Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 07. Juli 2016 - 3 A 107/14 HGW

bei uns veröffentlicht am07.07.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um einen Ausbaubeitrag.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks G1 mit einer Größe von 2.770 qm. Das Grundstück liegt an der Waldstraße an, die die Gemeinde Züssow im Zeitraum 2010 im Bereich zwischen dem Kreisverkehr und der Gleisanlage mit den Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehweg und Straßenentwässerung ausbaute. Ein Kostenspaltungsbeschluss und ein Abschnittsbildungsbeschluss wurden von der Gemeindevertretung am 21. Juni 2012 gefasst. Das Vorhaben wurde nach der Richtlinie für die Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung gefördert. Der Vermerk über das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung datiert vom 26. September 2012. Mit Bescheid vom 14. August 2013 setzte der Beklagte gegen die Klägerin einen Ausbaubeitrag in Höhe von 3.520,79 Euro fest. Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2014, zugestellt am 9. Januar 2014, zurück.

3

Am 10. Februar 2014 (Montag) hat die Klägerin Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, der Beitrag sei fehlerhaft berechnet. Durch den Ausbau der Straße sei diese eine Durchgangsstraße mit erheblichen Lärm- und Geruchsbelästigungen geworden, da Schwerlasttransport der Land- und Forstwirtschaft stattfinde. Von einer Anliegerstraße könne keine Rede mehr sein. Durch die Herstellung einer Asphaltdecke sei keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung der Straße eingetreten.

4

Die Klägerin beantragt,

5

den Bescheid des Beklagten vom 14. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2014 aufzuheben.

6

Der Beklagte beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide. Es seien keine Fehler bei der Beitragserhebung erkennbar. Bei objektiver Betrachtungsweise liege eine Verbesserung der Straße vor.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

11

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V dürfen Kommunalabgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Die hier im Streit stehende Beitragserhebung findet in der rückwirkend zum 1. Juli 2011 in Kraft getretenen Satzung der Gemeinde Züssow über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 17. Dezember 2015 (nachfolgend: Straßenbaubeitragssatzung 2015) eine genügende Rechtsgrundlage. Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung bestehen nach jetziger Erkenntnis nicht. Entsprechende Rügen werden von der Klägerin auch nicht substantiiert erhoben. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass eine Innenbereichssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 3 BauGB gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 Straßenbaubeitragssatzung 2015 die qualifizierte Tiefenbegrenzung verdrängt. Die Klarstellungs- und Abrundungssatzung stellt insoweit das speziellere Recht dar, die Regelung über eine qualifizierte Tiefenbegrenzung ist demgegenüber subsidiär (Holz, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand: Juli 2013, § 8, Anm. 1.5.4.5). Die Tiefenbegrenzungsregelung erfüllt den Zweck, dass die abgabenerhebende Körperschaft bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich liegen, keine exakte, metergenaue und fehleranfällige Einzelfallbewertung des beitragsrelevanten, im baurechtlichen Innenbereich liegenden Grundstücksteils vornehmen muss. Sie dient mithin der Verwaltungsvereinfachung, um rechtliche und tatsächliche Unsicherheiten im Verwaltungsvollzug zu bewältigen. Dieser Zweck entfällt bei Grundstücken im Geltungsbereich einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB, weil dort keine grundstücksbezogene Einzelfallermittlung der Ausdehnung des baurechtlichen Innenbereiches mehr erforderlich ist (vgl. zum Anschlussbeitragsrecht OVG Greifswald, Urt. v. 30.04.2014 – 1 L 80/12 –, juris Rn. 19). Da nach alledem die Regelungen über die qualifizierte Tiefenbegrenzung vorliegend nicht zur Anwendung zu kommen hatten, kommt es nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit für diese Entscheidung nicht darauf an, ob sie wirksam sind. Dieser Grundsatz hat zum Inhalt, dass das kommunale Satzungsrecht im Ausbaubeitragsrecht nur für das jeweilige Abrechnungsgebiet eine vorteilsgerechte Beitragserhebung gewährleisten können muss (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 26.02.2004 – 1 M 242/03 –, juris Rn. 46).

12

Die Rechtsanwendung begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Hinsichtlich der Teileinrichtungen Fahrbahn und Straßenentwässerung handelt es sich bei der abgerechneten Maßnahme um eine beitragsfähige Verbesserung im Sinne von § 1 Satz 1 Straßenbaubeitragssatzung 2015. Eine Verbesserung liegt vor, wenn sich der Zustand der Anlage nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand in einer Weise unterscheidet, die bei objektiver Betrachtung einen positiven Einfluss auf die Benutzbarkeit hat (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, § 32 Rn. 38 m.w.N.). Dabei kommt es allein auf die Verbesserung der Anlage als solcher an, so dass es unerheblich ist, ob die Anlieger den geschaffenen Zustand, der objektiv eine Verbesserung darstellt, subjektiv auch als solche erkennen. Vorliegend ist eine Verbesserung der Teileinrichtungen Fahrbahn und Straßenentwässerung bereits deshalb eingetreten, weil sie nunmehr auf ihrer gesamten Länge eine einheitliche Fahrbahnbefestigung und nunmehr einen den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Unterbau aufweist. Dies war zuvor mangels einer funktionsfähigen Trag- und Frostschutzschicht nicht der Fall. Auch die Fahrbahnentwässerung entspricht nunmehr dem Stand der Technik. Die Teileinrichtung Gehweg ist erstmalig hergestellt worden. Soweit die Klägerin die Beitragsfähigkeit der Maßnahme mit dem Argument in Frage stellen will, dass eine Kopfsteinpflasterung der Fahrbahn einer Asphaltdecke überlegen sei, kann sie damit nicht durchdringen. Die Entscheidung über das Ob und Wie des Straßenausbaus steht im Ermessen der Gemeindevertretung, das im Rahmen der Erforderlichkeit der Baumaßnahme ausgeübt werden darf. Dieses Gebot bezieht sich gleichermaßen auf die Art ihrer Durchführung (sog. anlagenbezogene Erforderlichkeit) und die Angemessenheit und in diesem Sinne die Erforderlichkeit der angefallenen Kosten (sog. kostenbezogene Erforderlichkeit). Durch den Begriff der Erforderlichkeit wird eine äußerste Grenze markiert, die erst überschritten ist, wenn die gewählte Lösung in dem Sinne unvertretbar ist, dass es mit Blick vor allem auf die durch diese Anlage bevorteilten Grundstücke keine sachlichen Gründe für eine Abwälzung der angefallenen Kosten in dem von der Gemeinde für richtig gehaltenen Umfang gibt (OVG Greifswald, Beschl. v. 11.11.2010 – 1 M 136/10 –, juris Rn. 11). Diese Grenze ist hier nicht erreicht. Die Gemeinde hat für ihre Entscheidung vielmehr darauf abgestellt, dass eine Asphaltdecke weniger Verkehrslärm als eine Kopfsteinpflasterung verursacht. Dagegen ist nichts zu erinnern.

13

Der Anteil der Klägerin am beitragsfähigen Aufwand ist auch zu Recht nach den Verteilungsregeln für eine Anliegerstraße (§ 3 Abs. 2 Spalte 1 Straßenbaubeitragssatzung 2015) bemessen worden. Für die Zuordnung einer Straße kommt es auf die der Straße zugedachte Aufgabe und Zweckbestimmung an, die durch eine Gesamtbetrachtung verschiedener Kriterien zu ermitteln ist. Dazu gehören die Verkehrsplanung der Gemeinde, der darauf beruhende Ausbauzustand der Straße und die straßenrechtliche Gewichtung.

14

(OVG Greifswald, Beschl. v. 24.10.2012 – 1 L 50/09 –, juris Rn. 6). Als Anliegerstraßen gelten gemäß § 3 Abs. 5 Nr. 1 Straßenbaubeitragssatzung 2015 Straßen, die ausschließlich oder überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder durch private Zuwegung mit ihnen verbundenen Grundstücke dienen. Das ist hier der Fall. Dass die ausgebaute Anlage in einem vergleichbaren oder sogar überwiegenden Maße überörtlichen Durchgangsverkehr aufnehmen soll und deshalb als Innerortsstraße oder Hauptverkehrsstraße abzurechnen wäre, ist nicht ersichtlich. Soweit land- und forstwirtschaftlicher Verkehr von den anliegenden Grundstücken herrührt, ist er gleichfalls Ziel- und Quellverkehr und damit Anliegerverkehr. Im Übrigen kommt der ausgebauten Straße keine überörtliche Funktion zu, sie endet jenseits der Bahnlinie als Sackgasse bzw. führt zu einem Waldweg. Auch die Ausbaubreite der Fahrbahn (4,50 Meter) spricht für eine Anliegerstraße, weil unterhalb einer bestimmten Mindestbreite (etwa 5 Meter) ein reibungs- und gefahrloser Begegnungsverkehr, insbesondere mit Lastkraftwagen nicht mehr möglich ist (OVG Greifswald, Beschl. v. 24.10.2012 – 1 L 50/09 –, juris).

15

Schließlich kommt es für diese Entscheidung nicht darauf an, ob der Beklagte die gewährten Zuwendungen gemäß § 3 Abs. 8 Straßenbaubeitragssatzung 2015 i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 3 KAG M-V vorrangig zur Deckung des öffentlichen Anteils eingesetzt hat. Wenn die Zuwendung in gleichem Maße der Gemeinde und den Beitragspflichtigen zugutekam und der Beklagte seinen Beitragsanspruch nicht ausgeschöpft hat, liegt darin jedenfalls keine Rechtsverletzung der Klägerin.

16

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124, 124a VwGO bestehen nicht.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 07. Juli 2016 - 3 A 107/14 HGW

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 07. Juli 2016 - 3 A 107/14 HGW

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

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Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 18. Mai 2010 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Verfahren vor

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 24. Februar 2012 (3 A 1484/10) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Schmutzwasserbeitragsbescheid des Beklagten.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des 386 qm großen, in der Gemarkung D-Stadt gelegenen Grundstückes mit der katasteramtlichen Bezeichnung Flur ..., Flurstück .../.... Der Beklagte veranlagte die Klägerin mit Bescheid vom 12. Februar 2009 (Nr. ...) auf der Grundlage der Schmutzwasserbeitragssatzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung-Festland Wolgast vom 19. Juni 2006 (SBS 2006) zu Anschlussbeiträgen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung in Höhe von 848,24 Euro. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 12. November 2010, zugestellt am 16. November 2010 zurück. Die Verjährungsfrist für die Festsetzung des Beitrages sei nicht abgelaufen gewesen. Nach § 9 Abs. 3 KAG MV komme es für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten auf das Inkrafttreten der ersten wirksamen Beitragssatzung des Verbandes an. Das sei die Beitragssatzung vom 19. Juni 2006. Die zuvor erlassenen Satzungen seien allesamt unwirksam gewesen.

3

Die Klägerin hat am 15. Dezember 2010 Klage vor dem Verwaltungsgericht Greifswald (3 A 1484/10) erhoben. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, die Beitragsforderung sei verjährt. Die Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung sei schon 1999 fertig gestellt und das Grundstück anschließbar gewesen. Es sei im Zusammenhang mit der Verjährung nicht zulässig, sich auf das Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung zu berufen.

4

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. Februar 2012 abgewiesen. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sei die Schmutzwasserbeitragssatzung vom 19.06.2006 i.d.F. der 3. Änderungssatzung v. 09.08.2011. Die Satzung sei wirksam. Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten. Das einschlägige Satzungsrecht sei bis zur Schaffung der 3. Änderungssatzung zur Schmutzwasserbeitragssatzung v. 19.06.2006 nicht wirksam gewesen. Bis dahin habe die Festsetzung der qualifizierten Tiefenbegrenzung nicht auf einer sachgerechten Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe im Verbandsgebiet beruht. Die Tiefenbegrenzung nach § 4 Abs. 2 f) SBS 2006 sei nunmehr ordnungsgemäß kalkuliert worden. Dabei sei es zulässig gewesen, dass der Beklagte die Grundstücke, die im Geltungsbereich einer Abrundungs- oder Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 BauGB liegen, bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe insgesamt unberücksichtigt gelassen habe. Nur solche Grundstücke könnten maßstabsbildend sein, die von der Maßstabsregel selbst betroffen seien. Für die genannte Grundstücksgruppe sehe aber § 4 Abs. 2 f) SBS 2006 einen Vorrang der in einer Abrundungs- oder Klarstellungssatzung festgesetzten Grenze gegenüber der Tiefenbegrenzungslinie mit der Folge vor, dass Grundstücke, die ganz oder teilweise im Geltungsbereich einer solchen Satzung liegen, von § 4 Abs. 2 d) Satz 1 SBS 2006 nicht erfasst werden. Die Zulässigkeit einer Tiefenbegrenzung sei unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt. Würde man Grundstücke im Bereich von Abrundungs- oder Klarstellungssatzungen in die Ermittlungen einbeziehen, wären diese im Rahmen der Flächenermittlung in zweifacher Weise zu berücksichtigen, zum einen unmittelbar mit ihrem tatsächlichen Flächenanteil im Innenbereich und mittelbar mit ihrer ortsüblichen Bebauungstiefe für die metrische Festsetzung der Tiefenbegrenzungslinie in § 4 Abs. 2 f SBS 2006. Dies sei mit dem Vereinfachungsgedanken nicht zu vereinbaren.

5

Das Verwaltungsgericht hat wegen der Frage, ob bei der Ermittlung der örtlichen Verhältnisse und der ortsüblichen Bebauungstiefe auch solche Grundstücke zu berücksichtigen seien, die im Geltungsbereich einer Abrundungs- oder Klarstellungssatzung liegen, die Berufung zugelassen. Diese Frage habe grundsätzliche Bedeutung.

6

Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 01. März 2012 zugestellt worden. Die Klägerin hat mit am 30. März 2012 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz gegen das Urteil Berufung eingelegt. Mit am 30. April 2012 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat sie die Berufung unter Stellung eines Berufungsantrages begründet.

7

Sie vertritt weiterhin den Standpunkt, im vorliegenden Falle sei die Beitragsforderung bei ihrer Festsetzung durch den angefochtenen Bescheid vom 12. Februar 2009 verjährt gewesen. Auf die erste wirksame Beitragssatzung könne es nicht ankommen. Dies widerspreche jeglichen Verjährungsgrundsätzen. Eine solche Verfahrensweise sei im Zivilrecht undenkbar.

8

Die Klägerin beantragt,

9

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 24. Februar 2012, Az. 3 A 1484/10, abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 12. Februar 2009 (Bescheidnr. ...) und den Widerspruchsbescheid vom 12. November 2010 aufzuheben,

10

sowie,

11

die Revision zuzulassen.

12

Der Beklagte beantragt,

13

die Berufung zurückzuweisen.

14

Er tritt den Ausführungen der Klägerin entgegen und hält das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend. Die in der Beitragssatzung normierte Tiefenbegrenzung sei zulässig, was umfangreich begründet wird.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

17

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin gegen den Beitragsbescheid des Beklagten vom 12. Februar 2009 und dessen Widerspruchsbescheid vom 12. November 2010 zu Recht abgewiesen. Die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

18

Die Klägerin hat mit ihrem gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erhobenen Haupteinwand keinen Erfolg, die Festsetzungsverjährungsfrist sei im Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides abgelaufen gewesen. Es ist in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern seit Jahren geklärt, ständige Rechtsprechung der mit dem Abgabenrecht beschäftigten Senate sowie seit dem 31. März 2005 in Mecklenburg-Vorpommern nach § 9 Abs. 3 KAG auch ausdrücklich gesetzlich geregelt, dass im Anschlussbeitragsrecht die sachliche Beitragspflicht frühestens in dem Zeitpunkt entstehen kann, zu dem eine wirksame Beitragssatzung erlassen worden ist. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen, die die Klägerin nicht in Zweifel gezogen und die zu hinterfragen der Senat keinen Anlass hat, hat der Beklagte erstmals mit der 3. Änderungssatzung vom 09.08.2011 eine gültige Satzungsgrundlage geschaffen. Erst mit Inkrafttreten dieser Satzung (nach Artikel 2 der 3. Änderungssatzung vom 09.08.2011 rückwirkend zum 06.07.2010) sind daher die Beitragspflichten entstanden. Der von der Klägerseite erhobene Verjährungseinwand geht daher fehl, die Festsetzungsfrist gemäß § 12 Abs. 2 KAG M-V ist vom Beklagten gewahrt worden.

19

Der Wirksamkeit der Satzung steht nicht entgegen, dass der Beklagte im Zusammenhang mit der Festsetzung der („qualifizierten“) Tiefenbegrenzungslinie nach § 4 Abs. 2 d) SBS 2006 bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe keine Grundstücke berücksichtigt hat, die in den Geltungsbereich einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB (Klarstellungssatzung, Ergänzungssatzung) fallen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass es dem einer Tiefenbegrenzung im Anschlussbeitragsrecht zugrundeliegenden Gedanken der Verwaltungsvereinfachung (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 - 4 K 12/07 -, juris, Rn. 76) widerspräche, wenn solche Grundstücke bei der Betrachtung der ortsüblichen Bebauungstiefe (mit-) berücksichtigt werden müssten. Die Tiefenbegrenzungsregelung erfüllt den Zweck, dass die abgabenerhebende Körperschaft bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich liegen, keine exakte, metergenaue und fehleranfällige Einzelfallbewertung des beitragsrelevanten, im baurechtlichen Innenbereich liegenden Grundstücksteils vornehmen muss (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 - 4 K 12/07 -, a.a.O.). Dies trifft auch auf die Regelung nach § 4 Abs. 2 f) SBS 2006 zu, wonach bei Grundstücken im Geltungsbereich einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB die Satzungsgrenze der Tiefenbegrenzungslinie vorgeht. Auch hier ist keine grundstücksbezogene Einzelfallermittlung der Ausdehnung des baurechtlichen Innenbereiches (mehr) erforderlich. Es unterfällt daher dem Spielraum des Satzungsgebers, bei der ihm obliegenden Ermittlung der örtlichen Verhältnisse im Satzungsgebiet (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 - 4 K 12/07 -, juris, Rn. 77) die von einer baurechtlichen Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB erfassten Grundstücke bei der Betrachtung der üblichen Bebauungstiefe aus Vereinfachungserwägungen unberücksichtigt zu lassen. Anderenfalls müsste er zur Bildung der Tiefenbegrenzungsregel Grundstücke hinsichtlich ihrer Bebaubarkeit einzelfallbezogen bewerten, für deren Veranlagung er zulässigerweise auf eine allgemeine Regel in Form einer Satzungsgrenze zurückgreifen darf. Das würde die Anforderungen an die Ermessensausübung des Satzungsgebers im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang überdehnen.

20

Zudem kann - jedenfalls grundsätzlich und im vorliegenden Fall gibt es keine anderslautenden Anhaltspunkte - auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Außerachtlassung der o.g. Grundstücke zu einer Verschiebung der ortsüblichen Bebauungstiefe in die eine oder andere Richtung führte. Es ist nicht ersichtlich, dass die in den baurechtlichen Satzungen festgelegte Grenze in besonderem Maße tief bebaute Grundstücke oder im Gegenteil vorzugsweise weniger tief bebaute Grundstücke erfasste. Ein Zusammenhang zwischen der Bebauungstiefe einzelner Grundstücke und der Existenz baurechtlicher Klarstellungs- bzw. Ergänzungssatzungen nach § 34 Abs. 4 BauGB besteht nicht. Darf zudem der Satzungsgeber bei Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe seine Untersuchung der örtlichen Verhältnisse auf repräsentative Lagen beschränken (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 - 4 K 12/07 -, juris, Rn. 78), und muss er mithin nicht alle Grundstücke im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung untersuchen, so ist es ihm nicht verwehrt, Grundstücke bei der Ermittlung der Tiefenbegrenzung außer Betracht zu lassen, die im Geltungsbereich der o.g. Satzungen liegen.

21

Die Schmutzwasserbeitragssatzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung-Festland Wolgast vom 19. Juni 2006 i.d.F. ihrer 3. Änderungssatzung vom 09. August 2011 ist auch nicht etwa deshalb zu beanstanden, weil § 4 Abs. 2 d) SBS 2006 eine Tiefenbegrenzung (nur) für Grundstücke vorsieht, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich liegen. Zwar vertritt das Verwaltungsgericht Greifswald unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung die Auffassung, dass eine auf „Randlagengrundstücke“ beschränkte Tiefenbegrenzung im Anschlussbeitragsrecht unzulässig sei. Eine in diesem Sinne „qualifizierte“ Tiefenbegrenzung sei nach der neueren Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern nicht zulässig (so VG Greifswald, Urt. v. 15.11.2012 - 3 A 684/10 -, juris). Dieser Auffassung folgt der Senat aber nicht. Soweit das Verwaltungsgericht die Senatsrechtsprechung in diesem Sinne versteht, handelt es sich um eine Fehl- bzw. Überinterpretation einer Entscheidung, die Aussagen zu der Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit von „schlichten“ oder „qualifizierten“ Tiefenbegrenzungen nicht getroffen hat.

22

Der Senat hat in dem von dem Verwaltungsgericht angesprochenen Urteil (OVG Greifswald, Urt. v. 10.10.2012 - 1 L 289/11 -, a.a.O.) - ebenso wie in zahlreichen anderen Entscheidungen und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des früheren 4. Senates des Oberverwaltungsgerichts Greifswald (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 - 4 K 12/07 -, juris) - die grundsätzliche Zulässigkeit einer Tiefenbegrenzung im Anschlussbeitragsrecht und ihre Bedeutung im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip betont. Die beitragsrelevanten Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG MV in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden. Darauf hat der Senat im Urteil vom 10. Oktober 2012 hingewiesen. Die Normierung einer Tiefenbegrenzung liegt im Ermessen des Satzungsgebers. Sie ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Fehlt sie in einer Beitragssatzung, d.h. verzichtet der Satzungsgeber auf dieses Instrument der Verwaltungsvereinfachung, sind in jedem Einzelfall die örtlichen Grundstücksverhältnisse zu betrachten und der Kalkulation des Beitragssatzes sowie der Heranziehung der einzelnen Grundstückseigentümer zugrundezulegen (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 - 4 K 12/07 -, Rn. 87). Ebenso wie der Satzungsgeber zu bestimmten der Verwaltungsvereinfachung und –praktikabilität dienenden pauschalierenden Tiefenbegrenzungen befugt ist, ist es ihm aus rechtlichen Gründen nicht untersagt, eine Tiefenbegrenzung nur für Grundstücke vorzusehen, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich liegen („qualifizierte“ bzw. „spezielle“ Tiefenbegrenzung), die sich jedoch auf vollständig im Innenbereich liegende Grundstücke nicht erstreckt. Dies ist bereits in der Grundsatzentscheidung des 4. Senates des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 04. Juni 2004 (4 K 38/02, juris, Rn. 115) auch mit Blick auf weitere obergerichtliche Rechtsprechung als unstreitig bezeichnet worden. Der Effekt der Verwaltungsvereinfachung bzw. –praktikabilität tritt dann (im Falle einer qualifizierten Tiefenbegrenzung) bei der Gruppe der sog. „Übergangsgrundstücke“ bzw. „Randlagengrundstücke“ ein. Die Frage der zu berücksichtigenden beitragspflichtigen Grundstücksflächen bei sog. „zentralen Innenbereichsgrundstücken“ beantwortet sich in diesem Fall auf Grundlage einer Einzelbetrachtung der jeweiligen Grundstücksverhältnisse. Gesetzliche Maßgaben, die dem entgegenstünden, bestehen nicht.

23

Wenn das Verwaltungsgericht aus dem Urteil des Senates vom 10. Oktober 2012 auf die Unzulässigkeit der qualifizierten Tiefenbegrenzung schließt, weil – so das Verwaltungsgericht – diese dazu führte, dass übertiefe, vollständig im unbeplanten Innenbereich liegende Grundstücke im Widerspruch zum Vorteilsprinzip regelmäßig vollständig berücksichtigt werden müssten (VG Greifswald, Urt. v. 15.11.2012 - 3 A 684/10 -, juris, Rn. 19), so ist ein solcher Schluss nicht gerechtfertigt. Nicht die Normierung einer qualifizierten Tiefenbegrenzung für Grundstücke in der Übergangszone vom unbeplanten Innen- zum Außenbereich muss zu einer bestimmten rechtlichen Betrachtung der beitragsrelevanten Grundstücksfläche bei zentralen Innenbereichsgrundstücken, d.h. mit der Sicht des Verwaltungsgerichts Greifswald zu einer unter Umständen nicht mehr vorteilsgerechten Anrechnung der gesamten Grundstücksfläche von zentralen Innenbereichsgrundstücken führen. Dies geschähe vielmehr aufgrund der einschlägigen Satzungsregelung, die bestimmt, in welchem Umfang die Fläche dieser Grundstücke als beitragsrelevante Grundstücksfläche anzusehen ist. Das ist im vorliegenden Falle die Regelung des § 4 Abs. 2 c) SBS 2006. Danach gilt als Grundstücksfläche bei Grundstücken, für die kein B-Plan besteht und die vollständig innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegen, die Gesamtfläche des Grundstücks.

24

Ordnet diese Maßstabsregelung bei zentralen Innenbereichsgrundstücken an, dass als nach § 4 Abs. 1 SBS 2006 „bevorteilte Grundstücksfläche“ die Gesamtgrundstücksfläche gilt, so ist das grundsätzlich nicht zu beanstanden. Ein in vollem Umfang im unbeplanten Innenbereich liegendes Grundstück hat grundsätzlich in vollem Umfange Baulandqualität (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 04.06.2004 - 4 K 38/02 -, juris, Rn. 115). Daraus folgt auch, dass es keinen Gleichheitsverstoß darstellt, die Tiefenbegrenzung auf den „Übergangsbereich“ zu beschränken und nicht auf vollständig im Innenbereich belegene Grundstücke („zentrale Innenbereichsgrundstücke“) zu erstrecken. Für die Grundstücke im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich kann regelmäßig angenommen werden, dass eine Teilfläche der Grundstücke jeweils dem Außenbereich zuzuordnen, folglich grundsätzlich nicht bebaubar und insoweit nicht bevorteilt ist. Für die Grundstücke, die vollständig im Innenbereich liegen, kann demgegenüber – wie gesagt – grundsätzlich von ihrer vollständigen Bebaubarkeit ausgegangen werden. Beide Fallgruppen sind damit in wesentlicher Hinsicht ungleich gelagert und dürfen (nicht: müssen) infolgedessen ohne Gleichheitsverstoß auch unterschiedlichen Regelungen unterzogen werden. Die Rechtmäßigkeit einer Maßstabsregelung wie § 4 Abs. 2 c) SBS 2006 hängt sodann nicht davon ab, ob die Bestimmung ordnungsgemäß theoretische Fallkonstellationen behandelt. Es kommt vor dem Hintergrund des im Anschlussbeitragsrecht geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit vielmehr darauf an, ob die Vorschrift die im Veranlagungsgebiet vorkommenden praktisch relevanten Anwendungsfälle rechtmäßig regelt oder aber, ob es Fälle übertiefer, hinsichtlich ihrer hinteren von der Straße abgewandten Teilflächen nicht mehr bevorteilter Grundstücke gibt, die die Vorschrift womöglich nicht rechtmäßig erfasst. Auf diese Überlegung haben die Abgabensenate des Oberverwaltungsgerichts bereits in verschiedenen früheren Entscheidungen abgestellt (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 24.04.2013 - 4 K 1/10 -, juris, Rn. 71; Urt. v. 03.05.2011 - 1 L 59/10 -, juris, Rn. 101; Urt. v. 14.09.2010 - 4 K 12/07 -, a.a.O., Rn. 44; Beschl. v. 03.05.2005 - 1 L 268/03 -, Beschlussabdruck, S. 18).

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

26

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

27

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 18. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht auf 3.226,69 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die Erhebung von Straßenbaubeiträgen durch den Antragsgegner für den Ausbau der Lindenstraße in Peenemünde.

2

Der Antragsgegner zog den Antragsteller mit Bescheid vom 16. November 2009 zu einem Straßenbaubeitrag für den Ausbau der Lindenstraße für das in der Gemarkung Peenemünde, Flur 2 gelegene und mit der denkmalgeschützten Ruine einer ehemaligen Sauerstofffabrik bebaute Grundstück (Flurstücke 110/35 und 110/40) in Höhe von 13.981,39 Euro heran. Die Lindenstraße verläuft vom Peeneplatz ausgehend an mehreren Einfamilienhausgrundstücken und der Rückseite des Grundstückes des Antragstellers entlang und endet etwa in Höhe von dessen nordöstlicher Grundstücksgrenze als Sackgasse. Dem Grundstück gegenüber auf der anderen Seite der Lindenstraße befindet sich ein mit Garagen bebautes Grundstück. Das Grundstück des Antragstellers hat von der Lindenstraße her keine Zufahrt oder Zuwegung, sondern ist tatsächlich von der vor dem Grundstück parallel zur Lindenstraße verlaufenden Hauptstraße erschlossen. Das Garagengrundstück ist allein durch die Lindenstraße erschlossen. Der Antragsgegner hat von dem Beginn der Lindenstraße am Peeneplatz bis zu ihrem Ende am Grundstück des Klägers deren Fahrbahn, die Straßenentwässerung und die Beleuchtungseinrichtung ausgebaut.

3

Den gegen den Beitragsbescheid erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner unter dem 29. Januar 2010 im Wesentlichen zurück. Den geforderten Straßenbaubeitrag reduzierte er auf 12.906,78 Euro. Der Antragsgegner hat am 25. Februar 2010 Klage erhoben (VG Greifswald 3 A 164/10) und zugleich einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gestellt.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 18. Mai 2010 – dem Antragsteller zugestellt am 20. Mai 2010 – abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller werde mit seinem Einwand, der Ausbau der Lindenstraße auf ganzer Länge sei nicht erforderlich gewesen, nicht durchdringen. Die Gemeinde habe zur Beurteilung des Kriteriums der anlagenbezogenen Erforderlichkeit des Straßenausbaus einen weiten Ermessensspielraum. Dieser sei vom Gericht nur eingeschränkt überprüfbar und erst dann überschritten, wenn die von der Gemeinde im Einzelfall gewählte Lösung sachlich schlechthin unvertretbar sei. Dafür gebe es keine Anhaltspunkte. Die Gemeinde könne sich entschließen, eine einheitliche Anlage vollständig auszubauen. Hinzukomme, dass das dem Sauerstoffwerksgrundstück gegenüberliegende Garagengrundstück (Flurstück 124/41) ausschließlich über die Lindenstraße erschlossen sei und sich dessen Erschließungssituation durch den Ausbau der Lindenstraße verbessere. Dem Grundstück des Antragstellers werde von der Lindenstraße die erforderliche qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit eröffnet, da es an die Anlage angrenze. Es komme nicht darauf an, dass der Antragsteller selbst nicht beabsichtige, das Grundstück jetzt oder in Zukunft zu bebauen. Denn die derzeitigen Nutzungsabsichten des Grundstückseigentümers, die sich jederzeit ändern könnten, seien nicht maßgeblich. Einen Fehler des Antragsgegners in der Ermittlung der Grundstücksgröße habe der Antragsteller nicht substantiiert dargetan. Einfaches Bestreiten genüge nicht.

5

Der Antragsteller hat am 2. Juni 2010 Beschwerde erhoben und diese mit am Montag, dem 21. Juni 2010, eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Antragsgegner ist dem Beschwerdevorbringen entgegengetreten.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

7

Die Beschwerde ist §§ 146 Abs. 4 Satz 1, 147 Abs. 1 VwGO entsprechend fristgemäß erhoben und begründet worden und auch im Übrigen zulässig. Sie enthält zwar entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO keinen bestimmten Antrag. Dem Beschwerdevorbringen ist aber eindeutig zu entnehmen, dass es dem Antragsteller um die Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses mit dem Ziel der uneingeschränkten Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen den Beitragsbescheid vom 16. November 2009 (in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2010) gerichteten Klage geht.

8

Der Antrag bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

9

Im Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt.

10

Aus den von dem Antragsteller dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Beschwerdevorbringen vermag die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Ausbaubeitragsbescheides nicht in Frage zu stellen.

11

Dies gilt zunächst insoweit, als der Antragsteller die Notwendigkeit des Ausbaus der Lindenstraße in Frage stellt, soweit dieser auch in Höhe seines Grundstückes stattgefunden hat. Das Verwaltungsgericht ist in der Sache zu Recht davon ausgegangen, dass der Grundsatz der Erforderlichkeit im Straßenbaubeitragsrecht ausgerichtet ist zum einen auf die Erforderlichkeit der Baumaßnahme schlechthin wie auch auf die Art ihrer Durchführung (sog. anlagenbezogene Erforderlichkeit) und zum anderen auf die Angemessenheit und in diesem Sinne die Erforderlichkeit der angefallenen Kosten (sog. kostenbezogene Erforderlichkeit). Durch den Begriff der Erforderlichkeit werde eine äußerste Grenze markiert, die erst überschritten sei, wenn die gewählte Lösung in dem Sinne unvertretbar sei, dass es mit Blick vor allem auf die durch diese Anlage bevorteilten Grundstücke keine sachlichen Gründe für eine Abwälzung der angefallenen Kosten in dem von der Gemeinde für richtig gehaltenen Umfang gibt (vgl. OVG Magdeburg, 02.09.2008 - 4 L 642/04 -, juris, Rn. 54 unter Hinweis auf BVerwGE 59, 249 [253]).

12

Dem daraus gezogenen Schluss des Verwaltungsgerichts, der Ausbau der Lindenstraße bis zu ihrem Ende sei nicht zu beanstanden, zumal der dem Grundstück des Antragstellers gegenüberliegende Garagenkomplex ausschließlich über die Lindenstraße erschlossen werde, setzt das Beschwerdevorbringen nichts Durchgreifendes entgegen. Darauf, dass das Grundstück des Antragstellers durch die Besucher der denkmalgeschützten Ruine von der Hauptstraße aus betreten wird, kommt es nicht an. Allein die Möglichkeit, die Lindenstraße vom Grundstück des Antragstellers aus in Anspruch zu nehmen (qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit), reicht aus. Diese Möglichkeit besteht, auch wenn der Antragsteller derzeit eine Benutzung der Lindenstraße von seinem Grundstück aus nicht konkret beabsichtigt. Für einen im Einklang mit dem Grundsatz der Erforderlichkeit stehenden Ausbau der Lindenstraße bis zu ihrem Ende spricht, worauf das Verwaltungsgericht gleichfalls zu Recht hingewiesen hat, dass das ebenfalls am Ende der Lindenstraße liegende, mit den Garagen bebaute Grundstück (Flurstück 124/41) nur durch die Lindenstraße als öffentliche Straße erschlossen wird. Kann dieses Grundstück zu dem Zweck, dort Kraftfahrzeuge abzustellen oder wegen anderer dort zulässiger Nutzungen nicht über eine andere öffentliche Straße erreicht werden, so ist es unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn sich die Gemeinde entschließt, den Ausbau der Straße durchgängig bis zu ihrem Ende, also in der Weise auszuführen, dass auch dieses Garagengrundstück über die verbesserte Straße erreicht werden kann. Daran ändert auch der von dem Antragsteller angesprochene Umstand nichts, dass derzeit die Nutzer des Garagengrundstücks von der Hauptstraße aus kommend sein Ruinengrundstück auf der Grundlage eines Wegerechtes überqueren und nicht die Lindenstraße benutzen. Zum einen hat die Gemeinde keinen Einfluss auf den Fortbestand von zwischen privaten Grundstückseigentümern bestehenden Wegerechten. Zum anderen ist denkbar, dass die Nutzer des Garagengrundstückes aufgrund des nunmehrigen Ausbaus die bequemer und – zumal bei feuchter Witterung - sicherer zu befahrende Lindenstraße benutzen und nicht mehr den Weg über das Ruinengrundstück.

13

Dem Antragsteller ist aber vor allem auch nicht darin zu folgen, dass er nur deshalb mit seinem an der Haupt- und Lindenstraße zugleich anliegenden (Ruinen-)Grundstück straßenbaubeitragspflichtig ist, weil der Antragsgegner die Lindenstraße vollständig bis zu ihrem Ende ausgebaut hat. Beitragspflichtig für den Ausbau der Lindenstraße wäre er vielmehr wahrscheinlich auch dann, wenn die Ausbaumaßnahme in Höhe der letzten Einfamilienhäuser (Flurstücke 110/25 und 124/3) geendet hätte. Beitragspflichtig sind - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich alle Eigentümer der an der ausgebauten Anlage anliegenden Grundstücke und der Hinterliegergrundstücke. Die Summe dieser Grundstücke bildet das Abrechnungsgebiet, auf das der umlagefähige Ausbauaufwand nach den satzungsrechtlichen Maßstäben verteilt werden muss. Wie weit sich die Anlage erstreckt und damit, welche Grundstücke beitragspflichtige Anliegergrundstücke der Anlage sind, beurteilt sich nach den Grundsätzen der natürlichen Betrachtungsweise (vgl. dazu zuletzt: Senatsurteil, 23.06.2010 – 1 L 34/06 -, juris, Rn. 31 m.w.N.). Dabei ist grundsätzlich darauf abzustellen, was sich bei natürlicher Betrachtungsweise aus der Sicht eines objektiven Betrachters als "gesamte Verkehrsanlage" darstellt. Die Beurteilung richtet sich dabei nach dem Erscheinungsbild der Straße, wie es sich in seinem Gesamteindruck, geprägt durch die tatsächlichen Verhältnisse etwa in Gestalt von Straßenführung, -länge und -ausstattung einem objektiven bzw. unbefangenen Beobachter vermittelt. Erschiene die Lindenstraße bei einer solchen Betrachtung bis zu ihrem - nunmehr auch ausgebauten – Ende als einheitliche Verkehrsanlage, läge das Ruinengrundstück des Antragstellers ebenso daran an wie das gegenüber befindliche Garagengrundstück. Beide gehörten mithin zum Kreis der bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigenden Grundstücke. Dass das Ende der Lindenstraße – im angenommenen Fall - nicht Gegenstand der Ausbaumaßnahme gewesen wäre, ändert daran nichts. Solange die von der Ausbaumaßnahme erfasste Teilstrecke in Relation zur Gesamtlänge der Verkehrsanlage als erheblich angesehen werden kann, handelt es sich um einen beitragsfähigen Teilstreckenausbau, der als Ausbau nicht nur eines Anlagenteils, sondern der gesamten Anlage anzusehen ist. An der Verteilung des dafür entstandenen Aufwandes sind bei einem solchen Ausbau alle Grundstücke beteiligt, die über eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Straße verfügen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese (Anlieger-)Grundstücke unmittelbar an der ausgebauten Teilstrecke anliegen und wie weit entfernt sie sich von dieser Teilstrecke befinden (Driehaus, Beitragsfähiger Teilstreckenausbau im Erschließungs- und Straßenbaubeitragsrecht, ZMR 2008, 849, 853). Hier umfasste der ausgebaute Teil der Lindenstraße nach dem vorliegenden Kartenmaterial schätzungsweise zwei Drittel der Gesamtstraßenlänge. Sollte die Lindenstraße bei natürlicher Betrachtungsweise als eine einheitliche Anlage erscheinen, wofür nach dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsvorgänge manches spricht, so wäre damit das Grundstück des Antragstellers auch ohne die von ihm beanstandete Ausbaustrecke in die Aufwandsverteilung einzubeziehen.

14

Den Bedenken des Antragstellers an der richtigen Bewertung der Grundstücksgrößen durch den Antragsgegner ist ebenfalls nicht zu folgen. Er meint, es sei nicht nachvollziehbar dargetan, auf welcher Berechnungsgrundlage hier 6.396 qm auf den Innen- und 7.920 qm auf den Außenbereich angerechnet worden seien. Seine gesamten Grundstücksflächen hätten eine Größenordnung von 31.639 qm.

15

Der Antragsgegner hat den Antragsteller für sein aus den Flurstücken 110/35 und 110/40 der Flur 2 bestehendes Grundstück zu Beiträgen herangezogen. Auf die zahlreichen weiteren Grundstücke und Flurstücke des Antragstellers, deren Daten er durch Kopien von Bestandsverzeichnis und Flurstücksnachweis dargelegt hat, kommt es nicht an. Aus den Anlagen zu dem angefochtenen Heranziehungsbescheid ergibt sich, dass von dem Flurstück 110/35 mit der Größe von 9.718 qm ein Teil von 6.396 qm dem durch gemeindliche Satzung festgelegten Innenbereich zugerechnet worden ist, die Restfläche dieses Flurstücks und die Fläche des Flurstückes 110/40 (4.598 qm), zusammen 7.920 qm, dem Außenbereich. Die Berechnung der Flächen hat der Antragsgegner im Widerspruchsverfahren aufgrund von bestehenden Wegerechten zugunsten des Antragstellers geändert. Ermittelt hat sie der Antragsgegner nach dem Inhalt seiner Antragserwiderung auf der Grundlage von Luftbildern und Katasterangaben. Was an all dem nicht korrekt sein soll, erschließt sich dem Senat – jedenfalls im Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - nicht.

16

Wenn der Antragsteller die Straßenbaubeitragspflicht des Flurstückes 110/40 schlicht bestreitet, genügt das offensichtlich nicht den Darlegungsanforderungen nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Im Übrigen sind für die Beitragspflicht Betrachtungsgegenstand nicht einzelne Flurstücke, sondern die Grundstücke im grundbuchrechtlichen Sinn. Das Flurstück 110/40 bildet zusammen mit dem Flurstück 110/35 ein Grundstück, das direkt an der Lindenstraße anliegt. Soweit im Schriftsatz vom 13. August 2010 nähere – und völlig neue – Ausführungen enthalten sind, wären diese mit Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ohnehin verspätet.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

18

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG und § 53 Abs. 3 GKG.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts A-Stadt vom 28. Oktober 2008 – 8 A 2288/03 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht auf 2.233,96 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der im Tenor näher bezeichnete Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung ist zulässig, insbesondere nach Zustellung des Urteiles am 1. April 2009 mit am 8. April 2009 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz fristgerecht (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) gestellt und mit am 12. Mai 2009 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz auch innerhalb der gesetzlichen Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) begründet worden. Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

2

1. Dies gilt zunächst für den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

3

In der Sache sieht der Senat diesen Zulassungsgrund als gegeben an, wenn die Zulassungsschrift – gegebenenfalls i.V.m. einem weiteren innerhalb der Antragsfrist eingegangenen Schriftsatz – Anlass gibt, das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Damit ist gesagt, dass sich der Begriff der ernstlichen Zweifel nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen kann, sondern zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen hat. So liegen etwa in den Fällen, in denen zwar die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung ersichtlich unzutreffend ist, eine andere tragfähige Begründung sich dem Senat aber ohne weiteres aufdrängt, ernstliche Zweifel im Sinne des Zulassungsrechts nicht vor. Ernstliche Zweifel können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend überschauen lassen, die Zulassungsschrift aber dem Senat die Einsicht vermittelt, dem Rechtsmittel seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen.

4

Nach diesem Maßstab sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht begründet.

5

Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung, den angefochtenen Straßenbaubeitragsbescheid teilweise aufzuheben, im Wesentlichen auf eine nicht satzungsgemäße Einstufung der S-Straße als Anliegerstraße gestützt. Allein diese Frage ist Gegenstand des Zulassungsvorbringens. Gegen den weiteren im Urteil angesprochenen Gesichtspunkt, wonach die Beklagte den Herstellungsaufwand nicht richtig berechnet habe, weil der Wert des ausgebauten Großsteinpflasters zu niedrig bemessen worden sei, wendet sich die Beklagte nicht. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die S...straße sei in ihrem ausgebauten Abschnitt keine Anlieger-, sondern eine Haupterschließungsstraße bzw. Innerortsstraße, vermag das Zulassungsvorbringen nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen.

6

Für die Zuordnung einer Straße kommt es auf die der Straße zugedachte Aufgabe und Zweckbestimmung an, die durch eine Gesamtbetrachtung verschiedener Kriterien zu ermitteln ist. Dazu gehören die Verkehrsplanung der Gemeinde, der darauf beruhende Ausbauzustand der Straße und die straßenrechtliche Gewichtung. Nur daneben kommt auch den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen Bedeutung zu (OVG Greifswald, Beschl. v. 09.07.2007 - 1 M 40/07 -, juris). Davon ist das Verwaltungsgericht im Wesentlichen zutreffend ausgegangen. Dabei hat es in Erwägung gezogen, dass die Reduzierung der Fahrbahnbreite der S-Straße auf nur noch 3,60 m für sich genommen dafür spreche, dass die Funktion der Straße in diesem Teil auf den Anliegerverkehr beschränkt sein sollte. Dem stünde jedoch entgegen, dass der Ausbau der S...straße vor dem Hintergrund veränderter Fahrbeziehungen im Bereich des Knotenpunktes O...ring/V...straße/W...straße erfolgt sei und der konkrete Ausbau der S...straße aufzeige, dass ihre Funktion im ausgebauten Teil augenscheinlich gerade darin bestehe, den Durchgangsverkehr aufzunehmen, der über den O...ring in südlicher Richtung abfließen solle. Die S...straße sei so ausgebaut worden, dass sie praktisch nur als Einbahnstraße nutzbar sei, und sie sei straßenverkehrsrechtlich gerade in die Richtung als Einbahnstraße ausgewiesen, die dem Abfluss des innerörtlichen Durchgangsverkehrs nütze. Straßenverkehrsrechtliche Festsetzungen könnten vorliegend ausnahmsweise nicht außer acht gelassen werden. Eine Ausweisung der Einbahnstraße in die entgegengesetzte Richtung würde der planerischen Absicht der Beklagten nicht entsprechen. Die erkennbare planerische Konzeption der Beklagten werde durch die Ergebnisse einer Verkehrszählung bestätigt.

7

Diese Betrachtung der für die Einordnung der Anlage in eine Straßenkategorie wesentlichen Kriterien ist aus Sicht des Senates zutreffend und unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Dies gilt insbesondere für die Auffassung, dass die S-Straße nach der insbesondere in den straßenverkehrsrechtlichen Einbahnstraßenregelungen zum Ausdruck kommenden Straßenplanung der Beklagten in erheblichem Ausmaß den aus nördlicher Richtung über die V...straße in Richtung O...ring abfließenden Verkehr aufnehmen soll. Wegen des Verbotes, an der Einmündung der V...straße in den O...ring links abzubiegen, sind Verkehrsteilnehmer mit diesem Ziel gezwungen, zuvor in die S...straße (links) einzubiegen, um dann über die W...straße auf den O...ring zu gelangen. Das spricht dafür, dass die S...straße nicht im Wesentlichen dem Anliegerverkehr, sondern in überwiegendem Maße der Bewältigung innerörtlichen Verkehrs i.S.v. § 3 Abs. 2 der Satzung der Landeshauptstadt Schwerin über die Erhebung von Ausbaubeiträgen (ABS 2002) dient.

8

Der Abfluss innerörtlichen Verkehrs über die S...straße ist Gegenstand des im angefochtenen Urteil genannten behördlichen Vermerkes (UA, S. 9) vom 24. Februar 2004. Der Senat kann nicht erkennen, dass ihm das Verwaltungsgericht – wie die Beklagte meint – ein zu großes Gewicht beigemessen hat. In dem Vermerk kommt deutlich zum Ausdruck, dass für die S...straße veränderte Fahrbeziehungen dadurch entstanden seien, dass der Knotenpunkt O...ring/V...straße/W...straße umgestaltet worden ist. Aus diesem Grunde sei ein grundhafter Ausbau der S...straße im Abschnitt zwischen V...straße und F...Straße erforderlich gewesen. Dementsprechend sei der Ausbau in Asphaltbauweise erfolgt. Dies macht deutlich, dass sich eine Veränderung von Fahrbeziehungen für die S...straße keineswegs durch eine Änderung der Verkehrsflüsse in benachbarten Anliegerstraßen ergeben hat, sondern durch eine Veränderung an einem verkehrsreichen Knotenpunkt, d.h. durch eine Beeinflussung von Verkehrsströmen auf vielbefahrenen Innerortsstraßen. Daher hält der Senat auch die Argumentation des Zulassungsantrages nicht für überzeugend, die geringe Fahrbahnbreite sei aus Gründen der Verkehrsberuhigung gewählt worden, aufgrund der geringen Fahrbahnbreite habe dann nur noch eine Einbahnstraße ausgewiesen werden können, deren positive Beeinflussung der Verkehrsströme keinesfalls planerisch beabsichtigt gewesen sei.

9

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die Ergebnisse der Verkehrszählung in seine Betrachtung miteinbezogen hat. Der Beklagten ist zwar dahin zu folgen, dass es für die Einstufung einer Straße nicht auf das tatsächliche Verkehrsaufkommen ankommen kann (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 09.07.2007, a.a.O.). Das Verwaltungsgericht hat diesen Gesichtspunkt aber auch nicht ausschlaggebend sein lassen, sondern darin nur eine Bestätigung für die planerische Konzeption der Beklagten gesehen. Dies ist zulässig.

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Schließlich steht der Einordnung der S...straße als Straße mit innerörtlicher Verkehrsbedeutung hier auch nicht der Umstand entgegen, dass die Fahrbahn nach dem Straßenausbau nur noch eine Breite von 3,60 m aufweist. Eine solch geringe Fahrbahnbreite ist zwar in der Rechtsprechung des Senates als Kriterium angesehen worden, das gegen die Annahme einer Innerortsstraße spricht (Beschl. v. 09.07.2007, a.a.O.; Beschl. v. 13.12.2011 - 1 L 170/08 -, NordÖR 2012, 212). Anders als in den diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Fällen handelt es sich bei der S...straße jedoch um keine Straße mit Begegnungsverkehr, sondern um eine Anlage, die – soweit sie dem Kraftfahrzeugverkehr dienen soll – allein als Einbahnstraße nutzbar ist. Die Fahrbahnbreite hat eine besondere Bedeutung für die Kategorisierung einer Straße als Anlieger- bzw. Innerortsstraße, weil unterhalb einer bestimmten Mindestbreite ein reibungs- und gefahrloser Begegnungsverkehr, insbesondere mit Lastkraftwagen nicht mehr möglich ist. Dieser Aspekt trifft auf Einbahnstraßen nicht zu.

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Der von der Beklagten angesprochene Gesichtspunkt der Dauerhaftigkeit der Zuordnungskriterien (vgl. dazu OVG Greifswald, Beschl. v. 09.07.2007, a.a.O) steht der Berücksichtigung der Ausweisung der S-Straße als Einbahnstraße nicht entgegen. Angesichts der auf die einzelnen Straßen in der Umgebung des Knotenpunktes O...ring/V...straße/W...straße durch Ausweisung von Einbahnstraßen und Abbiegeverboten abgestimmten Lenkung der Verkehrsströme erscheint eine Umkehrung der Einbahnstraßenregelung der S...straße in die entgegengesetzte Richtung als fernliegend. Sie erforderte eine Änderung der straßenverkehrsrechtlichen Verhältnisse auch in verschiedenen anderen Straßen. Das alles wäre zwar theoretisch denkbar. Ein Grund für eine solche Änderung ist jedoch nicht ersichtlich. Die derzeitige Verkehrsführung erfüllt damit den Charakter der Dauerhaftigkeit. Der Umstand, dass die S...straße keine Fahrbahnmarkierungen aufweist, ist – anders als die Beklagte meint – kein Argument gegen die Einordnung der S-Straße als Haupterschließungsstraße (Innerortsstraße) i.S.v. § 3 Abs. 2 ABS 2002, da in einer Einbahnstraße kein Bedürfnis für die Abtrennung von Fahrbahnhälften besteht.

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2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124a Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung u.a. des Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Für den Zulassungsgrund der Divergenz muss dargelegt werden, dass ein vom Verwaltungsgericht gebildeter, tragender, abstrakter, inhaltlich bestimmter Rechtssatz entweder ausdrücklich gebildet worden ist oder sich doch aus der Entscheidung eindeutig in der Weise ergibt, dass das Verwaltungsgericht von einem abstrakten, fallübergreifenden Rechtssatz ausgegangen ist und seinen Erwägungen zugrundegelegt hat. Dieser Rechtssatz muss von einem Rechtssatz abweichen, der aus einer konkret benannten Entscheidung im Instanzenzug zu gewinnen ist. Eine – angeblich – nur unrichtige Anwendung eines in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten und vom Verwaltungsgericht nicht in Frage gestellten Rechtsgrundsatzes auf den Einzelfall stellt keine Abweichung dar. Die Divergenzrüge kann insbesondere nicht gegen eine reine Tatsachenwürdigung im Einzelfall erhoben werden.

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Wenn die Beklagte meint, das Verwaltungsgericht sei von dem Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts abgewichen, dass bei der Kategorisierung von Straßen tatsächliche Verhältnisse nicht von entscheidender Bedeutung sein können, so fehlt die Darlegung eines dem widersprechenden tragenden Rechtssatzes aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts kann eine solcher abweichender Rechtssatz auch nicht entnommen werden. Das Gericht hat die tatsächlichen Verhältnisse ausweislich seiner Ausführungen auf Seite 9 des Urteilsabdruckes ausdrücklich nur als Bestätigung dessen angesehen, was es für die planerische Konzeption der Beklagten aus dem Vermerk vom 24. Februar 2004 abgeleitet hat. Diesen Ausführungen kann nicht entnommen werden, dass es die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse als entscheidend bedeutsam angesehen hat. Maßgeblich hat es abgestellt auf die Funktion der S-Straße und die Verkehrsplanung der Beklagten.

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3. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht dargelegt.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

16

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG. Die Beklagte hat das Urteil des Verwaltungsgerichts angefochten, soweit sie unterlegen war. Das war bei der Höhe des festgesetzten Beitrages von 8.818,- Euro im Umfange von 2.233,96 Euro der Fall.

17

Hinweis:

18

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.