Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 01. Dez. 2015 - Au 3 K 15.198

bei uns veröffentlicht am01.12.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Aktenzeichen: Au 3 K 15.198

Im Namen des Volkes

Urteil

1. Dezember 2015

3. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1610

.. als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Hauptpunkte: Eingliederungshilfe; Gehörloser Schüler; Inklusion; Erstattungs- bzw. Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers (verneint);

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

gegen

...

- Beklagter -

wegen Sozialhilfe - Kostenerstattung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 3. Kammer, durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Vorsitzenden, die Richterin am Verwaltungsgericht ... den Richter am Verwaltungsgericht ... den ehrenamtlichen Richter ...den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2015 am 1. Dezember 2015. folgendes

Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Tragung der Kosten, die der Kläger als überörtlicher Träger der Sozialhilfe einem hörbehinderten Schüler (nachfolgend: Schüler) für die Inanspruchnahme eines Online-Schriftdolmetschers (Distanzdolmetscher) im schulischen Unterricht gewährt.

1. Der 2001 geborene Schüler ist aufgrund einer im ersten Lebensjahr erlittenen Meningitiserkrankung beidseitig (nahezu) gehörlos und seit dem Jahr 2002 beidseitig mit Cochlea-Implantaten (elektronische Hörprothesen) versorgt. Bis Anfang April 2014 besuchte er die private Internationale Schule ... mit einer Klassenstärke von 15 Schülern. Die Kosten des Schulbesuchs (Schulgeld, Fahrtkosten) hatten zunächst die Eltern des Schülers und zuletzt der Kläger getragen. Der Schüler wechselte dann im Einvernehmen mit dem Beklagten, der (seinerzeit) nicht bereit war, die Kosten des Besuchs der privaten Schule zu übernehmen, in die 6. Klasse des ...-Gymnasiums in ..., Landkreis .... Dabei handelt es sich um eine öffentliche staatliche Schule, die jedoch nicht das Schulprofil „Inklusion“ aufweist bzw. entwickelt hat. Der Aufnahme in das Gymnasium hatte der Landkreis ... als Sachaufwandsträger ebenfalls zugestimmt und „bauliche Änderungen im Hinblick auf Schallreduzierung“ in Aussicht gestellt mit dem Vorbehalt, dass sich „die baulichen Änderungen auf ein Klassenzimmer beschränken lassen“.

Die Eltern des Schülers bemühten sich bereits ab dem Schulwechsel um die Einrichtung einer kleineren Klasse mit höchstens zehn Schülern, da eine größere Klassenstärke für ihren Sohn, der für eine gymnasiale Beschulung geeignet ist, wegen der Hintergrundgeräusche sehr belastend war („Hörstress“) und der Schüler dem Unterricht nur schwer folgen konnte; diese Belastungen führten zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen (starke Migräneanfälle). Dem Wunsch der Eltern nach Reduzierung der Klassenstärke auf maximal 10 Schüler wurde seitens des Beklagten jedoch nicht Rechnung getragen.

Im Schuljahr 2014/2015 besuchte der Schüler (mit Erfolg) die 7. Jahrgangsstufe des Gymnasiums in einer Klasse mit insgesamt 23 Schülern.

2. Am 15. September 2014 beantragten die Eltern des Schülers beim Kläger als überörtlichem Träger der Sozialhilfe die Gewährung von ambulanter Eingliederungshilfe für Behinderte in Form der Übernahme der Kosten eines Online-Schriftdolmetschers der Firma „Verbavoice“ während des schulischen Unterrichts. Mit Hilfe eines solchen „Distanzschriftdolmetschers“ ist es möglich, dass das von der Lehrkraft Gesprochene „in Echtzeit“ auch visuell, in Schriftform übertragen auf einem Display z. B. eines Notebooks oder eines Tablet-PCs, verfolgt werden kann. Dabei spricht die Lehrkraft in ein Mikrofon. Das Gesprochene wird per lnternet an einen Dolmetscher übertragen, welcher dann den gesprochenen Text digital aufschreibt und an den Computer des Schülers sendet, so dass er das Gesprochene lesen kann.

Auf Anfrage des Klägers teilte das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (nachfolgend: Staatsministerium) u. a. mit, dass sich der Beklagte nicht an den Kosten des beantragten Online-Schriftdolmetschers beteiligen werde. Es handle sich dabei nicht um eine (in den Aufgabenbereich der Schule fallende) pädagogische Leistung, sondern lediglich um eine Kommunikationsunterstützung zur Vermittlung von Inhalten an den Schüler. Hilfen zur Verständigung mit der Umwelt beträfen alle Lebensbereiche und könnten nicht nur auf den temporär beschränkten schulischen Kontext bezogen werden. Es sei daher davon auszugehen, dass es sich bei dem Schriftdolmetscher um eine Unterstützung handle, die in den Bereich des Sozialrechts falle, bzw. für die innerhalb des Sozialrechts die Eingliederungshilfe zuständig sei. Eine Kostenbeteiligung des Staatsministeriums als Träger des Personalaufwands sei daher nicht möglich.

Mit Bescheid vom 21. November 2014 gewährte der Kläger dem Schüler „ab sofort bis zunächst zum Ende des ersten Schulhalbjahrs 2014/15 (15.02.2015)“ die Übernahme der „Kosten für die individuelle Schulbegleitung durch einen Distanzschriftdolmetscher im Umfang von bis zu 11 Schulstunden wöchentlich“. Diesen Bescheid übermittelte der Kläger in Abdruck u. a. auch dem Staatsministerium zur Kenntnisnahme und teilte mit, dass weiterhin die Auffassung vertreten werde, dass der „schulische Bedarf (des Schülers) auch durch andere geeignete Maßnahmen als durch die Gewährung von Eingliederungshilfe durch Bereitstellung eines Schriftdolmetschers wie z. B. durch Einrichtung einer kleineren Klasse erfüllt werden kann“. Der Beklagte werde deshalb um Mitteilung gebeten, ob er in seine Zuständigkeit fallende Maßnahmen ergreifen oder sich an den Kosten beteiligen werde.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 wies das Staatsministerium auf die bereits beklagtenseits ergriffenen Maßnahmen hin und erklärte, dass eine Kostenbeteiligung wegen der sozialrechtlichen Zuständigkeit des Klägers nicht in Frage kommen könne.

Mit weiterem Bescheid vom 4. Februar 2015 wurde die Hilfegewährung in einem Umfang von 12 Schulstunden wöchentlich bis zum Ende des Schuljahres 2014/2015 verlängert. Soweit ersichtlich, übernimmt der Kläger die Kosten des Schriftdolmetschers auch im laufenden Schuljahr 2015/2016.

3.Am 17. Februar 2015 erhob der Kläger zum Verwaltungsgericht Augsburg Klage mit dem Antrag,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von gesamt 5.597,76 € für die Monate Dezember 2014 und Januar 2015 zuzüglich Zinsen von 4% gemäß § 108 SGB X zu erstatten.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass im Monat Dezember 2014 1.049,58 € und im Monat Januar 2015 4.548,18 € an Kosten für die Inanspruchnahme von Verbavoice durch den Schüler angefallen seien, die (zunächst) vom Kläger als nachrangig zuständigem überörtlichen Träger der Sozialhilfe als Eingliederungshilfe für Behinderte übernommen worden seien. Diese Kosten verlange der Kläger vom Beklagten aufgrund (öffentlichrechtlicher) Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 BGB analog) bzw. nach § 93 SGB XII erstattet.

Der Schüler habe einen vorrangigen Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährleistung einer inklusiven Beschulung an dem von den Sorgeberechtigten unter Beteiligung des Beklagten ausgewählten Bildungsort (...-Gymnasium). Durch eine einfach durchzuführende Maßnahme - die Reduzierung der Klassenstärke - sei es dem Beklagten möglich, den Bedarf des Schülers an adäquater Beschulung - entsprechend seinen Fähigkeiten und seiner Eignung - zu erfüllen. Die Beschulung in einer kleinen Klasse sei auch von verschiedenen Fachstellen (u. a. Cochlea Implant Centrum Hannover, Krankenhaus Martha Maria, Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwigs-Maximilians-Universität München) als im Interesse des Schülers wirksamste Maßnahme befürwortet worden. Dies habe auch die zuvor durchgeführte Beschulung des Schülers in der privaten Internationalen Schule ... gezeigt, wo aufgrund der geringen Klassenstärke eine „Dolmetschung“ durch einen Schriftdolmetscher nicht erforderlich gewesen sei. Allerdings habe sich der Beklagte seinerzeit geweigert, die Kosten der weiteren Beschulung in der privaten Schule zu übernehmen. Allein durch die mangelhaften Leistungen des Beklagten als Schulkostenträger sei ein Bedarf für die Inanspruchnahme von Verbavoice - letztendlich zulasten des Klägers als Sozialhilfeträger - entstanden. Nach der Rechtsprechung der Landessozialgerichte und des Bundessozialgerichts sei für die Gewährung einer Hilfe, die dem Kernbereich pädagogischer Arbeit zuzurechnen sei, jedenfalls nicht der Sozialhilfeträger zuständig. Vielmehr liege die Zuständigkeit beim Schulkostenträger. Dies sei vorliegend insbesondere auch im Hinblick auf die Verpflichtung zur inklusiven Beschulung, die das BayEUG vorschreibe, der Fall.

Insoweit verweise der Kläger auch auf das Rechtsgutachten von Kepert/Pattar, zu „Erstattungsansprüchen von Trägern der Sozialhilfe und der öffentlichen Jugendhilfe gegen das Land Baden-Württemberg wegen der Erbringung von Sozial- und Jugendhilfeleistungen in Form von Schulbegleiterinnen und Schulbegleitern für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung an Regelschulen in Baden-Württemberg“ sowie auf den Aufsatz „Schulbegleiter an bayerischen Schulen - Schulische Inklusion als Aufgabe der Jugend- und Sozialhilfe?“ von Kepert/Ehrhard (BayVBl 2015, 366 ff.).

Der Kläger behalte sich vor, die Erstattung weiterer Aufwendungen für die Folgezeit geltend zu machen.

Sollte nach Auffassung des Gerichts ein vorrangiger Anspruch gegen den Träger des Schulaufwands bestehen, werde angeregt, den Landkreis ... zum Verfahren beizuladen.

Auf die weiteren Ausführungen des Klägers zur Begründung seiner Klage wird verwiesen.

4. Der Beklagte tritt der Klage entgegen und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Seitens der Aufwandsträger seien für den Schüler verschiedene Fördermaßnahmen u. a. durch Erhöhung bzw. Zuweisung von (zusätzlichen) Budgetstunden durchgeführt worden (Teilung der Klasse in Deutsch, eine Stunde individuelle Förderung Englisch, 4 Stunden Hausunterricht für Latein bzw. Einrichtung einer kleinen Lerngruppe von nur 9 Schülern, Ausstattung eines Klassenzimmers speziell für Schüler mit Hörproblemen [FM-Anlage, akustische Dämmung]).

Der Beklagte sei nicht verpflichtet, eine den Wünschen der Eltern bzw. den Bedürfnissen des Schülers entsprechende Klasse mit einer (optimalen) Klassenstärke von nicht mehr als 10 Schülern einzurichten. Etwas anderes ergebe sich weder aus der Behindertenrechtskonvention noch aus dem BayEUG.

Schließlich könne der Einsatz von Verbavoice jedenfalls nicht als dem Kernbereich pädagogischer Arbeiten zugerechnet werden. deshalb sei ausschließlich der jeweilige Sozialhilfeträger zuständig.

Wegen der weiteren Ausführungen zur Klageerwiderung wird auf die eingereichten Schriftsätze der Beklagtenseite verwiesen.

5. Am 9. Juli 2015 ließ der Schüler u. a. unter Vorlage mehrerer fachärztlicher Stellungnahmen und einer Stellungnahme des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes des Förderzentrums ... Förderschwerpunkt Hören, in denen aus fachlicher Sicht durchgehend die Reduzierung der Klassenstärke befürwortet wurde, beim Verwaltungsgericht Augsburg beantragen, den Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, eine Schulklasse der 8. Jahrgangsstufe mit maximal 10 Schülerinnen und Schülern unter Übernahme der hierfür notwendigen Schul- und Personalaufwendungen einzurichten. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. August 2015 (Az. Au 3 E 15.1046) ab, da der Schüler keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe. Ein allgemeiner Anspruch von Schülern und Eltern auf eine bestimmte Klassenbildung bestehe nicht. Ein spezifischer, mit der Hörbehinderung zusammenhängender Rechtsanspruch des Schülers könne darüber hinaus auch den die schulische Inklusion betreffenden Vorschriften des BayEUG und auch der Behindertenrechtskonvention nicht entnommen werden.

Die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde des Schülers wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 4. September 2015 (Az. 7 CE 15.1791) zurück.

6. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 teilte das Staatsministerium der Mutter des Klägers mit, dass der Beklagte nun doch bereit sei, die Kosten für die Beschulung des Schülers in der Internationalen Schule ... zu übernehmen. Ein erneuter Schulwechsel vom ...-Gymnasium (zurück) an die private Schule wurde von den Eltern des Schülers jedoch abgelehnt.

7. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Verwaltungsakten des Klägers und des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die als allgemeine Leistungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der für den Einsatz von Verbavoice entstandenen Aufwendungen.

1. Zunächst weist die Kammer darauf hin, dass eine Beiladung des Landkreises ... als Schulaufwandsträger (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes - BaySchFG) weder notwendig noch sonst veranlasst ist. Ein Fall der notwendigen Beiladung i. S. d. § 65 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor, da nicht erkennbar ist, inwieweit sich die Entscheidung, ob der Beklagte als Personalaufwandsträger i. S. d. Art. 6 BaySchFG dem Kläger als (überörtlichem) Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs. 3 SGB I, Art. 81 Abs. 1 AGSG) zum Ersatz bzw. zur Erstattung der geltend gemachten Aufwendungen der Eingliederungshilfe für Behinderte nach §§ 53, 54 SGB XII verpflichtet ist oder nicht, den Landkreis als Schulaufwandsträger in irgendeiner Art und Weise binden bzw. verpflichten könnte, so dass nur eine einheitliche Entscheidung i. S. d. § 65 Abs. 2 VwGO ergehen könnte.

Soweit der Beklagte anregt, den Landkreis dann beizuladen, wenn dieser nach Auffassung des Gerichts als Erstattungspflichtiger - entweder allein oder zusammen mit dem Beklagten - in Betracht kommt, kann auch darin kein Anlass für eine Beiladung gesehen werden. Gegenüber einem Beigeladenen kann im Verwaltungsprozess (anders als bei bestimmten Konstellationen im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. § 75 Abs. 5 SGG) kein Verpflichtungsausspruch erfolgen.

2. Für den vom Kläger gegenüber dem Beklagten geltend gemachten Zahlungsanspruch ist eine Anspruchsgrundlage nicht erkennbar.

2.1 Der Kläger kann einen Anspruch nicht auf (sozialrechtliche) Erstattungs- oder Ersatzregelungen stützen.

Ein Erstattungsanspruch auf der Grundlage der §§ 102 ff. SGB X scheidet (ungeachtet der Frage nach dem zulässigen Rechtsweg [§ 114 SGB X]) schon deshalb aus, weil der Beklagte als Personalaufwandsträger kein Leistungsträger i. S. d. § 12 SGB I ist. Die Sicherstellung und Finanzierung der Personalausstattung öffentlicher Schulen in Bayern stellt keine Sozialleistung i. S. d. §§ 11, 28 ff. SGB I dar.

Ebenso kommt ein auf den Kläger kraft Gesetzes übergegangener Anspruch nach § 115 oder § 116 SGB X nicht in Betracht; der Beklagte ist weder Arbeitgeber des Schülers noch besteht „ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch (des Schülers gegen den Beklagten) auf Ersatz eines Schadens“.

Schließlich helfen dem Kläger auch die speziellen sozialhilferechtlichen Kostenersatz- und Kostenerstattungsregelungen nach den §§ 102 ff. bzw. 106 ff. SGB XII offensichtlich nicht weiter. Der Beklagte ist weder Empfänger von vom Kläger erbrachter Sozialhilfeleistungen, noch Erbe eines solchen Empfängers und auch kein Sozialhilfeträger.

2.2 Der Kläger kann weiter auch keinen auf ihn nach § 93 Abs. 1 und 2 SGB XII übergegangenen Anspruch des Schülers gegen den Beklagten geltend machen.

Zwar hat der Kläger als überörtlicher Träger der Sozialhilfe die Gewährung von Eingliederungshilfeleistungen (in Form der Übernahme der Kosten von Verbavoice) an den Schüler für den im Streit stehenden Zeitraum Dezember 2014 und Januar 2015 dem Beklagten durch Übermittlung eines Abdrucks des Bescheids vom 21. November 2014 mitgeteilt und damit i. S. d. § 93 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB XII schriftlich angezeigt, doch wirkte diese Anzeige nicht „anspruchsbegründend“, sondern „anspruchsüberleitend“. Denn nur ein bestehender Anspruch des Empfängers der Sozialhilfe gegen einen Dritten kann nach § 93 Abs. 1 SGB XII übergeleitet werden. Das bedeutet, dass der klägerische Zahlungsanspruch letztendlich nur dann bestünde, wenn der Schüler in den Monaten Dezember 2014 und Januar 2015 einen unmittelbaren Anspruch gegen den Beklagten auf Übernahme der Kosten eines Distanzschriftdolmetschers (i. S. eines subjektiven Rechts) hatte. Das trifft jedoch nicht zu.

Ein solcher Anspruch des Schülers, der keine Förderschule, sondern ein allgemeines Gymnasium besucht, gegen den Beklagten als schulrechtlichen (Personal-) Aufwandsträger kann weder aus verfassungsrechtlichen Bestimmungen noch aus den Vorschriften des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes (BayEUG) entnommen werden. Dies gilt auch in Bezug auf diejenigen Vorschriften, die speziell die inklusive Beschulung behinderter Schülerinnen und Schüler an allgemeinen Schulen zum Gegenstand haben (Art. 2, 30a, 30b, 41 BayEUG) und zwar auch i. V. m. den Regelungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (VN BRK) (vgl. VG Augsburg, B.v. 10.8.2015 - Au 3 E 15.1046 - zur Veröffentlichung in juris vorgesehen, bestätigt durch BayVGH, B.v. 4.9.2015 - 7 CE 15.1791 - juris; so auch Kepert/Pattar, Rechtsgutachten „Erstattungsansprüchen von Trägern der Sozialhilfe und der öffentlichen Jugendhilfe gegen das Land Baden-Württemberg wegen der Erbringung von Sozial- und Jugendhilfeleistungen in Form von Schulbegleiterinnen und Schulbegleitern für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung an Regelschulen in Baden-Württemberg“, Diskussionspapiere der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl Nr. 2014-03, S. 50, auf das sich auch der Kläger beruft).

2.3 Dem Kläger steht auch kein Aufwendungsersatz- oder Herausgabeanspruch wegen (öffentlichrechtlicher) Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 683, 684 BGB analog zu (zur entsprechenden Anwendung der Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht vgl. z. B. BVerwG, U. v. 6.9.1988 - 4 C 5/86 - juris; Palandt, BGB Kommentar, 75. Auflage 2016, Einf. vor § 677 Rn. 13 ff.).

Ein solcher Anspruch würde zunächst voraussetzen, dass der Kläger mit der Übernahme der Verbavoice-Kosten ein Geschäft des Beklagten besorgt hätte, d. h. der Beklagte hierfür zuständig gewesen wäre. Das trifft vorliegend jedoch nicht zu. Vielmehr war für die Kostenübernahme ausschließlich der Kläger als überörtlicher Träger der Sozialhilfe und nicht der Beklagte zuständig.

Nach Auffassung der Kammer kann zur Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Kläger einerseits und Beklagtem andererseits auch hier die Rechtsprechung zu Schulbegleitern herangezogen werden. Dies gilt umso mehr, als auch der Kläger im für den Zeitraum Dezember 2014 und Januar 2015 maßgeblichen Bescheid vom 21. November 2014 ausdrücklich von „Kosten für die individuelle Schulbegleitung durch einen Distanzschriftdolmetscher“ spricht.

Die (soweit ersichtlich im Wesentlichen sozialgerichtliche) Rechtsprechung differenziert hinsichtlich der Zuständigkeiten der Sozialhilfeträger (oder auch der Jugendhilfeträger) einerseits und „der Schule“ anderseits danach, ob die Schulbegleitung in ihrer konkreten Ausgestaltung ganz oder teilweise dem „Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule“ (z. B. der Wissensvermittlung) zuzurechnen ist oder zumindest die „pädagogische Arbeit“ unterstützt (z. B. durch Wiederholen des Lernstoffes oder wiederkehrendes Anhalten des Schülers, dem Unterricht zu folgen) oder sich außerhalb dieser Aufgabenbereiche, etwa im Bereich bloßer alltäglicher Verrichtungen bewegt. Lediglich im letztgenannten Fall sei ausschließlich der Sozialhilfeträger zuständig (vgl. z. B. BSG, U.v. 22.3.2012 - B 8 SO 30/10 R -, U.v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R; BVerwG, U.v. 18.10.2012 - 5 C 21.11 -; sämtliche juris).

Für den vergleichbaren Fall eines gehörlosen Schülers, der im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zur inklusiven Beschulung außerhalb einer Förderschule eines „Integrationshelfers in Form eines Gebärdendolmetschers“ bedurfte, hat das Hessische Landessozialgericht entschieden, dass insoweit keine Zuständigkeit des Schulträgers, sondern eine ausschließliche Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers bestehe (B.v. 17.6.2013 - L 4 SO 60/13 B E; juris). Der Gebärdendolmetscher übersetze den Unterrichtsinhalt simultan und ermögliche dem behinderten Schüler somit die Wahrnehmung des Unterrichtsinhalts. Er sei in der Funktion somit eher mit einem Hörgerät bei einer geringergradig hörbehinderten Person vergleichbar, als einem Pädagogen. Die pädagogische Leistung als solche, die im Wesentlichen in einer differenzierten, für den Schüler geeigneten Unterrichtsgestaltung, d. h. der Unterrichtsinhalte und -materialien, Inhalt und Gestaltung von Leistungsnachweisen, Vermittlung von Lehrinhalten im engeren Sinne und der Inklusion in den Klassenverband bestehe, werde von den Lehrern des Schülers selbst geleistet. Der Sozialhilfeträger könne daher nicht auf eine Zuständigkeit der Schule verweisen. Dem schließt sich die erkennende Kammer auch für den vorliegenden Fall an.

Der Kläger hat auch nicht etwa deshalb ein Geschäft des Beklagten besorgt, weil die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme von Verbavoice entfallen wäre, wenn der Beklagte durch Zuweisung von weiteren Lehrkräften die Voraussetzung für die Bildung einer kleineren Klasse geschaffen hätte. Es kann zwar kein durchgreifender Zweifel daran bestehen, dass der Schüler bei Reduzierung der Klassenstärke auf ein bestimmtes Maß in der Lage gewesen wäre, dem Unterricht ohne den Einsatz von Verbavoice zu folgen. Zutreffend ist weiter auch, dass eine Verringerung der Schülerzahl in der Klasse nur durch den Einsatz weiterer (bislang an der Schule nicht vorhandener) Lehrkräfte - somit durch im Aufgabenbereich des Beklagten liegende Maßnahmen - hätte erreicht werden können. Nach Auffassung der Kammer könnte aber allenfalls dann von der Besorgung eines Geschäfts des Beklagten durch den Kläger ausgegangen werden, wenn der Beklagte zur Zuweisung weiteren Lehrpersonals verpflichtet gewesen wäre. Letzteres trifft jedoch nicht zu. Die Kammer hat in dem bereits genannten (vom Schüler beantragten) einstweiligen Rechtsschutzverfahren Au 3 E 15.1046 eine Pflicht des Beklagten zur Einrichtung einer kleineren Klasse verneint. Diese Entscheidung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren 7 CE 15.1791 bestätigt. Insoweit wird auf die Darlegungen in den Gründen des Beschlusses der Kammer vom 10. August 2015 sowie des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. September 2015 verwiesen. Den Beteiligten sind die beiden Beschlüsse bekannt. Die Kammer macht sich die Erwägungen in den Gründen der genannten Beschlüsse auch im vorliegenden Verfahren zu eigen.

Da somit der Kläger durch die Übernahme der Verbavoice-Kosten im Wege der Eingliederungshilfe kein fremdes „Geschäft“ besorgte, sondern ausschließlich eine eigene Aufgabe wahrnahm, kann ein Anspruch aus öffentlichrechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag nicht bestehen.

2.4 Schließlich kann der Kläger vom Beklagten die Zahlung des Betrags von 5.597,76 € auch nicht aufgrund eines allgemeinen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruchs verlangen.

Der richterrechtlich entwickelte allgemeine öffentlichrechtliche Erstattungsanspruch (vgl. z. B. bereits BVerwG, U.v. 19.12.1956 - V C 118.55 - BVerwGE 4, 215; BSG, U.v. 30.1.1962 - 2 RU 219/59 - DVBl 1962, 490) dient der Rückabwicklung von Vermögensverschiebungen, wenn im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind; er ist auf einen billigen Ausgleich ungerechtfertigter Vermögensverhältnisse gerichtet In der Ausformung eines sog. Abwälzungsanspruchs ist für ihn kennzeichnend, dass ein nicht oder „schwächer“ verpflichteter Sozialleistungsträger anstelle des eigentlich verpflichteten oder „stärker“ verpflichteten Nicht-Sozialleistungsträgers einem leistungsberechtigten Dritten, der die Leistung aber nur einmal fordern kann, Leistungen erbracht hat und hierfür kein Rechtsgrund bestand (vgl. Kepert/Patar, a. a. O., S. 65).

Da ein öffentlichrechtlicher Erstattungsanspruch (Abwälzungsanspruch) des Klägers gegenüber dem Beklagten eine Verpflichtung des Beklagten zur „Leistungserbringung“ - entweder durch Übernahme der Kosten von Verbavoice oder durch Aufstockung des Lehrpersonals zur Schaffung einer kleineren Klasse - voraussetzen würde, eine solche nach den obigen Darlegungen unter 2.3 jedoch nicht bestand, kann der Anspruch hierauf ebenfalls nicht gestützt werden.

2.5 Weitere potentielle Anspruchsgrundlagen, auf die der geltend gemachte Zahlungsanspruch gestützt werden könnte, sind nicht erkennbar.

3. Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Vorläufige Vollstreckbarkeit § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

4. Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.597,76 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 01. Dez. 2015 - Au 3 K 15.198

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Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 93 Übergang von Ansprüchen


(1) Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel auch ihre Eltern, ihr nicht getrennt lebender Ehegatte oder ihr Lebenspartner für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen An

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 684 Herausgabe der Bereicherung


Liegen die Voraussetzungen des § 683 nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 12 Leistungsträger


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Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 108 Erstattung in Geld, Verzinsung


(1) Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten. (2) Ein Erstattungsanspruch der Träger der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe ist von anderen Leistungsträgern 1. für die Dauer des Erstattun

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 3 Bildungs- und Arbeitsförderung


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Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 114 Rechtsweg


Für den Erstattungsanspruch ist derselbe Rechtsweg wie für den Anspruch auf die Sozialleistung gegeben. Maßgebend ist im Fall des § 102 der Anspruch gegen den vorleistenden Leistungsträger und im Fall der §§ 103 bis 105 der Anspruch gegen den erstatt

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bei uns veröffentlicht am 01.12.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg Aktenzeichen: Au 3 K 15.198 Im Namen des Volkes Urteil 1. Dezember 2015 3. Kammer Sachgebiets-Nr. 1610 .. als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsste

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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller begehrt

Referenzen

(1) Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Ein Erstattungsanspruch der Träger der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe ist von anderen Leistungsträgern

1.
für die Dauer des Erstattungszeitraumes und
2.
für den Zeitraum nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen, den gesamten Erstattungszeitraum umfassenden Erstattungsantrages beim zuständigen Erstattungsverpflichteten bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung
auf Antrag mit vier vom Hundert zu verzinsen. Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrages des Leistungsberechtigten beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrages nach Ablauf eines Kalendermonats nach Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung. § 44 Abs. 3 des Ersten Buches findet Anwendung; § 16 des Ersten Buches gilt nicht.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

(1) Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel auch ihre Eltern, ihr nicht getrennt lebender Ehegatte oder ihr Lebenspartner für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist, kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. Er kann den Übergang dieses Anspruchs auch wegen seiner Aufwendungen für diejenigen Leistungen des Dritten und Vierten Kapitels bewirken, die er gleichzeitig mit den Leistungen für die in Satz 1 genannte leistungsberechtigte Person, deren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und deren minderjährigen unverheirateten Kindern erbringt. Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Der Übergang ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.

(2) Die schriftliche Anzeige bewirkt den Übergang des Anspruchs für die Zeit, für die der leistungsberechtigten Person die Leistung ohne Unterbrechung erbracht wird. Als Unterbrechung gilt ein Zeitraum von mehr als zwei Monaten.

(3) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, der den Übergang des Anspruchs bewirkt, haben keine aufschiebende Wirkung.

(4) Die §§ 115 und 116 des Zehnten Buches gehen der Regelung des Absatzes 1 vor.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegner, ihm den Besuch der 8. Jahrgangsstufe eines Gymnasiums in einer Klasse mit maximal 10 Schülern zu ermöglichen.

1. Der 2001 geborene Antragsteller ist aufgrund einer im ersten Lebensjahr erlittenen Meningitiserkrankung beidseitig gehörlos und seit dem Jahr 2002 beidseits mit Cochlea-Implantaten (elektronische Hörprothesen) versorgt.

Bis April 2014 besuchte er die private ... Schule ... und wechselte dann in die 6. Klasse des ... -Gymnasiums in ..., Landkreis .... Dabei handelt es sich um eine öffentliche staatliche Schule, die jedoch nicht das Schulprofil „Inklusion“ aufweist bzw. entwickelt hat. Der Aufnahme in das Gymnasium hatte der Antragsgegner zu 2 als Sachaufwandsträger mit Schreiben vom 20. Februar 2014 zugestimmt und „bauliche Änderungen im Hinblick auf Schallreduzierung“ in Aussicht gestellt mit dem Vorbehalt, dass sich „die baulichen Änderungen auf ein Klassenzimmer beschränken lassen“. Weiter wies der Antragsgegner zu 2 auf die geplante Generalsanierung der Schule sowie darauf hin, dass weitere Störfaktoren im Zusammenhang mit der Größe der Schule und der Zahl der zu unterrichtenden Schüler nicht auszuschließen seien.

2. Im Schuljahr 2014/2015 besuchte der Antragsteller mit Erfolg die 7. Jahrgangsstufe des Gymnasiums in einer Klasse mit insgesamt 23 Schülern. Während des laufenden Schuljahres wurde dem Antragsteller ein Online-Schriftdolmetscher der Firma „Verbavoice“ zunächst im Umfang von 11, dann von 12 Schulstunden je Woche bewilligt; die Kosten hierfür trug der Bezirk ... als überörtlicher Träger der Sozialhilfe. Mit Hilfe des Distanzschriftdolmetschers ist es möglich, dass das von der Lehrkraft Gesprochene „in Echtzeit“ auch visuell, in Schriftform übertragen auf einem Display z. B. eines Notebooks oder eines Tablet-PCs, verfolgt werden kann.

Der Bezirk ... hat beim Verwaltungsgericht Klage gegen den ... erhoben und verfolgt damit die Erstattung der durch den Einsatz des Online-Dolmetschers entstandenen Aufwendungen. Über diese Klage, die beim Verwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen Au 3 K 15.198 anhängig ist, ist noch nicht entschieden.

3. Am 9. Juli 2015 ließ der Antragsteller u. a. unter Vorlage mehrerer fachärztlicher Stellungnahmen und einer Stellungnahme des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes des Förderzentrums ... Förderschwerpunkt Hören beim Verwaltungsgericht Augsburg beantragen,

die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für den Antragsteller in dessen Schule „...-Gymnasium“ in ... - im Schuljahr 2015/2016 im Schulmodus „G8“,

- hilfsweise im Schulmodus „Mittelstufe Plus“,

eine Schulklasse der 8. Jahrgangsstufe mit maximal 10 Schülerinnen und Schülern unter Übernahme der hierfür notwendigen Schul- und Personalaufwendungen einzurichten.

Aufgrund seiner Hörbehinderung benötige der für eine gymnasiale Beschulung ansonsten geeignete Antragsteller eine Unterrichtung in einer kleinen Klasse mit höchstens zehn Schülerinnen oder Schüler. Bei Hintergrundgeräuschen in der Klassengemeinschaft, die umso stärker seien, je größer die Klasse ist, habe er als Träger von Cochlea-Implantaten große Probleme, die von Lehrern oder anderen Mitschülern gesprochenen Sätze vollständig zu verstehen. Nur durch Konzentration und Gedächtnisleistung sei ihm ein Sprachverstehen möglich. Dies führe zusammen mit der sonstigen Denkleistung zu einer ständigen Überanstrengung, die Kopfschmerzen und starken Migräneattacken sowie weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen zur Folge hätten. Beim Unterricht in kleineren Gruppen träten diese Probleme je nach Gruppengröße nicht oder nur abgeschwächt auf. Dies habe sich bereits beim Besuch der Internationalen Schule gezeigt; dort sei er in kleinen Klassen unterrichtet worden. In der 7. Klasse sei der Unterricht an seiner jetzigen Schule im Fach Deutsch ebenfalls in einer kleinen Gruppe (ohne Inanspruchnahme des Online-Dolmetschers) erteilt worden. Die Deutschlehrerin habe berichtet, dass sich der Antragsteller dort aktiver und effektiver am Unterrichtsgeschehen habe beteiligen können als in der größeren Klasse. Es sei auch einhellige Meinung der Experten, dass für gehörlose Schüler mit Cochlea-Implantaten eine kleinere Klasse mit maximal 10 Schülern optimal sei. Der Bezirk ... befürworte ebenfalls die Einrichtung einer kleineren Klasse, sehe sich aber nicht in der Lage, Kosten für zusätzliches Lehrpersonal zu übernehmen.

Der Antragsteller habe im abgelaufenen Schuljahr (7. Klasse) zunächst an längerdauernden Migräneanfällen gelitten und deshalb Medikamente mit starken Nebenwirkungen einnehmen müssen. Erst durch die Versorgung mit dem „Verbavoice-System“ habe sich die Situation gebessert, doch sei seine Situation gleichwohl nicht optimal. Die Verwendung von „Verbavoice“ helfe ihm zwar, belaste ihn aber andererseits und führe auch insoweit zu einer „Stigmatisierung“, als andere Schüler nicht ständig auf einen Monitor schauen müssten. Der Bezirk ... habe die Gewährung von Eingliederungshilfe für die Versorgung mit dem Online-Dolmetscher für das kommende Schuljahr allerdings wieder in Aussicht gestellt.

Im kommenden Schuljahr 2015/2016 werde er die 8. Klasse besuchen, wo Klassenstärken von mindestens 28 Schülern zu erwarten seien; er habe sich für den Modus „Mittelstufe Plus“ (4-jährige Mittelstufe) angemeldet, obwohl er lieber das „normale“ G8 mit dreijähriger Mittelstufe besuchen würde. Im G8 werde auch Nachmittagsunterricht stattfinden. An Nachmittagen müsse er sich jedoch häufig von den Anstrengungen, die durch die große Klasse und die Verwendung von „Verbavoice“ bedingt seien, erholen.

Die Eltern des Antragstellers hätten sich schon ab dem Übertritt ins Gymnasium um die Einrichtung einer Klasse mit wenigen Schülern bemüht, doch sei dies unter Hinweis auf fehlendes Lehrpersonal abgelehnt worden.

Aufgrund seiner Behinderung habe der Antragsteller Anspruch darauf, im ... -Gymnasium, in das er mit Zustimmung des Antragsgegners zu 2 aufgenommen worden sei, in einer Klasse mit höchstens 10 Schülerinnen und Schüler unterrichtet zu werden. Dieser Anspruch ergebe sich aus den Bestimmungen der Behindertenkonvention der Vereinten Nationen, die (einschließlich des Zusatzprotokolls) von der Bundesrepublik ratifiziert worden sei. Die Konvention sei damit unmittelbar geltendes Recht und auch von den Antragsgegnern zu beachten. Art. 24 der Konvention („Bildung“) sei entgegen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung keineswegs unbestimmt und vermittle einem betroffenen Behinderten einen individuellen Anspruch. Ein Anspruch ergebe sich weiter auch aus den geltenden Bestimmungen des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes. Der Antragsteller sei unwiderruflich in das staatliche Gymnasium als Regelschule, das zum inklusiven Unterricht verpflichtet sei, aufgenommen worden. Nach Art. 30b Abs. 2 BayEUG habe der Antragsteller damit auch einen landesgesetzlichen Anspruch darauf, unter Beachtung seines Förderbedarfs unterrichtet zu werden. Dieser Bedarf könne nur durch den Unterricht in einer Klasse mit maximal 10 Schülern gedeckt werden, was von Experten einheitlich bestätigt werde und den bisherigen Erfahrungen des Antragstellers entspreche. Nur auf diese Weise könne Chancengleichheit hergestellt werden, da der Antragsteller dann - wie nicht hörbehinderte Schüler auch - ohne Zuhilfenahme des Online-Dolmetschers gemeinsam mit seinen Mitschülern dem Unterricht (einschließlich der Beiträge seiner Mitschüler) folgen könne und auch nicht stigmatisiert werde. Nur insoweit könne dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Diskriminierungsverbot entsprochen werden.

Darüber hinaus werde auch insoweit in das Recht des Antragstellers bzw. seiner Eltern auf Wahl des Lernortes eingegriffen, als der Antragsteller (aufgrund der zu erwartenden Klassenstärken und des voraussichtlichen Nachmittagsunterrichte) gezwungen sei, den Modus „Mittelstufe Plus“ zu wählen, was mit einer um Jahr längeren Schulzeit bis zur Hochschulreife verbunden sei; bei einer Beschulung in einer kleineren Klasse, wie von ihm begehrt, sei er voraussichtlich in der Lage, das „normale“ G8 mit dreijähriger Mittelstufe erfolgreich zu absolvieren.

Dem Begehren des Antragstellers könne der Antragsgegner zu 1 nicht mit dem Hinweis auf fehlende Ressourcen begegnen, da sich der Mehraufwand in Grenzen halte und jedenfalls nicht zu einer unzumutbaren Belastung führen werde. Im Hinblick auf mögliche Bezugsfälle dürften nur solche Schüler berücksichtigt werden, die beidseitig Cochlea-Implantate trügen und mit ähnlichen massiven gesundheitlichen Problemen wie der Antragsteller zu kämpfen hätten.

4. Die Antragsgegner beantragen beide jeweils,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

4.1 Der Antragsteller zu 1 ist der Meinung, dass der Antragsteller keinen Rechtsanspruch auf Einrichtung und Unterrichtung einer Klasse mit maximal zehn Schülerinnen oder Schüler habe. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus der Behindertenkonvention der Vereinten Nationen noch aus (sonstigem) nationalem Recht. Im Übrigen sei dem behinderungsbedingten Bedarf des Antragstellers in vielfältiger Weise Rechnung getragen worden, etwa durch akustische Ertüchtigung des Klassenzimmers und zusätzlichen Budgetstunden.

Bei Einrichtung einer Klasse mit maximal 10 Schülern sei wegen der „Bezugsfallwirkung“ für andere behinderte Schüler ein erheblicher zusätzlicher Lehrerbedarf zu erwarten, der finanziell „nicht zu stemmen“ sei.

Im Übrigen biete auch die begehrte geringere Klassenstärke keine Gewähr für weniger Störgeräusche als sie in einer Klasse mit üblicher Stärke aufträten; insoweit sei vielmehr die Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler und insbesondere das pädagogische Geschick der Lehrkraft ausschlaggebend.

4.2 Der Antragsgegner zu 2 hält den Eilantrag - soweit er gegen ihn als Schulaufwandsträger gerichtet ist - bereits für unzulässig, weil bei ihm vorher kein entsprechender Antrag gestellt worden sei.

Im Übrigen sei er auch unbegründet. Der Landkreis sei nicht passiv legitimiert. Weiter verweist der Antragsgegner zu 2 auf den in seiner Zustimmungserklärung vom 20. Februar 2014 enthaltenen Vorbehalt und die von ihm bereits durchgeführten Maßnahmen (akustische Ertüchtigung eines Klassenzimmers) sowie die Erprobung technischer Hilfsmittel (FM-Anlage), die allerdings nicht den gewünschten Erfolg erbracht hätte.

Für den Fall der Einrichtung einer Klasse mit maximal 10 Schülern bzw. der antragsgemäßen Verpflichtung des Antragsgegners zu 1 sei der Antragsgegner zu 2 jedoch bereit, für die Klassenteilung ein vorhandenes Klassenzimmer zur Verfügung zu stellen.

5. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere des weiteren Vortrags der Beteiligten im Einzelnen, wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Das Verwaltungsgericht hat außerdem die im bereits oben erwähnten Verfahren Au 3 K 15.198 vorgelegten Verwaltungsakten des Antragsgegners zu 1 und des Bezirks ..., beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akte sowie den der im vorliegenden Verfahren vom Antragsgegner zu 2 vorgelegten Verwaltungsakte wird ebenfalls Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat keinen Erfolg.

1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (Regelungsanordnung).

Eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in einem (etwaigen) Hauptsacheverfahren. Der Antragsteller hat das Vorliegen des Anordnungsgrunds und des Anordnungsanspruchs glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2, § 294 der Zivilprozessordnung - ZPO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 54).

Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes kann das Gericht ausnahmsweise auch eine Anordnung treffen, die die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnimmt, wenn diese Regelung notwendig ist, die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht.

Im Hinblick auf den bevorstehenden Unterrichtsbeginn (am 15.9.2015) und den ggf. erforderlichen organisatorischen „Vorarbeiten“ der Schulverwaltung bestehen zwar keine durchgreifenden Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes (Eilbedürftigkeit), doch liegen die weiteren Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Anordnung nicht vor.

1. Soweit sich der Antrag gegen den Antragsgegner zu 1 richtet, fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs; denn es ist nicht erkennbar, dass der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf die Bildung einer Klasse mit maximal zehn Schülern haben könnte und damit voraussichtlich in einem Hauptsacheverfahren obsiegen würde.

1.1 Eltern oder Schüler haben kein allgemeines Recht auf eine bestimmte Klassenbildung.

Nach Art. 49 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) werden an Schulen innerhalb der Jahrgangstufen Klassen gebildet. Dies gilt u. a. auch für die Mittelstufe des Gymnasiums; § 36 Abs. 1 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern (Gymnasialschulordnung - GSO) bestimmt konkretisierend, dass sich die Klassenbildung nach pädagogischen, personellen, räumlichen und organisatorischen Gegebenheiten richtet. Von der in Art. 49 Abs. 1 Satz 2 BayEUG eingeräumten Ermächtigung, in der Gymnasialschulordnung (Art. 89 Abs. 1 Satz 1 BayEUG) Mindest- und/oder Höchstzahlen für die Klassenstärke festzulegen, hat der Antragsgegner keinen Gebrauch gemacht. Es bestehen lediglich verwaltungsinterne Vorgaben ohne Außenwirkung und bindenden Charakter.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. U.v. 22.10.1979 - 7.B - 432/79 - BayVBl 1980, 244 ff.; B.v. 10.11.1981 - 7 CE 81 A.2335 - BayVBl 1982, 211 ff.; B.v. 7.12.1992 - 7 CE 92.3287 - BayVBl 1993, 185) handelt es sich bei der Entscheidung der Schulverwaltung über die Klassenbildung und damit die Klassenstärke grundsätzlich um eine schulinterne Organisationsmaßnahme, die nur den Unterrichtsbetrieb betrifft und nicht in den eigenen Rechtskreis des Schülers oder der Erziehungsberechtigten eingreift. Im Bereich der Schulorganisation werden die Grundrechte der Schüler (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 101 und 128 Abs. 1 BV) und Eltern (Art. 6 Abs. 2 GG, Art. 126 Abs. 1 BV) durch die staatliche Schulaufsicht (Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 130 BV) begrenzt; die organisatorische Gliederung der Schule gehört in den der Bestimmung durch Schüler und deren Eltern entzogenen staatlichen Gestaltungsbereich. Schüler und Eltern haben deshalb grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Staat hinsichtlich schulorganisatorischer Maßnahmen, solange dadurch ihre Rechte nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werden. Insbesondere besteht kein allgemeiner Anspruch auf Einhaltung einer bestimmten Klassenstärke. Auch aus Art. 128 Abs. 1 BV folgt kein allgemeiner Anspruch, dass in Schulklassen nur eine bestimmte Höchstzahl von Schülern zusammengefasst werden darf, solange dadurch der Bildungsanspruch der Schüler nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird. Letzteres trifft bei einer voraussichtlichen Klassenstärke von 28 Schülerinnen und Schülern allgemein nicht zu.

1.2 Auch aufgrund der besonderen Situation des Antragstellers ergibt sich kein Rechtsanspruch auf Bildung einer Klasse mit höchstens zehn Schülerinnen und Schüler.

1.2.1 Soweit der Antragsteller auf die Regelungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (VN BRK) rekurriert, verhilft dies seinem Antrag nicht zum Erfolg.

Die Konvention ist als „Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (BGBl. 2008 II, S. 1419 ff.) in das nationale Recht eingeführt worden und am 29. März 2009 in Kraft getreten. Sie ist damit gemäß Art. 59 Abs. 2 GG als einfaches Bundesgesetz wirksamer Bestandteil des Bundesrechts geworden, soweit dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für die materiellen Regelungen zusteht. Das (Vertrags-) Gesetz des Bundes hat jedoch für die Teile der Konvention, die nach Art. 70 Abs. 1 GG der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder unterfallen - hierzu gehört das Bildungswesen -, keine Umsetzung in nationales Recht bewirkt (vgl. VGH BW, B.v. 21.11.2012 - 9 S 1833/12 - DÖV 2013, 240; NdsOVG, B.v. 16.9.2010 - 2 ME 278/10 - juris; HessVGH, B.v. 12.11.2009 - 7 B 2763/09 - NVwZ-RR 2010, 602, B.v. 16.5.2012 - 7 A 1138/11.Z - DÖV 2012, 735 f.). Soweit sich die Konvention mit dem Schulwesen befasst (insbesondere Art. 24 „Bildung“), ist sie in Bayern durch das am 1. August 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vom 20. Juli 2011 (GVBl S. 313) umgesetzt worden, wobei der Landesgesetzgeber bei der Schaffung eines die Vorgaben der Konvention berücksichtigenden Schulsystems den ihm zustehenden Umsetzungsspielraum (vgl. VGH BW, B.v. 21.11.2012 - 9 S 1833/12 - DÖV 2013, 240, 2. Leitsatz, m. w. N.) genützt hat. Dies hat zur Folge, dass der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch an den schulrechtlichen Bestimmungen des Landesrechts zu messen ist. Dagegen ist Art. 24 VN BRK nicht unmittelbar anwendbar (vgl. HessVGH, B.v. 16.5.2012 - 7 A 1138/11.Z - DÖV 2012, 735 f.).

Darüber hinaus kann nach der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung - entgegen der klägerischen Auffassung - Art. 24 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 VN BRK auch deshalb keine unmittelbare Anwendbarkeit zukommen, weil der Regelungsgehalt der Konventionsvorschrift nicht hinreichend bestimmt ist, um deren unmittelbare Vollzugsfähigkeit (sog. „self-executing“) zu gewährleisten (dazu im Einzelnen insbesondere VGH BW, B.v. 21.11.2012 - 9 S 1833/12 - DÖV 2013, 240 ff., und HessVGH, B.v. 12.11.2009 - 7 B 2763/09 - NVwZ-RR 2010, 602 ff.). Individuelle Ansprüche können damit auf Art. 24 VN BRK nicht gestützt werden (so auch BayLSG, B.v. 2.11.2011 - L 8 SO 164/11 B ER - juris Rn. 56; vgl. auch BT-Drs. 16/10808 S. 48; a.A. z. B. Riedel/Arend, NVwZ 2010, 1346/1347 f.).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Bundesrepublik ebenfalls ratifizierten Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl 2008 II S. 1453), in dem festgelegt wird, dass sich auch Einzelpersonen oder Personengruppen, die behaupten, Opfer einer Verletzung des Übereinkommens durch den betreffenden Vertragsstaat zu sein, an den „Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (Art. 34 Abs. 1 VN BRK) wenden können (Art. 1 Fakultativprotokoll). Denn schon wegen der ausschließlichen Länderkompetenz für das Bildungswesen kann sich jedenfalls für Art. 24 VN BRK keine unmittelbare Anwendbarkeit und damit kein Individualanspruch ergeben. Im Übrigen ändert auch die völkervertragsrechtliche Möglichkeit, sich als Einzelperson an den genannten Ausschuss wenden zu können, nichts daran, dass Art. 24 VN BRK schon wegen seines unbestimmten Wortlauts einer unmittelbaren Vollzugsfähigkeit ermangelt.

Auch aus Art. 4 VN BRK lässt sich nicht entnehmen, dass daraus ein individueller Anspruch gegen den betreffenden Vertragsstaat hergeleitet könnte. Die Vorschrift enthält eine programmatische Beschreibung der „Allgemeinen Verpflichtungen“ der Vertragsstaaten, die für alle in den nachfolgenden Artikeln angesprochenen Lebensbereiche gilt und verpflichtet damit den jeweiligen Vertragsstaat zur Umsetzung. Sie ist aus sich heraus ersichtlich nicht vollzugsfähig, sondern „not self-executing“.

1.2.2 Auch den Bestimmungen des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen kann ein subjektives Recht des Antragstellers auf Einrichtung einer Klasse mit der vom Antragsteller begehrten maximalen Klassenstärke nicht entnommen werden.

1.2.2.1 Nach Art. 2 Abs. 2 BayEUG ist inklusiver Unterricht, d. h. die gemeinsame Unterrichtung von Schülerinnen und Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf (§ 30a Abs. 3 Satz 1 BayEUG) Aufgabe aller Schulen. Wie sich bereits aus ihrem Wortlaut ergibt, vermittelt diese Norm kein subjektives Recht, sondern enthält lediglich eine (allgemeine) Aufgabenzuweisung für alle Schulen (auch für Gymnasien).

1.2.2.2 Art. 41 Abs. 1 Satz 3 BayEUG überlässt den Erziehungsberechtigten die Entscheidung, an welchem der im Einzelfall rechtlich und tatsächlich zur Verfügung stehenden schulischen Lernorte ihr (schulpflichtiges minderjähriges) Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet werden soll; nach Satz 1 kann die Schulpflicht auch durch den Besuch der allgemeinen Schule, d. h. auch des Gymnasiums (Art. 6 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d BayEUG) erfüllt werden. Hieraus ergibt sich ein Rechtsanspruch auf Aufnahme eines Kindes mit sonderpädagogischem Förderbedarf, der allerdings voraussetzt, dass die jeweiligen schulartspezifischen Voraussetzungen gegeben sind (Art. 36a Abs. 5 Satz 2 BayEUG) und keine Ausschlussgründe i. S. d. Art. 41 Abs. 5 BayEUG vorliegen. Ein Anspruch auf Einhaltung einer bestimmten Klassengröße kann daraus jedoch nicht entnommen werden.

1.2.2.3 Auch aus den sonstigen inklusionsspezifischen Regelungen in Art. 30a und Art. 30b BayEUG ergibt sich der geltend gemachte Anspruch nicht.

Soweit der Antragsteller zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs auf die Regelung in Art. 30b Abs. 2 Satz 1 BayEUG verweist, kann ihm nicht gefolgt werden. Nach dieser Bestimmung werden einzelne Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die eine allgemeine Schule besuchen, unter Beachtung ihres Förderbedarfs unterrichtet; der nachfolgende Satz 2 schreibt dafür die Unterstützung durch den Mobilen Sonderpädagogischen Dienst (Art. 21 BayEUG) vor. Diese Bestimmungen beziehen sich allerdings nicht auf den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf (im Klassenverband oder in einer Gruppe), der in Art. 30a Abs. 3 Satz 1 BayEUG angesprochen wird, sondern auf die besondere Förderung des einzelnen behinderten Schülers (vgl. Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Art. 30b BayEUG, Erl. 6). Damit kann über Art. 30b Abs. 2 Satz 1 BayEUG nicht unmittelbar oder mittelbar auf die Größe der gesamten Klasse Einfluss genommen werden.

Darüber hinaus ist nicht nur nach Art. 30b Abs. 2 Satz 3 BayEUG der (eingeschränkte) Ressourcenvorbehalt zugunsten des Schulaufwandsträgers (in entsprechender Anwendung des Art. 30a Abs. 4 BayEUG) zu beachten, sondern auch die Regelung in Art. 41 Abs. 5 BayEUG zu berücksichtigen. Danach ist bei der Prüfung, ob der individuelle sonderpädagogische Förderbedarf eines (schulpflichtigen) behinderten Schülers an einer allgemeinen Schule hinreichend gedeckt werden kann, auch auf die an der (allgemeinen) Schule vorhandenen Unterstützungsmöglichkeiten abzustellen. Art. 41 Abs. 5 BayEUG enthält damit einen auch auf die konkrete personelle Ausstattung der allgemeinen Schule ausgerichteten Ressourcenvorbehalt. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird zu Art. 41 BayEUG ausgeführt LT Drs. 16/8100 S. 13):

„Deshalb können nicht an jeder Schule, insbesondere nicht an jeder Sprengelschule, ggf. für einzelne Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf Ressourcen in dem Umfang bereitgestellt werden, wie sie an einer Schule mit dem Schulprofil Inklusion und derzeit in Förderschulen und in Schulen mit Förderangeboten nach Art. 30a Abs. 7 angeboten werden.“

Dieser Ressourcenvorbehalt zugunsten der Schule und damit auch des Personalaufwandsträgers ist nicht nur im Zusammenhang mit der gewünschten Aufnahme eines behinderten Schülers in die allgemeine Schule, sondern, wie sich aus Art. 41 Abs. 11 Satz 1 BayEUG ergibt, auch nach erfolgter Aufnahme - etwa bei während des Schuljahres auftretenden zusätzlichen Bedarfs an Unterstützungsmaßnahmen - von Bedeutung. Die Auffassung des Antragstellers, dass nach einmal erfolgter Aufnahme in eine allgemeine Schule diese gleichsam uneingeschränkt zur Sicherstellung optimaler Lernbedingungen verpflichtet sei, kann deshalb nicht geteilt werden.

Wie von der Schule dem Antragsteller bzw. seinen Eltern kommuniziert wurde, wird im kommenden Schuljahr am ... -Gymnasium kein (zusätzliches) Lehrpersonal vorhanden sein, das bei Realisierung der begehrten Klassenbildung erforderlich wäre. Der Personalaufwandsträger sieht sich auch nicht in der Lage, die für die gewünschte Reduzierung der Klassenstärke notwendigen personellen Mittel bzw. Lehrerstunden zuzuweisen.

In diesem Zusammenhang kann auch der Einwand des Antragsgegners zu 1, dass aufgrund der Verpflichtung zur Gleichbehandlung auch in einer nicht unerheblichen Zahl weiterer Fälle zugunsten von Schülern mit sonderpädagogischen Förderbedarf ebenfalls kleine Klassen gebildet werden müssten, nicht von der Hand gewiesen werden. In Betracht kommen insoweit nicht lediglich Schüler mit beidseitigen Cochlea-Implantaten, die ähnliche Probleme wie der Antragsteller haben, sondern auch Schüler an Gymnasien (und weiteren allgemeinen Schulen) mit Förderbedarf in den Förderschwerpunkten Autismusspektrum, (sonstige) Hörbehinderung und sozial-emotionale Störung bzw. Mehrfachbehinderung. Die Darlegung des Antragsgegners zu 1, dass insoweit Kostenmehrungen in Höhe eines zweifachen Millionenbetrags entstünden, die „nicht zu stemmen“ seien, erscheinen deshalb nachvollziehbar (vgl. dazu auch VerfGH, E.v. 17.11.1994 - Vf. 96-IX-94, Vf.97-IX-94 - BayVBl 1995, 173 ff. [Nichtzulassung des Volksbegehrens u. a. „Keine Klasse über 30“]).

1.2.2.4 Die Entscheidung des Antragsgegners zu 1, keine Klasse in der gewünschten Stärke (maximal zehn Schülerinnen und Schüler) einzurichten, begegnet auch im Hinblick auf den Gleichheitssatz bzw. das Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 GG, Art. 118 Abs. 1, Art. 118a Satz 1 BV) keinen durchgreifenden Bedenken.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. grundlegend B.v. 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288 ff.; zuletzt B.v. 25.3.2015 - 1 BvR 2803/11 - juris Rn. 5) sowie des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (vgl. z. B. E.v. 9.7.2002 - Vf. 9-VII-01 - BayVBl 2003, 44 ff.; E.v. 23.8.2006 - Vf.110VI-05 - BayVBl 2007. 208 ff.; E.v.11.3.2008 - Vf. 5-VII07 - BayVBl 2009, 173 ff.) erschöpft sich das Benachteiligungsverbot nicht in der Anordnung, behinderte und nichtbehinderte Menschen rechtlich gleich zu behandeln. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaße kompensiert wird. Von den Verfassungsgerichten wird in den genannten Entscheidungen aber gleichzeitig auch ausgeführt, dass das Benachteiligungsverbot nicht ohne jede Einschränkung gilt. Zum einen ist eine rechtliche Schlechterstellung Behinderter dann zulässig, wenn zwingende Gründe dafür vorliegen, zum andern kann - und dies gilt insbesondere im Schulbereich - nicht beanstandet werden, dass die mögliche Fördermaßnahme unter den Vorbehalt des organisatorisch, personell und von den sächlichen Voraussetzungen her Möglichen gestellt wird. Dieser Vorbehalt ist Ausdruck dessen, dass der Staat seine Aufgabe, ein begabungsgerechtes Schulsystem bereitzustellen, von vornherein nur im Rahmen seiner finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten erfüllen kann, und erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber bei seinen Entscheidungen auch andere Gemeinschaftsbelange berücksichtigen und sich die Möglichkeit erhalten muss, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel für solche anderen Belange einzusetzen, wenn er dies für erforderlich hält (BVerfG, B.v. 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288 ff.).

Vorliegend ist bereits fraglich, ob die Verweigerung der „Fördermaßnahme“ (hier: die begehrte Klassenbildung mit höchstens zehn Schülern) überhaupt als Benachteiligung im Sinne der genannten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung angesehen werden kann. Diese Frage bedarf indessen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung, denn jedenfalls kann sich der Antragsgegner zu 1 auf den normativen Ressourcenvorbehalt, wie oben bereits dargelegt, berufen. Die Ablehnung der begehrten Klassenverkleinerung verstößt damit nicht gegen die genannten bundes- und landesrechtlichen Grundrechtsbestimmungen.

Gleiches gilt jedenfalls auch in Bezug auf Art. 118a Satz 2 BV, ungeachtet der Frage, ob diese Regelung als (verbindliche) Staatszielbestimmung überhaupt geeignet ist, einen bestimmten Anspruch zu vermitteln (vgl. Schmidt am Busch in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaats Bayern - Kommentar, 5. Aufl. 2014, Art. 118a Rn. 22 und 24).

Schließlich kommt auch ein Verstoß gegen das in Art. 5 Abs. 2 VN BRK enthaltene Diskriminierungsverbot nicht in Betracht. Diese Vorschrift, die (als Bundesrecht) unmittelbar (weil „self executing“) anwendbar ist, entspricht dem Regelungsgehalt des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (vgl. BSG, U.v. 6.3.2012 - B 1 KR 10/11 R - juris Rn. 31), gewährt somit keinen weitergehenden Schutz.

1.2.2.5 Im Übrigen trifft das Unterbleiben der begehrten Reduzierung der Klassenstärke den Antragsteller nicht in einem Ausmaß, dass er gezwungen wäre, das Gymnasium zu verlassen oder gar das Ziel der Erlangung der Hochschulreife zur Gänze aufzugeben. Wie von ihm vorgetragen, hat der Bezirk ... die Finanzierung des Online-Sprachdolmetschers „Verbavoice“ auch für das kommende Schuljahr in Aussicht gestellt. Auch wenn es sich dabei nicht um die optimale Lösung handeln mag, hat er aufgrund des Einsatzes dieses Hilfsmittels das abgelaufene Schuljahr erfolgreich absolvieren können. Es sind keine Gründe dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass er bei weiterer Verwendung von „Verbavoice“ nicht mehr in der Lage wäre, seine Schullaufbahn am ...-Gymnasium fortzusetzen, wenn auch möglicherweise „nur“ im Modus „Mittelstufe Plus“.

Der Einwand, dass die Verwendung des Online-Dolmetschers zu einer „Stigmatisierung“ führe, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Inklusiver Unterricht lebt vom Miteinander behinderter und nichtbehinderter Schüler, wobei es kaum zu vermeiden sein wird, dass die nichtbehinderten Schüler Kenntnis vom Handicap des Behinderten haben. Im Übrigen hat der Mobile Sonderpädagogische Dienst des Förderzentrums ... Förderschwerpunkt Hören, dem Bezirk ... auf Anfrage mit Schreiben ohne Datum (beim Bezirk eingegangen am 17.11.2014), das sich in den beigezogenen Akten des Bezirks findet, mitgeteilt, dass der mit „Verbavoice“ verbundene „Gebrauch technischer Hilfsmittel, wie Notebook oder TabletPC … bei Schülern im allgemeinen eher positiv besetzt (ist), was wiederum ... Selbstwertgefühl nicht negativ belasten würde“.

2. Nachdem der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Antragsgegner zu 1 keinen Erfolg hat, geht der gleichzeitig gestellte Antrag gegen den Antragsgegner zu 2 ins Leere. Auf die Frage, ob der Antrag insoweit bereits wegen fehlender vorheriger Antragstellung unzulässig ist, braucht daher nicht eingegangen zu werden.

3. Nach allem ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre rechtliche Grundlage in § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert im Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller möchte in der 8. Jahrgangsstufe des S.-Gymnasiums in K. in einer Klasse mit nicht mehr als zehn Schülern unterrichtet werden. Er ist seit einer Meningitiserkrankung im ersten Lebensjahr beidseitig gehörlos und seit seiner frühen Kindheit mit Cochlea-Implantaten versorgt. Nachdem seinen Wünschen nicht entsprochen worden war, beantragte er beim Verwaltungsgericht im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes, die Antragsgegner zu verpflichten, für ihn an der von ihm besuchten Schule im Schuljahr 2015/2016 eine Schulklasse der 8. Jahrgangsstufe mit maximal zehn Schülerinnen und Schüler im Schulmodus „G 8“, hilfsweise im Schulmodus „Mittelstufe Plus“ und der Übernahme der hierfür notwendigen Schul- und Personalaufwendungen einzurichten.

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass grundsätzlich weder Schüler noch deren Erziehungsberechtigte gegen den Staat einen Anspruch auf bestimmte schulorganisatorische Maßnahmen hätten. Art. 24 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen sei nicht unmittelbar anwendbar. Insoweit habe der Bayerische Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vom 27. Juli 2011, der sogenannten Inklusionsregelung, die sich aus der Behindertenrechtskonvention ergebenden Verpflichtungen im Hinblick auf das Schulwesen umgesetzt. Die Behindertenrechtskonvention sei in Art. 24 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 nicht unmittelbar vollzugsfähig (self-executing).

Auch sonst ergebe sich kein individueller Anspruch auf konkrete Maßnahmen. Schulorganisatorische Maßnahmen wie die Bildung von Klassen stünden auch in Ansehung der Verpflichtungen aus der Behindertenrechtskonvention unter dem Vorbehalt der finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten. Weil sich viele, die unter ähnlichen Behinderungen wie der Antragsteller litten, auf einen Bezugsfall berufen könnten, würde die Einrichtung so kleiner Klassen im Bedarfsfall an jeder Regelschule die finanziellen Möglichkeiten des Freistaats übersteigen. Die Weigerung, eine Klasse mit höchstens zehn Schülerinnen und Schülern zu errichten, sei im Hinblick auf den Gleichheitssatz oder die Diskriminierungsverbote in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, Art. 118 Abs. 1, Art. 118a Satz 1 BV und Art. 5 Abs. 2 der Behindertenrechtskonvention unbedenklich.

Der Antragsteller verfolgt sein Begehren mit der Beschwerde weiter.

Mit dem G1-Gymnasium in München bestehe ein Bezugsfall, auf den er sich berufen könne. Auf schulorganisatorische Maßnahmen bestehe dann ein Anspruch, wenn Rechte der Schüler oder ihrer Eltern sonst in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würden. Im Hinblick darauf habe es das Verwaltungsgericht unterlassen, sich mit den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers auseinander zu setzen. Bedingt durch Hörstress, der seinerseits durch die Wirkung der Cochlea-Implantate, die Verwendung des Online-Schriftdolmetschers „Werba-Voice“ und die Geräuschkulisse von 28 oder mehr Schülern in einer Regelklasse verursacht werde, und ständige Überanstrengung des Antragstellers träten Migräneanfälle auf, die mit starken Medikamenten behandelt werden müssten. Er werde hierdurch in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und seinem Recht auf Chancengleichheit beeinträchtigt. Bei einer Interessenabwägung müsste der Ressourcenvorbehalt gegenüber dem gesundheitlichen Aspekt zurückstehen. Der Antragsteller werde ferner in seinem Recht auf freie Wahl der Schullaufbahn beeinträchtigt. Weil die Entwicklung gleichwertiger Lebensbedingungen für Behinderte und Nichtbehinderte gezielt unterbunden werde, werde gegen die Diskriminierungsverbote in Art. 118a Satz 2 BV und Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG verstoßen. Das Verwaltungsgericht lasse dabei außer Acht, dass es eine staatliche Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Hören und dem Schulabschluss Abitur in Bayern nicht gebe. Eine verfassungskonforme und der UN-Behindertenrechtskonvention konforme Gesetzesauslegung führe zu einem Wegfall jeglichen personellen Ressourcenvorbehalts. Der Kläger könne einerseits nicht mit Autisten, sonstigen Hörbehinderten und mehrfach Behinderten verglichen werden, die keine so teuren Eingliederungshilfen bräuchten wie er, während anderseits die Finanzierung des Online-Schriftdolmetschers teurerer komme, als zusätzliches Personal für eine kleine Klasse.

Weil Art. 30b Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vorschreibe, dass Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf unter Beachtung ihres Förderbedarfs zu unterrichten seien, ergebe sich daraus ein unmittelbarer subjektiver Anspruch auf Einrichtung einer kleinen Klasse. Die Diskriminierungsverbote erforderten, dass jeweils „behinderungsgerechter“ Unterricht zur Verfügung gestellt werde. Der Antragsteller werde wegen seiner Behinderung benachteiligt, weil er nicht das „G8“ besuchen könne, sondern wegen der aufgrund der Überanstrengung rasch auftretenden Erschöpfungszustände nur die „Mittelstufe Plus“ besuchen könne, und damit gegenüber nicht behinderten Schülern ein Jahr länger bis zum Schulabschluss brauche. Aus Art. 4 Abs. 2, Art. 5 Abs. 2 und Art. 24 der Behindertenrechtskonvention ergebe sich ein subjektives Recht auf Herstellung für den Behinderten optimaler Unterrichtsverhältnisse. Auch das Individualbeschwerdeverfahren nach dem Fakultativprotokoll zur Behindertenrechtskonvention diene der subjektiven Durchsetzung der in der Behindertenrechtskonvention verankerten Rechtspositionen.

Der Antragsteller beantragt

die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für den Antragsteller an der von ihm besuchten Schule im Schuljahr 2015/2016 im Schulmodus „G8“, hilfsweise im Schulmodus “Mittelstufe Plus“, eine Schulklasse der achten Jahrgangsstufe mit maximal zehn Schülern und Schülerinnen unter Übernahme der hierfür notwendigen Schul- und Personalaufwendungen einzurichten.

Die Antragsgegner treten dem entgegen und beantragen

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, insbesondere den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei der nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die dargelegten Gründe geprüft werden, hat keinen Erfolg. Der Antragsteller konnte auch im Beschwerdeverfahren keinen Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner zu 1 glaubhaft machen, womit zugleich der Antrag gegen den Antragsgegner zu 2 erfolglos bleiben muss. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Sie werden zum Gegenstand dieser Entscheidung gemacht (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:

Auf das G1-Gymnasium in M. und die dortigen Unterrichtsformen kann sich der Antragsteller nicht als Bezugsfall berufen. Am G1-Gymnasium einerseits und den staatlichen Regelschulen andererseits werden verschiedene Konzepte verfolgt. Das G1-Gymnasium bietet ein gruppenbezogenes Angebot für mehrere Schüler mit Hörschädigung und nicht - wie im Fall des Antragstellers, auch wenn seine Klasse zufällig zwei weitere Schüler mit einer Hörbehinderung besuchen - für Einzelschüler mit Hörschädigung. Am G1-Gymnasium werden hörbehinderte Schüler zum Abitur geführt. Nach dem Abschluss der S.-H.-Realschule werden Schüler in die Einführungsklasse des G1-Gymnasiums aufgenommen, die auch nicht hörbehinderten Schülern offensteht. Die Schülerzahl der Klasse ist auf fünfzehn beschränkt. Für auswärtige hörgeschädigte Schülerinnen und Schüler steht ein Internat zur Unterbringung zur Verfügung. Das G1-Gymnasium ist deshalb anders als die staatlichen Regelschulen eine spezielle Einrichtung, in der Hörgeschädigte zur Hochschulreife geführt werden.

Das Verwaltungsgericht geht zurecht davon aus, dass mit Inkrafttreten des Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention - BRK) sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008 (BGBL S. 1419) nur insoweit Bestandteil des Bundesrechts geworden ist, als dem Bund auch die Gesetzgebungskompetenz zusteht. Soweit hingegen die Gesetzgebungskompetenz - wie hier auf dem Gebiet des Schulwesens - ausschließlich den Ländern zusteht, sind die in der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbarten Verpflichtungen durch Landesgesetz umzusetzen, was mit dem Inkrafttreten der Vorschriften zur Integration behinderter Schülerinnen und Schüler, insbesondere Art. 30a f. des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.Mai 2000 (GVBl S. 414, BayRS 2230-1-1-K), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juni 2015 (GVBl S. 183) zum 1. August 2011 geschehen ist. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts ist insoweit nichts hinzuzufügen.

Ein Anspruch auf die Bildung einer kleinen Klasse mit maximal zehn Schülern ergibt sich aus den Vorschriften über die Unterrichtung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf (Art. 30a und Art. 30b, aber auch Art. 19 ff. wie auch Art. 41 BayEUG), insbesondere aus Art. 30b Abs. 2 Satz 1 BayEUG nicht. Aus Art. 21 Abs. 2 BayEUG, auf den Art. 30b Abs. 2 Satz 2 BayEUG Bezug nimmt, wird das Prinzip deutlich, dass ein Schüler im längerfristigen Durchschnitt insgesamt nicht mehr anteilige Lehrerwochenstunden erhalten soll, als er an einer entsprechenden Förderschule hätte. Eine staatliche Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Hören, die zum Abitur führt, gibt es in Bayern zwar nicht, jedoch zeigt Art. 21 Abs. 2 BayEUG, dass mit den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln für einen einzelnen Schüler nicht dieselbe Förderung bzw. derselbe Ressourceneinsatz ermöglicht werden kann, wie sonst für eine Klasse bzw. eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern. Nach der Wertung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtwesen orientiert sich der Ressourceneinsatz für einen einzelnen Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an der anteiligen Lehrerwochenstundenzahl der Klasse oder Gruppe der Förderschule. Eine besondere personelle Ausstattung knüpft der Gesetzgeber damit an ein gruppenbezogenes Angebot im Sinn einer Bündelung von Schülern und Förderung. Eine Rechtspflicht oder gar ein Anspruch auf eine weitere Unterstützung besteht nicht.

Ein Anspruch auf konkrete Maßnahmen zur Schaffung optimaler Bedingungen, wie auf Bildung einer kleinen Klasse zur Kompensation behinderungsbedingter Nachteile ergibt sich auch nicht unter Heranziehung der Behindertenrechtskonvention als Auslegungshilfe und nicht angesichts dessen, dass das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 5 Abs. 2 BRK sofort anwendbar ist. Es ist vielmehr Aufgabe des Staates, unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Bildungsforschung im Rahmen seiner finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten ein Schulsystem bereit zu stellen, das den in Art. 24 BRK vereinbarten Zielen gerecht wird, ein integratives Bildungssystem zu gewährleisten, um das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen (Sächs. VerfGH B.v. 22.5.2014 - Vf. 20-IV-14 - NVwZ-RR 2014, 789).

Die UN-Behindertenrechtskonvention ist auf die Erreichung vereinbarter Ziele ausgerichtet, ohne jedoch die Zielerreichung in einer bestimmten Art und Weise festzulegen. In Art. 24 BRK wurden proklamationsartig soziale Ziele formuliert, die es durch die von den Vertragsstaaten zu ergreifenden Maßnahmen zu erreichen gilt. Eine Zielerreichung dadurch, dass für bestimmte Lebenssachverhalte bestimmte Rechtsfolgen unmittelbar, zwingend und sofort ab Inkrafttreten des Vertrages eintreten sollen, wurde hingegen nicht vereinbart. Dies zeigen insbesondere auch die Regelungen in Art. 31, Art. 33 und Art. 35 BRK, in denen die Führung von Statistiken und Sammlung von Daten, eine innerstaatliche Überwachung der Durchführung wie auch Berichtspflichten vereinbart worden sind (hierzu ausführlich Hess.VGH, B.v. 12.11.2009 - 7 B 2763/09 - NVwZ-RR 2010, 702). Ein Anspruch auf eine Klassenteilung ergibt sich aus Art. 24 BRK nicht. Konkrete Ansprüche für einzelne Schülerinnen oder Schüler mit Behinderung haben die Vertragsstaaten nicht vereinbart.

Art. 4 Abs. 2 BRK geht davon aus, dass die Umsetzung der Inklusion ein längerfristiger, schrittweiser Prozess ist. Art. 24 BRK begründet für die schulische Bildung eine staatliche Verpflichtung, die dem Vorbehalt der progressiven Realisierung unterliegt. Die Verwirklichung kann nicht innerhalb eines kurzen Zeitraums erreicht werden. Sie kann nur im Rahmen der finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten des Vertragsstaats erfüllt werden. Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung auch andere Gemeinschaftsbelange zu berücksichtigen und muss sich die Möglichkeit erhalten, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mitteln für solche andere Belange einzusetzen, wenn er dies für erforderlich hält (BVerfG, B.v. 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288). Der Haushaltsvorbehalt ergibt sich ferner aus Art. 2 BRK, wonach angemessene Vorkehrungen nicht unverhältnismäßig sein oder eine unbillige Belastung für den Vertragsstaat darstellen dürfen.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers würde der Anspruch eines Schülers auf eine bestimmte Klassenstärke einen Bezugsfall für vergleichbar betroffene Schülerinnen und Schüler mit Behinderung darstellen. Dass kleine Klassenstärken allein für Hörgeschädigte, die Cochlea-Implantate tragen, bessere Lernbedingungen bedeuten, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr bedeuten kleinere Klassenstärken grundsätzlich eine Verbesserung der Lernsituation und führen auch bei vielen anderen Behinderungen zu einer verbesserten Teilhabe an den Bildungsmöglichkeiten. Die aus einem derartigen Bezugsfall resultierenden Ansprüche könnten durchaus zu einer Überforderung des Staates führen und damit eine unbillige oder unverhältnismäßige Belastung bedeuten. Auf eine mögliche Einsparung technischer Hilfe im Einzelfall kann es insoweit nicht ankommen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 4 Abs. 2 Buchst. e und Abs. 3 Buchst. c BRK. Diese Regelungen beziehen sich vor allem auf gesonderte Unterrichtsformen und konkretisieren Art. 24 BRK im Hinblick auf die Kindeswohlbestimmung in Art. 7 BRK für sinnesgeschädigte Kinder, geben aber nicht in Abweichung zu Art. 24 und Art. 4 Abs. 4 BRK einen Anspruch auf optimale Förderung im gemeinsamen Unterricht. Auch diese Vorschriften bedürfen der Umsetzung (Poscher/Langer/Rux, Gutachten zu den völkerrechtlichen und innerstaatlichen Verpflichtungen aus dem Recht auf Bildung nach Art. 24 des UN-Abkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und zur Vereinbarkeit des deutschen Schulrechts mit den Vorgaben des Übereinkommens, August 2008, erstellt im Auftrag der Max-Traeger-Stiftung, S. 30 f).

Ein Anspruch auf die Bildung einer kleinen Klasse ergibt sich ferner nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG bzw. Art. 118a BV. Eine Benachteiligung im Sinn dieser Diskriminierungsverbote ist nicht nur die Verschlechterung der Situation von Behinderten wegen ihrer Behinderung, beispielsweise indem ihnen der tatsächlich mögliche Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen verwehrt wird oder Leistungen, die grundsätzlich jedermann zustehen, verweigert werden. Eine Benachteiligung ist vielmehr auch dann gegeben, wenn sie durch die öffentliche Gewalt von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden, soweit diese nicht durch eine auf ihre Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert werden. Nur aufgrund einer Gesamtwürdigung kann darüber befunden werden, ob eine Maßnahme im Einzelfall benachteiligend ist.

Der Staat muss nicht an allen Orten und zu jeder Zeit Einrichtungen vorhalten, die es behinderten Schülerinnen und Schüler ermöglichen, jeden gewünschten Schulabschluss, der den jeweiligen Fähigkeiten und der inneren Berufung entspricht (Art. 128 BV) zu erreichen. Es können nicht überall in Bayern unabhängig von den Ressourcen Schwerpunktangebote wie der Weg über die Realschule zur sonderpädagogischen Förderung und das G1-Gymnasium in einer vom Wohnort der Schüler erreichbaren Entfernung aufgebaut werden, da es an einer entsprechenden Zahl gehörloser oder schwerhöriger Schüler fehlt. Dem Freistaat steht insoweit ein großer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Organisation seines Schulsystems zur Verfügung.

Nach Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ist der Staat grundsätzlich gehalten, für behinderte Kinder und Jugendliche schulische Einrichtungen bereit zu halten, die auch ihnen eine sachgerechte schulische Erziehung, Bildung und Ausbildung ermöglichen. Dabei ist es nicht zu beanstanden, wenn die Erfüllung dieser staatlichen Aufgabe unter dem Vorbehalt des organisatorisch, personell und von den sächlichen Voraussetzungen her Möglichen gestellt ist. Der Staat kann seine Aufgabe, ein begabungsgerechtes Schulsystem bereit zu stellen, von vornherein nur im Rahmen seiner finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten erfüllen (BVerfG, B.v. 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288). Hinsichtlich der finanziellen Aufwendungen ist es nicht zu beanstanden, wenn der Staat eine Gesamtbetrachtung anstellt und nicht auf konkrete Kostenvergleiche im Einzelfall. Er muss auch nicht zwingend staatliche Schulen, etwa staatliche Förderschulen bereitstellen, die mit dem Förderschwerpunkt Hören zum Abschluss der allgemeinen Hochschulreife führen. Mit der entsprechenden Förderung kann das auch durch private Schulen geschehen. Dieser Weg wird häufig gewählt, z. B. um kommunale Sachaufwandsträger zu entlasten.

Mit dem G1-Gymnasium in Kombination mit der S.-H.-Realschule und der Möglichkeit der Unterbringung auswärtiger Schülerinnen und Schüler im Internat steht grundsätzlich ein Weg zur Hochschulreife mit sonderpädagogischer Förderung im Förderschwerpunkt Hören zur Verfügung, der bereits von vielen Schülern und Schülerinnen erfolgreich gegangen wurde. Ein Anspruch auf die Aufnahme in eine bestimmte Schule an einem bestimmten Ort besteht nicht (Art. 3 Abs. 3 BayEUG). Dass ein Schüler oder eine Schülerin im Internat untergebracht werden muss, berührt den Schutzbereich von Art. 6 GG und Art. 124 Abs. 1, Art. 126 Abs. 1 BV nicht. Eine Diskriminierung behinderter Schülerinnen und Schüler ist damit nicht verbunden. Der Weg über derartige Schwerpunktschulen dient vielmehr gerade dazu, den Anspruch Behinderter auf Bildung zu verwirklichen.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers zwingen nicht dazu, in einer Regelschule eine Klasse zu bilden, die so wenig Schüler und Schülerinnen hat, dass die durch die Anzahl der Mitschüler bedingten Anspannungen auf ein Maß gesenkt werden, das zu keinen gesundheitlichen Beschwerden führt. Die gesundheitlichen Beschwerden sind Folge der Behinderung des Antragstellers. Im Rahmen seiner Gestaltungs- und Organisationsfreiheit kann der Staat ihnen auch auf andere Weise Rechnung tragen, nämlich indem er innerhalb eines begabungsgerechten Schulsystems schwerpunktmäßig Schulen bereit stellt, in denen darauf Rücksicht genommen werden kann.

Es ist keine Frage der Freiheit der Wahl der Schullaufbahn, ob der Antragsteller die allgemeine Hochschulreife im sogenannten „G8“, also in zwölf Jahren, oder einer Variation davon erwirbt, bei der die Mittelstufe um ein Jahr gestreckt wird, oder mit Rücksicht auf die Behinderung in einer anderen Schulvariante, wobei nicht die einzelne Schülerin oder der einzelne Schüler mit Behinderung im Mittelpunkt steht, sondern gerade die Schaffung der Möglichkeit der Erreichung des Schulabschlusses durch eine Vielzahl von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen. Wie die jeweilige Schullaufbahn im Einzelnen ausgestaltet wird, liegt im Rahmen der staatlichen Gestaltungsfreiheit.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist das Individualbeschwerdeverfahren gemäß dem Fakultativprotokoll zur UN-Behindertenrechtskonvention gerade nicht auf eine subjektive Durchsetzung der durch die Behindertenrechtskonvention vermittelten Rechtspositionen angelegt. Einzelpersonen oder Personengruppen, die behaupten, Opfer einer Verletzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu sein, können sich zwar an den Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen wenden. Die Untersuchung und Prüfung des Ausschusses führt jedoch nicht zur Durchsetzung eines Individualanspruchs. Gemäß Art. 7 des Fakultativprotokolls kann der Ausschuss den betreffenden Vertragsstaat verpflichten, in seinem Bericht nach Art. 35 BRK Einzelheiten über die Maßnahmen als Reaktion auf eine durchgeführte Durchsuchung aufzunehmen (Art. 7 Abs. 1 Fakultativprotokoll) und, soweit erforderlich, den Vertragsstaat auffordern, ihn über die als Reaktion auf eine Untersuchung getroffenen Maßnahmen zu unterrichten (Art. 7 Abs. 2 Fakultativprotokoll). Eine Mitteilung an den Ausschuss hat nicht den Zweck, individuelle Rechte durchzusetzen, sondern auf die Einhaltung mit der UN-Behindertenrechtskonvention eingegangenen Verpflichtungen hinzuwirken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).

(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.

(1) Wer an einer Ausbildung teilnimmt, die seiner Neigung, Eignung und Leistung entspricht, hat ein Recht auf individuelle Förderung seiner Ausbildung, wenn ihm die hierfür erforderlichen Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen.

(2) Wer am Arbeitsleben teilnimmt oder teilnehmen will, hat ein Recht auf

1.
Beratung bei der Wahl des Bildungswegs und des Berufs,
2.
individuelle Förderung seiner beruflichen Weiterbildung,
3.
Hilfe zur Erlangung und Erhaltung eines angemessenen Arbeitsplatzes und
4.
wirtschaftliche Sicherung bei Arbeitslosigkeit und bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.

(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).

(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

Für den Erstattungsanspruch ist derselbe Rechtsweg wie für den Anspruch auf die Sozialleistung gegeben. Maßgebend ist im Fall des § 102 der Anspruch gegen den vorleistenden Leistungsträger und im Fall der §§ 103 bis 105 der Anspruch gegen den erstattungspflichtigen Leistungsträger.

Zuständig für die Sozialleistungen sind die in den §§ 18 bis 29 genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden (Leistungsträger). Die Abgrenzung ihrer Zuständigkeit ergibt sich aus den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs.

(1) Soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, geht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen über.

(2) Der Übergang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.

(3) An Stelle der Ansprüche des Arbeitnehmers auf Sachbezüge tritt im Fall des Absatzes 1 der Anspruch auf Geld; die Höhe bestimmt sich nach den nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches festgelegten Werten der Sachbezüge.

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch

1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und
2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.

(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.

(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.

(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.

(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.

(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.

(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.

(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.

(1) Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel auch ihre Eltern, ihr nicht getrennt lebender Ehegatte oder ihr Lebenspartner für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist, kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. Er kann den Übergang dieses Anspruchs auch wegen seiner Aufwendungen für diejenigen Leistungen des Dritten und Vierten Kapitels bewirken, die er gleichzeitig mit den Leistungen für die in Satz 1 genannte leistungsberechtigte Person, deren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und deren minderjährigen unverheirateten Kindern erbringt. Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Der Übergang ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.

(2) Die schriftliche Anzeige bewirkt den Übergang des Anspruchs für die Zeit, für die der leistungsberechtigten Person die Leistung ohne Unterbrechung erbracht wird. Als Unterbrechung gilt ein Zeitraum von mehr als zwei Monaten.

(3) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, der den Übergang des Anspruchs bewirkt, haben keine aufschiebende Wirkung.

(4) Die §§ 115 und 116 des Zehnten Buches gehen der Regelung des Absatzes 1 vor.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegner, ihm den Besuch der 8. Jahrgangsstufe eines Gymnasiums in einer Klasse mit maximal 10 Schülern zu ermöglichen.

1. Der 2001 geborene Antragsteller ist aufgrund einer im ersten Lebensjahr erlittenen Meningitiserkrankung beidseitig gehörlos und seit dem Jahr 2002 beidseits mit Cochlea-Implantaten (elektronische Hörprothesen) versorgt.

Bis April 2014 besuchte er die private ... Schule ... und wechselte dann in die 6. Klasse des ... -Gymnasiums in ..., Landkreis .... Dabei handelt es sich um eine öffentliche staatliche Schule, die jedoch nicht das Schulprofil „Inklusion“ aufweist bzw. entwickelt hat. Der Aufnahme in das Gymnasium hatte der Antragsgegner zu 2 als Sachaufwandsträger mit Schreiben vom 20. Februar 2014 zugestimmt und „bauliche Änderungen im Hinblick auf Schallreduzierung“ in Aussicht gestellt mit dem Vorbehalt, dass sich „die baulichen Änderungen auf ein Klassenzimmer beschränken lassen“. Weiter wies der Antragsgegner zu 2 auf die geplante Generalsanierung der Schule sowie darauf hin, dass weitere Störfaktoren im Zusammenhang mit der Größe der Schule und der Zahl der zu unterrichtenden Schüler nicht auszuschließen seien.

2. Im Schuljahr 2014/2015 besuchte der Antragsteller mit Erfolg die 7. Jahrgangsstufe des Gymnasiums in einer Klasse mit insgesamt 23 Schülern. Während des laufenden Schuljahres wurde dem Antragsteller ein Online-Schriftdolmetscher der Firma „Verbavoice“ zunächst im Umfang von 11, dann von 12 Schulstunden je Woche bewilligt; die Kosten hierfür trug der Bezirk ... als überörtlicher Träger der Sozialhilfe. Mit Hilfe des Distanzschriftdolmetschers ist es möglich, dass das von der Lehrkraft Gesprochene „in Echtzeit“ auch visuell, in Schriftform übertragen auf einem Display z. B. eines Notebooks oder eines Tablet-PCs, verfolgt werden kann.

Der Bezirk ... hat beim Verwaltungsgericht Klage gegen den ... erhoben und verfolgt damit die Erstattung der durch den Einsatz des Online-Dolmetschers entstandenen Aufwendungen. Über diese Klage, die beim Verwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen Au 3 K 15.198 anhängig ist, ist noch nicht entschieden.

3. Am 9. Juli 2015 ließ der Antragsteller u. a. unter Vorlage mehrerer fachärztlicher Stellungnahmen und einer Stellungnahme des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes des Förderzentrums ... Förderschwerpunkt Hören beim Verwaltungsgericht Augsburg beantragen,

die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für den Antragsteller in dessen Schule „...-Gymnasium“ in ... - im Schuljahr 2015/2016 im Schulmodus „G8“,

- hilfsweise im Schulmodus „Mittelstufe Plus“,

eine Schulklasse der 8. Jahrgangsstufe mit maximal 10 Schülerinnen und Schülern unter Übernahme der hierfür notwendigen Schul- und Personalaufwendungen einzurichten.

Aufgrund seiner Hörbehinderung benötige der für eine gymnasiale Beschulung ansonsten geeignete Antragsteller eine Unterrichtung in einer kleinen Klasse mit höchstens zehn Schülerinnen oder Schüler. Bei Hintergrundgeräuschen in der Klassengemeinschaft, die umso stärker seien, je größer die Klasse ist, habe er als Träger von Cochlea-Implantaten große Probleme, die von Lehrern oder anderen Mitschülern gesprochenen Sätze vollständig zu verstehen. Nur durch Konzentration und Gedächtnisleistung sei ihm ein Sprachverstehen möglich. Dies führe zusammen mit der sonstigen Denkleistung zu einer ständigen Überanstrengung, die Kopfschmerzen und starken Migräneattacken sowie weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen zur Folge hätten. Beim Unterricht in kleineren Gruppen träten diese Probleme je nach Gruppengröße nicht oder nur abgeschwächt auf. Dies habe sich bereits beim Besuch der Internationalen Schule gezeigt; dort sei er in kleinen Klassen unterrichtet worden. In der 7. Klasse sei der Unterricht an seiner jetzigen Schule im Fach Deutsch ebenfalls in einer kleinen Gruppe (ohne Inanspruchnahme des Online-Dolmetschers) erteilt worden. Die Deutschlehrerin habe berichtet, dass sich der Antragsteller dort aktiver und effektiver am Unterrichtsgeschehen habe beteiligen können als in der größeren Klasse. Es sei auch einhellige Meinung der Experten, dass für gehörlose Schüler mit Cochlea-Implantaten eine kleinere Klasse mit maximal 10 Schülern optimal sei. Der Bezirk ... befürworte ebenfalls die Einrichtung einer kleineren Klasse, sehe sich aber nicht in der Lage, Kosten für zusätzliches Lehrpersonal zu übernehmen.

Der Antragsteller habe im abgelaufenen Schuljahr (7. Klasse) zunächst an längerdauernden Migräneanfällen gelitten und deshalb Medikamente mit starken Nebenwirkungen einnehmen müssen. Erst durch die Versorgung mit dem „Verbavoice-System“ habe sich die Situation gebessert, doch sei seine Situation gleichwohl nicht optimal. Die Verwendung von „Verbavoice“ helfe ihm zwar, belaste ihn aber andererseits und führe auch insoweit zu einer „Stigmatisierung“, als andere Schüler nicht ständig auf einen Monitor schauen müssten. Der Bezirk ... habe die Gewährung von Eingliederungshilfe für die Versorgung mit dem Online-Dolmetscher für das kommende Schuljahr allerdings wieder in Aussicht gestellt.

Im kommenden Schuljahr 2015/2016 werde er die 8. Klasse besuchen, wo Klassenstärken von mindestens 28 Schülern zu erwarten seien; er habe sich für den Modus „Mittelstufe Plus“ (4-jährige Mittelstufe) angemeldet, obwohl er lieber das „normale“ G8 mit dreijähriger Mittelstufe besuchen würde. Im G8 werde auch Nachmittagsunterricht stattfinden. An Nachmittagen müsse er sich jedoch häufig von den Anstrengungen, die durch die große Klasse und die Verwendung von „Verbavoice“ bedingt seien, erholen.

Die Eltern des Antragstellers hätten sich schon ab dem Übertritt ins Gymnasium um die Einrichtung einer Klasse mit wenigen Schülern bemüht, doch sei dies unter Hinweis auf fehlendes Lehrpersonal abgelehnt worden.

Aufgrund seiner Behinderung habe der Antragsteller Anspruch darauf, im ... -Gymnasium, in das er mit Zustimmung des Antragsgegners zu 2 aufgenommen worden sei, in einer Klasse mit höchstens 10 Schülerinnen und Schüler unterrichtet zu werden. Dieser Anspruch ergebe sich aus den Bestimmungen der Behindertenkonvention der Vereinten Nationen, die (einschließlich des Zusatzprotokolls) von der Bundesrepublik ratifiziert worden sei. Die Konvention sei damit unmittelbar geltendes Recht und auch von den Antragsgegnern zu beachten. Art. 24 der Konvention („Bildung“) sei entgegen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung keineswegs unbestimmt und vermittle einem betroffenen Behinderten einen individuellen Anspruch. Ein Anspruch ergebe sich weiter auch aus den geltenden Bestimmungen des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes. Der Antragsteller sei unwiderruflich in das staatliche Gymnasium als Regelschule, das zum inklusiven Unterricht verpflichtet sei, aufgenommen worden. Nach Art. 30b Abs. 2 BayEUG habe der Antragsteller damit auch einen landesgesetzlichen Anspruch darauf, unter Beachtung seines Förderbedarfs unterrichtet zu werden. Dieser Bedarf könne nur durch den Unterricht in einer Klasse mit maximal 10 Schülern gedeckt werden, was von Experten einheitlich bestätigt werde und den bisherigen Erfahrungen des Antragstellers entspreche. Nur auf diese Weise könne Chancengleichheit hergestellt werden, da der Antragsteller dann - wie nicht hörbehinderte Schüler auch - ohne Zuhilfenahme des Online-Dolmetschers gemeinsam mit seinen Mitschülern dem Unterricht (einschließlich der Beiträge seiner Mitschüler) folgen könne und auch nicht stigmatisiert werde. Nur insoweit könne dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Diskriminierungsverbot entsprochen werden.

Darüber hinaus werde auch insoweit in das Recht des Antragstellers bzw. seiner Eltern auf Wahl des Lernortes eingegriffen, als der Antragsteller (aufgrund der zu erwartenden Klassenstärken und des voraussichtlichen Nachmittagsunterrichte) gezwungen sei, den Modus „Mittelstufe Plus“ zu wählen, was mit einer um Jahr längeren Schulzeit bis zur Hochschulreife verbunden sei; bei einer Beschulung in einer kleineren Klasse, wie von ihm begehrt, sei er voraussichtlich in der Lage, das „normale“ G8 mit dreijähriger Mittelstufe erfolgreich zu absolvieren.

Dem Begehren des Antragstellers könne der Antragsgegner zu 1 nicht mit dem Hinweis auf fehlende Ressourcen begegnen, da sich der Mehraufwand in Grenzen halte und jedenfalls nicht zu einer unzumutbaren Belastung führen werde. Im Hinblick auf mögliche Bezugsfälle dürften nur solche Schüler berücksichtigt werden, die beidseitig Cochlea-Implantate trügen und mit ähnlichen massiven gesundheitlichen Problemen wie der Antragsteller zu kämpfen hätten.

4. Die Antragsgegner beantragen beide jeweils,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

4.1 Der Antragsteller zu 1 ist der Meinung, dass der Antragsteller keinen Rechtsanspruch auf Einrichtung und Unterrichtung einer Klasse mit maximal zehn Schülerinnen oder Schüler habe. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus der Behindertenkonvention der Vereinten Nationen noch aus (sonstigem) nationalem Recht. Im Übrigen sei dem behinderungsbedingten Bedarf des Antragstellers in vielfältiger Weise Rechnung getragen worden, etwa durch akustische Ertüchtigung des Klassenzimmers und zusätzlichen Budgetstunden.

Bei Einrichtung einer Klasse mit maximal 10 Schülern sei wegen der „Bezugsfallwirkung“ für andere behinderte Schüler ein erheblicher zusätzlicher Lehrerbedarf zu erwarten, der finanziell „nicht zu stemmen“ sei.

Im Übrigen biete auch die begehrte geringere Klassenstärke keine Gewähr für weniger Störgeräusche als sie in einer Klasse mit üblicher Stärke aufträten; insoweit sei vielmehr die Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler und insbesondere das pädagogische Geschick der Lehrkraft ausschlaggebend.

4.2 Der Antragsgegner zu 2 hält den Eilantrag - soweit er gegen ihn als Schulaufwandsträger gerichtet ist - bereits für unzulässig, weil bei ihm vorher kein entsprechender Antrag gestellt worden sei.

Im Übrigen sei er auch unbegründet. Der Landkreis sei nicht passiv legitimiert. Weiter verweist der Antragsgegner zu 2 auf den in seiner Zustimmungserklärung vom 20. Februar 2014 enthaltenen Vorbehalt und die von ihm bereits durchgeführten Maßnahmen (akustische Ertüchtigung eines Klassenzimmers) sowie die Erprobung technischer Hilfsmittel (FM-Anlage), die allerdings nicht den gewünschten Erfolg erbracht hätte.

Für den Fall der Einrichtung einer Klasse mit maximal 10 Schülern bzw. der antragsgemäßen Verpflichtung des Antragsgegners zu 1 sei der Antragsgegner zu 2 jedoch bereit, für die Klassenteilung ein vorhandenes Klassenzimmer zur Verfügung zu stellen.

5. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere des weiteren Vortrags der Beteiligten im Einzelnen, wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Das Verwaltungsgericht hat außerdem die im bereits oben erwähnten Verfahren Au 3 K 15.198 vorgelegten Verwaltungsakten des Antragsgegners zu 1 und des Bezirks ..., beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akte sowie den der im vorliegenden Verfahren vom Antragsgegner zu 2 vorgelegten Verwaltungsakte wird ebenfalls Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat keinen Erfolg.

1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (Regelungsanordnung).

Eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in einem (etwaigen) Hauptsacheverfahren. Der Antragsteller hat das Vorliegen des Anordnungsgrunds und des Anordnungsanspruchs glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2, § 294 der Zivilprozessordnung - ZPO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 54).

Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes kann das Gericht ausnahmsweise auch eine Anordnung treffen, die die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnimmt, wenn diese Regelung notwendig ist, die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht.

Im Hinblick auf den bevorstehenden Unterrichtsbeginn (am 15.9.2015) und den ggf. erforderlichen organisatorischen „Vorarbeiten“ der Schulverwaltung bestehen zwar keine durchgreifenden Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes (Eilbedürftigkeit), doch liegen die weiteren Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Anordnung nicht vor.

1. Soweit sich der Antrag gegen den Antragsgegner zu 1 richtet, fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs; denn es ist nicht erkennbar, dass der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf die Bildung einer Klasse mit maximal zehn Schülern haben könnte und damit voraussichtlich in einem Hauptsacheverfahren obsiegen würde.

1.1 Eltern oder Schüler haben kein allgemeines Recht auf eine bestimmte Klassenbildung.

Nach Art. 49 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) werden an Schulen innerhalb der Jahrgangstufen Klassen gebildet. Dies gilt u. a. auch für die Mittelstufe des Gymnasiums; § 36 Abs. 1 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern (Gymnasialschulordnung - GSO) bestimmt konkretisierend, dass sich die Klassenbildung nach pädagogischen, personellen, räumlichen und organisatorischen Gegebenheiten richtet. Von der in Art. 49 Abs. 1 Satz 2 BayEUG eingeräumten Ermächtigung, in der Gymnasialschulordnung (Art. 89 Abs. 1 Satz 1 BayEUG) Mindest- und/oder Höchstzahlen für die Klassenstärke festzulegen, hat der Antragsgegner keinen Gebrauch gemacht. Es bestehen lediglich verwaltungsinterne Vorgaben ohne Außenwirkung und bindenden Charakter.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. U.v. 22.10.1979 - 7.B - 432/79 - BayVBl 1980, 244 ff.; B.v. 10.11.1981 - 7 CE 81 A.2335 - BayVBl 1982, 211 ff.; B.v. 7.12.1992 - 7 CE 92.3287 - BayVBl 1993, 185) handelt es sich bei der Entscheidung der Schulverwaltung über die Klassenbildung und damit die Klassenstärke grundsätzlich um eine schulinterne Organisationsmaßnahme, die nur den Unterrichtsbetrieb betrifft und nicht in den eigenen Rechtskreis des Schülers oder der Erziehungsberechtigten eingreift. Im Bereich der Schulorganisation werden die Grundrechte der Schüler (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 101 und 128 Abs. 1 BV) und Eltern (Art. 6 Abs. 2 GG, Art. 126 Abs. 1 BV) durch die staatliche Schulaufsicht (Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 130 BV) begrenzt; die organisatorische Gliederung der Schule gehört in den der Bestimmung durch Schüler und deren Eltern entzogenen staatlichen Gestaltungsbereich. Schüler und Eltern haben deshalb grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Staat hinsichtlich schulorganisatorischer Maßnahmen, solange dadurch ihre Rechte nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werden. Insbesondere besteht kein allgemeiner Anspruch auf Einhaltung einer bestimmten Klassenstärke. Auch aus Art. 128 Abs. 1 BV folgt kein allgemeiner Anspruch, dass in Schulklassen nur eine bestimmte Höchstzahl von Schülern zusammengefasst werden darf, solange dadurch der Bildungsanspruch der Schüler nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird. Letzteres trifft bei einer voraussichtlichen Klassenstärke von 28 Schülerinnen und Schülern allgemein nicht zu.

1.2 Auch aufgrund der besonderen Situation des Antragstellers ergibt sich kein Rechtsanspruch auf Bildung einer Klasse mit höchstens zehn Schülerinnen und Schüler.

1.2.1 Soweit der Antragsteller auf die Regelungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (VN BRK) rekurriert, verhilft dies seinem Antrag nicht zum Erfolg.

Die Konvention ist als „Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (BGBl. 2008 II, S. 1419 ff.) in das nationale Recht eingeführt worden und am 29. März 2009 in Kraft getreten. Sie ist damit gemäß Art. 59 Abs. 2 GG als einfaches Bundesgesetz wirksamer Bestandteil des Bundesrechts geworden, soweit dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für die materiellen Regelungen zusteht. Das (Vertrags-) Gesetz des Bundes hat jedoch für die Teile der Konvention, die nach Art. 70 Abs. 1 GG der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder unterfallen - hierzu gehört das Bildungswesen -, keine Umsetzung in nationales Recht bewirkt (vgl. VGH BW, B.v. 21.11.2012 - 9 S 1833/12 - DÖV 2013, 240; NdsOVG, B.v. 16.9.2010 - 2 ME 278/10 - juris; HessVGH, B.v. 12.11.2009 - 7 B 2763/09 - NVwZ-RR 2010, 602, B.v. 16.5.2012 - 7 A 1138/11.Z - DÖV 2012, 735 f.). Soweit sich die Konvention mit dem Schulwesen befasst (insbesondere Art. 24 „Bildung“), ist sie in Bayern durch das am 1. August 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vom 20. Juli 2011 (GVBl S. 313) umgesetzt worden, wobei der Landesgesetzgeber bei der Schaffung eines die Vorgaben der Konvention berücksichtigenden Schulsystems den ihm zustehenden Umsetzungsspielraum (vgl. VGH BW, B.v. 21.11.2012 - 9 S 1833/12 - DÖV 2013, 240, 2. Leitsatz, m. w. N.) genützt hat. Dies hat zur Folge, dass der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch an den schulrechtlichen Bestimmungen des Landesrechts zu messen ist. Dagegen ist Art. 24 VN BRK nicht unmittelbar anwendbar (vgl. HessVGH, B.v. 16.5.2012 - 7 A 1138/11.Z - DÖV 2012, 735 f.).

Darüber hinaus kann nach der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung - entgegen der klägerischen Auffassung - Art. 24 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 VN BRK auch deshalb keine unmittelbare Anwendbarkeit zukommen, weil der Regelungsgehalt der Konventionsvorschrift nicht hinreichend bestimmt ist, um deren unmittelbare Vollzugsfähigkeit (sog. „self-executing“) zu gewährleisten (dazu im Einzelnen insbesondere VGH BW, B.v. 21.11.2012 - 9 S 1833/12 - DÖV 2013, 240 ff., und HessVGH, B.v. 12.11.2009 - 7 B 2763/09 - NVwZ-RR 2010, 602 ff.). Individuelle Ansprüche können damit auf Art. 24 VN BRK nicht gestützt werden (so auch BayLSG, B.v. 2.11.2011 - L 8 SO 164/11 B ER - juris Rn. 56; vgl. auch BT-Drs. 16/10808 S. 48; a.A. z. B. Riedel/Arend, NVwZ 2010, 1346/1347 f.).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Bundesrepublik ebenfalls ratifizierten Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl 2008 II S. 1453), in dem festgelegt wird, dass sich auch Einzelpersonen oder Personengruppen, die behaupten, Opfer einer Verletzung des Übereinkommens durch den betreffenden Vertragsstaat zu sein, an den „Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (Art. 34 Abs. 1 VN BRK) wenden können (Art. 1 Fakultativprotokoll). Denn schon wegen der ausschließlichen Länderkompetenz für das Bildungswesen kann sich jedenfalls für Art. 24 VN BRK keine unmittelbare Anwendbarkeit und damit kein Individualanspruch ergeben. Im Übrigen ändert auch die völkervertragsrechtliche Möglichkeit, sich als Einzelperson an den genannten Ausschuss wenden zu können, nichts daran, dass Art. 24 VN BRK schon wegen seines unbestimmten Wortlauts einer unmittelbaren Vollzugsfähigkeit ermangelt.

Auch aus Art. 4 VN BRK lässt sich nicht entnehmen, dass daraus ein individueller Anspruch gegen den betreffenden Vertragsstaat hergeleitet könnte. Die Vorschrift enthält eine programmatische Beschreibung der „Allgemeinen Verpflichtungen“ der Vertragsstaaten, die für alle in den nachfolgenden Artikeln angesprochenen Lebensbereiche gilt und verpflichtet damit den jeweiligen Vertragsstaat zur Umsetzung. Sie ist aus sich heraus ersichtlich nicht vollzugsfähig, sondern „not self-executing“.

1.2.2 Auch den Bestimmungen des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen kann ein subjektives Recht des Antragstellers auf Einrichtung einer Klasse mit der vom Antragsteller begehrten maximalen Klassenstärke nicht entnommen werden.

1.2.2.1 Nach Art. 2 Abs. 2 BayEUG ist inklusiver Unterricht, d. h. die gemeinsame Unterrichtung von Schülerinnen und Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf (§ 30a Abs. 3 Satz 1 BayEUG) Aufgabe aller Schulen. Wie sich bereits aus ihrem Wortlaut ergibt, vermittelt diese Norm kein subjektives Recht, sondern enthält lediglich eine (allgemeine) Aufgabenzuweisung für alle Schulen (auch für Gymnasien).

1.2.2.2 Art. 41 Abs. 1 Satz 3 BayEUG überlässt den Erziehungsberechtigten die Entscheidung, an welchem der im Einzelfall rechtlich und tatsächlich zur Verfügung stehenden schulischen Lernorte ihr (schulpflichtiges minderjähriges) Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet werden soll; nach Satz 1 kann die Schulpflicht auch durch den Besuch der allgemeinen Schule, d. h. auch des Gymnasiums (Art. 6 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d BayEUG) erfüllt werden. Hieraus ergibt sich ein Rechtsanspruch auf Aufnahme eines Kindes mit sonderpädagogischem Förderbedarf, der allerdings voraussetzt, dass die jeweiligen schulartspezifischen Voraussetzungen gegeben sind (Art. 36a Abs. 5 Satz 2 BayEUG) und keine Ausschlussgründe i. S. d. Art. 41 Abs. 5 BayEUG vorliegen. Ein Anspruch auf Einhaltung einer bestimmten Klassengröße kann daraus jedoch nicht entnommen werden.

1.2.2.3 Auch aus den sonstigen inklusionsspezifischen Regelungen in Art. 30a und Art. 30b BayEUG ergibt sich der geltend gemachte Anspruch nicht.

Soweit der Antragsteller zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs auf die Regelung in Art. 30b Abs. 2 Satz 1 BayEUG verweist, kann ihm nicht gefolgt werden. Nach dieser Bestimmung werden einzelne Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die eine allgemeine Schule besuchen, unter Beachtung ihres Förderbedarfs unterrichtet; der nachfolgende Satz 2 schreibt dafür die Unterstützung durch den Mobilen Sonderpädagogischen Dienst (Art. 21 BayEUG) vor. Diese Bestimmungen beziehen sich allerdings nicht auf den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf (im Klassenverband oder in einer Gruppe), der in Art. 30a Abs. 3 Satz 1 BayEUG angesprochen wird, sondern auf die besondere Förderung des einzelnen behinderten Schülers (vgl. Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Art. 30b BayEUG, Erl. 6). Damit kann über Art. 30b Abs. 2 Satz 1 BayEUG nicht unmittelbar oder mittelbar auf die Größe der gesamten Klasse Einfluss genommen werden.

Darüber hinaus ist nicht nur nach Art. 30b Abs. 2 Satz 3 BayEUG der (eingeschränkte) Ressourcenvorbehalt zugunsten des Schulaufwandsträgers (in entsprechender Anwendung des Art. 30a Abs. 4 BayEUG) zu beachten, sondern auch die Regelung in Art. 41 Abs. 5 BayEUG zu berücksichtigen. Danach ist bei der Prüfung, ob der individuelle sonderpädagogische Förderbedarf eines (schulpflichtigen) behinderten Schülers an einer allgemeinen Schule hinreichend gedeckt werden kann, auch auf die an der (allgemeinen) Schule vorhandenen Unterstützungsmöglichkeiten abzustellen. Art. 41 Abs. 5 BayEUG enthält damit einen auch auf die konkrete personelle Ausstattung der allgemeinen Schule ausgerichteten Ressourcenvorbehalt. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird zu Art. 41 BayEUG ausgeführt LT Drs. 16/8100 S. 13):

„Deshalb können nicht an jeder Schule, insbesondere nicht an jeder Sprengelschule, ggf. für einzelne Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf Ressourcen in dem Umfang bereitgestellt werden, wie sie an einer Schule mit dem Schulprofil Inklusion und derzeit in Förderschulen und in Schulen mit Förderangeboten nach Art. 30a Abs. 7 angeboten werden.“

Dieser Ressourcenvorbehalt zugunsten der Schule und damit auch des Personalaufwandsträgers ist nicht nur im Zusammenhang mit der gewünschten Aufnahme eines behinderten Schülers in die allgemeine Schule, sondern, wie sich aus Art. 41 Abs. 11 Satz 1 BayEUG ergibt, auch nach erfolgter Aufnahme - etwa bei während des Schuljahres auftretenden zusätzlichen Bedarfs an Unterstützungsmaßnahmen - von Bedeutung. Die Auffassung des Antragstellers, dass nach einmal erfolgter Aufnahme in eine allgemeine Schule diese gleichsam uneingeschränkt zur Sicherstellung optimaler Lernbedingungen verpflichtet sei, kann deshalb nicht geteilt werden.

Wie von der Schule dem Antragsteller bzw. seinen Eltern kommuniziert wurde, wird im kommenden Schuljahr am ... -Gymnasium kein (zusätzliches) Lehrpersonal vorhanden sein, das bei Realisierung der begehrten Klassenbildung erforderlich wäre. Der Personalaufwandsträger sieht sich auch nicht in der Lage, die für die gewünschte Reduzierung der Klassenstärke notwendigen personellen Mittel bzw. Lehrerstunden zuzuweisen.

In diesem Zusammenhang kann auch der Einwand des Antragsgegners zu 1, dass aufgrund der Verpflichtung zur Gleichbehandlung auch in einer nicht unerheblichen Zahl weiterer Fälle zugunsten von Schülern mit sonderpädagogischen Förderbedarf ebenfalls kleine Klassen gebildet werden müssten, nicht von der Hand gewiesen werden. In Betracht kommen insoweit nicht lediglich Schüler mit beidseitigen Cochlea-Implantaten, die ähnliche Probleme wie der Antragsteller haben, sondern auch Schüler an Gymnasien (und weiteren allgemeinen Schulen) mit Förderbedarf in den Förderschwerpunkten Autismusspektrum, (sonstige) Hörbehinderung und sozial-emotionale Störung bzw. Mehrfachbehinderung. Die Darlegung des Antragsgegners zu 1, dass insoweit Kostenmehrungen in Höhe eines zweifachen Millionenbetrags entstünden, die „nicht zu stemmen“ seien, erscheinen deshalb nachvollziehbar (vgl. dazu auch VerfGH, E.v. 17.11.1994 - Vf. 96-IX-94, Vf.97-IX-94 - BayVBl 1995, 173 ff. [Nichtzulassung des Volksbegehrens u. a. „Keine Klasse über 30“]).

1.2.2.4 Die Entscheidung des Antragsgegners zu 1, keine Klasse in der gewünschten Stärke (maximal zehn Schülerinnen und Schüler) einzurichten, begegnet auch im Hinblick auf den Gleichheitssatz bzw. das Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 GG, Art. 118 Abs. 1, Art. 118a Satz 1 BV) keinen durchgreifenden Bedenken.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. grundlegend B.v. 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288 ff.; zuletzt B.v. 25.3.2015 - 1 BvR 2803/11 - juris Rn. 5) sowie des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (vgl. z. B. E.v. 9.7.2002 - Vf. 9-VII-01 - BayVBl 2003, 44 ff.; E.v. 23.8.2006 - Vf.110VI-05 - BayVBl 2007. 208 ff.; E.v.11.3.2008 - Vf. 5-VII07 - BayVBl 2009, 173 ff.) erschöpft sich das Benachteiligungsverbot nicht in der Anordnung, behinderte und nichtbehinderte Menschen rechtlich gleich zu behandeln. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaße kompensiert wird. Von den Verfassungsgerichten wird in den genannten Entscheidungen aber gleichzeitig auch ausgeführt, dass das Benachteiligungsverbot nicht ohne jede Einschränkung gilt. Zum einen ist eine rechtliche Schlechterstellung Behinderter dann zulässig, wenn zwingende Gründe dafür vorliegen, zum andern kann - und dies gilt insbesondere im Schulbereich - nicht beanstandet werden, dass die mögliche Fördermaßnahme unter den Vorbehalt des organisatorisch, personell und von den sächlichen Voraussetzungen her Möglichen gestellt wird. Dieser Vorbehalt ist Ausdruck dessen, dass der Staat seine Aufgabe, ein begabungsgerechtes Schulsystem bereitzustellen, von vornherein nur im Rahmen seiner finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten erfüllen kann, und erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber bei seinen Entscheidungen auch andere Gemeinschaftsbelange berücksichtigen und sich die Möglichkeit erhalten muss, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel für solche anderen Belange einzusetzen, wenn er dies für erforderlich hält (BVerfG, B.v. 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288 ff.).

Vorliegend ist bereits fraglich, ob die Verweigerung der „Fördermaßnahme“ (hier: die begehrte Klassenbildung mit höchstens zehn Schülern) überhaupt als Benachteiligung im Sinne der genannten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung angesehen werden kann. Diese Frage bedarf indessen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung, denn jedenfalls kann sich der Antragsgegner zu 1 auf den normativen Ressourcenvorbehalt, wie oben bereits dargelegt, berufen. Die Ablehnung der begehrten Klassenverkleinerung verstößt damit nicht gegen die genannten bundes- und landesrechtlichen Grundrechtsbestimmungen.

Gleiches gilt jedenfalls auch in Bezug auf Art. 118a Satz 2 BV, ungeachtet der Frage, ob diese Regelung als (verbindliche) Staatszielbestimmung überhaupt geeignet ist, einen bestimmten Anspruch zu vermitteln (vgl. Schmidt am Busch in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaats Bayern - Kommentar, 5. Aufl. 2014, Art. 118a Rn. 22 und 24).

Schließlich kommt auch ein Verstoß gegen das in Art. 5 Abs. 2 VN BRK enthaltene Diskriminierungsverbot nicht in Betracht. Diese Vorschrift, die (als Bundesrecht) unmittelbar (weil „self executing“) anwendbar ist, entspricht dem Regelungsgehalt des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (vgl. BSG, U.v. 6.3.2012 - B 1 KR 10/11 R - juris Rn. 31), gewährt somit keinen weitergehenden Schutz.

1.2.2.5 Im Übrigen trifft das Unterbleiben der begehrten Reduzierung der Klassenstärke den Antragsteller nicht in einem Ausmaß, dass er gezwungen wäre, das Gymnasium zu verlassen oder gar das Ziel der Erlangung der Hochschulreife zur Gänze aufzugeben. Wie von ihm vorgetragen, hat der Bezirk ... die Finanzierung des Online-Sprachdolmetschers „Verbavoice“ auch für das kommende Schuljahr in Aussicht gestellt. Auch wenn es sich dabei nicht um die optimale Lösung handeln mag, hat er aufgrund des Einsatzes dieses Hilfsmittels das abgelaufene Schuljahr erfolgreich absolvieren können. Es sind keine Gründe dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass er bei weiterer Verwendung von „Verbavoice“ nicht mehr in der Lage wäre, seine Schullaufbahn am ...-Gymnasium fortzusetzen, wenn auch möglicherweise „nur“ im Modus „Mittelstufe Plus“.

Der Einwand, dass die Verwendung des Online-Dolmetschers zu einer „Stigmatisierung“ führe, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Inklusiver Unterricht lebt vom Miteinander behinderter und nichtbehinderter Schüler, wobei es kaum zu vermeiden sein wird, dass die nichtbehinderten Schüler Kenntnis vom Handicap des Behinderten haben. Im Übrigen hat der Mobile Sonderpädagogische Dienst des Förderzentrums ... Förderschwerpunkt Hören, dem Bezirk ... auf Anfrage mit Schreiben ohne Datum (beim Bezirk eingegangen am 17.11.2014), das sich in den beigezogenen Akten des Bezirks findet, mitgeteilt, dass der mit „Verbavoice“ verbundene „Gebrauch technischer Hilfsmittel, wie Notebook oder TabletPC … bei Schülern im allgemeinen eher positiv besetzt (ist), was wiederum ... Selbstwertgefühl nicht negativ belasten würde“.

2. Nachdem der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Antragsgegner zu 1 keinen Erfolg hat, geht der gleichzeitig gestellte Antrag gegen den Antragsgegner zu 2 ins Leere. Auf die Frage, ob der Antrag insoweit bereits wegen fehlender vorheriger Antragstellung unzulässig ist, braucht daher nicht eingegangen zu werden.

3. Nach allem ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre rechtliche Grundlage in § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert im Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller möchte in der 8. Jahrgangsstufe des S.-Gymnasiums in K. in einer Klasse mit nicht mehr als zehn Schülern unterrichtet werden. Er ist seit einer Meningitiserkrankung im ersten Lebensjahr beidseitig gehörlos und seit seiner frühen Kindheit mit Cochlea-Implantaten versorgt. Nachdem seinen Wünschen nicht entsprochen worden war, beantragte er beim Verwaltungsgericht im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes, die Antragsgegner zu verpflichten, für ihn an der von ihm besuchten Schule im Schuljahr 2015/2016 eine Schulklasse der 8. Jahrgangsstufe mit maximal zehn Schülerinnen und Schüler im Schulmodus „G 8“, hilfsweise im Schulmodus „Mittelstufe Plus“ und der Übernahme der hierfür notwendigen Schul- und Personalaufwendungen einzurichten.

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass grundsätzlich weder Schüler noch deren Erziehungsberechtigte gegen den Staat einen Anspruch auf bestimmte schulorganisatorische Maßnahmen hätten. Art. 24 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen sei nicht unmittelbar anwendbar. Insoweit habe der Bayerische Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vom 27. Juli 2011, der sogenannten Inklusionsregelung, die sich aus der Behindertenrechtskonvention ergebenden Verpflichtungen im Hinblick auf das Schulwesen umgesetzt. Die Behindertenrechtskonvention sei in Art. 24 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 nicht unmittelbar vollzugsfähig (self-executing).

Auch sonst ergebe sich kein individueller Anspruch auf konkrete Maßnahmen. Schulorganisatorische Maßnahmen wie die Bildung von Klassen stünden auch in Ansehung der Verpflichtungen aus der Behindertenrechtskonvention unter dem Vorbehalt der finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten. Weil sich viele, die unter ähnlichen Behinderungen wie der Antragsteller litten, auf einen Bezugsfall berufen könnten, würde die Einrichtung so kleiner Klassen im Bedarfsfall an jeder Regelschule die finanziellen Möglichkeiten des Freistaats übersteigen. Die Weigerung, eine Klasse mit höchstens zehn Schülerinnen und Schülern zu errichten, sei im Hinblick auf den Gleichheitssatz oder die Diskriminierungsverbote in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, Art. 118 Abs. 1, Art. 118a Satz 1 BV und Art. 5 Abs. 2 der Behindertenrechtskonvention unbedenklich.

Der Antragsteller verfolgt sein Begehren mit der Beschwerde weiter.

Mit dem G1-Gymnasium in München bestehe ein Bezugsfall, auf den er sich berufen könne. Auf schulorganisatorische Maßnahmen bestehe dann ein Anspruch, wenn Rechte der Schüler oder ihrer Eltern sonst in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würden. Im Hinblick darauf habe es das Verwaltungsgericht unterlassen, sich mit den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers auseinander zu setzen. Bedingt durch Hörstress, der seinerseits durch die Wirkung der Cochlea-Implantate, die Verwendung des Online-Schriftdolmetschers „Werba-Voice“ und die Geräuschkulisse von 28 oder mehr Schülern in einer Regelklasse verursacht werde, und ständige Überanstrengung des Antragstellers träten Migräneanfälle auf, die mit starken Medikamenten behandelt werden müssten. Er werde hierdurch in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und seinem Recht auf Chancengleichheit beeinträchtigt. Bei einer Interessenabwägung müsste der Ressourcenvorbehalt gegenüber dem gesundheitlichen Aspekt zurückstehen. Der Antragsteller werde ferner in seinem Recht auf freie Wahl der Schullaufbahn beeinträchtigt. Weil die Entwicklung gleichwertiger Lebensbedingungen für Behinderte und Nichtbehinderte gezielt unterbunden werde, werde gegen die Diskriminierungsverbote in Art. 118a Satz 2 BV und Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG verstoßen. Das Verwaltungsgericht lasse dabei außer Acht, dass es eine staatliche Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Hören und dem Schulabschluss Abitur in Bayern nicht gebe. Eine verfassungskonforme und der UN-Behindertenrechtskonvention konforme Gesetzesauslegung führe zu einem Wegfall jeglichen personellen Ressourcenvorbehalts. Der Kläger könne einerseits nicht mit Autisten, sonstigen Hörbehinderten und mehrfach Behinderten verglichen werden, die keine so teuren Eingliederungshilfen bräuchten wie er, während anderseits die Finanzierung des Online-Schriftdolmetschers teurerer komme, als zusätzliches Personal für eine kleine Klasse.

Weil Art. 30b Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vorschreibe, dass Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf unter Beachtung ihres Förderbedarfs zu unterrichten seien, ergebe sich daraus ein unmittelbarer subjektiver Anspruch auf Einrichtung einer kleinen Klasse. Die Diskriminierungsverbote erforderten, dass jeweils „behinderungsgerechter“ Unterricht zur Verfügung gestellt werde. Der Antragsteller werde wegen seiner Behinderung benachteiligt, weil er nicht das „G8“ besuchen könne, sondern wegen der aufgrund der Überanstrengung rasch auftretenden Erschöpfungszustände nur die „Mittelstufe Plus“ besuchen könne, und damit gegenüber nicht behinderten Schülern ein Jahr länger bis zum Schulabschluss brauche. Aus Art. 4 Abs. 2, Art. 5 Abs. 2 und Art. 24 der Behindertenrechtskonvention ergebe sich ein subjektives Recht auf Herstellung für den Behinderten optimaler Unterrichtsverhältnisse. Auch das Individualbeschwerdeverfahren nach dem Fakultativprotokoll zur Behindertenrechtskonvention diene der subjektiven Durchsetzung der in der Behindertenrechtskonvention verankerten Rechtspositionen.

Der Antragsteller beantragt

die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für den Antragsteller an der von ihm besuchten Schule im Schuljahr 2015/2016 im Schulmodus „G8“, hilfsweise im Schulmodus “Mittelstufe Plus“, eine Schulklasse der achten Jahrgangsstufe mit maximal zehn Schülern und Schülerinnen unter Übernahme der hierfür notwendigen Schul- und Personalaufwendungen einzurichten.

Die Antragsgegner treten dem entgegen und beantragen

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, insbesondere den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei der nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die dargelegten Gründe geprüft werden, hat keinen Erfolg. Der Antragsteller konnte auch im Beschwerdeverfahren keinen Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner zu 1 glaubhaft machen, womit zugleich der Antrag gegen den Antragsgegner zu 2 erfolglos bleiben muss. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Sie werden zum Gegenstand dieser Entscheidung gemacht (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:

Auf das G1-Gymnasium in M. und die dortigen Unterrichtsformen kann sich der Antragsteller nicht als Bezugsfall berufen. Am G1-Gymnasium einerseits und den staatlichen Regelschulen andererseits werden verschiedene Konzepte verfolgt. Das G1-Gymnasium bietet ein gruppenbezogenes Angebot für mehrere Schüler mit Hörschädigung und nicht - wie im Fall des Antragstellers, auch wenn seine Klasse zufällig zwei weitere Schüler mit einer Hörbehinderung besuchen - für Einzelschüler mit Hörschädigung. Am G1-Gymnasium werden hörbehinderte Schüler zum Abitur geführt. Nach dem Abschluss der S.-H.-Realschule werden Schüler in die Einführungsklasse des G1-Gymnasiums aufgenommen, die auch nicht hörbehinderten Schülern offensteht. Die Schülerzahl der Klasse ist auf fünfzehn beschränkt. Für auswärtige hörgeschädigte Schülerinnen und Schüler steht ein Internat zur Unterbringung zur Verfügung. Das G1-Gymnasium ist deshalb anders als die staatlichen Regelschulen eine spezielle Einrichtung, in der Hörgeschädigte zur Hochschulreife geführt werden.

Das Verwaltungsgericht geht zurecht davon aus, dass mit Inkrafttreten des Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention - BRK) sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008 (BGBL S. 1419) nur insoweit Bestandteil des Bundesrechts geworden ist, als dem Bund auch die Gesetzgebungskompetenz zusteht. Soweit hingegen die Gesetzgebungskompetenz - wie hier auf dem Gebiet des Schulwesens - ausschließlich den Ländern zusteht, sind die in der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbarten Verpflichtungen durch Landesgesetz umzusetzen, was mit dem Inkrafttreten der Vorschriften zur Integration behinderter Schülerinnen und Schüler, insbesondere Art. 30a f. des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.Mai 2000 (GVBl S. 414, BayRS 2230-1-1-K), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juni 2015 (GVBl S. 183) zum 1. August 2011 geschehen ist. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts ist insoweit nichts hinzuzufügen.

Ein Anspruch auf die Bildung einer kleinen Klasse mit maximal zehn Schülern ergibt sich aus den Vorschriften über die Unterrichtung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf (Art. 30a und Art. 30b, aber auch Art. 19 ff. wie auch Art. 41 BayEUG), insbesondere aus Art. 30b Abs. 2 Satz 1 BayEUG nicht. Aus Art. 21 Abs. 2 BayEUG, auf den Art. 30b Abs. 2 Satz 2 BayEUG Bezug nimmt, wird das Prinzip deutlich, dass ein Schüler im längerfristigen Durchschnitt insgesamt nicht mehr anteilige Lehrerwochenstunden erhalten soll, als er an einer entsprechenden Förderschule hätte. Eine staatliche Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Hören, die zum Abitur führt, gibt es in Bayern zwar nicht, jedoch zeigt Art. 21 Abs. 2 BayEUG, dass mit den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln für einen einzelnen Schüler nicht dieselbe Förderung bzw. derselbe Ressourceneinsatz ermöglicht werden kann, wie sonst für eine Klasse bzw. eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern. Nach der Wertung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtwesen orientiert sich der Ressourceneinsatz für einen einzelnen Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an der anteiligen Lehrerwochenstundenzahl der Klasse oder Gruppe der Förderschule. Eine besondere personelle Ausstattung knüpft der Gesetzgeber damit an ein gruppenbezogenes Angebot im Sinn einer Bündelung von Schülern und Förderung. Eine Rechtspflicht oder gar ein Anspruch auf eine weitere Unterstützung besteht nicht.

Ein Anspruch auf konkrete Maßnahmen zur Schaffung optimaler Bedingungen, wie auf Bildung einer kleinen Klasse zur Kompensation behinderungsbedingter Nachteile ergibt sich auch nicht unter Heranziehung der Behindertenrechtskonvention als Auslegungshilfe und nicht angesichts dessen, dass das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 5 Abs. 2 BRK sofort anwendbar ist. Es ist vielmehr Aufgabe des Staates, unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Bildungsforschung im Rahmen seiner finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten ein Schulsystem bereit zu stellen, das den in Art. 24 BRK vereinbarten Zielen gerecht wird, ein integratives Bildungssystem zu gewährleisten, um das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen (Sächs. VerfGH B.v. 22.5.2014 - Vf. 20-IV-14 - NVwZ-RR 2014, 789).

Die UN-Behindertenrechtskonvention ist auf die Erreichung vereinbarter Ziele ausgerichtet, ohne jedoch die Zielerreichung in einer bestimmten Art und Weise festzulegen. In Art. 24 BRK wurden proklamationsartig soziale Ziele formuliert, die es durch die von den Vertragsstaaten zu ergreifenden Maßnahmen zu erreichen gilt. Eine Zielerreichung dadurch, dass für bestimmte Lebenssachverhalte bestimmte Rechtsfolgen unmittelbar, zwingend und sofort ab Inkrafttreten des Vertrages eintreten sollen, wurde hingegen nicht vereinbart. Dies zeigen insbesondere auch die Regelungen in Art. 31, Art. 33 und Art. 35 BRK, in denen die Führung von Statistiken und Sammlung von Daten, eine innerstaatliche Überwachung der Durchführung wie auch Berichtspflichten vereinbart worden sind (hierzu ausführlich Hess.VGH, B.v. 12.11.2009 - 7 B 2763/09 - NVwZ-RR 2010, 702). Ein Anspruch auf eine Klassenteilung ergibt sich aus Art. 24 BRK nicht. Konkrete Ansprüche für einzelne Schülerinnen oder Schüler mit Behinderung haben die Vertragsstaaten nicht vereinbart.

Art. 4 Abs. 2 BRK geht davon aus, dass die Umsetzung der Inklusion ein längerfristiger, schrittweiser Prozess ist. Art. 24 BRK begründet für die schulische Bildung eine staatliche Verpflichtung, die dem Vorbehalt der progressiven Realisierung unterliegt. Die Verwirklichung kann nicht innerhalb eines kurzen Zeitraums erreicht werden. Sie kann nur im Rahmen der finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten des Vertragsstaats erfüllt werden. Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung auch andere Gemeinschaftsbelange zu berücksichtigen und muss sich die Möglichkeit erhalten, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mitteln für solche andere Belange einzusetzen, wenn er dies für erforderlich hält (BVerfG, B.v. 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288). Der Haushaltsvorbehalt ergibt sich ferner aus Art. 2 BRK, wonach angemessene Vorkehrungen nicht unverhältnismäßig sein oder eine unbillige Belastung für den Vertragsstaat darstellen dürfen.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers würde der Anspruch eines Schülers auf eine bestimmte Klassenstärke einen Bezugsfall für vergleichbar betroffene Schülerinnen und Schüler mit Behinderung darstellen. Dass kleine Klassenstärken allein für Hörgeschädigte, die Cochlea-Implantate tragen, bessere Lernbedingungen bedeuten, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr bedeuten kleinere Klassenstärken grundsätzlich eine Verbesserung der Lernsituation und führen auch bei vielen anderen Behinderungen zu einer verbesserten Teilhabe an den Bildungsmöglichkeiten. Die aus einem derartigen Bezugsfall resultierenden Ansprüche könnten durchaus zu einer Überforderung des Staates führen und damit eine unbillige oder unverhältnismäßige Belastung bedeuten. Auf eine mögliche Einsparung technischer Hilfe im Einzelfall kann es insoweit nicht ankommen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 4 Abs. 2 Buchst. e und Abs. 3 Buchst. c BRK. Diese Regelungen beziehen sich vor allem auf gesonderte Unterrichtsformen und konkretisieren Art. 24 BRK im Hinblick auf die Kindeswohlbestimmung in Art. 7 BRK für sinnesgeschädigte Kinder, geben aber nicht in Abweichung zu Art. 24 und Art. 4 Abs. 4 BRK einen Anspruch auf optimale Förderung im gemeinsamen Unterricht. Auch diese Vorschriften bedürfen der Umsetzung (Poscher/Langer/Rux, Gutachten zu den völkerrechtlichen und innerstaatlichen Verpflichtungen aus dem Recht auf Bildung nach Art. 24 des UN-Abkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und zur Vereinbarkeit des deutschen Schulrechts mit den Vorgaben des Übereinkommens, August 2008, erstellt im Auftrag der Max-Traeger-Stiftung, S. 30 f).

Ein Anspruch auf die Bildung einer kleinen Klasse ergibt sich ferner nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG bzw. Art. 118a BV. Eine Benachteiligung im Sinn dieser Diskriminierungsverbote ist nicht nur die Verschlechterung der Situation von Behinderten wegen ihrer Behinderung, beispielsweise indem ihnen der tatsächlich mögliche Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen verwehrt wird oder Leistungen, die grundsätzlich jedermann zustehen, verweigert werden. Eine Benachteiligung ist vielmehr auch dann gegeben, wenn sie durch die öffentliche Gewalt von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden, soweit diese nicht durch eine auf ihre Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert werden. Nur aufgrund einer Gesamtwürdigung kann darüber befunden werden, ob eine Maßnahme im Einzelfall benachteiligend ist.

Der Staat muss nicht an allen Orten und zu jeder Zeit Einrichtungen vorhalten, die es behinderten Schülerinnen und Schüler ermöglichen, jeden gewünschten Schulabschluss, der den jeweiligen Fähigkeiten und der inneren Berufung entspricht (Art. 128 BV) zu erreichen. Es können nicht überall in Bayern unabhängig von den Ressourcen Schwerpunktangebote wie der Weg über die Realschule zur sonderpädagogischen Förderung und das G1-Gymnasium in einer vom Wohnort der Schüler erreichbaren Entfernung aufgebaut werden, da es an einer entsprechenden Zahl gehörloser oder schwerhöriger Schüler fehlt. Dem Freistaat steht insoweit ein großer Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Organisation seines Schulsystems zur Verfügung.

Nach Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ist der Staat grundsätzlich gehalten, für behinderte Kinder und Jugendliche schulische Einrichtungen bereit zu halten, die auch ihnen eine sachgerechte schulische Erziehung, Bildung und Ausbildung ermöglichen. Dabei ist es nicht zu beanstanden, wenn die Erfüllung dieser staatlichen Aufgabe unter dem Vorbehalt des organisatorisch, personell und von den sächlichen Voraussetzungen her Möglichen gestellt ist. Der Staat kann seine Aufgabe, ein begabungsgerechtes Schulsystem bereit zu stellen, von vornherein nur im Rahmen seiner finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten erfüllen (BVerfG, B.v. 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288). Hinsichtlich der finanziellen Aufwendungen ist es nicht zu beanstanden, wenn der Staat eine Gesamtbetrachtung anstellt und nicht auf konkrete Kostenvergleiche im Einzelfall. Er muss auch nicht zwingend staatliche Schulen, etwa staatliche Förderschulen bereitstellen, die mit dem Förderschwerpunkt Hören zum Abschluss der allgemeinen Hochschulreife führen. Mit der entsprechenden Förderung kann das auch durch private Schulen geschehen. Dieser Weg wird häufig gewählt, z. B. um kommunale Sachaufwandsträger zu entlasten.

Mit dem G1-Gymnasium in Kombination mit der S.-H.-Realschule und der Möglichkeit der Unterbringung auswärtiger Schülerinnen und Schüler im Internat steht grundsätzlich ein Weg zur Hochschulreife mit sonderpädagogischer Förderung im Förderschwerpunkt Hören zur Verfügung, der bereits von vielen Schülern und Schülerinnen erfolgreich gegangen wurde. Ein Anspruch auf die Aufnahme in eine bestimmte Schule an einem bestimmten Ort besteht nicht (Art. 3 Abs. 3 BayEUG). Dass ein Schüler oder eine Schülerin im Internat untergebracht werden muss, berührt den Schutzbereich von Art. 6 GG und Art. 124 Abs. 1, Art. 126 Abs. 1 BV nicht. Eine Diskriminierung behinderter Schülerinnen und Schüler ist damit nicht verbunden. Der Weg über derartige Schwerpunktschulen dient vielmehr gerade dazu, den Anspruch Behinderter auf Bildung zu verwirklichen.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers zwingen nicht dazu, in einer Regelschule eine Klasse zu bilden, die so wenig Schüler und Schülerinnen hat, dass die durch die Anzahl der Mitschüler bedingten Anspannungen auf ein Maß gesenkt werden, das zu keinen gesundheitlichen Beschwerden führt. Die gesundheitlichen Beschwerden sind Folge der Behinderung des Antragstellers. Im Rahmen seiner Gestaltungs- und Organisationsfreiheit kann der Staat ihnen auch auf andere Weise Rechnung tragen, nämlich indem er innerhalb eines begabungsgerechten Schulsystems schwerpunktmäßig Schulen bereit stellt, in denen darauf Rücksicht genommen werden kann.

Es ist keine Frage der Freiheit der Wahl der Schullaufbahn, ob der Antragsteller die allgemeine Hochschulreife im sogenannten „G8“, also in zwölf Jahren, oder einer Variation davon erwirbt, bei der die Mittelstufe um ein Jahr gestreckt wird, oder mit Rücksicht auf die Behinderung in einer anderen Schulvariante, wobei nicht die einzelne Schülerin oder der einzelne Schüler mit Behinderung im Mittelpunkt steht, sondern gerade die Schaffung der Möglichkeit der Erreichung des Schulabschlusses durch eine Vielzahl von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen. Wie die jeweilige Schullaufbahn im Einzelnen ausgestaltet wird, liegt im Rahmen der staatlichen Gestaltungsfreiheit.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist das Individualbeschwerdeverfahren gemäß dem Fakultativprotokoll zur UN-Behindertenrechtskonvention gerade nicht auf eine subjektive Durchsetzung der durch die Behindertenrechtskonvention vermittelten Rechtspositionen angelegt. Einzelpersonen oder Personengruppen, die behaupten, Opfer einer Verletzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu sein, können sich zwar an den Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen wenden. Die Untersuchung und Prüfung des Ausschusses führt jedoch nicht zur Durchsetzung eines Individualanspruchs. Gemäß Art. 7 des Fakultativprotokolls kann der Ausschuss den betreffenden Vertragsstaat verpflichten, in seinem Bericht nach Art. 35 BRK Einzelheiten über die Maßnahmen als Reaktion auf eine durchgeführte Durchsuchung aufzunehmen (Art. 7 Abs. 1 Fakultativprotokoll) und, soweit erforderlich, den Vertragsstaat auffordern, ihn über die als Reaktion auf eine Untersuchung getroffenen Maßnahmen zu unterrichten (Art. 7 Abs. 2 Fakultativprotokoll). Eine Mitteilung an den Ausschuss hat nicht den Zweck, individuelle Rechte durchzusetzen, sondern auf die Einhaltung mit der UN-Behindertenrechtskonvention eingegangenen Verpflichtungen hinzuwirken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Liegen die Voraussetzungen des § 683 nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung, so steht dem Geschäftsführer der in § 683 bestimmte Anspruch zu.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. November 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten für die Fortführung einer Maßnahme ("Montessori-Therapie") in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006.

2

Die 1998 geborene Klägerin litt an einer rezeptiven und expressiven Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche und wurde deshalb vom Beklagten ab Mitte 2003 bis zum Ende der Kindergartenzeit Ende Juli 2005 durch die Übernahme von Kosten für eine (nicht ärztlich verordnete) "Montessori-Einzeltherapie" gefördert. Auch nach Einschulung der Klägerin in die Regelschule übernahm der Beklagte die Kosten einer Stunde "Montessori-Einzeltherapie" pro Woche für die Zeit vom 19.9. bis 31.12.2005, lehnte jedoch die Kostenübernahme für die Fortführung der Maßnahme ab 1.1.2006 mit der Begründung ab, dass Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) nur für begleitende Hilfen in Betracht komme, während pädagogische Maßnahmen wie die durchgeführte Montessori-Therapie in den Verantwortungsbereich der Schule fielen (Bescheid vom 30.9.2005; Widerspruchsbescheid vom 13.4.2006). Die Kosten der in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006 durchgeführten Therapiestunden haben daraufhin die Eltern der Klägerin getragen.

3

Das Sozialgericht (SG) hat der auf Erstattung dieser Kosten in Höhe von 1181,50 Euro gerichteten Klage - weil die Maßnahme sowohl therapeutische als auch pädagogische Elemente enthalte - nur teilweise entsprochen und den Beklagten verurteilt, der Klägerin "für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 Eingliederungshilfe für die durchgeführte Montessori-Therapie in Höhe von 590,75 Euro zu gewähren" (Urteil vom 21.10.2008). Auf die Berufungen beider Beteiligten hat das Landessozialgericht (LSG) den Beklagten unter Zurückweisung von dessen Berufung verurteilt, der Klägerin die gesamten Kosten in Höhe von 1181,50 Euro zu erstatten (Urteil vom 18.11.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Pflicht zur Übernahme der Kosten ergebe sich aus § 19 Abs 3 SGB XII iVm § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO). Es habe sich bei der Therapie um eine heilpädagogische oder sonstige geeignete und erforderliche Maßnahme gehandelt, die der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht habe ermöglichen oder erleichtern sollen. Der Nachranggrundsatz (§ 2 Abs 1 SGB XII)stehe der Leistungspflicht nicht deshalb entgegen, weil die Montessori-Therapie auch pädagogische Elemente enthalte; sie sei nach den landesrechtlichen Vorschriften des Schulrechts nicht dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit im Sinne des schulischen Erziehungs- und Bildungsauftrags zuzurechnen. Schließlich stehe der Gewährung der Eingliederungshilfe nicht entgegen, dass die Eltern der Klägerin die Therapie bereits bezahlt hätten.

4

Mit der Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 2 Abs 1 SGB XII. Nach § 15 Abs 4 Schulgesetz für Baden-Württemberg sei die Förderung behinderter Schüler Aufgabe der Schule selbst, sodass diese für Hilfen zur angemessenen Schulbildung eintrittspflichtig sei. Unzutreffend sei die Feststellung des LSG, es handele sich bei der Montessori-Therapie um eine begleitende, nicht um eine sonderpädagogische Maßnahme. Das LSG habe insoweit sowie zur Frage der Geeignetheit und Erforderlichkeit die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten und seine Amtsermittlungspflicht verletzt, weil es die Feststellungen der Therapeutin und des Sachverständigen kritiklos übernommen und sich damit ua auf die Ausführungen eines Diplom-Psychologen gestützt habe, der weder durch Habilitation noch durch Promotion eine besondere wissenschaftliche Qualifikation nachweisen könne.

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin aufzuheben und das Urteil des SG unter vollständiger Abweisung der Klage abzuändern.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurück-verweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Es fehlen ausreichende Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für ein abschließendes Urteil.

9

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 30.9.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.4.2006 (§ 95 SGG), soweit darin die Übernahme von Kosten (1181,50 Euro) für eine in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006 durchgeführte Therapie (Montessori-Einzeltherapie) abgelehnt worden ist. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 56 SGG).

10

Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere ist weder eine Beiladung der für die Klägerin zuständigen Krankenkasse (KK) noch eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe noch der Therapeutin der Klägerin erforderlich. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG sind Dritte nämlich (nur) beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung); diese Voraussetzungen sind für keinen der Bezeichneten erfüllt. Über eine unechte notwendige Beiladung war mangels Rüge im Revisionsverfahren (s zu dieser Voraussetzung nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN) nicht zu befinden.

11

Eine notwendige Beiladung der KK im Hinblick auf § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) scheidet aus(vgl zur notwendigen Beiladung wegen unterlassener Weiterleitung des Antrags an den "eigentlich zuständigen" Träger der Teilhabeleistung nur BSGE 93, 283 ff RdNr 6 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Die durchgeführte Maßnahme stellt keine Leistung zur Teilhabe iS der §§ 4, 5 Nr 1, 14 SGB IX dar; denn die KKen sind abweichend von den Vorschriften des SGB IX (vgl § 7 SGB IX) nur unter den Voraussetzungen des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - ( vgl § 11 Abs 2, §§ 40 ff SGB V) zur Erbringung medizinischer Rehabilitationsleistungen verpflichtet (BSGE 98, 277 ff RdNr 18 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). Trotz des Aspektes bzw des Ziels der (Wieder-)Herstellung der Gesundheit haben jedoch nicht alle Maßnahmen des SGB V rehabilitativen Charakter in einem Sinn, der dem Verständnis des SGB V über eine Teilhabeleistung entspricht. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob der Begriff der Teilhabeleistung des § 14 SGB IX eigenständig (weit) oder (nur) nach dem Verständnis des SGB V auszulegen ist. Vorliegend gehörte die durchgeführte Maßnahme ohnedies nicht zum Leistungskatalog des SGB V, sodass schon deshalb keine Zuständigkeit des Beklagten nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX eingetreten ist und eine echte notwendige - ebenso wie im Übrigen eine unechte - Beiladung der KK ausscheidet.

12

Ein Kostenerstattungsanspruch für eine vom Versicherten selbstbeschaffte Leistung des SGB V würde voraussetzen, dass diese allgemein als Sach- oder Dienstleistung hätte erbracht werden müssen. Wie das LSG zu Recht erkannt hat, liegen die Voraussetzungen für einen Sachleistungsanspruch auf Gewährung der durchgeführten Therapie im Jahre 2006 nicht vor. Nach den insoweit unangefochtenen Tatsachenfeststellungen des LSG käme, weil die Therapie nicht von ärztlichen Fachkräften erbracht worden ist, allenfalls eine medizinische Dienstleistung in der Gestalt eines Heilmittels iS des § 32 SGB V(zum Heilmittelbegriff s: BSGE 88, 204, 206 ff = SozR 3-2500 § 33 Nr 41 S 229 ff; BSGE 96, 153 ff RdNr 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) in Betracht.

13

Der Heilmittelanspruch eines Versicherten (§ 11 Abs 1 Nr 4, § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und Nr 3 SGB V)unterliegt jedoch den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Insoweit sind neue Heilmittel grundsätzlich nur dann von der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) zuvor ihren therapeutischen Nutzen anerkannt und in den Richtlinien (RL) nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V über die Versorgung mit Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-RL) Empfehlungen für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung abgegeben hat(§ 138 SGB V). Die Beurteilung der Neuheit eines Heilmittels richtet sich unter formalen Gesichtspunkten danach, ob es nach dem Stand der Beschlüsse des GBA bei Inkrafttreten des § 138 SGB V (am 1.1.1989) Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung war oder seitdem einbezogen worden ist (Bundessozialgericht SozR 3-2500 § 138 Nr 2 S 26, 28 und 31; BSGE 94, 221 ff RdNr 24 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 25). Dies trifft für die Montessori-Therapie nicht zu, wie den Heilmittel-RL zu entnehmen ist, in die sie als verordnungsfähige Leistung nicht aufgenommen wurde; sie ist mithin als mögliches Heilmittel neu. Der GBA hat demgemäß in einem zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses "Heil- und Hilfsmittel" des Bundesausschusses vom 18.5.2005 über die Beratungen gemäß § 138 SGB V zur konduktiven Förderung nach Petö(abgerufen über das Internet am 15.5.2012 über http://www.g-ba.de/downloads/40-268-256/2005-05-18-Abschluss-Petoe.pdf ) auch ausgeführt, die Wirksamkeit der Montessori-Therapie sei in wissenschaftlichen Studien nicht eindeutig belegt (S 165). Die somit notwendige Empfehlung für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung fehlt. Zudem mangelt es an der nach § 73 Abs 2 Nr 7 SGB V vorausgesetzten ärztlichen Verordnung(s dazu BSGE 73, 271 ff = SozR 3-2500 § 13 Nr 4), sodass es auf einen eventuellen indikationsbezogenen Ausschluss über § 32 Abs 1 Satz 2 SGB V in den Heilmittel-RL nicht mehr ankommt.

14

Ein Anspruch aus § 43a SGB V(in der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung; Abs 2 wurde erst mit Wirkung ab 23.7.2009 eingeführt) scheidet von vornherein aus. Danach haben versicherte Kinder (nur) Anspruch auf nichtärztliche sozialpädiatrische, insbesondere auch psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden und erforderlich sind, um eine Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen Behandlungsplan aufzustellen. Nach den insoweit unangegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG diente die Maßnahme jedoch weder der Früherkennung noch stand sie unter ärztlicher Verantwortung. Es kann dahinstehen, ob der Senat an diese Feststellung entgegen § 163 SGG deshalb nicht gebunden ist, weil sie im Rahmen der von Amts wegen zu überprüfenden Beiladungsnotwendigkeit von Bedeutung ist(s dazu nur Leitherer, aaO, § 163 RdNr 5b mwN); denn diese Feststellung des LSG ist in der Sache ohnedies nicht zu beanstanden.

15

Eine Beiladung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe als "eigentlich zuständigen" Rehabilitationsträgers iS des § 6 Abs 1 Nr 6 SGB IX im Hinblick auf § 14 SGB IX dürfte schon deshalb ausscheiden, weil der Beklagte auch der nach §§ 69, 85, 86 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) iVm § 1 Kinder- und Jugendhilfegesetz für Baden-Württemberg (LKJHG) vom 14.4.2005 (Gesetzblatt 376) - zur Überprüfung des Landesrechts ist der Senat entgegen § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung (ZPO) mangels Berücksichtigung durch das LSG befugt(vgl nur das Senatsurteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 14 mwN) - für die einzig denkbare Leistung des § 35a SGB VIII als Jugendhilfeträger zuständig sein dürfte. Einer genaueren Überprüfung, ob nach den Vorschriften der §§ 5, 6 LKJHG ausnahmsweise eine Zuständigkeit der landkreisangehörigen Gemeinden begründet worden ist, bedarf es nicht, denn auch dann wäre die Gemeinde nicht notwendig beizuladen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zuletzt BVerwG, Urteil vom 19.10.2011 - 5 C 6/11 -, ZFSH/SGB 2012, 33, 35 f), der sich der Senat anschließt, wäre vorliegend von einer vorrangigen Leistungspflicht des beklagten Sozialhilfeträgers (Leistungen der Eingliederungshilfe für ua geistig behinderte junge Menschen) gemäß § 10 Abs 4 SGB VIII(in der seit 1.10.2005 geltenden Fassung) auszugehen. Aufgaben, Ziele und die Leistungen richten sich nämlich ohnedies nach den Vorschriften des SGB XII (§ 35a Abs 3 SGB VIII), decken sich also (vgl zum Erfordernis der Gleichheit oder Gleichartigkeit BVerwG aaO), und bei der Klägerin liegt jedenfalls eine wesentliche geistige Behinderung vor (dazu später). Es kann deshalb dahinstehen, ob sich eine Maßnahmenotwendigkeit auch aufgrund einer seelischen (= psychischen) Behinderung ergeben würde und wodurch sich diese von der geistigen abgrenzt.

16

Schließlich ist auch nicht die Therapeutin der Klägerin notwendig beizuladen. Zwar ist der sozialhilferechtliche Leistungserbringer iS des § 75 SGB XII - und zwar auch bei ambulanten Diensten(§ 75 Abs 1 Satz 1 SGB XII; vgl Jaritz/Eicher, juris PraxisKommentar -SGB XII, § 75 SGB XII RdNr 24)- bei einer beantragten Kostenübernahme, also einem Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung (vgl nur BSGE 102, 1 ff RdNr 25 ff = SozR 4-1500 § 75 Nr 9), notwendig beizuladen (BSG, aaO, RdNr 13 ff). Vorliegend verlangt die Klägerin jedoch nicht die Kostenübernahme durch den Beklagten im Rahmen einer Sachleistung im weiten Sinne, sondern die Erstattung der bereits beglichenen Therapiekosten als Geldleistung.

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Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung durch den zuständigen (§ 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 Ausführungsgesetz Baden-Württemberg zum SGB XII vom 1.7.2004 - GBl 534; zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG entgegen § 202 SGG iVm § 560 ZPO befugt - vgl das Senatsurteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 14 mwN) Beklagten ist § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt SGB IX. Danach sind selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (vgl dazu BSGE 102, 126 ff RdNr 11 f = SozR 4-3500 § 54 Nr 3). Ob der Beklagte die Übernahme der Kosten für die durchgeführte Therapie ab 1.1.2006 "zu Unrecht" abgelehnt hat, lässt sich allerdings anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend beurteilen. Grundlage dafür ist § 19 Abs 3 SGB XII(hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) iVm §§ 53, 54 Abs 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Abs 1 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO. Hilfen nach § 19 Abs 3 SGB XII werden unter den besonderen Voraussetzungen der Vorschriften des Fünften und Neunten Kapitels geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist.

18

Die Klägerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Nach dieser Vorschrift werden Pflichtleistungen nur an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 SGB IX sind erfüllt, wenn - soweit einschlägig - die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach den in diesem Punkt unangegriffenen Tatsachenfeststellungen des LSG liegt eine Behinderung im bezeichneten Sinn bei der Klägerin vor, die an einer geistigen Leistungsstörung (s insoweit zur Legasthenie BVerwG, Urteil vom 28.9.1995 - 5 C 21/93 -, FEVS 46, 360 ff), nämlich einer ausgeprägten rezeptiven und expressiven Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche, litt; diese geistige Behinderung war auch wesentlich.

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Wann dies der Fall ist, ergibt sich aus § 2 Eingliederungshilfe-VO. Er verlangt, dass infolge einer Schwäche der geistigen Kräfte in erheblichem Umfange die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist (vgl allgemein dazu Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, § 53 SGB XII RdNr 20 ff; Heinz, ZfF 2010, 79 ff). Dies ist jedenfalls zu bejahen, wenn - wie hier - die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen der erfolgreichen Teilnahme am Unterricht in einer Grundschule entgegenstehen (vgl auch BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02), weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können; denn eine Grundschulbildung bildet die essentielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn (vgl BSG, Urteil vom 3.11.2011 - B 3 KR 8/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 22) bzw eine valide spätere berufliche Tätigkeit. Insoweit ist wie bei der Prüfung einer Behinderung selbst auch ihre Wesentlichkeit wertend auszurichten an den Auswirkungen für die Eingliederung in der Gesellschaft (so wohl auch BVerwG, Urteil vom 28.9.1995 - 5 C 21/93 -, FEVS 46, 360 ff). Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt.

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Nicht abschließend entschieden werden kann indes, ob die im Jahre 2006 durchgeführte Therapie geeignet und erforderlich war, der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern, ob also iS des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalles die Aussicht bestand, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden konnte. Diese allgemeine Voraussetzung konkretisierend bezeichnet § 54 Abs 1 Nr 1 SGB XII(hier idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) als Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Nach § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern.

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Wie bereits § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII verdeutlicht ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liegt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde(BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22). Eine Unterscheidung der Maßnahmen nach ihrer Art, etwa nach pädagogischen oder nichtpädagogischen bzw begleitenden, ist rechtlich nicht geboten, weil grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht kommen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 101, 79 ff RdNr 27 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 1). Deshalb können von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auch Maßnahmen umfasst werden, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehören. Ausgeschlossen sind allerdings Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII ausdrücklich anordnet, die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht sollten unberührt bleiben. Die schulrechtlichen Verpflichtungen stehen mithin grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen. Zum anderen normiert § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII lediglich Hilfen, mithin unterstützende Leistungen, überlässt damit die Schulbildung selbst aber den Schulträgern. Der Kernbereich der schulischen Arbeit liegt damit nach Sinn und Zweck der §§ 53, 54 SGB XII gänzlich außerhalb der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers(ähnlich bereits, wenn auch mit anderer Begründung, BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02 - juris RdNr 17 mwN; BVerwG, Urteil vom 30.4.1992 - 5 C 1/88 - NVwZ 1993, 995, 996 f).

22

Nach diesen Maßstäben kann die durchgeführte Maßnahme eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung sein, weil sie - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - jedenfalls nicht den Kernbereich der schulischen pädagogischen Arbeit berührt, ohne dass dieser genau bestimmt werden müsste. Die durchgeführte Therapie, die nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des LSG den Prinzipien der Montessori-Therapie gefolgt ist, weist den Charakter einer nur unterstützenden und außerhalb des schulischen Betriebs stattfindenden Hilfe auf. Im Rahmen eines ganzheitlichen Denkansatzes sollten unter Verwendung von unterschiedlichem Material vielfältige Bereiche ua der Wahrnehmung, des Sprachverständnisses, der Mathematik, der Geografie, der Biologie und der Umwelt (nur) durch ein zurückhaltendes Angebot von Hilfe und Unterstützung, auch durch "sensibles Beobachten", durch den Therapeuten gefördert werden (hierzu insgesamt der in der Gerichtsakte befindliche "Infobrief über die Montessori-Therapie für Fachstellen" des Montessori-Bundesverbands eV, Mengkofen; zur Zulässigkeit der Feststellung genereller Tatsachen in der Revisionsinstanz s nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 28 mwN).

23

Soweit das LSG in seiner Entscheidung die Ausführungen des Sachverständigen und die Äußerungen der früheren Klassenlehrerin der Klägerin zur Geeignetheit und Erforderlichkeit der Therapie wiedergegeben und verwertet sowie ausgeführt hat, dass die Therapie "nach dem Förderplan der Montessori-Therapeutin gezielt auf den Aufbau der auditiven Wahrnehmungsleistung abgestimmt" gewesen sei, reicht dies jedoch für eine Beurteilung der individuellen Geeignetheit und Erforderlichkeit der durchgeführten Therapie nicht aus. Erforderlich sind vielmehr konkrete Feststellungen dazu, wie die Klägerin betreut worden ist und wie sich dies im Einzelnen auf die individuelle Lernfähigkeit der Klägerin unter prognostischer Sicht - abgestellt auf den Zeitpunkt der Entscheidung (vgl nur allgemein dazu BSG SozR 4-4300 § 86 Nr 1 RdNr 15) - auswirken sollte. Allgemein gehaltene Bewertungen der Montessori-Therapie, ihrer Ziele und Methoden, können diese Beurteilung nicht ersetzen. Da das LSG nach der Zurückverweisung der Sache die fehlenden Feststellungen nachzuholen hat, kommt es auf die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen des Beklagten nicht an. Im Rahmen der Erforderlichkeit der Hilfe wird das LSG auch die Anzahl der Therapiestunden zu überprüfen haben.

24

Schließlich wird es anhand der schuldrechtlichen Vereinbarungen mit der Therapeutin die Höhe der der Klägerin (bzw ihren Eltern) entstandenen und damit übernahme- und erstattungsfähigen Kosten zu ermitteln haben, wobei ohne Bedeutung ist, ob mit der Therapeutin Vereinbarungen nach §§ 75 ff SGB XII geschlossen sind und - wenn ja - welche Vergütung darin für die Therapiestunden vorgesehen war. Eine diesbezügliche rechtliche Unsicherheit kann sich nicht zu Lasten der Klägerin auswirken (vgl BSGE 102, 126 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr 3). Dies gilt umso mehr, als sich Umfang der Behandlung und Vergütung offenbar im Rahmen dessen bewegen, was vom Beklagten in der Zeit zuvor übernommen worden ist. Ob die Voraussetzungen einer Schuldverpflichtung der Klägerin bzw ihrer Eltern gegenüber der Therapeutin und der Angemessenheit der Kosten normimmanent aus §§ 53, 54 SGB XII oder aus § 9 Abs 1 SGB XII (Leistungen nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Bedarfs) zu entnehmen sind, kann offen bleiben. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedarf dies schon deshalb keiner näheren Begründung, weil nicht ersichtlich ist, dass sich in vorliegender Konstellation hieraus unterschiedliche Rechtsfragen ergäben.

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Entgegen der Ansicht des Beklagten steht einem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin § 2 Abs 1 SGB XII (sog Nachranggrundsatz) nicht entgegen. Danach erhält Sozialhilfe nicht, wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Diese Vorschrift ist, wenn andere Leistungen - wie hier - tatsächlich nicht erbracht werden, keine eigenständige Ausschlussnorm, sondern ihr kommt regelmäßig nur im Zusammenhang mit ergänzenden bzw konkretisierenden sonstigen Vorschriften des SGB XII Bedeutung zu; ein Leistungsausschluss ohne Rückgriff auf andere Normen des SGB XII ist mithin allenfalls in extremen Ausnahmefällen denkbar, etwa wenn sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind (BSG, Urteil vom 2.2.2010 - B 8 SO 21/08 R - RdNr 13; Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R - BSGE 104, 219 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1; Urteil vom 26.8.2008 - B 8/9b SO 16/07 R - RdNr 15). Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule ist deshalb in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule - wie hier - eine entsprechende Hilfe nicht gewährt, ja sogar darauf verweist, sie nicht erbringen zu können. Ob sie dazu verpflichtet ist, ist unerheblich. Der Sozialhilfeträger muss ggf mittels einer Überleitungsanzeige (§ 93 SGB XII) beim zuständigen Schulträger Rückgriff nehmen. Soweit der Beklagte mit seiner Revision in diesem Zusammenhang eine fehlerhafte Auslegung des Landesschulrechts rügt, kommt es darauf unabhängig davon, inwieweit der Senat diese Auslegung überhaupt überprüfen darf (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO), für die Entscheidung nicht an.

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Dem Kostenerstattungsanspruch steht schließlich nicht entgegen, dass die Eltern der Klägerin die angefallenen Kosten bereits getragen haben. Sozialhilfeleistungen setzen zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gilt allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Grundgesetz) nicht bei einer rechtswidrigen Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt hat und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten muss (BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R -, BSGE 104, 213 ff RdNr 14 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20; vgl auch zum Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - : BSG, Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 19, und Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 46/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 17 mwN).

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Ermittlungen darüber, ob die Klägerin im Falle des Klageerfolgs ihren Eltern deren Auslagen erstatten muss oder zumindest wird (vgl dazu in einer anderen Konstellation BSG, Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R -, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 19), sind entbehrlich. Im Rahmen der Vermögenssorge (§ 1926 Bürgerliches Gesetzbuch)für ein achtjähriges Kind sind Vereinbarungen über eine Rückerstattung der Kosten besonderer Sozialhilfeleistungen (§ 84 Abs 2 SGB XII ist nicht anwendbar, weil § 92 Abs 1 Satz 2 SGB XII insoweit als Sonderregelung vorgeht), die die Eltern übernommen haben, weil der Sozialhilfeträger die Leistung abgelehnt hat, bei realitätsnaher Sichtweise unüblich. Unerheblich ist es auch, ob und inwieweit in der Übernahme dieser Kosten eine tatsächliche Unterhaltszahlung zu sehen sein könnte. Eine solche Prüfung würde den Zweck des § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII(hier in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) konterkarieren, die Eltern behinderter mit denen nichtbehinderter Kinder hinsichtlich der aus einer angemessenen Schulbildung ihrer Kinder folgenden Lasten wirtschaftlich gleichzustellen (so bereits BVerwGE 94, 127, 135 f mwN zur Vorgängervorschrift des § 43 Abs 2 Satz 1 Nr 2 und Satz 2 Bundessozialhilfegesetz).

28

Aus § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII ergibt sich zugleich, dass auf Leistungen weder Einkommen der Klägerin noch Einkommen ihrer Eltern anzurechnen ist; denn nach Satz 1 ist eine Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten. Eine Vermögensanrechnung unterbleibt völlig (Satz 2). Die Beschränkung auf die Kosten des Lebensunterhalts in § 92 Abs 2 Satz 1 SGB XII bedeutet, dass Aufwendungen des Sozialhilfeträgers für die besonderen Hilfen nicht zu erstatten sind, soweit nicht integraler Bestandteil dieser Hilfen Kosten des Lebensunterhalts sind(Behrend in jurisPK-SGB XII, § 92 SGB XII RdNr 23 mwN). Dies war indes bei der durchgeführten Therapie nicht der Fall. Insoweit setzt § 92 Abs 2 SGB XII nicht voraus, dass gleichzeitig die in § 92 Abs 1 SGB XII beschriebenen Merkmale für die Hilfe für eine stationäre Einrichtung, für eine Tageseinrichtung für behinderte Menschen oder für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen vorliegen(Behrend, aaO, RdNr 22 mwN).

29

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme von Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).

2

Der 1997 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an dem sogenannten Rubinstein-Taybi-Syndrom mit Absence-Epilepsie, verzögerter Entwicklung, Minderwuchs und geistiger Behinderung, verbunden mit Hyperaktivität und teilweiser Aggressivität. Er lebt seit seinem 4. Lebensmonat in einer Pflegefamilie, in die er direkt nach dem Klinikaufenthalt nach seiner Geburt aufgenommen wurde. Das staatliche Schulamt für den Landkreis G. und den V. stellte beim Kläger einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Sinne des Besuchs einer Schule für praktisch Bildbare fest und wies ihn zum 1.8.2005 der staatlichen M.-Schule in G. zu. Da die Pflegeeltern die sonderpädagogische Förderung des Klägers an der nach den Grundsätzen der anthroposophischen Heilpädagogik und der Waldorfpädagogik unterrichtenden privaten B.-Schule wünschten, erklärte das staatliche Schulamt gleichzeitig sein Einverständnis, den sonderpädagogischen Förderbedarf dort zu erfüllen, sofern die Frage der Kostenübernahme mit dem Schulverwaltungsamt des Kreisausschusses des Landkreises G. geklärt sei (Bescheid vom 31.5.2005). Nachdem die Pflegeeltern für den Kläger mit dem Träger der B.-Schule einen Schulvertrag ab 1.8.2005 abgeschlossen und dabei ein monatliches Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro vereinbart hatten, wurde der Kläger am 5.9.2005 in die B.-Schule eingeschult. Den vom Träger der Schule - nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) - namens und im Auftrag der Pflegeeltern gestellten Antrag auf Übernahme des Schulgelds lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 22.6.2005; Widerspruchsbescheid vom 19.4.2006).

3

Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 11.11.2008; Urteil des Hessischen LSG vom 22.11.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Besuch der B.-Schule sei keine für eine angemessene Schulbildung des Klägers erforderliche Maßnahme. Hieran ändere auch die schulrechtliche Einstufung durch das staatliche Schulamt, an die der Sozialhilfeträger gebunden sei, nichts, weil eine Zuweisung nur an die staatliche M.-Schule erfolgt sei, während der Besuch der B.-Schule ausschließlich als mögliche Beschulungsalternative gestattet worden sei. Beide Schulen seien geeignete Förderschulen zur Erfüllung des besonderen sonderpädagogischen Bedarfs des Klägers. Auch das Elternrecht aus Art 6 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) biete als Abwehrrecht keinen Anspruch auf Vermittlung pädagogischer Lehrinhalte und Bildungsziele außerhalb öffentlicher Schulen. Ein Anspruch könne auch nicht aus Art 7 Abs 4 Satz 1 GG hergeleitet werden, weil insoweit nur das private Ersatzschulwesen geschützt werde, nicht jedoch auch das Recht der Eltern, eine private Ersatzschule kostenfrei zu wählen.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Eingliederungshilfeverordnung (Eingliederungshilfe-VO) und macht Verfahrensfehler geltend. Zu Unrecht gehe das LSG davon aus, dass der Besuch einer privaten Förderschule und der damit verbundene Schulgeldaufwand bei Bestehen einer gleichwertigen kostenfreien Beschulungsmöglichkeit nicht erforderlich iS von § 12 Eingliederungshilfe-VO sei. Zwar hätte sein schulischer Förderbedarf auch durch den Besuch der M.-Schule sichergestellt werden können; das Berufungsgericht lasse aber unberücksichtigt, dass die Pflegeeltern mit ihrer Auswahlentscheidung den von den staatlichen Schulbehörden eingeräumten Rahmen mit einer für den beklagten Sozialhilfeträger ebenso verbindlichen Weise ausgefüllt hätten, wie dies durch eine förmliche Zuweisung der Schulbehörden geschehen wäre. Folge man der Auffassung des LSG liefen das eingeräumte Wahlrecht und letztlich die Bestimmung des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII leer, wenn Eltern die mit dem Schulbesuch verbundenen Kosten nicht aufbringen könnten. Sei schulrechtlich eine Wahlfreiheit zwischen öffentlicher Förder- und privater Ersatzschule eröffnet, setze eine generelle Beschränkung der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auf den Besuch öffentlicher Schulen nach der Rechtsprechung des 6. Senats des LSG (Urteil vom 18.8.2010 - L 6 SO 5/10) verfassungsrechtlich eine ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers voraus. Durch den unterlassenen Hinweis, dem 6. Senat nicht folgen zu wollen, habe das LSG das rechtliche Gehör verletzt (Überraschungsentscheidung). Auch habe sich das LSG nicht mit dem Vortrag auseinandergesetzt, dass der Beklagte mit seiner (des Klägers) Beschulung in der B.-Schule einverstanden gewesen sei und sich hieraus die Verpflichtung ableite, auch für die entstehenden Beschulungskosten einzustehen. Unterblieben sei schließlich die Prüfung, ob eine Aufnahme in die M.-Schule nicht an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält die Auffassung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des monatlichen Schulgelds in Höhe von 303,92 Euro bzw in Höhe des für Oktober 2009 maßgeblichen Teils davon für den Besuch der B.-Schule.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zulässigerweise nur der Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 (§ 95 SGG) über die Ablehnung der Übernahme des Schulgelds als abgrenzbaren Streitgegenstand im Rahmen der Eingliederungshilfe. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG). Sozial erfahrene Dritte waren vor Erlass des Widerspruchsbescheids nicht zu beteiligen (§ 116 Abs 2 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 iVm § 8 Abs 2 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 20.12.2004 - GVBl 488). Nicht Streitgegenstand sind Leistungen für den Lebensunterhalt, auch nicht im Rahmen des sog Meistbegünstigungsprinzips, wonach zur Sicherstellung einer möglichst weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte (§ 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -; vgl dazu: Voelzke in juris PraxisKommentar SGB I, 2. Aufl 2011 - online -, § 2 RdNr 26; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB I, K § 2 RdNr 44, Stand Dezember 2005), Anträge bzw Rechtsbehelfe ohne Bindung an den Wortlaut nach dem wirklichen Willen des Antragstellers auszulegen sind (BSG SozR 4-3500 § 44 Nr 2 RdNr 13); denn eine abweichende Festlegung des Bedarfs wegen der Verpflichtung zur Zahlung des Schulgelds (§ 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII) kommt ohnedies nicht in Betracht (siehe dazu unten).

10

Nach § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) iVm § 54 Abs 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch; für die Zeit ab 5.8.2009 in der Normfassung des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.

11

Vorliegend ist es schon fraglich, ob der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs 1 HAG/SGB XII idF des Gesetzes vom 20.12.2004) für den streitigen Anspruch auf Übernahme des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe der sachlich zuständige Sozialhilfeträger ist. Abweichend von § 100 Bundessozialhilfegesetz(BSHG; in der nach Art 68 Abs 2 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bis 31.12.2006 fortgeltenden Fassung) bzw ab 1.7.2007 § 97 Abs 3 Nr 1 SGB XII (Art 70 Abs 2 S 6 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) regelt § 97 Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm § 2 Abs 1 Nr 1 HAG/SGB XII(bis 31.6.2006 in der nach § 13 Abs 3 HAG/SGB XII bestimmten Fassung) die sachliche Zuständigkeit von örtlichem bzw überörtlichem Sozialhilfeträger. Danach ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII nur sachlich zuständig, sofern diese in einer Einrichtung zur stationären oder teilstationären Betreuung zu gewähren sind. Eine (teilstationäre) "Einrichtung" im Sinne des SGB XII (§ 13 SGB XII)ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist und Leistungen der Sozialhilfe erbringt (BVerwGE 95, 149, 152; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2).

12

Ob eine Schule (anders als etwa die der Schule angegliederte Behinderteneinrichtung) eine teilstationäre Einrichtung in diesem Sinne ist, insbesondere Leistungen der Sozialhilfe erbringt (vgl dazu BVerwGE 48, 228, 231, das zwischen allgemeinen Schulen und Schulen unterscheidet, in denen über die bloße Vermittlung des Lernstoffs hinaus ein besonderes Maß an Betreuung erforderlich ist), ist zweifelhaft, wobei es für die Ablehnung der Leistung wegen Unzuständigkeit genügt, dass Sozialhilfeleistungen geltend gemacht werden. Für die Begründung der sachlichen Zuständigkeit ist es jedenfalls nicht - wie der Beklagte meint - ausreichend, dass er aufgrund langjähriger Praxis bei Pflegefamilienverhältnissen (im Rahmen des § 97 Abs 5 SGB XII) auch die Begleitkosten übernimmt, sofern diese übernahmefähig sind. Eine solche Annex-Kompetenz, wie sie etwa § 2 Abs 2 HAG/SGB XII(in der bis 31.12.2006 geltenden Fassung) vorsieht, setzt nämlich die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers für die im Rahmen eines Pflegefamilienverhältnisses zu erbringende Eingliederungshilfe voraus, an der es vorliegend fehlen könnte. Im Ergebnis kann diese Frage aber dahingestellt bleiben, weil der Kläger auch bei unterstellter sachlicher Zuständigkeit des Beklagten keinen Anspruch auf die im Streit stehende Leistung hat.

13

Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Die Voraussetzungen für eine Behinderung nach § 2 Abs 1 SGB IX sind erfüllt, wenn die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach den Feststellungen des LSG liegt eine solche Behinderung vor.

14

Die geistige Behinderung ist auch wesentlich. Wann dies der Fall ist, ist § 2 Eingliederungshilfe-VO zu entnehmen, wonach eine wesentliche Behinderung vorliegt, wenn infolge einer Schwäche der geistigen Kräfte in erheblichem Umfang die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft eingeschränkt ist. Dies richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls und hängt deshalb von sehr unterschiedlichen, durch die individuelle Behinderung geprägten Umständen ab (BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 12 S 2). Insoweit ist wie bei der Prüfung der Behinderung auch ihre Wesentlichkeit wertend auszurichten, insbesondere an den Auswirkungen für die Eingliederung in die Gesellschaft. Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt (vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Stehen - wie hier - die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen der erfolgreichen Teilnahme des Klägers am Unterricht in einer allgemeinen (Grund-)Schule entgegen (vgl auch BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02), weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können, und erfordert die geistige Behinderung deshalb einen sonderpädagogischen Förderbedarf, um die mögliche Vermittlung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten überhaupt erst zu ermöglichen, ist die Behinderung nach den oben aufgezeigten Grundsätzen wesentlich; denn eine Grundschulbildung bildet die essentielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn (vgl: BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; BSGE 109, 199 ff RdNr 22 = SozR 4-2500 § 33 Nr 37).

15

Gehört der Kläger danach zwar zu dem leistungsberechtigten Personenkreis, scheitert ein Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds aber daran, dass es sich insoweit nicht um eine Leistung der Eingliederungshilfe handelt. Nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Erfasst sind von dem Wortlaut der Vorschrift ("Hilfen") nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 110, 301 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Dies bestätigt auch § 12 Eingliederungshilfe-VO, der seinerseits nur von "Hilfe zu einer angemessenen Schulausbildung" spricht. Die von dieser Hilfe nach § 12 Eingliederungshilfe-VO (auch) erfassten Regelbeispiele betreffen dementsprechend nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen. Die Schulbildung selbst, also der Kernbereich der pädagogischen Arbeit, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt, obliegt hingegen allein den Schulträgern. Art 7 Abs 1 GG überträgt dem Staat einen (außerhalb des Sozialhilferechts liegenden) eigenständigen Unterrichts- und Bildungsauftrag im Schulbereich (BSG, aaO, RdNr 21; BVerfGE 47, 46, 71 f; 98, 218, 241).

16

Dass der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule den Regelungen über die Eingliederungshilfe entzogen ist, bestätigt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII dadurch, dass die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht(hier: Art 56 ff Hessische Landesverfassung iVm dem Hessischen Schulgesetz idF vom 14.6.2005 - GVBl 441) unberührt bleiben sollen. Die schulrechtlichen Verpflichtungen bestehen also grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (BSG aaO). Auch das BVerwG hat in seiner Entscheidung vom 13.8.1992 - 5 C 70/88 - (Buchholz 436.0 § 11 BSHG Nr 16 S 3) ausgeführt, dass der Staat mit der Einrichtung der öffentlichen Grundschulen seinen Bildungs- und Erziehungsauftrag aus Art 7 Abs 1 GG nachkomme und die Schulgeldfreiheit aus übergreifenden bildungs- und sozialpolitischen Gründen eine eigenständige (landesrechtliche) Regelung außerhalb des Sozialhilferechts gefunden habe, sodass für einen Rechtsanspruch gegen den Sozialhilfeträger zur Deckung eines im Grundschulalter angemessenen Bildungsbedarfs Aufnahmebeiträge und monatliches Schulgeld für den Besuch einer privaten Grundschule als Sozialhilfeleistung nicht zu übernehmen seien. Dabei ist das BVerwG in Bezug auf die erforderliche Hilfe nicht von einer nach Maßgabe des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe zu lösenden Anspruchskonkurrenz, sondern von einem Verhältnis der "Spezialität" ausgegangen, wobei es eine Ausnahme von diesem Grundsatz für möglich hielt, wenn der Besuch einer öffentlichen Grundschule aus objektiven Gründen (zB wegen ihrer räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Diese Rechtsprechung hat das BVerwG auch für Leistungen der Eingliederungshilfe bestätigt (Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02) und ausdrücklich ausgeführt, dass ein nachrangiges Eintreten der Sozialhilfe (nur) für solche Bedarfe nicht ausgeschlossen sei, die nicht in der Deckung des unmittelbaren Ausbildungsbedarfs im Rahmen der Schulpflicht bestünden, sondern damit lediglich - mehr oder weniger eng - zusammenhingen, etwa wie bei der Bereitstellung eines Integrationshelfers für behinderte Kinder an Regelschulen.

17

Nach diesen Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe. Zu dem Kernbereich der Schule gehören alle schulischen Maßnahmen, die dazu dienen, die staatlichen Lehrziele zu erreichen, in erster Linie also der (unentgeltliche) Unterricht, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll. Damit unterliegt auch das vom Kläger begehrte Schulgeld unmittelbar diesem Kernbereich, weil die Übernahme des Schulgelds die von der Schule selbst zu erbringende Leistung, also den Unterricht, finanziert, mithin den schulischen Bildungsauftrag erfüllt und keine bloß unterstützende Leistung im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung darstellt. Wie die Entscheidung des Schulamts auszulegen ist und inwieweit sie auch für den Beklagten Bindungswirkung entfaltet (vgl dazu BVerwGE 130, 1 ff), ist danach ohne Belang. Ebenso spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass sich der Beklagte mit der Beschulung in die B.-Schule einverstanden erklärt hat. Die Ausübung eines Wahlrechts, welche Schule besucht wird, hat nicht zur Folge, dass der Sozialhilfeträger ein etwaiges Schulgeld zahlen müsste.

18

Schulgeld wäre - abgesehen davon, dass es hier nicht Streitgegenstand ist (siehe oben) - auch nicht nach den Regelungen des Dritten bzw Vierten Kapitels des SGB XII zu erbringen. Entsprechende Leistungen könnten ggf zwar durch eine abweichende Festlegung des Regelsatzes nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII in der bis 31.12.2010 geltenden alten Fassung erbracht werden, dies würde aber voraussetzen, dass der Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abwiche. Der auf das Schulgeld gerichtete höhere Bedarf des Klägers wäre aber nicht unabweisbar. Nach den Feststellungen des LSG besteht für den Kläger eine gleichwertige und unentgeltliche Möglichkeit des Schulbesuchs an der Schule für praktisch Bildbare.

19

Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht schon darin zu sehen, dass das LSG - ohne ausdrücklichen Hinweis - einer Entscheidung eines anderen Senats desselben Gerichts nicht folgt. Da der Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des Schulgelds hat, erübrigt sich im Übrigen - weil absolute Revisionsgründe nicht geltend gemacht werden - ein weiteres Eingehen auf den vermeintlichen Verfahrensfehler. Gleiches gilt für die behauptete Gehörsverletzung durch Übergehen des Vortrags, der Beklagte habe sich mit der Beschulung in der B.-Schule einverstanden erklärt (dazu auch oben). Soweit schließlich moniert wird, das LSG habe nicht geprüft, ob die Aufnahme in der M.-Schule an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre (Verletzung der Amtsaufklärungspflicht; § 103 SGG), hätte dargelegt werden müssen (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG), warum sich das LSG - trotz Zuweisung des Klägers in die M.-Schule und Streitgegenstandsbegrenzung auf die Eingliederungshilfe - hätte gedrängt fühlen müssen, entsprechende Ermittlungen anzustellen. Für die Eingliederungshilfe wäre jedenfalls eine entsprechende Klärung ohne Bedeutung.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegner, ihm den Besuch der 8. Jahrgangsstufe eines Gymnasiums in einer Klasse mit maximal 10 Schülern zu ermöglichen.

1. Der 2001 geborene Antragsteller ist aufgrund einer im ersten Lebensjahr erlittenen Meningitiserkrankung beidseitig gehörlos und seit dem Jahr 2002 beidseits mit Cochlea-Implantaten (elektronische Hörprothesen) versorgt.

Bis April 2014 besuchte er die private ... Schule ... und wechselte dann in die 6. Klasse des ... -Gymnasiums in ..., Landkreis .... Dabei handelt es sich um eine öffentliche staatliche Schule, die jedoch nicht das Schulprofil „Inklusion“ aufweist bzw. entwickelt hat. Der Aufnahme in das Gymnasium hatte der Antragsgegner zu 2 als Sachaufwandsträger mit Schreiben vom 20. Februar 2014 zugestimmt und „bauliche Änderungen im Hinblick auf Schallreduzierung“ in Aussicht gestellt mit dem Vorbehalt, dass sich „die baulichen Änderungen auf ein Klassenzimmer beschränken lassen“. Weiter wies der Antragsgegner zu 2 auf die geplante Generalsanierung der Schule sowie darauf hin, dass weitere Störfaktoren im Zusammenhang mit der Größe der Schule und der Zahl der zu unterrichtenden Schüler nicht auszuschließen seien.

2. Im Schuljahr 2014/2015 besuchte der Antragsteller mit Erfolg die 7. Jahrgangsstufe des Gymnasiums in einer Klasse mit insgesamt 23 Schülern. Während des laufenden Schuljahres wurde dem Antragsteller ein Online-Schriftdolmetscher der Firma „Verbavoice“ zunächst im Umfang von 11, dann von 12 Schulstunden je Woche bewilligt; die Kosten hierfür trug der Bezirk ... als überörtlicher Träger der Sozialhilfe. Mit Hilfe des Distanzschriftdolmetschers ist es möglich, dass das von der Lehrkraft Gesprochene „in Echtzeit“ auch visuell, in Schriftform übertragen auf einem Display z. B. eines Notebooks oder eines Tablet-PCs, verfolgt werden kann.

Der Bezirk ... hat beim Verwaltungsgericht Klage gegen den ... erhoben und verfolgt damit die Erstattung der durch den Einsatz des Online-Dolmetschers entstandenen Aufwendungen. Über diese Klage, die beim Verwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen Au 3 K 15.198 anhängig ist, ist noch nicht entschieden.

3. Am 9. Juli 2015 ließ der Antragsteller u. a. unter Vorlage mehrerer fachärztlicher Stellungnahmen und einer Stellungnahme des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes des Förderzentrums ... Förderschwerpunkt Hören beim Verwaltungsgericht Augsburg beantragen,

die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für den Antragsteller in dessen Schule „...-Gymnasium“ in ... - im Schuljahr 2015/2016 im Schulmodus „G8“,

- hilfsweise im Schulmodus „Mittelstufe Plus“,

eine Schulklasse der 8. Jahrgangsstufe mit maximal 10 Schülerinnen und Schülern unter Übernahme der hierfür notwendigen Schul- und Personalaufwendungen einzurichten.

Aufgrund seiner Hörbehinderung benötige der für eine gymnasiale Beschulung ansonsten geeignete Antragsteller eine Unterrichtung in einer kleinen Klasse mit höchstens zehn Schülerinnen oder Schüler. Bei Hintergrundgeräuschen in der Klassengemeinschaft, die umso stärker seien, je größer die Klasse ist, habe er als Träger von Cochlea-Implantaten große Probleme, die von Lehrern oder anderen Mitschülern gesprochenen Sätze vollständig zu verstehen. Nur durch Konzentration und Gedächtnisleistung sei ihm ein Sprachverstehen möglich. Dies führe zusammen mit der sonstigen Denkleistung zu einer ständigen Überanstrengung, die Kopfschmerzen und starken Migräneattacken sowie weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen zur Folge hätten. Beim Unterricht in kleineren Gruppen träten diese Probleme je nach Gruppengröße nicht oder nur abgeschwächt auf. Dies habe sich bereits beim Besuch der Internationalen Schule gezeigt; dort sei er in kleinen Klassen unterrichtet worden. In der 7. Klasse sei der Unterricht an seiner jetzigen Schule im Fach Deutsch ebenfalls in einer kleinen Gruppe (ohne Inanspruchnahme des Online-Dolmetschers) erteilt worden. Die Deutschlehrerin habe berichtet, dass sich der Antragsteller dort aktiver und effektiver am Unterrichtsgeschehen habe beteiligen können als in der größeren Klasse. Es sei auch einhellige Meinung der Experten, dass für gehörlose Schüler mit Cochlea-Implantaten eine kleinere Klasse mit maximal 10 Schülern optimal sei. Der Bezirk ... befürworte ebenfalls die Einrichtung einer kleineren Klasse, sehe sich aber nicht in der Lage, Kosten für zusätzliches Lehrpersonal zu übernehmen.

Der Antragsteller habe im abgelaufenen Schuljahr (7. Klasse) zunächst an längerdauernden Migräneanfällen gelitten und deshalb Medikamente mit starken Nebenwirkungen einnehmen müssen. Erst durch die Versorgung mit dem „Verbavoice-System“ habe sich die Situation gebessert, doch sei seine Situation gleichwohl nicht optimal. Die Verwendung von „Verbavoice“ helfe ihm zwar, belaste ihn aber andererseits und führe auch insoweit zu einer „Stigmatisierung“, als andere Schüler nicht ständig auf einen Monitor schauen müssten. Der Bezirk ... habe die Gewährung von Eingliederungshilfe für die Versorgung mit dem Online-Dolmetscher für das kommende Schuljahr allerdings wieder in Aussicht gestellt.

Im kommenden Schuljahr 2015/2016 werde er die 8. Klasse besuchen, wo Klassenstärken von mindestens 28 Schülern zu erwarten seien; er habe sich für den Modus „Mittelstufe Plus“ (4-jährige Mittelstufe) angemeldet, obwohl er lieber das „normale“ G8 mit dreijähriger Mittelstufe besuchen würde. Im G8 werde auch Nachmittagsunterricht stattfinden. An Nachmittagen müsse er sich jedoch häufig von den Anstrengungen, die durch die große Klasse und die Verwendung von „Verbavoice“ bedingt seien, erholen.

Die Eltern des Antragstellers hätten sich schon ab dem Übertritt ins Gymnasium um die Einrichtung einer Klasse mit wenigen Schülern bemüht, doch sei dies unter Hinweis auf fehlendes Lehrpersonal abgelehnt worden.

Aufgrund seiner Behinderung habe der Antragsteller Anspruch darauf, im ... -Gymnasium, in das er mit Zustimmung des Antragsgegners zu 2 aufgenommen worden sei, in einer Klasse mit höchstens 10 Schülerinnen und Schüler unterrichtet zu werden. Dieser Anspruch ergebe sich aus den Bestimmungen der Behindertenkonvention der Vereinten Nationen, die (einschließlich des Zusatzprotokolls) von der Bundesrepublik ratifiziert worden sei. Die Konvention sei damit unmittelbar geltendes Recht und auch von den Antragsgegnern zu beachten. Art. 24 der Konvention („Bildung“) sei entgegen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung keineswegs unbestimmt und vermittle einem betroffenen Behinderten einen individuellen Anspruch. Ein Anspruch ergebe sich weiter auch aus den geltenden Bestimmungen des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes. Der Antragsteller sei unwiderruflich in das staatliche Gymnasium als Regelschule, das zum inklusiven Unterricht verpflichtet sei, aufgenommen worden. Nach Art. 30b Abs. 2 BayEUG habe der Antragsteller damit auch einen landesgesetzlichen Anspruch darauf, unter Beachtung seines Förderbedarfs unterrichtet zu werden. Dieser Bedarf könne nur durch den Unterricht in einer Klasse mit maximal 10 Schülern gedeckt werden, was von Experten einheitlich bestätigt werde und den bisherigen Erfahrungen des Antragstellers entspreche. Nur auf diese Weise könne Chancengleichheit hergestellt werden, da der Antragsteller dann - wie nicht hörbehinderte Schüler auch - ohne Zuhilfenahme des Online-Dolmetschers gemeinsam mit seinen Mitschülern dem Unterricht (einschließlich der Beiträge seiner Mitschüler) folgen könne und auch nicht stigmatisiert werde. Nur insoweit könne dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Diskriminierungsverbot entsprochen werden.

Darüber hinaus werde auch insoweit in das Recht des Antragstellers bzw. seiner Eltern auf Wahl des Lernortes eingegriffen, als der Antragsteller (aufgrund der zu erwartenden Klassenstärken und des voraussichtlichen Nachmittagsunterrichte) gezwungen sei, den Modus „Mittelstufe Plus“ zu wählen, was mit einer um Jahr längeren Schulzeit bis zur Hochschulreife verbunden sei; bei einer Beschulung in einer kleineren Klasse, wie von ihm begehrt, sei er voraussichtlich in der Lage, das „normale“ G8 mit dreijähriger Mittelstufe erfolgreich zu absolvieren.

Dem Begehren des Antragstellers könne der Antragsgegner zu 1 nicht mit dem Hinweis auf fehlende Ressourcen begegnen, da sich der Mehraufwand in Grenzen halte und jedenfalls nicht zu einer unzumutbaren Belastung führen werde. Im Hinblick auf mögliche Bezugsfälle dürften nur solche Schüler berücksichtigt werden, die beidseitig Cochlea-Implantate trügen und mit ähnlichen massiven gesundheitlichen Problemen wie der Antragsteller zu kämpfen hätten.

4. Die Antragsgegner beantragen beide jeweils,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

4.1 Der Antragsteller zu 1 ist der Meinung, dass der Antragsteller keinen Rechtsanspruch auf Einrichtung und Unterrichtung einer Klasse mit maximal zehn Schülerinnen oder Schüler habe. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus der Behindertenkonvention der Vereinten Nationen noch aus (sonstigem) nationalem Recht. Im Übrigen sei dem behinderungsbedingten Bedarf des Antragstellers in vielfältiger Weise Rechnung getragen worden, etwa durch akustische Ertüchtigung des Klassenzimmers und zusätzlichen Budgetstunden.

Bei Einrichtung einer Klasse mit maximal 10 Schülern sei wegen der „Bezugsfallwirkung“ für andere behinderte Schüler ein erheblicher zusätzlicher Lehrerbedarf zu erwarten, der finanziell „nicht zu stemmen“ sei.

Im Übrigen biete auch die begehrte geringere Klassenstärke keine Gewähr für weniger Störgeräusche als sie in einer Klasse mit üblicher Stärke aufträten; insoweit sei vielmehr die Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler und insbesondere das pädagogische Geschick der Lehrkraft ausschlaggebend.

4.2 Der Antragsgegner zu 2 hält den Eilantrag - soweit er gegen ihn als Schulaufwandsträger gerichtet ist - bereits für unzulässig, weil bei ihm vorher kein entsprechender Antrag gestellt worden sei.

Im Übrigen sei er auch unbegründet. Der Landkreis sei nicht passiv legitimiert. Weiter verweist der Antragsgegner zu 2 auf den in seiner Zustimmungserklärung vom 20. Februar 2014 enthaltenen Vorbehalt und die von ihm bereits durchgeführten Maßnahmen (akustische Ertüchtigung eines Klassenzimmers) sowie die Erprobung technischer Hilfsmittel (FM-Anlage), die allerdings nicht den gewünschten Erfolg erbracht hätte.

Für den Fall der Einrichtung einer Klasse mit maximal 10 Schülern bzw. der antragsgemäßen Verpflichtung des Antragsgegners zu 1 sei der Antragsgegner zu 2 jedoch bereit, für die Klassenteilung ein vorhandenes Klassenzimmer zur Verfügung zu stellen.

5. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere des weiteren Vortrags der Beteiligten im Einzelnen, wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Das Verwaltungsgericht hat außerdem die im bereits oben erwähnten Verfahren Au 3 K 15.198 vorgelegten Verwaltungsakten des Antragsgegners zu 1 und des Bezirks ..., beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akte sowie den der im vorliegenden Verfahren vom Antragsgegner zu 2 vorgelegten Verwaltungsakte wird ebenfalls Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat keinen Erfolg.

1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (Regelungsanordnung).

Eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in einem (etwaigen) Hauptsacheverfahren. Der Antragsteller hat das Vorliegen des Anordnungsgrunds und des Anordnungsanspruchs glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2, § 294 der Zivilprozessordnung - ZPO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 54).

Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes kann das Gericht ausnahmsweise auch eine Anordnung treffen, die die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnimmt, wenn diese Regelung notwendig ist, die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht.

Im Hinblick auf den bevorstehenden Unterrichtsbeginn (am 15.9.2015) und den ggf. erforderlichen organisatorischen „Vorarbeiten“ der Schulverwaltung bestehen zwar keine durchgreifenden Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes (Eilbedürftigkeit), doch liegen die weiteren Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Anordnung nicht vor.

1. Soweit sich der Antrag gegen den Antragsgegner zu 1 richtet, fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs; denn es ist nicht erkennbar, dass der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf die Bildung einer Klasse mit maximal zehn Schülern haben könnte und damit voraussichtlich in einem Hauptsacheverfahren obsiegen würde.

1.1 Eltern oder Schüler haben kein allgemeines Recht auf eine bestimmte Klassenbildung.

Nach Art. 49 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) werden an Schulen innerhalb der Jahrgangstufen Klassen gebildet. Dies gilt u. a. auch für die Mittelstufe des Gymnasiums; § 36 Abs. 1 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern (Gymnasialschulordnung - GSO) bestimmt konkretisierend, dass sich die Klassenbildung nach pädagogischen, personellen, räumlichen und organisatorischen Gegebenheiten richtet. Von der in Art. 49 Abs. 1 Satz 2 BayEUG eingeräumten Ermächtigung, in der Gymnasialschulordnung (Art. 89 Abs. 1 Satz 1 BayEUG) Mindest- und/oder Höchstzahlen für die Klassenstärke festzulegen, hat der Antragsgegner keinen Gebrauch gemacht. Es bestehen lediglich verwaltungsinterne Vorgaben ohne Außenwirkung und bindenden Charakter.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. U.v. 22.10.1979 - 7.B - 432/79 - BayVBl 1980, 244 ff.; B.v. 10.11.1981 - 7 CE 81 A.2335 - BayVBl 1982, 211 ff.; B.v. 7.12.1992 - 7 CE 92.3287 - BayVBl 1993, 185) handelt es sich bei der Entscheidung der Schulverwaltung über die Klassenbildung und damit die Klassenstärke grundsätzlich um eine schulinterne Organisationsmaßnahme, die nur den Unterrichtsbetrieb betrifft und nicht in den eigenen Rechtskreis des Schülers oder der Erziehungsberechtigten eingreift. Im Bereich der Schulorganisation werden die Grundrechte der Schüler (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 101 und 128 Abs. 1 BV) und Eltern (Art. 6 Abs. 2 GG, Art. 126 Abs. 1 BV) durch die staatliche Schulaufsicht (Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 130 BV) begrenzt; die organisatorische Gliederung der Schule gehört in den der Bestimmung durch Schüler und deren Eltern entzogenen staatlichen Gestaltungsbereich. Schüler und Eltern haben deshalb grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Staat hinsichtlich schulorganisatorischer Maßnahmen, solange dadurch ihre Rechte nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werden. Insbesondere besteht kein allgemeiner Anspruch auf Einhaltung einer bestimmten Klassenstärke. Auch aus Art. 128 Abs. 1 BV folgt kein allgemeiner Anspruch, dass in Schulklassen nur eine bestimmte Höchstzahl von Schülern zusammengefasst werden darf, solange dadurch der Bildungsanspruch der Schüler nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird. Letzteres trifft bei einer voraussichtlichen Klassenstärke von 28 Schülerinnen und Schülern allgemein nicht zu.

1.2 Auch aufgrund der besonderen Situation des Antragstellers ergibt sich kein Rechtsanspruch auf Bildung einer Klasse mit höchstens zehn Schülerinnen und Schüler.

1.2.1 Soweit der Antragsteller auf die Regelungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (VN BRK) rekurriert, verhilft dies seinem Antrag nicht zum Erfolg.

Die Konvention ist als „Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (BGBl. 2008 II, S. 1419 ff.) in das nationale Recht eingeführt worden und am 29. März 2009 in Kraft getreten. Sie ist damit gemäß Art. 59 Abs. 2 GG als einfaches Bundesgesetz wirksamer Bestandteil des Bundesrechts geworden, soweit dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für die materiellen Regelungen zusteht. Das (Vertrags-) Gesetz des Bundes hat jedoch für die Teile der Konvention, die nach Art. 70 Abs. 1 GG der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder unterfallen - hierzu gehört das Bildungswesen -, keine Umsetzung in nationales Recht bewirkt (vgl. VGH BW, B.v. 21.11.2012 - 9 S 1833/12 - DÖV 2013, 240; NdsOVG, B.v. 16.9.2010 - 2 ME 278/10 - juris; HessVGH, B.v. 12.11.2009 - 7 B 2763/09 - NVwZ-RR 2010, 602, B.v. 16.5.2012 - 7 A 1138/11.Z - DÖV 2012, 735 f.). Soweit sich die Konvention mit dem Schulwesen befasst (insbesondere Art. 24 „Bildung“), ist sie in Bayern durch das am 1. August 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vom 20. Juli 2011 (GVBl S. 313) umgesetzt worden, wobei der Landesgesetzgeber bei der Schaffung eines die Vorgaben der Konvention berücksichtigenden Schulsystems den ihm zustehenden Umsetzungsspielraum (vgl. VGH BW, B.v. 21.11.2012 - 9 S 1833/12 - DÖV 2013, 240, 2. Leitsatz, m. w. N.) genützt hat. Dies hat zur Folge, dass der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch an den schulrechtlichen Bestimmungen des Landesrechts zu messen ist. Dagegen ist Art. 24 VN BRK nicht unmittelbar anwendbar (vgl. HessVGH, B.v. 16.5.2012 - 7 A 1138/11.Z - DÖV 2012, 735 f.).

Darüber hinaus kann nach der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung - entgegen der klägerischen Auffassung - Art. 24 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 VN BRK auch deshalb keine unmittelbare Anwendbarkeit zukommen, weil der Regelungsgehalt der Konventionsvorschrift nicht hinreichend bestimmt ist, um deren unmittelbare Vollzugsfähigkeit (sog. „self-executing“) zu gewährleisten (dazu im Einzelnen insbesondere VGH BW, B.v. 21.11.2012 - 9 S 1833/12 - DÖV 2013, 240 ff., und HessVGH, B.v. 12.11.2009 - 7 B 2763/09 - NVwZ-RR 2010, 602 ff.). Individuelle Ansprüche können damit auf Art. 24 VN BRK nicht gestützt werden (so auch BayLSG, B.v. 2.11.2011 - L 8 SO 164/11 B ER - juris Rn. 56; vgl. auch BT-Drs. 16/10808 S. 48; a.A. z. B. Riedel/Arend, NVwZ 2010, 1346/1347 f.).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Bundesrepublik ebenfalls ratifizierten Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl 2008 II S. 1453), in dem festgelegt wird, dass sich auch Einzelpersonen oder Personengruppen, die behaupten, Opfer einer Verletzung des Übereinkommens durch den betreffenden Vertragsstaat zu sein, an den „Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (Art. 34 Abs. 1 VN BRK) wenden können (Art. 1 Fakultativprotokoll). Denn schon wegen der ausschließlichen Länderkompetenz für das Bildungswesen kann sich jedenfalls für Art. 24 VN BRK keine unmittelbare Anwendbarkeit und damit kein Individualanspruch ergeben. Im Übrigen ändert auch die völkervertragsrechtliche Möglichkeit, sich als Einzelperson an den genannten Ausschuss wenden zu können, nichts daran, dass Art. 24 VN BRK schon wegen seines unbestimmten Wortlauts einer unmittelbaren Vollzugsfähigkeit ermangelt.

Auch aus Art. 4 VN BRK lässt sich nicht entnehmen, dass daraus ein individueller Anspruch gegen den betreffenden Vertragsstaat hergeleitet könnte. Die Vorschrift enthält eine programmatische Beschreibung der „Allgemeinen Verpflichtungen“ der Vertragsstaaten, die für alle in den nachfolgenden Artikeln angesprochenen Lebensbereiche gilt und verpflichtet damit den jeweiligen Vertragsstaat zur Umsetzung. Sie ist aus sich heraus ersichtlich nicht vollzugsfähig, sondern „not self-executing“.

1.2.2 Auch den Bestimmungen des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen kann ein subjektives Recht des Antragstellers auf Einrichtung einer Klasse mit der vom Antragsteller begehrten maximalen Klassenstärke nicht entnommen werden.

1.2.2.1 Nach Art. 2 Abs. 2 BayEUG ist inklusiver Unterricht, d. h. die gemeinsame Unterrichtung von Schülerinnen und Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf (§ 30a Abs. 3 Satz 1 BayEUG) Aufgabe aller Schulen. Wie sich bereits aus ihrem Wortlaut ergibt, vermittelt diese Norm kein subjektives Recht, sondern enthält lediglich eine (allgemeine) Aufgabenzuweisung für alle Schulen (auch für Gymnasien).

1.2.2.2 Art. 41 Abs. 1 Satz 3 BayEUG überlässt den Erziehungsberechtigten die Entscheidung, an welchem der im Einzelfall rechtlich und tatsächlich zur Verfügung stehenden schulischen Lernorte ihr (schulpflichtiges minderjähriges) Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet werden soll; nach Satz 1 kann die Schulpflicht auch durch den Besuch der allgemeinen Schule, d. h. auch des Gymnasiums (Art. 6 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d BayEUG) erfüllt werden. Hieraus ergibt sich ein Rechtsanspruch auf Aufnahme eines Kindes mit sonderpädagogischem Förderbedarf, der allerdings voraussetzt, dass die jeweiligen schulartspezifischen Voraussetzungen gegeben sind (Art. 36a Abs. 5 Satz 2 BayEUG) und keine Ausschlussgründe i. S. d. Art. 41 Abs. 5 BayEUG vorliegen. Ein Anspruch auf Einhaltung einer bestimmten Klassengröße kann daraus jedoch nicht entnommen werden.

1.2.2.3 Auch aus den sonstigen inklusionsspezifischen Regelungen in Art. 30a und Art. 30b BayEUG ergibt sich der geltend gemachte Anspruch nicht.

Soweit der Antragsteller zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs auf die Regelung in Art. 30b Abs. 2 Satz 1 BayEUG verweist, kann ihm nicht gefolgt werden. Nach dieser Bestimmung werden einzelne Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die eine allgemeine Schule besuchen, unter Beachtung ihres Förderbedarfs unterrichtet; der nachfolgende Satz 2 schreibt dafür die Unterstützung durch den Mobilen Sonderpädagogischen Dienst (Art. 21 BayEUG) vor. Diese Bestimmungen beziehen sich allerdings nicht auf den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf (im Klassenverband oder in einer Gruppe), der in Art. 30a Abs. 3 Satz 1 BayEUG angesprochen wird, sondern auf die besondere Förderung des einzelnen behinderten Schülers (vgl. Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Art. 30b BayEUG, Erl. 6). Damit kann über Art. 30b Abs. 2 Satz 1 BayEUG nicht unmittelbar oder mittelbar auf die Größe der gesamten Klasse Einfluss genommen werden.

Darüber hinaus ist nicht nur nach Art. 30b Abs. 2 Satz 3 BayEUG der (eingeschränkte) Ressourcenvorbehalt zugunsten des Schulaufwandsträgers (in entsprechender Anwendung des Art. 30a Abs. 4 BayEUG) zu beachten, sondern auch die Regelung in Art. 41 Abs. 5 BayEUG zu berücksichtigen. Danach ist bei der Prüfung, ob der individuelle sonderpädagogische Förderbedarf eines (schulpflichtigen) behinderten Schülers an einer allgemeinen Schule hinreichend gedeckt werden kann, auch auf die an der (allgemeinen) Schule vorhandenen Unterstützungsmöglichkeiten abzustellen. Art. 41 Abs. 5 BayEUG enthält damit einen auch auf die konkrete personelle Ausstattung der allgemeinen Schule ausgerichteten Ressourcenvorbehalt. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird zu Art. 41 BayEUG ausgeführt LT Drs. 16/8100 S. 13):

„Deshalb können nicht an jeder Schule, insbesondere nicht an jeder Sprengelschule, ggf. für einzelne Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf Ressourcen in dem Umfang bereitgestellt werden, wie sie an einer Schule mit dem Schulprofil Inklusion und derzeit in Förderschulen und in Schulen mit Förderangeboten nach Art. 30a Abs. 7 angeboten werden.“

Dieser Ressourcenvorbehalt zugunsten der Schule und damit auch des Personalaufwandsträgers ist nicht nur im Zusammenhang mit der gewünschten Aufnahme eines behinderten Schülers in die allgemeine Schule, sondern, wie sich aus Art. 41 Abs. 11 Satz 1 BayEUG ergibt, auch nach erfolgter Aufnahme - etwa bei während des Schuljahres auftretenden zusätzlichen Bedarfs an Unterstützungsmaßnahmen - von Bedeutung. Die Auffassung des Antragstellers, dass nach einmal erfolgter Aufnahme in eine allgemeine Schule diese gleichsam uneingeschränkt zur Sicherstellung optimaler Lernbedingungen verpflichtet sei, kann deshalb nicht geteilt werden.

Wie von der Schule dem Antragsteller bzw. seinen Eltern kommuniziert wurde, wird im kommenden Schuljahr am ... -Gymnasium kein (zusätzliches) Lehrpersonal vorhanden sein, das bei Realisierung der begehrten Klassenbildung erforderlich wäre. Der Personalaufwandsträger sieht sich auch nicht in der Lage, die für die gewünschte Reduzierung der Klassenstärke notwendigen personellen Mittel bzw. Lehrerstunden zuzuweisen.

In diesem Zusammenhang kann auch der Einwand des Antragsgegners zu 1, dass aufgrund der Verpflichtung zur Gleichbehandlung auch in einer nicht unerheblichen Zahl weiterer Fälle zugunsten von Schülern mit sonderpädagogischen Förderbedarf ebenfalls kleine Klassen gebildet werden müssten, nicht von der Hand gewiesen werden. In Betracht kommen insoweit nicht lediglich Schüler mit beidseitigen Cochlea-Implantaten, die ähnliche Probleme wie der Antragsteller haben, sondern auch Schüler an Gymnasien (und weiteren allgemeinen Schulen) mit Förderbedarf in den Förderschwerpunkten Autismusspektrum, (sonstige) Hörbehinderung und sozial-emotionale Störung bzw. Mehrfachbehinderung. Die Darlegung des Antragsgegners zu 1, dass insoweit Kostenmehrungen in Höhe eines zweifachen Millionenbetrags entstünden, die „nicht zu stemmen“ seien, erscheinen deshalb nachvollziehbar (vgl. dazu auch VerfGH, E.v. 17.11.1994 - Vf. 96-IX-94, Vf.97-IX-94 - BayVBl 1995, 173 ff. [Nichtzulassung des Volksbegehrens u. a. „Keine Klasse über 30“]).

1.2.2.4 Die Entscheidung des Antragsgegners zu 1, keine Klasse in der gewünschten Stärke (maximal zehn Schülerinnen und Schüler) einzurichten, begegnet auch im Hinblick auf den Gleichheitssatz bzw. das Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 GG, Art. 118 Abs. 1, Art. 118a Satz 1 BV) keinen durchgreifenden Bedenken.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. grundlegend B.v. 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288 ff.; zuletzt B.v. 25.3.2015 - 1 BvR 2803/11 - juris Rn. 5) sowie des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (vgl. z. B. E.v. 9.7.2002 - Vf. 9-VII-01 - BayVBl 2003, 44 ff.; E.v. 23.8.2006 - Vf.110VI-05 - BayVBl 2007. 208 ff.; E.v.11.3.2008 - Vf. 5-VII07 - BayVBl 2009, 173 ff.) erschöpft sich das Benachteiligungsverbot nicht in der Anordnung, behinderte und nichtbehinderte Menschen rechtlich gleich zu behandeln. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaße kompensiert wird. Von den Verfassungsgerichten wird in den genannten Entscheidungen aber gleichzeitig auch ausgeführt, dass das Benachteiligungsverbot nicht ohne jede Einschränkung gilt. Zum einen ist eine rechtliche Schlechterstellung Behinderter dann zulässig, wenn zwingende Gründe dafür vorliegen, zum andern kann - und dies gilt insbesondere im Schulbereich - nicht beanstandet werden, dass die mögliche Fördermaßnahme unter den Vorbehalt des organisatorisch, personell und von den sächlichen Voraussetzungen her Möglichen gestellt wird. Dieser Vorbehalt ist Ausdruck dessen, dass der Staat seine Aufgabe, ein begabungsgerechtes Schulsystem bereitzustellen, von vornherein nur im Rahmen seiner finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten erfüllen kann, und erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber bei seinen Entscheidungen auch andere Gemeinschaftsbelange berücksichtigen und sich die Möglichkeit erhalten muss, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel für solche anderen Belange einzusetzen, wenn er dies für erforderlich hält (BVerfG, B.v. 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288 ff.).

Vorliegend ist bereits fraglich, ob die Verweigerung der „Fördermaßnahme“ (hier: die begehrte Klassenbildung mit höchstens zehn Schülern) überhaupt als Benachteiligung im Sinne der genannten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung angesehen werden kann. Diese Frage bedarf indessen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung, denn jedenfalls kann sich der Antragsgegner zu 1 auf den normativen Ressourcenvorbehalt, wie oben bereits dargelegt, berufen. Die Ablehnung der begehrten Klassenverkleinerung verstößt damit nicht gegen die genannten bundes- und landesrechtlichen Grundrechtsbestimmungen.

Gleiches gilt jedenfalls auch in Bezug auf Art. 118a Satz 2 BV, ungeachtet der Frage, ob diese Regelung als (verbindliche) Staatszielbestimmung überhaupt geeignet ist, einen bestimmten Anspruch zu vermitteln (vgl. Schmidt am Busch in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaats Bayern - Kommentar, 5. Aufl. 2014, Art. 118a Rn. 22 und 24).

Schließlich kommt auch ein Verstoß gegen das in Art. 5 Abs. 2 VN BRK enthaltene Diskriminierungsverbot nicht in Betracht. Diese Vorschrift, die (als Bundesrecht) unmittelbar (weil „self executing“) anwendbar ist, entspricht dem Regelungsgehalt des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (vgl. BSG, U.v. 6.3.2012 - B 1 KR 10/11 R - juris Rn. 31), gewährt somit keinen weitergehenden Schutz.

1.2.2.5 Im Übrigen trifft das Unterbleiben der begehrten Reduzierung der Klassenstärke den Antragsteller nicht in einem Ausmaß, dass er gezwungen wäre, das Gymnasium zu verlassen oder gar das Ziel der Erlangung der Hochschulreife zur Gänze aufzugeben. Wie von ihm vorgetragen, hat der Bezirk ... die Finanzierung des Online-Sprachdolmetschers „Verbavoice“ auch für das kommende Schuljahr in Aussicht gestellt. Auch wenn es sich dabei nicht um die optimale Lösung handeln mag, hat er aufgrund des Einsatzes dieses Hilfsmittels das abgelaufene Schuljahr erfolgreich absolvieren können. Es sind keine Gründe dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass er bei weiterer Verwendung von „Verbavoice“ nicht mehr in der Lage wäre, seine Schullaufbahn am ...-Gymnasium fortzusetzen, wenn auch möglicherweise „nur“ im Modus „Mittelstufe Plus“.

Der Einwand, dass die Verwendung des Online-Dolmetschers zu einer „Stigmatisierung“ führe, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Inklusiver Unterricht lebt vom Miteinander behinderter und nichtbehinderter Schüler, wobei es kaum zu vermeiden sein wird, dass die nichtbehinderten Schüler Kenntnis vom Handicap des Behinderten haben. Im Übrigen hat der Mobile Sonderpädagogische Dienst des Förderzentrums ... Förderschwerpunkt Hören, dem Bezirk ... auf Anfrage mit Schreiben ohne Datum (beim Bezirk eingegangen am 17.11.2014), das sich in den beigezogenen Akten des Bezirks findet, mitgeteilt, dass der mit „Verbavoice“ verbundene „Gebrauch technischer Hilfsmittel, wie Notebook oder TabletPC … bei Schülern im allgemeinen eher positiv besetzt (ist), was wiederum ... Selbstwertgefühl nicht negativ belasten würde“.

2. Nachdem der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Antragsgegner zu 1 keinen Erfolg hat, geht der gleichzeitig gestellte Antrag gegen den Antragsgegner zu 2 ins Leere. Auf die Frage, ob der Antrag insoweit bereits wegen fehlender vorheriger Antragstellung unzulässig ist, braucht daher nicht eingegangen zu werden.

3. Nach allem ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre rechtliche Grundlage in § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden.

(2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an das Gericht zu übermitteln, an das der Antrag oder die Erklärung gerichtet ist. Die Wirkung einer Prozesshandlung tritt frühestens ein, wenn das Protokoll dort eingeht. Die Übermittlung des Protokolls kann demjenigen, der den Antrag oder die Erklärung zu Protokoll abgegeben hat, mit seiner Zustimmung überlassen werden.