Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 06. Apr. 2017 - 8 A 92/16

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2017:0406.8A92.16.0A
bei uns veröffentlicht am06.04.2017

Tatbestand

1

Der Kläger ist nach eigenen Angaben somalischer Staatsangehöriger, dem Clan der Madhiban zugehörig. Er reiste am 13.07.2017 auf dem Landweg kommend über Italien in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 18.08.2014 einen Asylantrag. Der Antragsteller hat bereits in Italien ein Asylverfahren durchgeführt und erhielt in diesem Zusammenhang dort subsidiären Schutz.

2

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid 24.11.2015, mit welchem sein Asylantrag aufgrund des in Italien erlangten internationalen Schutzes als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Italien angedroht wurde.

3

Der Kläger hat am 08.12.2015 Klage gegen den Bescheid vom 24.11.2015 erhoben. Zur Begründung schilderte der Kläger in der mündlichen Verhandlung seine Lebensumstände in Italien. Er sei dort obdachlos gewesen und habe auf der Straße gelebt. Er habe keine Bildung und kein richtiges Leben gehabt. Bei der Kirche habe es lange Warteschlangen für Essen gegeben. Auch habe er dort immer nur für eine Nacht schlafen können. Problematisch sei es auch gewesen, Duschmöglichkeiten zu finden. Als er in Italien angekommen sei, habe er in einem Camp leben müssen. Das Camp habe er verlassen müssen, als er den Schutzstatus erlangt habe. Er beherrsche die italienische Sprache nicht und durfte in Italien nicht zur Schule gehen. Er habe keine Ausbildung und in Italien auch keine Arbeit gehabt. Darüber hinaus verweist er auf den Report der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus August 2016. Insbesondere führt er aus, dass eine Rückkehr in die Aufnahmeeinrichtung (SPRAR) nicht möglich sei, wenn diese einmal verlassen worden sei bzw. wenn – wie hier – die Höchstaufenthaltsdauer dort erreicht sei. Zudem läge die Arbeitslosenquote in Italien für 15- bis 29-jährige bei rund 29 Prozent. Ihm sei es nicht möglich, durch Arbeit sein Existenzminimum zu sichern. Mangels Ausbildung und Sprachkenntnissen sei er chancenlos. ihm drohen menschenunwürdige prekäre Lebensverhältnisse. Bezüglich der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.04.2017 gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO verwiesen.

4

Der Kläger beantragt,

5

unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 24.11.2015, die Beklagte zu verpflichten, Abschiebungsverbote festzustellen.

6

Die Beklagte beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Zur Begründung stützt sich die Beklagte auf ihre Ausführungen im oben genannten Bescheid, auf den gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO Bezug genommen wird.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

I.

10

Die Klage ist zulässig. Streitgegenstand ist Ziffer 2 des Bescheides der Beklagten vom 24.11.2015, wonach die Abschiebung nach Italien angedroht wird. Statthafte Klageart ist die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO). Der Kläger begehrt die Feststellung von Abschiebungsverboten durch die Beklagte. Das Gericht legt den Antrag gemäß § 88 VwGO dergestalt aus, dass die Feststellung begehrt wird, dass Abschiebungshindernisse bzgl. des Staates bestehen, für das die Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid – hier Italien – ausgesprochen wurde. Da der streitgegenständliche Bescheid bereits ein Abschiebungsverbot in den Herkunftsstaat Somalia enthält, bestünde andernfalls kein Rechtsschutzbedürfnis für den Klageantrag mehr.

II.

11

Die Klage ist nicht begründet. Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 2 des Bescheids vom 24.11.2015 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Das Gericht stellt bei seiner Entscheidung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung ab, § 77 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz AsylG, insbesondere ist hier daher das AsylG in der Fassung des Art. 6 des Gesetzes vom 31.07.2016 - BGBl. I S. 1939 – Integrationsgesetz – zuletzt jedoch geändert durch Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes vom 4.11.2016 (BGBl. I S. 2460) anzuwenden.

12

Die Abschiebungsandrohung kann nach dem Inkrafttreten des Integrationsgesetzes auf § 35 AsylG gestützt werden. Da die Vorschrift des § 35 AsylG die Vorschrift des § 34 AsylG für den Fall der Unzulässigkeit eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG modifiziert und ergänzt, indem sie den Zielstaat der angedrohten Abschiebung bestimmt, sind im Übrigen die Voraussetzungen des § 34 AsylG zu prüfen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.08.2016 - 13 A 63/15.A; Pietzsch, in: BeckOK, AuslR, Stand: August 2016; § 35 AsylG, Rn. 2). Die Voraussetzungen für die Abschiebungsandrohung liegen vor. Der Abschiebungsandrohung stehen insbesondere keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG entgegen (vgl.l § 34 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG).

13

1. Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Bei der Prüfung ist zu beachten, dass Italien selbst Mitgliedstaat der Europäischen Union und damit Teil des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist, das sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta sowie der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 GrCh und Art. 78 AEUV) stützt. Insoweit gilt in Bezug auf Italien als Mitgliedstaat auch das aus Art. 16a Abs. 2 GG basierende Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, Urteil vom 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93 –, zitiert nach juris).

14

Nach dem Konzept der normativen Vergewisserung über die Sicherheit im Drittstaat gelten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union als sicher kraft Entscheidung des Grundgesetzes, da sie bereits aufgrund ihrer eigenen Verpflichtung durch das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.1951 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK) und der EMRK den gebotenen Schutz gewährleisten (vgl. BVerfG, aaO, Rn. 181, zitiert nach juris). Aufgrund dieser generellen Feststellung der Sicherheit im Drittstaat bedarf es keiner Schutzgewährung durch die Bundesrepublik Deutschland. Über den Asylausschluss hinaus folgt aus dem Konzept der normativen Vergewisserung, dass sich der Ausländer gegenüber einer Abschiebung in den sicheren Drittstaat nicht auf Abschiebungsschutz gemäß §§ 3 Abs. 1; 4 Abs. 1 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG berufen kann, weil dieser Abschiebungsschutz bereits in das Konzept der normativen Vergewisserung mit einbezogen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 14.05.1996, a.a.O.). Nur in engen Grenzen hat das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit aufgezeigt, die Vermutung der Sicherheit im Drittstaat ausnahmsweise zu entkräften. Eine solche Ausnahme kommt beispielsweise in Betracht, wenn Abschiebungsverbote durch tatsächliche Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzeptes aus sich selbst heraus gesetzt sind. Außerdem kann eine Ausnahmesituation durch begründet werden, dass der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden Maßnahmen ergreift, die als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne des Art. 3 EMRK zu qualifizieren sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 14.5.1996, a.a.O., vgl. hierzu auch ausführlich: VG Lüneburg, Urteil vom 13.12.2016 – 8 A 175/16, zitiert in juris).

15

Ein solcher Ausnahmefall, der das Konzept der normativen Vergewisserung entkräften und zu der Annahme führen könnte, dass die Sicherheit des Klägers in Italien nicht gegeben ist, liegt hier nicht vor.

16

Der Kläger macht zwar geltend, dass er in Italien obdachlos gewesen sei. Ihm sei weder eine Unterkunft mit Waschmöglichkeiten gestellt worden, noch habe eine ausreichende Nahrungsversorgung etwa durch Hilfsorganisationen – wie die Kirche - bestanden, noch habe er mangels Ausbildungs- und Sprachkenntnissen sowie aufgrund der insgesamt schlechten Arbeitsmarktsituation aus den prekären Lebensverhältnissen wohl nicht selbst befreien können, stellt das Gericht diese Umstände nicht in Abrede. Dennoch sieht das Gericht hierin keine systemischen Mängel in den Aufnahmebedingungen, die zu einer Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK führen. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln stehen anerkannten Flüchtlinge in Italien dieselben Rechte zu wie italienische Staatsbürger. Das Verwaltungsgericht Berlin hat zur Situation anerkannter Flüchtlinge im Anschluss an das VG Düsseldorf überzeugende wie folgt ausgeführt (vgl. VG Berlin Urteil vom 25.01.2016 _ – 34 K 162.15.A und VG Düsseldorf, Urteil vom 03.07.2015 – VG 13 K 1028/15.A –, beide zitiert nach juris):

17

Sie erhalten mit der Anerkennung ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht und freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Es existiert eine staatliche Arbeitsvermittlung auf regionaler Ebene. Die Möglichkeit zur Aufnahme eines eigenen Gewerbes oder Handwerks besteht grundsätzlich und wird nach Möglichkeit gefördert. Die konkreten Chancen anerkannter und damit dauerhaft in Italien lebender Personen auf dem Arbeitsmarkt hängen von unterschiedlichen Umständen ab: der aktuellen Arbeitsmarktlage in der betreffenden Region, der Qualifikation, dem Engagement und dem Integrationswillen der Person, der Unterstützung Dritter und der Community. Weiterhin ist die Gesundheitsfürsorge für alle Ausländer, die einen Status haben, gewährleistet, es existiert ein kostenfreier Zugang zu sämtlichen öffentlichen medizinischen Leistungen, wofür aber ein Registrierung erforderlich ist; sie sind den italienischen Staatsangehörigen insoweit gleichgestellt (vgl. Bundesamt , Leitfaden Italien, Stand: Oktober 2014, m.w.N.).

18

Entsprechendes gilt auch für weitere Fürsorgeleistungen. Dem italienischen System ist es dabei zu eigen, dass – anders als in der Bundesrepublik Deutschland – auch italienische Staatsangehörige kein national garantiertes Recht auf Fürsorgeleistungen haben. Es gilt das Prinzip der Eigenverantwortung. Daher müssen sich Ausländer, wie die Italiener auch, in der Praxis etwa selbst um eine Unterkunft bemühen. In Italien gibt es für italienische Staatsangehörige - somit auch für anerkannte Flüchtlinge, die Ihnen gleichgestellt sind - kein national garantiertes Recht auf Fürsorgeleistungen zur Lebensunterhaltsicherung vor dem 65. Lebensjahr (vgl. Bundesamt, Leitfaden Italien, Stand: Oktober 2014, m.w.N.).

19

Die vorstehenden Ausführungen berücksichtigend, kommen insgesamt Personen mit einem internationalen Schutzstatus dieselben Rechte auf Fürsorge, Unterkunft und medizinische Versorgung zu wie (mittellosen) italienischen Staatsangehörigen. Den Auskünften sind diesbezüglich auch keine hinreichenden - eine andere Beurteilung rechtfertigenden - Anhaltspunkte für eine massiv diskriminierende Vollzugspraxis zu entnehmen (vgl. VG Düsseldorf, U. v. 27.07.2013 – 6 K 7204/12.A –, zitiert nach juris). Somit ist eine Verletzung der in Artikel 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote nicht erkennbar, so dass unter diesem Aspekt eine Verletzung von Artikel 3 EMRK ausscheidet.

20

Darüber hinaus liegen keine sonstigen allgemeinen humanitären Gründe vor, die der Rückführung (…) nach Italien zwingend entgegenstehen würden. Ungeachtet der Frage, ob bzw. wann überwiegend auf Armut zurückzuführende schlechte humanitäre Bedingungen den für eine Verletzung von Artikel 3 EMRK erforderlichen Schweregrad erreichen (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 31.01.2013 – 10 C 15.12 –, zitiert nach juris), wonach Artikel 3 EMRK bei einer lebensbedrohlichen Mangellage bzw. einer zum Ausschluss selbstbestimmter Handlungen führenden Existenznot tangiert ist), lassen die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse nicht darauf schließen, dass der Kläger nach seiner Rückführung nach Italien dort Lebensbedingungen ausgesetzt wäre, die für ihn auf unabsehbare Zeit eine Lage existenzbedrohender (extremer) materieller Armut befürchten ließen.

21

So hat das Auswärtige Amt zuletzt in seiner Stellungnahme vom 21. Januar 2013 ausgeführt, dass anerkannte Flüchtlinge von Hilfsorganisationen (z.B. Caritas, CIR) Unterstützung bekommen können, wenngleich sie auch – wie alle Italiener – grundsätzlich in eigener Verantwortung und ohne staatliche finanzielle Hilfe bzw. Sozialleistungen eine Wohnung und einen Arbeitsplatz suchen müssen. Unterstützung für Integrationsprogramme (z.B. Aus- und Fortbildung) existiert ebenfalls über lokale Behörden, Stiftungen, Gewerkschaften, Hilfsorganisationen oder auch Nichtregierungsorganisationen, die teilweise miteinander vernetzt sind (vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft vom 21. Januar 2013, Ziff. 7.1., 7.3.).

22

Zwar kann die soziale Situation der anerkannten Schutzberechtigten nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft vom 21. Januar 2013, Ziff. 5.5, 7; so auch VG Düsseldorf, U. v. 27.06.2013 – 6 K 7204/12.A –, zitiert nach juris) oftmals härter sein, als die der Asylsuchenden, da sie nämlich nach Abschluss des Asylverfahrens das Anrecht auf die Aufnahme in einem Aufnahmezentrum für Asylsuchende (CARA) verlieren. Sie können sich lediglich – sofern sie dort in der Vergangenheit noch keine Unterkunft bekommen haben – auf die Warteliste der lokalen Projekte im Rahmen des Schutzsystems für Asylsuchende und Flüchtlinge (SPRAR) eintragen lassen. Für die von diesem System nicht erfassten Personen bleiben nur die bereits erwähnten Unterstützungen allgemeiner Art, wie sie auch für andere Mittellose in Italien vorgesehen sind. Überstellte Personen mit Schutzstatus müssen für die Erlangung von Unterkunft und Arbeit in erster Linie Eigeninitiative zeigen und bedürfen der Hilfestellung von Nichtregierungsorganisationen. Ein Abgleiten in die Obdachlosigkeit ist zwar generell möglich, aber keineswegs zwingende Folge.

23

Wie bereits ausgeführt, ist die Gesundheitsvorsorge zwar rechtlich gewährleistet, jedoch in der Praxis zuweilen mit Schwierigkeiten verbunden. Hierzu führt das Auswärtige Amt im Januar 2013 ausdrücklich aus, dass die Gesundheitsfürsorge grundsätzlich für alle Ausländer, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, gewährleistet ist. Die Ausländer müssen sich beim Servizio Sanitario Nazionale (Nationaler Gesundheitsdienst) melden und registrieren lassen. Dafür benötigten sie einen Aufenthaltstitel, ihre Steuernummer sowie eine feste Adresse, wobei deren eigene Angabe genügt. Selbst bei einem fehlenden festen Wohnsitz können sie sich um eine Sammeladresse bemühen. Die Caritas bietet solche Adressen für Personen an, die einen solchen nicht haben, ihn jedoch u.a. für den Erhalt der Gesundheitskarte benötigen. Eine solche "virtuelle Wohnsitznahme" ist insbesondere in Rom recht umfangreich möglich. Im Übrigen steht nach vorzitierter Auskunft des Auswärtigen Amtes eine kostenfreie medizinische Versorgung selbst Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Die stets bestehende Notambulanz sei - ungeachtet einer Registrierung - für alle Personen kostenfrei zugänglich. Aktuell sei die Not- und Grundversorgung selbst für illegal aufhältige Personen garantiert (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2).

24

Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Artikel 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, B. v. 02.04.2013 – 27725/10 –, zitiert nach juris). Artikel 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 15.04.2013 – 17 L 660/13.A –, zitiert nach juris)

25

Dieser sorgfältigen und umfassenden Würdigung schließt sich das Gericht an (vgl. auch VG München, B. v. 21.02.2017 – M 1 S 17.50239; VG Düsseldorf, B. v. 18.01.2017 – 12 L 3754/16.A; VG Saarland, B. v. 29.12.2016 – 3 L 2669/16; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 18.07.2016 – 13 A 1859/14.A –; VG München, B. v. 07.07.2016 – M 1 S 16.50374 –, alle zitiert nach juris an).

26

Auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe (https://www.fluechtlingshilfe.ch/.../160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen ) ergibt sich nichts anderes.

27

Denn erstens handelt es sich hierbei nicht um das einzig richtige bzw. einzig maßgebliche Erkenntnismittel, vielmehr ergibt eine Berücksichtigung dieses Erkenntnismittels in der Zusammenschau mit anderen vorhandenen Erkenntnismitteln eben im Ergebnis, dass systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht vorliegen. Zudem macht der Bericht erst gar nicht den Versuch, die Situation in ganz Italien zu beschrieben, sondern bezieht sich ausdrücklich nur auf die beiden ausgesuchten Hotspots in Rom und Mailand, wobei noch zwei Treffen in Bologna stattgefunden haben (vgl. Bericht der SFW, a.a.O., Ziffer 1.2, S. 5) und führt selbst im Folgenden aus, dass "aufgrund der großen Unterschiede, die zwischen den einzelnen Regionen und auch auf der Ebene der Gemeinen bestehen, […] es nicht möglich [sei], einen Überblick über die Situation im ganzen Land zu geben" (vgl. Bericht der SFW, a.a.O., Z. 1.3, S. 5f.

28

Zweitens wäre die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien erst dann überschritten, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Dafür gibt es auch nach dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem August 2016 keine Hinweise (vgl. VG Schwerin, U.v.26.09.2016 – 16 A 1757/15 As SN –, juris Rn. 122), auch ansonsten ist das nicht der Fall (vgl. z.B. OVG NRW, U.v.18.07.2016 – 13 A 1859/14.A –, juris Rn. 103ff.). Hierbei verkennt es nicht, dass in Italien vieles hinsichtlich der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen nicht optimal läuft. Ohne Zweifel verlangt die hohe Zahl von Flüchtlingen nach wie vor enorme Anstrengungen von Italien. Es liegen jedoch keine verlässlichen Informationen darüber vor, dass Italien in dem Umfang nicht in der Lage wäre, darauf angemessen zu reagieren, dass es keine funktionierenden Strukturen zur Aufnahme, Behandlung und Unterbringungen von (auch dann anerkannten) Schutzberechtigten) aufweise. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bei der Bewertung von systemischen Mängeln nicht nur der Einsatz und Umfang staatlicher Unterstützungsleistungen in Ansatz gebracht werden darf, sondern auch Unterstützungsleistungen von nichtstattlichen Trägern, die in das Gesamtsystem eingebettet sind (vgl. OVG NRW, Urteil v. 07.03.2014 – 1 A 21/12; juris). Auch ist zu berücksichtigen, dass auch der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien deutlich schlechter als im Bundesgebiet darstellt – und hieran hat das Gericht keine Zweifel – noch keine systemischen Mängel begründet (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013– Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 –, ZAR 2013, 336; vgl. auch VG München, B. v. 21.02.2017 – M 1 S 17.50239, zitiert in juris). Die allgemein schlechtere Lebenssituation das Klägers in Italien ist vielmehr der Besonderheit des italienischen Sozialsystems geschuldet ist, das weitaus weniger weitreichend und absichernd ist, wie das deutsche Sozialsystem. Diese politische Entscheidung des italienischen Staates, dass ein höheres Maß an Eigeninitiative seiner Bürger und auch des Klägers abverlangt, ist jedoch strukturell nicht zu beanstanden. Nicht unerwähnt soll hierbei blieben, dass im Hinblick auf Unterbringung nunmehr auch anerkannt Schutzberechtigte ein Zugangsrecht zum sog. "public housing" im selben Umfang wie einheimische Bürger haben (vgl. AIDA, Country Report: Italy, 2016, S. 111). Dass der Kläger als subsidiär Schutzberechtigter einer besonders verletzlichen Personengruppe angehört, die das von ihm seitens Italien geforderte hohe Maß an Eigeninitiative nicht aufbringen könnte (vgl. VG Kassel, B. v. 18.10.2016 – 4 L 1781/16.KS.A), ist weder vorgetragen worden, noch liegen hierfür Anhaltspunkte vor.

29

Das Gericht schließt sich auch der Bewertung in dem streitbefangenen Bescheid an, worauf verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).

30

3. Weitere individuelle zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse i.S.v. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG, die vom Konzept der normativen Vergewisserung nicht abgedeckt sind, wie beispielsweise eine bestehende individuelle Reise- und Transportunfähigkeit oder etwa eine schwerwiegende Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, hat der Kläger nicht vorgetragen. Anderweitige Anhaltspunkte liegen dem Gericht insoweit auch nicht vor.

31

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.

32

5. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 06. Apr. 2017 - 8 A 92/16

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 06. Apr. 2017 - 8 A 92/16

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 06. Apr. 2017 - 8 A 92/16 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29 Unzulässige Anträge


(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 35 Abschiebungsandrohung bei Unzulässigkeit des Asylantrags


In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 06. Apr. 2017 - 8 A 92/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 06. Apr. 2017 - 8 A 92/16 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 21. Feb. 2017 - M 1 S 17.50239

bei uns veröffentlicht am 21.02.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe I. Der Antragsteller ist nach seinen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger und am …10.2016 n

Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Juli 2016 - M 1 S 16.50374

bei uns veröffentlicht am 07.07.2016

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe I. Der Antragsteller ist am ... geboren, eriträischer Staatsangehöriger und nach eigenen Angaben a
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 06. Apr. 2017 - 8 A 92/16.

Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 10. Juli 2017 - 5 B 1225/17 As HGW

bei uns veröffentlicht am 10.07.2017

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. 1 Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen d

Referenzen

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist nach seinen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger und am …10.2016 nach Deutschland eingereist. Er stellte am 11.10.2016 Asylantrag.

Nachdem eine EURODAC - Abfrage ergab, dass sich der Antragsteller zuvor in Italien aufgehalten hatte, richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gemäß der Dublin III-VO am 05.12.2016 ein Übernahmeersuchen an Italien, das unbeantwortet blieb.

Mit Bescheid vom 16. Januar 2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids), stellte fest, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2 des Bescheides) und ordnete die Abschiebung des Antragstellers nach Italien an (Nr. 3 des Bescheides). In Nr. 4 des Bescheides wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.

Der Antragsteller erhob durch seinen Bevollmächtigten am …1.2017 Klage gegen den vorgenannten Bescheid (Az. M 1 K 17.50238). Der Bevollmächtigte beantragte zugleich im vorliegenden Verfahren,

die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO.

Zur Begründung führte der Bevollmächtigte aus, dass in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens wie auch der Aufnahmebedingungen und der Behandlung von Schutzberechtigten und Asylbewerbern vorliegen würden. Die soziale und medizinische Versorgung sei völlig unzureichend. Der Antragsteller leide zudem an Augen- und Magenproblemen, es bestehe der Verdacht auf ein Trachom. Hinzu kämen psychische Probleme, insbesondere eine posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), die der Antragsteller aber bislang verdrängt habe. Schließlich müsse beim Antragsteller noch eine Echinokokkuszyste abgeklärt werden. Der Antragsteller sei verheiratet und Vater von Zwillingen (geb. am …2015 in R* …*). Die Ehefrau lebe mit den Kindern als Asylbewerberin in E* … Sie sei mit den Kindern massiv überfordert und brauche die tatkräftige Unterstützung des Antragstellers.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug verwiesen.

II.

Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Antrag ist unbegründet.

Die vom Antragsteller eingelegte Klage entfaltet von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundlage der Entscheidung ist eine eigene Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Ein gewichtiges Indiz sind dabei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, da die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG rechtmäßig ist. Nach § 34a Abs. 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Das Bundesamt hat zu Recht seine Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens abgelehnt (1.) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten oder Abschiebungshindernissen verneint (2.).

1. Italien hat das fristgerecht gestellte Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin bislang nicht beantwortet. Sonach ist gemäß Art. 22 Abs. 7 bzw. Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass von italienischer Seite dem Übernahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person (wieder) aufzunehmen. Italien ist damit der allein zuständige Mitgliedstaat nach der Dublin III-VO.

Besondere Umstände, die die ausnahmsweise Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 der Dublin III-VO begründen oder nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO rechtfertigen bzw. bedingen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann der Antragsteller seiner Überstellung nach Italien nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Grundrechtecharta (GRCh) mit sich bringen, sodass eine Überstellung nach Italien unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 der Dublin III-VO).

Nach dem Konzept der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 ua - juris) und dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) steht. Diese Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Den nationalen Gerichten obliegt im Einzelfall die Prüfung, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesem Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber implizieren (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O Rn. 86). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 5 f. m. w. N.). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

Dies zugrunde gelegt, ist in Bezug auf Italien nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller bei einer Überstellung dorthin eine menschenunwürdige Behandlung im vorgenannten Sinne droht. Es ist nicht hinreichend ersichtlich, dass in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen. Das Gericht schließt sich insoweit der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (vgl. aktuell OVG NRW, U.v. 21.6.2016 - 13 A 1896/14.A - juris Rn 32 ff; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte vom 13.01.2015 (Nr. 51428/10) und vom 30.06.2015 (Nr. 39350/13)). Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Dies und auch die zum Teil lange Dauer der Asylverfahren sind darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der momentan hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Die im Bereich der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin feststellbaren Mängel und Defizite sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen „Dublin-Rückkehrer“ nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NW, U.v. 21.6.2016 a.a.O). Es ist im Grundsatz davon auszugehen, dass Italien über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, völker- und unionsrechtskonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, das trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. In Italien bestehen ausdifferenzierte Strukturen zur Aufnahme von Asylbewerbern, auch speziell für „Dublin-Rückkehrer“. Diese befinden sich in staatlicher, in kommunaler, kirchlicher oder privater Trägerschaft und werden zum Teil zentral koordiniert (vgl. VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 - juris Rn. 24 m. w. N.). Das italienische Recht gewährt den Asylsuchenden zudem ab dem Zeitpunkt des Asylantrags Zugang zu diesen Unterbringungsmöglichkeiten. In der Praxis wird zwar der Zugang zu den Aufnahmezentren häufig erst von der formellen Registrierung des Asylantrags abhängig gemacht, so dass hierdurch eine Zeitspanne ohne Unterbringung entstehen kann. Die Behörden sind jedoch darum bemüht, diese zu verringern (vgl. VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 a.a.O.). Auch „Dublin-Rückkehrer“ haben bei ihrer Ankunft in Italien nach Kapazität sofort Zugang zu bestimmten Unterkünften; es ist auch gewährleistet, dass sie nach ihrer Rückkehr ihr ursprüngliches Asylverfahren weiterbetreiben bzw. einen Asylantrag stellen können, wenn sie das noch nicht getan haben.

Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt, sondern vielmehr nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann auch für die Personengruppe der „Dublin-Rückkehrer“, der der Antragsteller angehört, nach alledem nicht angenommen werden (vgl. aktuell VG München, U.v.10.5.2016 - M 12 K 15.50474 - juris Rn. 43).

2. Die Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bescheids bleibt voraussichtlich auch insoweit ohne Erfolg, als im Rahmen der Anordnung zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen sind (zu dieser Prüfungspflicht siehe BayVGH, B.v. 12.3.2014, Az. 10 CE 14.427 - juris).

a. Die vorgetragenen gesundheitlichen Beschwerden können der Abschiebungsanordnung nicht entgegengehalten werden. Das Gesetz stellt hohe Anforderungen an die Berücksichtigungsfähigkeit gesundheitlicher Einwendungen, sowohl was die Schwere des Leidens als auch den qualifizierten ärztlichen Nachweis betrifft (siehe § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4, § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG). Es ist schon sehr zweifelhaft, ob diesen Anforderungen hier Genüge getan ist. Jedenfalls wären die Leiden in Italien behandelbar. Nach dem vorgelegten Schreiben der Ärztin des Gesundheitsreferats ist ein Verdacht auf ein Trachom abzuklären. Ein Trachom ist eine durch das Bakterium Chlamydia trachomatis (Übertragung durch Kontaktinfektion) verursachte chronische Entzündung der Binde-/Hornhaut des Auges, die in allen tropischen und subtropischen Regionen mit mangelhafter Hygiene verbreitet ist; insgesamt sind daran 400 bis 500 Millionen Menschen auf der Erde erkrankt (siehe Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort Trachom). Die Behandlung erfolgt durch Antibiotika (Tetracycline) und Sulfonamid-Augensalbe, ggf. chirurgische Therapie. Bei der nach dem vorgelegten Attest der Ärztin für Allgemeinmedizin/Innere Medizin abzuklärenden Echinokokkuszyste handelt es sich um den Verdacht auf Bandwurmbefall. Diese Erkrankungen, so sich der Verdacht auf ihr Bestehen überhaupt bestätigen sollte, sind in Italien behandelbar, ebenso wie die von dieser Ärztin des Weiteren diagnostizierten psychischen Probleme. Italien verfügt über eine umfassende Gesundheitsfürsorge, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Das gilt auch für die psychologische und psychiatrische Behandlung (siehe zum Gesundheitssystem und den Behandlungsmöglichkeiten in Italien VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 -, juris Rn. 26 m.w.N.); VG Düsseldorf, B.v. 3.7.2015 - 13 K 6850/14. -, juris; VG München, B.v. 30.6.2016 - M 26 S. 16.50292 -, juris Rn. 22; OVG Münster, U.v.7.7.2016 - 13 A 2132/15.A, juris). Ebenso schließen diese Leiden die Reisefähigkeit des Antragstellers nicht aus.

b. Der Einwand, die in Deutschland als Schutzsuchende sich aufhaltende Ehefrau des Antragstellers sei mit ihren beiden gut einjährigen Zwillingen überfordert und benötige die Hilfe des Antragstellers, begründet für den Antragsteller kein inlandsbezogenes rechtliches Abschiebungshindernis. Die Dublin III-VO trägt dem Grundsatz der Einheit der Familie und des Wohls des Kindes Rechnung (siehe Dublin III-VO, EG 13 bis 17) und gestaltet den Grundsatz mit bestimmten Maßgaben und Voraussetzungen näher aus (siehe Art. 9 bis 11, 16 Dublin III-VO). Die sich in Kapitel III. der Dublin III-VO findenden Art. 9 bis 11 Dublin III-VO betreffen die Phase der Bestimmung des für das Schutzgesuch zuständigen Mitgliedstaats, welche hier mit der Zuständigkeit Italiens nach Art. 22 Abs. 7 bzw. Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO abgeschlossen ist (s.o. Nr. 1). Nach dem sich in Kapitel IV der Dublin III-VO findenden Art. 16 Abs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO entscheiden die Mitgliedstaaten, wenn das Kind eines Antragsteller oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen ist, in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben. Vorliegend fehlt es an einem rechtmäßigen Aufenthalt der Kinder oder des Elternteils. Ein bloßes gesetzliches, vorübergehendes, verfahrensbegleitendes Aufenthaltsrecht wie etwa § 81 Abs. 3 Satz 1 bzw. Abs. 4 Satz 1 AufenthG oder nach § 55 Abs. 1 AsylG begründet keinen rechtmäßigen Aufenthalt in dem vorstehend genannten Sinne (VG Düsseldorf, B.v. 8.4.2015 - 13 L 914/15.A -, juris Rn. 17). Des Weiteren fehlt es am Bestehen einer familiären Bindung bereits im Herkunftsland, da die Zwillinge erst am …2015 in Deutschland geboren wurden. Auch ist zweifelhaft, ob die Mutter und die Zwillinge wirklich der Unterstützung durch den Antragsteller bedürfen; das insoweit vorgelegte fünfzeilige Attest von Dr. M. genügt bei weitem nicht den Anforderungen an die Darlegung der auch am Wohl der Kinder orientierten Notwendigkeit. Außerdem liegt kein schriftlicher Nachweis der Mutter darüber vor, dass sie überhaupt eine Hilfe durch den Antragsteller und seine familiäre Anwesenheit wünscht.

Im Besonderen ist aber keineswegs klar, ob die Zwillinge überhaupt Kinder des Antragstellers sind. Ausweislich der Niederschrift über die Anhörung des Antragstellers vor dem BAMF am 18.10.2016 (siehe Behördenakt) hat dieser angegeben, dass ihn in Nigeria seine schwangere Ehefrau im Februar 2014 verlassen habe; sie habe ihn angerufen und mitgeteilt, dass sie zum Schutz ihrer Schwangerschaft in Europa sei. Demnach müssten - wie der Befragende gegenüber dem Antragsteller einwandte - die Zwillinge nicht erst am …2015, sondern schon ca. im November/Dezember 2014 geboren worden sein; eine Erklärung blieb der Antragsteller, der nach seinen Angaben Nigeria am 18.2.2016 verlassen hat, schuldig. Auch ist sehr zweifelhaft, ob der Antragsteller überhaupt, wie behauptet, mit der Mutter der Zwillinge verheiratet ist. Die vorgelegte Heiratsurkunde einer christlichen Glaubensgemeinschaft in Nigeria belegt dies keineswegs. Zum einen steht noch eine Echtheitsprüfung des Dokuments aus. Zum anderen ist für den Nachweis des Bestehens einer Ehe eine amtliche, staatliche Urkunde erforderlich. Entscheidend aber ist, dass nicht überprüfbar ist, ob der Antragsteller tatsächlich der in der Urkunde genannte Bräutigam ist. Denn die Identität des Antragstellers ist ungeklärt, da er keinerlei Dokumente zu seiner Identität vorgelegt hat (siehe hierzu Anhörung des Antragstellers vor der Regierung von Oberbayern am 21.10.2016 im Behördenakt).

Aus Art. 6 GG, Art. 8 EMRK ergeben sich - ungeachtet der Frage, inwieweit diese Rechte neben den genannten Grundsätzen der Dublin III-VO im Dublin III-VO-Verfahren überhaupt Bedeutung erlangen - keine anderen Gesichtspunkte.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist am ... geboren, eriträischer Staatsangehöriger und nach eigenen Angaben am 17. November 2015 in das Bundesgebiet eingereist, wo er am 12. Februar 2016 ohne Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels angetroffen wurde.

Bei einer Erstbefragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab er an, über Italien und die Schweiz nach Deutschland eingereist zu sein. In Italien habe er sich 4 Tage lang aufgehalten. In der Schweiz habe er am 14. August 2015 einen Asylantrag gestellt. Eine Eurodac-Anfrage ergab am 13. Februar 2016 einen Treffer für Italien.

Ein Wiederaufnahmegesuch der deutschen Behörden an die Schweiz vom 25. Februar 2016 wurde vom Schweizer Staatssekretariat für Migration SEM mit Schreiben vom 29. Februar 2016 mit der Begründung abgelehnt, die Schweiz habe die italienischen Behörden um Übernahme ersucht. Am 1. November 2015 hätten die italienischen Behörden das Ersuchen stillschweigend gutgeheißen. Eine Überstellung an Italien habe jedoch nicht stattfinden können, da der Antragsteller untergetaucht sei. Es werde gebeten, das Übernahmegesuch an Italien zu richten. Auf das Wiederaufnahmegesuch auf Grundlage des Art. 23, Art. 18 Abs. 1 b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) vom 23. März 2016 an die zuständigen italienischen Behörden erfolgte innerhalb von zwei Wochen keine Reaktion.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2016, zugestellt am 15. Juni 2016, ordnete das Bundesamt die Abschiebung nach Italien an (Nr. 1). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG) wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 2). Italien sei aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 b Dublin-III-VO für die Behandlung dieses Antrags zuständig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die gegen eine Überstellung nach Italien sprächen, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots richte sich nach § 75 Nr. 12, § 11 Abs. 2 AufenthG.

Gegen den Bescheid des Bundesamts hat der Antragsteller am ... Juni 2016 Klage erhoben (M 1 K 16.50373). Er beantragt zudem,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung lässt er vortragen, er sei krank und seit November 2015 im Bundesgebiet mehrfach operiert worden. Eine Nachbehandlung sei erforderlich. Da das italienische Asylsystem systematische Schwachstellen aufweise, sei seine Überstellung nach Italien derzeit unmöglich. Außerdem habe er in Italien eine Verletzung i. S. d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) zu befürchten. Der Antragsteller verweist auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 4. November 2014 (Nr. 29217/12 Tarakhel), die auf den vorliegenden Fall übertragbar sei. Danach sei die Lage von Flüchtlingen in Italien nicht haltbar, das Identifikationsverfahren sei langsam, es gebe ein Missverhältnis zwischen der Zahl der gestellten Asylanträge und der der Aufnahmeplätze. Die Kapazität Italiens sei erschöpft, weitere Asylbewerber könnten nur unter Hinnahme menschenrechtswidriger Möglichkeiten untergebracht werden. Er sei am ... Juli 2016 operiert worden und nicht reisefähig, was ein vorläufiger Arztbrief gleichen Datums belege. Zudem leide er an einer Kreuzbandruptur. Ein weiterer Arztbrief vom ... Dezember 2015 belege, dass ihm eine Baker-Zyste habe entnommen werden müssen.

Die Antragsgegnerin legte am 26. Januar 2016 die Behördenakten vor und stellte bisher keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Antrag ist unbegründet.

Die vom Antragsteller eingelegte Klage entfaltet von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundlage der Entscheidung ist eine eigene Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Ein gewichtiges Indiz sind dabei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, da die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG rechtmäßig ist. Nach § 34a Abs. 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

1. Vorliegend ist Italien als erster Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller einen Asylantrag gestellt hat, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Aufgrund der fehlenden fristgerechten Reaktion Italiens auf das Wiederaufnahmegesuch vom 23. März 2016 ist nach Art. 25 Abs. 2 i. V. m. Art. 18 Abs. 1 b Dublin-III-VO davon auszugehen, dass diesem stattgegeben wird. Es ist daher zu unterstellen, dass Italien als Mitgliedstaat der Europäischen Union seiner sich aus Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO ergebenden Verpflichtung, den Antragsteller wieder aufzunehmen, nachkommen und ihm tatsächlich Zugang zum italienischen Asylverfahren verschaffen wird. Das Wideraufnahmegesuch wurde am 23. März 2016 und damit innerhalb von zwei Monaten nach der Eurodac-Treffermeldung vom 13. Februar 2016 gestellt, so dass Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO nicht verletzt ist.

2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden. Es liegen keine Gründe i. S. d. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO vor, die der Überstellung des Antragstellers nach Italien entgegenstünden.

Nach dem Konzept der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) und dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10, C-493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechtscharta, der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der EMRK steht. Diese Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Den nationalen Gerichten obliegt vielmehr die Prüfung, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Grundrechtscharta implizieren (EuGH v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 86). Dabei ist die Vermutung nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. Vielmehr ist von systemischen Mängeln nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris; B. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris).

Gemessen an diesem Maßstab und übereinstimmend mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris) stehen der Rückführung des Antragstellers nach Italien derzeit keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegen. Auch wenn es vorkommen mag, dass das Asylverfahren in Italien zum Teil lange dauert und Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags auf sich alleine gestellt und zum Teil obdachlos sind, ist dies doch darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Dennoch ist in Italien ein an sich funktionierendes Asylsystem vorhanden. Es gibt Strukturen zur Aufnahme von Asylbewerbern und von Dublin-Rückkehrern. Die vorhandenen, nicht unerheblichen Mängel des italienischen Aufnahme- und Versorgungssystems sind zur Überzeugung des entscheidenden Gerichts nicht derart gravierend, dass von einem grundlegenden, systemischen Versagen Italiens in dem Sinne ausgegangen werden könnte, dass Asylsuchende mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechtscharta zu rechnen hätten (vgl. auch VG Ansbach, U. v. 11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 - juris Rn. 22 ff. m. w. N.; VG Hannover, U. v. 7.12.2015 - 13 A 3503/15 - juris; VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 43 ff.; OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris). Der teilweise hiervon abweichenden Rechtsprechung (vgl. etwa VG Düsseldorf, U. v. 15.12.2015 - 12 K 7303/15.A - juris Rn. 33) folgt das entscheidende Gericht nicht.

Aus der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschen-rechte betreffend die Abschiebung einer Familie mit minderjährigen Kindern nach Italien (EGMR, U.v. 4.11.2014 - Nr. 29217/12 Tarakhel - NVwZ 2015, 127), auf die der Antragsteller besonders hinweist, ergibt sich nichts anderes. Hiernach ist sorgfältig und auf die Person des Betroffenen ausgerichtet zu prüfen, ob aufgrund der allgemeinen Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien und der besonderen Lage des Betroffenen nachweislich ernsthafte Gründe für die Annahme bestehen, dass er im Fall der Überstellung nach Italien Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Die Überstellung ist auszusetzen, wenn die Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung nachgewiesen ist (EGMR, U. v. 4.11.2014 a. a. O. Rn. 104 f.). Der EGMR geht davon aus, dass aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen und des Auswärtigen Amtes ernstliche Zweifel an der jetzigen Kapazität des italienischen Systems bestünden. Danach könne die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass eine erhebliche Zahl von Asylbewerbern keine Unterkunft finde oder in überbelegten Einrichtungen auf engstem Raum oder sogar in gesundheitsschädlichen oder gewalttätigen Verhältnissen untergebracht werde. Jedoch verhinderten Struktur und allgemeine Lage der Aufnahme in Italien allein nicht jegliches Überstellen von Asylbewerbern in dieses Land (EGMR, U. v. 4.11.2014 a. a. O. Rn. 115). Für den Fall der Abschiebung einer Familie mit minderjährigen Kindern fordert der EGMR die Abgabe einer Zusicherung durch die italienischen Behörden, um sicherzustellen, dass die Familieneinheit erhalten bleibt und die Asylbewerber in Einrichtungen und unter Bedingungen untergebracht werden, die dem Alter der Kinder entsprechen (vgl. EGMR, U. v. 4.11.2014 a. a. O. Rn. 120; vgl. auch BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 - juris). Der EGMR stellt in seinem Urteil also nicht systemische Mängel im italienischen Asylverfahren fest. Vielmehr schränkt er die Abschiebung von Familien mit minder-jährigen Kindern nach Italien ein. Diese Entscheidung ist entgegen dem Vortrag des Antragstellers nicht auf seine persönliche Situation übertragbar. Weder gehört er als Volljähriger zu dieser Personengruppe noch kann er sich auf die zu bewahrende Familieneinheit berufen noch ergibt sich aus anderen Gründen seine besondere Schutzbedürftigkeit. Daher darf er auch ohne behördliche Zusicherung nach Italien abgeschoben werden.

Darüber hinaus sind außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts verpflichten würden, nicht ersichtlich.

Die vom Antragsteller eingewandten persönlichen Umstände stehen seiner Überstellung nach Italien ebenfalls nicht entgegen. Der von ihm vorgelegte Arztbrief einer Fachärztin für Radiologie vom ... Dezember 2016 belegt gesundheitliche Probleme im mittleren Kniegelenk, aber keine Reiseunfähigkeit. Die Fachärztin beurteilt den Zustand des Antragstellers mit „Verdacht auf ältere VKB-Ruptur“. Hinweise auf akut notwendige operative Maßnahmen erhält der Arztbrief nicht, auch nicht die Befundbestätigung „Kreuzbandruptur S83.50 LG“ vom ... April 2016 durch einen Facharzt für orthopädische Chirurgie.

Auch aus dem vorläufigen Arztbrief vom ... Juni 2016 geht eine Reiseunfähigkeit des Antragstellers nicht hervor. Er hat sich nach dem Inhalt dieses Briefes in der Zeit vom 21. zum 22. Juni 2016 im Chirurgischen Klinikum ... zur stationären Behandlung einer Hämorrhoidenerkrankung aufgehalten. Da sich der operative und postoperative Verlauf als komplikationslos gestaltet habe, sei der Antragsteller am 23. Juni 2016 mit Bitte um Wiedervorstellung zur visceralchirurgischen Sprechstunde zum 28. Juni 2016 entlassen worden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist nach seinen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger und am …10.2016 nach Deutschland eingereist. Er stellte am 11.10.2016 Asylantrag.

Nachdem eine EURODAC - Abfrage ergab, dass sich der Antragsteller zuvor in Italien aufgehalten hatte, richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gemäß der Dublin III-VO am 05.12.2016 ein Übernahmeersuchen an Italien, das unbeantwortet blieb.

Mit Bescheid vom 16. Januar 2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids), stellte fest, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2 des Bescheides) und ordnete die Abschiebung des Antragstellers nach Italien an (Nr. 3 des Bescheides). In Nr. 4 des Bescheides wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.

Der Antragsteller erhob durch seinen Bevollmächtigten am …1.2017 Klage gegen den vorgenannten Bescheid (Az. M 1 K 17.50238). Der Bevollmächtigte beantragte zugleich im vorliegenden Verfahren,

die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO.

Zur Begründung führte der Bevollmächtigte aus, dass in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens wie auch der Aufnahmebedingungen und der Behandlung von Schutzberechtigten und Asylbewerbern vorliegen würden. Die soziale und medizinische Versorgung sei völlig unzureichend. Der Antragsteller leide zudem an Augen- und Magenproblemen, es bestehe der Verdacht auf ein Trachom. Hinzu kämen psychische Probleme, insbesondere eine posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), die der Antragsteller aber bislang verdrängt habe. Schließlich müsse beim Antragsteller noch eine Echinokokkuszyste abgeklärt werden. Der Antragsteller sei verheiratet und Vater von Zwillingen (geb. am …2015 in R* …*). Die Ehefrau lebe mit den Kindern als Asylbewerberin in E* … Sie sei mit den Kindern massiv überfordert und brauche die tatkräftige Unterstützung des Antragstellers.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug verwiesen.

II.

Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Antrag ist unbegründet.

Die vom Antragsteller eingelegte Klage entfaltet von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundlage der Entscheidung ist eine eigene Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Ein gewichtiges Indiz sind dabei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, da die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG rechtmäßig ist. Nach § 34a Abs. 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Das Bundesamt hat zu Recht seine Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens abgelehnt (1.) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten oder Abschiebungshindernissen verneint (2.).

1. Italien hat das fristgerecht gestellte Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin bislang nicht beantwortet. Sonach ist gemäß Art. 22 Abs. 7 bzw. Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass von italienischer Seite dem Übernahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person (wieder) aufzunehmen. Italien ist damit der allein zuständige Mitgliedstaat nach der Dublin III-VO.

Besondere Umstände, die die ausnahmsweise Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 der Dublin III-VO begründen oder nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO rechtfertigen bzw. bedingen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann der Antragsteller seiner Überstellung nach Italien nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Grundrechtecharta (GRCh) mit sich bringen, sodass eine Überstellung nach Italien unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 der Dublin III-VO).

Nach dem Konzept der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 ua - juris) und dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) steht. Diese Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Den nationalen Gerichten obliegt im Einzelfall die Prüfung, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesem Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber implizieren (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O Rn. 86). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 5 f. m. w. N.). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

Dies zugrunde gelegt, ist in Bezug auf Italien nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller bei einer Überstellung dorthin eine menschenunwürdige Behandlung im vorgenannten Sinne droht. Es ist nicht hinreichend ersichtlich, dass in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen. Das Gericht schließt sich insoweit der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (vgl. aktuell OVG NRW, U.v. 21.6.2016 - 13 A 1896/14.A - juris Rn 32 ff; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte vom 13.01.2015 (Nr. 51428/10) und vom 30.06.2015 (Nr. 39350/13)). Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Dies und auch die zum Teil lange Dauer der Asylverfahren sind darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der momentan hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Die im Bereich der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin feststellbaren Mängel und Defizite sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen „Dublin-Rückkehrer“ nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NW, U.v. 21.6.2016 a.a.O). Es ist im Grundsatz davon auszugehen, dass Italien über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, völker- und unionsrechtskonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, das trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. In Italien bestehen ausdifferenzierte Strukturen zur Aufnahme von Asylbewerbern, auch speziell für „Dublin-Rückkehrer“. Diese befinden sich in staatlicher, in kommunaler, kirchlicher oder privater Trägerschaft und werden zum Teil zentral koordiniert (vgl. VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 - juris Rn. 24 m. w. N.). Das italienische Recht gewährt den Asylsuchenden zudem ab dem Zeitpunkt des Asylantrags Zugang zu diesen Unterbringungsmöglichkeiten. In der Praxis wird zwar der Zugang zu den Aufnahmezentren häufig erst von der formellen Registrierung des Asylantrags abhängig gemacht, so dass hierdurch eine Zeitspanne ohne Unterbringung entstehen kann. Die Behörden sind jedoch darum bemüht, diese zu verringern (vgl. VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 a.a.O.). Auch „Dublin-Rückkehrer“ haben bei ihrer Ankunft in Italien nach Kapazität sofort Zugang zu bestimmten Unterkünften; es ist auch gewährleistet, dass sie nach ihrer Rückkehr ihr ursprüngliches Asylverfahren weiterbetreiben bzw. einen Asylantrag stellen können, wenn sie das noch nicht getan haben.

Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt, sondern vielmehr nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann auch für die Personengruppe der „Dublin-Rückkehrer“, der der Antragsteller angehört, nach alledem nicht angenommen werden (vgl. aktuell VG München, U.v.10.5.2016 - M 12 K 15.50474 - juris Rn. 43).

2. Die Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bescheids bleibt voraussichtlich auch insoweit ohne Erfolg, als im Rahmen der Anordnung zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen sind (zu dieser Prüfungspflicht siehe BayVGH, B.v. 12.3.2014, Az. 10 CE 14.427 - juris).

a. Die vorgetragenen gesundheitlichen Beschwerden können der Abschiebungsanordnung nicht entgegengehalten werden. Das Gesetz stellt hohe Anforderungen an die Berücksichtigungsfähigkeit gesundheitlicher Einwendungen, sowohl was die Schwere des Leidens als auch den qualifizierten ärztlichen Nachweis betrifft (siehe § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4, § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG). Es ist schon sehr zweifelhaft, ob diesen Anforderungen hier Genüge getan ist. Jedenfalls wären die Leiden in Italien behandelbar. Nach dem vorgelegten Schreiben der Ärztin des Gesundheitsreferats ist ein Verdacht auf ein Trachom abzuklären. Ein Trachom ist eine durch das Bakterium Chlamydia trachomatis (Übertragung durch Kontaktinfektion) verursachte chronische Entzündung der Binde-/Hornhaut des Auges, die in allen tropischen und subtropischen Regionen mit mangelhafter Hygiene verbreitet ist; insgesamt sind daran 400 bis 500 Millionen Menschen auf der Erde erkrankt (siehe Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort Trachom). Die Behandlung erfolgt durch Antibiotika (Tetracycline) und Sulfonamid-Augensalbe, ggf. chirurgische Therapie. Bei der nach dem vorgelegten Attest der Ärztin für Allgemeinmedizin/Innere Medizin abzuklärenden Echinokokkuszyste handelt es sich um den Verdacht auf Bandwurmbefall. Diese Erkrankungen, so sich der Verdacht auf ihr Bestehen überhaupt bestätigen sollte, sind in Italien behandelbar, ebenso wie die von dieser Ärztin des Weiteren diagnostizierten psychischen Probleme. Italien verfügt über eine umfassende Gesundheitsfürsorge, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Das gilt auch für die psychologische und psychiatrische Behandlung (siehe zum Gesundheitssystem und den Behandlungsmöglichkeiten in Italien VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 -, juris Rn. 26 m.w.N.); VG Düsseldorf, B.v. 3.7.2015 - 13 K 6850/14. -, juris; VG München, B.v. 30.6.2016 - M 26 S. 16.50292 -, juris Rn. 22; OVG Münster, U.v.7.7.2016 - 13 A 2132/15.A, juris). Ebenso schließen diese Leiden die Reisefähigkeit des Antragstellers nicht aus.

b. Der Einwand, die in Deutschland als Schutzsuchende sich aufhaltende Ehefrau des Antragstellers sei mit ihren beiden gut einjährigen Zwillingen überfordert und benötige die Hilfe des Antragstellers, begründet für den Antragsteller kein inlandsbezogenes rechtliches Abschiebungshindernis. Die Dublin III-VO trägt dem Grundsatz der Einheit der Familie und des Wohls des Kindes Rechnung (siehe Dublin III-VO, EG 13 bis 17) und gestaltet den Grundsatz mit bestimmten Maßgaben und Voraussetzungen näher aus (siehe Art. 9 bis 11, 16 Dublin III-VO). Die sich in Kapitel III. der Dublin III-VO findenden Art. 9 bis 11 Dublin III-VO betreffen die Phase der Bestimmung des für das Schutzgesuch zuständigen Mitgliedstaats, welche hier mit der Zuständigkeit Italiens nach Art. 22 Abs. 7 bzw. Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO abgeschlossen ist (s.o. Nr. 1). Nach dem sich in Kapitel IV der Dublin III-VO findenden Art. 16 Abs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO entscheiden die Mitgliedstaaten, wenn das Kind eines Antragsteller oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen ist, in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben. Vorliegend fehlt es an einem rechtmäßigen Aufenthalt der Kinder oder des Elternteils. Ein bloßes gesetzliches, vorübergehendes, verfahrensbegleitendes Aufenthaltsrecht wie etwa § 81 Abs. 3 Satz 1 bzw. Abs. 4 Satz 1 AufenthG oder nach § 55 Abs. 1 AsylG begründet keinen rechtmäßigen Aufenthalt in dem vorstehend genannten Sinne (VG Düsseldorf, B.v. 8.4.2015 - 13 L 914/15.A -, juris Rn. 17). Des Weiteren fehlt es am Bestehen einer familiären Bindung bereits im Herkunftsland, da die Zwillinge erst am …2015 in Deutschland geboren wurden. Auch ist zweifelhaft, ob die Mutter und die Zwillinge wirklich der Unterstützung durch den Antragsteller bedürfen; das insoweit vorgelegte fünfzeilige Attest von Dr. M. genügt bei weitem nicht den Anforderungen an die Darlegung der auch am Wohl der Kinder orientierten Notwendigkeit. Außerdem liegt kein schriftlicher Nachweis der Mutter darüber vor, dass sie überhaupt eine Hilfe durch den Antragsteller und seine familiäre Anwesenheit wünscht.

Im Besonderen ist aber keineswegs klar, ob die Zwillinge überhaupt Kinder des Antragstellers sind. Ausweislich der Niederschrift über die Anhörung des Antragstellers vor dem BAMF am 18.10.2016 (siehe Behördenakt) hat dieser angegeben, dass ihn in Nigeria seine schwangere Ehefrau im Februar 2014 verlassen habe; sie habe ihn angerufen und mitgeteilt, dass sie zum Schutz ihrer Schwangerschaft in Europa sei. Demnach müssten - wie der Befragende gegenüber dem Antragsteller einwandte - die Zwillinge nicht erst am …2015, sondern schon ca. im November/Dezember 2014 geboren worden sein; eine Erklärung blieb der Antragsteller, der nach seinen Angaben Nigeria am 18.2.2016 verlassen hat, schuldig. Auch ist sehr zweifelhaft, ob der Antragsteller überhaupt, wie behauptet, mit der Mutter der Zwillinge verheiratet ist. Die vorgelegte Heiratsurkunde einer christlichen Glaubensgemeinschaft in Nigeria belegt dies keineswegs. Zum einen steht noch eine Echtheitsprüfung des Dokuments aus. Zum anderen ist für den Nachweis des Bestehens einer Ehe eine amtliche, staatliche Urkunde erforderlich. Entscheidend aber ist, dass nicht überprüfbar ist, ob der Antragsteller tatsächlich der in der Urkunde genannte Bräutigam ist. Denn die Identität des Antragstellers ist ungeklärt, da er keinerlei Dokumente zu seiner Identität vorgelegt hat (siehe hierzu Anhörung des Antragstellers vor der Regierung von Oberbayern am 21.10.2016 im Behördenakt).

Aus Art. 6 GG, Art. 8 EMRK ergeben sich - ungeachtet der Frage, inwieweit diese Rechte neben den genannten Grundsätzen der Dublin III-VO im Dublin III-VO-Verfahren überhaupt Bedeutung erlangen - keine anderen Gesichtspunkte.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.