Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 24. März 2015 - AN 1 K 13.00476

bei uns veröffentlicht am24.03.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 04.02.2013 wird aufgehoben, soweit dieser sonstige förderliche Zeiten des Klägers nach Art. 31 Abs. 2 S. 1 in Verbindung mit Art. 47 Abs. 2 S. 2 BayBesG für den Zeitraum vom 05.01.2004 bis 29.11.2005 nicht anerkennt.

2. Der Beklagte wird verpflichtet, über die Anerkennung sonstiger förderlicher Zeiten des Klägers nach Art. 31 Abs. 2 S. 1 in Verbindung mit Art. 47 Abs. 2 S. 2 BayBesG für den Zeitraum vom 05.01.2004 bis 29.11.2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

5. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

I.

Der am … 1976 geborene Kläger steht seit 15. Oktober 2007 im Dienste des Beklagten, seit 12. Dezember 2012 als Richter am Arbeitsgericht …

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2012 hatte der Kläger im Vorgriff auf die bevorstehende Ernennung zum Richter auf Lebenszeit und den damit einhergehenden Wechsel aus der Besoldungsordnung Ain die Besoldungsordnung Rbeantragt, bei der für die Bemessung des Grundgehalts der Besoldungsgruppe R 1 und die insoweit erforderliche Stufenfestlegung maßgeblichen Ermittlung des Zeitpunkts des Diensteintritts seine Tätigkeit als Rechtsanwalt im Zeitraum vom 5. Januar 2004 bis zum 14. Oktober 2007 gemäß Art. 31 Abs. 2 i. V. m. Art. 47 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Besoldungsgesetzes zu berücksichtigen. Er sei in dem genannten Zeitraum in einer ausschließlich im Arbeitsrecht tätigen Rechtsanwaltskanzlei in … beschäftigt gewesen. Dabei habe er eine Vielzahl von Verfahren selbstständig betreut und Mandanten jeglicher Art - öffentliche und private Unternehmen, Behörden, Verbände, Angestellte usw. - in Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts beraten. Darüber hinaus sei er in einer Vielzahl von Seminaren als Dozent tätig gewesen. Aufgrund seiner anwaltlichen Tätigkeit sei ihm am 4. Juli 2007 die Berechtigung verliehen worden, die Bezeichnung „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ zu führen. Die Berechtigung zum Führen dieser Bezeichnung setze gemäß §§ 5, 10 der Fachanwaltsordnung neben einer dreijährigen weisungsfreien Tätigkeit u. a. die selbstständige Bearbeitung von 100 Fällen voraus. Während seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt habe er zudem eine Vielzahl von Fortbildungsveranstaltungen besucht und sein Promotionsverfahren abgeschlossen. Ergänzend verwies der Kläger insoweit auf den in Anlage beigefügten Lebenslauf mit entsprechenden Unterlagen. Soweit ihm gesagt worden sei, aufgrund der einschlägigen Verwaltungsvorschriften würden Beschäftigungszeiten möglicherweise nur ab dem 29. Lebensjahr berücksichtigt werden können, würde dies eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstellen, zumal er seine schulische und berufliche Ausbildung immer in der Form vorangetrieben habe, dass es ihm überhaupt erst möglich geworden sei, eine berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt bereits im Alter von 28 Jahren zu beginnen. So habe er beispielsweise das Erste Staatsexamen unter Einhaltung der Regelstudienzeit absolviert und von der sog. „Freischussregelung“ Gebrauch gemacht und seine anwaltliche Tätigkeit unmittelbar nach Abschluss des Zweiten Staatsexamens begonnen.

Mit Bescheid vom 4. Februar 2013 erkannte der Präsident des Landesarbeitsgerichts … ein Jahr und elf Monate der Beschäftigungszeit des Klägers als Rechtsanwalt (Zeitraum vom 30.11.2005 bis 14.10.2007) als sonstige förderliche Zeit nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBesG an; im Übrigen (für den Zeitraum vom 5.1.2004 bis 29.11. 2005) wurde der Antrag abgelehnt. In den Gründen des Bescheides wird dargelegt, der Kläger habe das Erfordernis der Hauptberuflichkeit glaubhaft gemacht. Auch könne die Beschäftigung grundsätzlich als „förderlich“ angesehen werden, da als arbeitsrechtlich tätiger Rechtsanwalt regelmäßig Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erworben würden, die für die Tätigkeit als Kammervorsitzender beim Arbeitsgericht auch von Nutzen und Interesse seien. Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (StMAS) habe seine Befugnis zur Entscheidung über die Anerkennung für die Beamtentätigkeit förderlicher hauptberuflicher Beschäftigungszeiten gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayBesG für die im Dienstbereich des Landesarbeitsgerichts … tätigen Richter, für die das StMAS Ernennungsbehörde sei, gemäß AMS vom 10. März 2011 dem Landesarbeitsgericht … übertragen. Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen habe das insoweit erforderliche Einvernehmen für förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeiten, die nicht dem laufbahnrechtlichen Qualifikationserwerb dienten, für bestimmte Fälle, abhängig vom Jahr der Beschäftigungszeit, und dem Umfang nach unterschiedlich, generell erteilt (vgl. Nr. 31.2.8 BayVwVBes): so würden Beschäftigungszeiten ab dem dritten bis einschließlich dem achten Jahr in vollem Umfang der Beschäftigungsdauer, Beschäftigungszeiten für das neunte und zehnte Jahr im hälftigen Umfang anerkannt, während Beschäftigungszeiten im ersten und zweiten Jahr nur berücksichtigt würden, soweit sie nach Vollendung des 29. Lebensjahres lägen. Dem folgend sei von den ersten beiden Jahren der Tätigkeit des Klägers als Rechtsanwalt vom 5. Januar 2004 bis 4. Januar 2006 nur der nach der Vollendung des 29. Lebensjahres liegende Zeitraum vom 30. November 2005 bis 4. Januar 2006 und die Beschäftigungszeit ab dem dritten Jahr - vom 5. Januar 2006 bis 14. Oktober 2007 - in vollem Umfange, demnach - gemäß Art. 31 Abs. 4 BayBesG aufgerundet - insgesamt ein Jahr und elf Monate anzuerkennen. Soweit die Beschäftigungszeit vor Vollendung des 29. Lebensjahres gelegen sei, sei der Antrag des Klägers abzulehnen. Insoweit werde auf die in vergleichbaren Fällen erfolgte Begründung des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen Bezug genommen, das darauf verweise, dass die ersten zwei Beschäftigungsjahre, soweit diese vor dem 29. Lebensjahr lägen, infolge der Anpassung der Eingangsstufen bereits durch die neue Tabellenstruktur (vgl. Nr. 30.0.1 BayVwVBes) angemessen berücksichtigt sei. Eine Anerkennung dieser Zeiten sei daher nur ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall möglich. Voraussetzung hierfür sei, dass die Tabellenstruktur diesen Fall nicht angemessen abbilde. Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen habe - wie eine fernmündliche Rücksprache des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen ergeben habe - derzeit keine Möglichkeit gesehen, einer Anerkennung der vor der Vollendung des 29. Lebensjahres des Klägers zurückgelegten Beschäftigungszeit als Rechtsanwalt zuzustimmen. Der Bescheid wurde dem Kläger am 7. Februar 2013 gegen Empfangsbestätigung ausgehändigt.

II.

Mit einem am 28. Februar 2013 per Telefax bei Gericht eingegangenem Schreiben erhob der Kläger hiergegen Klage mit dem Antrag, das Landesarbeitsgericht … unter entsprechender Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 4. Februar 2013 zu verpflichten, auch die Beschäftigungszeit vom 5. Januar 2004 bis 29. November 2005 als sonstige förderliche Zeit nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBesG anzuerkennen.

Die gesetzliche Regelung des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG knüpfe hinsichtlich der Anerkennung sonstiger förderlicher Zeiten - ausweislich auch der Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs. 16/3200, S. 381) - ausschließlich an eine bestimmte Berufserfahrung an. In keiner Weise könne ihr eine Differenzierung nach dem tatsächlichen Lebensalter der Betroffenen entnommen werden. Bereits vor diesem Hintergrund sei nicht ersichtlich, inwieweit die durch den Beklagten herangezogene Verwaltungsvorschrift der Nr. 31.2.8 BayVwVBes die gesetzliche Vorgabe einschränken könne. Die genannte Vorschrift erweise sich im Übrigen aus mehreren Gesichtspunkten als unwirksam und könne demzufolge den dem Beklagten eröffneten Ermessensspielraum nicht wirksam ausgestalten. Zum einen sei die Vorschrift mit der gesetzgeberischen Wertung im Rahmen der Einführung des Neuen Dienstrechts nicht in Einklang zu bringen. Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, das bayerische Besoldungsrecht altersunabhängig allein nach Dienstzeiten und Erfahrung auszugestalten (vgl. LT-Drs. 16/3200, S. 345 ff.). Ausdrücklich sei festgehalten worden, dass eine Abkehr vom Prinzip des Besoldungsdienstalters erfolgen solle. Mit dem Ansatz der ausschließlichen Anknüpfung an Dienstzeiten und Erfahrung sei es zum anderen in keiner Weise zu vereinbaren, mit dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters bestimmte Erfahrungszeiten zu verknüpfen. Dadurch würde - quasi auf dem Umweg über den Erlass von Verwaltungsvorschriften - das Besoldungsdienstalter wieder eingeführt. Soweit sich der Beklagte im Rahmen der Besoldungstabellenstruktur auf eine „pauschalierende“ Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten berufe, was im Übrigen nicht ersichtlich sei und daher auch bestritten werde, sei in keiner Weise erkennbar, inwiefern diese es rechtfertigen könnten, Zeiten einer beruflichen Tätigkeit vor Vollendung des 29. Lebensjahres nicht zu berücksichtigen. Dies möge am folgenden Beispiel verdeutlicht werden: Würde ein Beamter mit einer im Übrigen identischen beruflichen Entwicklung wie der Kläger zwei Semester länger studieren, würde gegebenenfalls in einem ersten Versuch die Zweite Juristische Staatsprüfung nicht erfolgreich absolvieren (unterstellter Zeitverlust von 6 Monaten) und würde darüber hinaus weitere sechs Monate erfolglos eine Beschäftigung als Anwalt suchen, würden bei ihm die Beschäftigungszeiten als Anwalt in vollem Umfang als förderliche Zeiten anerkannt werden, weil er diese nach Vollendung des 29. Lebensjahres erbracht hätte. Inwieweit die Besoldungstabellenstruktur geeignet sein solle, diese Ungleichbehandlung zu rechtfertigen, erschließe sich ihm nicht. Er werde daher in besonderem Maße benachteiligt, weil er seine Ausbildung stringent und unter größtmöglicher Verkürzung etwaiger Zwischenzeiten (Übergang Schule - Zivildienst, Zivildienst - Studium, Studium - Referendarausbildung, Referendarausbildung - Berufseinstieg) absolviert habe. Mit der seitens des Beklagten geltend gemachten „pauschalierenden“ Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten im Rahmen der Besoldungstabellenstruktur sei es im Übrigen nicht in Einklang zu bringen, dass er, wäre er - hypothetisch unterstellt - unmittelbar nach Beendigung der Referendarausbildung in ein Beamtenverhältnis berufen worden, auch vor Vollendung des 29. Lebensjahres nach der ersten Stufe des Grundgehalts der vierten Qualifikationsebene besoldet worden wäre. Da das Neue Dienstrecht im Rahmen der besoldungsrechtlichen Grundgehaltseinstufung im Kern ausschließlich auf die vorhandene Berufserfahrung abstelle und die Regelungen der Art. 30 und 31 BayBesG erkennbar einen Gleichklang zwischen gewonnener Berufserfahrung innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes formulierten, entbehre die auf der Grundlage der Nr. 31.2.8 BayVwVBes getroffene Differenzierung jeglicher Grundlage. Letztlich beinhalte die bezeichnete Regelung eine unzulässige Altersdiskriminierung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG und der §§ 1 ff. AGG, die weder gemäß Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG noch gemäß § 10 AGG gerechtfertigt sei (vgl. EuGH, U. v. 9.9.2011, C-297/10 u. C-298/10, NZA 2011, 1100 ff.; BAG, U. v. 10.11.2011, 6 AZR 148/09, BAGE 140, 1 ff. = NZA 2012, 161 ff.; VG Frankfurt, U. v. 20.8.2012, 9 K 5034/11.F, ZBR 2013, 172 ff.).

Der Präsident des Landesarbeitsgerichts … beantragte,

die Klage abzuweisen.

Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG könne der Zeitpunkt des Diensteintritts auf Antrag um sonstige für die Richtertätigkeit förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeiten fiktiv vorverlegt werden, wobei insbesondere Zeiten nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und 5 DRiG in Betracht kämen. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang eine Anerkennung hauptberuflicher förderlicher Zeiten erfolge, stehe im Ermessen der zuständigen Behörde. Demnach bestehe grundsätzlich kein Anspruch darauf, diese Zeiten bei der Stufenfestsetzung anzuerkennen. Eine Überprüfung könne folglich nur in Bezug auf das ausgeübte Ermessen erfolgen. Der Beklagte habe von dem ihm eingeräumten Ermessen vorliegend rechtmäßig Gebrauch gemacht. Zur Wahrung einer einheitlichen Ermessensausübung habe das Bayerische Staatsministerium der Finanzen im Benehmen mit den Staatsministerien auf der Grundlage des Art. 102 Satz 2 BayBesG Verwaltungsvorschriften erlassen, die den zuständigen Behörden für den Regelfall einen Entscheidungsrahmen vorgäben und das erforderliche Einvernehmen des Staatsministeriums der Finanzen in den dort genannten Fällen nach bestimmten Maßgaben generell erteilten. So könnten die in Nr. 31.2.8 Buchst. d BayVwVBes genannten ersten beiden Beschäftigungsjahre, soweit diese nicht nach Vollendung des 29. Lebensjahres lägen, grundsätzlich nicht anerkannt werden, da diese bereits durch die Tabellenstruktur angemessen berücksichtigt seien; insoweit werde auf das in Anlage beigefügte FMS vom 25. Januar 2013 (Gz.: 23 - P 1003 - 032 - 3135/13) verwiesen. Eine derartige Stichtagsregelung werde als Ausdruck einer pauschalierenden Betrachtung und im Interesse der Praktikabilität grundsätzlich als zulässig angesehen, sofern sich die Wahl des Zeitpunkts an dem zu regelnden Sachverhalt orientiere und sachlich vertretbar sei. Dabei sei es keineswegs erforderlich, dass die Stichtagsregelung zu der für den individuellen Antragsteller gerade günstigsten oder besten Lösung führe. Wegen des unvermeidbaren generalisierenden und typisierenden Charakters solcher Regelungen hätten diese auch vor dem Hintergrund des allgemeinen Gleichheitsbzw. Gleichbehandlungssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem AGG Bestand (vgl. BVerfG, B. v. 17.12.2012, 1 BvR 488/10, NVwZ 2013, 575; B. v. 27.2.2007, 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272 ff. = DVBl 2007, 559 ff.). Die erste mit einem Wert belegte Stufe der (neuen) Grundgehaltstabelle entspreche dem heute typischen Einstiegsalter der jeweiligen Besoldungsgruppe (vgl. Nrn. 30.0.1 und 47 BayVwVBes sowie die Gesetzesbegründung zu Art. 31 Abs. 2 BayBesG, LT-Drs. 16/3200, S. 382). Die neue Einstiegsstufe berücksichtige damit auch bis dahin gegebenenfalls erlangte Erfahrungszeiten in pauschalierender Weise. Durch die ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift zur Anerkennung sonstiger förderlicher Zeiten, für die das Lebensalter nur den pauschalierenden Berechnungsfaktor bilde, würden Beschäftigte unterschiedlichen Alters in gleichem Maße betroffen. Eine unzulässige Unterscheidung wegen des Alters liege nicht vor. Der Kläger habe keine besonders gewichtigen Einzelumstände dargetan, die als solche in der neuen Tabellenstruktur nicht abgebildet seien und deshalb eine andere Entscheidung rechtfertigten. Insbesondere seien die zügige Bewältigung des Studiums der Rechtswissenschaften und die erfolgreiche Teilnahme an den Juristischen Staatsprüfungen ohne Wiederholungsprüfung keine solch außergewöhnlichen Einzelumstände. In dem als Anlage beigefügten FMS vom 25. Januar 2013 würden die Staatsministerien anlässlich der Rechnungsprüfung 2011 des Bayerischen Obersten Rechnungshofs zur Umsetzung des „Neuen Dienstrechts“ am Landesamt für Finanzen u. a. darauf hingewiesen, dass die in Nr. 31.2.8 BayVwVBes geregelte pauschale Einvernehmenserteilung nicht bedeute, dass sich die von den Personal verwaltenden Stellen zu treffenden Ermessensentscheidungen auf die in dieser Verwaltungsvorschrift festgelegten Zeiträume beschränken sollten. Vielmehr solle Ziel sein, die im jeweiligen Fall vorliegenden Vordienstzeiten im Hinblick auf eine etwaige Anerkennung vollumfänglich zu prüfen. Während die in Nr. 31.2.8 Buchst b und d BayVwVBes genannten ersten beiden Beschäftigungsjahre (bei Nr. 31.2.8 Buchst. dnur, soweit diese nicht nach Vollendung des 29. Lebensjahres lägen) grundsätzlich nicht anerkannt werden könnten, da diese schon durch die Tabellenstruktur angemessen berücksichtigt seien, könne für Zeiten, die über die in Nr. 31.2.8 BayVwVBes genannten Höchstgrenzen hinausgingen, das Einvernehmen ebenfalls erteilt werden. Voraussetzung sei, dass die Beamtenbewerber in diesen Jahren der Vordiensttätigkeit noch weitere Fähigkeiten und Kenntnisse erworben hätten, die über die in den ersten beiden Jahren der Beschäftigungstätigkeit erworbenen hinausgingen.

Der Kläger erwiderte, es werde nicht in Abrede gestellt, dass Art. 31 Abs. 2 BayBesG einen Ermessensspielraum einräume. Dieser beziehe sich jedoch allein auf die Beurteilung der „Förderlichkeit“ hauptberuflicher Beschäftigungszeiten i. S. d. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG. Insoweit sei zwischen den Beteiligten auch unstreitig, dass (auch) die vor Vollendung des 29. Lebensjahres absolvierten hauptberuflichen Beschäftigungszeiten des Klägers „förderlich“ gewesen seien, die - so der Beklagte - nur deshalb nicht anerkannt werden könnten, weil sie eben vor diesem Zeitpunkt gelegen hätten. Eine sachliche Rechtfertigung für die vorgenommene Differenzierung nach einem bestimmte Lebensalter sei der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen, widerspräche im Übrigen durch den unmittelbaren Bezug zum Lebensalter auch einem wesentlichen Grundgedanken des Neuen Dienstrechts. Soweit der Beklagte auf die Gesetzesbegründung zu Art. 31 Abs. 2 BayBesG (LT-Drs. 16/3200, S. 382) verweise, wonach nach Auffassung des Gesetzgebers die erste Stufe der neuen Gehaltstabelle dem heutigen typischen Einstiegsalter entspreche, das Neue Dienstrecht indes eine völlige Abkehr von der Anknüpfung der Besoldung an ein bestimmtes Lebensalter beinhalte, könne es nicht zutreffen, auch wenn dies im FMS vom 25. Januar 2013 behauptet werde, dass die Besoldungstabellenstruktur ein bestimmtes Lebensalter - Stufe 1: Vollendung des 29. Lebensjahres - und bis zu diesem Zeitpunkt gewonnene Erfahrungszeiten abbilde. Der Beklagte verkenne, dass dem Gesetz selbst wie auch dessen Begründung keine Anhaltspunkte zu entnehmen seien, die eine Unterscheidung nach dem Lebensalter zuließen. Die besoldungsrechtliche Einstufung eines Beamten habe ausschließlich nach der erlangten Qualifikation und - neben den Zeiten gemäß Art. 31 Abs. 1 BayBesG - nach der vorhandenen Berufserfahrung zu erfolgen. In der Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs. 16/3200, S. 348) sei hierzu zu lesen, dass „auch in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 …das bisherige Lebensaltersprinzip durch eine Anknüpfung an die Berufserfahrung ersetzt … (werde) … Der Einstieg … (erfolge) … auch hier vorbehaltlich der Berücksichtigung anerkennenswerter Zeiten unabhängig vom Lebensalter in der ersten Stufe ihrer Besoldungsgruppe“. Selbst wenn man mit dem Beklagten im Sinne der Nr. 30.0.1 BayVwVBes davon ausgehe, dass die überarbeitete Besoldungstabelle mit einem notwendigerweise pauschalierenden Ansatz die bisherige Eingangsbesoldung in der Mehrzahl der Fälle abbilde, führe dies nicht dazu, dass eine neue - scheinbar allein von der Einschätzung des Staatsministeriums der Finanzen getragene - Altersgrenze etabliert werden könne. Vielmehr dürfe von der gesetzlichen Regelung in Art. 32 Abs. 2 Satz 1 BayBesG nicht abgewichen werden. Diese sei völlig altersunabhängig und allein auf die Förderlichkeit hauptberuflicher Beschäftigungszeiten bezogen.

Der Kläger verzichtete auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Der Präsident des Landesarbeitsgerichts … verzichtete ebenfalls auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung; er beantragte, wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Berufung zuzulassen.

Der Berichterstatter bat den Beklagten, gegebenenfalls nach Rücksprache mit dem Staatsministerium der Finanzen, näher zu erläutern, inwiefern die Vordienstzeiten vor Vollendung des 29. Lebensjahres „schon durch die Tabellenstruktur angemessen berücksichtigt“ seien.

Auf entsprechenden richterlichen Hinweis beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2013 hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Klageanträgen zu 1) und 2), den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Februar 2013 zu verpflichten, über den Antrag des Klägers vom 31. Oktober 2012 (unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts) neu zu entscheiden.

Unter Bezugnahme auf die dem Beklagten erteilte richterliche Auflage führte der Kläger u. a. noch aus, dass die Besoldungstabelle gleichwohl in vollem Umfang auch auf jüngere neu eingestellte Beamte Anwendung finde und diese mithin mit Vollendung des 29. Lebensjahres bereits einen Großteil der Stufenlaufzeit erfüllt hätten oder sogar bereits nach der nächst höheren Stufe besoldet würden, selbst wenn der Beklagte seinen Vortrag, dass die Besoldungsstruktur ein bestimmtes Lebensalter (Stufe 1: Zeiten vor Vollendung des 29. Lebensjahres) und bis zu diesem gewonnene Erfahrungszeiten in pauschalisierter Form abbilde, ergänzen und substantiieren sollte. Würde beispielsweise eine 26-jährige Bewerberin des höheren Dienstes unmittelbar in ein Beamtenverhältnis ernannt werden, was beispielsweise im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration regelmäßig der Fall sei, wäre diese zum Zeitpunkt der Vollendung des 29. Lebensjahres gegebenenfalls bereits nach der nächst höheren Stufe zu besolden. Jedenfalls würden ihre ab dem 26. Lebensjahr gewonnenen Berufserfahrungszeiten in vollem Umfang für die Stufenlaufzeit berücksichtigt. Der Vortrag des Beklagten würde nur dann besonderes Gewicht erfahren, wenn auch bei jüngeren Neueingestellten die Stufenlaufzeit erst mit Vollendung des 29. Lebensjahres begänne. Dies sei aber gerade nicht der Fall. Im Ergebnis verbleibe es bei der Feststellung, dass die unterschiedliche Berücksichtigung von Berufserfahrungen - je nach dem, in welchem Lebensalter diese gewonnen worden seien - auf der Grundlage der gesetzlichen Neuregelung nicht mehr zulässig sei. Einzig zulässiges Differenzierungskriterium sei die Förderung hauptberuflicher Beschäftigungszeiten. Diese seien durch den Beklagten - soweit streitgegenständlich - bereits anerkannt worden.

Der Präsident des Landesarbeitsgerichts … übermittelte die Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 19. Dezember 2013, aus der sich ergebe, dass der Anspruch des Klägers in Ansehung der Entstehungsgeschichte, des systematischen Zusammenhangs und insbesondere auch der Teleologie der einschlägigen Normen nicht begründet sei; ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liege nicht vor.

In seiner Stellungnahme führt das Ministerium aus, dass bei der erstmaligen Begründung eines Beamtenverhältnisses (= Diensteintritt) mit Anspruch auf Grundbezüge zu einem der in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayBesG bezeichneten Dienstherrn die Zuordnung nach Art. 30 Abs. 1 Satz 2 BayBesG - vorbehaltlich des Art. 30 Abs. 4 BayBesG und des Art. 31 Abs. 1 und 2 BayBesG - zur ersten mit einem Grundgehaltsbetrag ausgewiesenen Stufe der maßgeblichen Besoldungsgruppe (Anfangsstufe) erfolge. Von diesem Zeitpunkt ausgehend regelten sich gemäß Art. 30 Abs. 1 Satz 6 BayBesG der Zeitraum des Verbleibens in der Anfangsstufe sowie das Aufsteigen in den Stufen nach Art. 30 Abs. 2 BayBesG (Regelstufe). Dem liege die gesetzgeberische Überlegung zugrunde, dass nach dem Neuen Dienstrecht in Bayern jeder Beamte beim Diensteintritt in die erste mit einem Wert belegte Stufe seines Grundgehalts einsteige. Eine Abweichung von diesem Grundsatz solle nur dann möglich sein, wenn entweder bestimmte gesetzlich festgelegte Zeiten (vgl. Art. 31 Abs. 1 BayBesG) vor dem Diensteintritt zurückgelegt worden seien und als solche eine (fiktive) Vorverlegung desselben rechtfertigten oder wenn sonstige Beschäftigungszeiten vor Dienstantritt vorlägen, die für die Beamtentätigkeit förderlich gewesen seien (vgl. Art. 31 Abs. 2 BayBesG). Damit habe sichergestellt werden sollen, dass Bewerber mit solchen berücksichtigungsfähigen Zeiten zum Zeitpunkt des tatsächlichen Diensteintritts einer höheren Stufe zugeordnet werden könnten. Die bis 31. Dezember 2010 geltende Systematik des Stufenein- und -aufstiegs habe damit nachgezeichnet werden sollen, ohne dass es - wie im früheren BDA(Besoldungsdienstalter)-Recht - auf das Lebensalter ankomme (vgl. Drs. 16/3200 S. 380). Diesem Anliegen diene auch die ab 1. Januar 2011 geltende Tabellenstruktur. Die danach in der Besoldungsordnung Ain den einzelnen Besoldungsgruppen jeweils mit einem Wert belegte erste Stufe entspreche betragsmäßig der Stufe des am 31. Dezember 2010 geltenden Rechts, die beim typisierten Einstieg in der jeweiligen Besoldungsgruppe nach dem damaligen Rechtsstand hätte erreicht werden können. Dies wäre beim Einstieg in die damalige Laufbahngruppe des höheren Dienstes mit dem Eingangsamt A 13 nach den Erfahrungswerten der Praxis in aller Regel die Stufe 4 der Besoldungsgruppe des Eingangsamtes A 13 (alt) gewesen. Diese Stufe 4 habe eine Laufzeit von zwei Jahren gehabt. Diese Stufenlaufzeit sei im Wege einer typisierenden Betrachtung (vgl. dazu auch VG Würzburg, U. v. 17.7.29012, W 1 K 11.985) pauschal in die Anfangsstufe der Besoldungsgruppe A 13 in der Weise einbezogen worden, in dem die seit 1. Januar 2011 geltende Stufe 4 dem Stufenbetrag der früheren Stufe 5 entspreche. Das habe im Falle von Regelbewerbern für die vierte Qualifikationsebene zur Folge, dass ihnen im Vergleich zum früheren Recht bei Diensteintritt nach dem 31. Dezember 2010 im Stufenbetrag des Grundgehalts bereits zwei Jahre an Dienstzeiten mit Erfahrungserwerb „gutgeschrieben“ würden, ohne Rücksicht darauf, ob derartige Erfahrungszeiten tatsächlich vorlägen. Würden bei diesen (Regel-)Bewerbern zusätzlich noch sonstige Beschäftigungszeiten vor dem relevanten Diensteintritt berücksichtigt, liefe diese auf eine doppelte Berücksichtigung ein und desselben Zeitraums hinaus. Eine andere Betrachtung wäre nur dann angebracht, wenn der Diensteintritt im Einzelfall gegenüber einem Regelbewerber so deutlich später erfolgte, dass die Typisierung der Tabellenstruktur diesen Einzelfall nicht mehr angemessen abbildete. Aufgrund der Auswertung der Praxiserfahrungen der vorangegangenen Jahre sei im Verwaltungsvollzug im Wege der Umsetzung der oben dargestellten gesetzgeberischen Entscheidung der Streichung der beiden Anfangsstufen als Grenze insoweit in typisierender Weise das 29. Lebensjahr festgesetzt worden. Klar sei, dass damit nicht jeder Einzelfall erfasst werden könne. Sofern die neue Tabellenstruktur ausnahmsweise einen Einzelfall nicht angemessen abbilde, bestehe die Möglichkeit, das Einvernehmen des Ministeriums einzuholen. Im Falle des Klägers seien solche Gesichtspunkte anhand seines Werdeganges jedoch nicht erkennbar. Zum Vergleich wies das Ministerium auf zwei Fallkonstellationen hin, in denen das Einvernehmen erteilt worden sei. So hätten beispielsweise Amtsärzte nach den früher geltenden Fachverordnungen zusätzlich zu einer zweieinhalbjährigen hauptberuflichen Beschäftigung eine eineinhalbjährige Tätigkeit als Arzt im Praktikum absolvieren müssen. Würden diese Vor- und Ausbildungszeiten zusammengerechnet, überstiegen sie die in Art. 78 und Art. 8 LlbG geregelten und in der neuen Tabellenstruktur berücksichtigten Mindestanforderungen für eine Einstellung in der vierten Qualifikationsebene. Eine Berücksichtigung der Zeiten nach Art. 31 Abs. 1 Nr. 1 BayBesG scheide gleichwohl aus. Aus dem systematischen Zusammenhang ergebe sich, dass diese Vorschrift nur anwendbar sei, wenn in den aktuell geltenden Laufbahnvorschriften für die Zulassung zu einer Fachlaufbahn zusätzlich zu den Mindestanforderungen eine hauptberufliche privatrechtliche Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis vorgeschrieben sei. Die Beschäftigungszeiten als Arzt im Praktikum seien daher nach Art. 31 Abs. 2 BayBesG berücksichtigt worden. Bei Grund- und Mittelschullehrern würden grundsätzlich die ersten beiden Beschäftigungsjahre vor Vollendung des 27. Lebensjahres nicht berücksichtigt. Damit werde den bei dieser Beschäftigungsgruppe kürzeren Ausbildungszeiten sowie dem Umstand Rechnung getragen, dass Grund- und Mittelschullehrer, obgleich sie der vierten Qualifikationsebene angehörten, in dem Eingangsamt A 12 eingestellt würden und dort bereits die dritte Stufe (A 13: vierte Stufe) mit einem Wert belegt sei. Sofern der Kläger eine Ungleichbehandlung darin sehe, dass bei einer sofortigen (ohne vorhergehende Beschäftigungszeiten in einem privaten Arbeitsverhältnis) Einstellung als Beamter die Stufenlaufzeit auch zu laufen beginne, wenn der Betreffende das 29. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, so wäre diese in jedem Fall sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe den Zeiten im Beamtenverhältnis einen höheren Stellenwert beigemessen, wie ein Vergleich zwischen der Regelung in Art. 30 Abs. 4 BayBesG, wonach Beamtenzeiten kraft Gesetzes anzurechnen seien, und Art. 31 Abs. 2 BayBesG zeige, wonach die Berücksichtigung sonstiger Beschäftigungszeiten nur auf Antrag und im Rahmen einer Ermessensentscheidung erfolge. Hintergrund dieser (gesetzgeberischen) Entscheidung sei, für junge und leistungsstarke Bewerber einen Anreiz zu setzen, sich nach dem Abschluss der Ausbildung unmittelbar für den Eintritt in den Öffentlichen Dienst zu entscheiden. Rein vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Regelung in Nr. 31.2.8 3. Sp.Str. BayVwVBes, wonach eine Anrechnung der ersten zwei Beschäftigungsjahre nur erfolge, soweit diese nach dem 29. Lebensjahr lägen, sollte sie entgegen der oben dargestellten Auffassung als diskriminierend angesehen werden, gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam wäre. Dies würde jedoch in der Folge (nur) bedeuten, dass es bei der Regelung nach Nr. 31.2.8. 1. Sp.Str. BayVwVBes mit der grundsätzlichen Nichtberücksichtigung der ersten beiden Beschäftigungsjahre verbliebe, welche aus der Überarbeitung der Tabellenstruktur resultiere. In diesem Falle wäre die Verwaltungspraxis dahingehend abzuändern, dass - wie in der zweiten Qualifikationsebene - in der Regel (Ausnahme nur bei nicht angemessener Abbildung durch die Tabellenstruktur) eine Anrechnung der ersten zwei Beschäftigungsjahre nicht erfolge. Dem Begehren des Klägers könnte demgemäß nicht nachgekommen werden, weshalb die Klage in jedem Falle unbegründet sei.

Der Kläger erwiderte, soweit der Beklagte bei seinen besoldungsrechtlichen Ausführungen an einen sogenannten Regelbewerber anknüpfe, der zum Zeitpunkt seiner Einstellung „nach den Erfahrungswerten der Praxis“ unter „Auswertung der Praxiserfahrungen der vergangenen Jahre“ im Wege des „Verwaltungsvollzugs“ in Umsetzung einer „gesetzgeberischen Entscheidung“ „in typisierender Weise“ das 29. Lebensjahr vollendet habe, seien diese - unabhängig davon, dass sie weder im Bayerischen Besoldungsgesetz selbst noch in dessen Gesetzesbegründung eine Untermauerung fänden - darüber hinaus auch nicht einlassungsfähig, da der Beklagte seinen Vortrag in keiner Weise hinreichend konkretisiere, die „Praxiserfahrungen der vorangegangenen Jahre“ auch nicht ansatzweise darlege. Hilfsweise müsse mit Nichtwissen bestritten werden, dass bei einem Einstieg in die damalige Laufbahngruppe des höheren Dienstes mit dem Eingangsamt A 13 nach den Erfahrungswerten der Praxis in aller Regel die Stufe 4 der Besoldungsgruppe des Eingangsamtes A 13 (alt) einschlägig gewesen sei. Auch müsse mit Nichtwissen bestritten werden, dass sich auf der Grundlage der Praxiserfahrungen der vergangenen Jahre ein entsprechender Regelbewerber habe feststellen lassen und dass dessen sachgerechter besoldungsrechtliche Einstufung bedinge, dass vorherige Beschäftigungszeiten durch die neue Besoldungstabellenstruktur bereits abgebildet seien und daher auf der Grundlage der gesetzgeberischen Entscheidung keine Berücksichtigung finden dürften. Selbst wenn es einen entsprechenden Regelbewerber geben sollte, sei nicht erkennbar, dass Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG eine Befugnis oder einen Auftrag für die Ermessensausübung im Rahmen des Verwaltungsvollzugs beinhalte, eine Altersgrenze für die Berücksichtigung von vorherigen Beschäftigungszeiten zu etablieren. Es müsse nochmals darauf hingewiesen werden, dass Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG vollständig altersunabhängig ausgestaltet sei. Abweichende Ansätze seien auch der Gesetzesbegründung in keiner Weise zu entnehmen. Die Ausführungen des Beklagten räumten darüber hinaus ein, dass in dem vom Kläger aufgeworfenen Beispiel einer 26-jährigen Bewerberin im Rahmen ihrer besoldungsrechtlichen Einstufung bereits zwei Jahre an Dienstzeiten mit Erfahrungserwerb „gutgeschrieben“ würden, auch wenn derartige Erfahrungszeiten tatsächlich nicht vorlägen. Zudem würden anschließend die Zeiten bis zur Vollendung des 29. Lebensjahres vollumfänglich berücksichtigt. Habe ein Bewerber hingegen vor Vollendung des 29. Lebensjahres tatsächlich förderungsfähige Beschäftigungszeiten erfüllt, sollten diese im Rahmen der Ermessensausübung keine Anerkennung erlangen können. Dies sei offenkundig sachwidrig. In diesem Zusammenhang verfange auch nicht das angeblich eine Altersdiskriminierung rechtfertigende Argument, der Gesetzgeber habe Zeiten im Beamtenverhältnis einen höheren Stellenwert beigemessen. Selbst wenn dies zuträfe, was in Abrede gestellt werde, habe der Beklagte durch die Ausgangsentscheidung selbst dokumentiert, dass die durch den Kläger erworbenen vorherigen Beschäftigungszeiten dem Grunde nach einer Beamtentätigkeit gleichgestellt seien. Eine Höherbewertung der Beamtentätigkeit gegenüber einer sonstigen förderlichen Beschäftigungszeit in einem bestimmten Lebensalter sei hingegen weder dem Gesetz noch dessen Begründung zu entnehmen. Letztlich sei darauf hinzuweisen, dass - selbst wenn der Beklagte infolge einer gerichtlichen Entscheidung seine Verwaltungspraxis, wie angekündigt, ändern sollte - auch diese gegen die gesetzliche Regelung in Art. 31 Abs. 2 BayBesG verstieße. Wie bereits im Schriftsatz vom 9. Dezember 2013 ausgeführt, verbleibe es bei der Feststellung, dass die unterschiedliche Berücksichtigung von Berufserfahrungen - je nach dem, in welchem Lebensalter sie gewonnen worden seien - auf der Grundlage der gesetzlichen Neuregelung nicht mehr zulässig sei. Einzig zulässiges Differenzierungskriterium sei die Förderlichkeit hauptberuflicher Beschäftigungszeiten. Diese seien vom Beklagten - soweit streitgegenständlich - anerkannt und auch im anhängigen Verfahren in keiner Weise in Abrede gestellt worden.

Auf gerichtliche Nachfrage teilte der Kläger mit, dass es sich in der Zeit vom 5. Januar 2004 bis 31. Januar 2007 um eine hauptberufliche Beschäftigung gehandelt habe. Diese sei zwar „formal“ als Teilzeitarbeitsverhältnis ausgestaltet gewesen, aus den tatsächlichen Arbeitszeitmitteilungen ergebe sich jedoch eine durchschnittliche Tätigkeit von 34 Wochenstunden. Der Zeitpunkt der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft könne für den Beginn der anzuerkennenden Tätigkeit nicht entscheidend sein, weil er zum einen von objektiven Gegebenheiten abhänge (turnusmäßige Zulassungstermine) und zum anderen nicht entscheidend für die Art der Tätigkeit in der Kanzlei gewesen sei; wegen der Betreuung ausschließlich arbeitsrechtlicher Mandate sei ihm auch vor der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft schon eine Wahrnehmung gerichtlicher Termine möglich gewesen.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, eine Berücksichtigungsfähigkeit der Tätigkeit sei frühestens mit Zulassung zur Rechtsanwaltschaft möglich. Auch in der vorangegangenen rechtlichen Würdigung wurde über die Anerkennung von Beschäftigungszeiten „als Rechtsanwalt“ entschieden. Insofern liege noch keine Entscheidung über die Förderlichkeit der Tätigkeit als noch nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassener Rechtsassessor vor.

Vor dem Hintergrund des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 2. Juli 2014, Az.: M 5 K 13.4946, und der zu erwartenden Berufungsentscheidung gegen das Urteil beantragte der Beklagte das Ruhen bzw. die Aussetzung des Verfahrens. Der Kläger widersprach einem solchen Vorgehen, falls der Beklagte nicht zusage, auch eine die Berufung zurückweisende Entscheidung in diesem Verfahren anzuerkennen und die auflaufenden Zinsansprüche zu übernehmen. Der Beklagte teilte am 22. September 2014 mit, dass diese Zusagen nicht gegeben werden könnten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

I.

Eine Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage ist insoweit begründet, als der vom Kläger angefochtene Bescheid vom 4. Februar 2013 rechtswidrig ist, den Kläger in seinen Rechten verletzt und er einen Anspruch auf Neubescheidung über die beantragte Anerkennung der sonstigen förderlichen Beschäftigungszeiten für die fiktive Vorverlegung seines Diensteintrittszeitpunkts unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts nach § 113 Abs. 5 S. 2, Abs. 1 S. 1 VwGO hat. Hinsichtlich des darüber hinaus gehenden Verpflichtungsantrags ist sie unbegründet.

A.

Die Entscheidung, den Zeitpunkt des Diensteintritts wegen förderlicher Beschäftigungszeiten des Klägers im Zeitraum vom 5. Januar 2004 bis 29. November 2005 nach Art. 31 Abs. 2 S. 1, 47 Abs. 2 S. 2 BayBesG nicht fiktiv vorzuverlegen, ist rechtswidrig, weil das Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt wurde.

Nach Art. 31 Abs. 2 S.2, 47 Abs. 2 S. 2 BayBesG kann auch bei Richterinnen und Richtern auf Antrag der Zeitpunkt des Diensteintritts um sonstige für die Beamtentätigkeit förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeiten fiktiv vorverlegt werden.

1. Bei der Tätigkeit des Klägers im Zeitraum vom 5. Januar 2004 bis zum 14. Oktober 2007 handelt es sich um eine förderliche Beschäftigungszeit. Soweit es sich dabei um die anwaltliche Tätigkeit des Klägers seit seiner Zulassung handelt, wurde diese vom Beklagten bereits als dem Grunde nach förderlich für die Richtertätigkeit anerkannt.

Auch bei der Tätigkeit als Rechtsassessor in der Rechtsanwaltskanzlei vor der Zulassung zum Rechtsanwalt am 25. Februar 2004 ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass es sich um eine sonstige für die Beamtentätigkeit förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeit handelt, wie es auch durch die gesetzgeberische Wertung in § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 DRiG anerkannt ist. Zwischen der Tätigkeit als Rechtsassessor und als Anwalt in einer Kanzlei besteht der formale Unterschied einer Zulassung als Rechtsanwalt, die wiederum selbst an keine weiteren fachlichen Voraussetzungen anknüpft; allein auf die nach außen wirksame Befugnis zur Schriftsatzzeichnung kann es hier nicht ankommen (vgl. VG München, Urteil vom 02.07.2014, Az. M 5 K 13.4964, Rz. 26, zitiert nach juris). Nachdem der Kläger bereits zu dieser Zeit gerichtliche Termine in erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahren wahrnehmen konnte, kann nicht allein der Zeitpunkt der Zulassung selbst, sondern ausschließlich die Art der Tätigkeit eine Rolle spielen - zumal der Zeitpunkt der Zulassung nicht vom Kläger beeinflussbar war, weil diese nur in turnusmäßigen Abständen möglich war.

2. Die Entscheidung über die Anerkennung steht im Ermessen der obersten Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat (Art. 31 Abs. 2 S. 2 BayBesG). Das Staatsministerium für Arbeit und Soziales hat im vorliegenden Fall die Befugnis zur Entscheidung dem Landesarbeitsgericht Nürnberg übertragen (AMS vom 10.03.2011 - P2/0403/1/5). Der eröffnete Ermessensspielraum wird durch die ermessensleitenden Verwaltungsvorschriften zum Bayerischen Versorgungsgesetz konkretisiert, die auf Grundlage von Art. 102 S. 2 BayBesG erlassen wurden. Grundsätzlich darf die oberste Landesbehörde selbst ohne besondere gesetzliche Ermächtigung ermessensleitende Richtlinien erlassen, um eine gleichmäßige Ermessensausübung sicher zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004, Az. 2 C 21.03, Rz. 20, zitiert nach juris). Das hier eingeräumte Ermessen kann dabei vom Gericht nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden.

Die Entscheidung des Beklagten, die förderlichen hauptberuflichen Beschäftigungszeiten für eine fiktive Vorverlegung des Diensteintrittszeitpunktes nicht heranzuziehen, soweit sie vor Vollendung des 29. Lebensjahres des Klägers lagen, lag nicht im Rahmen einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung.

Vorliegend begründet der Beklagte die ablehnende Entscheidung über die Anerkennung von Teilen des Zeitraums der anwaltlichen Tätigkeit mit der fehlenden Zustimmung des StMFLH, die wegen des Wortlauts des Abschnitts 31.2.8 lit. d BayVwVBes für die Zeit vor Vollendung des 29. Lebensjahres erforderlich war. Nach dieser Verwaltungsvorschrift gilt das Einvernehmen bis zum achten Jahr der Beschäftigungsdauer in vollem Umfang generell als erteilt, wenn es sich um eine förderliche Tätigkeit handelt. Für die ersten beiden Jahre der Beschäftigung gilt dies nach der Einschränkung am Ende jedoch nur, soweit das 29. Lebensjahr vollendet wurde.

Soweit nach der Vorgabe durch die Verwaltungsvorschriften die Erteilung des Einvernehmens für die fiktive Vorverlegung des Diensteintrittszeitpunktes vom Lebensalter abhängig gemacht wird, ist dies wegen der damit verbundenen Diskriminierung rechtswidrig. Insofern ist es unerheblich, dass die Erteilung des Einvernehmens durch die Verwaltungsvorschriften nicht generell ausgeschlossen ist, sondern im Einzelfall einzuholen ist.

3. Die Regelung im Abschnitt 31.2.8 lit. d BayVwVBes verstößt gegen §§ 1, 3 Abs. 1 S. 1, 7 Abs. 1 AGG, die nach § 24 Nr. 2 AGG auch für Richterinnen und Richter der Länder gelten. Das AGG dient der Umsetzung des Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303 S. 16). Ziel von Richtlinie und dem AGG ist u. a. die Bekämpfung der Diskriminierung wegen des Alters im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung (vgl. Art. 1 RL 2000/78/EG). Die Richtlinie ist dahingehend auszulegen, dass auch die Besoldungsbedingungen von Arbeitnehmern in ihren Anwendungsbereich fallen (EuGH, Urteil vom 19.06.2014, Az. C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, Rz. 37, zitiert nach juris). Anders als bei der Frage zum Verhältnis zwischen § 27 BBesG zum AGG (vgl. dazu VG Berlin, Urteil vom 24.06.2010, Az. 5 K 17.09, Rz. 14, zitiert nach juris) sind die Vorschriften des BayBesG und der BayVwVBes unzweifelhaft auch an den Regelungen des AGG zu messen, da letzteres als Bundesgesetz nach Art. 31 GG Vorrang gegenüber landesrechtlichen Vorschriften hat.

Die Verwaltungsvorschrift stellt eine unmittelbare Benachteiligung aufgrund des Alters dar, weil für die Fiktion der Erteilung des Einvernehmens nach Abschnitt 31.2.8 lit. d BayVwVBes hinsichtlich der ersten beiden Jahre der Beschäftigungsdauer das Alter des Beamten zum Zeitpunkt der Beschäftigung das einzige Differenzierungskriterium ist.

4. Diese Diskriminierung ist auch nicht gerechtfertigt. In § 10 AGG ist zwar eine Möglichkeit vorgesehen, unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters zu rechtfertigen. Eine hier genannte Ausnahme vom Verbot der unterschiedlichen Behandlung nach dem Alter liegt jedoch nicht vor.

Für die Regelung im Abschnitt 31.2.8 lit. d BayVwVBes fehlt es jedoch bereits am legitimen Ziel (vgl. auch VG München, Urteil vom 02.07.2014, Az. M 5 K 13.4946, Rz. 36, zitiert nach juris). Der Beklagte führt hier als Ziel an, dass die bis zum 31. Dezember 2010 geltende Systematik des Stufenein- und -aufstiegs damit nachgezeichnet werden sollte, ohne dass es - wie im früheren BDA-Recht - auf das Lebensalter ankomme.

Ausweislich der Gesetzesbegründung zum BayBesG für die Besoldungsstufen R1 und R2 wird explizit die Abkehr vom Lebensaltersprinzip hin zur Anknüpfung an die Berufserfahrung gesprochen (Bayerischer Landtag, Drs. 16/3200, S. 348). Dabei entspricht der erste mit einem Wert belegten Stufe der neuen Grundgehaltstabelle dem zum Zeitpunkt der Verabschiedung typischen Einstiegsalter der jeweiligen Besoldungsgruppe (a. a. O., S. 382). Aus diesem Grund seien auch die ersten mit einem Wert belegten Stufen der Besoldungsgruppen der Besoldungsgruppen A 12 bis A 14 gestrichen worden, um Verschlechterungen gegenüber der bisher gültigen Systematik nach § 27 BBesG weitgehend auszuschließen (a. a. O., S. 378). Die Ausnahmen, die ausweislich der Information durch den Beklagten in der Vergangenheit zugelassen wurden (Amtsärzte, Grund- und Mittelschullehrer), betreffen nur typisierte Abweichungen im Hinblick auf die jeweils zu absolvierende erforderliche Ausbildung. Insofern handelt es sich hier gerade nicht um Einzelfälle, sondern durch die Einstellungsvorgaben generell für einzelne (wenige) Berufsgruppen zu treffende Abweichungen.

Aus dieser Begründung lässt sich jedoch ausschließlich entnehmen, dass nach typisierender Wertung die neuen Gehaltsstufen für alle Beamten den bis dahin geltenden Stufen entsprachen und damit im Regelfall keine Verschlechterung hinsichtlich der Bezüge erreicht werden soll. Keineswegs ergibt sich hingegen daraus, dass tatsächlich bereits erworbene Erfahrungen pauschal und angemessen mit berücksichtigt und damit abgegolten seien. Die bloße Übereinstimmung des Gehalts eines typisierten Berufseinsteigers nach beiden Besoldungssystemen kann nicht bedeuten, dass im neuen System tatsächliche Abweichungen eines Berufsanfängers von dem typisierten Normalfall nicht zu berücksichtigen wären, insbesondere, weil das neue BayBesG explizit nicht mehr an das Lebensalter anknüpft. Hängt aber die Anerkennung von Zeiten der Berufserfahrung von dem Alter ab, in dem diese Erfahrung erworben wurde, stehen das legitime Ziel der beruflichen Erfahrung und die unterschiedliche Behandlung nach dem Alter in keinem unmittelbaren Zusammenhang mehr; somit kann das Ziel diese nicht rechtfertigen (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009, Az. C-88/08 („Hüttner“), Rz. 47, zitiert nach juris). Das Zusammentreffen von Berufserfahrung und Dauer der Beschäftigungszeit bei einer Vielzahl von Bewerbern ändert nichts daran, dass eine Anknüpfung an das Lebensalter nicht mehr angemessen ist (EuGH, Urteil vom 08.09.2011, Az. C-297/10 und C-298/10 („Hennigs und Mai“), Rz. 77, zitiert nach juris).

Insbesondere läuft eine Anerkennung sonstiger Beschäftigungszeiten eines „(Regel-) Bewerbers“ nicht auf eine doppelte Berücksichtigung ein und desselben Zeitraums hinaus.

Dadurch, dass sich der Gesetzgeber in Art. 31 BayBesG für eine Berücksichtigung tatsächlich erfolgter berufsförderlicher Beschäftigungszeiten entschieden hat, erfolgt in der Tat eine Berücksichtigung dieses Zeitraums.

Eine Berücksichtigung tatsächlich erbrachter förderlicher Beschäftigung erfolgt durch die Festlegung der betragsmäßigen Höhe der Eingangsstufe aber gerade nicht. Die Bewerber, die eine nach Art. 7, 8 LlbG erforderliche Qualifikation für den Einstieg in eine Qualifikationsebene erreicht haben, werden zwar so gestellt, dass nach Ansicht des Gesetzgebers diese Bezügestufe hinsichtlich des Betrags angemessen ist. Diese Wertung bedeutet allein eine Einschätzung der Angemessenheit für das Grundgehalt. Die bloße gesetzgeberische Motivlage, dieses Grundgehalt der vorherigen Stufe für dieses Lebensalter entsprechen zu lassen, bedeutet gerade keine fortgeltende Berücksichtigung dieses tatsächlichen berufsförderlichen Zeitraums oder Anknüpfung an das Lebensalter mehr, zumal es ausweislich des Hinweises der Beklagten keinen außergewöhnlichen Fall darstellt, wenn Studium der Rechtswissenschaften und Ablegen der Staatsprüfungen so zügig erfolgen, dass ein Berufseintritt vor Ablauf des 29. Lebensjahres stattfindet. Insofern kann erst recht nicht von einer doppelten Berücksichtigung gesprochen werden.

Die Unterscheidung kann auch nicht durch die Notwendigkeit einer Stichtagsregelung gerechtfertigt werden. Grundsätzlich ist eine Stichtagsregelung, die für die Anwendbarkeit eines Regelungswerkes entscheidend ist, verfassungsrechtlich zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.02.2007, Az. 1 BvL 10/00, Rz. 73, zitiert nach juris; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17.12.2012, Az. 1 BvR 488/10 und 1 BvR 1047/10, Rz. 43, zitiert nach juris). Maßstab dieser Entscheidungen war jedoch - anders als vom Beklagten vorgebracht - der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, nicht der des AGG. Darüber hinaus erfasst die grundsätzliche Zulässigkeit einer Stichtagsregelung den zeitlichen Geltungsbereich einer Vorschrift und gerade nicht die Zulässigkeit der Differenzierung innerhalb eines anwendbaren Regelungswerks. Die notwendigerweise anzuerkennenden Härten einer Stichtagsregelung (BVerfG, a. a. O.) beziehen sich nicht auf eine Ungleichbehandlung innerhalb einer Regelung, sondern nur auf die Ungleichbehandlung bei der Umstellung eines Regelungsregimes zu einem anderen. Vorliegend wird die Unterscheidung im Abschnitt 31.2.8 lit. d BayVwVBes jedoch gerade nicht aufgrund der Umstellung der alten zur neuen Besoldungsregelung getroffen, sondern einzig innerhalb des nun anwendbaren BayBesG.

Überdies wäre auch eine Stichtagsregelung nicht sachlich vertretbar, weil kein zulässiges Differenzierungskriterium vorliegt. Insbesondere kann hierfür nicht der Grundsatz des Vertrauensschutzes angeführt werden, weil überhaupt kein fester absoluter Stichtag vorliegt, sondern ein bloß relativer, auf das Lebensalter des Berufsanfängers bezogener.

Auch der vom Beklagten angeführte Anreiz für leistungsstarke Bewerber, sich nach dem Abschluss der Ausbildung unmittelbar für den Eintritt in den öffentlichen Dienst zu entscheiden, genügt nicht als Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung, weil hinsichtlich dieses Zieles die Ungleichbehandlung nicht geeignet wäre. Dieser Anreiz wäre nämlich nur für den Fall vorhanden, dass ein Berufseinsteiger mit weniger als 29 Jahren direkt in den öffentlichen Dienst eintritt, weil nur dann durch Abschnitt 31.2.8 lit. d BayVwVBes eine Privilegierung eintritt. Dieser Anreiz entfiele jedoch komplett für eine Person, die erst mit dem Alter von 29 Jahren die notwendige Qualifikation erreicht, was insbesondere in der juristischen Ausbildung keine seltene Ausnahme mehr ist. Für diesen Bewerber ist es nach der Systematik der BayVwVBes unerheblich, ob er sich unmittelbar nach Abschluss seiner Ausbildung für den Eintritt in den öffentlichen Dienst entscheidet oder ob er zuvor eine andere hauptberufliche Tätigkeit aufnimmt, die später nach Art. 31 Abs. 2 S. 2 BayBesG als berufsförderliche Zeit durch fiktive Vorverlegung des Diensteintrittszeitpunkts anerkannt werden kann.

5. Die unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters ist auch kausal für die Nichtanerkennung der Vordienstzeiten. Aus der Begründung des Beklagten in der Ablehnung der Anerkennung der förderlichen Beschäftigungszeiten ergibt sich, dass der einzige Grund für die teilweise Ablehnung für den Zeitraum vom 5. Januar 2004 bis zum 29. November 2005 in der Nichtvollendung des 29. Lebensjahrs des Klägers lag.

6. Die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsvorschrift wegen der Diskriminierung nach dem Alter führt nicht zu einer pauschalen Nichtanerkennung der für die Beamtentätigkeit förderlichen hauptberuflichen Beschäftigungszeit. Die in § 7 Abs. 2 AGG vorgesehene Folge der Unwirksamkeit führt nämlich nicht zu einer ersatzlosen Streichung von Abschnitt 31.2.8 lit. derster Spiegelstrich BayVwVBes.

a) In der Rechtsprechung des EuGH ist anerkannt, dass bei Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts diejenigen Regelungen für einen diskriminierten Arbeitnehmer anzuwenden sind, die auch für die anderen, nicht diskriminierten Arbeitnehmer gelten (EuGH, Urteil vom 27.06.1990, Az. C 33/89, Rz. 20, zitiert nach juris). Gleiches gilt für die Diskriminierung anhand anderer Merkmale (EuGH, Urteil vom 26.01.1999, Rs. C-18/95, Rz. 57, zitiert nach juris; Fuchs in Bamberger/Roth, Beck'scher Online-Kommentar BGB, Stand 01.11.2014, § 7 AGG Rz. 47). Auch das BAG geht in Fällen der Diskriminierung von einer „Angleichung nach oben“ aus, weil aus Gründen des Bestandsschutzes den übrigen Mitarbeiter die Vorteile nicht entzogen werden können und eine Gleichbehandlung somit nur durch Gewährung der gleichen Vorteile erfolgen kann (vgl. BAG, Urteil vom 10.11.2011, Az. 6 AZR 148/09, Rz. 14, zitiert nach juris).

Auch für die Besoldungsordnung Rkann die Beachtung des unionsrechtlichen und im AGG umgesetzten Grundsatzes der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung nicht eine gänzliche Unanwendbarkeit diskriminierender Vorschriften bedeuten, sondern lediglich eine Anwendung in dem Umfang, in welchem eine Diskriminierung verhindert wird (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 20.08.2012, Az. 9 K 5034/11.F, Rz. 49, zitiert nach juris), gleiches gilt erst recht für untergesetzliche Vorschriften.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der EuGH nicht von der Erforderlichkeit ausgeht, für die Vergangenheit die Differenz in der Besoldung zu zahlen (EuGH, Urteil vom 19.06.2014, Az. C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, Rz. 108, zitiert nach juris), weil es hier nicht um eine rückwirkende Anerkennung geht, sondern sich die Anerkennung von Vordienstzeiten vor allem auf laufende und spätere Zahlungen an den Kläger auswirkt.

Die Diskriminierung kann nur vermieden werden, wenn auch bei dem jüngeren Beschäftigten die ersten beiden Jahre der Vordienstzeiten anerkannt werden, weil bei vergleichbaren älteren Arbeitnehmern bereits bestandskräftige Anerkennungen vorliegen und deshalb eine anderweitige Angleichung zur Vermeidung der Diskriminierung nicht mehr möglich ist.

b) Die pauschale Nichtanerkennung der ersten beiden Jahre der Berufserfahrung ist zudem nicht mit der gesetzlichen Vorgabe in Art. 31 Abs. 2 S. 1 BayBesG in Einklang zu bringen. Die Ermessensvorschrift selbst sieht keine derartige Unterscheidung vor, sondern spricht lediglich von der Möglichkeit, förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen. Auch die Begründung zu Art. 31 BayBesG sieht nur eine Anknüpfung der Entscheidung am Vorliegen von förderlichen Beschäftigungszeiten vor, die zusätzlich zu den laufbahnrechtlichen Mindestvorgaben erbracht werden (Bayerischer Landtag, Drs. 16/3200, S. 381).

Für eine generelle Nichtanerkennung der ersten beiden Jahre der förderlichen hauptberuflichen Beschäftigungszeit fehlt es an einem legitimen Ziel. Mangels eines gesetzlichen Anhaltspunktes für eine Beschränkung der anzurechnenden Zeiten am Anfang der förderlichen Tätigkeit in Art. 31 Abs. 2 S. 1 BayBesG kann eine derartige Überlegung nicht für die Einzelfallentscheidung ermessensleitend sein, ebenso wenig eventuelle fiskalische Gründe. Erst recht kann damit keine ermessensleitende Verwaltungsvorschrift begründet werden.

Auch kann die vom Beklagten angeführte pauschale Berücksichtigung typischerweise erforderlicher Aus- und Vorbildungszeiten durch einen höheren Stufeneinstieg, der nach früherer Besoldungsstufe eine zweijährige Erfahrung annimmt, nicht als geeignet angesehen werden. Wäre nämlich die Nichtanerkennung der ersten beiden Jahre der Vorbeschäftigung generell nicht anerkennungsfähig, würden gleichheitswidrig ältere Berufseinsteiger im Öffentlichen Dienst benachteiligt.

B.

Hinsichtlich des weitergehenden Verpflichtungsantrags war die Klage abzuweisen, weil keine Ermessensreduzierung auf null vorliegt. Auch bei Unionsrechtswidrigkeit von Abschnitt 31.2.8 lit. derster Spiegelstrich BayVwVBes bleibt es bei einer Ermessensentscheidung nach Art. 31 Abs. 2 BayBesG.

C.

Der Beklagte trägt als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens (§§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 S. 3 VwGO). Soweit der Kläger mit der Verpflichtungsklage im Hauptantrag nicht erfolgreich ist, kann hinsichtlich des erfolgreichen Hilfsantrags auf Neubescheidung von einer Identität des Streitgegenstands ausgegangen werden; das Verhältnis von Verlustquote zum Streitwert bleibt unverändert.

D.

Die Berufung wird nach §§ 124a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen, weil soweit ersichtlich noch keine obergerichtliche Rechtsprechung zur Rechtmäßigkeit von Abschnitt 31.2.8 BayVwVBes existiert, insbesondere noch nicht im Berufungsverfahren zu VG München, Urteil vom 2. Juli 2014, Az. M 5 K 13.4946.

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Deutsches Richtergesetz - DRiG | § 10 Ernennung auf Lebenszeit


(1) Zum Richter auf Lebenszeit kann ernannt werden, wer nach Erwerb der Befähigung zum Richteramt mindestens drei Jahre im richterlichen Dienst tätig gewesen ist. (2) Auf die Zeit nach Absatz 1 können angerechnet werden Tätigkeiten 1. als Beamter

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 24. März 2015 - AN 1 K 13.00476 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 24. März 2015 - AN 1 K 13.00476 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Nov. 2011 - 6 AZR 148/09

bei uns veröffentlicht am 10.11.2011

Tenor 1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. September 2008 - 20 Sa 2244/07 - wird zurückgewiesen.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 24. März 2015 - AN 1 K 13.00476.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Juni 2019 - 3 ZB 17.976

bei uns veröffentlicht am 11.06.2019

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 3.677,52 € festgesetzt. Gründe

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 07. März 2017 - AN 1 K 14.01169

bei uns veröffentlicht am 07.03.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der am …1963 geborene Kläger steht als Beamter (Aka

Referenzen

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. September 2008 - 20 Sa 2244/07 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision einschließlich des Zwischenstreits vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche Lebensaltersstufe der Berechnung der tariflichen Vergütung des Klägers zugrunde zu legen ist.

2

Der 1967 geborene Kläger war vom 16. März 1998 bis zum 31. März 2009 beim beklagten Land als Angestellter beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war vereinbart, dass auf das Arbeitsverhältnis die für das beklagte Land geltenden Tarifverträge Anwendung finden. Am 31. Juli 2003 schloss das beklagte Land mit mehreren Gewerkschaften den Tarifvertrag zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes (Anwendungs-TV). Dieser Tarifvertrag regelt ua., dass sich die Arbeitsverhältnisse der beim beklagten Land beschäftigten Angestellten mit bestimmten Maßgaben nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) vom 23. Februar 1961 in der Fassung vom 31. Januar 2003 und den Anlagen zum Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT für den Bereich des Bundes und für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) vom 31. Januar 2003 richten.

3

Das beklagte Land hat mit den verschiedenen Gewerkschaften ver.di, GEW, GdP und IG Bau am 12. März 2010 eine Eckpunktevereinbarung getroffen. In Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 dieser Vereinbarung ist geregelt, dass grundsätzlich das Tarifrecht der TdL in dynamischer Form mit Wirkung zum 1. April 2010 übernommen wird.

4

In Nr. 8 der Eckpunktevereinbarung heißt es:

        

„8.     

Es besteht Einvernehmen, dass die Überleitung in den TV-L entsprechend der nach dem BAT/BAT-O maßgeblichen Lebensaltersstufe, die im Einzelfall erreicht war, erfolgt. Der Schutz dieses bestehenden, auf den bisherigen individuellen Lebensaltersstufen basierenden Besitzstandes wird durch die Anknüpfung der Überleitungsregelungen an das Vergleichsentgelt gem. § 5 TVÜ-Länder geregelt. Die Tarifvertragsparteien sind sich - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das laufende Revisionsverfahren vor dem BAG - 6 AZR 148/09 - darüber einig, kollektiv eine verbindliche Regelung für das Überleitungs- und Übergangsrecht zu treffen.

                 

Etwaige Rechtsfolgen, die ggf. bis zum 31.03.2010 aus der Rechtsprechung zu ziehen wären, werden von den Überleitungsregelungen nicht betroffen und bleiben unberührt.“

5

Der Kläger hat mit seiner dem beklagten Land am 8. Februar 2007 zugestellten Klage vom 25. Januar 2007 ua. verlangt, dass er ab dem 1. September 2006 in die Vergütungsgruppe I a BAT, Lebensaltersstufe 47, eingeordnet wird. Er hat die Auffassung vertreten, die Staffelung der Grundvergütung nach Lebensaltersstufen stelle eine nicht zulässige Benachteiligung wegen des Alters dar.

6

Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, vor dem Landesarbeitsgericht beantragt festzustellen,

        

dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihn ab dem 1. September 2006 gemäß der Vergütungsgruppe I a BAT in Verbindung mit dem Tarifvertrag zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes (Anwendungs-Tarifvertrag Land Berlin vom 21. Juni 2003) entsprechend der Lebensaltersstufe 47 zu vergüten.

7

Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen stelle keine unmittelbare Benachteiligung des Klägers wegen des Alters dar. Die Grundvergütung knüpfe nicht in erster Linie an das Lebensalter, sondern an die Berufserfahrung an. Eine etwaige Benachteiligung sei deshalb jedenfalls gerechtfertigt. Selbst wenn eine nichtgerechtfertigte Benachteiligung wegen des Alters anzunehmen wäre, müsste ihm jedenfalls Vertrauensschutz gewährt werden. Es dürfe keine Anpassung „nach oben“ erfolgen und dem Kläger nicht das Endgrundgehalt seiner Vergütungsgruppe zugesprochen werden. Eine Zahlung des jeweiligen Endgrundgehalts an alle bei ihm beschäftigten Angestellten (Anpassung „nach oben“) würde ohne Berücksichtigung der Zuschussempfänger einschließlich der Lohnnebenkosten zu Mehrkosten von jährlich ca. 28 Millionen Euro führen. Bei einem Vergütungsaufwand für die Angestellten im unmittelbaren Berliner Landesdienst von jährlich 1,566 Milliarden Euro machten die Mehrkosten damit ca. 1,8 vH aus. Es liege auf der Hand, dass eine „Tariflohnerhöhung“ dieses Ausmaßes einen eklatanten Eingriff in die Tarifautonomie darstellen würde.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und der Klage stattgegeben, soweit der Kläger die Verpflichtung des beklagten Landes festgestellt haben wollte, ihn nach Maßgabe des Anwendungs-TV unter Zugrundelegung der Lebensaltersstufe 47 der Vergütungsgruppe I a BAT zu vergüten. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Kläger beantragt, die Revision des beklagten Landes zurückzuweisen. Der Senat hat mit Beschluss vom 20. Mai 2010 - 6 AZR 148/09 (A) - das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage vorgelegt:

        

Verstößt eine tarifliche Entgeltregelung für die Angestellten im öffentlichen Dienst, die wie § 27 Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in Verbindung mit dem Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT die Grundvergütungen in den einzelnen Vergütungsgruppen nach Lebensaltersstufen bemisst, auch unter Berücksichtigung des primärrechtlich gewährleisteten Rechts der Tarifvertragsparteien auf Kollektivverhandlungen (jetzt Art. 28 GRC) gegen das primärrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters (jetzt Art. 21 Abs. 1 GRC) in seiner Konkretisierung durch die Richtlinie 2000/78/EG?

9

Nach der Entscheidung der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 (- C-298/10 -) über die Vorlagefrage haben die Parteien in der Revisionsverhandlung am 10. November 2011 die Hauptsache hinsichtlich des noch streitbefangenen Feststellungsantrags für erledigt erklärt, soweit sich der Antrag auf die Zeit nach dem 31. März 2009 erstreckte.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht für die Monate September 2006 bis März 2009 die beanspruchte Vergütung nach der Vergütungsgruppe I a BAT unter Zugrundelegung der Lebensaltersstufe 47 nach Maßgabe des Anwendungs-TV zu.

11

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Trotz des Vergangenheitsbezugs der Feststellungsklage liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Der verlangte Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass der Kläger die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil erstrebt. Das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann vom beklagten Land als Körperschaft des öffentlichen Rechts erwartet werden, dass es einem stattgebenden Feststellungsurteil nachkommen wird und dem Kläger die Endgrundvergütung seiner Vergütungsgruppe zahlt (vgl. BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 449/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 78 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 3).

12

II. Das beklagte Land ist aufgrund der Vereinbarung im Arbeitsvertrag, wonach auf das Arbeitsverhältnis die für das beklagte Land geltenden Tarifverträge Anwendung finden, verpflichtet, dem Kläger für die Monate September 2006 bis März 2009 Vergütung gemäß der Vergütungsgruppe I a BAT, Lebensaltersstufe 47, nach Maßgabe des Anwendungs-TV zu zahlen. Nur so kann die Diskriminierung des Klägers beseitigt werden.

13

1. Mit der Entscheidung der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 (- C-297/10 und C-298/10 - NZA 2011, 1100) über die Vorlagefrage des Senats ist geklärt, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(GRC) vom 12. Dezember 2007 verankert und durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78) konkretisiert worden ist, verstößt und eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 RL 2000/78 darstellt, die nicht nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 gerechtfertigt ist. Damit ist nur noch darüber zu entscheiden, auf welche Art und Weise der Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot zu beseitigen ist.

14

2. Dem Kläger steht aufgrund der Unwirksamkeit der in § 27 Abschn. A BAT angeordneten Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen nicht nur in entsprechender Anwendung von § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung zu(Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 193; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c). Bei einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf ein unwirksames tarifliches Vergütungssystem kommt zwar in Betracht, in entsprechender Anwendung von § 612 Abs. 2 BGB auf die übliche Vergütung abzustellen(vgl. Behrendt/Gaumann/Liebermann ZTR 2009, 614, 620 f.). Betrifft die Nichtigkeit allein die Vergütungsvereinbarung, fingiert § 612 Abs. 1 BGB die Vergütungsvereinbarung, während sich die Höhe der Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB bestimmt(MünchKommBGB/Müller-Glöge 5. Aufl. § 612 Rn. 7). Jedoch würde dadurch, dass dem Kläger die übliche Vergütung gezahlt wird, die Diskriminierung des Klägers wegen seines Alters nicht beseitigt. Die Diskriminierung eines Arbeitnehmers wegen seines Alters wird noch nicht dadurch aufgehoben, dass ihm die übliche Vergütung gezahlt wird. Diese könnte sogar niedriger sein als das Arbeitsentgelt, das der aufgrund seines Alters diskriminierte Arbeitnehmer bisher erhalten hat. Zur Beseitigung der Benachteiligung ist vielmehr erforderlich, dass der Arbeitnehmer die Vergütung erhält, die sein Arbeitgeber den nicht wegen ihres Alters diskriminierten Arbeitnehmern gezahlt hat.

15

3. Allerdings ist dem beklagten Land einzuräumen, dass mit dem Urteil der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in den verbundenen Rechtssachen - C-297/10 und C-298/10 - (NZA 2011, 1100) nur geklärt ist, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen unwirksam ist, jedoch noch nicht entschieden ist, ob der Verstoß gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters nur durch eine Anpassung „nach oben“ oder auch auf andere Art und Weise beseitigt werden kann.

16

a) Wenngleich überwiegend bei einem Verstoß eines tarifvertraglichen Vergütungssystems gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters eine Anpassung „nach oben“ befürwortet wird und diese Anpassung auch der allgemeinen Systematik entspricht (vgl. Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 187; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c; Schleusener/Suckow/Voigt AGG/Schleusener 3. Aufl. § 7 Rn. 52 mwN), besteht doch keine völlige Einigkeit, wie der Verstoß des Vergütungssystems des BAT gegen das Diskriminierungsverbot zu beheben ist. Dies ist der Besonderheit geschuldet, dass nicht einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen von einer Leistung des Arbeitgebers ausgenommen und dadurch benachteiligt werden, sondern ein tarifliches Vergütungssystem insgesamt gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist und dies zu einem Regelungsvakuum führt(vgl. Lingemann/Gotham NZA 2007, 663, 667; Kamanabrou ZfA 2006, 327, 333).

17

aa) So wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, das Dogma einer generellen Anpassung „nach oben“ hätte absurde praktische Konsequenzen (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 7 Rn. 29). Auch soll das Anfangsgrundgehalt in den Vergütungsgruppen des BAT die Regelleistung sein, von der Stufe für Stufe gleichheitswidrige Ausnahmen vorgesehen werden (Krebber EuZA 2009, 200, 213). Dies soll zur Folge haben, dass sich der Anspruch aller Angestellten auf diese Regelleistung beschränkt, wenn die Tarifvertragsparteien nicht innerhalb einer ihnen einzuräumenden Übergangsfrist die diskriminierenden Regelungen ersetzen.

18

bb) Die Annahme, die Anfangsgrundvergütung sei die Regelleistung, überzeugt jedoch nicht. Die Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen ist nach § 27 Abschn. A Abs. 1 BAT die Regel. Die höheren Grundvergütungen werden nicht nur „ausnahmsweise“ gezahlt. Vielmehr ist dies bei der Anfangsgrundvergütung der Fall. Im Übrigen wird Angestellten nie die Anfangsgrundvergütung gezahlt, wenn sie bei ihrer Einstellung bereits das 23. bzw. 25. Lebensjahr vollendet haben. Hinzu kommt, dass nach Art. 16 Buchst. b RL 2000/78 die verbotswidrigen Regelungen entweder für nichtig erklärt werden müssen oder erklärt werden können oder sichergestellt werden muss, dass sie geändert werden. Hätten alle Angestellten nur Anspruch auf die Anfangsgrundvergütung ihrer Vergütungsgruppe, wenn die Tarifvertragsparteien keine diskriminierungsfreie Regelung treffen, fehlte es an einer Sanktion, die einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz gewährt und abschreckende Wirkung hat (vgl. Kamanabrou ZfA 2006, 327, 330; Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 191).

19

b) Die Ungleichbehandlung kann nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden.

20

aa) Stellt das Bundesverfassungsgericht einen Gleichheitsverstoß fest, hat der Gesetzgeber in der Regel mehrere Möglichkeiten, diesen zu beheben. Das Bundesverfassungsgericht überlässt ihm aus kompetenzrechtlichen Gründen deshalb grundsätzlich die Entscheidung, in welcher Weise er den Anforderungen des Gleichheitssatzes genügen will, sieht regelmäßig vom Nichtigkeitsausspruch ab und beschränkt sich auf eine Unvereinbarkeitserklärung (ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 52). Bei gleichheitswidrigen Tarifverträgen haben die Gerichte für Arbeitssachen zwar die Verwerfungskompetenz, auch hier stellt sich jedoch die Frage, ob die Entscheidung, auf welche Art und Weise die Benachteiligung beseitigt wird, aufgrund der Gewährleistung der Tarifautonomie des Art. 9 Abs. 3 GG den Tarifvertragsparteien obliegt oder ob die Gerichte für Arbeitssachen eine Anpassung „nach oben“ vornehmen dürfen, indem sie die für die Bessergestellten geltenden Tarifbestimmungen auf die Benachteiligten erstrecken(Wiedemann/Peters RdA 1997, 100, 107). Eine Anpassung „nach oben“ für die Vergangenheit ist bisher grundsätzlich nur bei Nichtigkeit einer Ausnahmeregelung erfolgt, wenn nach dem Regelungstatbestand unter Berücksichtigung der Zusatzbelastung des Arbeitgebers anzunehmen war, dass die Tarifvertragsparteien die Regelung auch mit erweitertem Anwendungsbereich getroffen hätten (vgl. BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - BAGE 79, 236), oder die Benachteiligung für die Vergangenheit nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden konnte (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 43, AP GG Art. 3 Nr. 322 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 20; 18. März 2010 - 6 AZR 156/09 - Rn. 54, BAGE 133, 354; 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 58, AP GG Art. 3 Nr. 321 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung sexuelle Orientierung Nr. 1; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 37, BAGE 129, 93; 13. November 1985 - 4 AZR 234/84 - BAGE 50, 137). Im Urteil vom 28. Mai 1996 (- 3 AZR 752/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 143 = EzA GG Art. 3 Nr. 55) hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts angenommen, dass die benachteiligten Arbeitnehmer für zurückliegende Zeiten einen Anspruch auf den ihnen vorenthaltenen Zuschuss haben, wenn der Arbeitgeber nicht sichergestellt hat, dass seine Rückforderungsansprüche gegen diejenigen Arbeitnehmer, denen er den Zuschuss gewährt hat, nicht verfallen und wenn ihm bewusst war, dass die Zuschussregelung möglicherweise insgesamt unwirksam ist.

21

bb) Für die Zeit bis zum 31. März 2010 ist eine Angleichung „nach oben“ schon deshalb gerechtfertigt, weil der Anspruch auf ein höheres Grundgehalt den älteren Angestellten nicht rückwirkend entzogen werden kann, so dass nur diese Möglichkeit besteht (vgl. Wank FS Wißmann S. 599, 617; Kittner/Däubler/Zwanziger/Zwanziger KSchR 8. Aufl. Art. 3 GG Rn. 35).

22

(1) Das beklagte Land wäre bereits aufgrund der tariflichen sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 70 BAT bzw. des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L gehindert, bereits verfallene Gehaltsrückforderungsansprüche gegenüber älteren Angestellten mit Erfolg geltend zu machen.

23

(2) Auch soweit die tarifliche Ausschlussfrist nicht entgegensteht, muss die Beseitigung von in der Vergangenheit liegenden Folgen der Benachteiligung das Vertrauen der älteren Angestellten auf die Wirksamkeit des Vergütungssystems des BAT schützen (Schlachter FS Schaub S. 651, 662). Die Normunterworfenen und damit auch die älteren Angestellten dürfen grundsätzlich auf den Fortbestand der tariflichen Ordnung vertrauen. Nur so kann der Tarifvertrag seiner Aufgabe gerecht werden und den Individualparteien beiderseits Planungssicherheit gewähren (Däubler/Deinert TVG 2. Aufl. § 4 Rn. 35). In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist deshalb anerkannt, dass die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tarifvertraglicher Regelungen durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt ist (BAG 23. November 1994 - 4 AZR 879/93 - BAGE 78, 309; 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 58, AP GG Art. 3 Nr. 321 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung sexuelle Orientierung Nr. 1). Jedenfalls vor Bekanntwerden des Vorlagebeschlusses des Senats mussten ältere Angestellte nicht davon ausgehen, dass ihre Grundvergütung rückwirkend neu berechnet wird und sie eine niedrigere Vergütung erhalten. Deshalb hilft dem beklagten Land auch sein Hinweis nicht weiter, die nachträgliche Regelungslücke sei im Rahmen einer ergänzenden Auslegung in Anlehnung an die entsprechenden Regelungen im TV-L und TVöD durch eine pauschalierte Berücksichtigung der Berufserfahrung in Form von Dienstaltersstufen zu schließen.

24

cc) Entscheidend kommt hinzu, dass das beklagte Land und die Gewerkschaften ver.di, GEW, GdP und IG Bau weder für die Zeit vor dem 1. April 2010 eine vom Vergütungssystem des BAT abweichende, dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters gerecht werdende Regelung rückwirkend getroffen haben noch bereit sind, eine solche rückwirkende Ersatzregelung zu vereinbaren.

25

(1) In Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 ist geregelt, dass das Vergütungssystem des BAT ersetzt wird und grundsätzlich das Tarifrecht der anderen Länder in dynamischer Form mit Wirkung ab dem 1. April 2010 übernommen wird. In Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 haben das beklagte Land und die Gewerkschaften ver.di, GEW, GdP und IG Bau festgehalten, dass Einvernehmen besteht, dass die Überleitung in den TV-L entsprechend der nach dem BAT/BAT-O maßgeblichen Lebensaltersstufe, die im Einzelfall erreicht war, erfolgt und dass der Schutz dieses bestehenden, auf den bisherigen individuellen Lebensaltersstufen basierenden Besitzstandes durch die Anknüpfung der Überleitungsregelungen an das Vergleichsentgelt gemäß § 5 TVÜ-Länder geregelt wird. Gemäß Nr. 8 Abs. 1 Satz 3 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 waren sich die Tarifvertragsparteien unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das vorliegende Revisionsverfahren darüber einig, kollektiv eine verbindliche Regelung für das Überleitungs- und Übergangsrecht zu treffen. Etwaige Rechtsfolgen, die gegebenenfalls bis zum 31. März 2010 aus der Rechtsprechung zu ziehen wären, werden nach Nr. 8 Abs. 2 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 von den Überleitungsregelungen nicht betroffen und bleiben unberührt. Dies zeigt, dass die Tarifvertragsparteien eine abschließende Regelung treffen wollten und nicht bereit sind, das vor dem 1. April 2010 bestehende Vergütungssystem rückwirkend zu ändern oder durch ein anderes Vergütungssystem zu ersetzen oder den Zeitpunkt der grundsätzlichen Übernahme des Tarifrechts der TdL ab dem 1. April 2010 vorzuverlegen. Dies hätte nämlich zur Folge, dass die Überleitung nicht mehr entsprechend den nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufen erfolgen könnte, sondern die Vergleichsentgelte neu ermittelt werden müssten. Bei einer Vorverlegung des Überleitungszeitpunkts könnten bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts nicht mehr in Anknüpfung an die Regelung in § 5 TVÜ-Länder die den Beschäftigten im März 2010 zustehenden Bezüge nebst den ehegattenbezogenen Entgeltbestandteilen zugrunde gelegt werden. Wenn die Tarifvertragsparteien im Falle einer Unwirksamkeit des auf Lebensaltersstufen abstellenden Vergütungssystems des BAT an den am 1. April 2010 von ihnen in Kraft gesetzten Entgeltregelungen nicht hätten festhalten wollen, hätten sie in Nr. 8 Abs. 1 Satz 3 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 nicht unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das laufende Revisionsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht - 6 AZR 148/09 - formulieren dürfen, dass sie sich darüber einig sind, kollektiv eine verbindliche Regelung für das Überleitungs- und Übergangsrecht zu treffen. Diese von den Tarifvertragsparteien bekundete Einigkeit hindert die Annahme, die Tarifvertragsparteien würden für die Zeit bis zum 31. März 2010 ein neues Vergütungssystem vereinbaren, das nicht gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters verstößt, sondern eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a RL 2000/78 vermeidet.

26

(2) Den Tarifvertragsparteien darf auch nicht unterstellt werden, dass sie nicht vor Augen hatten, dass sie durch eine rückwirkende tarifliche Regelung eine Beseitigung der Diskriminierung nur erreichen können, wenn sie entweder alle Beschäftigten der jeweils höchsten Lebensaltersstufe ihrer Vergütungsgruppe zuordnen oder die Grundvergütungen der den höchsten Lebensaltersstufen zugeordneten Beschäftigten vermindern. Letztere Möglichkeit schied aber aufgrund des auch von Tarifvertragsparteien zu achtenden Vertrauensschutzes aus.

27

(3) Aufgrund des übereinstimmenden, eindeutigen Willens der Tarifvertragsparteien, unabhängig von der Wirksamkeit des Vergütungssystems des BAT keine Ersatzregelung zu treffen, überzeugt das Argument nicht, eine Ersatzregelung für die Zeit bis zum 31. März 2010 sei den Tarifvertragsparteien vorbehalten. Korrekturen des Tarifrechts durch den Senat für die Zeit vor dem 1. April 2010 bedeuten angesichts des in Nr. 8 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 deutlich zum Ausdruck gekommenen Willens der Tarifvertragsparteien, keine tarifliche Ersatzregelung für die Vergangenheit mehr zu treffen, keinen unzulässigen Eingriff in die Tarifautonomie. Ein solcher Eingriff setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien bereit sind, eine unwirksame tarifliche Regelung durch eine wirksame zu ersetzten. Ein solcher Wille der Tarifvertragsparteien fehlt für die Zeit vor dem 1. April 2010 und damit auch für den Klagezeitraum. Der gegenteilige Wille der Tarifvertragsparteien ist zu achten. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie beinhaltet auch das Recht der Tarifvertragsparteien, von einer tariflichen Regelung abzusehen, wenn sie dies für angemessen halten. Könnten die Tarifvertragsparteien zum Abschluss von Tarifverträgen gezwungen werden, wäre dies mit der Tarifautonomie nicht zu vereinbaren. Erfolgt aber keine kollektivrechtliche Neuregelung, findet regelmäßig eine Angleichung „nach oben“ statt (Erman/Belling BGB 13. Aufl. § 7 AGG Rn. 7).

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(4) Deshalb trägt auch das Argument nicht, der Gesetzgeber habe bewusst von der im Entwurf für die Regelung in § 7 Abs. 2 AGG vorgesehenen Bestimmung zur ergänzenden Auslegung unwirksamer kollektivrechtlicher Regelungen abgesehen und sich damit dafür entschieden, der besonderen Rechtsstellung der Tarifvertragsparteien im Rahmen von § 7 Abs. 2 AGG Rechnung zu tragen. Im Übrigen könnte Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich nur dann eine befristete Aussetzung gebieten, um den Tarifvertragsparteien den Vortritt zu lassen, damit diese regeln können, auf welche Art und Weise die Diskriminierung beseitigt werden soll, wenn es um die Beseitigung der Diskriminierung für die Zukunft geht(vgl. ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58 f.; Kamanabrou ZfA 2006, 327, 332; Wank FS Wißmann S. 599, 617; Schlachter FS Schaub S. 651, 668 ff.; Wiedemann/Peters RdA 1997, 100, 107).

29

(5) Im Hinblick auf den aus Nr. 8 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 erkennbaren gegenteiligen Willen der Tarifvertragsparteien kann der Senat ebenso wenig statt der Anpassung „nach oben“ als mildere Maßnahme die Überleitung der Beschäftigten „vorziehen“, indem er bis zum 31. März 2010 das Vergütungssystem des TV-L unter Besitzstandswahrung anwendet. Es geht hier nicht um die Überleitung in ein diskriminierungsfreies System - diese haben die Tarifvertragsparteien mit der Übernahme des Tarifrechts der TdL geregelt -, sondern um die Beseitigung der Diskriminierung innerhalb eines diskriminierenden Systems.

30

dd) Für eine Anpassung „nach oben“ für die Vergangenheit spricht auch, dass eine solche Anpassung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Benachteiligung beim Entgelt im Einklang steht.

31

(1) Nach der bisherigen Entscheidungspraxis des Gerichtshofs der Europäischen Union kann man davon ausgehen, dass sich im Falle einer Diskriminierung die Unwirksamkeit nur auf die benachteiligenden Regelungen bezieht (vgl. Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 188). Im Urteil vom 7. Februar 1991 (- C-184/89 - [Nimz] Slg. 1991, I-297) hat der Gerichtshof der Europäischen Union angenommen, dass im Falle einer mittelbaren Diskriminierung durch eine Bestimmung eines Tarifvertrags das nationale Gericht verpflichtet ist, diese Bestimmung - ohne dass es ihre vorherige Beseitigung durch Tarifverhandlungen oder auf anderen Wegen beantragen oder abwarten müsste - außer Acht zu lassen und auf die Angehörigen der durch diese Diskriminierung benachteiligten Gruppe die gleiche Regelung wie auf die übrigen Arbeitnehmer anzuwenden, wobei diese Regelung, „solange Art. 119 EWG-Vertrag im nationalen Recht nicht ordnungsgemäß durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt“(vgl. dazu Wiedemann NZA 2007, 950, 951). An diesem Grundsatz hat der Gerichshof der Europäischen Union ua. im Urteil vom 26. Januar 1999 (- C-18/95 - [Terhoeve] Slg. 1999, I-345) ausdrücklich festgehalten und er hat jüngst im Urteil vom 22. Juni 2011 (- C-399/09 - [Landtová]) nochmals wiederholt, dass die Regelung für die nicht benachteiligten Arbeitnehmer das einzige gültige Bezugssystem bleibt, solange das Gemeinschaftsrecht nicht richtig durchgeführt ist. Damit betrifft die Anforderung des Unionsrechts, die Diskriminierung durch eine Anpassung „nach oben“ zu beseitigen, nicht nur die Vergangenheit, sondern sogar die Zukunft, weil sie das höhere Entgelt auch zukunftsbezogen solange zugesteht, bis eine unionsrechtskonforme Neuregelung getroffen ist (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6; aA Krebber EuZA 2009, 200, 209, der die Auffassung vertritt, der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Anti-Diskriminierungsrichtlinien lasse sich ein Gebot der Angleichung „nach oben“ nicht entnehmen).

32

(2) Die Vorgabe des Gerichtshofs der Europäischen Union einer Anpassung „nach oben“ ist allerdings anhand von Fällen entwickelt worden, in denen eine kleinere Beschäftigtengruppe von einer begünstigenden Norm ausgenommen worden ist (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6). Wie zu verfahren ist, wenn eine tarifliche Vergütungsregelung insgesamt wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters unwirksam ist und nur die höchste Grundvergütung in den Vergütungsgruppen als Bezugssystem in Betracht kommt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union zwar noch nicht entschieden. Jedoch wird eine Anpassung „nach oben“ auch in diesem Fall der Vorgabe des Gerichtshofs der Europäischen Union, die diskriminierende Regelung außer Acht zu lassen und auf die durch die Diskriminierung benachteiligten Arbeitnehmer die gleiche Regelung wie auf die nicht benachteiligen Arbeitnehmer anzuwenden, jedenfalls dann am ehesten gerecht, wenn die Tarifvertragsparteien von einer rückwirkenden Ersatzregelung absehen und von den nicht diskriminierten Arbeitnehmern deshalb und aufgrund tariflicher Ausschlussfristen sowie aus Gründen des Vertrauensschutzes Leistungen nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg zurückgefordert werden können.

33

ee) Finanzielle Belange des beklagten Landes hindern eine Anpassung „nach oben“ nicht.

34

(1) Eine uneingeschränkte Anwendung des Grundsatzes einer Anpassung „nach oben“ bei Verstößen gegen Benachteiligungsverbote kann allerdings zu erheblichen finanziellen Belastungen eines Arbeitgebers führen. Dies gilt auch dann, wenn entsprechende Ansprüche jüngerer Angestellter auf das Endgrundgehalt ihrer Vergütungsgruppe Verjährungs- und Ausschlussfristen unterliegen (Kamanabrou ZfA 2006, 327, 334). Eine Anpassung „nach oben“, die zu einer nachhaltigen Erweiterung des Dotierungs- oder Kostenrahmens führt, kann freilich auch dann vorliegen, wenn eine benachteiligte Gruppe von Arbeitnehmern groß und der Kreis der gleichheitswidrig Begünstigten klein ist. Auch in diesem Fall steht aber den gleichheitswidrig ausgeschlossenen Arbeitnehmern für die Vergangenheit grundsätzlich die ihnen vorenthaltene Leistung zu, wenn nur auf diesem Weg dem Gleichheitssatz Rechnung getragen werden kann (ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58).

35

(2) Die Frage, ob eine unangemessene Kostenbelastung des Arbeitgebers überhaupt geeignet sein kann, die gebotene Beseitigung der Diskriminierungsfolgen zu hindern, oder bewirken kann, dass dem Kosteninteresse des Arbeitgebers gegenüber dem Vertrauen der Begünstigten auf die Wirksamkeit der Regelung Vorrang gebührt, bedarf hier keiner Entscheidung. Nach dem Vorbringen des beklagten Landes würde eine Anpassung „nach oben“ ohne Berücksichtigung der Zuschussempfänger einschließlich der Lohnnebenkosten zu Mehrkosten von jährlich ca. 28 Millionen Euro führen. Bei einem Vergütungsaufwand für die Angestellten im unmittelbaren Berliner Landesdienst von jährlich 1,566 Milliarden Euro machten die Mehrkosten ca. 1,8 vH aus. Da das beklagte Land mit seinen Angestellten grundsätzlich vereinbart hat, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des BAT bestimmt, und somit die tarifliche Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit (§ 70 BAT) greift, fehlen ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das beklagte Land für die Zeit bis zur grundsätzlichen Übernahme des Tarifrechts der TdL zum 1. April 2010 bei einer Anpassung „nach oben“ mit unverhältnismäßig hohen Mehrkosten belastet wird. Die Zeit bis zum 31. März 2010 ist maßgebend. Mit dem Urteil der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in den verbundenen Rechtssachen - C-297/10 und C 298/10 - (NZA 2011, 1100) ist geklärt, dass Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 sowie Art. 28 GRC nicht entgegenstehen, wenn ein Vergütungssystem, das zu einer Diskriminierung wegen des Alters führt, durch ein auf objektive Kriterien gestütztes Vergütungssystem ersetzt wird und zugleich für einen befristeten Übergangszeitraum einige der diskriminierenden Auswirkungen des erstgenannten Systems bestehen bleiben, um für die bereits in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmer den Übergang zum neuen System ohne Einkommensverluste zu gewährleisten.

36

ff) Ohne Erfolg beruft sich das beklagte Land auf Vertrauensschutz. Im Klagezeitraum galt schon das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG, das Dauerschuldverhältnisse und damit auch Arbeitsverhältnisse nicht ausnimmt. Gemäß § 1 AGG ist ua. Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht nur zu verhindern, sondern auch zu beseitigen. Der BAT und der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT waren für den Bereich des Bundes bereits mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 durch andere tarifliche Regelungen ersetzt worden. Für den Bereich der TdL war dies kurze Zeit nach dem Inkrafttreten des AGG ab dem 1. November 2006 der Fall. Im Schrifttum wurde nicht nur vereinzelt die Auffassung vertreten, die Bemessung der Grundvergütung in den Vergütungsgruppen des BAT verstoße gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters (vgl. Schleusener/Suckow/Voigt AGG/Schleusener 3. Aufl. § 7 Rn. 53 mwN). Ein Vertrauen des beklagten Landes auf die Wirksamkeit des Vergütungssystems des BAT wäre deshalb nicht schützenswert. Auch der Hinweis des beklagten Landes auf sein Haushaltsrecht hilft ihm nicht weiter. Dieses hebt das Diskriminierungsverbot wegen des Alters nicht auf und privilegiert das beklagte Land insoweit nicht gegenüber einem privaten Arbeitgeber.

37

gg) Der Umstand, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters verstößt und eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a RL 2000/78 darstellt, führt nicht dazu, dass es an einer Bezugsgröße für die Anpassung „nach oben“ fehlt. Es trifft zwar zu, dass die Tarifvertragsparteien des BAT angesichts der von ihnen vereinbarten Lebensalterstufen offensichtlich nicht wollten, dass alle Angestellten in derselben Vergütungsgruppe eine gleich hohe Grundvergütung erhalten. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, den wegen ihres Alters benachteiligten Angestellten die Vergütung vorzuenthalten, die den nicht benachteiligten Angestellten zustand. Insoweit besteht kein entscheidender Unterschied zwischen einer gleichheitswidrigen Benachteiligung und einer unzulässigen Diskriminierung, wenn dem Gleichheitssatz bzw. dem Diskriminierungsverbot nur dadurch Rechnung getragen werden kann, dass den Benachteiligten derselbe Anspruch auf Vergütung eingeräumt wird wie den gleichheitswidrig begünstigten bzw. nicht diskriminierten Angestellten (vgl. zum Gleichheitssatz ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58 mwN). Bei einer Entgeltstaffelung nach dem Alter in einem Tarifvertrag bedeutet dies, dass bis auf die höchste alle Entgeltstufen benachteiligend sind (Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 190; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c).

38

c) Entgegen der Ansicht des beklagten Landes schützt es die Regelung in § 15 Abs. 3 AGG, wonach der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet ist, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt, nicht vor einer Anpassung „nach oben“. Die Vorschrift bezieht sich auf Schadensersatzansprüche und begrenzt nur Ansprüche auf Entschädigungsleistung (Löwisch DB 2006, 1729, 1731; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6). Zur Beseitigung einer Diskriminierung durch eine den Diskriminierungsverboten genügende Regelung verhält sie sich nicht.

39

III. Das beklagte Land hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision einschließlich des Zwischenstreits vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu tragen. Dies gilt gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO auch, soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lauth    

        

    M. Jostes    

                 

(1) Zum Richter auf Lebenszeit kann ernannt werden, wer nach Erwerb der Befähigung zum Richteramt mindestens drei Jahre im richterlichen Dienst tätig gewesen ist.

(2) Auf die Zeit nach Absatz 1 können angerechnet werden Tätigkeiten

1.
als Beamter des höheren Dienstes,
2.
im deutschen öffentlichen Dienst oder im Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung, wenn die Tätigkeit nach Art und Bedeutung der Tätigkeit in einem Amt des höheren Dienstes entsprochen hat,
3.
als habilitierter Lehrer des Rechts an einer deutschen wissenschaftlichen Hochschule,
4.
als Rechtsanwalt, Notar oder als Assessor bei einem Rechtsanwalt oder Notar,
5.
in anderen Berufen, wenn die Tätigkeit nach Art und Bedeutung wie die unter den Nummern 1 bis 4 genannten Tätigkeiten geeignet war, Kenntnisse und Erfahrungen für die Ausübung des Richteramts zu vermitteln.

Die Anrechnung von mehr als zwei Jahren dieser Tätigkeiten setzt besondere Kenntnisse und Erfahrungen des zu Ernennenden voraus.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Zum Richter auf Lebenszeit kann ernannt werden, wer nach Erwerb der Befähigung zum Richteramt mindestens drei Jahre im richterlichen Dienst tätig gewesen ist.

(2) Auf die Zeit nach Absatz 1 können angerechnet werden Tätigkeiten

1.
als Beamter des höheren Dienstes,
2.
im deutschen öffentlichen Dienst oder im Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung, wenn die Tätigkeit nach Art und Bedeutung der Tätigkeit in einem Amt des höheren Dienstes entsprochen hat,
3.
als habilitierter Lehrer des Rechts an einer deutschen wissenschaftlichen Hochschule,
4.
als Rechtsanwalt, Notar oder als Assessor bei einem Rechtsanwalt oder Notar,
5.
in anderen Berufen, wenn die Tätigkeit nach Art und Bedeutung wie die unter den Nummern 1 bis 4 genannten Tätigkeiten geeignet war, Kenntnisse und Erfahrungen für die Ausübung des Richteramts zu vermitteln.

Die Anrechnung von mehr als zwei Jahren dieser Tätigkeiten setzt besondere Kenntnisse und Erfahrungen des zu Ernennenden voraus.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für

1.
Beamtinnen und Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
Richterinnen und Richter des Bundes und der Länder,
3.
Zivildienstleistende sowie anerkannte Kriegsdienstverweigerer, soweit ihre Heranziehung zum Zivildienst betroffen ist.

(1) Das Grundgehalt wird, soweit nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, nach Stufen bemessen. Dabei erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten, in denen anforderungsgerechte Leistungen erbracht wurden (Erfahrungszeiten).

(2) Mit der ersten Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge im Anwendungsbereich dieses Gesetzes wird ein Grundgehalt der Stufe 1 festgesetzt, soweit nicht Erfahrungszeiten nach § 28 Absatz 1 bis 3 anerkannt werden. Die Stufe wird mit Wirkung vom Ersten des Monats festgesetzt, in dem die Ernennung wirksam wird. Die Stufenfestsetzung ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für

1.
die Versetzung, die Übernahme und den Übertritt in den Dienst des Bundes,
2.
den Wechsel aus einem Amt der Bundesbesoldungsordnungen B, R, W oder C in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A sowie
3.
die Einstellung eines ehemaligen Beamten, Richters, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A.

(3) Das Grundgehalt steigt nach Erfahrungszeiten von zwei Jahren in der Stufe 1, von jeweils drei Jahren in den Stufen 2 bis 4 und von jeweils vier Jahren in den Stufen 5 bis 7. Abweichend von Satz 1 beträgt die Erfahrungszeit in den Stufen 5 bis 7 bei Beamten in den Laufbahnen des einfachen Dienstes und bei Soldaten in den Laufbahnen der Mannschaften jeweils drei Jahre. Zeiten ohne Anspruch auf Dienstbezüge verzögern den Aufstieg um diese Zeiten, soweit in § 28 Absatz 5 nicht etwas Anderes bestimmt ist. Die Zeiten sind auf volle Monate abzurunden.

(4) Wird festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten nicht den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, verbleibt er in seiner bisherigen Stufe des Grundgehaltes. Die Feststellung nach Satz 1 erfolgt auf der Grundlage einer geeigneten Leistungseinschätzung. Ist die Leistungseinschätzung älter als zwölf Monate, ist ergänzend eine aktuelle Leistungseinschätzung zu erstellen. Für die Feststellung nach Satz 1 können nur Leistungen berücksichtigt werden, auf die vor der Feststellung hingewiesen wurde.

(5) Wird auf der Grundlage einer weiteren Leistungseinschätzung festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten wieder den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, erfolgt der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe am ersten Tag des Monats, in dem diese Feststellung erfolgt. Wird in der Folgezeit festgestellt, dass der Beamte oder Soldat Leistungen erbringt, die die mit dem Amt verbundenen Anforderungen erheblich übersteigen, gilt der von dieser Feststellung erfasste Zeitraum nicht nur als laufende Erfahrungszeit, sondern wird zusätzlich so angerechnet, dass er für die Zukunft die Wirkung eines früheren Verbleibens in der Stufe entsprechend mindert oder aufhebt. Die für diese Anrechnung zu berücksichtigenden Zeiten sind auf volle Monate abzurunden. Maßgebender Zeitpunkt ist der Erste des Monats, in dem die entsprechende Feststellung erfolgt.

(6) Bei dauerhaft herausragenden Leistungen kann Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A für den Zeitraum bis zum Erreichen der nächsten Stufe das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe gezahlt werden (Leistungsstufe). Die Zahl der in einem Kalenderjahr bei einem Dienstherrn vergebenen Leistungsstufen darf 15 Prozent der Zahl der bei dem Dienstherrn vorhandenen Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A, die das Endgrundgehalt noch nicht erreicht haben, nicht übersteigen. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nähere Regelungen durch Rechtsverordnung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann zugelassen werden, dass bei Dienstherren mit weniger als sieben Beamten im Sinne des Satzes 2 in jedem Kalenderjahr einem Beamten die Leistungsstufe gewährt wird.

(7) Die Entscheidung nach den Absätzen 4 bis 6 trifft die zuständige oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Sie ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Widerspruch, Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) In der Probezeit nach § 11 Absatz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgt das Aufsteigen in den Stufen entsprechend den in Absatz 3 genannten Zeiträumen.

(9) Der Beamte oder Soldat verbleibt in seiner bisherigen Stufe, solange er vorläufig des Dienstes enthoben ist. Führt ein Disziplinarverfahren nicht zur Entfernung aus dem Dienst oder endet das Dienstverhältnis nicht durch Entlassung auf Antrag des Beamten oder Soldaten oder infolge strafgerichtlicher Verurteilung, regelt sich das Aufsteigen im Zeitraum seiner vorläufigen Dienstenthebung nach Absatz 3.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

(1) Das Grundgehalt wird, soweit nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, nach Stufen bemessen. Dabei erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten, in denen anforderungsgerechte Leistungen erbracht wurden (Erfahrungszeiten).

(2) Mit der ersten Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge im Anwendungsbereich dieses Gesetzes wird ein Grundgehalt der Stufe 1 festgesetzt, soweit nicht Erfahrungszeiten nach § 28 Absatz 1 bis 3 anerkannt werden. Die Stufe wird mit Wirkung vom Ersten des Monats festgesetzt, in dem die Ernennung wirksam wird. Die Stufenfestsetzung ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für

1.
die Versetzung, die Übernahme und den Übertritt in den Dienst des Bundes,
2.
den Wechsel aus einem Amt der Bundesbesoldungsordnungen B, R, W oder C in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A sowie
3.
die Einstellung eines ehemaligen Beamten, Richters, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A.

(3) Das Grundgehalt steigt nach Erfahrungszeiten von zwei Jahren in der Stufe 1, von jeweils drei Jahren in den Stufen 2 bis 4 und von jeweils vier Jahren in den Stufen 5 bis 7. Abweichend von Satz 1 beträgt die Erfahrungszeit in den Stufen 5 bis 7 bei Beamten in den Laufbahnen des einfachen Dienstes und bei Soldaten in den Laufbahnen der Mannschaften jeweils drei Jahre. Zeiten ohne Anspruch auf Dienstbezüge verzögern den Aufstieg um diese Zeiten, soweit in § 28 Absatz 5 nicht etwas Anderes bestimmt ist. Die Zeiten sind auf volle Monate abzurunden.

(4) Wird festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten nicht den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, verbleibt er in seiner bisherigen Stufe des Grundgehaltes. Die Feststellung nach Satz 1 erfolgt auf der Grundlage einer geeigneten Leistungseinschätzung. Ist die Leistungseinschätzung älter als zwölf Monate, ist ergänzend eine aktuelle Leistungseinschätzung zu erstellen. Für die Feststellung nach Satz 1 können nur Leistungen berücksichtigt werden, auf die vor der Feststellung hingewiesen wurde.

(5) Wird auf der Grundlage einer weiteren Leistungseinschätzung festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten wieder den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, erfolgt der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe am ersten Tag des Monats, in dem diese Feststellung erfolgt. Wird in der Folgezeit festgestellt, dass der Beamte oder Soldat Leistungen erbringt, die die mit dem Amt verbundenen Anforderungen erheblich übersteigen, gilt der von dieser Feststellung erfasste Zeitraum nicht nur als laufende Erfahrungszeit, sondern wird zusätzlich so angerechnet, dass er für die Zukunft die Wirkung eines früheren Verbleibens in der Stufe entsprechend mindert oder aufhebt. Die für diese Anrechnung zu berücksichtigenden Zeiten sind auf volle Monate abzurunden. Maßgebender Zeitpunkt ist der Erste des Monats, in dem die entsprechende Feststellung erfolgt.

(6) Bei dauerhaft herausragenden Leistungen kann Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A für den Zeitraum bis zum Erreichen der nächsten Stufe das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe gezahlt werden (Leistungsstufe). Die Zahl der in einem Kalenderjahr bei einem Dienstherrn vergebenen Leistungsstufen darf 15 Prozent der Zahl der bei dem Dienstherrn vorhandenen Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A, die das Endgrundgehalt noch nicht erreicht haben, nicht übersteigen. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nähere Regelungen durch Rechtsverordnung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann zugelassen werden, dass bei Dienstherren mit weniger als sieben Beamten im Sinne des Satzes 2 in jedem Kalenderjahr einem Beamten die Leistungsstufe gewährt wird.

(7) Die Entscheidung nach den Absätzen 4 bis 6 trifft die zuständige oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Sie ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Widerspruch, Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) In der Probezeit nach § 11 Absatz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgt das Aufsteigen in den Stufen entsprechend den in Absatz 3 genannten Zeiträumen.

(9) Der Beamte oder Soldat verbleibt in seiner bisherigen Stufe, solange er vorläufig des Dienstes enthoben ist. Führt ein Disziplinarverfahren nicht zur Entfernung aus dem Dienst oder endet das Dienstverhältnis nicht durch Entlassung auf Antrag des Beamten oder Soldaten oder infolge strafgerichtlicher Verurteilung, regelt sich das Aufsteigen im Zeitraum seiner vorläufigen Dienstenthebung nach Absatz 3.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. September 2008 - 20 Sa 2244/07 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision einschließlich des Zwischenstreits vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche Lebensaltersstufe der Berechnung der tariflichen Vergütung des Klägers zugrunde zu legen ist.

2

Der 1967 geborene Kläger war vom 16. März 1998 bis zum 31. März 2009 beim beklagten Land als Angestellter beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war vereinbart, dass auf das Arbeitsverhältnis die für das beklagte Land geltenden Tarifverträge Anwendung finden. Am 31. Juli 2003 schloss das beklagte Land mit mehreren Gewerkschaften den Tarifvertrag zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes (Anwendungs-TV). Dieser Tarifvertrag regelt ua., dass sich die Arbeitsverhältnisse der beim beklagten Land beschäftigten Angestellten mit bestimmten Maßgaben nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) vom 23. Februar 1961 in der Fassung vom 31. Januar 2003 und den Anlagen zum Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT für den Bereich des Bundes und für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) vom 31. Januar 2003 richten.

3

Das beklagte Land hat mit den verschiedenen Gewerkschaften ver.di, GEW, GdP und IG Bau am 12. März 2010 eine Eckpunktevereinbarung getroffen. In Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 dieser Vereinbarung ist geregelt, dass grundsätzlich das Tarifrecht der TdL in dynamischer Form mit Wirkung zum 1. April 2010 übernommen wird.

4

In Nr. 8 der Eckpunktevereinbarung heißt es:

        

„8.     

Es besteht Einvernehmen, dass die Überleitung in den TV-L entsprechend der nach dem BAT/BAT-O maßgeblichen Lebensaltersstufe, die im Einzelfall erreicht war, erfolgt. Der Schutz dieses bestehenden, auf den bisherigen individuellen Lebensaltersstufen basierenden Besitzstandes wird durch die Anknüpfung der Überleitungsregelungen an das Vergleichsentgelt gem. § 5 TVÜ-Länder geregelt. Die Tarifvertragsparteien sind sich - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das laufende Revisionsverfahren vor dem BAG - 6 AZR 148/09 - darüber einig, kollektiv eine verbindliche Regelung für das Überleitungs- und Übergangsrecht zu treffen.

                 

Etwaige Rechtsfolgen, die ggf. bis zum 31.03.2010 aus der Rechtsprechung zu ziehen wären, werden von den Überleitungsregelungen nicht betroffen und bleiben unberührt.“

5

Der Kläger hat mit seiner dem beklagten Land am 8. Februar 2007 zugestellten Klage vom 25. Januar 2007 ua. verlangt, dass er ab dem 1. September 2006 in die Vergütungsgruppe I a BAT, Lebensaltersstufe 47, eingeordnet wird. Er hat die Auffassung vertreten, die Staffelung der Grundvergütung nach Lebensaltersstufen stelle eine nicht zulässige Benachteiligung wegen des Alters dar.

6

Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, vor dem Landesarbeitsgericht beantragt festzustellen,

        

dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihn ab dem 1. September 2006 gemäß der Vergütungsgruppe I a BAT in Verbindung mit dem Tarifvertrag zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes (Anwendungs-Tarifvertrag Land Berlin vom 21. Juni 2003) entsprechend der Lebensaltersstufe 47 zu vergüten.

7

Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen stelle keine unmittelbare Benachteiligung des Klägers wegen des Alters dar. Die Grundvergütung knüpfe nicht in erster Linie an das Lebensalter, sondern an die Berufserfahrung an. Eine etwaige Benachteiligung sei deshalb jedenfalls gerechtfertigt. Selbst wenn eine nichtgerechtfertigte Benachteiligung wegen des Alters anzunehmen wäre, müsste ihm jedenfalls Vertrauensschutz gewährt werden. Es dürfe keine Anpassung „nach oben“ erfolgen und dem Kläger nicht das Endgrundgehalt seiner Vergütungsgruppe zugesprochen werden. Eine Zahlung des jeweiligen Endgrundgehalts an alle bei ihm beschäftigten Angestellten (Anpassung „nach oben“) würde ohne Berücksichtigung der Zuschussempfänger einschließlich der Lohnnebenkosten zu Mehrkosten von jährlich ca. 28 Millionen Euro führen. Bei einem Vergütungsaufwand für die Angestellten im unmittelbaren Berliner Landesdienst von jährlich 1,566 Milliarden Euro machten die Mehrkosten damit ca. 1,8 vH aus. Es liege auf der Hand, dass eine „Tariflohnerhöhung“ dieses Ausmaßes einen eklatanten Eingriff in die Tarifautonomie darstellen würde.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und der Klage stattgegeben, soweit der Kläger die Verpflichtung des beklagten Landes festgestellt haben wollte, ihn nach Maßgabe des Anwendungs-TV unter Zugrundelegung der Lebensaltersstufe 47 der Vergütungsgruppe I a BAT zu vergüten. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Kläger beantragt, die Revision des beklagten Landes zurückzuweisen. Der Senat hat mit Beschluss vom 20. Mai 2010 - 6 AZR 148/09 (A) - das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage vorgelegt:

        

Verstößt eine tarifliche Entgeltregelung für die Angestellten im öffentlichen Dienst, die wie § 27 Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in Verbindung mit dem Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT die Grundvergütungen in den einzelnen Vergütungsgruppen nach Lebensaltersstufen bemisst, auch unter Berücksichtigung des primärrechtlich gewährleisteten Rechts der Tarifvertragsparteien auf Kollektivverhandlungen (jetzt Art. 28 GRC) gegen das primärrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters (jetzt Art. 21 Abs. 1 GRC) in seiner Konkretisierung durch die Richtlinie 2000/78/EG?

9

Nach der Entscheidung der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 (- C-298/10 -) über die Vorlagefrage haben die Parteien in der Revisionsverhandlung am 10. November 2011 die Hauptsache hinsichtlich des noch streitbefangenen Feststellungsantrags für erledigt erklärt, soweit sich der Antrag auf die Zeit nach dem 31. März 2009 erstreckte.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht für die Monate September 2006 bis März 2009 die beanspruchte Vergütung nach der Vergütungsgruppe I a BAT unter Zugrundelegung der Lebensaltersstufe 47 nach Maßgabe des Anwendungs-TV zu.

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I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Trotz des Vergangenheitsbezugs der Feststellungsklage liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Der verlangte Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass der Kläger die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil erstrebt. Das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann vom beklagten Land als Körperschaft des öffentlichen Rechts erwartet werden, dass es einem stattgebenden Feststellungsurteil nachkommen wird und dem Kläger die Endgrundvergütung seiner Vergütungsgruppe zahlt (vgl. BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 449/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 78 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 3).

12

II. Das beklagte Land ist aufgrund der Vereinbarung im Arbeitsvertrag, wonach auf das Arbeitsverhältnis die für das beklagte Land geltenden Tarifverträge Anwendung finden, verpflichtet, dem Kläger für die Monate September 2006 bis März 2009 Vergütung gemäß der Vergütungsgruppe I a BAT, Lebensaltersstufe 47, nach Maßgabe des Anwendungs-TV zu zahlen. Nur so kann die Diskriminierung des Klägers beseitigt werden.

13

1. Mit der Entscheidung der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 (- C-297/10 und C-298/10 - NZA 2011, 1100) über die Vorlagefrage des Senats ist geklärt, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(GRC) vom 12. Dezember 2007 verankert und durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78) konkretisiert worden ist, verstößt und eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 RL 2000/78 darstellt, die nicht nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 gerechtfertigt ist. Damit ist nur noch darüber zu entscheiden, auf welche Art und Weise der Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot zu beseitigen ist.

14

2. Dem Kläger steht aufgrund der Unwirksamkeit der in § 27 Abschn. A BAT angeordneten Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen nicht nur in entsprechender Anwendung von § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung zu(Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 193; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c). Bei einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf ein unwirksames tarifliches Vergütungssystem kommt zwar in Betracht, in entsprechender Anwendung von § 612 Abs. 2 BGB auf die übliche Vergütung abzustellen(vgl. Behrendt/Gaumann/Liebermann ZTR 2009, 614, 620 f.). Betrifft die Nichtigkeit allein die Vergütungsvereinbarung, fingiert § 612 Abs. 1 BGB die Vergütungsvereinbarung, während sich die Höhe der Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB bestimmt(MünchKommBGB/Müller-Glöge 5. Aufl. § 612 Rn. 7). Jedoch würde dadurch, dass dem Kläger die übliche Vergütung gezahlt wird, die Diskriminierung des Klägers wegen seines Alters nicht beseitigt. Die Diskriminierung eines Arbeitnehmers wegen seines Alters wird noch nicht dadurch aufgehoben, dass ihm die übliche Vergütung gezahlt wird. Diese könnte sogar niedriger sein als das Arbeitsentgelt, das der aufgrund seines Alters diskriminierte Arbeitnehmer bisher erhalten hat. Zur Beseitigung der Benachteiligung ist vielmehr erforderlich, dass der Arbeitnehmer die Vergütung erhält, die sein Arbeitgeber den nicht wegen ihres Alters diskriminierten Arbeitnehmern gezahlt hat.

15

3. Allerdings ist dem beklagten Land einzuräumen, dass mit dem Urteil der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in den verbundenen Rechtssachen - C-297/10 und C-298/10 - (NZA 2011, 1100) nur geklärt ist, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen unwirksam ist, jedoch noch nicht entschieden ist, ob der Verstoß gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters nur durch eine Anpassung „nach oben“ oder auch auf andere Art und Weise beseitigt werden kann.

16

a) Wenngleich überwiegend bei einem Verstoß eines tarifvertraglichen Vergütungssystems gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters eine Anpassung „nach oben“ befürwortet wird und diese Anpassung auch der allgemeinen Systematik entspricht (vgl. Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 187; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c; Schleusener/Suckow/Voigt AGG/Schleusener 3. Aufl. § 7 Rn. 52 mwN), besteht doch keine völlige Einigkeit, wie der Verstoß des Vergütungssystems des BAT gegen das Diskriminierungsverbot zu beheben ist. Dies ist der Besonderheit geschuldet, dass nicht einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen von einer Leistung des Arbeitgebers ausgenommen und dadurch benachteiligt werden, sondern ein tarifliches Vergütungssystem insgesamt gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist und dies zu einem Regelungsvakuum führt(vgl. Lingemann/Gotham NZA 2007, 663, 667; Kamanabrou ZfA 2006, 327, 333).

17

aa) So wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, das Dogma einer generellen Anpassung „nach oben“ hätte absurde praktische Konsequenzen (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 7 Rn. 29). Auch soll das Anfangsgrundgehalt in den Vergütungsgruppen des BAT die Regelleistung sein, von der Stufe für Stufe gleichheitswidrige Ausnahmen vorgesehen werden (Krebber EuZA 2009, 200, 213). Dies soll zur Folge haben, dass sich der Anspruch aller Angestellten auf diese Regelleistung beschränkt, wenn die Tarifvertragsparteien nicht innerhalb einer ihnen einzuräumenden Übergangsfrist die diskriminierenden Regelungen ersetzen.

18

bb) Die Annahme, die Anfangsgrundvergütung sei die Regelleistung, überzeugt jedoch nicht. Die Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen ist nach § 27 Abschn. A Abs. 1 BAT die Regel. Die höheren Grundvergütungen werden nicht nur „ausnahmsweise“ gezahlt. Vielmehr ist dies bei der Anfangsgrundvergütung der Fall. Im Übrigen wird Angestellten nie die Anfangsgrundvergütung gezahlt, wenn sie bei ihrer Einstellung bereits das 23. bzw. 25. Lebensjahr vollendet haben. Hinzu kommt, dass nach Art. 16 Buchst. b RL 2000/78 die verbotswidrigen Regelungen entweder für nichtig erklärt werden müssen oder erklärt werden können oder sichergestellt werden muss, dass sie geändert werden. Hätten alle Angestellten nur Anspruch auf die Anfangsgrundvergütung ihrer Vergütungsgruppe, wenn die Tarifvertragsparteien keine diskriminierungsfreie Regelung treffen, fehlte es an einer Sanktion, die einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz gewährt und abschreckende Wirkung hat (vgl. Kamanabrou ZfA 2006, 327, 330; Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 191).

19

b) Die Ungleichbehandlung kann nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden.

20

aa) Stellt das Bundesverfassungsgericht einen Gleichheitsverstoß fest, hat der Gesetzgeber in der Regel mehrere Möglichkeiten, diesen zu beheben. Das Bundesverfassungsgericht überlässt ihm aus kompetenzrechtlichen Gründen deshalb grundsätzlich die Entscheidung, in welcher Weise er den Anforderungen des Gleichheitssatzes genügen will, sieht regelmäßig vom Nichtigkeitsausspruch ab und beschränkt sich auf eine Unvereinbarkeitserklärung (ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 52). Bei gleichheitswidrigen Tarifverträgen haben die Gerichte für Arbeitssachen zwar die Verwerfungskompetenz, auch hier stellt sich jedoch die Frage, ob die Entscheidung, auf welche Art und Weise die Benachteiligung beseitigt wird, aufgrund der Gewährleistung der Tarifautonomie des Art. 9 Abs. 3 GG den Tarifvertragsparteien obliegt oder ob die Gerichte für Arbeitssachen eine Anpassung „nach oben“ vornehmen dürfen, indem sie die für die Bessergestellten geltenden Tarifbestimmungen auf die Benachteiligten erstrecken(Wiedemann/Peters RdA 1997, 100, 107). Eine Anpassung „nach oben“ für die Vergangenheit ist bisher grundsätzlich nur bei Nichtigkeit einer Ausnahmeregelung erfolgt, wenn nach dem Regelungstatbestand unter Berücksichtigung der Zusatzbelastung des Arbeitgebers anzunehmen war, dass die Tarifvertragsparteien die Regelung auch mit erweitertem Anwendungsbereich getroffen hätten (vgl. BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - BAGE 79, 236), oder die Benachteiligung für die Vergangenheit nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden konnte (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 43, AP GG Art. 3 Nr. 322 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 20; 18. März 2010 - 6 AZR 156/09 - Rn. 54, BAGE 133, 354; 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 58, AP GG Art. 3 Nr. 321 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung sexuelle Orientierung Nr. 1; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 37, BAGE 129, 93; 13. November 1985 - 4 AZR 234/84 - BAGE 50, 137). Im Urteil vom 28. Mai 1996 (- 3 AZR 752/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 143 = EzA GG Art. 3 Nr. 55) hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts angenommen, dass die benachteiligten Arbeitnehmer für zurückliegende Zeiten einen Anspruch auf den ihnen vorenthaltenen Zuschuss haben, wenn der Arbeitgeber nicht sichergestellt hat, dass seine Rückforderungsansprüche gegen diejenigen Arbeitnehmer, denen er den Zuschuss gewährt hat, nicht verfallen und wenn ihm bewusst war, dass die Zuschussregelung möglicherweise insgesamt unwirksam ist.

21

bb) Für die Zeit bis zum 31. März 2010 ist eine Angleichung „nach oben“ schon deshalb gerechtfertigt, weil der Anspruch auf ein höheres Grundgehalt den älteren Angestellten nicht rückwirkend entzogen werden kann, so dass nur diese Möglichkeit besteht (vgl. Wank FS Wißmann S. 599, 617; Kittner/Däubler/Zwanziger/Zwanziger KSchR 8. Aufl. Art. 3 GG Rn. 35).

22

(1) Das beklagte Land wäre bereits aufgrund der tariflichen sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 70 BAT bzw. des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L gehindert, bereits verfallene Gehaltsrückforderungsansprüche gegenüber älteren Angestellten mit Erfolg geltend zu machen.

23

(2) Auch soweit die tarifliche Ausschlussfrist nicht entgegensteht, muss die Beseitigung von in der Vergangenheit liegenden Folgen der Benachteiligung das Vertrauen der älteren Angestellten auf die Wirksamkeit des Vergütungssystems des BAT schützen (Schlachter FS Schaub S. 651, 662). Die Normunterworfenen und damit auch die älteren Angestellten dürfen grundsätzlich auf den Fortbestand der tariflichen Ordnung vertrauen. Nur so kann der Tarifvertrag seiner Aufgabe gerecht werden und den Individualparteien beiderseits Planungssicherheit gewähren (Däubler/Deinert TVG 2. Aufl. § 4 Rn. 35). In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist deshalb anerkannt, dass die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tarifvertraglicher Regelungen durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt ist (BAG 23. November 1994 - 4 AZR 879/93 - BAGE 78, 309; 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 58, AP GG Art. 3 Nr. 321 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung sexuelle Orientierung Nr. 1). Jedenfalls vor Bekanntwerden des Vorlagebeschlusses des Senats mussten ältere Angestellte nicht davon ausgehen, dass ihre Grundvergütung rückwirkend neu berechnet wird und sie eine niedrigere Vergütung erhalten. Deshalb hilft dem beklagten Land auch sein Hinweis nicht weiter, die nachträgliche Regelungslücke sei im Rahmen einer ergänzenden Auslegung in Anlehnung an die entsprechenden Regelungen im TV-L und TVöD durch eine pauschalierte Berücksichtigung der Berufserfahrung in Form von Dienstaltersstufen zu schließen.

24

cc) Entscheidend kommt hinzu, dass das beklagte Land und die Gewerkschaften ver.di, GEW, GdP und IG Bau weder für die Zeit vor dem 1. April 2010 eine vom Vergütungssystem des BAT abweichende, dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters gerecht werdende Regelung rückwirkend getroffen haben noch bereit sind, eine solche rückwirkende Ersatzregelung zu vereinbaren.

25

(1) In Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 ist geregelt, dass das Vergütungssystem des BAT ersetzt wird und grundsätzlich das Tarifrecht der anderen Länder in dynamischer Form mit Wirkung ab dem 1. April 2010 übernommen wird. In Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 haben das beklagte Land und die Gewerkschaften ver.di, GEW, GdP und IG Bau festgehalten, dass Einvernehmen besteht, dass die Überleitung in den TV-L entsprechend der nach dem BAT/BAT-O maßgeblichen Lebensaltersstufe, die im Einzelfall erreicht war, erfolgt und dass der Schutz dieses bestehenden, auf den bisherigen individuellen Lebensaltersstufen basierenden Besitzstandes durch die Anknüpfung der Überleitungsregelungen an das Vergleichsentgelt gemäß § 5 TVÜ-Länder geregelt wird. Gemäß Nr. 8 Abs. 1 Satz 3 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 waren sich die Tarifvertragsparteien unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das vorliegende Revisionsverfahren darüber einig, kollektiv eine verbindliche Regelung für das Überleitungs- und Übergangsrecht zu treffen. Etwaige Rechtsfolgen, die gegebenenfalls bis zum 31. März 2010 aus der Rechtsprechung zu ziehen wären, werden nach Nr. 8 Abs. 2 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 von den Überleitungsregelungen nicht betroffen und bleiben unberührt. Dies zeigt, dass die Tarifvertragsparteien eine abschließende Regelung treffen wollten und nicht bereit sind, das vor dem 1. April 2010 bestehende Vergütungssystem rückwirkend zu ändern oder durch ein anderes Vergütungssystem zu ersetzen oder den Zeitpunkt der grundsätzlichen Übernahme des Tarifrechts der TdL ab dem 1. April 2010 vorzuverlegen. Dies hätte nämlich zur Folge, dass die Überleitung nicht mehr entsprechend den nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufen erfolgen könnte, sondern die Vergleichsentgelte neu ermittelt werden müssten. Bei einer Vorverlegung des Überleitungszeitpunkts könnten bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts nicht mehr in Anknüpfung an die Regelung in § 5 TVÜ-Länder die den Beschäftigten im März 2010 zustehenden Bezüge nebst den ehegattenbezogenen Entgeltbestandteilen zugrunde gelegt werden. Wenn die Tarifvertragsparteien im Falle einer Unwirksamkeit des auf Lebensaltersstufen abstellenden Vergütungssystems des BAT an den am 1. April 2010 von ihnen in Kraft gesetzten Entgeltregelungen nicht hätten festhalten wollen, hätten sie in Nr. 8 Abs. 1 Satz 3 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 nicht unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das laufende Revisionsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht - 6 AZR 148/09 - formulieren dürfen, dass sie sich darüber einig sind, kollektiv eine verbindliche Regelung für das Überleitungs- und Übergangsrecht zu treffen. Diese von den Tarifvertragsparteien bekundete Einigkeit hindert die Annahme, die Tarifvertragsparteien würden für die Zeit bis zum 31. März 2010 ein neues Vergütungssystem vereinbaren, das nicht gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters verstößt, sondern eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a RL 2000/78 vermeidet.

26

(2) Den Tarifvertragsparteien darf auch nicht unterstellt werden, dass sie nicht vor Augen hatten, dass sie durch eine rückwirkende tarifliche Regelung eine Beseitigung der Diskriminierung nur erreichen können, wenn sie entweder alle Beschäftigten der jeweils höchsten Lebensaltersstufe ihrer Vergütungsgruppe zuordnen oder die Grundvergütungen der den höchsten Lebensaltersstufen zugeordneten Beschäftigten vermindern. Letztere Möglichkeit schied aber aufgrund des auch von Tarifvertragsparteien zu achtenden Vertrauensschutzes aus.

27

(3) Aufgrund des übereinstimmenden, eindeutigen Willens der Tarifvertragsparteien, unabhängig von der Wirksamkeit des Vergütungssystems des BAT keine Ersatzregelung zu treffen, überzeugt das Argument nicht, eine Ersatzregelung für die Zeit bis zum 31. März 2010 sei den Tarifvertragsparteien vorbehalten. Korrekturen des Tarifrechts durch den Senat für die Zeit vor dem 1. April 2010 bedeuten angesichts des in Nr. 8 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 deutlich zum Ausdruck gekommenen Willens der Tarifvertragsparteien, keine tarifliche Ersatzregelung für die Vergangenheit mehr zu treffen, keinen unzulässigen Eingriff in die Tarifautonomie. Ein solcher Eingriff setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien bereit sind, eine unwirksame tarifliche Regelung durch eine wirksame zu ersetzten. Ein solcher Wille der Tarifvertragsparteien fehlt für die Zeit vor dem 1. April 2010 und damit auch für den Klagezeitraum. Der gegenteilige Wille der Tarifvertragsparteien ist zu achten. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie beinhaltet auch das Recht der Tarifvertragsparteien, von einer tariflichen Regelung abzusehen, wenn sie dies für angemessen halten. Könnten die Tarifvertragsparteien zum Abschluss von Tarifverträgen gezwungen werden, wäre dies mit der Tarifautonomie nicht zu vereinbaren. Erfolgt aber keine kollektivrechtliche Neuregelung, findet regelmäßig eine Angleichung „nach oben“ statt (Erman/Belling BGB 13. Aufl. § 7 AGG Rn. 7).

28

(4) Deshalb trägt auch das Argument nicht, der Gesetzgeber habe bewusst von der im Entwurf für die Regelung in § 7 Abs. 2 AGG vorgesehenen Bestimmung zur ergänzenden Auslegung unwirksamer kollektivrechtlicher Regelungen abgesehen und sich damit dafür entschieden, der besonderen Rechtsstellung der Tarifvertragsparteien im Rahmen von § 7 Abs. 2 AGG Rechnung zu tragen. Im Übrigen könnte Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich nur dann eine befristete Aussetzung gebieten, um den Tarifvertragsparteien den Vortritt zu lassen, damit diese regeln können, auf welche Art und Weise die Diskriminierung beseitigt werden soll, wenn es um die Beseitigung der Diskriminierung für die Zukunft geht(vgl. ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58 f.; Kamanabrou ZfA 2006, 327, 332; Wank FS Wißmann S. 599, 617; Schlachter FS Schaub S. 651, 668 ff.; Wiedemann/Peters RdA 1997, 100, 107).

29

(5) Im Hinblick auf den aus Nr. 8 der Eckpunktevereinbarung vom 12. März 2010 erkennbaren gegenteiligen Willen der Tarifvertragsparteien kann der Senat ebenso wenig statt der Anpassung „nach oben“ als mildere Maßnahme die Überleitung der Beschäftigten „vorziehen“, indem er bis zum 31. März 2010 das Vergütungssystem des TV-L unter Besitzstandswahrung anwendet. Es geht hier nicht um die Überleitung in ein diskriminierungsfreies System - diese haben die Tarifvertragsparteien mit der Übernahme des Tarifrechts der TdL geregelt -, sondern um die Beseitigung der Diskriminierung innerhalb eines diskriminierenden Systems.

30

dd) Für eine Anpassung „nach oben“ für die Vergangenheit spricht auch, dass eine solche Anpassung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Benachteiligung beim Entgelt im Einklang steht.

31

(1) Nach der bisherigen Entscheidungspraxis des Gerichtshofs der Europäischen Union kann man davon ausgehen, dass sich im Falle einer Diskriminierung die Unwirksamkeit nur auf die benachteiligenden Regelungen bezieht (vgl. Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 188). Im Urteil vom 7. Februar 1991 (- C-184/89 - [Nimz] Slg. 1991, I-297) hat der Gerichtshof der Europäischen Union angenommen, dass im Falle einer mittelbaren Diskriminierung durch eine Bestimmung eines Tarifvertrags das nationale Gericht verpflichtet ist, diese Bestimmung - ohne dass es ihre vorherige Beseitigung durch Tarifverhandlungen oder auf anderen Wegen beantragen oder abwarten müsste - außer Acht zu lassen und auf die Angehörigen der durch diese Diskriminierung benachteiligten Gruppe die gleiche Regelung wie auf die übrigen Arbeitnehmer anzuwenden, wobei diese Regelung, „solange Art. 119 EWG-Vertrag im nationalen Recht nicht ordnungsgemäß durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt“(vgl. dazu Wiedemann NZA 2007, 950, 951). An diesem Grundsatz hat der Gerichshof der Europäischen Union ua. im Urteil vom 26. Januar 1999 (- C-18/95 - [Terhoeve] Slg. 1999, I-345) ausdrücklich festgehalten und er hat jüngst im Urteil vom 22. Juni 2011 (- C-399/09 - [Landtová]) nochmals wiederholt, dass die Regelung für die nicht benachteiligten Arbeitnehmer das einzige gültige Bezugssystem bleibt, solange das Gemeinschaftsrecht nicht richtig durchgeführt ist. Damit betrifft die Anforderung des Unionsrechts, die Diskriminierung durch eine Anpassung „nach oben“ zu beseitigen, nicht nur die Vergangenheit, sondern sogar die Zukunft, weil sie das höhere Entgelt auch zukunftsbezogen solange zugesteht, bis eine unionsrechtskonforme Neuregelung getroffen ist (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6; aA Krebber EuZA 2009, 200, 209, der die Auffassung vertritt, der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Anti-Diskriminierungsrichtlinien lasse sich ein Gebot der Angleichung „nach oben“ nicht entnehmen).

32

(2) Die Vorgabe des Gerichtshofs der Europäischen Union einer Anpassung „nach oben“ ist allerdings anhand von Fällen entwickelt worden, in denen eine kleinere Beschäftigtengruppe von einer begünstigenden Norm ausgenommen worden ist (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6). Wie zu verfahren ist, wenn eine tarifliche Vergütungsregelung insgesamt wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters unwirksam ist und nur die höchste Grundvergütung in den Vergütungsgruppen als Bezugssystem in Betracht kommt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union zwar noch nicht entschieden. Jedoch wird eine Anpassung „nach oben“ auch in diesem Fall der Vorgabe des Gerichtshofs der Europäischen Union, die diskriminierende Regelung außer Acht zu lassen und auf die durch die Diskriminierung benachteiligten Arbeitnehmer die gleiche Regelung wie auf die nicht benachteiligen Arbeitnehmer anzuwenden, jedenfalls dann am ehesten gerecht, wenn die Tarifvertragsparteien von einer rückwirkenden Ersatzregelung absehen und von den nicht diskriminierten Arbeitnehmern deshalb und aufgrund tariflicher Ausschlussfristen sowie aus Gründen des Vertrauensschutzes Leistungen nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg zurückgefordert werden können.

33

ee) Finanzielle Belange des beklagten Landes hindern eine Anpassung „nach oben“ nicht.

34

(1) Eine uneingeschränkte Anwendung des Grundsatzes einer Anpassung „nach oben“ bei Verstößen gegen Benachteiligungsverbote kann allerdings zu erheblichen finanziellen Belastungen eines Arbeitgebers führen. Dies gilt auch dann, wenn entsprechende Ansprüche jüngerer Angestellter auf das Endgrundgehalt ihrer Vergütungsgruppe Verjährungs- und Ausschlussfristen unterliegen (Kamanabrou ZfA 2006, 327, 334). Eine Anpassung „nach oben“, die zu einer nachhaltigen Erweiterung des Dotierungs- oder Kostenrahmens führt, kann freilich auch dann vorliegen, wenn eine benachteiligte Gruppe von Arbeitnehmern groß und der Kreis der gleichheitswidrig Begünstigten klein ist. Auch in diesem Fall steht aber den gleichheitswidrig ausgeschlossenen Arbeitnehmern für die Vergangenheit grundsätzlich die ihnen vorenthaltene Leistung zu, wenn nur auf diesem Weg dem Gleichheitssatz Rechnung getragen werden kann (ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58).

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(2) Die Frage, ob eine unangemessene Kostenbelastung des Arbeitgebers überhaupt geeignet sein kann, die gebotene Beseitigung der Diskriminierungsfolgen zu hindern, oder bewirken kann, dass dem Kosteninteresse des Arbeitgebers gegenüber dem Vertrauen der Begünstigten auf die Wirksamkeit der Regelung Vorrang gebührt, bedarf hier keiner Entscheidung. Nach dem Vorbringen des beklagten Landes würde eine Anpassung „nach oben“ ohne Berücksichtigung der Zuschussempfänger einschließlich der Lohnnebenkosten zu Mehrkosten von jährlich ca. 28 Millionen Euro führen. Bei einem Vergütungsaufwand für die Angestellten im unmittelbaren Berliner Landesdienst von jährlich 1,566 Milliarden Euro machten die Mehrkosten ca. 1,8 vH aus. Da das beklagte Land mit seinen Angestellten grundsätzlich vereinbart hat, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des BAT bestimmt, und somit die tarifliche Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit (§ 70 BAT) greift, fehlen ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das beklagte Land für die Zeit bis zur grundsätzlichen Übernahme des Tarifrechts der TdL zum 1. April 2010 bei einer Anpassung „nach oben“ mit unverhältnismäßig hohen Mehrkosten belastet wird. Die Zeit bis zum 31. März 2010 ist maßgebend. Mit dem Urteil der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in den verbundenen Rechtssachen - C-297/10 und C 298/10 - (NZA 2011, 1100) ist geklärt, dass Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 sowie Art. 28 GRC nicht entgegenstehen, wenn ein Vergütungssystem, das zu einer Diskriminierung wegen des Alters führt, durch ein auf objektive Kriterien gestütztes Vergütungssystem ersetzt wird und zugleich für einen befristeten Übergangszeitraum einige der diskriminierenden Auswirkungen des erstgenannten Systems bestehen bleiben, um für die bereits in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmer den Übergang zum neuen System ohne Einkommensverluste zu gewährleisten.

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ff) Ohne Erfolg beruft sich das beklagte Land auf Vertrauensschutz. Im Klagezeitraum galt schon das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG, das Dauerschuldverhältnisse und damit auch Arbeitsverhältnisse nicht ausnimmt. Gemäß § 1 AGG ist ua. Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht nur zu verhindern, sondern auch zu beseitigen. Der BAT und der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT waren für den Bereich des Bundes bereits mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 durch andere tarifliche Regelungen ersetzt worden. Für den Bereich der TdL war dies kurze Zeit nach dem Inkrafttreten des AGG ab dem 1. November 2006 der Fall. Im Schrifttum wurde nicht nur vereinzelt die Auffassung vertreten, die Bemessung der Grundvergütung in den Vergütungsgruppen des BAT verstoße gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters (vgl. Schleusener/Suckow/Voigt AGG/Schleusener 3. Aufl. § 7 Rn. 53 mwN). Ein Vertrauen des beklagten Landes auf die Wirksamkeit des Vergütungssystems des BAT wäre deshalb nicht schützenswert. Auch der Hinweis des beklagten Landes auf sein Haushaltsrecht hilft ihm nicht weiter. Dieses hebt das Diskriminierungsverbot wegen des Alters nicht auf und privilegiert das beklagte Land insoweit nicht gegenüber einem privaten Arbeitgeber.

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gg) Der Umstand, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters verstößt und eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a RL 2000/78 darstellt, führt nicht dazu, dass es an einer Bezugsgröße für die Anpassung „nach oben“ fehlt. Es trifft zwar zu, dass die Tarifvertragsparteien des BAT angesichts der von ihnen vereinbarten Lebensalterstufen offensichtlich nicht wollten, dass alle Angestellten in derselben Vergütungsgruppe eine gleich hohe Grundvergütung erhalten. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, den wegen ihres Alters benachteiligten Angestellten die Vergütung vorzuenthalten, die den nicht benachteiligten Angestellten zustand. Insoweit besteht kein entscheidender Unterschied zwischen einer gleichheitswidrigen Benachteiligung und einer unzulässigen Diskriminierung, wenn dem Gleichheitssatz bzw. dem Diskriminierungsverbot nur dadurch Rechnung getragen werden kann, dass den Benachteiligten derselbe Anspruch auf Vergütung eingeräumt wird wie den gleichheitswidrig begünstigten bzw. nicht diskriminierten Angestellten (vgl. zum Gleichheitssatz ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58 mwN). Bei einer Entgeltstaffelung nach dem Alter in einem Tarifvertrag bedeutet dies, dass bis auf die höchste alle Entgeltstufen benachteiligend sind (Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 190; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c).

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c) Entgegen der Ansicht des beklagten Landes schützt es die Regelung in § 15 Abs. 3 AGG, wonach der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet ist, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt, nicht vor einer Anpassung „nach oben“. Die Vorschrift bezieht sich auf Schadensersatzansprüche und begrenzt nur Ansprüche auf Entschädigungsleistung (Löwisch DB 2006, 1729, 1731; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6). Zur Beseitigung einer Diskriminierung durch eine den Diskriminierungsverboten genügende Regelung verhält sie sich nicht.

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III. Das beklagte Land hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision einschließlich des Zwischenstreits vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu tragen. Dies gilt gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO auch, soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lauth    

        

    M. Jostes    

                 

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.