Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 30. Aug. 2012 - 3 B 202/12

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2012:0830.3B202.12.0A
bei uns veröffentlicht am30.08.2012

Gründe

1

Der Antrag,

2

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 15.8.2012 anzuordnen,

3

hat Erfolg.

4

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Sinne des § 80 Abs. 1 VwGO gegen einen - wie hier - gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kraft Gesetzes für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt auf Antrag des Betroffenen ganz oder teilweise anordnen. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht abzuwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der von der Antragsgegnerin erlassenen Ordnungsverfügung und dem privaten Interesse der Antragstellerin daran, von den Folgen der sofortigen Vollziehung bis zur Bestandskraft des Bescheides in der Hauptsache verschont zu bleiben.

5

In Anwendung der vorgenannten Grundsätze ist dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattzugeben; denn der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.8.2012 wird sich aller Voraussicht nach als rechtswidrig erweisen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang nicht, ob sich die Antragsgegnerin durch eine Zusage gebunden hat oder gar verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich der Regelung der Sperrzeiten bestehen. Hier besteht die Besonderheit darin, dass die maßgeblichen Betriebszeiten bereits Gegenstand der erteilten Baugenehmigung waren und aus diesem Grunde eine streitbefangene Ordnungsverfügung vom 15.8.2012 nicht ergehen konnte, mag etwa auch die Regelung bezüglich der Öffnungszeiten am Karfreitag, Volkstrauertag, am Buß- und Bettag, am Totensonntag und auch am Heiligabend bis zum 2. Weihnachtsfeiertag grundsätzlich sich als sachgerechte Regelung darstellen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sind hier nicht in einem gesonderten Verfahren die Betriebszeiten unter Beachtung der Sperrzeitverordnung zu regeln, sondern diese sind bereits Gegenstand der Baugenehmigung. Dies ergibt sich, wie das OVG LSA etwa im Beschluss vom 27.4.2011 - Az.: 2 M 7/11 ausgeführt hat - aus Folgendem:

6

„Ein Bauantrag muss zweifelsfrei erkennen lassen, welches Bauvorhaben Gegenstand des bauaufsichtlichen Verfahrens sein soll, und bestimmt auch den Umfang des Bauvorhabens. Alle wesentlichen, für die Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens wichtigen Umstände müssen sich aus dem Bauantrag ergeben. Dazu gehört auch die Nutzung, die insbesondere im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ein wesentliches Beurteilungskriterium darstellt (vgl. Jäde, in: Jäde/Weinl/Dirnberger u.a., Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 67 Rn. 14, 15). Der Bauantrag konkretisiert somit das zur Genehmigung gestellte Vorhaben. Was der Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörde unterworfen werden soll, richtet sich dabei in erster Linie nach dem Willen des Bauantragstellers. Das zur Genehmigung gestellte Vorhaben ist dabei das, was der Bauherr vor hat, und zwar auch hinsichtlich der Nutzung. Der Begriff des Vorhabens stellt klar, dass dasjenige, was dem Baugenehmigungsverfahren im Einzelfall unterworfen werden soll, jedenfalls grundsätzlich davon abhängt, was vom Bauherrn jeweils zur Prüfung gestellt wird (vgl. Jäde, a.a.O., § 71 Rn. 3 bis 5). Nach § 67 Abs. 2 BauO LSA sind mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Verordnung über Bauantrag und Bauvorlagen im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren (Bauvorlagenverordnung - BauvorlVO -) vom 13.10.1992 (GVBl. Seite 747) sind nach Maßgabe der folgenden Vorschriften, soweit erforderlich, als Bauvorlagen unter anderem eine Bau- und Betriebsbeschreibung (§ 5) einzureichen. Erst der Lageplan, die Bauzeichnungen, die Bau- und Betriebsbeschreibung sowie die technischen Nachweise beschreiben den Gegenstand des Bauantrags in einer Weise, der der Bauaufsichtsbehörde eine abschließende Prüfung nach öffentlichem Baurecht erlaubt und den Regelungsgehalt der auf dem Bauantrag aufzubauenden Genehmigung präzisiert (vgl. Schmalz, in Grosse-Suchsdorf u.a., Niedersächs. Bauordnung, 6. Aufl., § 71 Rn. 8; vgl. OVG LSA, Beschl. v. 3.2.2011 - 2 M 185/10 -). Die Betriebsbeschreibung ist mithin Gegenstand des Bauantrages geworden und beschränkt die erteilte Baugenehmigung in ihrem Inhalt, und zwar auch hinsichtlich der Betriebszeiten.“

7

Die vorstehenden Ausführungen haben auch im anstehenden Sachverhalt Geltung, da entsprechend der derzeit geltenden Bauvorlagenverordnung unstreitig auch die entsprechende Betriebsbeschreibung von der Antragstellerin bei dem Bauantrag eingereicht worden ist. Auch die Baugenehmigung selber nimmt auf die eingereichten Unterlagen Bezug, da unstreitig bei dem Bauantrag auch entsprechend der heute geltenden Bauvorlagenverordnung die Betriebsbeschreibung eingereicht worden ist und Prüfungsgegenstand war. Ferner ist damit unstreitig auch die entsprechende Betriebsbeschreibung Gegenstand der Baugenehmigung geworden und mit dem Genehmigungsvermerk der Bauaufsichtsbehörde bauaufsichtlich geprüft worden (vgl. etwa Blatt 30 der Beiakte A). Der entsprechende Stempel der Bauaufsichtsbehörde und die eigenhändige Unterschrift des Bearbeiters weist dies deutlich auf. In der Baugenehmigungsurkunde selber findet sich unter Ziffer 2.2.1.3 die Formulierung, dass die Bauaufsichtsbehörde auch die Einhaltung der anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen prüft. Es ist also keineswegs so, dass die Baugenehmigung nichts über die Betriebszeiten enthält (so deutlich auch Beschluss des VG Magdeburg vom 15.12.2009, 4 B 532/09).

8

Nach der Betriebsbeschreibung ist nun ausgeführt worden, dass die Öffnungszeiten zwischen 6 Uhr bis 5 Uhr täglich, auch an Sonn- und Feiertagen liegen. Diese Formulierung ist klar und eindeutig. Die entsprechende Baugenehmigung ist in diesem Punkte auch nicht aufgehoben worden, unabhängig von der Frage, ob eine solche Aufhebung entsprechend den §§ 48, 49 VwVfG bestandskräftig sein müsste oder zumindest die Aufhebung für sofort vollziehbar erklärt werden müsste (vgl. zu dieser Problematik VG Magdeburg, a.a.O., Seite 3 des Beschlussabdrucks). Es liegt in diesem Zusammenhang auch nach Auffassung des Gerichtes eine bestandskräftige Baugenehmigung vor, da weder ein Widerruf noch eine Rücknahme der Baugenehmigung ausgesprochen worden ist und erhebliche Zweifel bestehen, ob auch unter Anwendung der Vorschrift des § 42 VwVfG eine Korrektur der Betriebszeiten möglich ist. Darüber hinaus kommt noch hinzu, dass gegen den „Klarstellungsbescheid“ des Landkreises Harz Widerspruch eingelegt worden ist, dem eine aufschiebende Wirkung zukommt.

9

Im gegenwärtigen Zeitpunkt, in welchem keine rechtskräftige Aufhebung der Baugenehmigung hinsichtlich der Betriebszeiten erfolgt ist, besteht angesichts der vorliegenden Baugenehmigung kein Raum für den Erlass einer Ordnungsverfügung hinsichtlich der abweichenden Sperrzeiten.

10

Dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

11

Die Streitwertfestsetzung ergeht gemäß §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 63 Abs. 2 GKG. Da nicht ersichtlich ist, welche Bedeutung die Sache für die Antragstellerin hat, geht die Kammer in der Hauptsache von einem Auffangwert in Höhe von 5.000 Euro aus und halbiert diesen Wert für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Anlehnung an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf den festgesetzten Streitwert von 2.500 Euro (vgl. NVwZ 2004, Seite 1327, Ziff. 1.5).


Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 30. Aug. 2012 - 3 B 202/12

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 30. Aug. 2012 - 3 B 202/12

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste
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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 42 Offenbare Unrichtigkeiten im Verwaltungsakt


Die Behörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Die Behörde ist berechtigt, die Vorlage des Dokuments zu

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Tenor Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 2. Kammer - vom 18.01.2011 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwe
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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe Die zulässige Beschwerde, mit der die Klägerin den in erster Instanz erfolglosen Antrag w

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 2. Kammer - vom 18.01.2011 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antragsteller, ein Mitglied der Stadtvertretung A-Stadt, begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Hinblick auf ihn betreffende Äußerungen des Antragsgegners, des Bürgermeisters der Stadt A-Stadt, während einer Sitzung der Stadtvertretung am 23.06.2010.

2

Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner durch Beschluss vom 18.01.2011 - vereinfacht ausgedrückt – bis zum 22.06.2011 oder bis zur Rechtskraft eines eventuellen Hauptsacheverfahrens verboten, zu sagen, der Antragsteller habe mehrfach gegen die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats der Wohnungsbaugesellschaft mbH der Stadt A-Stadt bzw. Wobau-A-Stadt und gegen die Kommunalverfassung verstoßen, wenn er nicht zugleich sage, aus welchem tatsächlichen Sachverhalt sich der Verstoß ergebe.

3

Die dagegen erhobene Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt nicht die Änderung der angefochtenen Entscheidung.

4

Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung die Gründe darlegen, aus denen die (angefochtene) Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der Entscheidung auseinandersetzen. Das Darlegungserfordernis verlangt von dem Beschwerdeführer, dass die Beschwerdebegründung auf die rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen eingeht, auf die das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gestützt hat. Die Beschwerdebegründung muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen der Ausgangsbeschluss unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss sich insofern an der Begründungsstruktur der angegriffenen Entscheidung orientieren. Grundsätzlich reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen. Stützt das Verwaltungsgericht seine Entscheidung alternativ auf mehrere Begründungen, muss die Beschwerde alle Begründungen aufgreifen, sich mit diesen auseinandersetzen und sie in Zweifel ziehen. Geht die Beschwerdebegründung auf nur eine Erwägung nicht ein, die die angefochtene Entscheidung selbstständig trägt bzw. lässt sie unangefochten, bleibt der Beschwerde schon aus diesem Grund der Erfolg versagt. Diese Anforderungen an die Beschwerdebegründung sind für einen Beschwerdeführer auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Beschwerdeführer rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschluss des Senats vom 23.06.2010 - 2 M 146/10 -, m.w.N.).

5

Die Anwendung dieser Maßstäbe führt hier zu dem Ergebnis, dass die Beschwerde, soweit sie sich mit der erstinstanzlichen Entscheidung auseinandersetzt, jedenfalls in der Sache keinen Erfolg hat.

6

Auf die vom Antragsgegner problematisierte Frage, ob der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 VwGO gegeben sei, kommt es für den Senat nicht an. Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG). Dies gilt auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. Sächs. OVG, Beschluss v. 05.10.2009 - 1 B 410/09 -, Rn. 9, m.w.N., zitiert nach juris). Der Antragsgegner hätte die Rechtswegrüge in erster Instanz erheben und so auf eine (beschwerdefähige) Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG hinwirken können (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 25.05.2005 - 7 B 10356/05 -, Rn. 2, m.w.N., zitiert nach juris).

7

Soweit der Antragsgegner meint, das Verwaltungsgericht habe den Anordnungsgrund im Sinne von § 123 Abs. 1 VwGO zu Unrecht bejaht, führt die Beschwerdebegründung nicht zu einem für den Antragsgegner günstigeren Ergebnis.

8

Das Verwaltungsgericht hat ersichtlich „die konkrete Gefahr der Widerholung“ der untersagten Äußerungen als Grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung angesehen. Ob der Antragsgegner bereits diesen rechtlichen Ansatz in Zweifel ziehen will, ist der Beschwerdebegründung nicht eindeutig zu entnehmen. Sollte diese so zu verstehen sein, dass der Antragsgegner einen Anordnungsgrund nur dann annehmen will, wenn ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung eine „Existenzgefährdung“ des Antragstellers drohen würde (vgl. Seite 6 der Beschwerdebegründung), wäre dem nicht zu folgen. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen besteht bereits dann ein Anordnungsgrund, wenn eine konkrete Wiederholungsgefahr glaubhaft gemacht ist (vgl. Bay. VGH, Beschluss v. 16.01.2008 - 12 CE 07.2985 - Rn. 40, zitiert nach juris).

9

Die konkrete Wiederholungsgefahr hat das Verwaltungsgericht hier „unter Berücksichtigung der durch die Parteien im vorliegenden Rechtsstreit erfolgten Äußerungen“ bejaht. Der Antragsgegner halte an seiner Äußerung vom 23.06.2010 fest (siehe Seite 6 Beschlussabdruck). Der Antragsgegner setzt sich mit diesen Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht substantiiert auseinander, sondern gibt sie lediglich wieder, ohne konkret anzuführen, weshalb er im Ergebnis gegenteiliger Auffassung ist (vgl. Seite 4 der Beschwerdebegründung). Insbesondere ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, dass der Antragsgegner nicht die Absicht habe, die ihm untersagten Äußerungen zu wiederholen. Dagegen könnte sprechen, dass er die Äußerungen verteidigt und sein eigenes Verhalten zusammenfassend „als sachgerecht und verhältnismäßig im Interesse der Stadt A-Stadt“ bewertet (siehe Seite 8 der Beschwerdebegründung).

10

Auch soweit der Antragsgegner meint, das Verwaltungsgericht habe den Anordnungsanspruch zu Unrecht bejaht, führt die Beschwerdebegründung nicht zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

11

Auch zu diesem Punkt ist zunächst festzustellen, dass das Beschwerdevorbringen unklar ist. So ist fraglich, ob der Antragsgegner die ihm vorgehaltenen Äußerungen in Abrede stellen will. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Antragsgegner in der Stadtvertretersitzung vom 23.06.2010 ausweislich der Niederschrift der Sitzung gesagt habe, dass der Antragsteller „mehrfach gegen die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats und der Kommunalverfassung verstoßen habe, insbesondere die Nichtöffentlichkeit und Geheimhaltung von Sitzungsthemen“ (siehe Seite 3 Beschlussabdruck). Demgegenüber vertritt der Antragsgegner einerseits die Auffassung, die Sitzungsniederschrift sei „nicht in der Lage, die in ihr enthaltenen Vorgänge zu beweisen“ (siehe Seite 4 der Beschwerdebegründung). Damit könnte ein Bestreiten der Äußerungen angedeutet sein. Andererseits räumt der Antragsgegner jedoch an anderer Stelle diese Äußerungen wohl zumindest indirekt ein, wenn er angibt, die Aussage „sei im Rahmen einer Stellungnahme zum Thema Wobau“ erfolgt (siehe Seite 2 der Beschwerdebegründung). Außerdem hält der Antragsgegner die Äußerungen nach wie vor für berechtigt, was auch wohl kaum mit einem Bestreiten in Einklang zu bringen wäre.

12

Soweit die Beschwerdebegründung die „Annahme, vorliegend stehe eine Tatsachenäußerung des Antragsgegners im Raum“, für fehlerhaft erachtet (siehe Seite 5 der Beschwerdebegründung), kann damit die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung schon deshalb nicht in Zweifel gezogen werden, weil das Verwaltungsgericht seinen Beschluss auf eine solche Annahme nicht gestützt hat. In der erstinstanzlichen Entscheidung werden zunächst Tatsachenbehauptungen auf der einen und Werturteile bzw. Meinungsäußerungen auf der anderen Seite gegeneinander abgegrenzt. Sodann stellt das Verwaltungsgericht unmissverständlich darauf ab, dass es sich bei der hier im Streit stehenden Äußerung „um eine Meinungsäußerung bzw. ein Werturteil“ handele (siehe Seite 6f. Beschlussabdruck). Im Weiteren entwickelt das Verwaltungsgericht sodann einen Maßstab für Meinungsäußerungen von Amtspersonen und stellt u.a. darauf ab, dass „erkennbar“ sein müsse „auf welchen konkreten Sachverhalt eine das Persönlichkeitsrecht eines anderen beeinträchtigende Wertung gestützt“ sei (vgl. Seite 7 Beschlussabdruck).

13

Auch die daran geübte Kritik erweist sich - soweit sie den beschriebenen Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 VwGO genügt - als unberechtigt.

14

Soweit der Antragsgegner andeuten will, in der Stadtvertretersitzung nicht in seiner Eigenschaft als Bürgermeister aufgetreten zu sein, sondern „als Mitglied des Aufsichtsrats der Wohnungsbaugesellschaft der Stadt A-Stadt“ (siehe Seite 2 der Beschwerdebegründung), steht dies erkennbar im Widerspruch zum eigenen Vorbringen des Antragsgegners, wonach er an der Stadtvertretersitzung auf der Grundlage von § 29 Abs. 7 KV M-V teilgenommen habe. Danach ist der Bürgermeister verpflichtet, an allen Sitzungen der Stadtvertretung teilzunehmen. Seine Aussage - so heißt es in der Beschwerdebegründung weiter - „sei im Rahmen einer Stellungnahme zum Thema Wobau“ erfolgt. Wieso das - vom Antragsgegner nicht allgemein in Frage gestellte - Sachlichkeitsgebot nicht gelten solle, wenn der Bürgermeister zwar als Amtsperson auftrete, jedoch nicht „hoheitlich“ tätig werde, macht die Beschwerdebegründung jedoch nicht plausibel.

15

Die abschließende Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Antragsgegner habe bei seiner Äußerung am 23.06.2010 keinen konkreten Sachverhalt erkennen lassen, zieht der Antragsgegner nicht substantiiert in Zweifel. Er räumt vielmehr ein, dass es sich bei der Aussage „offenkundig um eine subjektive Stellungnahme ohne Tatsachengehalt zu den Ausführungen des Antragstellers“ handele, die aber auf einem „vertretbar gewürdigten Tatsachenkern“ beruhe (vgl. Seite 5 der Beschwerdebegründung). Dass der Antragsgegner geltend machen will, die Tatsachen, die seine Meinungsäußerung rechtfertigen könnten, auch zugleich konkret miterwähnt zu haben, ist der Beschwerdebegründung dagegen nicht zu entnehmen. Insofern fehlt es an einer substantiierten Auseinandersetzung mit den vom Verwaltungsgericht angestellten Erwägungen, die erkennbar zu der Bedingung in der erlassenen einstweiligen Anordnung geführt haben.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 53 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

17

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Die Behörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Die Behörde ist berechtigt, die Vorlage des Dokuments zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.