Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 04. Sept. 2014 - 6a L 1096/14.A
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der zulässige Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 6a K 3256/14.A gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 10. Juli 2014 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Juli 2014 hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 AsylVfG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse der Antragstellerin, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Bei der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung sind vor allem die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Stellt sich bei summarischer Betrachtung heraus, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, hat das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin hinter dem öffentlichen Vollziehungsinteresse zurückzustehen.
6Dies ist hier der Fall. Der Bescheid vom 10. Juli 2014, mit dem das Bundesamt den Asylantrag für unzulässig erklärt und die Abschiebung der Antragstellerin in die Niederlande angeordnet hat, wird sich im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen; jedenfalls aber keine subjektiven Rechte der Antragstellerin verletzen.
7Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
8Vorliegend sind nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, (sog. „Dublin III-Verordnung“) vom 26. Juni 2013 die Niederlande der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Da die Antragstellerin ausweislich der EURODAC-Datenbank in den Niederlanden den ersten Asylantrag gestellt hat und in der Zwischenzeit in das Bundesgebiet eingereist ist, ist gemäß Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 7 Abs. 1 und Art. 13 Dublin III-Verordnung dieser Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig und hat gemäß Art. 18 Dublin III-Verordnung die Antragstellerin wieder aufzunehmen. Diese Verpflichtung haben die Niederlande mit Schreiben an das Bundesamt vom 11. Juni 2014 auch anerkannt.
9Die Zuständigkeit der Niederlande ist auch nicht gemäß Art. 19 Abs. 2 Dublin III-Verordnung erloschen mit der Folge, dass die Bundesrepublik zuständig geworden wäre. Danach erlöschen die Pflichten nach Art.18 Abs. 1 Dublin III-Verordnung, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels, was hier nicht der Fall ist. Einen solchen Nachweis haben die Niederlande nicht erbracht.
10Der Umstand, dass die Antragstellerin geltend macht, sie sei bereits im März 2013 aus den Niederlanden in die Russische Föderation gereist und habe sich dort bis zu ihrer Einreise in die Bundesrepublik aufgehalten, und dass sie weiter im gerichtlichen Verfahren eine Bescheinigung eines Moskauer Krankenhauses vorgelegt hat, ausweislich derer sie sich dort vom 11. April 2013 bis zum 5. August 2013 in stationärer Behandlung befunden habe, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Denn dieser Vortrag der Antragstellerin kann im vorliegenden Verfahren wohl keine Berücksichtigung finden.
11Es spricht jedenfalls überwiegendes dafür, dass Art. 19 Abs. 2 Dublin III-Verordnung kein subjektives Recht im Sinne eines Anspruchs des Betroffenen darauf begründet, dass sein Asylverfahren im richtigen, d.h. im zuständigen Mitgliedstaat durchgeführt wird.
12Funke-Kaiser, in: GK zum AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a Rdnr. 40; vgl. in der Tendenz OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12 –, juris; ausdrücklich VG Göttingen, Beschluss vom 17. Februar 2014 – 2 B 31/14 –, juris.
13In seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (Rs. C-394/12 – Abdullahi –) hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt, dass ein Asylbewerber im Rahmen des Dublin-Systems seiner Rücküberstellung in einen Zielstaat, welcher der Rückübernahme zugestimmt hat, aus Sicht von Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der EU ausgesetzt zu werden.
14Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – Rs. C-394/12 – Abdullahi –; VG Stuttgart, Beschluss vom 20. März 2014 – A 12 K 949/14 –, juris; Vgl. a. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15. Januar 2014 – 6a L 1836/13.A –.
15Vor dem Hintergrund dieses generellen Verständnisses des durch die Dublin-Verordnungen geschaffenen Europäischen Asylsystems lassen sich auch Art. 19 Abs. 2 Dublin III-Verordnung selbst keine Hinweise darauf entnehmen, dass er Antragstellern subjektive Rechte verleihen könnte. Es spricht vielmehr alles dafür, dass diese Vorschrift allen der objektiven Klärung der Zuständigkeit von Mitgliedstaaten für Asylverfahren dient. Art. 19 Abs. 2 Dublin III-Verordnung sieht ausdrücklich vor, dass die Zuständigkeit eines Mitgliedstaates erlischt, „wennder zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller (…) das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat“. Dass der Antragsteller selbst einen entsprechenden Nachweis erbringen kann, sieht Art. 19 Abs. 2 Dublin III-Verordnung hingegen nicht vor. Dass der Antragsteller selbst im Rahmen des Art. 19 Abs. 2 Dublin III-Verordnung kein Nachweisrecht hat, entspricht auch dem durch die Verordnung verfolgten Ziel einer schnellen und effektiven Zuständigkeitsbestimmung im Europäischen Asylsystem. Der Umstand, dass die Vorgängervorschrift, Art. 16 Abs. 3 Dublin II-Verordnung, noch deutlich offener formuliert war – „wenn der Drittstaatsangehörige das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat“ – und die vorgenannte Nachweisregelung erst im Zuge der Schaffung der Dublin III-Verordnung in Art. 19 Abs. 2 Dublin III-Verordnung aufgenommen worden ist, könnte zudem ein Indiz dafür sein, dass der europäische Gesetzgeber insoweit die Notwendigkeit einer entsprechenden klarstellenden Regelung gesehen hat.
16Die Antragsgegnerin ist auch nicht etwa gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung verpflichtet, den Antrag selbst zu prüfen, weil Flüchtlingen in den Niederlanden in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt würde oder sonstige „systemische Schwachstellen“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestünden.
17Allgemein zur Frage der systemischen Mängel EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 –, NVwZ 2012, 417, und BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris.
18Umstände, aufgrund derer die Antragsgegnerin zu Gunsten der Antragstellerinnen ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO hätte ausüben müssen, sind nicht ersichtlich.
19Vgl. auch VG Augsburg, Beschluss vom 14. April 2014 – Au 7 S 14.50058 –, juris.
20Dass die Antragstellerin nicht reisefähig ist, ist anhand ihres Vortrags und des im Rahmen des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens vorgelegten ärztlichen Attests der M. -Klinik I. vom 23. Juli 2014 nicht festzustellen. Das Attest verhält sich zur Frage einer etwaigen Reiseunfähigkeit nicht. Über die Aussage, dass die Antragstellerin seit dem 23. Juli 2014 und bis auf weiteres in der M. -Klinik I. stationär behandelt wird, enthält das Attest keine inhaltlichen Angaben. Allein der Umstand, dass sich die Antragstellerin in stationärer – offenbar psychiatrischer –Behandlung befindet, lässt keinen Schluss auf ihre Reisefähigkeit zu.
21Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 04. Sept. 2014 - 6a L 1096/14.A
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
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Tenor
- Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskosten-hilfe für das Eilverfahren wird abgelehnt.
- Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
1
G r ü n d e :
21.
3Der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den nachfolgend dargelegten Gründen von Beginn an nicht die nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat.
42.
5Der Antrag,
6die aufschiebende Wirkung der Klage (6a K 6044/13.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 27. November 2013 anzuordnen,
7hat keinen Erfolg. Er ist zwar, da auf ihn die Neufassung 2013 von § 34a Abs. 2 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) anzuwenden ist, zulässig, erweist sich aber als unbegründet.
8Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. November 2013 hat gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 75 AsylVfG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse der Antragsteller, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Bei der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung sind vor allem die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Stellt sich bei summarischer Betrachtung heraus, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, hat das Aussetzungsinteresse der Antragsteller hinter dem öffentlichen Vollziehungsinteresse zurückzustehen.
9Dies ist hier der Fall. Der Bescheid vom 27. November 2013, mit dem das Bundesamt das Asylverfahren für unzulässig erklärt und die Abschiebung der Antragsteller nach Polen angeordnet hat, wird sich im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen.
10Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
11Vorliegend ist nach der (auf den Fall noch anwendbaren) Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist, (sog. „Dublin II-Verordnung“) vom 18. Februar 2003 die Republik Polen der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Da die Antragsteller in Polen den ersten Asylantrag gestellt haben, ist gemäß Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 13 der VO (EG) Nr. 343/2003 dieser Staat für die Prüfung des Asylantrages zuständig und hat gemäß Art. 16 ff. der VO (EG) Nr. 343/2003 die Antragsteller wieder aufzunehmen. Diese Verpflichtung hat die Republik Polen mit Schreiben an das Bundesamt vom 25. November 2013 auch anerkannt. Die Antragsteller haben keine Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten.
12Umstände, aufgrund derer die Antragsgegnerin zu Gunsten der Antragsteller ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO hätte ausüben müssen, sind nicht ersichtlich. Dass die Antragsteller nicht reisefähig sind, ist von ihnen nicht vorgetragen worden und anhand der vorgelegten ärztlichen Atteste auch nicht festzustellen. Die Antragstellerin zu 2. hat sich offenbar zuletzt Anfang Oktober zur stationären Behandlung im Krankenhaus befunden und ist am 11. Oktober 2013 mit der Empfehlung einer ambulanten Weiterbehandlung entlassen worden. Zwar ist die – noch im ersten Drittel befindliche – Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2. mit Blick auf die (seit langem) vorliegende Erkrankung an Multipler Sklerose aus ärztlicher Sicht als „Risikoschwangerschaft“ einzustufen, dies führt für sich genommen aber nicht dazu, dass die mit einer Überstellung nach Polen verbundenen Belastungen der Antragstellerin nicht zugemutet werden können, wobei die Kammer unterstellt, dass die Ausländerbehörde im Bedarfsfall für medizinische Betreuung der Antragstellerin zu 2. während der Reise sorgt.
13Es bestehen nach der Rechtsprechung der Kammer derzeit auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Flüchtlingen in Polen in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt wird oder sonstige „systemische Mängel“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestehen.
14Vgl. dazu ausführlich VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 6. August 2013 - 17 L 1406/13.A - und vom 19. November 2013 - 25 L 2154/13.A - mit weiteren Nachweisen; aus der neueren Kammerrechtsprechung etwa Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 6a L 1727/13.A -.
15Das von den Antragstellern zitierte Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 10. Dezember 2013 in der Sache Abdullahi ./. Bundesasylamt Wien - C-394/12 - ist in Bezug auf den vorliegenden Fall unergiebig, weil es sich auf Rücküberstellungen nach Ungarn und Griechenland, nicht aber nach Polen bezieht. In rechtlicher Hinsicht hat der Gerichtshof mit dieser Entscheidung nochmals bestätigt, dass der betroffene Asylbewerber der Überstellung in einen Zielstaat, welcher der Rückübernahme zugestimmt hat, aus Sicht von Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung nur damit entgegen treten kann, dass er systemische Bedenken des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne der EU-Grundrechtecharta ausgesetzt zu werden.
16Eine derartige Gefahr ist für die Kammer nicht erkennbar. Die aktuell vorliegenden, etwa in der oben zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf aufgeführten Erkenntnisse über die Situation von Asylbewerbern in Polen belegen insgesamt, dass die Aufnahmebedingungen in Polen den grund- und menschenrechtlichen Standards genügen. Dies gilt auch hinsichtlich der medizinischen Versorgung. So wird etwa in der von der Association for Legal Intervention und von der Helsinki Foundation for Human Rights im Jahre 2013 publizierten Studie “Migration Is Not a Crime - Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners“ ausgeführt, dass in den polnischen Aufnahmeeinrichtungen die regelmäßige Anwesenheit eines Arztes sichergestellt ist und dass bei gesundheitlichen Problemen, die eine fachärztliche Versorgung notwendig machen, auch das Aufsuchen eines Facharztes außerhalb der Einrichtung gewährleistet wird (Seite 23 ff. der Studie). Auch dem „National Country Report: Poland“ von 2013 der vom Europäischen Flüchtlingsrat getragenen „aida“-Datenbank ist zu entnehmen, dass eine kostenlose medizinische Versorgung Asylsuchender grundsätzlich gewährleistet ist (dort Seite 38 f.). Dass die medizinische Versorgung nicht in allen Aufnahmeeinrichtungen von gleicher Qualität ist und es im Einzelfall Schwierigkeiten bei der zeitnahen fachärztlichen Versorgung geben kann, führt nicht dazu, dass „systemische Bedenken“ im Sinne der Rechtsprechung – u.a. des Europäischen Gerichtshofes – anzunehmen wären. Die in beiden Studien hervorgehobenen Probleme bei der sprachlichen Verständigung zwischen Ärzten und Asylbewerbern dürften in Deutschland in ähnlicher Weise bestehen, wie auch anhand der von den Antragstellern vorgelegten Berichte des T. .-K. -Krankenhauses in F. zu ersehen ist.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.