Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 28. Juli 2016 - 23 L 1676/16
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selber trägt.
2. Der Streitwert wird auf € 5.000,00 festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Der zulässige Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage 23 K 6224/16 gegen die Baugenehmigung vom 04.12.2015 zur Aufstockung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück S.------straße 00 (Gemarkung X. , Flur 0, Flurstück 000/0) in L. anzuordnen,
4ist unbegründet.
5Das Gericht ordnet gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2, § 80 Abs. 5 VwGO die nach § 212a Abs. 1 BauGB entfallende aufschiebende Wirkung der Klage des Nachbarn dann an, wenn dessen Interesse, von der Bauausführung vorerst verschont zu bleiben, schwerer wiegt als das Interesse des Bauherrn, die Baugenehmigung sofort auszunutzen. Diese Entscheidung bestimmt sich nach den Erfolgsaussichten der Klage. Die Klage der Antragstellerin wird voraussichtlich keinen Erfolg haben, weil die streitige Baugenehmigung sie nicht in eigenen Rechten verletzt.
6Gegen eine Baugenehmigung kann sich ein Nachbar nur wehren, wenn das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts verstößt und ein Dispens von diesen Vorschriften nicht erteilt ist bzw. wegen nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Die verletzten Normen müssen nicht nur die Interessen der Allgemeinheit, sondern zumindest auch Individualinteressen des Nachbarn schützen.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 09.03.2007 – 10 B 2675/06 –, juris, Rz. 4.
8Ob sich das Vorhaben der Beigeladenen gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB nach dem Maß der baulichen Nutzung und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, ist jenseits des Rücksichtnahmegebots nachbarrechtlich unerheblich.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.08.2012 – 2 B 983/12 –, juris, Rz. 12.
10Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wird das in § 34 Abs. 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme
11– vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 06.12.1996 – 4 B 215.96 –, juris, Rz. 9 m.w.N. –
12durch das Vorhaben nicht zulasten ihres Grundstücks verletzt. Im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung kann sich ein Vorhaben dann mit dem Rücksichtnahmegebot als nicht vereinbar erweisen, wenn es eine erdrückende Wirkung hat.
13Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18.10.2011 – 10 A 26/09 –, juris, Rz. 58 f. m.w.N.
14Angesichts einer Firsthöhendifferenz von 2,21 m (oder 2,11 m, vgl. Bl. 2.4 der Beiakte 1) zwischen dem Vorhaben der Beigeladenen und dem Wohnhaus auf dem Grundstück der Antragstellerin liegt eine erdrückende Wirkung offenkundig nicht vor.
15Vgl. zu von der Rechtsprechung angenommenen sowie verneinten Verstößen gegen das Rücksichtnahmegebot: VG Köln , Beschluss vom 16.08.2013 – 23 L 909/13 –, juris, Rz. 39 ff.
16Auch wird das Rücksichtnahmegebot nicht in sonstiger Weise zu ihren Lasten verletzt. In einem bebauten innerstädtischen Gebiet müssen Nachbarn hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu einer gewissen Verschattung oder Einsichtnahme des eigenen Grundstücks kommt.
17Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.01.2014 – 7 A 1776/13 –, Rz. 7 ff. und vom 18.02.2014 – 7 B 1416/13 –, juris, Rz. 11.
18Eine Verschattung oder Einsichtnahmemöglichkeit unzumutbaren Ausmaßes sind weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich.
19Im Übrigen sind die nach § 6 BauONRW notwendigen Abstandsflächen gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin deutlich eingehalten. Diese Abstandsflächen dienen gerade dem nachbarlichen Ausgleich unter den Gesichtspunkten „Belichtung, Belüftung und Sozialabstand“.
20Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, 3 VwGO. Der Beigeladenen konnten keine Kosten auferlegt werden, da sie keinen Antrag gestellt und sich somit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
21Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für die Antragstellerin ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG). Das Gericht orientiert sich insoweit in ständiger Rechtsprechung an den Ziffern 7. a) und 12. a) des Streitwertkataloges der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17.09.2003 (BauR 2003, 1883).
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 28. Juli 2016 - 23 L 1676/16
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 28. Juli 2016 - 23 L 1676/16
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 28. Juli 2016 - 23 L 1676/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.
(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 3.750,00 festgesetzt.
1
Gründe
2I.
3Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung zweier Mehrfamilien-Doppelhaushälften.
4Die Antragsteller sind Eigentümer eines im Jahre 1983 genehmigten eingeschossigen Einfamilienhauses auf dem Grundstück B.-------straße 00, Gemarkung G. , Flur 00, Flurstück 0000 (infolge Teilung hervorgegangen aus dem ehemaligen Flurstück 0000). Bei Genehmigung befanden sich bereits im rückwärtigen Bereich des Wohnhauses eine im Jahre 1972 errichtete Halle einer KFZ-Reparaturwerkstatt sowie eine im Jahre 1973 errichtete Doppelgarage, deren Tore an der von der B.-------straße abgewandten südlichen Garagenwand liegen. Die Halle hat in der Folge eine Reihe von Nutzungsänderungen erfahren. Mit Baugenehmigung vom 10.05.2001 genehmigte die Antragsgegnerin eine Nutzung als Ausstellungshalle mit Büroräumen und zehn Stellplätzen, von denen vier westlich des Einfamilienhauses und sechs weitere dahinter vorgesehen waren. Eine Baugenehmigung vom 21.02.2002 für einen Anbau an diese Halle sowie insgesamt 14 Stellplätze ist im Jahre 2005 erloschen. Die Halle besteht heute nicht mehr.
5Am 25.08.2006 erteilte die Antragsgegnerin gegenüber Frau E. W. -L. eine Baugenehmigung zum Neubau von zwei dreigeschossigen Mehrfamilien-Doppelhaushälften mit Pultdächern und je sechs Wohneinheiten sowie insgesamt zwölf Stellplätzen auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück B.-------straße 00, Gemarkung G. , Flur 00, Teil aus Flurstück 0000. Es handelt sich um den Grundstücksteil (heute Flurstück 0000), auf dem die ehemalige Halle gestanden hat. Von den zwölf Stellplätzen sind zehn an der östlichen Grenze und zwei weitere an der nördlichen Grenze zum Grundstück der Antragsteller geplant. Auf deren Grundstück liegt teilweise die Abstandfläche Nr. 00 des Vorhabens. Zu Lasten der Teilfläche, aus der das Flurstück 0000 hervorgegangen ist, bewilligte Frau E. W. -L. hinsichtlich der Abstandfläche Nr. 00 am 29.08.2006 die Eintragung einer Baulast ins Baulastenverzeichnis der Antragsgegnerin. Die Baulast wurde entsprechend eingetragen.
6Auf Antrag der ehemaligen Eigentümerin wurde das Flurstück 0000 im Jahre 2007 in die Flurstücke 0000, heute im Eigentum der Antragsteller, und 0000, das heutige Baugrundstück, aufgeteilt. Die Lage der beiden Grundstücke zueinander stellt sich folgendermaßen dar (die ehemalige Halle auf Flurstück 0000 ist noch, die Doppelgarage im südwestlichen Bereich des Flurstücks 0000 hingegen nicht dargestellt.):
78Beide Grundstücke werden ausschließlich über die B.-------straße im Norden erschlossen. Der Abstand zwischen dem Vorhaben und dem Einfamilienhaus beträgt ca. 13 m.
9Mit notariellem Kaufvertrag vom 20.03.2009 veräußerte Frau E. W. -L. das Eigentum an dem Flurstück 0000 an die Antragsteller. Am 01.09.2009 wurde das Eigentum im Grundbuch umgeschrieben. In Ziffer VI. 2 des Kaufvertrages heißt es u.a.: „Die Abstandsbaulast bezüglich des Flurstücks ist dem Käufer bekannt. Der Notar hat das Baulastenverzeichnis nicht eingesehen. Weiter ist ihm bekannt, dass die Fertiggarage derzeit nur als Speicherraum genutzt werden kann, da eine Zufahrt nicht möglich ist.“
10Die streitgegenständliche Baugenehmigung wurde durch Bescheide vom 28.10.2009, vom 02.11.2010, vom 09.09.2011 und zuletzt durch Bescheid vom 27.08.2012 bis zum 25.08.2013 verlängert.
11Das Flurstück 0000 ging im Jahre 2010 zunächst ins Eigentum eines Herrn N. L. über. Die Auflassung gegenüber den Beigeladenen erfolgte Mitte 2012, im Februar 2013 wurden sie als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen.
12Zum 19.02.2013 zeigten die Beigeladenen gegenüber der Antragsgegnerin den Baubeginn an.
13Am 24.06.2013 haben die Antragsteller Klage (23 K 3917/13) gegen die Baugenehmigung erhoben und den vorliegenden Antrag gestellt. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, die Baugenehmigung, die ihnen erst am 13.06.2013 bekannt gegeben worden sei, verletze sie in ihren Nachbarrechten. Diese seien nicht verwirkt. Die Genehmigung sei zum einen zu ihren Lasten unbestimmt, da die Abstandfläche Nr. 00 auf verschiedenen Bauvorlagen unterschiedliche Maße aufweise. Zum anderen verstoße die Anordnung von zehn Stellplätzen unmittelbar entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze und von zwei weiteren Stellplätzen jenseits der rückwärtigen Grenze ihres Grundstücks gegen § 51 Abs. 7 BauO NRW. Schließlich sei das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, da das Vorhaben ihrem Grundstück gegenüber eine erdrückende und verschattende Wirkung entfalte und zu ihrem Nachteil Einsichtnahmemöglichkeiten schaffe.
14Die Antragsteller beantragen,
15die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (23 K 3917/13) gegen die Baugenehmigung vom 25.08.2006 anzuordnen,
16Die Antragsgegnerin beantragt,
17den Antrag abzulehnen.
18Zur Begründung führt sie aus, es bestünden bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Klage, da die Antragsteller durch den Kauf des Grundstücks in die Rechte und Pflichten der Rechtsvorgängerin eingetreten seien. Im Übrigen seien Nachbarrechte nicht verletzt. Die Lage der Abstandfläche Nr. 00 sei aufgrund der eingetragenen Baulast hinzunehmen. Die Baugenehmigung sei auch nicht unbestimmt, da Inhalt, Reichweite und Umfang des Vorhabens aus den mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen erkennbar seien. Gegen § 51 Abs. 7 BauO NRW werde nicht verstoßen, da die Stellplätze nahe der Straße untergebracht seien. Eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Einsichtnahmemöglichkeiten entstünden nicht.
19Die Beigeladenen beantragen,
20den Antrag abzulehnen.
21Sie machen geltend, den Antragstellern sei die Baugenehmigung durch den seinerzeitigen Verkäufer bei Erwerb des Einfamilienhauses übergeben worden. Die Baugenehmigung sei nicht widersprüchlich, da sich die in das Baulastenverzeichnis eingetragene Abstandfläche dem Lageplan entnehmen lasse. Die Geräusche, die mit der Nutzung der nahe an der Straße untergebrachten Stellplätze einhergingen, seien den Antragstellern zumutbar. Dass auf das Grundstück der Antragsteller zukünftig unmittelbar Einsichtnahme genommen und dieses nur noch als eine vom Vorhabengrundstück beherrschte Fläche wahrgenommen werden könne, sei nicht ersichtlich.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 23 K 3917/13 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (9 Hefte) ergänzend Bezug genommen.
23II.
24Der Antrag hat keinen Erfolg.
25Das Gericht ordnet gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2, § 80 Abs. 5 VwGO die nach § 212a Abs. 1 BauGB entfallende aufschiebende Wirkung der Klage des Nachbarn gegen eine Baugenehmigung dann an, wenn das Interesse des Nachbarn, vorerst von der Ausführung des Bauvorhabens verschont zu bleiben, gegenüber dem Interesse des Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung überwiegt. Für diese Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache das maßgebliche Kriterium. Gemessen hieran fällt die Interessenabwägung zulasten der Antragsteller aus. Denn ihre gegen die Baugenehmigung gerichtete Nachbarklage stellt sich bei einer im vorläufigen Rechtsschutzverfahren alleine möglichen und gebotenen summarischen Prüfung sowohl als unzulässig wie auch als unbegründet dar.
26Die Klage ist unzulässig, da etwaige Abwehrrechte, falls sie entstanden sein sollten, jedenfalls nicht mehr angefochten werden können. Bei Genehmigungserteilung im Jahre 2006 konnte das streitige Vorhaben keine Abwehrrechte zugunsten des Einfamilienhauses auslösen, das heute im Eigentum der Antragsteller steht. Denn zu diesem Zeitpunkt war das Vorhaben auf demselben Flurstück (damalige Bezeichnung 0000) geplant, auf dem sich das Einfamilienhaus befand. Da sowohl das Bauplanungs- wie auch das Bauordnungsrecht grundstücks- und nicht personenbezogen sind, kann es keinen Nachbarrechtsschutz gegenüber einem Bauvorhaben auf ein und demselben Grundstück geben. Ob eventuelle Abwehrrechte zugunsten des Grundstücks der Antragsteller entstehen konnten, als diesen nach der Teilung das Eigentum an dem Grundstück übertragen wurde und damit die streitgegenständlichen Grundstücke unterschiedlichen Eigentümern gehörten, kann vorliegend dahinstehen.
27Denn selbst wenn nachbarliche Abwehrrechte für die Antragsteller beim Eigentumserwerb im Jahre 2009 entstanden sein sollten, wären diese Abwehrrechte inzwischen erloschen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Baugenehmigung auch von Nachbarn, denen sie nicht bekanntgegeben worden ist, nur eine begrenzte Zeit lang angefochten werden kann, nachdem die Nachbarn auf sonstige Weise zuverlässig Kenntnis von der Erteilung der Baugenehmigung erlangt haben. In aller Regel müssen sie sich dann nach Treu und Glauben bezüglich der Einlegung eines Rechtsbehelfs so behandeln lassen, als sei ihnen die Baugenehmigung im Zeitpunkt der zuverlässigen Kenntniserlangung amtlich bekanntgegeben worden. Denn mit Rücksicht auf das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis muss sie diese Kenntniserlangung nach Treu und Glauben in aller Regel in gleicher Weise wie eine amtliche Bekanntmachung der Genehmigung veranlassen, ihre Einwendungen in angemessener Frist geltend zu machen. Die Frist zur Einlegung des Rechtsbehelfs richtet sich deshalb für die Nachbarn vom Zeitpunkt der zuverlässigen Kenntniserlangung an regelmäßig nach den Fristvorschriften der §§ 74 Abs. 1 und 58 Abs. 2 VwGO. Sofern ihnen – wie fast immer – mit der anderweitigen Kenntniserlangung von der Genehmigung nicht zugleich eine Rechtsmittelbelehrung erteilt worden ist, müssen sie also ihren Rechtsbehelf regelmäßig innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO einlegen; ein später eingelegter Rechtsbehelf ist unzulässig („verwirkt“). Gleiches gilt nach Treu und Glauben regelmäßig für den Fall, dass die Nachbarn von der Baugenehmigung zuverlässige Kenntnis hätten haben müssen, weil sich ihnen das Vorliegen der Baugenehmigung aufdrängen musste und es ihnen möglich und zumutbar war, sich hierüber – etwa durch Anfrage beim Bauherrn oder bei der Baugenehmigungsbehörde – Gewissheit zu verschaffen. Dann läuft für sie die Frist des § 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 58 Abs. 2 VwGO für die Einlegung der Klage von dem Zeitpunkt ab, in dem sie zuverlässige Kenntnis von der Genehmigung hätten erlangen müssen. Die dargelegte zeitliche Beschränkung des Klagerechts nach Treu und Glauben gilt allerdings nicht stets, sondern nur in der Regel. Sie lässt also Ausnahmen zu, wenn besondere von der Regel abweichende Umstände, die der Nachbar dartun und für deren Nichterweisbarkeit er die materielle Beweislast trägt, dies nach Treu und Glauben gebieten.
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 – IV C 2.72 –, juris, Rz. 23 ff., Beschlüsse vom 28.08.1987 – 4 N 3.86 –, juris, Rz. 12 ff., vom 18.01.1988 – 4 B 257.87 –, juris und vom 17.02.1989 – 4 B 28.89 –, juris.
29Insoweit kann vorliegend offen bleiben, ob die Baugenehmigung vom 25.08.2006 den Antragstellern, wie von den Beigeladenen behauptet, bei Erwerb des Einfamilienhauses von Verkäuferseite übergeben worden ist. Denn jedenfalls hätten die
30Antragsteller spätestens ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrags am 20.03.2009 Kenntnis von der streitigen Baugenehmigung haben müssen. In Ziffer VI. 2. des Kaufvertrages haben die Antragsteller durch Unterschrift bestätigt, dass ihnen die Abstandflächenbaulast auf ihrem Flurstück bekannt war. Angesichts dessen hätte sich ihnen die Existenz der streitigen Baugenehmigung aufdrängen müssen und wurde spätestens zu diesem Zeitpunkt die inzwischen bei weitem abgelaufene Jahresfrist ausgelöst. Die Kenntnis von der Abstandflächenbaulast jedenfalls gab ihnen Anlass, das Baulastenverzeichnis bei der Antragsgegnerin einzusehen und den sich daraus ergebenden Hinweisen auf die streitige Baugenehmigung nachzugehen, sei es durch Nachfrage bei ihrer Rechtsvorgängerin oder bei der Antragsgegnerin.
31Darüber hinaus stellt sich die Klage nach der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung auch als unbegründet dar. Die angefochtene Baugenehmigung ist weder in nachbarrechtsrelevanter Weise zu Lasten der Antragsteller unbestimmt noch verstößt sie zu deren Ungunsten gegen die Vorschrift des § 51 Abs. 7 BauO NRW oder das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme.
32Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW können die Antragsteller nicht mit Erfolg geltend machen. Eine Baugenehmigung muss inhaltlich bestimmt sein. Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der getroffenen Regelung eindeutig erkennen lassen, damit der Bauherr die Bandbreite der für ihn zulässigen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. Eine solche, dem Bestimmtheitsgebot genügende Aussage muss der Baugenehmigung selbst – gegebenenfalls durch Auslegung – entnommen werden können, wobei die mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen bei der Ermittlung des objektiven Erklärungsinhalts der Baugenehmigung heranzuziehen sind.
33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25.01.2013 – 10 A 2269/10 –, juris, Rz. 59 ff. m.w.N.
34Die Frage der Bestimmtheit stellt sich in Nachbarstreitverfahren nur dann, wenn aufgrund einer Unbestimmtheit eine Verletzung nachbarschützender Normen nicht ausgeschlossen ist. Vorliegend ist aber ein Verstoß gegen die Regelung des § 6 BauO NRW durch die Abstandfläche Nr. 00 nicht (mehr) möglich. Bei Ersterteilung der streitigen Baugenehmigung im Jahre 2006 konnte die damalige Bauherrin lediglich das sogenannte Schmalseitenprivileg nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 5 S. 1 BauO NRW in der damals gültigen Fassung in Anspruch nehmen. Danach genügte vor zwei Außenwänden eines Gebäudes auf einer Länge von nicht mehr als 16 m als Tiefe der Abstandfläche die Hälfte der an sich erforderlichen Tiefe. Die erforderliche Tiefe der Abstandflächen an den übrigen Außenwänden bestimmte sich nach § 6 Abs. 5 S. 1 BauO NRW a.F. Dementsprechend hat der Entwurfsverfasser bei der Berechnung der Abstandfläche Nr. 00 die betreffende Wandhöhe H (10,39 m) mit 0,8 (vgl. § 6 Abs. 5 S. 1 1. Spiegelstrich BauO NRW a.F.) multipliziert. Daraus ergibt sich als Tiefe dieser Abstandfläche 8,31 m. Mit Artikel I Nr. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Landesbauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12.12.2006 (GV. NRW. S. 615) wurde § 6 der Bauordnung novelliert. In der seitdem geltenden Fassung des § 6 Abs. 6 S. 1 Fall 1 BauO NRW genügt auf einer Länge der Außenwände und von Teilen der Außenwände von nicht mehr als 16 m gegenüber jeder Grundstücksgrenze und gegenüber jedem Gebäude auf demselben Grundstück als Tiefe der Abstandflächen 0,4 H, mindestens jedoch 3 m. Somit musste die Tiefe der Abstandfläche Nr. 00 im Zeitpunkt der hier maßgeblichen Verlängerung der Baugenehmigung vom 27.08.2012 nur noch die Hälfte, namentlich 4,16 m betragen. Diesen Abstand hält das Vorhaben auf jeden Fall ein.
35Die Anordnung und die Anzahl der zum Vorhaben gehörenden Stellplätze begründen keinen Verstoß gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 51 Abs. 7 BauO NRW zum Nachteil der Antragsteller. Danach müssen Stellplätze und Garagen so angeordnet und ausgeführt werden, dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und Lärm oder Gerüche das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung nicht über das zumutbare Maß hinaus stören. Die Frage, wann die Benutzung von Garagen oder Stellplätzen die Umgebung unzumutbar stört, lässt sich nicht abstrakt und generell nach festen Merkmalen beurteilen. Deswegen kommt es beispielsweise darauf an, wo die Garagen oder Stellplätze angeordnet werden sollen und in welcher Lage sich dieser Standort zu dem Grundstück, dem Wohnhaus und gegebenenfalls gegenüber den Wohnräumen des betroffenen Nachbarn befindet. Entscheidend ist weiter der Umstand, wie der Bereich, in dem die Stellplätze oder Garagen errichtet werden sollen bzw. in dem sie sich auswirken werden, zu qualifizieren ist und welche Einwirkungen die Bewohner dort bereits hinzunehmen haben. Die Grenze ist umso niedriger anzusetzen, je empfindlicher und schutzwürdiger der Bereich, in dem die Stellplätze errichtet werden sollen, hinsichtlich der in § 51 Abs. 7 BauO NRW genannten Schutzgüter ist. Technisch-rechnerisch ermittelte Emissionswerte – seien es Einzelwerte, Wirk- oder Beurteilungspegel – sind dabei für die Beurteilung nicht ausschlaggebend.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.11.2012 – 2 B 1095/12 –, juris, Rz. 32 m.w.N.
37Ausgehend von diesen Grundsätzen, die gleichermaßen für die Zufahrt zu Stellplätzen oder Garagen gelten, erweist sich die Anordnung der Stellplätze und der Ein- und Ausfahrt sowie die Anzahl der Stellplätze in der genehmigten Ausführung nicht als den Antragstellern unzumutbar. Dafür spricht bereits, dass die streitgegenständlichen Stellplätze auf dem nur über die B.-------straße erschlossenen Baugrundstück überwiegend straßennah errichtet werden. Entscheidend ist jedoch, dass die Stellplatzsituation westlich und südlich des Grundstücks der Antragsteller dergestalt vorgeprägt ist, dass die geplante Stellplatzanzahl und -anordnung keine ihnen unzumutbare Veränderung darstellt. Ob mit Blick auf die Doppelgarage im rückwärtigen Grundstücksbereich der Antragsteller angesichts mittlerweile fehlender Anfahrmöglichkeit eine prägende Wirkung hinsichtlich PKW-Nutzung anzunehmen ist, kann vorliegend dahinstehen. Denn das Vorhabengrundstück ist durch seine vorherige bauliche Nutzung in dieser Hinsicht entscheidend vorgeprägt. Für die dort vorher befindliche Ausstellungshalle waren insgesamt zehn Stellplätze genehmigt. Von diesen lagen immerhin vier auf der westlichen Seite des Einfamilienhauses und sogar sechs Stellplätze in dessen rückwärtigen Grundstücksbereich. Damit ist der Bereich des Grundstücks der Antragsteller bereits in der Vergangenheit erheblichen Beeinträchtigungen durch Parkverkehr und Rangierbewegungen auf den genannten Stellplätzen und der Zufahrt zu diesen ausgesetzt gewesen. Angesichts dessen mussten die Antragsteller damit rechnen, dass es zu einer zukünftigen Stellplatznutzung vergleichbaren Ausmaßes auf dem Vorhabengrundstück kommen würde. Somit ist ihnen die Genehmigung von zehn Stellplätzen an der westlichen Grundstücksgrenze sowie zwei weiteren Stellplätzen im Bereich hinter der südlichen Grundstücksgrenze zuzumuten.
38Das in § 34 Abs. 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme wird durch das Vorhaben nicht zu Ungunsten der Antragsteller verletzt. Das Rücksichtnahmegebot verlangt – soweit seine nachbarschützende Wirkung geht – im Einzelfall eine Abwägung der Interessen von Bauherrn und Nachbarn. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Der Nachbar kann umso mehr Rücksicht verlangen, je empfindlicher und schutzwürdiger seine Stellung ist; umgekehrt braucht der Bauherr umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und weniger abweisbar die von ihm verfolgten Interessen sind. Die hierbei vorzunehmende Interessenabwägung hat sich an dem Kriterium der Unzumutbarkeit auszurichten. Unzumutbarkeit liegt vor, wenn dem Betroffenen die nachteilige Einwirkung des streitigen Bauwerks billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann. Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt nachbarschützende Wirkung zu, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar begrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist.
39Vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.12.1996 – 4 B 215.96 –, juris, Rz. 9 m.w.N.
40Die durch das streitige Vorhaben entstehenden Belastungen für das Grundstück der Antragsteller erreichen nicht den Grad der Rücksichtslosigkeit. Im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung kann sich ein Bauvorhaben dann mit dem Gebot der Rücksichtnahme als nicht vereinbar erweisen, wenn es eine erdrückende Wirkung hat. Das Vorhaben der Beigeladenen entfaltet keine erdrückende Wirkung in Bezug auf das Grundstück der Antragsteller. Rücksichtslos erweist sich ein Bauvorhaben insoweit erst dann, wenn es ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls derart übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird.
41Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18.10.2011 – 10 A 26/09 –, juris, Rz. 58 f. m.w.N.
42Eine erdrückende Wirkung ist indes in der Rechtsprechung erst bei gravierenderen Höhen- und Breitenunterschieden auf den jeweiligen Nachbargrundstücken angenommen worden,
43z.B. BVerwG, Urteil vom 23.05.1986 – 4 C 34.85 – (drei 11,50 m hohe Silos neben 7 m breiten Grundstück, 6 m hinter Wohnhaus und 3 m von der Grundstücksgrenze); OVG Lüneburg, Urteil vom 29.09.1988 – 1 A 75/87 – (160 m Lärmschutzwall und -wand in 25 m Entfernung); OVG NRW, Beschluss vom 22.11.1991 – 11 B 2890 – (75 m lange, 9,50 bzw. 7,50 m hohe, ungegliederte Halle mit Grenzabstand 3 m); BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 – 9 A 37/07 – (für ein Planfeststellungsverfahren: Autobahntalbrücke 20 m neben einem Wohnhaus);
44keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots z.B.: OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2010 – 7 A 3199/08 – (17,50 m hohes Flachdachgebäude neben knapp 12 m hohem Wohnhaus mit Walmdach); OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2010 – 7 B 201/10 – (2,70 m höheres Wohnhaus); OVG NRW, Beschluss vom 12.02.2010 – 7 B 1840/09 – (ähnlich hohes Gebäude mit Staffelgeschoss in ca. 9 m Entfernung); OVG NRW, Urteil vom 06.12.2009 – 8 D 6/08.AK - (181 m hoher Kühlturm eines Kraftwerkes in 570 m Entfernung zu einem Wohnhaus); OVG NRW, Urteil vom 03.05.2007 – 7 A 2364/06 – (6,20 m hohe Wand vor kleinem Grundstück); OVG NRW, Urteil vom 29.08.2005 – 10 A 3138/02 – (27 m hohe und 62 m lange Wand eines Versandlagers in 34 bis 38 m Entfernung zu Wohnhäusern); OVG NRW, Beschluss vom 12.07.1991 – 10 B 1547/91 – (Wand von 8 m Höhe und 45 m Länge unter Einhaltung der Abstandflächen); OVG NRW, Beschluss vom 22.05.1991 – 11 B 3358/90 – (44 m langes Gebäude im Abstand von 4 m zur Grundstücksgrenze bei einer Traufhöhe von 4,5 m); OVG NRW, Beschluss vom 08.05.1991 – 11 B 668/91 – (an die Grenze gebautes zwei- oder dreigeschossiges Gebäude); OVG NRW, Beschluss vom 21.07.1994 – 11 B 1511/94 – (5 m hoher, 270 m langer bepflanzter Lärmschutzwall); OVG Lüneburg, Urteil vom 11.4.1997 – 1 L 7286/95 – (insgesamt 80 m lange, 5,50 m hohe gewerbliche Hofüberdachung / Halle an zwei Grundstücksgrenzen); OVG NRW, Beschluss vom 13.09.1999 – 7 B 1457/99 – (Wohnbebauung mit 54 Wohneinheiten bei vorhandener Bebauung / Geländeerhöhung auf allen Seiten); BVerwG, Urteil vom 09.02.2005 – 9 A 62/03 – (für ein Planfeststellungsverfahren: 300 m lange und 3 m hohe Lärmschutzwand neben Wohnhäusern in 14 bis 24 m Entfernung); OVG NRW, Beschluss vom 06.06.2012 – 7 B 487/12 – (Firsthöhe von 7,20 m zu 15,86 m bei einem Gebäudeabstand von 5,23 m).
45Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt es angesichts einer Pultdachfirsthöhe der geplanten Wohnhäuser von 11,40 m bei einem Abstand zwischen den Wohnhäusern von ca. 13 m nicht zu einer erdrückenden Wirkung zu Lasten des Grundstücks der Antragsteller. Hierfür spricht ferner die oben erläuterte Einhaltung der Abstandflächen. Eine Rücksichtslosigkeit resultiert den Antragstellern gegenüber auch nicht aus der zu erwartenden Verschattung ihres Grundstücks. In einem bebauten innerstädtischen Gebiet müssen Nachbarn hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu einer gewissen Verschattung des eigenen Grundstücks kommt.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 09.02.2009 – 10 B 1713/08 –, juris, Rz. 28 ff.
47Eine Verschattung unzumutbaren Ausmaßes ist weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich. Ebenso wenig führen die geltend gemachten Einsichtsmöglichkeiten zu einer Unzumutbarkeit. Die Möglichkeit der Einsichtnahme auf ein benachbartes Grundstück ist in einem bebauten innerstädtischen Gebiet üblich und führt regelmäßig nicht zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots.
48Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19.02.2010 – 7 A 3199/08 –, juris, Rz. 67; Beschluss 09.02.2009 – 10 B 1713/08 –, juris, Rz. 30.
49Dies gilt insbesondere für das genehmigte Vorhaben. Es weist an der zum Grundstück der Antragsteller ausgerichteten Nordseite weder Balkone noch besonders großflächige oder zahlreiche Fenster auf.
50Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Dabei entsprach es der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit auch selbst dem Kostenrisiko ausgesetzt haben.
51Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für die Antragsteller ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG). Das Gericht orientiert sich insoweit in ständiger Rechtsprechung an den Ziffern 7. a) und 12. a) des Streitwertkataloges der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17.09.2003 (BauR 2003, 1883).
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
3Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es ist nicht geeignet, die tragende Argumentation des Verwaltungsgerichts zu erschüttern, das Vorhaben verstoße weder gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme noch gegen die bauordnungsrechtlichen Vorschriften des
4§ 6 BauO NRW oder des § 51 Abs. 7 BauO NRW.
5Der Einwand der Kläger, die erforderliche und vom Verwaltungsgericht unterlassene Einzelfallabwägung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Grundstücke und deren Bebauung führe zur Annahme einer erdrückenden Wirkung, greift nicht durch.
6Im Rahmen einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ist mit Blick auf Volumen, Stellung und Höhe des Vorhabens der Beigeladenen bzw. der Gebäude der Kläger keine „erdrückende Wirkung“ gegenüber dem Grundstück der Kläger anzunehmen. Eine solche Gesamtschau liegt der erstinstanzlichen Beurteilung zugrunde, in der auf die einschlägigen Grundsätze Bezug genommen wird.
7Eine erdrückende Wirkung wird angenommen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls ‑ und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen - derartig übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird.
8Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2010 - 7 A 3199/08 -, BRS 76 Nr. 181 = BauR 2011, 248 und Beschlüsse vom 24. April 2012 - 7 B 242/12 -, und vom 6. Juni 2012 - 7 B 487/12 -.
9Eine solche Wirkung kann angesichts der Umstände des Einzelfalls nicht angenommen werden. Das Verwaltungsgericht ist nach erfolgter Ortsbesichtigung zutreffend davon ausgegangen, dass nach obigen Grundsätzen insbesondere mangels gravierender Höhen- und Breitenunterschiede zwischen dem geplanten Gebäude und dem Wohnhaus der Kläger die Annahme einer erdrückenden Wirkung offenkundig ausscheide. Dies gilt auch im Hinblick auf die sonstige Bebauungssituation des Grundstücks der Kläger in nördlicher, östlicher und südlicher Richtung. Im Norden grenzt das Grundstück an die S.---straße . Die gegenüber dem Grundstück der Kläger auf der nördlichen Seite der S.---straße befindliche Bebauung hält einen Abstand zum Gebäude der Kläger von ca. 12 m. Östlich des Grundstücks der Kläger beträgt der Abstand zum Nachbargebäude S.---straße 49 ca. 4,4 m. Südlich grenzt an das letzte Gebäude der Kläger der ca. 24 m lange und von Gebäuden freie Gartenbereich. Auch die Tatsache, dass die südlich an das Wohnhaus der Kläger angrenzenden Baulichkeiten eine geringere Höhe als dieses haben, führt zu keiner anderen Bewertung. Gerade im innerstädtischen Bereich ist eine unterschiedliche Bebauungshöhe im hinteren Grundstücksbereich nichts Ungewöhnliches. Aufgrund der durch die grenzständige Bebauung auf dem Grundstück der Kläger geprägten Grundstückssituation mussten diese auch mit einer entsprechenden Bebauung rechnen.
10Gegenüber den Klägern resultiert eine Rücksichtslosigkeit im Rechtssinne auch nicht aus der zu erwartenden Verschattung ihres Grundstücks. In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet müssen Nachbarn hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht (insbesondere § 6 BauO NRW) vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu einer gewissen Verschattung des eigenen Grundstücks bzw. von Wohnräumen kommt.
11Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 1. Juni 2007 ‑ 7 A 3852/06 -, BRS 71 Nr. 127, und vom 9. Februar 2009 - 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181.
12Hiervon ausgehend begründet der zu erwartende Schattenwurf kein Abwehrrecht gegen das streitige Bauvorhaben. Dass ein sehr schmal geschnittenes Grundstück ‑ wie das der Kläger - bei einer Verschattung durch Nachbargebäude relativ stark betroffen sein kann, beruht auf dem Grundstückszuschnitt und fällt grundsätzlich in die Risikosphäre des jeweiligen Eigentümers. Dass der nach Süden ausgerichtete Gartenbereich bereits am Nachmittag durch das Vorhaben unzumutbar verschattet werden könnte, ist angesichts der geringen Höhe der Tiefgarage nicht dargelegt. Ebenso ist angesichts der fehlenden Fensteröffnungen in der zum Grundstück der Beigeladenen ausgerichteten Giebelwand des Wohnhauses der Kläger nicht dargelegt, dass die Wohnräume der Kläger wegen des Vorhabens unzumutbar verdunkelt werden. Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht festgestellt, dass der Lichteinfall in das nach Süden ausgerichtete Dachgeschossfenster nur für einen Teil des Tages beeinträchtigt wird und in den Morgen- und Mittagsstunden weiterhin eine Besonnung gegeben ist. Ebenso wenig führt die Beschränkung der freien Aussicht zu einem Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot.
13Soweit die Kläger einen Verstoß gegen § 6 BauO NRW rügen, ist auch nach der von ihnen hierzu in Bezug genommenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 13. März 2009 - 10 A 1118/08 -, juris) die erstinstanzliche Wertung nicht zu beanstanden, dass eine hinreichende Anbausicherung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe b) BauO NRW durch die grenzständige Bebauung auf dem Grundstück der Kläger vermittelt wird.
14Der Einwand der Kläger, die Nutzung der vier Tiefgaragenstellplätze beeinträchtige die ruhige Lage ihres Grundstückes massiv, begründet ebenfalls nicht die Annahme ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Die Kläger haben nicht dargelegt, dass die Nutzung der vorgesehenen Tiefgarage zu unzumutbaren Störungen im Sinne von § 51 Abs. 7 BauO NRW,
15vgl. dazu etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Mai 2011 ‑ 7 B 165/11 -, juris, und vom 17. Januar 2011 - 7 B 1506/10 -, juris,
16führen wird.
17Vorliegend befindet sich - wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt - die von der S.---straße abzweigende Tiefgaragenzufahrt an der vom Grundstück der Kläger abgewandten Westseite des Vorhabens. Das Gebäude der Beigeladenen schirmt somit die durch die Zu- und Abfahrten entstehenden Geräusche weitgehend ab. Dass die innerhalb der Tiefgarage stattfindenden Parkvorgänge zu unzumutbaren Beeinträchtigungen ihres Grundstücks führen könnten, haben die Kläger nicht hinreichend dargelegt. Angesichts dieser Umstände rechtfertigt auch das Vorbringen der Kläger, dass ihre drei und fünf Jahre alten Kinder im „unmittelbaren Nahbereich zu den Tiefgaragenplätzen“ spielen, keine andere Beurteilung.
18Aus den vorstehenden Gründen liegen ebensowenig die von den Klägern des Weiteren behaupteten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vor.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen im Zulassungsverfahren trägt diese selbst. Dies entspricht der Billigkeit, denn die Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt und sich damit auch selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt.
20Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
21Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.
Der Wert des Streitgegenstands wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, der zulässige Antrag sei unbegründet; die Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragsteller aus, da nicht erkennbar sei, dass die streitige Baugenehmigung gegen Nachbarschutz vermittelnde Vorschriften des öffentlichen Rechts verstoße.
4Die dagegen mit der Beschwerde fristgemäß vorgebrachten Einwände führen zu keinem anderen Ergebnis. Die angegriffene Baugenehmigung ist summarischer Prüfung zufolge nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise rechtswidrig.
5Der Senat vermag nicht festzustellen, dass das Vorhaben gegen das Rücksicht-nahmegebot verstößt. Auch im Rahmen einer Gesamtschau ist mit Blick auf das Volumen des Vorhabengebäudes, die durchgehende Bebauung von der V.--straße bis zum G. , die Höhen des Vorhabengebäudes und der Gebäude der Antragsteller und die Stellung der Gebäude der Antragsteller auf dem Grundstück weder die angesprochene „erdrückende Wirkung“ gegenüber dem Grundstück der Antragsteller noch sonst eine rechtlich relevante Rücksichtslosigkeit anzunehmen.
6Eine erdrückende Wirkung wird angenommen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls ‑ und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen - derartig übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird.
7Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2010 - 7 A 3199/08 -, BRS 76 Nr. 181 = BauR 2011, 248 und Beschlüsse vom 24. April 2012 - 7 B 242/12 -, und vom 6. Juni 2012 - 7 B 487/12 -.
8Eine solche Wirkung kann angesichts der Umstände des Einzelfalls nicht angenommen werden.
9Der zur V.--straße gelegene höchste Dachfirst des geplanten Hauses des Beigeladenen ist nach den Angaben im amtlichen Lageplan 79,99 m ü. N. N. und damit lediglich 2,3 m höher als der Dachfirst des an der V.--straße gelegenen Wohnhauses der Antragsteller (First 77,69 ü. N. N.). Zum G. hin fällt das geplante Gebäude in drei Stufen (79,085 m ü. N. N., Brüstungshöhe 77,265 m ü. N. N., Brüstungshöhe 74,49 m ü. N. N.) ab, so dass die Höhendifferenz zwischen dem Wohnhaus der Antragsteller am G. und dem Vorhaben an der östlichen Gebäudeabschlusswand einschließlich der Brüstungen nur 2,75 m beträgt (74,49 m ü. N. N. - 71,74 m ü. N. N.) und somit keinesfalls von einem „Übermaß an Höhe“ des streitgegenständlichen Gebäudes gesprochen werden kann. Auch der Vergleich des absoluten Höhenunterschiedes des Vorhabengebäudes und des am G. gelegenen Wohnhauses der Antragsteller von ca. 8,25 m (Dachfirsthöhe 79,99 m ü. N. N. – 71,74 m ü. N. N.) führt nicht zur Annahme einer erdrückenden Wirkung. Vielmehr handelt es sich um einen im innerstädtischen Bereich nicht unüblichen Höhenversprung aneinander stehender Gebäude. Unter Berücksichtigung der Bautiefe des Gebäudes des Beigeladenen von etwa 21 m ändert daran auch nichts, dass dieses an der zur V.--straße ausgerichteten Seite ca. doppelt so hoch ist, wie das Flachdachgebäude der Antragsteller am G. . Die Annahme eines unzumutbaren „Eingemauertseins“ scheidet auch hinsichtlich ihres Innenhofes aus. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass die befürchtete Entstehung einer „Innenhofsituation“ im Wesentlichen Folge der baulichen Ausnutzung des Grundstücks der Antragsteller ist. Eine erdrückende Wirkung wäre selbst dann nicht anzunehmen, wenn die Ostseite des Grundstücks der Antragsteller überhaupt nicht bebaut wäre.
10Gegenüber den Antragstellern resultiert eine Rücksichtslosigkeit im Rechtssinne auch nicht aus den vom Vorhaben des Beigeladenen ausgehenden Einsichtsmöglichkeiten. In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet müssen Nachbarn hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht (insbesondere § 6 BauO NRW) vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu Einsichtsmöglichkeiten kommt, die in einem bebauten Gebiet üblich sind.
11Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 1. Juni 2007 ‑ 7 A 3852/06 -, BRS 71 Nr. 127, vom 9. Februar 2009 - 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181 und vom 6. Juni 2012 - 7 B 487/12 -.
12Die Antragsteller können nicht beanspruchen, dass das Grundstück des Beigeladenen nicht oder nur so bebaut wird, dass die Möglichkeit eines Einblicks nicht gegeben ist. In Anbetracht der Vorgaben des Bebauungsplanes und der Lage des Grundstücks des Beigeladenen mussten die Antragsteller mit einer durchgehenden Bebauung dieses Grundstücks rechnen. Die geschaffenen Einsichtsmöglichkeiten gehen ihrer Qualität nach nicht über eine regelmäßig hinzunehmende gegenseitige Einsichtnahme in die jeweiligen Ruhebereiche hinaus. Mangels einer durch das Vorhaben veranlassten unangemessenen Benachteiligung des Grundstücks der Antragsteller ist es irrelevant, ob die Planänderung auch im Interesse des Beigeladenen erfolgte.
13Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerde gegen die erstinstanzliche Annahme, auch bei der Erteilung der Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB seien Nachbarrechte der Antragsteller nicht verletzt worden.
14Soweit die Antragsteller rügen, nicht sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB hätten vorgelegen und hinsichtlich des 2. Dachgeschosses fehle es gänzlich an einer Befreiung, verkennen sie die Reichweite ihrer Abwehrrechte. § 31 Abs. 2 BauGB hat zwar mit dem Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen drittschützende Wirkung. Das bedeutet aber lediglich, dass nur bei einer fehlerhaften Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans ein nachbarlicher Abwehranspruch gegeben ist, dass also bei nachbarschützenden Festsetzungen jeder Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB zur Aufhebung der Baugenehmigung führen muss. Demgegenüber besteht Drittschutz des Nachbarn bei einer rechtswidrigen Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung vielmehr nur, wenn seine nachbarlichen Interessen nicht hinreichend berücksichtigt worden sind; alle übrigen denkbaren Fehler einer Befreiung machen diese und die auf ihr beruhende Baugenehmigung zwar objektiv rechtswidrig, vermitteln dem Nachbarn aber keinen Abwehranspruch, weil seine eigenen Rechte nicht berührt werden. Unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung die Rechte des Nachbarn verletzt, ist dabei nach den Maßstäben zu beantworten, die das Bundesverwaltungsgericht zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat.
15Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1998 - 4 B 64.98 -, BauR 1998, 1206 = BRS 60 Nr. 183, und Urteil vom 19. September 1986 - 4 C 8.84 -, BauR 1987, 70 = BRS 46 Nr. 173; OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2011 - 7 B 1803/10 -, BRS 78 Nr. 188.
16Dass hier von einer nachbarsschützenden Festsetzung des Bebauungsplanes abgewichen wird, haben die Antragsteller schon nicht dargelegt. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots liegt aus obigen Gründen nicht vor.
17Den von den Antragstellern geltend gemachten objektivrechtlichen Verstößen - der Bebauungsplan sei unwirksam und das Vorhaben füge sich hinsichtlich seines Höhenmaßes, der Dachneigung und der Geschossflächenzahl nicht in die nähere Umgebung ein - kommt keine nachbarschützende Wirkung zu. Selbiges gilt hinsichtlich des schon nicht dargelegten Wertverlustes ihres Grundstücks.
18Aus der geltend gemachten fehlenden Angrenzerbeteiligung der Antragsteller im Sinne von § 74 BauO NRW können diese letztlich ebenfalls keine abwehrfähige Rechtsposition herleiten. Hierzu hat bereits das Verwaltungsgericht aufgezeigt, dass ein solcher Verfahrensfehler unabhängig von einer materiellen Rechtsverletzung des Nachbarn keinen Anspruch des nichtbeteiligten Nachbarn auf Aufhebung des Verwaltungsaktes begründen kann, abgesehen davon ist ohnehin von einer Heilung des Mangels nach den zumindest entsprechend anwendbaren Regelungen des § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 VwVfG NRW bzw. von einer Unbeachtlichkeit gemäß § 46 VwVfG NRW auszugehen.
19Vgl. hierzu etwa: OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2013 - 2 B 492/13 -; Johlen, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage, 2011, § 74 Rn. 87a; Schönenbroicher/Kamp/ BauO NRW, 2012, Rn. 1, 31 zu § 74.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO; es entspricht der Billigkeit, den Antragstellern auch die Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser einen Antrag gestellt und sich damit selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
21Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
22Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.