Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 10. Nov. 2015 - 19 L 2383/15
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragssteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe
2Der Antrag der Antragsteller,
3die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen ab dem 02.01.2016 einen Betreuungsplatz in Form der Ganztagsbetreuung in der städtischen Kindertageseinrichtung „L. G. “ in Kerpen-C. zur Verfügung zu stellen,
4hat keinen Erfolg.
5Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig. Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO sind die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
6Die von dem Antragsteller begehrte Regelungsanordnung ist auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet; die Antragsteller möchten mit dem vorliegenden Verfahren sofort das erreichen, was ihnen in einem Hauptsacheverfahren zugesprochen werden könnte. Eine solche einstweilige Anordnung ist grundsätzlich mit dem Zweck des Anordnungsverfahrens nicht vereinbar und kann nach einhelliger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nur ausnahmsweise dann getroffen werden, wenn ein wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Hauptsacheverfahren nicht erreichbar ist, der Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung in schlechthin unzumutbarer Weise belastet würde und nach dem von ihm glaubhaft gemachten Sachverhalt im Hauptsacheverfahren voraussichtlich mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen wird.
7Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
8Die Antragsteller haben den erforderlichen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
9Unabhängig von der Frage, ob bis zu der begehrten Zuweisung zum 02.01.2016 das in der Hauptsache gegen die ablehnende Entscheidung vom 16.07.2015 gemäß § 110 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 JustizG NRW durchzuführende Widerspruchsverfahren nicht durchgeführt werden könnte, haben die Antragsteller jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass sie ohne die einstweilige Anordnung in schlechthin unzumutbarer Weise belastet würden. Die Antragsteller werden derzeit auf Grundlage der Vereinbarung über die Aufnahme von Kindern in Kindertageseinrichtungen in der Trägerschaft der Stadt Kerpen zwischen den Erziehungsberechtigten der Antragsteller und der Antragsgegnerin vom 17.08.2015 ganztags (45 Stunden) in der städtischen Kindertageseinrichtung ‚L. G. ‘ in der F. str. 00 in 00000 Kerpen-N. betreut. Dafür, dass diese Plätze den Antragstellern nicht für den Zeitraum der Durchführung des Hauptsacheverfahrens zur Verfügung stünden, ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass die – vorläufige – weitere Betreuung dort die Antragsteller in schlechthin unzumutbarer Weise belasten würde, ist nicht glaubhaft gemacht.
10Die Kindertageseinrichtung in Kerpen-N. ist ca. 4 km Wegstrecke vom Wohnort der Antragsteller entfernt gelegen. Diese Entfernung erfüllt sogar den von der Kammer aufgestellten – strengeren – Maßstab für das Kriterium der Wohnortnähe eines Kinderbetreuungsplatzes in städtischen Ballungsgebieten. Danach ist in städtischen Bereichen die Grenze der Zumutbarkeit für Eltern und Kind in der Regel (erst) überschritten, wenn die Kindertageseinrichtung in einer Entfernung von mehr als 5 km (Wegstreckenentfernung) vom Wohnort des Kindes gelegen ist. Von der pauschalierenden Zumutbarkeitsgrenze für den innerstädtischen Bereich kann eine Ausnahme gemacht und auch eine längere Strecke als zumutbar angesehen werden, wenn diese mit vorhandenen öffentlichen Verkehrsmitteln in weniger als 30 Minuten zu erreichen ist. Beträgt die Wegstrecke vom Wohnort des Kindes bis zur Kindertageseinrichtung bis zu 5 km, ist es grundsätzlich Sache der Eltern, den Transport des Kindes in einer für sie und das Kind angemessenen Weise zu organisieren.
11Vgl. VG Köln, Urteil vom 09.05.2014 – 19 K 3602/13 –, juris, Rn. 32 ff.
12Gegen die – hier im eher ländlichen Bereich erst Recht greifende – Vermutung der Zumutbarkeit der Entfernung und für die Annahme eines besonders gelagerten atypischen Einzelfalls haben die Antragsteller keine tragfähigen Anhaltspunkte vorgebracht.
13Das – lediglich behauptete und nicht, wie § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO es erfordert, glaubhaft gemachte – Vorbringen, die Familie verfüge nur über einen PKW, der zwingend durch den Vater zu benutzen sei, der wiederum auf Grund seiner Arbeitszeiten die Antragsteller morgens nicht bringen könne, weshalb die Mutter, die im Januar 2016 wieder eine Berufstätigkeit in Köln-Mülheim aufnehmen werde, auf die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs angewiesen sei und damit die vereinbarte Gleitzeit von 08.00 Uhr bis 10.00 Uhr nicht einhalten könne, da der Bus von Kerpen-C. um 7.30 Uhr fahre, begründet keinen solchen Ausnahmefall. Denn es ist – wie bereits dargelegt – zunächst einmal Sache der Eltern, den Transport der Kinder – für den abstrakt zumutbaren Weg – zu organisieren. Dass nicht alle Familien – auch im ländlichen Bereich – über mehrere PKWs verfügen, ist ebenfalls kein Einzelfall. Gleichermaßen dürfte es keinen Einzelfall darstellen, dass die Betreuungsstelle nicht auf dem Weg zur Arbeitsstelle eines Elternteils gelegen ist und daher gewisse Umwege in Kauf zu nehmen sind. Vorliegend ist die Wegstrecke nach der Fahrplanauskunft des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg und der Deutschen Bahn AG innerhalb von 30 Minuten mit dem öffentlichen Personennahverkehr zurückzulegen. Anders als die Antragsteller behaupten, fahren die Busse nach der Fahrplanauskunft des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg und der Deutschen Bahn AG von Kerpen-C. nicht um 7.30 Uhr, sondern um 6.43 Uhr (Haltestelle 3 Minuten fußläufig vom Wohnort) und um 7.06 Uhr (Haltestelle 15 Minuten fußläufig). Es dürfte auch nicht zutreffend sein, dass es für die Mutter der Antragsteller nicht ohne Verletzung der behaupteten Gleitzeitvereinbarung mögliche wäre, von der derzeit besuchten Kindertagesstätte die Arbeitsstelle in Köln-Mülheim zu erreichen. Denn nach der Fahrplanauskunft bestehen von dort Verbindungen unter anderem um 7.44 Uhr (Ankunft um 8.46 Uhr an der Haltestelle Köln-Mühlheim), um 8:06 Uhr (Ankunft 9.06 Uhr) sowie um 8.12 Uhr (Ankunft um 9.26 Uhr).
14Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin den Antragstellern – zuletzt noch im Eilverfahren – Plätze in einer Großtagespflegestelle angeboten, die sich auf dem Weg vom Wohnort der Familie nach Köln-Mülheim befinden und nach dem Vortrag der Antragsgegnerin, dem die Antragsteller nicht substantiiert entgegen getreten sind, mit einem Umweg von nur wenigen Minuten zu erreichen wären.
15Die Antragsteller haben auch den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Der in § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung (BGBl. I 2008, 2403) geregelte Anspruch auf die Zuweisung eines Betreuungsplatzes gewährt grundsätzlich keinen Anspruch auf Förderung in einer bestimmten Tageseinrichtung.
16Vgl. VG Köln, Beschluss vom 20.12.2013 – 19 L 1846/13 –, juris; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 21.07.2006 – 12 B 2171/05 – juris (zu § 24 Abs. 1 S. 1 SGB VIII a.F.).
17Gründe, die eine Ausnahme hiervon im Eilverfahren gebieten würden, haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
18Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
Tenor
Die Beklagte wird
1.unter Aufhebung des Bescheides vom 05.06.2013 verpflichtet, dem Kläger zukünftig zum 10.05.2014 eine Betreuung in einem Umfang von 45 Wochenstunden in einer wohnortnahen städtischen Kindertageseinrichtung zur Verfügung zu stellen, die nicht weiter als 5,0 km (Wegstreckenentfernung) vom Wohnort des Klägers entfernt liegt,
2. verurteilt, dem Kläger die für seine Betreuung in der Kindertageseinrichtung der Universität Köln im Zeitraum vom 01.08.2013 bis zum 09.05.2014 entstandenen Mehrkosten in Höhe von monatlich 350,00 € zu erstatten.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil – Ziff. 1 nur hinsichtlich der Kostenentscheidung - ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d:
2Der am 28.11.2011 geborene Kläger beantragte am 21.12.2011 bei der Beklagten, ihm einen Betreuungsplatz in einer städtischen Kindertageseinrichtung (Kita) zur Verfügung zu stellen.
3Er wird seit dem 01.09.2012 in der Kindertageseinrichtung der Universität L. in einem Umfang von 45 Wochenstunden betreut. Die Universität L. erhält als Träger der Kindertageseinrichtung einen Zuschuss nach § 20 Kibiz NRW. Die Eltern werden von der Beklagten gem. § 23 Kibiz NRW i.V.m. der Elternbeitragssatzung der Beklagten zu monatlichen Elternbeiträgen in Höhe von 491,07 € veranlagt. Zusätzlich leisten die Eltern einen Beitrag an die Universität L. in Höhe von monatlich 350,00 €.
4Unter dem 17.05.2013 wies die Beklagte die Eltern des Klägers darauf hin, dass alle Betreuungsplätze in wohnortnahen städtischen Kindertageseinrichtungen belegt seien. Sie bot dem Kläger einen Platz in der Kindertagespflege an. Sie habe 5 Träger der freien Jugendhilfe beauftragt, freie Betreuungsplätze in der Kindertagespflege passgenau zu vermitteln.
5Mit Bescheid vom 05.06.2013 stellte die Beklagte dem Kläger zum 01.08.2013 einen Betreuungsplatz in der städtischen Kita F. Straße 000, 00000 L. zur Verfügung.
6Der Kläger hat am 13.06.2013 Klage erhoben mit dem Antrag, ihm zum 01.08.2013 einen ganztägigen Betreuungsplatz in einer wohnortnahen Kita zur Verfügung zu stellen, hilfsweise ihm die durch die Betreuung in einer alternativen Kindertageseinrichtung entstehenden Mehrkosten zu erstatten.
7Zur Begründung trägt er vor, die Beklagte habe den ihm zustehenden Anspruch auf frühkindliche Förderung nicht durch das Angebot von Betreuungsplätzen in der Kindertagespflege vom 17.05.2013 erfüllt. Die Förderung in der Kindertagespflege sei nicht gleichwertig mit der Förderung in Kindertageseinrichtungen. Kindertageseinrichtungen seien in der Regel mit gut ausgebildeten Erziehern ausgestattet. Durch Krankheit und Urlaub verursachte Personalengpässe könnten hier besser aufgefangen werden. Das Angebot vom 17.05.2013 sei auch deshalb unzureichend, weil es nur Telefonnummern von Trägern der freien Jugendhilfe enthalte. Seine Eltern hätten sich vergeblich um einen Betreuungsplatz bei den im Angebot genannten Trägern bemüht. Die angebotenen Tagespflegepersonen hätten im Übrigen private Zuzahlungen von den Eltern verlangt. Die Beklagte habe den Anspruch auf frühkindliche Förderung auch nicht durch die Zurverfügungstellung eines Betreuungsplatzes in der städtischen Kita F. Straße 000 erfüllt. Die Kita F. Straße 000 sei nicht in einem zumutbaren zeitlichen Rahmen zu erreichen. Die schnellste Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, nämlich mit der Straßenbahnlinie 13 nehme 36 Minuten in Anspruch. Die Straßenbahnlinie 13 sei aber mit einem Kinderwagen nicht nutzbar, weil keine barrierefreien Niederflurbahnen eingesetzt würden. Die über die nächstgelegene Bushaltestelle N.---weg führende barrierefreie Alternativverbindung nehme nahezu 50 Minuten in Anspruch. Bei Benutzung eines PKW sei morgens eine Fahrzeit von 38 Minuten und abends eines solche von 46 Minuten anzusetzen. In den Hauptverkehrszeiten seien die Straßen in der Kölner Innenstadt, namentlich die J. Kanalstraße dauerhaft überlastet. Seine Mutter Frau T. G. habe den Transport zur Kindertageseinrichtung allein zu erledigen. Sein Vater Dr. U. A. halte sich werktags berufsbedingt in München auf. Seine Mutter sei in Bonn bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden berufstätig. Die Kita F. Straße 000 liege entgegengesetzt zur südlich gelegenen Arbeitsstätte seiner Mutter im Kölner Norden.
8Der Kläger beantragt,
9- 10
1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.06.2013 zu verpflichten, ihm zukünftig zum 10.05.2014 eine Betreuung in einem Umfang von 45 Wochenstunden in einer wohnortnahen städtischen Kindertageseinrichtung zur Verfügung zu stellen, die nicht weiter als 5,0 km (Wegstreckenentfernung) vom Wohnort des Klägers entfernt liegt,
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2. die Beklagte zu verurteilen, ihm die für seine Betreuung in der Kindertageseinrichtung der Universität L. im Zeitraum vom 01.08.2013 bis zum 09.05.2014 entstandenen Mehrkosten in Höhe von monatlich 350,00 € zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie ist der Auffassung, dass sie den Anspruch des Klägers auf frühkindliche Förderung bereits durch den Nachweis von Plätzen in der Kindertagespflege erfüllt habe. Die Betreuung in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege seien gleichwertige Betreuungsformen. Die Kontaktstelle für die Kindertagespflege habe den Eltern des Klägers mehrfach bedarfsgerechte Angebote bestimmter Tagespflegepersonen genannt. Die Eltern hätten sich auf diese Angebote nicht gemeldet. Auf die Vermittlungsbemühungen des Trägers des Deutschen Roten Kreuzes hätten die Eltern des Klägers ebenfalls nicht reagiert. Die angebotenen Tagespflegepersonen würden neben dem pauschalierten Kostenbeitrag nunmehr auch keine Zuzahlungen mehr verlangen. Im Übrigen sei der Anspruch auf frühkindliche Förderung auch durch die Zurverfügungstellung eines Platzes in der Kita F. Straße 000 erfüllt. Die Kita sei vom Wohnort des Klägers mit öffentlichen Verkehrsmitteln in 25 Minuten zu erreichen. Die Fahrt mit dem PKW nehme 11 Minuten in Anspruch. Die Bauarbeiten an der an der J1. Kanalstraße gelegenen L1. Moschee hätten die Fahrzeit auf längstens 20 Minuten verlängert.
15Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwealtungsvorganges.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
17Die Klage hat Erfolg.
18Der Antrag zu 1) ist begründet. Dem am 28.11.2011 geborenen Kläger steht gem. § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung (SGB VIII n.F., BGBl. I 2008, 2403) ein Anspruch auf die Zuweisung eines Betreuungsplatzes in einer wohnortnahen städtischen Kindertageseinrichtung zu. Nach der genannten Bestimmung hat ein Kind, das wie der Kläger das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege.
19Die Beklagte hat den Rechtsanspruch des Antragstellers auf frühkindliche Förderung nicht mit dem Hinweisschreiben vom 17.05.2013 erfüllt. In diesem Schreiben hatte sie darauf hingewiesen, dass sie sich bislang vergeblich bemüht habe, dem Kläger einen Platz in einer städtischen Kindertageseinrichtung anbieten zu können. Sie biete dem Antragsteller einen Platz in der Kindertagespflege an. Sie habe 5 Träger der freien Jugendhilfe beauftragt, freie Betreuungsplätze in der Kindertagespflege passgenau zu vermitteln. Es seien ausreichend Betreuungsplätze in der Kindertagespflege vorhanden.
20Der in § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F. geregelte Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege begründet ein Recht auf zwei nebeneinander bestehende Betreuungsformen, für die sich die Eltern stellvertretend für ihr Kind alternativ entscheiden können. Der öffentliche Träger der Jugendhilfe ist nicht befugt, die Personensorgeberechtigten gegen deren Willen auf einen Kindertagespflegeplatz zu verweisen,
21vgl. Lakies, in : FK-SGB VIII, 7. Aufl., § 24 Rn. 67 f.; Rixen, NJW 2012, 2839, 2840 f.
22Sinn und Zweck sowie die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz – KiföG) gebieten es, den Eltern als Vertreter für ihr Kind das Bestimmungsrecht für die Wahl zwischen der Betreuung in einer Tageseinrichtung und der Tagespflege einzuräumen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte für die Wahl zwischen den für frühkindliche Förderung in Betracht kommenden Betreuungsformen ausschließlich der Wille der Eltern maßgeblich sein,
23vgl. die Begründung der Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD zu § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F., BT-Drs. 16/9299, S. 15: „Dieser Rechtsanspruch wird entsprechend den Wünschen bzw. Bedürfnissen des Kindes und der Eltern sowohl in Tageseinrichtungen...als auch in der Kindertagespflege...erfüllt.“; die damalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von der Leyen in der 2. Lesung des Bundestages, BT-PlPr. 16/180, S. 19236 (D): „...2013 wird jedes Kind mit Vollendung des ersten Lebensjahres einen Rechtsanspruch auf Förderung in einer Kita oder in der Tagespflege haben... Wir unterstützen diesen Weg mit 4 Milliarden Euro; denn wir wollen mehr frühe Bildung und echte Wahlfreiheit für Eltern herstellen. Echte Wahlfreiheit heißt dabei für mich auch: Wir werden den Eltern nicht vorschreiben, wo und wie sie ihre Kinder betreuen und fördern. Sie sollen selbst organisieren, wie sie ihren Alltag mit Kindern leben, ob zu Hause, in einer altersgemischten Gruppe, einer Krippe oder der Kindertagespflege, ob wohnortnah oder betriebsnah. Wie immer sie ihren Alltag organisieren wollen, das liegt alleine im Ermessen der Eltern.“
24Der Auffassung des OVG NRW, dass das Wunsch- und Wahlrecht der Personensorgeberechtigten gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII kapazitätsabhängig sei und deshalb seine Grenze finde, wenn keine Plätze in der gewünschten Betreuungsform mehr vorhanden seien,
25vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.08.2013 – 12 B 793/13 -, juris,
26folgt die Kammer nicht. Die Beschränkung des elterlichen Wunsch- und Wahlrechts auf die Kapazität vorhandener Plätze in der gewünschten Betreuungsform ließe außer Acht, dass der Gesetzgeber mit der zum 01.08.2013 in Kraft getretenen Neufassung des § 24 Abs. 2 SGB VIII einen subjektiven Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung für Kinder ab dem ersten Lebensjahr eingeführt hat. Dadurch dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 24 Abs. 2 SGB VIII für Kinder ab dem ersten Lebensjahr nicht nur eine objektiv-rechtliche Verpflichtung des Trägers der Jugendhilfe, sondern vielmehr einen einklagbaren subjektiven Alternativanspruch des Kindes begründet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass der Träger der Jugendhilfe sich nicht mit Erfolg auf eine Kapazitätserschöpfung berufen kann, sondern die erforderliche Kapazität an geeigneten Plätzen in den Betreuungsformen der frühkindlichen Förderung gem. § 24 Abs. 2 SGB VIII zu schaffen hat,
27vgl. zum Rechtsanspruch der über dreijährigen Kinder Lakies, in: FK-SGB VIII, 7. Aufl., § 24 Rn. 26 ff. ; Georgii, NJW 1996, 686, 688.
28Selbst wenn man mit dem OVG NRW davon ausginge, dass das Wunsch- und Wahlrecht der Personensorgeberechtigten gem. § 5 Abs.1 Satz 1 SGB VIII kapazitätsabhängig ist,
29vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.08.2013 – 12 B 793/13 -, juris,
30hätte die Beklagte den Anspruch des Klägers auf frühkindliche Förderung jedenfalls nicht für die Zeit vom 01.08.2013 bis zum 31.10.2013 durch das Angebot zur Förderung in der Kindertagespflege erfüllt. Die Erfüllung der Pflicht zur frühkindlichen Förderung durch ein Angebot in der Kindertagespflege setzt voraus, dass die Kindertagespflege auch im Hinblick auf die finanzielle Belastung der Eltern gleichwertig ist mit der Kostenlast in der Betreuungsform der Kindertageseinrichtung. Die Voraussetzung der finanziell gleichwertigen Belastung war in der Zeit vom 01.08.2013 bis zum 31.10.2013 nicht gegeben, weil die Beklagte jedenfalls in dem genannten Zeitraum noch Tagespflegepersonen vermittelte, die zusätzlich zu der laufenden Geldleistung gem. § 23 Abs. 2 SGB VIII noch von den Eltern private Zuzahlungen für ihre Betreuungsleistungen verlangten.
31Die Beklagte hat den Anspruch auf frühkindliche Förderung auch nicht durch die Zurverfügungstellung eines Betreuungsplatzes in der städtischen Kita F. Straße 000 erfüllt. Nach § 24 Abs. 2 SGB VIII hat ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung. Die genannte Vorschrift gewährt zwar keinen Anspruch auf die Bereitstellung eines Platzes in einer bestimmten Kindertageseinrichtung. Allerdings muss die Kindertageseinrichtung für das Kind und dessen Eltern in zumutbarer Zeit zu erreichen sein. Dies gebietet der mit der Einführung des gesetzlichen Rechtsanspruchs auf Förderung von Kindern unter 3 Jahren verbundene Zweck, der darin besteht, das Aufwachsen von Kindern und die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben zu verbessern,
32vgl. Begründung des Entwurfs des Kinderförderungsgesetzes der Fraktionen
33der CDU/CSU und SPD, BT-Drs. 16/9299, S. 1.
34Die mit der Gesetzesänderung beabsichtigte Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben erfordert es, dass der Betreuungsplatz von der Wohnung des Kindes in vertretbarer Zeit zu erreichen ist. Dass der Rechtsanspruch nach § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F. die Bereitstellung eines Kindergartenplatzes in zumutbarer Wohnortnähe umfasst, verdeutlicht zudem die Bestimmung des § 24 Abs. 5 SGB VIII n.F., wonach die Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet sind, Eltern oder Elternteile über das Platzangebot der frühkindlichen Förderung „im örtlichen Einzugsbereich“ zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Im Übrigen sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 80 Abs. 2 Nr. 1, 3 SGB VIII – in der bereits vor dem 01.08.2013 geltenden Fassung gehalten, Einrichtungen der Jugendhilfe so zu planen, dass Kontakte im sozialen Umfeld der Familie erhalten und gepflegt werden können und dass Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können.
35In städtischen Bereichen des Stadtgebiets der Beklagten ist die Grenze der Zumutbarkeit für Eltern und Kind in der Regel überschritten, wenn die Kindertageseinrichtung in einer Entfernung von mehr als 5 km (Wegstreckenentfernung) vom Wohnort des Kindes gelegen ist. Jenseits der 5 km-Entfernungsgrenze liegende Einrichtungen sind angesichts der im städtischen Bereich bestehenden Verkehrsdichte für das Kind und die Eltern unzumutbar. Bei pauschalierender Betrachtung werden die Fahrzeiten für das Zurücklegen einer Wegstrecke von mehr als 5 km in städtischen Ballungsräumen – insbesondere zu den Hauptverkehrszeiten am Morgen und am frühen Abend – in der Regel das zumutbare Maß überschreiten,
36vgl. Gemeinsames Papier der kommunalen Spitzenverbände und der Landesjugendämter in NRW – Handreichung für die Jugendämter -, S. 4, das für die Erfüllung des Rechtsanspruchs im städtischen Raum die Bereitstellung von Einrichtungen in einer Entfernung von bis zu 5 km empfiehlt.
37Beträgt die Wegstrecke vom Wohnort des Kindes bis zur Kindertageseinrichtung bis zu 5 km, ist es grundsätzlich Sache der Eltern, den Transport ihres Kindes zur Einrichtung in einer für sie und das Kind angemessenen Weise zu organisieren.
38Ausnahmen von dieser für den innerstädtischen Bereich geltenden pauschalierenden Zumutbarkeitsgrenze können angenommen werden, wenn die Wegstrecke zwischen Wohnort des Kindes und Kita mit vorhandenen öffentlichen Verkehrsmitteln in weniger als 30 Minuten zurückgelegt werden kann. Auf die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln kann der Kläger nicht verwiesen werden. Sein Vater kann ihn nicht zur Kita begleiten, weil er werktags in München berufstätig ist. Seiner ebenfalls ganztägig berufstätigen Mutter kann die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für den Transport des Klägers zur Kita nicht zugemutet werden. Sie ist bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Bonn beschäftigt. Die Kita F. Straße 000 liegt entgegengesetzt zur südlich gelegenen Arbeitsstätte der Mutter. Wollte man die Mutter des Klägers für die Zurücklegung des Weges zu der Kita auf die Nutzung öffentlicher Nahverkehrsmittel verweisen, müsste sie das Verkehrsmittel für den Weg zu ihrer Arbeitsstätte zu wechseln. Ein Wechsel des Verkehrsmittels würde die Zeit, die die Mutter des Klägers für das Erreichen ihrer mehr als 30 km entfernt liegenden Arbeitsstätte benötigt, unzumutbar verlängern.
39Die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf frühkindliche Förderung schließlich auch nicht mit der Zuweisung eines Betreuungsplatzes in der Kita N1.-----straße 00, 00000 L. erfüllt. Ausweislich des in der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2014 überreichten Bescheides vom 05.08.2013 erfolgte die Zuweisung dieses Betreuungsplatzes nur vorläufig und zeitlich befristet bis zur rechtskräftigen Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bei dem OVG NRW (12 B 793/13).
40Der Antrag zu 2) ist ebenfalls begründet. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte die für seine Betreuung in der Kindertageseinrichtung der Universität L. in der Zeit vom 01.08.2013 bis zum 09.05.2014 entstandenen Mehrkosten in Höhe von 350,00 € monatlich erstattet.
41Der geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch setzt in analoger Anwendung des § 36 a Abs.3 SGB VIII voraus, dass der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat,
42vgl. BVerwG, Urteil vom 12.09.2013 – 5 C 35.12 -, juris.
43Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Kläger hat die Beklagte durch seinen Aufnahmeantrag vom 21.12.2011 von seinem Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe lagen vor. Die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf frühkindliche Förderung gem. § 24 Abs. 2 SGB VIII aus den oben zum Antrag zu 1) genannten Gründen weder mit dem Angebot eines Platzes in der Kindertagespflege noch mit der Zuweisung eines Betreuungsplatzes in der Kita F. Straße 000 erfüllt. Mit der Inanspruchnahme eines Betreuungsplatzes in der Kita der Universität L. wurde der Anspruch des Klägers auf frühkindliche Förderung ebenfalls nicht erfüllt. Die Kita der Universität L. wird zwar auch nach § 20 Kibiz NRW staatlich vom Jugendamt finanziert. Allerdings erhebt die Kita der Universität L. von den Eltern ein zusätzliches Betreuungsentgelt in Höhe von monatlich 350,00 €. Gleichwertig zu einer Betreuung in einer Einrichtung in kommunaler Trägerschaft ist eine Betreuung in anderer Trägerschaft aber nur dann, wenn die Kostenbeteiligung der Eltern an den Betreuungskosten allein durch die pauschalierten Elternbeiträge erfolgt. Die Beklagte hat den Anspruch auf frühkindliche Förderung schließlich auch für die Dauer der vorläufigen Zuweisung eines Betreuungsplatzes in der Kita N1.-----straße 00 nicht erfüllt. Dem Kläger war es nicht zuzumuten, diesen Betreuungsplatzes anzunehmen, weil die Zuweisung zeitlich befristet war. Angesichts des für den Kläger ungewissen Ausgangs des Beschwerdeverfahrens musste er sich nicht darauf einlassen, den Betreuungsplatz in der Kita N1.-----straße 00 nur vorübergehend in Anspruch zu nehmen.
44Die Deckung des Bedarfs duldete keinen Aufschub. Die Eltern des Klägers waren aufgrund ihrer Berufstätigkeit auf eine Fremdbetreuung des Klägers angewiesen. Der Primäranspruch drohte allein durch Zeitablauf unterzugehen.
45Der Grundsatz des Vorrangs des Primärrechtsschutzes steht der Geltendmachung des Aufwendungsersatzanspruchs nicht entgegen. Der Kläger hat seinen Anspruch auf frühkindliche Förderung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren in zwei Instanzen ohne Erfolg geltend gemacht. Den Primäranspruch hat er mit dem Hauptantrag im Hauptsacheverfahren weiterverfolgt.
46Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung war zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr.3, 4 VwGO gegeben sind.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn
- 1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder - 2.
die Erziehungsberechtigten - a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, - b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder - c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.