rechte der Antragstellerin nicht feststellen, so ist ein Folgenbeseitigungsanspruch auch nicht wegen einer unterlassenen – dem Schutz dieser Rechte dienenden - Mitteilung der konkreten Modalitäten einer Abschiebung gegeben.
43Der geltend gemachte Folgenbeseitigungsanspruch kann weiterhin auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 1. Juli 2013 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit gestellt hat, der bislang nicht beschieden worden ist. Dieser Antrag führte vor bzw. im Zeitpunkt ihrer Abschiebung nicht auf einen Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 AufenthG und deshalb schon nicht auf eine vom Antragsgegner rechtswidrig durchgeführte Abschiebung.
44Für die Dauer eines Erteilungsverfahrens für eine Aufenthaltserlaubnis kann trotz fehlender Fiktionswirkung zwar ausnahmsweise ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung (Duldung) bestehen, wenn nur so sichergestellt werden kann, dass eine ausländerrechtliche Regelung einem möglicherweise Begünstigten zugute kommt, wobei das Vorliegen der Voraussetzungen des Aufenthaltserlaubnisanspruchs glaubhaft zu machen ist.
45Vgl. OVG NRW, vom 5. Dezember 2011 – 18 B 910/11 -, juris.
46Dies hat der Senat mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
47vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2011 – 1 C 5.10 -, juris Rn. 10, wonach § 25 Abs. 5 AufenthG die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an einen Ausländer, der sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, nicht vorsieht,
48zuletzt grundsätzlich auch für einen Anspruch nach § 25 Abs. 5 AufenthG angenommen.
49Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Oktober 2012 ‑ 18 B 1571/11 -, vom 25. September 2012 – 18 B 1263/11 - und vom 5. Dezember 2011 – 18 B 910/11 -, juris.
50Die Antragstellerin hatte aber vor ihrer Abschiebung – ungeachtet der Frage, ob der begehrten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entgegensteht - das Vorliegen sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin, die zum Zeitpunkt ihrer Ausreise nicht im Besitz eines gültigen Reisepasses war, hatte schon nicht glaubhaft gemacht, die allgemeine (Regel-) Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, d.h. die Passpflicht nach § 3 AufenthG zu erfüllen. Anhaltspunkte, die die Annahme eines Ausnahmefalls von der Regelerteilungsvoraussetzung oder ein Absehen hiervon nach Ermessen gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG rechtfertigen könnten, sind auf der Grundlage des Vorbringens der Antragstellerin, die erst mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 1. Juli 2013 überhaupt einräumte, seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet im Jahre 2008 über ihre Identität getäuscht zu haben (Beiakte Heft 3 Blatt 417), ebenfalls nicht erkennbar. Daher kann sogar dahinstehen, ob der begehrten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht schon § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG entgegenstand. Abgesehen davon dürfte sich auch nicht feststellen lassen, dass mit dem Wegfall des zum Zeitpunkt ihrer Abschiebung gegebenen inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses der krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit, wie es § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG des Weiteren erfordert, in absehbarer Zeit nicht zu rechnen gewesen wäre. Es sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass vom Antragsgegner – wie umgehend nach der Abschiebung tatsächlich geschehen – in absehbarer Zeit eine mögliche stationäre psychiatrische Aufnahme der Antragstellerin im direkten Anschluss an ihre Rückführung in ihr Heimatland, und zwar gegebenenfalls unter Einbeziehung des den Flug begleitenden Arztes, der Fluggesellschaft, eigener Mitarbeiter und/oder unter Einschaltung eines in N. ansässigen Rechtsanwaltes nebst entsprechender Kostenzusage für die medizinische Behandlung, nicht zu organisieren gewesen wäre.
51Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zur Behandlungsbedürftigkeit von weiteren bzw. nach ihrer Entlassung aus der Privatklinik in N. erneut aufgetretenen Erkrankungen vermag von vornherein nicht zur Rechtswidrigkeit der Abschiebung und demzufolge nicht auf einen auf Rücküberstellung ins Bundesgebiet gerichteten Folgenbeseitigungsanspruch zu führen. Nach den oben aufgezeigten Maßstäben handelt es sich nämlich insoweit allenfalls um Gefahren, die der Antragstellerin aufgrund des Aufenthalts bzw. im Zusammenhang mit dem Aufenthalt im Zielstaat der Abschiebung drohen, mithin um zielstaatsbezogene Folgen der Abschiebung und nicht um „unmittelbare Folgen der Abschiebung“. Da die Antragstellerin erfolglos Asylverfahren durchgeführt hat, ist der Antragsgegner jedoch hinsichtlich solcher zielstaatsbezogenen Folgen einer Abschiebung gemäß § 42 AsylVfG an die rechts- bzw. bestandskräftigen Feststellungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gebunden, wonach dementsprechende Abschiebungsverbote nicht bestehen.
52Auch im Übrigen werden von der Antragstellerin keine Umstände aufgezeigt, die auf einen im Wege der einstweiligen Anordnung durchsetzbaren Folgenbeseitigungsanspruch auf Rücküberstellung ins Bundesgebiet führen.
53Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass der Antragsgegner seit der Abschiebung der Antragstellerin sowohl die Kosten für ihre medizinischen Behandlungen als auch ihre Lebensunterhaltssicherung im Heimatland getragen hat, zu keiner anderen Wertung führt. Der Antragsgegner kam bzw. kommt insoweit nur den ihm mit dem angefochtenen Beschluss auferlegten – auch nach Erlass der Zwischenentscheidung des Senats mit Beschluss vom 13. März 2014 weiterhin - vollziehbaren Verpflichtungen nach. Diese und auch die weiteren dem Antragsgegner mit dem angefochtenen Beschluss unter Ziffer 2. auferlegten Verpflichtungen dienen ebenso wie die unter Ziffer 1. des angefochtenen Beschlusses getroffene Feststellung allein der Durchsetzung/Sicherung des nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bestehenden Rücküberstellungs- bzw. Folgenbeseitigungsanspruchs der Antragstellerin. Ist hingegen entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung kein solcher Anspruch gegeben, bedarf es keines weiteren Eingehens auf die vom Verwaltungsgericht im Einzelnen getroffene(n) Feststellung/Anordnungen, die es als erforderlich erachtet hat, um dem Antragsbegehren der Antragstellerin (§ 88 VwGO) auf Rücküberstellung ins Bundesgebiet Rechnung zu tragen. Ebenso erübrigen sich Ausführungen zu den von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2014 gestellten Anträgen, die ebenfalls allein der Durchsetzung des von ihr weiterhin geltend gemachten Anspruchs auf Rücküberstellung ins Bundesgebiet dienen sollen.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 GKG.
55Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.