Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 25. Nov. 2013 - 3 K 121/12.KO

ECLI:ECLI:DE:VGKOBLE:2013:1125.3K121.12.KO.0A
bei uns veröffentlicht am25.11.2013

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 wird aufgehoben.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in noch festzusetzender Höhe vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu IHK-Beiträgen.

2

Sie betreibt seit dem 11. Juli 2005 das Gewerbe „Logistik und Spedition“. Mit Bescheid vom 17. November 2011 zog die Beklagte die Klägerin zu folgenden Beiträgen heran:

3

- Beitrag 2005, berichtigte Abrechnung 541,91 € (410,-- € Grundbeitrag; 131,91 € Umlage)
- Beitrag 2006, berichtigte Abrechnung 300,65 € (280,-- € Grundbeitrag; 20,65 € Umlage)
- Beitrag 2007, berichtigte Abrechnung 766,91 € (540,-- € Grundbeitrag; 226,91 € Umlage)
- Beitrag 2008, berichtigte Abrechnung 560,41 € (410,-- € Grundbeitrag; 150,41 € Umlage)

4

Dagegen hat die Klägerin am 21. November 2011 Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 zurückgewiesen wurde.

5

Am 7. Februar 2012 hat die Klägerin Klage erhoben.

6

Zu deren Begründung machte sie geltend, die Beitragserhebung sei sowohl dem Grunde wie auch der Höhe nach rechtswidrig. Im Rahmen ihrer schriftsätzlichen Klagebegründung trug die Klägerin zunächst schwerpunktmäßig vor, die Zwangsmitgliedschaft bei der Industrie- und Handelskammer und die daraus resultierende Beitragspflicht seien verfassungswidrig und würden darüber hinaus gegen europarechtliche Bestimmungen verstoßen. Dies wurde im Einzelnen ausführlich dargelegt.

7

Nachdem das erkennende Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 23. Juli 2012 zu erkennen gegeben hatte, dass es die von der Klägerin angemeldeten verfassungs- und europarechtlichen Bedenken nicht teilt, verlagerte die Klägerin den Schwerpunkt ihres Vorbringens nunmehr auf die Frage der Höhe der erhobenen Beiträge. Hierzu trägt sie vor, dass unter anderem die von der Beklagten praktizierte Rücklagenbildung übersetzt sei, was im Ergebnis einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkomme, wodurch die Mitgliedsbeiträge unnötig hochgehalten würden. Schon die der Bildung einer „Liquiditätsrücklage“ und „Ausgleichsrücklage“ zugrunde liegenden Regelungen des § 33 Haushalts-, Kosten-, Rechnungslegungsordnung bzw. § 15 Abs. 3 Finanzstatut seien nicht hinreichend bestimmt genug. Auch sei die Bildung einer Liquiditätsrücklage bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt. Deshalb werde sie in anderen Bundesländern wie z.B. in Bayern abgeschafft. Hinsichtlich der Ausgleichsrücklage sei der in den einschlägigen Regelungen vorgesehene Korridor in Höhe von 50 % des Betriebsaufkommens gemessen am Bedarf der Beklagten zu hoch angesetzt. Die Ausgleichsrücklage diene dem Zweck, Beitragsschwankungen auszugleichen. Es müsse aber davon ausgegangen werden, dass auch auf Jahre betrachtet die Beitragsschwankungen nicht derart hoch seien, dass damit eine Rücklagenbildung in dieser Höhe gerechtfertigt werden könne. Selbst die allgemeine Wirtschafts- und Finanzkrise rechtfertige nicht die Bildung derart erheblicher Rücklagen wie im Falle der Beklagten.

8

Darüber hinaus hat die Klägerin noch weitere Einwände betreffend die Höhe der Beiträge vorgetragen. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Klägerin sowie auf die Niederschrift über den Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 4. September 2013 verwiesen.

9

Auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2012 erließ das Gericht einen Aufklärungsbeschluss, mit dem der Beklagten u.a. aufgegeben wurde, die konkrete Höhe der Rücklagen in den Haushaltsjahren 2005 bis 2008 darzulegen. Daraufhin machte die Beklagte u.a. folgende Angaben:

10

Jahr 2005:

        

- Summe der fortlaufenden Ausgaben (Plan)

13.038.700,00 €

- Betriebsmittelrücklage

6.430.407,47 €

- Haushaltsausgleichsrücklage

6.494.735,49 €

                 

Jahr 2006:

        

- Betriebsaufwand (Plan)

15.404.700,00 €

- Liquiditätsrücklage

7.669.307,47 €

- Ausgleichsrücklage

7.915.781,93 €

                 

Jahr 2007:

        

- Betriebsaufwand (Plan)

17.987.200,00 €

- Liquiditätsrücklage

8.070.007,47 €

- Ausgleichsrücklage

8.052.281,93 €

                 

Jahr 2008:

        

- Betriebsaufwand (Plan)

16.561.200,00 €

- Liquiditätsrücklage

8.070.007,47 €

- Ausgleichsrücklage

8.052.281,93 €

11

Die Klägerin beantragt,

12

den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie ist der Klage entgegengetreten und hält die Beitragserhebung sowohl dem Grunde wie auch der Höhe nach für rechtmäßig.

16

Bezüglich der Ausgleichs- und auch der Liquiditätsrücklagen sei zunächst darauf hinzuweisen, dass diese jeweils in der Vergangenheit gebildet worden und dann über längere Zeiträume in der Summe nicht verändert worden seien. Es habe auch in den streitgegenständlichen Beitragsjahren 2005 bis 2008 keine Veranlassung bestanden, aus Sicht der Beklagten hier Veränderungen vorzunehmen, zumal klar gewesen sei, dass im Laufe der Jahre der Prozentsatz in Bezug auf das Betriebsaufkommen sinken würde, während gleichzeitig auch jährliche Beitragssenkungen hätten vorgenommen werden können, ohne die gebildeten Rücklagen abzuschmelzen. Ziel der Rücklagenbildung sei es gewesen, eine geordnete Haushaltsführung zu gewährleisten, ohne die Aufnahme von Krediten, wie dies beispielsweise bei kommunalen Gebietskörperschaften der Fall sei. Insbesondere in den Jahren 2007/2008 sei hinzugekommen, dass eine Wirtschaftskrise bestanden habe und sich von daher bereits bei der Gewerbesteuer erhebliche Rückgänge abgezeichnet hätten mit der Folge, dass entsprechende Beitragsrückgänge auch für die Beklagte zu erwarten gewesen seien. Diese Aspekte seien auch jeweils in der Vollversammlung diskutiert worden.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten (1 Heft) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage ist begründet.

19

Der Bescheid der Beklagten vom 17. November 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Er unterliegt daher der Aufhebung (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –).

20

Dabei bedarf es nicht des Eingehens auf die von der Klägerin zunächst angesprochene Frage der Vereinbarkeit der Pflichtmitgliedschaft mit verfassungs- und/oder europarechtlichen Bestimmungen. Denn die streitgegenständliche Beitragserhebung entspricht bereits nicht den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und kann von daher keinen Bestand haben.

21

Nach § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und HandelskammernIHKG – werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der IHK, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Diese Voraussetzungen lagen hier in Bezug auf die streitgegenständliche Beitragserhebung nicht vor. Denn aufgrund einer fehlerhaften Rücklagenbildung standen der Beklagten für die Haushaltsjahre 2005 bis 2008 zur Deckung der Kosten ihrer Tätigkeit zusätzliche, rechtlich ungebundene Mittel zur Verfügung, die die Höhe der gegenüber der Klägerin festgesetzten Beiträge bei weitem überschritten haben. Für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides bestand daher kein Anlass.

22

Unbestritten ist allerdings, dass nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur, der das erkennende Gericht folgt (vgl. Jahn, zur Entwicklung des Beitragsrechts der Industrie- und Handelskammern – ein Rechtsprechungsreport 2005 bis 2007 –, GewArch 2008, 187 ff.; ders. zur Entwicklung des Beitragsrechts der Industrie- und Handelskammern – ein Rechtsprechungsreport 2008 bis 2011 –, GewArch 2012, 9 ff.; Frentzel/Jäckel/Junge, IHKG, Kommentar, 7. Auflage, § 3 Rdnr. 25; BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 – 1 C 45.87 – juris; VG Magdeburg, Urteil vom 7. Februar 2013 – 3 A 385/11 –, juris), eine IHK zur Bildung von Rücklagen nicht nur berechtigt, sondern im Interesse einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung sogar verpflichtet ist. Im Hinblick darauf hat die Beklagte zwar durchaus zu Recht darauf verwiesen, dass es sich bei der Bildung angemessener Rücklagen ebenfalls um Kosten der IHK i.S.d. § 3 Abs. 2 IHKG handelt. Sie dürfen allerdings nicht der Bildung von Vermögen dienen (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 – 1 C 47.87 –, juris). Letzteres ist hier aber in Bezug auf die von der Beklagten in den Beitragsjahren 2005 bis 2008 gebildeten Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen zumindest teilweise der Fall.

23

Die Rücklagenbildung als solche ist im IHKG nicht ausdrücklich geregelt. Der Gesetzgeber hat aber in § 3 Abs. 7a IHKG die Gestaltung des Kammerhaushalts als wesentliche Selbstverwaltungsangelegenheit statuiert. Hiernach ist das Nähere für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplanes und den Jahresabschluss durch Satzung zu regeln. Für deren Erlass ist gemäß § 4 Satz 1 Nr. 8 IHKG allein die Vollversammlung zuständig.

24

Von diesem Gestaltungsrecht hat die Beklagte Gebrauch gemacht durch Erlass der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung, gültig bis 31. Dezember 2005 – HKRO – und des Finanzstatuts, gültig ab 1. Januar 2006 – FSt –. Bezüglich des wirksamen Zustandekommens dieser Regelungen hat die Klägerin keine gesonderten Einwände vorgebracht, so dass die Kammer von weiteren Ausführungen dazu absieht.

25

Was die Bildung von Rücklagen anbelangt, finden sich dazu Regelungen in § 33 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 FSt.

26

Nach § 33 Abs. 1 HKRO ist eine Betriebsmittelrücklage in Höhe von mindestens 30 %, höchstens 50 % der Summe der fortdauernden Ausgaben zu bilden, deren Zweck die Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten ist.

27

Nach § 33 Abs. 2 HKRO kann daneben eine Haushaltsausgleichsrücklage bis zu 50 % der fortdauernden Ausgaben angesammelt werden, um allgemein große Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen.

28

Nach § 33 Abs. 3 HKRO sind weitere zweckgebundene Rücklagen zulässig.

29

Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 FSt ist eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt und die dem Zweck dient, Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen.

30

Nach § 15 Abs. 3 Satz 2 FSt kann daneben eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient.

31

Nach § 15 Abs. 3 Satz 4 FSt ist die Bildung anderer Rücklagen zulässig.

32

Die in Bezug auf diese Regelungen von der Klägerin vertretene Auffassung, deren Rechtswidrigkeit ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass damit die Möglichkeit eröffnet werde, bei voller Ausschöpfung des für die Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen vorgegebenen „Korridors“ Rücklagen in Höhe von 100 % der jährlich fortdauernden Ausgaben bzw. Betriebsaufwendungen zu bilden, bedarf ebenfalls keiner abschließenden Entscheidung durch das Gericht. Das Gleiche gilt im Ergebnis für die weitere aufgeworfene Frage, ob es überhaupt zulässig ist, eine Liquiditätsrücklage zu bilden. Denn nach Aktenlage und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte jedenfalls das ihr in den genannten Bestimmungen eingeräumte Ermessen zum Teil überschritten und darüber hinaus hiervon in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, vgl. § 114 Satz 1 VwGO.

33

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf ihr Selbstverwaltungsrecht argumentiert, die in Rede stehenden Regelungen der HKRO bzw. des Finanzstatus stellten lediglich den zulässigen Rahmen dar, innerhalb dessen sie sich bewegen müsse, ohne dass der konkrete Umfang der Ausschöpfung dieses Rahmens im Einzelfall bezogen auf die jeweiligen Haushaltsjahre einer rechtlichen Nachprüfung unterliege, kann dem nicht gefolgt werden. Insbesondere lässt sich dies entgegen der Annahme der Beklagten nicht aus den Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 4. September 2012 – 22 ZB 11.1007 –, juris) und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 20. September 2010 – 6 A 10282/10.OVG –, juris) herleiten, da beide Entscheidungen sich mit der vorstehend aufgeworfenen Frage nicht befassen (mussten), sondern sich lediglich allgemein dazu äußern, ob der satzungsmäßig vorgegebene Rahmen schon dem Grunde nach unangemessen sein könnte.

34

Demgegenüber findet die hier vertretene Auffassung eine Stütze in der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. September 2012 (1 L 124/11, juris, insbesondere Rdnr. 55). Darin heißt es unter anderem, bei der Beurteilung dessen, was die Kammer im Einzelnen für erforderlich und welche Rücklagen sie in welcher Höhe für angemessen hält, stehe ihr ein weiter Ermessensspielraum zu, der einerseits dadurch begrenzt werde, dass die durch die Rücklage zu finanzierende Maßnahme dem Aufgabenbereich der Kammer unterfallen muss und andererseits die Grenzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung nicht offensichtlich überschritten werden dürfen bzw. ein mit den Grundsätzen eines vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbares Verhalten der Beklagten feststellbar ist. In Bezug auf die Angemessenheit der Rücklagenhöhe sei weiter zu berücksichtigen, dass die Rücklagenbildung aufgrund der mit ihr bezweckten Sicherung eines zukünftigen Finanzbedarfs in der Regel aufgrund einer Prognose und Schätzung künftiger Kosten erfolge und das diesbezüglich der Kammer eingeräumte Ermessen erst dann rechtswidrig ausgeübt werde, wenn die getroffene Entscheidung in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig sei. Diese Ausführungen, denen das erkennende Gericht folgt, verhalten sich erkennbar zu dem bei der Überprüfung der Höhe einer Rücklage im Einzelfall anzuwendenden Prüfungsmaßstab. Im Übrigen wäre es selbst unter Berücksichtigung des der Beklagten zustehenden Selbstverwaltungsrechts mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip und das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG –) bedenklich, das Finanzgebaren der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts in bestimmten Bereichen der gerichtlichen Nachprüfbarkeit völlig zu entziehen.

35

Unterliegt damit auch die Festsetzung der konkreten Höhe der in Rede stehenden Rücklagen durch die Vollversammlung bezogen auf jedes einzelne Haushaltsjahr einer gerichtlichen Nachprüfbarkeit, so ist eine teilweise Ermessensüberschreitung der Beklagten zunächst für das Haushaltsjahr 2006 zu verzeichnen. Zufolge des dazu von ihr vorgelegten Zahlenmaterials hat sie in diesem Jahr mit 7.915.781,93 € eine Ausgleichsrücklage in Höhe von 51,4 % des planmäßigen Betriebsaufwands in Höhe von 15.404.700 € beschlossen. Damit wurde der in § 15 Abs. 3 Satz 1 FSt vorgegebene maximal zulässige Rahmen von 50 % um 1,4 %, mithin 213.431,93 € überschritten. Mindestens in dieser Höhe lag demnach im Jahr 2006 eine unzulässige Vermögensbildung vor, die zur Deckung der Kosten hätte verwendet werden müssen.

36

Darüber hinaus ist für alle der in Streit stehenden Beitragsjahre ein Ermessensfehlgebrauch der Beklagten festzustellen.

37

Es ist bereits fraglich, ob die für die Beschlussfassung zuständige Vollversammlung bei der Festlegung der beiden in Rede stehenden Rücklagen überhaupt Ermessen ausgeübt hat. Zwar hat die Vollversammlung jeweils über die Festsetzung des Wirtschaftsplans für die einzelnen Kalenderjahre entschieden. Zum Inhalt der Wirtschaftspläne gehört auch die Angabe von Rücklagen, die jeweils in den Wirtschaftsplänen gesondert ausgewiesen sind. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um „absolute“ Zahlen, ohne dass in den Wirtschaftsplänen Angaben dazu gemacht werden, wie hoch der Prozentsatz im Sinne des § 33 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 FSt jeweils ist. Auch wenn die Wirtschaftspläne den Mitgliedern der Vollversammlung im Vorfeld der jeweiligen Sitzung erläutert worden sind, so ist damit noch nicht belegt, dass ihnen im Zeitpunkt der Beschlussfassung tatsächlich bewusst war, dass sie insoweit einen Entscheidungsspielraum hatten. Es wurden von der Beklagten auch keine Sitzungsniederschriften vorgelegt, aus denen sich etwa ein Hinweis auf die genannten Satzungsbestimmungen ergibt, geschweige denn, dass die Höhe der zu bildenden Rücklagen im Rahmen der Vollversammlung nochmals im Einzelnen erörtert worden wäre. Diese Annahme wird auch durch die Ausführungen der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Denn vor dem Hintergrund, dass nach Auffassung der Beklagten lediglich der in § 33 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 FSt vorgegebene Rahmen einzuhalten war, bestand aus ihrer Sicht – folgerichtig – allenfalls Veranlassung über eine Anpassung der Rücklage „nach oben“ im Falle einer Steigerung des Betriebsaufkommens nachzudenken.

38

Selbst wenn man aber zu Gunsten der Beklagten davon ausgeht, sie habe von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht, so haftet den Beschlussfassungen aus mehreren Gesichtspunkten der Makel einer fehlerhaften Ermessensausübung an.

39

Von wesentlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die beschlossenen Rücklagen jeweils in ihrer konkreten Höhe zur Erreichung des verfolgten Zwecks erforderlich, angemessen und insgesamt verhältnismäßig sein müssen. Unter Anlegung des oben bereits dargelegten Prüfungsmaßstabes auf die hier in Rede stehenden Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit Blick auf deren Höhe offenkundig nicht mehr gewahrt.

40

Sinn und Zweck der Bildung von Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen ist es entsprechend dem Wortlaut der zugrunde liegenden Regelungen, im jeweils laufenden Geschäftsjahr eine ordnungsgemäße Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten zu gewährleisten und Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen. Weiter ist insoweit in den Blick zu nehmen, dass die Beklagte sich mit den Regelungen in § 33 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 FSt selbst einen Rahmen gesetzt hat, den sie bezogen auf das jeweilige Haushaltsjahr mit nachvollziehbaren Erwägungen ausfüllen und an dem sie ihre Entscheidungen messen lassen muss. Gerade die differenzierte Ausgestaltung des § 33 Abs. 1 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 Satz 1 FSt als kombinierte Festlegung einer 30 % des Betriebsaufwandes umfassenden zwingenden Rücklage, die im Ermessenswege um weitere 20 % aufgestockt werden kann und die Ausgestaltung des § 33 Abs. 2 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 Satz 2 FSt als reine Ermessensvorschrift betreffend das „ob“ und die Höhe der Rücklage zeigen, dass selbst die Beklagte es nicht für grundsätzlich zwingend erforderlich hält, dauerhaft Rücklagen zum Ausgleich von Schwankungen im Beitragsaufkommen und/oder zur Vermeidung von Kassenkrediten in Höhe von annähernd 100 % des jährlichen Betriebsaufkommens vorzuhalten. Die Richtigkeit dieser Grundannahme wird auch objektiv dadurch bestätigt, dass nach den Angaben der Vertreter der Beklagten im Erörterungstermin während der hier streitigen Beitragsjahre lediglich die Liquiditätsrücklage in Höhe von 1,5 Millionen Euro für einen Zeitraum von ca. 2 Monaten in Anspruch genommen werden musste. Bei dieser Ausgangslage ist zu fordern, dass es immer dann, wenn die Beklagte Rücklagen zu den in Rede stehenden Zwecken bilden möchte, die über die zwingend vorgegebenen 30 % des Betriebsaufkommens hinausgehen, einer besonderen Begründung im Einzelfall bedarf. Denn bei einem durchschnittlichen Betriebsaufwand von ca. 15 Millionen Euro im Jahr entsprechen die 30 % Liquiditätsrücklage einem Betrag von ca. 4,5 Millionen Euro, was gemessen an dem bisher festgestellten tatsächlichen Bedarf von 1,5 Millionen Euro für einen Zeitraum von zwei Monaten als immer noch sehr komfortabel zu bezeichnen ist. Demgegenüber ist die Vorhaltung einer Summe, die durchschnittlich den festgestellten Bedarf um ca. das Zehnfache übersteigt selbst mit einer auf maximale Sicherheit ausgerichteten Finanzpolitik nicht mehr zu rechtfertigen. Dabei ist nochmals die Zweckgebundenheit der in Rede stehenden Rücklagen zu unterstreichen. Für sonstige Zwecke können und dürfen sie zulässigerweise nicht eingesetzt bzw. vorgehalten werden. Dessen bedarf es auch nicht, da nach § 33 Abs. 3 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 Satz 4 FSt zusätzlich die Möglichkeit der Bildung sonstiger (maßnahmebezogener) Rück-lagen besteht.

41

Besondere tragfähige Gründe, über die vorgegebenen 30 % hinauszugehen, hat die Beklagte für die Jahre 2005 bis 2008 nicht aufzuzeigen vermocht. So ist der Hinweis darauf, dass die Rücklagen in dieser Höhe bereits in den Jahren zuvor gebildet und sodann über einen längeren Zeitraum nicht verändert worden seien, kein sachlicher Grund dafür, die Rücklagen weiter hochzuhalten, da es ja gerade darum geht, über diese Frage jährlich eine neue bedarfsorientierte Entscheidung zu treffen. Ebenso wenig tragfähig ist das Argument, es habe im fraglichen Zeitraum keine Veranlassung bestanden, hier Veränderungen vorzunehmen, weil wegen zukünftig zu erwartender Steigerungen im Betriebsaufkommen ohnehin ein Absinken des Prozentsatzes zu erwarten gewesen sei. Dies ist eine sachfremde Erwägung, da die Rücklage allein nach der Zweckbestimmung in der zugrunde liegenden Regelung zu bemessen ist. Ein zukünftiger möglicher Anstieg der Betriebsausgaben ist – sofern er sich nicht auf das laufende Geschäftsjahr bezieht – irrelevant. Erst recht kommt es nicht darauf an, ob im jeweiligen Jahr Beitragssenkungen möglich waren, ohne die entsprechenden Rücklagen abzuschmelzen. Schließlich ist auch der pauschale Hinweis auf eine sich abzeichnende Wirtschaftskrise in den Jahren 2007/2008 in dieser allgemeinen Form nicht ausreichend. Auch insoweit hätte es zumindest einer in groben Zügen nachvollziehbaren Darlegung bedurft, in welchem Umfang sich dies auf die Liquidität der Beklagten möglicherweise hätte auswirken können.

42

Erweist sich die Rücklagenbildung in den Jahren 2005 bis 2008 demnach zumindest insoweit als rechtswidrig, als sie die 30 % zwingend festgelegte Rücklagenbildung übersteigt, handelt es sich dabei um eine unzulässige Vermögensbildung seitens der Beklagten. Damit standen ihr im genannten Zeitraum rechtlich nicht gebundene Mittel in Höhe mehrerer Millionen Euro zur Verfügung, die den gegenüber der Klägerin geltend gemachten Beitragsanspruch ersichtlich deutlich übersteigen. Für die Beitragserhebung gegenüber der Klägerin bestand demnach kein Grund. Dabei ist nach Auffassung der Kammer auch für eine teilweise Heranziehung der Klägerin zu Beiträgen für die Jahre 2005 bis 2008 keine Veranlassung (mehr) gegeben. Zwar hätten bei richtiger Sachbehandlung die unzulässig gebildeten Rücklagen zur Deckung der Kosten eingesetzt werden müssen, was in diesem Fall allen Kammermitgliedern zugutegekommen wäre. Dies ist aber tatsächlich nicht geschehen mit der Folge, dass die übrigen Kammermitglieder zu Beiträgen für diese Jahre mit inzwischen bestandskräftigen Bescheiden herangezogen wurden, mithin die Beiträge im Wesentlichen auch in der im Wirtschaftsplan vorgesehenen Höhe tatsächlich vereinnahmt wurden. Das unzulässig gebildete Vermögen in Gestalt der Rücklagen wurde indessen in das jeweilige Folgejahr übertragen und war auch insoweit wiederum als unzulässig gebildetes Vermögen zu qualifizieren und rechtlich zu behandeln. Ob die zur Kostendeckung in den jeweiligen Haushaltsjahren verausgabten Mittel von der Beklagten im Verhältnis zu anderen Kammermitgliedern in vollem Umfang rechtmäßig eingenommen wurden, spielt im Verhältnis zwischen Klägerin und Beklagter indes keine Rolle.

43

Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, dass die Vollversammlung bei Kenntnis der unzulässigen Vermögensbildung möglicherweise entschieden hätte, das Geld ganz oder zum Teil für andere Projekte einzusetzen. Diese Argumentation ist rein hypothetisch und eine nachträgliche Beschlussfassung über derartige Projekte für die Jahre 2005 bis 2008 ist nicht mehr zulässig. Es sind daher die tatsächlichen Gegebenheiten zugrunde zu legen.

44

Ebenso wenig kann die Beklagte sich darauf berufen, die unzulässige Vermögensbildung habe auf die konkrete Beitragserhebung keinen Einfluss, weil die Vollversammlung unabhängig von der Rücklagenbildung jeweils die entsprechenden Beitragssätze wirksam beschlossen habe. Dem ist entgegen zu halten, dass die Beitragserhebung wegen der unzulässigen Vermögensbildung gegen das Äquivalenzprinzip verstößt (vgl. § 3 Abs. 2 IHKG) und die damit einhergehende fehlerhafte Bildung der Beitragssätze ebenfalls auf die Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung durchschlägt.

45

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

46

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

47

Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

48

Beschluss

49

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.169,88 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

50

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 25. Nov. 2013 - 3 K 121/12.KO

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 25. Nov. 2013 - 3 K 121/12.KO

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 25. Nov. 2013 - 3 K 121/12.KO zitiert 14 §§.

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 10. Nov. 2015 - AN 4 K 14.01227, AN 4 K 15.01109

bei uns veröffentlicht am 10.11.2015

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Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Okt. 2015 - M 16 K 14.1635

bei uns veröffentlicht am 06.10.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München M 16 K 14.1635 Im Namen des Volkes Urteil vom 6. Oktober 2015 16. Kammer Sachgebiets-Nr. 412 Hauptpunkte: Beitragserhebung durch IHK; Rückwirkender Erl

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 20. Feb. 2018 - 5 Bf 213/12

bei uns veröffentlicht am 20.02.2018

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbeschei

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

Tatbestand

1

Der Kläger, der in A-Stadt einen Druckerei- und EDV-Wartungsbetrieb führt, wendet sich gegen seine Heranziehung zum IHK-Beitrag für das Jahr 2009.

2

Mit Bescheid vom 19.10.2011 zog die Beklagte den Kläger im Wege der Abrechnung zur Zahlung eines Beitrags zur Industrie- und Handelskammer A-Stadt für das Jahr 2009 in Höhe von 575,60 € heran und gab ihm auf, zuzüglich eines offenen Betrages aus anderen Beitragsjahren in Höhe von 136,76 € einen Betrag von 712,36 € zu zahlen. Als Bemessungsgrundlage wurde dabei der Gewerbeertrag 2009 des Klägers zugrundegelegt (112.200,- €) und hierfür ein Grundbeitrag von 440,- € angesetzt. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 15.340,- € wurde sodann auf den verbleibenden Gewerbeertrag von 96.860,- € durch Anwendung des Hebesatzes von 0,140 % ein Betrag von 135,60 € als Umlage festgesetzt.

3

Am 21.11.2011 hat der Kläger Klage erhoben. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Schriftsätze vom 29.1.2012, 24.2.2012, 24.3.2012, 1.5.2012 und 25.1.2013 sowie das Terminsprotokoll verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

4

Der Kläger trägt vor: Die überhöhte Zwangsbeitragsforderung führe bei der Beklagten zur unverhältnismäßigen Rücklagenbildung. Die Beklagte sei nicht legitimiert, allgemein verbindliche Beitragssatzungen zu erlassen, weil sie durch undemokratische Wahlen ihrer Hauptversammlung gebildet sei. Der Beklagten sei aufzuerlegen, vollständig und umfänglich Auskunft darüber zu erteilen, wie hoch ihre Rücklagen seien, wie und in welcher Höhe der Zu- und Abgang zu den Rücklagen erfolgt sei und wie sie in Zukunft mit den Rücklagen verfahren wolle (entschieden vom VG Minden 2010, vgl. auch OVG NRW Beschl. v. 10.10.2011). Das OVG NRW habe Rücklagen in Höhe von 75 % des Beitragsaufkommens als zu hoch erachtet. Für die nicht unerheblichen Zwangsbeiträge erbringe die Beklagte ihren Zwangsmitgliedern gegenüber keine adäquate Gegenleistung. Die Beklagte habe in den vergangenen Jahren nie dargelegt, wofür sie eigentlich Beiträge erhebe und welche Gegenleistungen sie dafür biete. Für das Jahr 2009 erhebe die Beklagte Beiträge aufgrund ihrer Wirtschaftssatzung vom 20.11.2008, in der sie darlege, dass sie 2009 Erträge in Höhe von 9.463.900,- € habe und Ausgaben in Höhe von 10.397.200,- €. Die Differenz von fast 1 Mio. € entnehme sie ihren Rücklagen. Des weiteren führe sie Investitionsauszahlungen in Höhe von 313.500,- € an sowie weitere Auszahlungen in Höhe von 1.053.700,- €, die wahrscheinlich auch aus den Rücklagen finanziert würden. Dies heiße, dass die Beklagte ihren Wirtschaftsplan mit knapp 2,5 Mio. € aus Rücklagen finanziere, was über 20 % des gesamten Aufkommens entspreche. In der Vergangenheit habe die Beklagte für das Wirtschaftsjahr 2006 einen Betrag von 928.300,- € aus Rücklagen entnommen und weitere Auszahlungen in Höhe von 360.000,- € getätigt, insgesamt somit etwa 15 % des Wirtschaftsplans. Im Wirtschaftsjahr 2007 seien 616.200,- € aus Rücklagen direkt eingebracht und weitere 340.000,- € ausgezahlt, was 10 % des Wirtschaftsplans entspreche. Im Jahr 2008 habe der direkte Rücklagenzugriff 1.092.300,- € betragen, und es hätten Auszahlungen in Höhe von 966.800,- € stattgefunden (20 % des Wirtschaftsplans). Auch in späteren Jahren habe die Beklagte auf Rücklagen zurückgegriffen, so im Jahr 2010 auf 1.513.100,- € für den Wirtschaftsplan und 1.419.600,- € an Auszahlungen. Bis zum Jahr 2005 habe die Beklagte in ihren Haushaltssatzungen immer ein ausgeglichenes Ergebnis ausgewiesen. Einnahmen und Ausgaben hätten sich gedeckt. Es bestehe somit die berechtigte Frage, wo die Rücklagen herkämen, auf welche die Beklagte in den letzten Jahren so tatkräftig zurückgreife. Immerhin habe sie allein zum Ausgleich ihrer Plan-GuV auf über 6 Mio. € zurückgegriffen, was vermuten lasse, dass sie anscheinend über Rücklagen in nicht unerheblicher Größenordnung verfüge. Weder in den einzelnen Wirtschaftssatzungen noch in den Nachträgen zur Wirtschaftssatzung würden Einzahlungen in Rücklagen angeführt. Da es keine Einzahlungen der Beklagten auf Rücklagen gebe, könne somit davon ausgegangen werden, dass die Beklagte in nicht unerheblicher Höhe durch Dritte finanziert werde. Wenn die Beklagte von einigen Wenigen „schwarz“ finanziert werde, dürfe man berechtigt fragen, wie die Beklagte dann überhaupt ein Gesamtinteresse vertreten oder wahrnehmen könne. Außer der Frage zur Herkunft der Rücklagen stünde auch die Frage über die Höhe der Rücklagen an. Das BVerwG habe bei Industrie- und Handelskammern Rücklagen von 15 % ihrer Gesamtaufwendungen als maximal zulässig erachtet. Diese Grenze scheine die Beklagte erheblich überschritten zu haben. Beitragserhebungen dürften auch nicht der Bildung von Vermögen dienen (BVerwG, Urt. v. 26.6.1990 - 1 C 45.87 -). Der Bayerische Rechnungshof habe über das Bayerische Wirtschaftsministerium die Empfehlung ausgesprochen, in den IHK-Mustersatzungen die Möglichkeit zur Bildung von Liquiditätsrücklagen ersatzlos zu streichen. Somit sehe auch der Bayerische Rechnungshof die horrenden und unverhältnismäßigen Rücklagenbildungen der Industrie- und Handelskammern als kritisch an. Solange die Beklagte es nicht bestreite oder gegenteilig belege, müsse das Gericht zwangsläufig davon ausgehen, dass die Beklagte über derart hohe Rücklagen und sonstige Vermögen verfüge, dass sie nicht berechtigt sei, Beiträge von Zwangsmitgliedern zu erheben, da sie ihre Kosten anderweitig decken könne. Die Beklagte behaupte, eine Selbstverwaltungsorganisation der Wirtschaft zu sein und deren Gesamtinteresse zu vertreten. Um ein Gesamtinteresse überhaupt vertreten zu können, müssten die entsprechenden Vertreter in den Gremien und hier vor allem die Hauptversammlung in demokratischer Weise gewählt werden. Bei der letzten Wahl, welche die Beklagte 2008 zur Vollversammlung durchgeführt habe, habe es hingegen an jedwedem Mindeststandard einer demokratischen Wahl und insbesondere ihrer Nachvollziehbarkeit gefehlt. In gewohnter Manier habe die Beklagte bis heute die tatsächlichen Wahlergebnisse nicht veröffentlicht. Weder sei veröffentlicht worden, wie hoch die Wahlbeteiligung insgesamt oder in den einzelnen Wahlbereichen gewesen sei, noch, wieviele Stimmen die einzelnen Kandidaten auf sich vereinigt hätten. Weder die Öffentlichkeit noch die abstimmungsberechtigten Mitglieder oder die unterlegenen Kandidaten seien von der Beklagten über das reale Ergebnis der Wahl unterrichtet worden. Die Beklagte habe lediglich verkündet, wer für die einzelnen Wahlbereiche in die Hauptversammlung ziehe. Ob diese Personen auch tatsächlich von der Mehrheit der jeweils stimmberechtigten Mitgliedsbetriebe gewählt worden seien, bleibe fraglich und könne aufgrund der Intransparenz der Wahl sowie der Weigerung der Beklagten, Zahlen zu veröffentlichen, auch angezweifelt werden. Landauf landab würden immer wieder Manipulationsvorwürfe gegen Industrie- und Handelskammern erhoben. Bemerkenswert sei, dass erstmals im letzten Jahr eine Wahl zur Hauptversammlung bei der IHK Koblenz durch externe Sachverständige geprüft und im Anschluss daran offiziell für ungültig erklärt worden sei. U.a. hätten Schriftsachverständige auf einem Viertel aller Stimmzettel markante Spuren von identischen Kreuzen gefunden. Da die Industrie- und Handelskammern identisch argumentierten und agierten und auch sonst handlungskonform seien, dürfe also nicht ausgeschlossen sein, dass die Beklagte die Wahlen zur Hauptversammlung genauso „durchgeführt“ habe wie die IHK Koblenz. Die Weigerung der Beklagten, die Zahlen der Wahl zu veröffentlichen, lasse zumindest die reale Vermutung zu, dass es auch bei der hiesigen Wahl zur Hauptversammlung nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte. Damit stehe die Frage, ob die Hauptversammlung überhaupt über die tatsächliche Legitimierung der Mitgliedsbetriebe verfüge, um Beitragsordnungen, Wirtschaftssatzungen und ähnliches zu beschließen. Er, der Kläger, zweifele das an. Da die Beitragssatzung der Beklagten für das Jahr 2009 nicht von gewählten Vertretern der Mitglieder legitimiert sei und die Beklagte offensichtlich über erhebliche Rücklagen verfüge, die vorrangig vor Beitragserhebungen hätten verwendet werden müssen, sei der Beitragsbescheid aufzuheben. Die Brisanz der Rücklagen und Schwarzgeldkonten der Beklagten sei ihr selbst bewusst, was sich auch dadurch verdeutliche, dass ihr Prozessvertreter nicht einmal ansatzweise auf diese grundlegende Thematik eingehe. Die Beklagte müsse schon einmal darlegen, wie Millionen Euro aus dem Nichts kämen und wieder in das Nichts verschwänden, wenn es keine dubiosen Rücklagen- oder Finanzierungskonten bei der Beklagten gäbe. Die zweite Magdeburger Zwangskammer, die Handwerkskammer, habe jüngst erst nicht nur Rücklagen aus Zwangsbeiträgen angehäuft, sondern auch in Millionenhöhe verspekuliert. Diesbezüglich könne er, der Kläger, als zwangsrekrutiertes Mitglied der Beklagten auch zu Recht die Auskunft einfordern, in welcher Höhe die Beklagte beim Finanzdebakel der letzten Jahre selbst Überschüsse aus Zwangsbeiträgen verspekuliert habe. Andere Kammern hätten bereits angefangen, ihre exorbitanten Rücklagen vollständig über Beitragsrückerstattungen aufzulösen. Derartige Auskünfte seien in jedem Gesangverein und Kegelclub gang und gäbe. Um so mehr müsse eine öffentlich-rechtliche Zwangsvereinigung Auskunft erteilen. Die Verantwortlichen der Beklagten hätten offensichtlich mehrere Millionen Euro in den Bilanzen veruntreut bzw. verschleiert. Er, der Kläger, rege an, die Staatsanwaltschaft zur strafrechtlichen Prüfung einzuschalten. Im Gegensatz zum Vortrag der Beklagten sehe der von ihr beigefügte Wirtschaftsplan 2009 sehr wohl Rücklagenveränderungen von fast 1 Mio. € vor. Da es sich hier nur um einen Wirtschaftsplan handele, bedürfe es zu einer Prüfung aber der realen Zahlenwerte für Einnahmen, Ausgaben, Rücklagen, Verwendung etc. und nicht irgendwelcher fragwürdigen und nicht überprüfbaren Planzahlen. Nun habe auch der VGH BaWü (Beschl. v. 6.9.2012 - 6 S 777/12 -) in gleicher Rechtsangelegenheit wie das OVG NRW die Berufung zugelassen. Beim BVerfG seien 3 Verfassungsbeschwerden dazu anhängig. Das Verfahren sei in einer Sackgasse, solange das Gericht seinen klägerischen Anträgen nicht folge und der Beklagten auferlege, ihre realen Geschäftszahlen vorzulegen.

5

Der Kläger beantragt,

6

1. den Termin vom 7.2.2013 aufzuheben und das Verfahren bis zur Entscheidung des BVerfG bzw. bis zu Entscheidungen des OVG NRW und des VGH BaWü in dort anhängigen Berufungsverfahren auszusetzen,

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2. den Bescheid der Beklagten vom 19.10.2011 aufzuheben und der Beklagten aufzuerlegen, detaillierte Auskunft über die Höhe ihrer Rücklagen, deren Herkunft bzw. Zusammensetzung sowie der beabsichtigten Verwendung zu erteilen.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Die Beklagte erwidert: Die Mitgliedschaft des Klägers und die damit verbundene Beitragspflicht ergebe sich unmittelbar aus den §§ 2, 3 IHKG. Der Kläger betreibe ein Unternehmen für EDV-Wartung und als Einzelunternehmen. Er werde von dem für ihn zuständigen Finanzamt zur Gewerbesteuer veranlagt. Er habe seinen Sitz bzw. seine Niederlassung in A-Stadt und somit im Kammerbezirk der Beklagten. Der vom Kläger im Jahr 2009 erzielte Gewerbeertrag sei vom Finanzamt mit 112.000,- € mitgeteilt worden. Auf dieser Grundlage habe sie, die Beklagte, einen Grundbeitrag von 440,- € sowie eine Umlage von 135,60 €, insgesamt 575,60 € als Kammerbeitrag für 2009 festgesetzt. Dies entspreche der Wirtschaftssatzung und werde vom Kläger insoweit nicht angegriffen. Die Bedenken des Klägers gegen ihre Wirtschaftssatzung seien unbegründet. Er übersehe, dass die Aufstellung des Wirtschaftsplans und die Festlegung der darin vorgesehenen Beiträge eine Selbstverwaltungsangelegenheit seien. Hierbei stehe der Vollversammlung ein weites Organisationsermessen zu. Der Kläger zeige keine Gesichtspunkte auf, aus denen sich ggf. eine Überschreitung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens ergeben könnten. Die gegen die Wahl der Vollversammlung erhobenen Einwendungen seien ebenfalls unbegründet. Die Wahl der Vollversammlung sei in Übereinstimmung mit den in § 13 ihrer Wahlordnung enthaltenen Regelungen ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der Wahlausschuss habe sodann das Wahlergebnis ermittelt und die Namen der gewählten Bewerber ordnungsgemäß nach § 15 Abs. 3 der Wahlordnung bekanntgemacht. Aus dem Vortrag des Klägers ergäben sich keine Anhaltspunkte für einen etwaigen Verstoß gegen das in der Wahlordnung vorgesehene Verfahren. Dieses wäre ferner nicht im Rahmen der Anfechtung des Beitragsbescheides zu berücksichtigen, sondern ggf. nur im Rahmen eines fristgebundenen Wahlprüfungsverfahrens. Sie, die Beklagte, verwahre sich nachdrücklich gegen die aufgestellte unsubstantiierte und unzutreffende Behauptung, bei ihr seien angeblich brisante Rücklagen und Schwarzgeldkonten vorhanden. Der Kläger lege nicht einmal ansatzweise dar, wodurch ihre Gremien das ihnen vom Gesetzgeber eingeräumte Organisationsermessen überschritten haben sollten. Sie, die Beklagte, sei zur Bildung von Rücklagen berechtigt. Sie sei sogar verpflichtet, in die Kalkulation ihrer Wirtschaftssatzungen eine Ausgleichsrücklage einzustellen, um konjunkturbedingte Schwankungen im Beitragsaufkommen auffangen und eine kontinuierliche Finanzwirtschaft gewährleisten zu können. Eine geordnete Haushaltsführung beinhalte die Bildung angemessener Rücklagen. Für ihre Wirtschaftsführung gelte das von der Vollversammlung am 22.9.2005 beschlossene Finanzstatut. In § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts sei vorgesehen, dass eine Ausgleichsrücklage sowie eine Liquiditätsrücklage zu bilden seien. Aus § 15 Abs. 3 Satz 5 ergebe sich weiter, dass die Bildung „anderer Rücklagen“ zulässig sei, ohne dass dafür besondere Regelungen gälten. Die bei der Kalkulation von Rücklagen ggf. zu beachtenden Grundsätze seien hier jedoch nicht entscheidungserheblich. In der Kalkulation, die der Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2009 zugrundeliege, sei keine Rücklagenbildung vorgesehen. Demgemäß diene der streitgegenständliche Beitragsbescheid nicht der Refinanzierung einer etwaigen Rücklagenbildung. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens lägen nicht vor. Die in den vom Kläger benannten Verfahren zu treffenden Entscheidungen seien für den vorliegenden Rechtsstreit nicht vorgreiflich. Die Gültigkeit einer abstrakten Rechtsnorm sei nicht vorgreiflich für die Frage der Rechtmäßigkeit eines Beitragsbescheides. Hinter der Rücklagenveränderung in Höhe von 933.300,- €, die sich aus dem Wirtschaftsplan 2009 ergebe, stehe keine Erhöhung der vorhandenen Rücklagen, sondern eine Verminderung der in früheren Jahren gebildeten Rücklagen, um die im Wirtschaftsjahr 2009 eingetretene Kostenunterdeckung auszugleichen. Als Kammermitglied habe der Kläger weder einen Anspruch noch eine unmittelbare Einflussnahme darauf, ob und in welchem Umfang vorhandene Rücklagen zur Vermeidung von Beitragserhöhungen bzw. zur Beitragsreduzierung verwendet würden. Für die Entscheidung über die Grundlage der Beitragserhebung sei allein die Vollversammlung der Beklagten zuständig. Reale Geschäftszahlen würden dem Kläger nicht vorenthalten, da es sich bei den von ihr, der Beklagten, veröffentlichten Zahlen in jeder Hinsicht um zutreffende und reale Zahlen handele. Wegen des Umfangs der den Mitgliedern der Vollversammlung zugänglich zu machenden Informationen werde auf das Urteil des BVerwG v. 31.3.2004 (- 6 C 25/03 -, NVwZ 2004, 1253) verwiesen. Dem Kläger könnten keine weitergehenden Rechte als den Mitgliedern der Vollversammlung zustehen.

11

Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der Gerichtsakte 3 A 181/11 MD nebst vorgelegter „Beiakten“ der Beklagten Bezug genommen. Die Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage ist entscheidungsreif und unbegründet.

13

Das Verfahren ist nicht unter Aufhebung des Termins auszusetzen, bis das Bundesverfassungsgericht, das OVG Nordrhein-Westfalen und der VGH Baden-Württemberg in den dortigen vom Kläger benannten Verfahren entschieden haben. Nach § 94 VwGO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist. Die Voraussetzungen für eine derartige Aussetzung liegen nicht vor. Die Entscheidungen der anderen Gerichte sind nicht i.S.v. § 94 VwGO vorgreiflich, weil sie nicht eine Vorfrage oder die Feststellung eines für den vorliegenden Fall abhängigen Rechtsverhältnisses betreffen. Vielmehr ist in ihnen dieselbe Rechtsfrage im Rahmen der gebotenen Normauslegung zu entscheiden, ohne dass dies den hier laufenden Prozess hindert (vgl. Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Loseblattkommentar, Bd. II, Stand: 2012, § 94 Rn. 21; Jahn, Zur Entwicklung des Beitragsrechts der Industrie- und Handelskammern - Ein Rechtsprechungsreport 2005 bis 2007 -, GewArch 2008, 187, 193). Der entsprechende Antrag des Klägers war daher abzulehnen.

14

Der Bescheid der Beklagten vom 19.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

15

Rechtsgrundlage für die in dem Bescheid für das Jahr 2009 vorgenommene Beitragsabrechnung ist § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHKG - vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920), im maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Gesetz v. 11.12.2008 (BGBl. I S. 2418), in Verbindung mit § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Industrie- und Handelskammern in Sachsen-Anhalt - AG-IHKG - vom 10.6.1991 (GVBl. LSA S 103), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.11.2005 (GVBl. LSA S. 698, 709), und der Beitragsordnung der Beklagten v. 24.9.2008 (veröffentlicht in „Der Markt in Mitteldeutschland“, Heft November 2008, S. 50) sowie deren Wirtschaftssatzung vom 20.11.2008 („Der Markt in Mitteldeutschland, Heft Dezember 2008, S. 6 ff.).

16

Nach diesen Vorschriften werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht (§ 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG). Nach § 6 der Beitragsordnung i.V.m. der Wirtschaftssatzung der Beklagten, die auf der Grundlage der §§ 3 und 4 IHKG erlassen worden sind, haben die Betriebe einen Grundbeitrag zu entrichten, wobei Zuschläge u.a. nach der Rechtsform und dem Umsatz festgesetzt werden können. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 3 Satz 1 und 2 IHKG). Daneben erhebt die IHK Umlagen.

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Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer sowie der Beitragserhebung bestehen keine durchgreifenden Bedenken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.12.2001, GewArch 2002, 111; Loertzer, Aktuelle Fragen des Kammerrechts, GewArch 2013, 22, 24 m.w.N.). Dies gilt auch in Ansehung des umfangreichen Schriftsatzes (Bl. 93-160 der Gerichtsakte) eines Beschwerdeführers in einem Verfassungsbeschwerdeverfahren, über welches das Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden hat, und den der Kläger sich inhaltlich zu eigen macht. Soweit das BVerfG in seinem Beschluss aus dem Jahr 2001 dem Gesetzgeber eine ständige Prüfung aufgegeben hat, ob der in der Pflichtmitgliedschaft liegende Grundrechtseingriff weiter gerechtfertigt ist, bestehen im Hinblick auf die seither vollzogenen gesetzgeberischen Änderungen des IHKG (zuletzt durch Gesetz v. 22.12.2011, BGBl. I S. 3044) keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Pflicht nicht nachgekommen worden sei. Die in der erwähnten und vom Kläger vorgelegten Beschwerdeschrift aufgezeigten Gesichtspunkte gehören durchgängig zu dem Problemfeld, dessen Betrachtung nicht die Annahme eines Verfassungswandels, der eine Neubewertung erforderlich machte, rechtfertigt (vgl. Jahn, Zur Entwicklung des Beitragsrechts der Industrie- und Handelskammern - Ein Rechtsprechungsreport 2008 bis 2011 -, GewArch 2011, 464, 465, der es vor dem Hintergrund der zitierten gefestigten Rechtsprechung für offensichtlich aussichtslos hält, in IHK-Beitragsprozessen die Rechtmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft in Frage zu stellen).

18

Unter Berücksichtigung der vorerwähnten Regelungen hat die Beklagte den vom Kläger zu zahlenden Beitrag auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Daten zutreffend ermittelt. Der für den ergangenen Bescheid vom 19.10.2011 zuletzt vom zuständigen Finanzamt gemeldete Gewerbeertrag des Klägers belief sich auf 112.200,- € für das Jahr 2009. Nach Ziff. II. 2.3.b) der Wirtschaftssatzung war damit ein Grundbeitrag von 440,- € und unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 15.340,- € eine Umlage von 0,14 % (135,60 €) zu erheben. Die finanzamtliche Feststellung über die persönliche und sachliche Gewerbesteuerpflicht hat Tatbestandswirkung und bindet die IHK im Rahmen der Beitragsveranlagung (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2011, 467). Die Höhe des insgesamt für 2009 vom Kläger erhobenen Beitrags (575,60 €) ist auch unter Berücksichtigung des Äquivalenzprinzips und des Gleichheitssatzes nicht zu beanstanden. Dabei vermag der Kläger der Beklagten nicht entgegenzuhalten, sie erbringe keine adäquate Gegenleistung für die Beiträge. Denn die Beitragspflicht besteht unabhängig von einer konkreten Gegenleistung der IHK und unabhängig davon, ob der Kläger den gebotenen Service als für ihn nützlich wahrnimmt (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2008, 187). Denn der beitragsrechtliche Vorteil braucht nur abstrakt und mittelbar zu sein, so dass der allgemeine Nutzen genügt, der sich für die Mitglieder der Kammer aus der Wahrung der Kammeraufgaben durch die IHK ergibt, und nicht in einem Missverhältnis zum Vorteil der Kammerzugehörigkeit steht (vgl. Jahn, a.a.O. GewArch 2012, 10).

19

Gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 19.10.2011 spricht auch nicht, dass in ihm der Kläger auf einen weiteren offenen Betrag von 136,76 € „aus anderen Beitragsjahren“ hingewiesen wurde. Hierin liegt lediglich eine wiederholende Verfügung und keine neue Regelung, die der Anfechtung unterläge (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2008, 190).

20

Soweit der Kläger die Legitimation der Vollversammlung der Beklagten in Frage stellt, vermittelt ihm dies kein Beitragsverweigerungsrecht (vgl. Kluth, Handbuch des Kammerrechts, Abschn. K. Kammerfinanzierung, Rn. 173). Die Wahlen zur Vollversammlung der Beklagten richten sich nach deren Wahlordnung v. 17.4.2008. Gemäß § 16 der Wahlordnung findet eine Wahlprüfung statt, jedoch müssen Einsprüche gegen die Feststellung des Wahlergebnisses innerhalb von 2 Wochen nach Bekanntgabe schriftlich beim Wahlausschuss eingegangen sein. Der Kläger, der selbst zur Wahl kandidiert hat (Der Markt in Mitteldeutschland, Heft Oktober 2008, S. 14), dürfte mit dieser Vorgehensweise vertraut sein. Allein die bloße Behauptung des Klägers, die Beitragsordnung und Wirtschaftssatzung der Beklagten seien mangels Legitimation nicht ordnungsgemäß zustandegekommen, löst noch keine Amtsermittlungspflicht des Gerichts aus. Das schlichte Bestreiten des Klägers bezüglich des ordnungsgemäßen Zustandekommens der Beitragsordnung und der Wirtschaftssatzung genügt insoweit nicht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 4.4.2012 - 1 M 29/12 -, OZ 20, zit. nach juris). Die entsprechenden unsubstantiierten Ausführungen des Klägers beruhen nach seinen eigenen Angaben im Wesentlichen auf Spekulationen oder allgemein zugänglichen Informationen über Missstände in anderen Kammern. Einen Grundsatz, dass aufgrund von Vorkommnissen, die bei anderen Kammern Anlass zu Beanstandungen gegeben haben, es auch bei der Beklagten nicht mit rechten Dingen zugeht, gibt es jedoch nicht. Auch soweit der Kläger der Beklagten die Gesamtinteressenvertretung i.S.v. § 1 Abs. 1 IHKG abspricht, lässt dies seine Beitragszahlungspflicht unberührt (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2012, 10).

21

Dem Vortrag des Klägers, die Beklagte dürfe keine Beiträge erheben, weil ihre Kosten durch ihre hohen Rücklagen i.S.v. § 3 Abs. 2 IHKG gedeckt seien, folgt das Gericht nicht. Anerkannt ist, dass eine IHK zur Bildung von Rücklagen nicht nur berechtigt, sondern im Interesse einer geordneten Haushaltsführung auch verpflichtet ist (vgl. Jahn, Zur Entwicklung des Beitragsrechts der Industrie- und Handelskammern - Ein Rechtsprechungsreport 2005 bis 2007 -, GewArch 2008, 187; ders., Zur Entwicklung des Beitragsrechts der Industrie- und Handelskammern - Ein Rechtsprechungsreport 2008 bis 2011, GewArch 2012, 9; Frentzel/Jäkel/Junge, IHKG, Kommentar, 7. Aufl., § 3 Rn. 25). Anders als im Fall des BVerwG (Urt. v. 26.6.1990, NVwZ 1990, 1167, 1168) hat die Beklagte mit dem abgerechneten Beitrag 2009 keine Rücklagen gebildet. Das BVerwG hat in diesem Urteil im Übrigen darauf hingewiesen, dass die Bildung einer angemessenen Rücklage keine unzulässige Vermögensbildung darstellt, sondern zu einer geordneten Haushaltsführung gehört und die Mittel dafür ebenfalls zu den Kosten der IHK i.S.v. § 3 Abs. 2 IHKG gehören. Das BVerwG (Urt. v. 26.6.1990, a.a.O.) hat des weiteren Rücklagen in Höhe von 15 % des Gesamthaushalts der IHK nicht als unangemessen hoch angesehen. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass Vorschriften über die Rücklagenbildung allein im Finanzstatut der Beklagten v. 22.9.2005 (Bl. 69-76 der Gerichtsakte) enthalten sind.

22

Während hinsichtlich des Jahresabschlusses 2007 die Vollversammlung noch beschlossen hatte, die zwei Pflichtrücklagen um 225.000,- € zu erhöhen (Der Markt in Mitteldeutschland, Heft Oktober 2008, S. 16), sah der Erfolgsplan 2009 „Entnahmen aus Rücklagen: 0“ und „Einstellungen in Rücklagen 0“ (Der Markt in Mitteldeutschland, Heft Dezember 2008, S. 8) vor. Der Wirtschaftsplan der Beklagten (Der Markt in Mitteldeutschland, Heft Dezember 2008, S. 7) veranschlagte bezüglich der Differenz aus der Summe der Aufwendungen (10.397.200,- €) und der Summe der Erträge im Erfolgsplan (9.463.900,- €) einen Saldo der Rücklagenveränderung (§ 7 Abs. 2 Finanzstut) und dem Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr in Höhe von 933.300,- €. Damit ist belegt, dass das erwartete Ertragsdefizit zur Vermeidung von Krediten und in Umsetzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 des Finanzstatuts) durch Rückgriff auf Rücklagen kompensiert werden konnte, weil in „guten“ Jahren, wie der Kläger selbst vorträgt, entsprechende Rücklagen aufgebaut werden konnten. Hierbei berücksichtigt das Gericht insbesondere, dass die seit Herbst 2008 ausgebrochene und 2009 grassierende internationale Wirtschaftskrise sich auch ersichtlich auf die Wirtschaftsführung der Beklagten ausgewirkt hat. So ist das Beitragsaufkommen von 2008 auf 2009 zwar noch von 7.278.000,- € auf 7.882.000,- € gestiegen, aber bis 2011 auf 6.981.000,- € gefallen, während der Aufwand von 9.809.000,- € über 9.928.000,- € auf 10.656.000,- € konstant gewachsen ist (Erfolgsrechnungen der Beklagten zum 31.12.2009/2011). Schon bei Betrachtung der vom zuständigen Finanzamt der Beklagten mitgeteilten Gewerbeerträge des Klägers (2008: 25.600,- €, vgl. Urt. v. 7.2.2013 - 3 A 181/11 MD -; 2009: 112.000,- €), wird deutlich, welche Schwankungen an Beitragseinnahmen sich für die Beklagte ergeben können. Zum Ausgleich derartiger Schwankungen dient die Ausgleichsrücklage, die als Pflichtrücklage gem. § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts zu bilden ist. Deren Höhe von 4.694.500,- € (Bilanz der Beklagten zum 31.12.2009) liegt innerhalb der nach § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts zulässigen Höhe von 30-50 % der Betriebsaufwendungen (< 4.964.000,- €, 50 % von 9.928.000,- €).

23

Des weiteren erlaubt § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts die Bildung „anderer Rücklagen“. Deren Bestandteil ist eine Liquiditätsrücklage, die in Höhe von höchstens 50 % der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden kann (zur Zulässigkeit vgl. Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 3 Rn. 25) und die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient (§ 15 Abs. 3 S. 3 und 4 des Finanzstatuts). Von den „anderen Rücklagen“ der Beklagten im Jahr 2009 in Höhe von 11.222.800,- € (Bilanz zum 31.12.2009) sind daher nochmals bis zu 4.964.000,- € als Liquiditätsrücklage zulässig. Die verbleibenden weiteren Rücklagen der Beklagten 2009 in Höhe von 6.258.800,- € sieht das Gericht nicht als unzulässige Vermögensbildung an. Auszugehen ist zunächst davon, dass über § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts hinaus keine weiteren Vorschriften für die Beklagte bezüglich „anderer Rücklagen“ bestehen. Es existiert insbesondere, anders als bei der Handwerkskammer A-Stadt, hinsichtlich derer die Rücklagenwirtschaft aufgrund der danach zu beachtenden Beschlusslage durch das OVG Sachsen-Anhalt (Urt. v. 20.9.2012 - 1 L 107/11 - u.a.) anders bewertet wurde, keine als autonome Satzung ausgefertigte Rücklagenordnung. Eine Rücklagenordnung war auch von der Beklagten nicht zwingend zu erlassen (vgl. Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 4 Rn. 31). Es verbleibt daher nur als Maßstab zur Beurteilung der Rücklagenhöhe, ob die Rücklagen schlechterdings nicht mehr vereinbar sind mit den Grundsätzen einer vernünftigen Wirtschaftsführung (vgl. Loertzer, a.a.O., GewArch 2013, 22, 25). Dies vermag das Gericht hingegen im vorliegenden Fall nicht festzustellen. Mit Blick darauf, ob die Kosten der Kammer anderweitig gedeckt sind (§ 3 Abs. 2 IHKG), bezieht sich die anderweitige Deckung zunächst auf Erträge (vgl. Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 3 Rn. 24). Damit dürfen die Kammern nur ein solches Beitragsvolumen in ihren Wirtschaftsplänen veranschlagen, welches sich mit der Summe der geplanten Aufwendungen deckt, da beim Anstreben eines Überschusses der Beitragserträge über die erforderlichen Aufwendungen eine unzulässige Vermögensbildung vorliegt (vgl. Loertzer, a.a.O., GewArch 2013, 22, 25). Hier liegt eine derartige unzulässige Vermögensbildung bei geplanten 6.800.000,- € Erträgen aus Beiträgen (Erfolgsplan 2009) und einem geplanten Betriebsaufwand von 10.366.800,- € sowie einer sonstigen Rücklage von 6.258.800,- € (< 25 % des Gesamthaushalts 2009 von 26.498.765,92 €) nicht vor.

24

Der Antrag des Klägers auf Auskunftserteilung bezüglich Details der Rücklagen (Herkunft, Zusammensetzung, beabsichtigte Verwendung) ist abzulehnen. Nach § 10 der Satzung der Beklagten vom 12.4.1990 i.d.F. vom 17.4.2008 obliegt die Geschäftsführung der IHK dem Hauptgeschäftsführer. Er bereitet im Einvernehmen mit dem Präsidium den Wirtschaftsplan vor. Der Präsident und der Hauptgeschäftsführer überwachen die Einhaltung des von der Vollversammlung festgestellten Wirtschaftsplanes (§§ 7, 15 Abs. 2 der Satzung). Die Buchführung erfolgt nach den Regeln der kaufmännischen doppelten Buchführung (§ 13 Finanzstatut, §§ 238 ff. HGB). Der Wirtschaftsplan unterliegt der Prüfung durch gewählte Rechnungsprüfer (§ 15 Abs. 3, 4 der Satzung). Das Wirtschaftsministerium als Aufsichtsbehörde bestimmt durch Rechtsverordnung die Rechnungsprüfungsstelle (§§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 2 AGIHKG LSA; vgl. zum System der IHK-Rechnungsprüfung Frentzel/Jäkel/Junge, IHKG, Kommentar, 7. Aufl., § 3 Rn. 16 ff., § 4 Rn. 30 m.w.N.). Eine rechtliche Grundlage für das Begehren des Klägers ist daher im Gesetz und im Satzungsrecht der Beklagten nicht ersichtlich. Rechnungslegungsbestimmungen und Informationsrechte aus Satzungen anderer juristischer Personen, insbesondere des privaten Rechts, wie die vom Kläger zum Vergleich herangezogenen eingetragenen Vereine (Gesangvereine, Kegelclubs) sind insoweit nicht einschlägig. Das einzelne Kammermitglied hat im Beitragsrechtsstreit keinen Anspruch auf Vorlage einer Kostenkalkulation, die der Beitragserhebung zugrundeliegt, oder dass ihm die IHK in einer bestimmten Art und Weise über ihr Geschäftsgebaren Auskunft erteilt (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2008, 193; GewArch 2012, 11; Grütters, Informationsfreiheit – auch gegenüber Industrie- und Handelskammern?, GewArch 2002, 270). Das Kammermitglied hat kein eigenständiges Einsichts- und Informationsrecht, weil diese Rechte nur der Vollversammlung als Gesamtorgan zustehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.3.2004. GewArch 2004, 331). Es gibt auch keinen allgemeinen umfassenden Kontrollanspruch des Kammermitglieds zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Kammerhandelns. Welche Rechnungsweisen und Pläne sich hinter den im Wirtschaftsplan und der Bilanz veröffentlichten Zahlen im Einzelnen verbergen, lässt sich daher bei der öffentlich-rechtlichen Körperschaft einer IHK ebenso wie bei einem Unternehmen nicht mit den vom Kläger gewünschten Details ergründen. Zwar ist der Internetseite der Beklagten und auch derjenigen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages das Bemühen um eine sog. Transparenzoffensive (www.ihk-transparent.de) zu entnehmen. Beispielsweise ist dort die durchschnittliche Wahlbeteiligung an Vollversammlungswahlen der Industrie- und Handelskammern veröffentlicht. Es obliegt jedoch der Geschäftspolitik der Kammer, insoweit einen Ausgleich zu finden zwischen dem bekundeten Offenlegungsinteresse der Kammermitglieder und schützenswerten Datenbeständen andererseits. Ebenso wie bei der vom Kläger aufgeworfenen Frage nach den Wahlstimmen, die auf unterlegene Wahlbewerber bei der Vollversammlungswahl der Beklagten entfallen sind, und die genaue Wahlbeteiligung im Bereich der Beklagten, steht es der jeweiligen IHK frei, zur Erhöhung ihrer Akzeptanz bei den Mitgliedern eine eigenständige Transparenzoffensive durchzuführen. Dies ist jedoch eine Frage der Verbands- bzw. Unternehmenskultur und nicht eine justiziable Frage des Beitragsrechts, so dass sich Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Beitragsfestsetzung aus dem Vortrag des Klägers nicht herleiten lassen.

25

Nach alldem ist die Klage abzuweisen.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

27

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

(1) Die Organe der Industrie- und Handelskammer sind

1.
die Vollversammlung,
2.
das Präsidium,
3.
der Präsident,
4.
der Hauptgeschäftsführer und
5.
der Berufsbildungsausschuss im Rahmen der in § 79 Berufsbildungsgesetz genannten Aufgaben.

(2) Über die Angelegenheiten der Industrie- und Handelskammer beschließt, soweit nicht die Satzung etwas anderes bestimmt, die Vollversammlung. Der ausschließlichen Beschlußfassung durch die Vollversammlung unterliegen

1.
die Satzung,
2.
die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung,
3.
die Feststellung des Wirtschaftsplans,
4.
die Festsetzung des Maßstabes für die Beiträge und Sonderbeiträge,
5.
die Erteilung der Entlastung,
6.
die Übertragung von Aufgaben auf andere Industrie- und Handelskammern, die Übernahme dieser Aufgaben, die Bildung von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen und die Beteiligung hieran (§ 10) sowie die Beteiligung an Einrichtungen nach § 1 Abs. 3b,
7.
die Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachung,
8.
die Satzung gemäß § 3 Abs. 7a (Finanzstatut) und
9.
Fragen, die für die gewerbliche Wirtschaft ihres Bezirks oder die Arbeit der Industrie- und Handelskammer von grundsätzlicher Bedeutung sind.
Soweit nach Satz 2 Nr. 7 die elektronische Verkündung von Satzungsrecht vorgesehen ist, hat diese im Bundesanzeiger zu erfolgen.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.