Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Okt. 2014 - 16 S 14.50529
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der am ... 1994 geborene Antragsteller ist irakischer Staatsangehöriger. Am 29. April 2014 stellte er bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.
Nach einer am 29. April 2014 eingeholten Antragsauskunft aus dem Visainformations-System - VIS - („Fingerabdruck-Suche“) war dem Antragsteller unter den Personalien „... ..., geboren am ... 1994“ am 10. März 2014 in .../Irak ein spanisches Schengen-Visum (Visum Nr. ...) erteilt worden, gültig vom 15. März 2014 bis 14. April 2014.
Mit Bescheid vom ... August 2014, zugestellt mit Schreiben vom 26. August 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung nach Spanien an (Nr. 2 des Bescheids). Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei am 5. Juni 2014 ein Übernahmeersuchen nach der sog. Dublin-III-VO an Spanien gerichtet worden. Die spanischen Behörden hätten mit Schreiben vom 1. August 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO erklärt. Der Asylantrag sei gem. § 27a AsylVfG unzulässig, da Spanien aufgrund des erteilten Visums gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gem. Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Daher werde der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland nicht materiell geprüft. Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung nach Spanien als zuständigem Mitgliedstaat innerhalb der in Art. 29 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Dublin-III-VO festgesetzten Fristen durchzuführen. Die Anordnung der Abschiebung nach Spanien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.
Am 2. September 2014 erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers gegen diesen Bescheid Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin vom ... August 2014 aufzuheben. Sie beantragten zudem,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 3. September 2014 die Akte vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Verfahren M 16 K 14.50525 sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat keinen Erfolg.
Mit der am 6. September 2013 in Kraft getretenen Neuregelung des § 34a Abs. 2 AsylVfG durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBL. I S. 3474) ist der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO im vorliegenden Fall statthaft. Der Antrag wurde auch innerhalb der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Frist von einer Woche nach Bekanntgabe gestellt.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zwischen dem sich aus der Regelung des § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des ablehnenden Bescheids und dem Interesse des jeweiligen Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe geht die Interessenabwägung hier zulasten des Antragstellers aus, weil sich der angegriffene Bescheid des Bundesamts vom ... August 2014 nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird.
Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Solche Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft im Sinne von § 27a AsylVfG finden sich aktuell in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin-III-VO), die gemäß ihres Art. 49 Abs. 1 am 30. Juni 2013 in Kraft getreten ist. Gemäß ihres Art. 49 Abs. 2 Satz 1 ist die Dublin-III-VO auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die - wie der Antrag des Antragstellers - ab dem 1. Januar 2014 gestellt wurden.
Im Fall des Antragstellers ist davon auszugehen, dass Spanien für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist.
Die Zuständigkeit folgt aus Art. 12 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO, da dem Antragsteller von Spanien ein Schengen-Visum erteilt worden war, das bis zum 14. April 2014 gültig war. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Asylantragstellung (vgl. Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO) war das Visum erst seit weniger als sechs Monaten abgelaufen. Unerheblich ist daher, dass sich der Antragsteller noch nie zuvor in Spanien aufgehalten hat. Das Aufnahmegesuch an Spanien wurde von Seiten des Bundesamts innerhalb der nach Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-VO maßgeblichen Frist von drei Monaten nach Einreichung des Asylantrags gestellt. Dem Aufnahmegesuch wurde von dort auch stattgegeben. Spanien ist somit für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig.
Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-II-VO wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10
Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U. v. 27.4. 2010 -10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10
Das Gericht konnte sich in diesem Sinne nicht die erforderliche Überzeugungsgewissheit verschaffen, dass der Antragsteller in Spanien wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Es folgt hierzu der in der Rechtsprechung ganz vorherrschenden Auffassung, dass in Spanien systemische Mängel im dargestellten Sinne nicht bestehen (vgl. aus jüngster Zeit u. a. VG München, B. v. 28.3.2014 - M 16 S 14.50055 - juris; VG Augsburg, B. v. 27.5.2014 - Au 7 S 14.50094; VG Potsdam, B. v. 23.6.2014 - 6 L 5514.A - juris; VG Aachen, B. v. 30.6.2014 - 4 L 398/14.A - juris; VG Düsseldorf, B. v. 25.8.2014 - 13 L 1834/14. A - juris). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich die Verhältnisse in Spanien seither maßgeblich geändert hätten.
Unabhängig von der allgemeinen Situation bestehen zur Überzeugung des Gerichts auch in der Person des Antragstellers keine beachtlichen Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO vorlägen bzw. eine Ermessensreduzierung zu seinen Gunsten geboten wäre. Hierzu wurde im Übrigen auch nichts vorgetragen.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Okt. 2014 - 16 S 14.50529
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
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bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
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die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Gründe
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I.
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Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
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II.
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Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.
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1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
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"welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden."
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Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.
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Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).
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Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).
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Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).
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Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt.
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2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch.
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Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154).
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An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Gründe
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Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
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Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.
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1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
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"welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden."
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Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.
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Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).
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Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).
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Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).
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Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt.
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2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch.
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Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154).
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An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte.
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e
2Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums 4 K 1071/14.A gegen die unter Ziffer 2. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. Mai 2014 verfügte Abschiebungsanordnung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
6Ein Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, da gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) in seiner durch Art. 1 Nr. 27 b) des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) geänderten Fassung Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Abschiebungsanordnung nunmehr zugelassen sind und der in der Hauptsache erhobenen Klage keine aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylVfG).
7Der Antragsteller hat den Antrag auch innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gestellt (vgl. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG). Der auf die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG gestützte Bescheid vom 26. Mai 2014 wurde dem Antragsteller ausweislich der im Verwaltungsvorgang enthaltenen Zustellungsurkunde am 31. Mai 2014 gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG persönlich zugestellt. Der Antrag vom 6. Juni 2014 ist damit fristgerecht gestellt.
8Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
9Im Rahmen eines Aussetzungsantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse einerseits und dem privaten Interesse des Antragstellers andererseits, von einer Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorläufig verschont zu bleiben.
10Dabei darf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts erfolgen, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet in § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG vorgeschrieben ist. Eine derartige Einschränkung des gerichtlichen Prüfungsmaßstabes hat der Gesetzgeber für die Fälle des § 34a Abs. 2 AsylVfG gerade nicht geregelt. Eine solche Gesetzesauslegung entspräche auch nicht dem gesetzgeberischen Willen, denn eine entsprechende Initiative zur Ergänzung des § 34a Abs. 2 AsylVfG fand im Bundesrat keine Mehrheit.
11Vgl. hierzu: VG Trier, Beschluss vom 18. September 2013 - 5 L 1234/13.TR -, juris, Rn. 5 ff. m.w.N.; VG Göttingen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - 2 B 844/13 -, juris, Rn. 3 f.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 13 148/14.A -, juris, Rn. 7.
12Die Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses mit dem privaten Aussetzungsinteresse hat sich vielmehr maßgeblich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, soweit diese sich bei der im vorliegenden Verfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung abschätzen lassen.
13Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet nach diesen Maßstäben keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
14Die Abschiebungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG. Nach dieser Vorschrift hat das Bundesamt u.a. dann eine Abschiebungsanordnung zu erlassen, wenn der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) abgeschoben werden soll (1.), sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann (2.).
15Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
161. Das Bundesamt hat in dem angefochtenen Bescheid (Ziffer 1) den Asylantrag des Antragstellers mit der Begründung als unzulässig gemäß § 27a AsylVfG abgelehnt, dass nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft Spanien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei.
17Diese Entscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil Spanien der für die Prüfung des vom Antragsteller gestellten Asylantrags zuständige Staat ist.
18Maßgeblich für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates zur Prüfung des Asylantrags ist die Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutzes zuständig ist (Dublin-III-VO), die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 49 Abs. 1 Dublin-III-VO). Gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO findet diese Verordnung auf Anträge auf internationalen Schutz Anwendung, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten, also ab dem 1. Januar 2014, gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt ‑ ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuch um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Vorliegend sind sowohl der Asylantrag und damit auch der Antrag auf internationalen Schutz i.S.v. Art. 2 Buchst. b) Dublin-III-VO (4. Februar 2014) als auch das Aufnahmegesuch an Spanien (24. März 2014) nach dem vorgenannten Stichtag gestellt worden.
19Davon ausgehend ist Spanien für die Prüfung des Asylantrags zuständig, weil es das Aufnahmegesuch des Bundesamtes am 19. Mai 2014 unter Bezugnahme auf seine Zuständigkeit nach Art. 12 Abs. 4 (Unterabsatz 1) Dublin-III-VO angenommen hat. Nach dieser Vorschrift ist in dem Fall, dass der Antragsteller ein Visum besitzt, das seit weniger als sechs Monaten abgelaufen ist und aufgrund dessen er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen konnte, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz der Mitgliedstaat zuständig, der das Visum ausgestellt hat, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat. Dass dem Antragsteller am 28. Oktober 2013 ein spanisches Schengen-Visum für die Zeit vom 9. bis zum 18. November 2013 unter den Personalien C. L. C1. B. I. , geb. am 1. Januar 1986 in O. , ausgestellt worden ist, steht aufgrund der vom Bundesamt durchgeführten VIS-Abfrage vom 4. Februar 2013 mit Fingerabdruck-Suche fest. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zwischendurch verlassen haben könnte, bestehen nicht. Soweit er im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt erklärt hat, dass er den Irak am 9. Januar 2014 verlassen habe und am 21. Januar 2014 nach Deutschland eingereist sei, rechtfertigt dies eine solche Annahme nicht. Die diesbezüglichen Angaben des Antragstellers sind unglaubhaft, da er auch die Frage, ob ihm vor der Einreise ins Bundesgebiet von einem anderen Staat ein Visum ausgestellt worden sei, angesichts des Ergebnisses der VIS-Abfrage nachweislich falsch beantwortet hat. Im Übrigen spricht auch der kurze Zeitraum zwischen der Gültigkeitsdauer des Visums (9. bis 18. November 2013) und der Asylantragstellung in Deutschland (4. Februar 2014) dagegen, dass der Antragsteller das Gebiet der Mitgliedstaaten nach der Einreise dorthin nochmal verlassen hat.
20Gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a), Art. 22 Abs. 7 und Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO ist Spanien damit verpflichtet, den Antragsteller spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahmegesuchs oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese - was hier wegen der Ablehnung des Antrags nicht der Fall ist - gemäß Art. 27 Abs. 3 aufschiebende Wirkung hat, aufzunehmen. Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen, so dass die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags auch nicht auf die Antragsgegnerin übergegangen ist (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO).
21In einer Situation, in der - wie hier - ein Mitgliedstaat der (Wieder-)Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe eines in der Dublin-III-VO niedergelegten Kriteriums ‑ hier Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO - zugestimmt hat, kann der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums - unionsrechtlich - grundsätzlich nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der GR-Charta ausgesetzt zu werden. Eine - objektive - Überprüfung, ob der die (Wieder-)Aufnahme erklärende Mitgliedstaat tatsächlich nach Maßgabe der Kriterien der Dublin-III-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, kann der Asylbewerber hingegen nicht verlangen, da es den Zuständigkeitsbestimmungen der Dublin III-VO, soweit sie nicht ausnahmsweise grundrechtlich "aufgeladen" sind (wie etwa Art. 8 bis 11 oder 16 Dublin-III-VO), an der hierfür erforderlichen drittschützenden Wirkung fehlt. Dies folgt einerseits aus der Erwägung, dass die Dublin-VO ebenso wie das gesamte Gemeinsame Europäische Asylsystem auf der Annahme beruht, dass alle beteiligten Staaten - Mitgliedstaaten wie Drittstaaten - die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen (Prinzip des gegenseitigen Vertrauens). Andererseits sprechen hierfür auch die Ziele der Dublin-VO, nämlich - erstens - durch organisatorische Vorschriften die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten zu regeln, so wie dies schon im Dubliner Übereinkommen der Fall war, - zweitens - im Interesse sowohl der Mitgliedstaaten als auch der Asylbewerber eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten sowie - drittens - ein "forum shopping" zu verhindern.
22Vgl. zur Dublin II-VO: EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12 - "Abdullahi", Rn. 52 ff., in Fortführung der Urteile vom 21. Januar 2011 - RS. C-411/10 und 493/10 - "N.S.", Rn. 78 ff. und vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11 - "Puid", Rn. 26 ff.; im Anschluss daran: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Februar 2014 - A 12 K 383/14 -, juris, Rn. 17 ff.; zum fehlenden Drittschutz von Fristregelungen auch: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 -, juris, Rn. 17.
23Diese zur Dublin-II-VO ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) beansprucht in gleicher Weise Gültigkeit für die hier anzuwendende Dublin-III-VO. Denn Letzterer liegen als Nachfolgeregelwerk dieselben Prinzipien und Zielsetzungen wie der Dublin-II-VO zugrunde. Sie behält das bestehende Zuständigkeitssystem im Wesentlichen bei und enthält lediglich einige Verbesserungen im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Dublin-Systems und den auf der Grundlage dieses Systems gewährten Schutz der Antragsteller (vgl. u.a. 9. Erwägungsgrund der Dublin-III-VO). Im Übrigen hat die Rechtsprechung des EuGH zur Verfahrensweise bei Vorliegen sog. "systemischer Schwachstellen" in einem Mitgliedstaat der EU nunmehr in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin-III-VO eine ausdrückliche Regelung gefunden.
24Gemessen daran ist die Antragsgegnerin nicht an der Überstellung des Antragstellers nach Spanien gehindert und. Der Antragsteller selbst hat im vorliegenden Verfahren keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Spanien geltend gemacht, die die Annahme der konkreten Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der GR-Charta dort nahelegen könnten. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bestehen auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Mängel im spanischen Asylsystem.
25Vgl. VG Aachen, Beschlüsse vom 16. Juni 2014 - 4 L 216/14.A -, vom 1. April 2014 - 4 L 110/14.A - und - 4 L 673/13.A -; ebenso: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. April 2014 - 13 L 247/14.A -, juris, Rn. 22 f.; VG Augsburg, Beschluss vom 27. Mai 2014 - Au 7 S 14.50094‑ , juris, Rn. 50 f.
26Unabhängig davon wäre eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland auch nicht mit Blick auf die familiären Bindungen des Antragstellers an seine im Bundesgebiet aufhältige Mutter begründet.
27Eine Zuständigkeit Deutschlands ergäbe sich zunächst nicht aus Art. 9 Dublin-III-VO.
28Nach dieser Vorschrift ist in dem Fall, dass der Antragsteller einen Familienangehörigen hat - ungeachtet der Frage, ob die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat -, der in seiner Eigenschaft als Begünstigter internationalen Schutzes in einem Mitgliedstaat aufenthaltsberechtigt ist, dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutzes zuständig, sofern die betreffenden Personen diesen Wunsch schriftlich kundtun. Selbst wenn die Mutter des Antragstellers, wie von ihm im Rahmen der Anhörung behauptet, als anerkannter Flüchtling im Besitz eines Aufenthaltsrechts wäre, handelte es sich bei ihr nicht um einen Familienangehörigen im Sinne der Vorschrift. Nach Art. 2 Buchst. g) dritter und vierter Spiegelstrich der Dublin-III-VO zählen Eltern nämlich nur dann zum Personenkreis der Familienangehörigen im Sinne der Verordnung, wenn es sich um einen minderjährigen unverheirateten Antragsteller oder Begünstigten internationalen Schutzes handelt. Dies trifft auf den am 1. Januar 1986 geborenen Antragsteller nicht zu.
29Eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland folgte ferner auch nicht aus Art. 16 Abs. 1 Dublin-III-VO. Danach entscheiden die Mitgliedstaaten u.a. in dem Fall, dass ein Elternteil des Antragstellers, das sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, wegen schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen ist, in der Regel, den Antragsteller und dieses Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, der Antragsteller in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen, und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
30Der Antragsteller kann sich auf die Anwendung dieser Vorschrift - der wegen ihrer humanitären Zielrichtung eine auch den Asylantragsteller subjektiv schützende Wirkung zukommen dürfte,
31vgl. in diesem Sinne wohl: EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - C-245/11 -, "K.", Rn. 44 ff. zu der Art. 16 Abs. 1 Dublin-III-VO im Kern entsprechenden Bestimmung des Art. 15 Abs. 2 Dublin-II-VO -
32nach Maßgabe von Art. 7 Abs. 3 Dublin-III-VO nicht (mehr) berufen. Nach dieser Bestimmung berücksichtigen die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (vgl. Anmerkung in der deutschen Sprachfassung: "richtig wohl: 16"; in der englischen Sprachfassung: "criteria reffered to in Articles 8, 10 and 16", in der französischen Sprachfassung: "les critères visés aux articles 8, 10 et 16") genannten Kriterien alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist. Vorliegend hat der Antragsteller erstmals im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Krankheit und Pflegebedürftigkeit seiner Mutter und damit ein Abhängigkeitsverhältnis i.S.d. Art. 16 Dublin-III-VO geltend gemacht, d.h. zu einem Zeitpunkt, zu dem Spanien dem Aufnahmegesuch bereits stattgegeben hatte (19. Mai 2014). Im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt und damit vor Annahme des Aufnahmegesuchs hat der Antragsteller zu diesen Umständen nichts vorgetragen. Im Gegenteil hat er die Frage, ob seine Mutter auf die Unterstützung von ihm angewiesen sei, ausdrücklich verneint (vgl. S. 26 des vom Antragsteller unterschriebenen Anhörungsprotokolls). Damit ist der Antragsteller bei der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates von der Geltendmachung besonderer familiärer Bindungen i.S.d. Art. 16 Dublin-III-VO ausgeschlossen.
33Abgesehen davon vermag der vom Antragsteller nunmehr vorgelegte Bericht des Universitätsklinikums K. vom 27. August 2012 über die erstmalige Vorstellung seiner Mutter in der Klinikambulanz am selben Tag die Annahme eines besonderen Abhängigkeitsverhältnisses im vorgenannten Sinne nicht zu begründen. In dem Bericht wird die Diagnose „Spondylolisthesis im Segment LWK 4/5 mit claudicatio-spinalis-Symptomatik gestellt und eine Wiedervorstellung mit MRT- und CT- Diagnostik im September 2012 empfohlen. Dafür, dass die diagnostizierte Erkrankung der Mutter des Antragstellers von solcher Art und solchem Gewicht wäre, dass diese aufgrund krankheitsbedingter Beeinträchtigungen zwingend auf dessen Lebenshilfe, namentlich dessen Pflege angewiesen wäre, lässt sich dem Bericht jedoch nicht ansatzweise etwas entnehmen.
342. Die Abschiebung kann ferner auch durchgeführt werden. Ihr stehen keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, die das Bundesamt im Rahmen des Erlasses einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG mit zu prüfen hat, und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Erlass der Abschiebungsanordnung entstanden sind.
35Vgl. in ständiger Rechtsprechung: OVG NRW, etwa Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060 -, juris, Rn. 4.
36Insbesondere kann sich der Antragsteller nicht auf das Vorliegen eines zwingenden ‑ rechtlichen - Abschiebungshindernisses gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK berufen, weil es ihm nicht zuzumuten wäre, seine familiäre Beziehung zu seiner Mutter durch eine Ausreise zu unterbrechen.
37Art. 6 GG gewährt keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die jeweils zuständige Behörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die bestehenden familiären Bindungen des den Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Der Betroffene braucht es nicht hinzunehmen, unter unverhältnismäßiger Vernachlässigung dieser Gesichtspunkte daran gehindert zu werden, bei seinem im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen Aufenthalt zu nehmen. Eingriffe in seine diesbezügliche Freiheit sind nur dann und insoweit zulässig, als sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich sind. Bei der erforderlichen Abwägung aller für und gegen den weiteren Aufenthalt sprechenden Gesichtspunkte kommt es unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes maßgeblich darauf an, ob die Folgen der Beendigung des Aufenthalts im Hinblick auf die schutzwürdigen familiären Belange nicht mehr hinnehmbar sind.
38Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. Mai 2011 - 2 BvR 2625/10 -, juris, Rn. 13 ff., vom 27. August 2010 - 2 BvR 130/10 -, NVwZ 2011, 35 = juris, Rn. 40 ff., und vom 4. Dezember 2007 2 BvR 2341/06 -, Inf-AuslR 2008, 239 = juris, Rn. 6 ff.
39Art. 8 EMRK vermittelt ebenfalls keinen unmittelbaren Anspruch auf ein Aufenthaltsrecht. Jeder Staat hat nach dem Völkerrecht und gemäß seinen vertraglichen Verpflichtungen die Befugnis, Einreise und Aufenthalt von Fremden in seinem Territorium zu regeln. Die Konvention garantiert Fremden nicht das Recht, in ein bestimmtes Land einzureisen oder sich dort aufzuhalten. Allerdings muss der Vertragsstaat bei Maßnahmen, die einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK darstellen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Der Staat muss ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Immigration betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab.
40Vgl. EGMR, Urteile vom 31. Juli 2008 - 265/07 - (Omoregie), InfAuslR 2008, 421, und vom 28. Juni 2011 - 55597/09 - (Nunez).
41Ausgehend von diesen - im Wesentlichen gleiche Anforderungen stellenden - Maßstäben erweist sich die Abschiebung des Antragstellers nicht als rechtlich unmöglich. Unabhängig davon, dass der Antragsteller bisher nicht nachgewiesen hat, dass seine Mutter als anerkannter Flüchtling ein (dauerhaftes) Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet besitzt, ist - wie dargelegt - dem vorgelegten Krankenhausbericht nicht entnehmen, dass die Mutter aufgrund ihrer Rückenerkrankung zwingend auf die Lebenshilfe des Antragstellers angewiesen wäre und dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden könnte, weil ihr das Verlassens Deutschlands nicht zumutbar wäre.
42Vgl. hierzu: BVerfG, Beschlüsse vom 17. Mai 201 - 2 BvR 2625/10 -, juris, Rn. 15, und vom 18. April 1989 - 2 BvR 1169/84 -, BVerfGE 80, 81 = juris, Rn. 44.
43Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Wert des Streitgegenstandes ergibt sich aus § 30 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
44Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.