Verwaltungsgericht Köln Urteil, 04. Dez. 2018 - 2 K 7495/18
Tenor
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird der Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02. Oktober 2018 verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Einschreiten vom 26. September 2018 gegen das Vorhaben der Beigeladenen auf dem Grundstück Gemarkung B. , Flur 00, Flurstück 0000 (T2.------------weg 00 in B. ), soweit dieses von der Baugenehmigung des Beklagten vom 21. November 2016 (Az.: ) abweicht, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und der Beklagte jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand
2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung B. , Flur 00, Flurstück 0000 (T2.------------weg 0 in B. ). Das Grundstück ist mit einer Doppelhaushälfte (Einfamilienhaus) nebst Garage bebaut. Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung B. , Flur 00, Flurstück 0000 (T2.------------weg 0 in B. ). Das Grundstück ist mit der anderen Doppelhaushälfte (Zweifamilienhaus) mit Garage, bebaut. Das Grundstück des Klägers grenzt östlich an das Grundstück der Beigeladenen an. Die Doppelhaushälfte der Beigeladenen wurde mit Baugenehmigung vom 12. Juli 2005 genehmigt, die Doppelhaushälfte des Klägers mit Baugenehmigung vom 16. Februar 2006.
3Am 22. Juli 2016 stellte die Beigeladene bei dem Beklagten einen Bauantrag zur Erweiterung und zum Umbau des Zweifamilienhauses. Geplant waren ein Anbau in den rückwärtigen Grundstücksbereich hinein über drei Etagen sowie ein Balkon im 1. Obergeschoss. Die Baugenehmigung wurde unter dem 21. November 2016 erteilt.
4Der Kläger erhob dagegen bereits am 26. April 2017 Klage (2 K 5969/17).
5Die Berichterstatterin führte im Rahmen des Klageverfahrens 2 K 5969/17 am 30. August 2018 einen Orts- und Erörterungstermin durch und wies darauf hin, dass Gegenstand der Nachbarklage gegen die Baugenehmigung nur der Inhalt der Baugenehmigung sei, nicht eine abweichende Bauausführung oder genehmigungsfreie Vorhaben. Dagegen könne nur ein Antrag auf Einschreiten bei dem Beklagten gestellt werden. Anlässlich des Ortstermins wurde festgestellt, dass die Beigeladene auf der östlichen Seite des Anbaus in allen drei Etagen bodentiefe Fenster eingebaut hatte. Weiterhin hatte sie anschließend an das Erdgeschoss eine Terrasse errichtet.
6Daraufhin forderte der Kläger den Beklagten unter dem 26. September 2018 auf, die rechtswidrigen Zustände, die nicht Gegenstand der Baugenehmigung waren, zu beseitigen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Zur Begründung trug er vor, der Anbau bestehe vollständig aus Holz, erstrecke sich über drei Etagen und sei nur 3 m von der Grenze entfernt. Daher sei zu prüfen, ob die Brandschutzvorschriften und die Brandschutzanforderungen an das verwendete Material eingehalten seien. Es handele sich um ein Objekt der Gebäudeklasse 4 mit einer 7,5 m hohen Wand, daher hätte der Brandschutz im Genehmigungsverfahren geprüft werden müssen. Weiterhin seien entgegen der Baugenehmigung auf der Seite zum Grundstück des Klägers hin in allen Geschossen bodentiefe Fenster eingebaut worden. Dies stelle einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme dar, da das Grundstück des Klägers vollständig jeder Privatsphäre beraubt werde. Die Fenster seien auch nicht gemäß § 65 Abs. 2 Ziffer 2 BauO NRW genehmigungsfrei, da diese Vorschrift nicht einschlägig sei. Es handele sich um einen kompletten Neubau und nicht um ein Bestandsgebäude. Weiterhin sei eine Terrasse angefügt worden. Diese sei gemäß § 64 Abs. 1 Ziffer 57 BauO NRW nicht genehmigungsfrei, da die Terrasse durch den darüber liegenden Balkon überdacht sei. Dieser verletzte die nachbarschützenden Abstandflächenvorschriften.
7Der Beklagte lehnte ein ordnungsbehördliches Einschreiten mit Bescheid vom 02. Oktober 2018 ab. Zur Begründung führte er aus, es handele sich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW um ein Gebäude geringer Höhe. Nach § 29 Abs. 1 Ziffer 1a BauO NRW müssten tragende Wände der Brandschutzklasse F30 entsprechen, nichttragende Wände müssten keine Anforderungen erfüllen. Soweit das Gebäude – wie hier – mit mehr als 2,50 m Grenzabstand errichtet werde, sei keine Gebäudeabschlusswand erforderlich i.S.v. § 31 BauO NRW. Ein Verstoß gegen Brandschutzvorschriften sei hier nicht erkennbar. Die Fenster seien gemäß § 65 Abs. 2 Ziffer 2 BauO NRW genehmigungsfrei. Es sei widersinnig, einen Unterschied zwischen der Neuerrichtung und der erstmaligen Errichtung zu machen. Nach § 65 Abs. 1 Nr. 49 BauO NRW sei für eine nichtüberdachte Terrasse keine Baugenehmigung erforderlich. Die Beurteilung ändere sich nicht, weil sich darüber ein genehmigter Balkon befinde, zumal nach § 65 Abs. 1 Nr. 8b BauO NRW Terrassenüberdachungen mit einer Fläche bis zu 30 m² genehmigungsfrei seien. Der Anbau selbst und der Balkon hielten die Abstandflächen nach § 6 BauO NRW ein. Die Terrasse liege auch nicht mehr als 1 m über der Geländeoberfläche und löse daher keine eigenen Abstandflächen aus. Das Vorhaben verstoße in seiner Ausführung nicht gegen nachbarschützende Vorschriften. Dem Kläger stehe daher kein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten zu.
8Der Kläger hat am 07. November 2018 Klage erhoben.
9Zur Begründung nimmt er im Wesentlichen Bezug auf seine Ausführungen im Verwaltungsverfahren. Weiterhin trägt er vor, von Balkon und Terrasse sei der gesamte kleine Garten des Klägers und dessen Terrasse voll einsehbar. Er fühle sich ständig beobachtet. Weiterhin könne auch in sein Schlafzimmerfenster gesehen werden. Dadurch sehe er das Rücksichtnahmegebot erheblich verletzt.
10Der Kläger hat ursprünglich schriftsätzlich angekündigt zu beantragen,
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1. den Beklagten zu verurteilen, für den aus Holz bestehenden Anbau auf dem Grundstück T2.------------weg 0, 00000 B. , der Beigeladenen einen Brandsicherheitsnachweis vorzulegen, hilfsweise, diesen bei der Beigeladenen einzuholen,
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2. den Beklagten zu verpflichten, der Beigeladenen aufzugeben, die zur Seite des Grundstückes des Klägers hin im Erdgeschoss sowie im 1. und 2. Obergeschoss eingebauten Fenster auszubauen und die Öffnungen so zu verschließen, dass sie nicht durchsichtig sind,
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3. den Beklagten zu verpflichten, der Beigeladenen aufzugeben, die vor Ort feststellbare angesetzte Terrasse im Umfang von ca. 4 x 5 m sowie den darüber befindlichen Balkon abzubauen.
Der Kläger beantragt nunmehr,
16den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 02. Oktober 2018 zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf Einschreiten vom 26. September 2018 gegen das Vorhaben der Beigeladenen auf dem Grundstück Gemarkung B. , Flur 00, Flurstück 0000 (T2.------------weg 00 in B. ), soweit dieses von der Baugenehmigung des Beklagten vom 21. November 2016 (Az.: ) abweicht, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
17Der Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Zur Begründung beruft er sich im Wesentlichen auf den streitgegenständlichen Bescheid. Weiterhin führt er aus, die Brandschutzanforderungen seien nicht Gegenstand des Prüfprogramms der Baugenehmigung gewesen. Erforderlich sei nur eine Erklärung des Entwurfsverfassers, dass die Anforderungen an den Brandschutz erfüllt seien. Diese sei in den amtlichen Bauantragsvordruck eingearbeitet und hier von Herrn Dipl.-Ing. Norbert Schmitz unterschrieben (Bl. 13 der Bauakte ). Anhaltspunkte, dass diese Erklärung wahrheitswidrig abgegeben wurde, seien weder vom Kläger vorgetragen noch ersichtlich. Der Einbau der Fenster verletze keine nachbarschützenden Vorschriften. Die Tatsache allein, dass ein Baugenehmigungsverfahren möglicherweise hätte durchgeführt werden müssen, verletzte als formelle Verfahrensfrage keine schützenswerten Rechte des Klägers. Die Bauausführung sei auch nicht rücksichtslos. In Wohngebieten müsse mit Einsichtsmöglichkeiten auf das eigene Grundstück durch Nachbarn gerechnet werden. Der Kläger könne auch eigene Vorkehrungen treffen. Das Vorhaben erdrücke den Kläger auch nicht. Es beeinträchtige das Grundstück des Klägers insgesamt nicht unzumutbar.
20Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
21Sie trägt vor, der Anbau auf dem Grundstück der Beigeladenen verstoße nicht gegen den Kläger schützende öffentlich-rechtliche Normen. Der Balkon im ersten Obergeschoss sei Gegenstand der Baugenehmigung vom 21. November 2016. Durch die abweichende Ausführung des Fensters im Erdgeschoss entstünden keine Einsichtnahmemöglichkeiten. Von dort könne die Beigeladene lediglich auf eine 2 m hohe Mauer blicken. Auch im Übrigen entstünden keine unzumutbaren Einsichtnahmemöglichkeiten. Diese seien in dicht bebauten Gebieten in gewissem Umfang hinzunehmen. Der Anbau halte insgesamt einen Abstand von 4 m zur Grundstücksgrenze ein und wahre damit einen ausreichenden Sozialabstand. Bereits vor der Erweiterung hätten Einsichtnahmemöglichkeiten von dem Balkon im 1. Obergeschoss auf das Grundstück des Klägers bestanden.
22Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie die Gerichtsakten der Verfahren 2 K 5809/17 und 2 K 5969/17 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Soweit der Kläger die Klage sinngemäß zurückgenommen hat, indem er seinen schriftsätzlich angekündigten Klageantrag in der mündlichen Verhandlung nicht weiter verfolgt, ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
25Im Übrigen ist die zulässige Klage begründet.
26Die Ablehnung des Antrags auf bauaufsichtliches Einschreiten mit Bescheid vom 02. Oktober 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Einschreiten vom 26. September 2018.
27Rechtsgrundlage hierfür ist § 61 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BauO NRW. Danach haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, der Änderung und der Nutzung u.a. baulicher Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschrift erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Sie haben in Wahrnehmung dieser Aufgaben nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
28Ein Anspruch des Nachbarn auf bauordnungsbehördliches Einschreiten bzw. hier auf Neubescheidung folgt aus dieser Eingriffsermächtigung, wenn das angegriffene Bauvorhaben nicht durch eine bestandskräftige Baugenehmigung gedeckt wird, die bauliche Anlage rechtswidrig ist und den klagenden Nachbarn in seinen Rechten verletzt, dieser seine Abwehrrechte nicht verwirkt hat sowie das Ermessen der Behörde auf Null reduziert ist bzw. bei einem Anspruch auf Neubescheidung fehlerhaft ausgeübt wurde,
29vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. August 2005 – 10 A 3611/03 –, Rn. 35, juris.
30Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger entsprechend seinem Klageantrag einen Anspruch auf Neubescheidung hinsichtlich der abweichend von der Baugenehmigung errichteten Fenster in der östlichen Gebäudewand des Vorhabens im ersten und zweiten Obergeschoss (1.). Mit seinen übrigen Einwänden dringt er nicht durch (2.).
311. Die Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Fenster im ersten und zweiten Obergeschoss auf der östlichen Gebäudeseite des Anbaus der Beigeladenen vor.
32a. Dem Anspruch des Klägers steht zunächst keine die streitgegenständlichen Fenster erfassende Baugenehmigung, § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW, entgegen. Die Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung hat zur Folge, dass im Umfang der Feststellungswirkung der Baugenehmigung die Legalität des Vorhabens nicht in Frage steht, solange die erteilte Genehmigung nicht aufgehoben ist,
33vgl. nur BVerwG, Urteil vom 07. November 1997 – 4 C 7.97 – Rn. 23, juris; OVG NRW, Urteil vom 11. September 2003 – 10 A 4694/01 –, 2. Leitsatz, juris.
34Die der Beigeladenen am 21. November 2016 erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Anbaus in den hinteren Grundstücksbereich hinein hat keine Legalisierungswirkung hinsichtlich der Fenster zum Grundstück des Nachbarn hin, da diese von der Baugenehmigung nicht umfasst sind. Denn in den dazugehörigen grüngestempelten Bauvorlagen sind im ersten Obergeschoss auf der Ostseite überhaupt keine Fenster dargestellt (Bauherrenexemplar Grundrisse Erdgeschoss und Obergeschoss) und im Dachgeschoss ein kleineres Fenster (Bauherrenexemplar, Schnitt A-A).
35b. Die Fenster sind auch materiell rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Fenster verstoßen gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Eine erfolgreiche Berufung auf das drittschützende Rücksichtnahmegebot setzt voraus, dass das Bauvorhaben bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Gewicht der mit ihm verfolgten Interessen auf der einen Seite und der Empfindlichkeit und Schutzwürdigkeit der Belange des Nachbarn auf der anderen Seite für diesen die Schwelle der Zumutbarkeit ersichtlich überschreitet. In einem bebauten Wohngebiet muss immer damit gerechnet werden, dass die Nachbargrundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht (insbesondere § 6 BauO NRW) vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine Bebauung zu zusätzlichen Einsichtsmöglichkeiten kommt. Diese sind erst dann ausnahmsweise nicht mehr tolerabel, wenn sie auf dem betroffenen Grundstück keine Rückzugsmöglichkeit mehr lassen,
36vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Oktober 2012 – 2 A 723/11 –, Rn. 65, juris; Beschlüsse vom 29. August 2011 – 2 B 940/11 –, Rn. 22 ff., juris; vom 09. Februar 2009 – 10 B 1713/08 –, Rn. 30, juris.
37Gemessen daran sind die Einsichtnahmemöglichkeiten, die mit dem Bauvorhaben der Beigeladenen in Bezug auf das Grundstück des Klägers verbunden sind, – trotz Einhaltung der Abstandfläche (vgl. Urteil vom heutigen Tage 2 K 5969/17) – nicht mehr hinnehmbar. Mit dem Einbau der bodentiefen Fenster im ersten Obergeschoss und im Dachgeschoss werden Einblickmöglichkeiten auf das Grundstück des Klägers geschaffen, die das empfindliche Gefüge des nachbarlichen Nebeneinanders unzumutbar stören. Schon vor der Errichtung des Anbaus bestanden Einsichtnahmemöglichkeiten in geringerem Maße aus den oberen Geschossen in den Garten des Klägers. Durch die in die östliche Außenwand des Anbaus eingebauten Fenster entsteht jedoch eine neue Qualität von Einsichtnahmemöglichkeiten. Als besonders belastend wirkt es sich aus, dass der Anbau nun erstmals in den hinteren Grundstücksbereich hineinrückt und die seitlichen Fenster in der östlich, dem klägerischen Grundstück zugewandten Außenwand einen geraden und direkten Blick auf die Terrasse und das sehr kleine Gartengrundstück des Klägers eröffnen. Zuvor lagen die rückwärtigen Außenwände der Doppelhaushälften etwa auf gleicher Höhe und vom Obergeschoss und vom Dachgeschoss war nur der schräge Blick aus den in der südlichen Außenwand des Gebäudes vorhandenen Fenstern der Beigeladenen in den Garten des Klägers möglich. Weiterhin eröffnen die seitlichen Fenster erstmals auch Einblicke in Richtung der Fenster des Klägers, insbesondere in Richtung des Schlafzimmerfensters des Klägers. Erschwerend hinzu kommt die Größe der Fenster. Auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung schätzte die Beigeladene, dass das Fenster im Obergeschoss Maße von ca. 1,40 m x 1,80 m habe und damit verhältnismäßig groß ist. Das Fenster im Dachgeschoss ist schmaler und kleiner, allerdings ebenfalls bodentief und eröffnet den Blick von oben herab auf das Grundstück des Klägers. Die Fenster eröffnen dementsprechend erhebliche Einsichtnahmemöglichkeiten und dem Kläger verbleibt insbesondere in seinem relativ kleinen Garten keine Rückzugsmöglichkeit mehr. Seine Privatsphäre wird dadurch unerträglich berührt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang ferner, dass es dem Kläger im vorliegenden Fall nicht möglich ist, unerwünschte Einblicke durch architektonische Selbsthilfemaßnahmen zu verhindern. Auf Höhe des ersten Obergeschosses und des Dachgeschosses darf er aus baurechtlichen Gründen weder einen Sichtschutz errichten noch aus nachbarrechtlichen Gründen eine Hecke oder sonstiges pflanzen.
38Diesen erheblichen Beeinträchtigungen stehen keine wesentlich ins Gewicht fallenden schützenswerten Belange der Beigeladenen gegenüber. Bei den Fenstern auf der östlichen Seite des Anbaus handelt es sich nicht um notwendige Fenster i.S.v. § 48 Abs. 2 BauO NRW. Denn der Anbau verfügt bereits über ausreichend große Fenster an der südlichen Gebäudeseite. Im Übrigen trug die Klägerin in der mündlichen Verhandlung lediglich vor, sie wolle die Aussicht jenseits des klägerischen Gartens genießen. Diese Belange der Klägerin müssen hinter den berechtigten Interessen des Klägers zurück stehen.
39c. Eine Verwirkung der Rechte des Klägers ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
40d. Der Beklagte hat sein Ermessen, ein bauaufsichtliches Einschreiten zu unterlassen, fehlerhaft ausgeübt, § 114 Satz 1 VwGO. Von einer ordnungsgemäßen Ausübung des Ermessens im Sinne von § 40 VwVfG NRW kann insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn die Behörde bei ihrer Entscheidung von unzutreffenden, in Wahrheit nicht gegebenen oder unvollständigen oder falsch gedeuteten tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgeht oder umgekehrt Gesichtspunkte außer Acht lässt, die zu berücksichtigen wären. Die Behörde muss ihre Ermessensentscheidung unter korrekter Anwendung der einschlägigen Rechtsgrundlagen auf der Basis eines zutreffenden und im entscheidungserheblichen Umfang vollständig ermittelten Sachverhalts treffen,
41vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. August 1995 – 11 A 850/92 –, Rn. 8 ff., juris; vom 16. Juni 2015 – 11 A 1131/13 –, Rn. 30 ff, juris.
42Diesen Anforderungen ist der Beklagte bei seiner ablehnenden Ermessensentscheidung in dem streitgegenständlichen Bescheid nicht gerecht geworden.
43Der Beklagte hat seine ablehnende Entscheidung zu Unrecht allein darauf gestützt, dass die eingebauten Fenster nach § 65 Abs. 2 Ziffer 2 BauO NRW keiner Baugenehmigung bedürften und die östliche Außenwand im Übrigen den Grenzabstand nach § 6 BauO NRW einhalte. Er hat der ihm obliegenden Sachaufklärungspflicht gemäß § 24 VwVfG NRW nicht genügt und verkannt, dass hier trotz der eingehaltenen Abstandfläche besondere Umstände vorliegen, die die nachbarrechtliche Rücksichtslosigkeit des Vorhabens der Beigeladenen begründen. Welche bauaufsichtlichen Maßnahmen er ergreift, um diesem Nachbarrechtsverstoß abzuhelfen, bleibt seinem Auswahlermessen überlassen.
442. Hinsichtlich der weiteren Einwände des Klägers liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Einschreiten nicht vor.
45a. Im Hinblick auf die vom Kläger vorgetragenen Zweifel daran, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen den Anforderungen des Brandschutzes entspricht, liegen die Voraussetzungen für eine Neubescheidung seines Antrags nicht vor. Die Anforderungen an den Brandschutz sind im Baugenehmigungsverfahren soweit erforderlich abschließend geprüft worden.
46Nach der gesetzlichen Grundkonzeption sind die Anforderungen an den Brandschutz im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 68 Abs. 1 Satz 4 BauO NRW bei Wohngebäuden geringer Höhe mit nicht mehr als zwei Wohneinheiten – wie hier – grundsätzlich nicht zu prüfen. Zur Sicherstellung des erforderlichen Brandschutzes wird ausschließlich die Erklärung des Entwurfsverfassers zu den Anforderungen an den Brandschutz gemäß § 68 Abs. 6 BauO NRW auf dem gemäß § 1 Abs. 3 BauPrüfVO zwingend zu verwendenden Antragsvordruck (Anlage I/1 zur VV BauPrüfVO), dort unter II. Nr. 17) verlangt,
47vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. März 2017 – 7 B 163/17 –, 3. Leitsatz, juris; Buntenbroich/Voß, BauO NRW – Kommentar, Stand: Februar 2014, § 68 Rn. 23; Wenzel in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage, 2011, § 68 Rn. 43.
48Die Bauaufsichtsbehörde prüft nur, ob diese Erklärung vorliegt. Damit einher geht die ausdrückliche Übernahme der alleinigen Verantwortung und Haftung für die Einhaltung der Brandschutzvorschriften auf den Entwurfsverfasser, weil der Gesetzgeber gemäߠ § 68 Abs. 6 BauO NRW dem Entwurfsverfasser die Abgabe entsprechender schriftlicher Erklärungen abverlangt als Kompensation für die fortfallende behördliche Kontrolle. Eine weitere behördliche Prüfung des Brandschutzes ist nicht mehr vorgesehen,
49vgl. Wenzel in: a.a.O., § 58 Rn. 16, § 68 Rn. 43; Buntenbroich/Voß, a.a.O., § 67 Rn. 41; § 68 Rn. 75.
50Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zu den Änderungen des § 68 BauO NRW. Der Gesetzgeber wollte bewusst eine Privatisierung des Baurechts im Bereich des Brandschutzes erreichen. Für Gebäude geringer Höhe mit nicht mehr als zwei Wohneinheiten sollte die Bescheinigung nach § 68 Abs. 6 BauO NRW als Brandschutznachweis ausreichen.
51Aus der Gesetzesbegründung zur 1. Änderung BauO 2000 Drs. 12/3738 zu § 68 Abs. 2 ergibt sich, dass eine bis dahin im vereinfachten Genehmigungsverfahren vorgesehene Prüfung des Brandschutzes durch die Bauaufsichtsbehörde zugunsten der Vorlage einer Sachverständigenbescheinigung aufgeben wurde. Diese Bescheinigung sollte für Wohngebäude geringer Höhe allerdings nicht erforderlich sein, da insoweit eine Gleichbehandlung mit genehmigungsfrei zulässigen Wohngebäuden geringer Höhe erfolgen sollte (s. § 67 Abs. 4 BauO),
52vgl. Landtags-Drucksache 12/3738, S. 90; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Stand: September 2018, § 68 Rn. 31 ff.
53Nach § 67 Abs. 4 BauO NRW ist eine entsprechende Bescheinigung im Freistellungsverfahren nur für Wohngebäude mittlerer Höhe erforderlich, nicht aber für Gebäude geringer Höhe, § 2 Abs. 3 BauO NRW. Entsprechend müssen den Bauvorlagen bei Gebäuden geringer Höhe mit nicht mehr als zwei Wohneinheiten gemäß § 4 Abs. 6 BauPrüfVO auch keine Bauzeichnungen, die das Brandverhalten der Baustoffe und die Feuerwiderstandsklassen der Bauteile angeben gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 BauPrüfVO, beigefügt werden.
54Aus der Gesetzesbegründung zur 2. Änderung der BauO Drs. 12/4394 ergibt sich, dass der Gesetzgeber bereits durch die Einführung des staatlich anerkannten Sachverständigen in die Bauordnung im Jahre 1995 zu erkennen gegeben hat, dass er grundsätzlich die Prüfung bautechnischer Nachweise außerhalb der Bauaufsichtsbehörden ansiedeln wollte. Durch die Änderung sollte erreicht werden, dass die meisten bautechnischen Nachweise bei den meisten Bauvorhaben nicht mehr behördlich geprüft werden müssen und entsprechende Fachleute nicht mehr beschäftigt werden müssen,
55vgl. Landtags-Drucksache 12/4394, S. 76.
56Absicht des Gesetzgebers war es, durch die Verlagerung von Prüfungen auf Sachverständige die Haftung der Bauaufsichtsbehörde möglichst zu beschränken oder auszuschließen. Dadurch hat sich das Haftungsrisiko auf die Sachverständigen und Entwurfsverfasser verlagert,
57vgl. Boeddinghaus/Hahn/Schulte, a.a.O., § 67 Rn. 15 m.w.N..
58Vorliegend ist nur die Bescheinigung nach § 68 Abs. 6 BauO NRW erforderlich. Denn es handelt sich um ein Gebäude geringer Höhe, § 2 Abs. 3 BauO NRW, da der Fußboden keines der Geschosse mit Aufenthaltsräumen mehr als 7 m über der Geländeoberfläche liegt. Hier sind es ca. 6,62 m (vgl. Bauherrenexemplar Schnitt A-A). Die Voraussetzungen des § 68 Abs. 6 BauO NRW sind vorliegend erfüllt. Der Entwurfsverfasser der Beigeladenen hat im Bauantragsformular unter Ziffer 12 (vgl. Bauherrenexemplar, Bauantrag, Bl. 2) eine Erklärung nach § 68 Abs. 6 BauO NRW abgegeben, wonach das in den beigefügten Bauvorlagen dargestellte Bauvorhaben den Anforderungen an den Brandschutz entspricht und die hierzu in den Bauvorlagen gemachten Angaben vollständig und richtig sind.
59Ein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörden käme allenfalls dann in Betracht, wenn in Abweichung von der bestehenden Baugenehmigung bzw. der darin enthaltenen Entwurfsverfassererklärung nach § 68 Abs. 6 BauO NRW ersichtlich brandschutzwidrig gebaut würde,
60vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. März 2017 – 7 B 163/17 –, 4. Leitsatz, juris.
61Ein ersichtlicher Verstoß der Bauausführung gegen maßgebliche Anforderungen des Brandschutzes ist vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich.
62b. Soweit der Kläger einen Anspruch auf Einschreiten gegen das abweichend von der Baugenehmigung eingebaute Fenster im Erdgeschoss des Anbaus zur Grundstücksseite des Klägers hin geltend macht, hat er damit ebenfalls keinen Erfolg. Der Kläger kann sich nicht auf eine etwaige formelle Illegalität der Baumaßnahme berufen, da die Regelungen über die Genehmigungsbedürftigkeit eines Vorhabens nicht nachbarschützend sind,
63vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Mai 2009 – 10 A 971/08 –, Rn. 64 f., juris.
64Ein materieller Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ist hier ebenfalls nicht ersichtlich, da sich durch das Fenster im Erdgeschoss keine Einsichtnahmemöglichkeiten auf das Grundstück des Klägers ergeben. Der Blick aus dem Fenster geht unmittelbar auf eine 2 m hohe Wand, die den Garten des Klägers von dem Garten der Beigeladenen trennt.
65c. Soweit der Kläger einen Anspruch auf Einschreiten gegen die Terrasse im Erdgeschoss geltend macht, hat er damit ebenfalls keinen Erfolg. Auf eine eventuelle Genehmigungsbedürftigkeit kann sich der Kläger nicht berufen,
66vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Mai 2009 – 10 A 971/08 –, Rn. 64 f., juris.
67Auch hier fehlt es an der materiellen Rechtswidrigkeit der Terrasse. Die Terrasse wirft gemäß § 6 Abs. 10 Satz 1 Nr. 2 BauO NRW keine eigenen Abstandflächen, da sie nicht mehr als 1 m über der Geländeoberfläche liegt. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ist ebenfalls nicht ersichtlich. Einsichtnahmemöglichkeiten ergeben sich von der Terrasse nicht. Wie die Berichterstatterin vor Ort feststellen konnte, ist die Terrasse der Beigeladenen vom Grundstück des Klägers nicht sichtbar aufgrund der Mauer und einer Hecke, die die Grundstücke trennt.
68d. Soweit der Kläger einen Anspruch auf Einschreiten gegen den Balkon im ersten Obergeschoss geltend macht, hat er damit ebenfalls keinen Erfolg. Dieser ist durch die Baugenehmigung vom 21. November 2016 legitimiert. Die Klage gegen die Baugenehmigung hat keinen Erfolg (vgl. Urteil vom heutigen Tage 2 K 5969/17).
69Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1, Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, da sie keinen Sachantrag gestellt und sich damit auch selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
70Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
71Rechtsmittelbelehrung
72Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
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1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
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2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
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3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
80Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
81Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
82Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
83Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
84Beschluss
85Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
8610.000,00 €
87festgesetzt.
88Gründe
89Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für den Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrage zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG).
90Rechtsmittelbelehrung
91Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
92Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
93Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
94Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
95Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 04. Dez. 2018 - 2 K 7495/18
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Verwaltungsgericht Köln Urteil, 04. Dez. 2018 - 2 K 7495/18 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert.
Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 20. November 2012 rechtswidrig und der Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2012 insoweit rechtswidrig gewesen ist, als die Beklagte die Anträge der Klägerin auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an den Standorten U.--straße /Am Gehöft, An der V. gegenüber Haus Nr. 52, M. Straße/S. -E. -Straße, An St. H. und F. Haus/E1. -S1. -Allee abgelehnt hatte und die Beklagte insoweit verpflichtet gewesen ist, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die Klägerin zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein Unternehmen, das sich mit dem Sammeln von Altkleidern befasst.
3Der Ausschuss für Landschaftspflege und Umweltschutz der Beklagten traf laut Niederschrift vom 6. Dezember 2011 betreffend die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern in seiner Sitzung vom 30. November 2011 den Beschluss, im Stadtgebiet befänden sich an 13 Standorten Sammelcontainer für Altkleider, wovon 10 Standorte auf das Deutsche Rote Kreuz (im Folgenden: DRK) und drei auf den Malteser Hilfsdienst entfielen. Die Standorte wurden im Einzelnen aufgelistet. Darüber hinaus wurde beschlossen, es bei der bisherigen Vorgehensweise zu belassen und keine neuen Standorte zu genehmigen.
4Mit Schreiben vom 24. August 2012 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung eines Altkleidersammelcontainers auf der öffentlichen Verkehrsfläche an der I.----straße 151 im Stadtgebiet der Beklagten für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 31. März 2013.
5Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 20. November 2012 im Wesentlichen mit der Begründung ab: Sie habe einer ortsansässigen karitativen Einrichtung die entsprechende Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern auch für den Bereich der öffentlichen Verkehrsfläche, I.----straße 151, langfristig erteilt. Auf dieser Fläche befinde sich bereits ein Sammelcontainer. Es bestehe kein rechtlicher Grund, diesen Erlaubnisbescheid zu widerrufen. Diese Vorgehensweise habe einer Entscheidung des Umweltausschusses entsprochen, Altkleidersammelcontainer nur dort zuzulassen, wo sich bereits Altglassammelcontainer befänden. Innerhalb ihres Stadtgebiets sei somit der Bedarf an Altkleidersammelcontainern auf öffentlichen Verkehrsflächen gedeckt bzw. keine weitere Aufstellung auf anderen öffentlichen Verkehrsflächen möglich.
6Mit Schreiben vom 4. Dezember 2012 stellte die Klägerin neun weitere Anträge auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern auf der öffentlichen Verkehrsfläche verschiedener Straßen im Stadtgebiet der Beklagten jeweils für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2013. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 verwies die Beklagte auf den Ablehnungsbescheid vom 20. November 2012 und führte zur Begründung aus: Dieser Ablehnungsbescheid habe sich zwar auf den Standort I.----straße 151 bezogen. Er habe allerdings eine generelle Aussage zu der rechtlichen Situation innerhalb ihres gesamten Stadtgebiets enthalten. Der neue Antrag der Klägerin sei deshalb sachlich genauso zu betrachten, wie der bereits ablehnend beschiedene.
7Am 20. Dezember 2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie hinsichtlich der von ihr für die Aufstellung der Altkleidersammelcontainer ausgewählten Standorte Fotos vorgelegt, auf denen jeweils entweder auf Verkehrsflächen oder an diese angrenzend Sammelcontainer abgebildet sind und ausgeführt: Die Ablehnung ihrer Anträge mit der Begründung, die Standorte seien bereits langfristig an karitative Einrichtungen vergeben, reiche nicht aus. Sie werde dadurch auf Dauer von der Möglichkeit ausgeschlossen, im Stadtgebiet der Beklagten Altkleidersammelcontainer auf öffentlichen Flächen aufzustellen. Die von ihr ausgewählten Standorte lägen sämtlich im Bereich bereits aufgestellter Glascontainer. Sie bestreite, dass die Beklagte alle zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern zur Verfügung stehenden öffentlichen Verkehrsflächen bereits an eine karitative Organisation vergeben habe und dass eine langfristige Bindung an das DRK aufgrund ortsrechtlicher Beschlüsse vorliege. Ein straßenbauliches Konzept, wonach eine übermäßige Möblierung des öffentlichen Verkehrsraums vermieden werden solle, sei ihr nicht bekannt. Ein Abfallentsorgungskonzept nach § 21 KrWG bestehe nicht. Die Beklagte vergebe die relevanten Standplätze auch nicht nur an das DRK, sondern auch an die Malteser. Deshalb könne von einer Entsorgung „aus einer Hand“ keine Rede sein.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 20. November 2012 und vom 10. Dezember 2012 zu verpflichten, ihre Anträge auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen oder sonstigen Genehmigungen zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern im Stadtgebiet unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung hat die Beklagte ausgeführt: Bei dem Schreiben vom 10. Dezember 2012 handele es sich schon nicht um einen Verwaltungsakt. Es möge dahinstehen, ob an den beantragten Standorten – neben den dort vorhandenen Altglas- und Altkleidersammelcontainern – Platz für die Kleiderwertstoffboxen der Klägerin sei. Die Anträge der Klägerin seien nicht wegen Platzmangels abgelehnt worden, sondern aus den im Bescheid genannten Gründen (langfristige Bindung an das DRK bzw. ortsrechtliche Beschlüsse zur Vermeidung einer übermäßigen Möblierung des öffentlichen Verkehrsraums, keine Kleidercontainer anderer Anbieter zuzulassen). Auf das Vorliegen eine Abfallentsorgungskonzepts gemäß § 21 KrWG komme es nicht an. Zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen und sicheren Ablaufs der Altkleiderabfuhr sei es sinnvoll, die Entsorgung in „eine Hand“ zu geben. Damit sei die Bindung an eine bekannte und zuverlässige Hilfsorganisation zu erklären. Bei den gewerblichen Anbietern sei eine Entleerung der Boxen nicht gewährleistet. Es bestehe deshalb die Gefahr, dass Altkleider- oder Abfallsäcke vor den Containern abgelagert würden. Dies könne nicht nur das Stadtbild negativ beeinflussen, sondern auch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen. Außerdem habe die Klägerin schon mehrfach Altkleidersammelcontainer ohne Sondernutzungserlaubnis auf öffentlichen Verkehrsflächen abgestellt. Deshalb seien bereits mehrere Ordnungsverfügungen erlassen worden.
13Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei auch insoweit zulässig, als sie sich auf die Anträge vom 4. Dezember 2012 beziehe. Es könne offenbleiben, ob es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 10. Dezember 2012 um einen Verwaltungsakt handele; denn jedenfalls sei die Klage als Untätigkeitsklage zulässig. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Neubescheidung ihrer Anträge zu. Die Beklagte habe das ihr bei der Entscheidung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Es begegne keinen Bedenken, wenn die Beklagte die Gesamtzahl der Wertstoffcontainer begrenze. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte eine größere Zahl an Standorten als von ihr für sachgerecht gehalten zur Verfügung stelle. Auch ein Teilhabeanspruch der Klägerin an den vorhandenen Kapazitäten sei nicht verletzt worden. Soweit die Beklagte auf die ausschließliche Zulassung einer bestimmten karitativen Organisation verweise, stelle dies keine Verletzung der Rechte der Klägerin dar. Schließlich sei ein Werbenutzungsvertrag mit nur einem Bewerber zur Verhinderung einer Überfrachtung des Verkehrsraums mit Werbeanlagen ebenfalls zulässig. Bei Wertstoffcontainern könne angeführt werden, dass die Erteilung nur einer Konzession die Überwachung vereinfache und damit die Sauberkeit der Straße fördere. Selbst wenn die für die Übertragung des Rechts zur Textilverwertung als Dienstleistungskonzession maßgeblichen Kriterien zu berücksichtigen seien, könne keine Verletzung der Rechte der Klägerin festgestellt werden. Im Übrigen erfolge gegenwärtig keine Neuzulassung durch die Beklagte. Der Klägerin stehe auch deshalb kein Teilhabeanspruch zu, weil sie sich als unzuverlässig erwiesen habe.
14Die vom Senat zugelassene Berufung begründet die Klägerin wie folgt: Die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Sie unterhalte kein straßenbauliches Konzept, wonach die Vergabe von Sondernutzungserlaubnissen aus bestimmten straßenbaulichen Gesichtspunkten ausgeschlossen sei. Die Beklagte könne sich auch auf eine angebliche Ausschließlichkeitsvereinbarung nicht berufen. Denn auch anderen Unternehmen sei die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern im Stadtgebiet der Beklagten erlaubt. Die Beklagte habe keinen nachvollziehbaren Gesichtspunkt benannt, weshalb sie – die Klägerin – unter straßenbezogenen Gesichtspunkten anders behandelt werden solle als karitativ tätige Konkurrenzunternehmen. Sie sei als straßenrechtlich zuverlässig anzusehen. Im Übrigen habe sie in ihrem Betrieb spätestens seit Mai 2013 dafür Sorge getragen, dass keine Altkleidersammelbehälter mehr ohne die erforderliche Erlaubnis aufgestellt werden.
15Die Klägerin beantragt,
16festzustellen, dass die Ablehnung ihrer Anträge auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern im Stadtgebiet der Beklagten mit Bescheid vom 20. November 2012 und Schreiben vom 10. Dezember 2012 rechtswidrig und die Beklagte verpflichtet gewesen ist, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Zur Begründung wiederholt und vertieft die Beklagte die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil und führt ergänzend aus: Die Klägerin setze ihr rechtswidriges Verhalten bis in die jüngste Gegenwart fort. Sowohl Ende Dezember 2013 als auch im März 2014 habe die Klägerin wieder Altkleidersammelcontainer ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis aufgestellt. Es habe auch wieder eine entsprechende Ordnungsverfügung ergehen müssen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die im Berufungsverfahren nur noch als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterverfolgte Klage hat teilweise Erfolg. Die Ablehnung der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung eines Altkleidersammelcontainers mit Bescheid vom 20. November 2012 war rechtswidrig und hat die Klägerin in ihren Rechten verletzt (analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Die ablehnende Entscheidung vom 10. Dezember 2012 war ebenfalls rechtswidrig und hat die Klägerin in ihren Rechten verletzt, soweit die Beklagte die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen in Bezug auf die Standorte U.--straße /Am Gehöft, An der V. gegenüber Haus Nr. 52, M. Straße/S. -E. -Straße, An St. H. und Haus F1. /E1. -S1. -Allee abgelehnt hatte. Die Klägerin hatte im Zeitpunkt des Eintritts der Erledigung insoweit einen Anspruch auf Neubescheidung ihrer Anträge auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern. Im Übrigen war der ablehnende Bescheid vom 10. Dezember 2012 rechtmäßig; insoweit hatte die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt keinen Neubescheidungsanspruch.
23Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Bei den ablehnenden Bescheiden vom 20. November 2012 und vom 10. Dezember 2012 handelte es um Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG NRW. Hinsichtlich des Bescheids vom 20. November 2012 hat auch die Beklagte dies nicht in Frage gestellt. Die Entscheidung vom 10. Dezember 2012 erfüllt entgegen der Auffassung der Beklagten gleichermaßen die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts. Denn auch hierbei handelte es sich um eine auf unmittelbare Außenwirkung gerichtete Regelung von Einzelfällen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts im Sinne des Verwaltungsaktsbegriffs, wie er in § 35 Satz 1 VwVfG NRW definiert ist. Die Beklagte hatte mit dieser Entscheidung alle neun Anträge der Klägerin auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an neun Standorten unter Bezugnahme auf die rechtlichen Ausführungen in ihrem Bescheid vom 20. November 2012 abgelehnt.
24Die Klage ist auch als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Danach kann das Gericht die Rechtswidrigkeit eines ablehnenden Verwaltungsakts aussprechen, wenn sich der Verwaltungsakt nach Klageerhebung erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. So liegt es hier. Das mit der Klage verfolgte Begehren der Klägerin auf Neubescheidung ihrer Anträge hat sich nach Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt. Die Anträge der Klägerin zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern bezogen sich auf die inzwischen abgelaufenen Zeiträume vom 1. April 2012 bis zum 31. März 2013 bzw. vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2013. Die Klägerin hat unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Feststellungsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der ablehnenden Entscheidungen der Beklagten. Sie beabsichtigt, auch zukünftig entsprechende Anträge zu stellen und Altkleidersammelcontainer im Stadtgebiet der Beklagten aufzustellen. Die Klägerin muss auch in Zukunft damit rechnen, dass die Beklagte die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen mit gleichlautender Begründung ablehnt.
25Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch teilweise begründet. Die Ablehnung der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern mit Bescheid vom 20. November 2012 war vollumfänglich und mit Bescheid vom 10. Dezember 2012 teilweise rechtswidrig; die Klägerin hatte im Zeitpunkt des Eintritts der Erledigung einen Anspruch auf Neubescheidung ihrer auf die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an sechs Standorten gerichteten Anträge auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen.
26Rechtsgrundlage für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ist § 18 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW. Danach bedarf die Benutzung öffentlicher Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde.
27Die von der Klägerin gestellten Anträge auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen waren hinreichend bestimmt.
28Vgl. zur Bestimmtheit von Anträgen auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen: OVG NRW, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 11 A 1986/13 -, juris, Rn. 7 ff.
29Die Anträge, in denen die Klägerin hinsichtlich der dort aufgeführten Aufstellungsorte neben den Straßennamen unter dem Punkt „Ergänzungen/Bemerkungen“ weitere Angaben gemacht hatte, waren jedenfalls spätestens prüffähig, nachdem die Klägerin in ihrem im Klageverfahren am 6. März 2013 eingereichten Schriftsatz sämtliche Standorte präzisiert und zu diesen jeweils Fotos vorgelegt hatte.
30Die von der Klägerin ursprünglich begehrte Aufstellung von Altkleidersammelcontainern stellt eine Sondernutzung dar.
31Vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Oktober 1996 - 23 B 2398/96 -, NVwZ-RR 1997, 384 f. = juris, Rn. 5 ff., und vom 15. Juli 1999 - 23 B 334/99‑, NWVBl. 2000, 216 (217) = juris, Rn. 11.
32Die im Bescheid vom 20. November 2012 angestellten Erwägungen der Beklagten waren fehlerhaft; die Ermessenserwägungen im Bescheid vom 10. Dezember 2012 waren teilweise fehlerhaft.
33Die Sondernutzungserlaubnis wird auf Grund einer Ermessensentscheidung erteilt (vgl. § 18 Abs. 2 StrWG NRW). Das der Behörde eingeräumte Ermessen ist entsprechend dem Zweck der Vorschrift unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen, insbesondere des Gebots der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), auszuüben (§ 40 VwVfG NRW). Die gerichtliche Kontrolle der Ermessensentscheidung beschränkt sich auf die Einhaltung dieses rechtlichen Rahmens (§ 114 Satz 1 VwGO). Dabei sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässig nachgeschobene Ermessenserwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO vom Gericht zu berücksichtigen.
34Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung setzt zunächst voraus, dass der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt werden.
35Vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 15. Auflage 2014, § 40 Rn. 80.
36Im Rahmen der Ermessenausübung liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor, wenn die Behörde eine ihr Ermessen bindende ständige Verwaltungspraxis im Einzelfall unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht beachtet.
37Vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 15. Auflage 2014, § 40 Rn. 42, m. w. N.
38Für die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung genügt es grundsätzlich, wenn bei einer auf mehrere Gründe gestützten Ermessensentscheidung nur einer der herangezogenen Gründe sie trägt, es sei denn, dass nach dem Ermessen der Behörde nur alle Gründe zusammen die Entscheidung rechtfertigen sollen.
39Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1981 - 1 C 169.79 -, BVerwGE 62, 215 (222) = juris, Rn. 22, m. w. N.
40Entsprechend dem Zweck des § 18 Abs. 2 StrWG NRW hat sich die behördliche Ermessensausübung an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen Gründen können insbesondere zählen ein einwandfreier Straßenzustand (Schutz des Straßengrundes und des Zubehörs), die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (etwa Schutz vor Abgasen, Lärm oder sonstigen Störungen) oder Belange des Straßen- und Stadtbildes, d. h. baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße (Vermeidung einer „Übermöblierung“ des öffentlichen Straßenraumes, Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes und Ähnliches).
41Vgl. OVG NRW Beschlüsse vom 2. August 2006 ‑ 11 A 2642/04 -, NWVBl. 2007, 64 (65), und vom 1. Juli 2014 - 11 A 1081/12 -, NVwZ-RR 2014, 710 (711) = juris, Rn. 8 f., m. w. N.
42Die Frage, ob die Sondernutzung durch einen Altkleidersammelcontainer eines gemeinnützigen oder gewerblichen Aufstellers geschieht, ist straßenrechtlich ohne Belang. Das Sondernutzungsrecht ist im Grundsatz wirtschafts- und wettbewerbsneutral.
43Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juli 2014 - 11 A 1081/12 -, NVwZ-RR 2014, 710 (711) = juris, Rn. 10.
44Straßenrechtlich zu beanstanden sind etwa rein subjektive oder geschäftsbezogene Merkmale. So fehlt auch dem im Marktrecht entwickelten Grundsatz „bekannt und bewährt“ der straßenrechtliche Bezug.
45Vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18. März 2014 - 5 S 348/13 -, NVwZ-RR 2014, 539 (541), m. w. N. = juris, Rn. 38; VG Gießen, Urteil vom 14. Dezember 2000 - 10 E 31.00 -, NVwZ-RR 2001, 436 = juris.
46Die Zuverlässigkeit ist grundsätzlich ebenfalls ein subjektives Merkmal, das einen straßenrechtlichen Bezug nicht aufweist. Etwas anderes kann im Einzelfall ausnahmsweise dann gelten, wenn die Behörde die Ablehnung der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis etwa auf den straßenbezogenen Gesichtspunkt stützt, die Sicherheit des Straßenverkehrs sei im Falle der Erteilung der Erlaubnis an den betreffenden Antragsteller mit Blick auf dessen Verhalten nicht gewährleistet. Allerdings ist eine Berufung darauf in der Regel nur dann gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der betreffende Antragsteller sich nicht an etwaige mit der Sondernutzungserlaubnis verbundene Auflagen oder Bedingungen halten wird.
47Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 28. August 2014 - 11 A 1132/13 -.
48Gegen die Begrenzung der Anzahl von Aufstellungsorten von Containern aufgrund eines Beschlusses eines Ausschusses des Rats - wie hier des Ausschusses für Landschaftspflege und Umweltschutz - ist nichts zu bedenken. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 GO NRW ist der Rat für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. § 41 Abs. 1 Satz 2 GO NRW legt diejenigen Angelegenheiten fest, die der Rat nicht übertragen kann. Im Übrigen kann der Rat die Entscheidung über bestimmte Angelegenheiten auf Ausschüsse oder den Bürgermeister übertragen und ferner die Ausschüsse ermächtigen, in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs die Entscheidung dem Bürgermeister zu übertragen (§ 41 Abs. 2 GO NRW). Bei der Festlegung der Anzahl sowie der Standorte von Wertstoffcontainern handelt es sich um keine in § 41 Abs. 1 Satz 2 GO NRW aufgeführte Angelegenheit. Die Übertragung dieser Angelegenheit aufgrund der Zuständigkeitsordnung für die Ausschüsse des Rates der Stadt H1. (Zuständigkeitsverordnung) ist deshalb zulässig. Nach Nr. 4 a) der Zuständigkeitsverordnung fällt diese Angelegenheit in den Zuständigkeitsbereich des tätig gewordenen Ausschusses für Landschaftspflege und Umweltschutz. Danach beschließt dieser Ausschuss u. a. über die Abfallwirtschaft. Die Frage, wie viele Altkleidersammelcontainer an welchen Standorten im Stadtgebiet aufgestellt werden sollen, ist eine Angelegenheit der Abfallwirtschaft. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, hierfür ein Abfallwirtschaftskonzept nach § 21 KrWG zu erstellen. Nach dieser Vorschrift haben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Sinne des § 20 KrWG Abfallwirtschaftskonzepte zu erstellen. Die Beklagte ist als kreisangehörige Stadt kein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger in diesem Sinne (vgl. § 5a LAbfG).
49Der Festlegung auf die Anzahl und die Standorte der Altkleidersammelcontainer fehlt auch nicht der straßenrechtliche Bezug. Denn diese dient der Vermeidung einer „Übermöblierung“ des öffentlichen Straßenraums und damit einem straßenrechtlichen Belang.
50Grundsätzlich ist es nicht ermessensfehlerhaft, Anträge auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen mit der Begründung abzulehnen, für die beantragte Fläche sei bereits einem Dritten eine Sondernutzungserlaubnis erteilt worden. Für dieselbe öffentliche Straßenfläche kann nur eine Sondernutzungserlaubnis vergeben werden. Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 StrWG NRW darf diese Erlaubnis nur auf Zeit oder Widerruf erteilt werden. Ist der Zeitraum, für den die Sondernutzungserlaubnis an einen Dritten erteilt worden ist, noch nicht abgelaufen, ist es in aller Regel ermessensfehlerfrei, den Antrag mit Blick auf diesen Umstand abzulehnen. Ist für die beantragte Fläche bereits eine unbefristete Erlaubnis erteilt, bedürfte es eines Widerrufs der dem Dritten erteilten Erlaubnis. Ein subjektives Recht darauf, dass die einem Dritten erteilte Sondernutzungserlaubnis widerrufen wird, besteht aber grundsätzlich nicht. Denn § 18 Abs. 1 StrWG NRW vermittelt nach der Rechtsprechung des Senats keinen Drittschutz.
51Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. Juli 2014 - 11 B 553/14 -, juris, Rn. 4 ff., m. w. N.
52Treffen für ein- und dieselbe Straßenfläche mehrere Anträge unterschiedlicher Nutzer zusammen, hat die Behörde eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung zu treffen. Sind diese Anträge bezogen auf ein- und dieselbe Straßenfläche in zeitlicher Hinsicht nacheinander gestellt, kann das Prioritätsprinzip eine legitimes Auswahlkriterium sein, wenn andere, im konkreten Fall bessere Kriterien nicht zur Verfügung stehen.
53Vgl. hierzu Bay. VGH, Urteil vom 23. Juli 2009 - 8 B 08.3282 -, BayVBl. 2010, 306 (308) = juris, Rn. 39, m. w. N.; nachfolgend BVerwG, Beschluss vom 20. April 2010 - 3 B 80.09 -, juris, Rn. 6.
54Da Schutzzweck der Erlaubnis für die Sondernutzung an Straßengelände auch das öffentlich-rechtliche Bedürfnis sein kann, zeitlich und örtlich gegenläufige Interessen verschiedener Straßenbenutzer (Verteilungs- und Ausgleichsfunktion) auszugleichen, kann im Rahmen der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen beim Zusammentreffen solcher gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer bezogen auf dieselbe Straßenfläche auch ein entsprechender Interessensausgleich erforderlich werden.
55Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. August 1980 ‑ 7 B 155.79 -, NJW 1981, 472 = juris, Rn. 4, und vom 20. April 2010 - 3 B 80.09 -, juris, Rn. 6.
56Soweit als Schutzzweck auch das öffentlich-rechtliche Bedürfnis des Ausgleichs gegenläufiger Nutzungsinteressen genannt wird, sind damit nicht nur unterschiedliche Nutzungen verschiedener Straßenbenutzer,
57so aber Bay. VGH, Urteil vom 23. Juli 2009 - 8 B 08.3282 -, BayVBl. 2010, 306 (307) = juris, Rn. 36, m. w. N., der diesen Schutzzweck nur auf unterschiedliche Nutzungen an ein- und derselben Straßenfläche als erfüllt ansieht; nachfolgend BVerwG, Beschluss vom 20. April 2010 - 3 B 80.09 -, juris, Rn. 8,
58sondern auch gleichartige Nutzungen verschiedener Straßenbenutzer gemeint.
59Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18. März 2014 - 5 S 348/13 -, NVwZ-RR 2014, 539, = juris, in Bezug auf das Begehren von zwei Gaststätteninhabern gerichtet auf die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für dieselbe Straßenfläche.
60Denn sobald Sondernutzungsinteressen an einer bestimmten Straßenfläche entstehen, treffen – unabhängig davon, ob es sich um gleichartige oder verschiedene Sondernutzungsinteressen handelt – grundsätzlich gegenläufige Nutzungsinteressen aufeinander, die im Rahmen der Prüfung, ob und an wen eine Sondernutzungserlaubnis zu erteilen ist, einen Interessenausgleich erforderlich machen können.
61Diese Ausgleichs- und Verteilungsfunktion der Sondernutzungserlaubnis kann bei entsprechender Ermessenshandhabung und Abwägung der gegenseitigen Belange durch die Erlaubnisbehörde auch unabhängig von den Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs zu einer räumlichen und (oder) zeitlichen Begrenzung bestimmter Sondernutzungen führen. Allerdings dürfen auch im Rahmen des „Verteilungsermessens“ nicht solche Belange herangezogen werden, die überhaupt keinen Bezug zum Bestand und zur Nutzung der Straße haben, also keine straßenbezogenen Belange mehr darstellen. Was insoweit sachlich gerechtfertigt ist, bestimmt sich nach dem allgemeinen Gleichheitssatz unter Berücksichtigung des Lebenssachverhalts, in dessen Rahmen das Ermessen ausgeübt wird. So dürfen etwa rein subjektive oder geschäftsbezogene Merkmale im spezifisch straßenrechtlichen Ermessensprogramm nicht berücksichtigt werden. Differenzierungsgründe können demnach weder die Gemeinnützigkeit einzelner Sammelunternehmer noch der im Marktrecht entwickelte Grundsatz „bekannt und bewährt“ sein. Dagegen sind auf den Straßenkörper bezogene oder mit dem Widmungszweck im Zusammenhang stehende Erwägungen zulässig.
62Vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18. März 2014 - 5 S 348/13 -, NVwZ-RR 2014, 539 (541), m. w. N. = juris, Rn. 38; VG Gießen, Urteil vom 14. Dezember 2000 - 10 E 31.00 -, NVwZ-RR 2001, 436 (438 f.) = juris, 47 f.
63Die von der Beklagten im Bescheid vom 10. Dezember 2012 getroffene Entscheidung hält einer an den aufgeführten Grundsätzen orientierten Prüfung in Bezug auf die auf die Standorte F. Haus/E1. -S1. -Allee, U.--straße /Am H2. , An der V. gegenüber Haus Nr. 52, M. Straße/S. -E. -Straße und An St. H. gerichteten Anträge der Klägerin nicht stand.
64Die Beklagte hatte im Rahmen ihrer Ermessensausübung den ihrer Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt offenbar weder vollständig ermittelt noch alle wesentlichen Umstände berücksichtigt. Sie hatte die Ablehnung der Anträge u. a. mit dem im Klageverfahren nachgeschobenen Hinweis auf die „langfristige Bindung an das DRK bzw. ortsrechtliche Beschlüsse, zur Vermeidung einer übermäßigen Möblierung des öffentlichen Verkehrsraums“ begründet. Dabei hatte sie die „langfristige Bindung“ auch an den Malteser Hilfsdienst außer Acht gelassen. Ferner hat sie nicht berücksichtigt, dass offenbar Sondernutzungserlaubnisse jedenfalls für mindestens zwei von der Klägerin in ihren Anträgen aufgeführten Standorten vergeben worden waren, die in dem Beschluss des Ausschusses für Landschaftspflege und Umweltschutz vom 30. November 2011 nicht als Standorte für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern aufgeführt waren. Der Standort F. Haus/E1. -S1. -Allee ist in dem Beschluss jedenfalls nicht als Standort für den Malteser Hilfsdienst vermerkt, der dort nach Angaben der Klägerin und ausweislich des von ihr zu den Akten gereichten Fotos Nr. 7 (Blatt 52 der Gerichtsakte) einen Altkleidersammelcontainer aufgestellt hatte. Gleiches gilt auch für den Standort I.----straße 151, auf den sich der Antrag vom 24. August 2012 bezog und auf dem sich nach Angaben der Klägerin sowie ausweislich des von ihr vorgelegten Fotos Nr. 0 (Blatt 45 der Gerichtsakte) ein Altkleidersammelcontainer des DRK befand. Auch dieser Standort findet sich nicht in der Auflistung des Beschlusses des Ausschusses über die Standorte für die Aufstellung von Containern.
65Soweit die Vertreter der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt haben, der Standort F. Straße/E1. -S1. -Allee sei ihnen nicht als Aufstellungsort für einen Altkleidersammelcontainer des Malteser Hilfsdiensts bekannt, ändert dies nichts an der Feststellung, die Beklagte habe ihr Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt. Dies belegt vielmehr im Gegenteil, dass die für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung erforderliche Ermittlung des Sachverhalts nicht vollständig stattgefunden hat und demzufolge nicht alle wesentlichen Umstände Berücksichtigung gefunden haben.
66Nichts anderes gilt auch in Bezug auf den Hinweis der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, der Standort I.----straße 151 habe den in dem Beschluss des Ausschusses vom 30. November 2011 aufgeführten Standort C.----straße (O. ) ersetzt. Dieser Standortwechsel beruhte nicht auf einem Beschluss des zuständigen Ausschusses. Im Ergebnis hat die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensausübung der Klägerin eine Entscheidung des zuständigen Ausschusses entgegengehalten, die sie selbst nicht vollständig umgesetzt hatte.
67Im Übrigen hat die Beklagte zuvor den Standortwechsel weder geltend gemacht noch etwaige diese Behauptung belegende Unterlagen vorgelegt. Abgesehen davon können diese Erwägungen, ungeachtet der Frage, ob ein Nachschieben im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO hier überhaupt zulässig gewesen wäre, ohnehin keine Berücksichtigung mehr finden, weil sich die angegriffenen Verwaltungsakte erledigt haben.
68Diese von der Beklagten nicht berücksichtigten Umstände wären aber mit Blick auf den von ihr bei der Ermessensausübung zu beachtenden Gleichbehandlungsgrundsatz mit in die Erwägungen einzustellen gewesen. Denn jedenfalls hatte die Beklagte auch an andere Anbieter als an das DRK Sondernutzungserlaubnisse erteilt und darüber hinaus offenbar auch außerhalb der durch den Ausschuss festgelegten Standorte die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern zugelassen.
69Die Beklagte konnte sich in diesem Zusammenhang, weil sie dem DRK und dem Malteser Hilfsdienst Sondernutzungserlaubnisse erteilt hat, auch nicht auf einen eine unterschiedliche Behandlung der Klägerin und dieser beiden Organisationen rechtfertigenden sachlichen Grund, nämlich „die Entsorgung“ der Altkleider wegen der effektiven Möglichkeit der straßenrechtlichen Überwachung ausschließlich „in ‚eine Hand‘ zu geben“, berufen. Unabhängig davon, ob die in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung zitierte Rechtsprechung des Senats zu Werbenutzungsverträgen
70- vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 6. Juni 1990 ‑ 23 A 2104/87 -, EStNW 1991, und Beschluss vom 14. Februar 2000 - 11 A 3887/96 -, juris, wonach die Gemeinde das ihr durch § 18 StrWG NRW eingeräumte Ermessen bei der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen von Plakaten durch einen Werbenutzungsvertrag dahingehend binden darf, dass sie ausschließlich ihrem Vertragspartner Sondernutzungserlaubnisse für Werbemaßnahmen erteilt ‑
71auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar ist, kann hier nicht von einer Ausschließlichkeitsvereinbarung mit einem Unternehmen im Sinne dieser Rechtsprechung ausgegangen werden. Denn beim DRK und dem Malteser Hilfsdienst handelt es sich um verschiedene (juristische) Personen und nicht um „eine Hand“, mit der eine entsprechende Ausschließlichkeitsvereinbarung getroffen worden ist. Insofern sieht sich der Senat anlässlich dieses Verfahrens auch nicht zu einer Überprüfung dieser Rechtsprechung veranlasst.
72Die Unzulässigkeit von derartigen Werbenutzungsverträgen nehmen an: Bay. VGH, Urteil vom 29. Oktober 2008 - 8 B 05.1468, 8 B 05.1471 -, BayVBl. 2009, 661 = juris; Hess. VGH, Urteil vom 21. September 2005 - 2 UE 2140/02 -, juris, Rn. 22.
73Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte auch an andere Anbieter als an das DRK Sondernutzungserlaubnisse erteilt und darüber hinaus auch außerhalb der durch den Ausschuss festgelegten Standorte die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern zugelassen hatte, bestehen auch hinsichtlich der Ablehnung der auf die Standorte U.--straße /Am H2. , An der V. gegenüber Haus Nr. 52, M. Straße/S. -E. -Straße und An St. H. gerichteten Anträge rechtliche Bedenken. Diese Standorte waren auf der Grundlage des für die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung relevanten (vor Eintritt der Erledigung gegebenen) Sachverhalts - wie die Standorte F. Haus/E1. -S1. -Allee und I.----straße 151, auf denen Altkleidersammelcontainer des Malteser Hilfsdiensts bzw. des DRK abgestellt waren - nicht in dem Beschluss des Ausschusses aufgeführt. Dort befanden sich nach den Angaben der Klägerin und ausweislich der von ihr zu den Akten gereichten Fotos Nrn. 1, 2, 4 und 9 (Blätter 46, 47, 49 und 54 der Gerichtsakte) jeweils bereits Altglassammelcontainer. Da es nach Angaben der Beklagten einer Entscheidung des Ausschusses entspreche, Altkleidersammelcontainer nur dort zuzulassen, wo sich bereits Altglassammelcontainer befänden, dürfte es sich bei diesen Aufstellungsorten jedenfalls nicht um solche gehandelt haben, die von vornherein als nicht berücksichtigungsfähig aus dem Ermessensprüfungsprogramm herausfallen konnten. Die Beklagte hätte mithin bei ihrer Entscheidung berücksichtigen müssen, ob auch diese Standorte für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainer in Betracht gekommen wären, vor allem aber, ob der Klägerin wegen der Zulassung von Altkleidersammelcontainern des DRK und des Malteser Hilfsdienstes auf anderen als vom Ausschuss für die Altkleidersammlung festgelegten Wertstoffsammelcontainerstandorten mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz ein Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis hätte zustehen können.
74Die ablehnende Entscheidung vom 10. Dezember 2012 war hinsichtlich der auf die Standorte Kloster M1. bzw. Schloss M1. (Foto Nr. 3, Blatt 45 der Gerichtsakte), S. -E. -Straße/S2. Straße (Foto Nr. 5, Blatt 50 der Gerichtsakte), I1. -Straße (Foto Nr. 6, Blatte 51 der Gerichtsakte) und E1. -S1. -Allee (Foto Nr. 8, Blatt 8 der Gerichtsakte) gerichteten Anträge der Klägerin nicht fehlerhaft.
75Die von der Beklagten angeführten Gesichtspunkte, die Aufstellungsorte seien bereits an karitative Einrichtungen vergeben, sind im Ergebnis nicht zu beanstanden. Für die aufgrund des Beschlusses des Ausschusses vorgesehenen Aufstellungsorte sind bereits Sondernutzungserlaubnisse erteilt. Jeden Aufstellungsort kann die Beklagte nur einmal vergeben. Der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Klägerin umfasst auch nicht den Anspruch auf Widerruf der erteilten Sondernutzungserlaubnisse. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass - trotz Wettbewerbsneutralität des Straßenrechts - nur karitative Einrichtungen im Besitz von Sondernutzungserlaubnissen für diese Aufstellungsorte sind. Denn diese Sondernutzungserlaubnisse sind nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten, lange bevor die Klägerin ihre Anträge gestellt hatte, erteilt worden. Etwas anderes hätte gelten können, wenn die Anträge der Klägerin und der karitativen Einrichtungen in Bezug auf diese Aufstellungsorte zeitgleich zusammengetroffen wären. Dann wäre die Ablehnung der Anträge der Klägerin unter Berufung auf die Gemeinnützigkeit oder die Bindung an eine „bekannte und zuverlässige“ karitative Einrichtung ermessensfehlerhaft gewesen, weil diesen Kriterien der straßenrechtliche Bezug fehlt.
76Soweit die Beklagte in Bezug auf diese Standorte - trotz vorhandenen Platzes - die Zulassung weiterer Container abgelehnt hatte, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden. Denn die durch den Beschluss des Ausschusses festgelegte Begrenzung der Anzahl von Altkleidersammelcontainern auf diesen Standorten diente der Vermeidung der Übermöblierung des öffentlichen Straßenraums und hatte damit den erforderlichen straßenrechtlichen Bezug.
77Ausgehend von den oben aufgeführten Grundsätzen war die Ablehnung der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis im Bescheid vom 20. November 2012 mit der Begründung, für den beantragten Aufstellungsort I.----straße 151 sei einer karitativen Einrichtung bereits eine Sondernutzungserlaubnis erteilt worden, fehlerhaft. Zwar kann die Beklagte einen bestimmten Standort auf der öffentlichen Verkehrsfläche nur einmal vergeben. Zu dem Standort I.----straße 151 verhielt sich der Beschluss des Ausschusses für Landschaftspflege und Umweltschutz vom 30. November 2011 aber - wie oben bereits dargelegt - im für die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung relevanten Zeitraum nicht. Insoweit gab es deshalb auch keine Festlegung der Begrenzung der Anzahl der Container durch den Ausschuss betreffend diesen Standort. Die Beklagte hatte in Bezug auf diesen Standort auch ansonsten nicht geltend gemacht, der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis der Klägerin stünde der straßenbezogene Belang der Übermöblierung entgegen. Mit Blick darauf, dass sie dem DRK aber für diesen Standort offenbar eine Sondernutzungserlaubnis erteilt hatte, hätte sie bei ihrer Ermessensausübung auch insoweit einen etwaigen Anspruch der Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit einer ihr Ermessen möglicherweise bindenden Verwaltungspraxis zumindest berücksichtigen müssen.
78Die Berufung auf die Unzuverlässigkeit der Klägerin rechtfertigte ebenfalls nicht die Ablehnung ihrer Anträge. Die Frage der Zuverlässigkeit des Antragstellers zählt regelmäßig nicht zum straßenrechtlichen Prüfungsprogramm. Dass hier ausnahmsweise was anderes gegolten hat, weil konkrete Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass die Klägerin sich an mit einer Sondernutzungserlaubnis etwa zur Gewährleistung der Sicherheit des Straßenverkehrs oder zum Schutze des Straßenbildes verbundene Auflagen nicht gehalten hätte, hatte die Beklagte nicht geltend gemacht. Sie hat zwar vorgetragen, gegen die Klägerin seien immer wieder bis in die jüngste Zeit Ordnungsverfügungen wegen des unerlaubten Aufstellens von Altkleidersammelcontainern ergangen. Allerdings hat die Klägerin allein dadurch nicht die Erforderlichkeit einer Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von Altkleidercontainern in Frage gestellt, ansonsten hätte sie wohl weder Sondernutzungsanträge gestellt noch dieses Verfahren durchgeführt. Insbesondere hat sie gegenüber der Beklagten aber auch nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie sich an etwaige mit den begehrten Sondernutzungserlaubnissen verbundene Auflagen nicht halten werde. In diesem Zusammenhang vermag auch die Bezugnahme der Beklagten auf ein Schreiben der Klägerin vom 11. Dezember 2012 an die Stadt S3. ihr Argument, die Klägerin sei (straßenrechtlich) unzuverlässig, nicht zu stützen. Dieses an eine andere Kommune gerichtete Schreiben ist für die Beurteilung des Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten - wie diese selbst einräumt - irrelevant.
79Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
80Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
81Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.
(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.
(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.
(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.
(4) Sichere Übermittlungswege sind
- 1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt, - 2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.
(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.
(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.
(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.
(4) Sichere Übermittlungswege sind
- 1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt, - 2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.
(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.