Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. März 2016 - M 1 E 16.751

bei uns veröffentlicht am11.03.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Durchsetzung des mit Beschluss des Gerichts vom 10. Februar 2016 im Verfahren gemäß §§ 80a, 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) verfügten Baustopps.

Sie ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. ... Gemarkung ... (... Straße ...), das südlich an die Kreisstraße grenzt. Unter dem 20. April 2015 beantragte die Beigeladene für die Grundstücke FlNr. ..., ... und ..., die sich nordwestlich vom Anwesen der Antragstellerin und jenseits der Kreisstraße befinden, eine Baugenehmigung für den „Neubau einer Produktionshalle mit Brauerei und deren zugehörige Logistikhalle, Büros, Bewirtungsraum und einem Getränkeladen (…)“. Mit Bescheid vom .... Mai 2015 erteilte das Landratsamt Traunstein die beantragte Baugenehmigung.

Mit Beschluss vom 10. Februar 2016 (M 1 SN 15.4734) ordnete das Bayerische Verwaltungsgericht München die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11. Juni 2015 (M 1 K 15.2408) gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung an. Wegen der Gründe wird auf den Beschluss vom 10. Februar 2016 Bezug genommen.

Mit E-Mail vom .... Februar 2016 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner, die rechtswidrig betriebenen Bauarbeiten sofort einzustellen. Hierauf erwiderte der Antragsgegner mit E-Mail vom selben Tag, dass die Beigeladene zugesichert habe, nur noch Bauarbeiten durchzuführen, die zur Sicherung des bis 12. Februar 2016 erreichten Baufortschritts erforderlich seien. Eine Baueinstellung sei daher unverhältnismäßig.

Im Rahmen einer Besprechung am 15. Februar 2016 zwischen Vertretern des Antragsgegners und der Beigeladenen wurde festgehalten, dass seitens der Beigeladenen nur noch Sicherungsarbeiten an der Baustelle durchgeführt würden, die schriftlich gegenüber dem Antragsgegner benannt würden. Unter dem 16. Februar 2016 teilte die Beigeladene dem Antragsteller Art und Umfang der beabsichtigten Sicherungsmaßnahmen mit. Es wird u. a. das Setzen und Betonieren von Front- und Winkelwänden sowie einer Zwischendecke genannt. Diese Maßnahmen seien nötig, um das Auflager für den Stahlbau zu schaffen. In einer begleitenden E-Mail der Beigeladenen wird erläutert, dass die Wände benötigt würden, um den wahrscheinlich nötigen Stahlrahmen zu setzen.

Laut einem Bericht des Antragsgegners über eine Baukontrolle vom 25. Februar 2016 zur Überprüfung der Bauarbeiten im Hinblick auf die Baueinstellung und die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen seien zum Zeitpunkt der Baukontrolle keine konstruktiven Bauarbeiten ausgeführt worden. In den vergangenen Tagen seien für die noch fehlenden Stahlträger Betonwände gesetzt und eine Decke errichtet worden. Es wird beschrieben, welche statisch erforderlichen Baumaßnahmen am 29. Februar 2016 und am 1. März 2016 noch durchgeführt werden sollen. Insbesondere handelt es sich dabei um die Errichtung von Stahlrahmenbindern.

Laut einem Bericht des Antragsgegners über eine Baukontrolle zur Überprüfung der Bauarbeiten im Hinblick auf die Baueinstellung und die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen vom 1. März 2016 seien zum Zeitpunkt der Baukontrolle keine konstruktiven Bauarbeiten ausgeführt worden. Es wird beschrieben, welche Stahlrahmenbinder noch montiert werden dürfen. Laut einem Aktenvermerk des Antragsgegners vom selben Tag habe die Beigeladene angegeben, die Arbeiten auf der Baustelle am 26. Februar 2016 vormittags eingestellt zu haben. Die Sicherungsmaßnahmen seien nicht abgeschlossen. Die Mitarbeiter der Stahl- und Massivbaufirmen hätten die Baustelle geräumt, der Baukran solle noch diese Woche abgebaut werden.

Am .... Februar 2016 beantragte die Antragstellerin,

1. der Beigeladenen aufzugeben, die Bauarbeiten auf den Grundstücken FlNr. 621, 627 und 628 sofort einzustellen und alle Maßnahmen zur Ausführung des genehmigten Vorhabens zu unterlassen und

2. dem Antragsgegner aufzugeben, die Einstellung der Bauarbeiten auf den vorgenannten Grundstücken anzuordnen und der Beigeladenen die weitere Bauausführung zu untersagen.

Obwohl dem Antragsgegner und der Beigeladenen der Beschluss vom 10. Februar 2016 seit 12. Februar 2016 vorliege, setze die Beigeladene die Bauarbeiten uneingeschränkt weiter fort. Es fänden Rohbauarbeiten statt, mittels Kran würden Betonaußenwandteile aufgesetzt und es würden Betonierarbeiten zur Herstellung eines weiteren Geschosses durchgeführt. Die Erwartung, dass die übrigen Beteiligten die angeordnete aufschiebende Wirkung der Klage respektieren würden, habe sich als unbegründet erwiesen. Es handele sich bei den Bauarbeiten nicht um bloße Sicherungsmaßnahmen. An der Darstellung der Beigeladenen, dass die Errichtung eines weiteren Stockwerks durch das Aufstellen der Betonelemente eine Sicherungsmaßnahme sein solle, bestünden erhebliche Zweifel.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es würden auf dem streitgegenständlichen Grundstück allein Maßnahmen durchgeführt, die erforderlich seien, um weitergehende Gefahren für Leben und Gesundheit von sich auf dem Gelände aufhaltenden Personen sowie Schäden für die bereits errichtete Bausubstanz abzuwenden.

Die Beigeladene beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es seien bis 26. Februar 2016 morgens nur noch Sicherungsmaßnahmen am Rohbau umgesetzt worden. Im Rohbauzustand unmittelbar nach Erlass des Eilbeschlusses vom 10. Februar 2016 sei eine ausreichende Standsicherheit für die ausgeführte Abspannung nicht nachweisbar gewesen.

Sie legt eine statische Berechnung der bauausführenden Firma ... ... vom 17. Februar 2016 vor. Im Begleitschreiben wird ausgeführt, dass es nicht möglich sei, eine ausreichende Standsicherheit für die ausgeführte Abspannung ab 16. Februar 2016 für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten nachzuweisen. Für den nicht absehbaren Zustand des Baustopps sei es dringend erforderlich, eine die Abspannung ersetzende Konstruktion zu erstellen. Alternativ bestehe die Möglichkeit, die Konstruktion kostenpflichtig zurückzubauen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg.

Der Antrag der Antragstellerin wird nach § 88 VwGO dahin ausgelegt, dass sie Sicherungsmaßnahmen gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 VwGO begehrt, da sie ihren Antrag darauf stützt, dass die Beigeladene die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage missachte. Die beantragten Sicherungsmaßnahmen finden ihre Rechtsgrundlage in § 80a Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 VwGO. Diese Normen stellen eine eigenständige verfahrensrechtliche Grundlage zum Schutz und zur realen Durchsetzung der aufschiebenden Wirkung dar, die neben der Möglichkeit steht, bauaufsichtliche Maßnahmen ggf. mit einem Antrag nach § 123 VwGO zu erzwingen (vgl. VGH BW, B.v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - juris Rn. 22 m. w. N.). Zwar macht die Antragstellerin auch geltend, dass die Voraussetzungen für eine Baueinstellung gemäß Art. 75 Bayerische Bauordnung (BayBO) gegeben seien. Der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entspricht es aber, ihren auf §§ 80 Abs. 5, 80a VwGO gestützten Antrag als solchen auf Erlass von Sicherungsmaßnahmen i. S. d. § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 VwGO zu verstehen.

Nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht im Falle eines Rechtsbehelfs eines Dritten gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt auf Antrag des Dritten zur Sicherung von dessen Rechten einstweilige Maßnahmen treffen. Der Erlass solcher Sicherungsmaßnahmen ist nach dem Wortlaut des § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO von keinen Tatbestandsvoraussetzungen, insbesondere nicht von denen des Art. 75 BayBO oder von einer Ermessensreduzierung auf Null, abhängig, setzt als Annex zur Aussetzung der Vollziehung des Verwaltungsakts aber einen hinreichend konkreten Grund voraus (VG Würzburg, B.v. 30.9.2014 - 22 CS 14.2378 - juris Rn.24 f. m. w. N.; BayVGH, B.v. 27.11.2014 - 22 CS 14.2378 - juris Rn. 11). Ein hinreichender Grund liegt etwa in der Missachtung oder drohenden Missachtung der aufschiebenden Wirkung des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2015, § 80a Rn. 40a).

Nach dem Ergebnis der Baukontrolle vom 1. März 2016 bestehen erhebliche Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, nachdem die Bauarbeiten - seien es Sicherungsmaßnahmen oder konstruktive, dem Baufortschritt dienende Maßnahmen gewesen - eingestellt worden sind. Darüber hinaus ist auch nicht davon auszugehen, dass die Beigeladene die am 10. Februar 2016 angeordnete aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin (M 1 K 15.2408) missachtet hat.

1. Zwar trug die Antragstellerin zuletzt unter dem 20. Februar 2016 vor, es würden weiterhin Rohbaumaßnahmen durchgeführt. Insbesondere seien Betonaußenwandteile gesetzt und ausbetoniert worden. Allerdings waren - wie der Antragsgegner und die Beigeladene nachvollziehbar gemacht haben - diese Maßnahmen unumgänglich, um das Gebäude statisch abzusichern. Die noch einbetonierten Wände und Decken waren als Auflage für die aus statischer Sicht notwendigen Stahlträger erforderlich.

Dies ergibt sich aus der von der Beigeladenen vorgelegten statischen Berechnung vom 17. Februar 2016 und dem Begleitschreiben, wonach es erforderlich ist, eine die vorläufige Abspannung ersetzende Konstruktion zu erstellen. Sämtliche von der Beigeladenen durchgeführten Sicherungsmaßnahmen waren mit dem Antragsgegner abgestimmt. Mit Schreiben vom 16. Februar 2016 benannte die Beigeladene gegenüber dem Antragsgegner konkret die Art und den Umfang der beabsichtigten Sicherungsmaßnahmen. Es wird nachvollziehbar beschrieben, dass das Setzen und Betonieren von Front- und Winkelwänden sowie einer Zwischendecke erforderlich war, um eine Auflage für die noch nötigen Stahlrahmen und Stahlträger zu bieten. Die Abstimmung der Sicherungsmaßnahmen mit dem Antragsgegner spricht gegen die Missachtung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Vielmehr wird hieraus und aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht respektiert werden sollte und die durchgeführten Maßnahmen allein der Absicherung der Baustelle dienten. Allein dem Baufortschritt dienende Bauarbeiten haben zur Überzeugung des Gerichts nicht mehr stattgefunden. Insbesondere erscheint es nachvollziehbar, dass die Maßnahmen zur statischen Absicherung bei dem statisch anspruchsvollen Vorhaben der Beigeladenen in hängigem Gelände umfangreicher sind als bei kleineren Bauvorhaben, so dass ein Einstellen der Arbeiten erst nach Durchführung der statisch erforderlichen Sicherungsmaßnahmen möglich ist.

2. Unabhängig davon, ob es sich bei den von der Beigeladenen durchgeführten Arbeiten um Sicherungsmaßnahmen handelte, finden jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine Bautätigkeiten mehr auf dem Grundstück der Beigeladenen statt, so dass es auch keinen hinreichenden Grund für den Erlass von Sicherungsmaßnahmen nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 VwGO gibt.

Dies ergibt sich aus den Protokollen der Ortsbesichtigungen des Antragsgegners vom 25. Februar 2016 und vom 1. März 2016. Am 25. Februar 2016 wurde festgestellt, dass keine konstruktiven Bauarbeiten stattfanden. Die noch durchzuführenden Sicherungsmaßnahmen wurden beschrieben und sollten am 29. Februar 2016 und am 1. März 2016 durchgeführt werden. Am 1. März 2016 wurde festgestellt, dass ebenfalls keine konstruktiven Bauarbeiten ausgeführt wurden. Des Weiteren wurde auf Nachfrage des Antragsgegners bestätigt, dass sämtliche Arbeiten auf der Baustelle am 26. Februar 2016 eingestellt wurden. Nicht einmal die Sicherungsmaßnahmen wurden abgeschlossen, Mitarbeiter der Stahl- und Massivbaufirmen haben die Baustelle verlassen.

Unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte bleibt daher der Antrag auf Erlass von Sicherungsmaßnahmen nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 VwGO im Ergebnis ohne Erfolg.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. März 2016 - M 1 E 16.751

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
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(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11. Juni 2015 (M 1 K 15.2408) gegen die der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung vom 12. Mai 2015 wird angeordnet.

II.

Der Antragsgegner und die Beigeladene zu 2) tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte. Die Beigeladene zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 6.250 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung für den Neubau einer Produktionshalle mit Brauerei.

Sie ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 913/6 Gemarkung … (… Straße ...), das südlich an die Kreisstraße grenzt. Die Bebauung entlang der Kreisstraße, zu der das Grundstück der Antragstellerin gehört, ragt spornartig in den Außenbereich hinein. Nordwestlich vom Anwesen der Antragstellerin und jenseits der Kreisstraße befinden sich die Grundstücke u.a. FlNr. 621, 627 und 628, die im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet … III“ liegen. Westlich hiervon schließen sich die Geltungsbereiche der Bebauungspläne „Gewerbegebiet … II“ und „Gewerbegebiet …“ an. Der Bebauungsplan „Gewerbegebiet … III“ wurde am 20. Januar 2014 als Satzung beschlossen und am 17. April 2014 ortsüblich bekanntgemacht. Unter dem 10. November 2014 beschloss die Beigeladene zu 2) die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens gemäß § 214 Abs. 4 Baugesetzbuch (BauGB) zur Aufstellung des Bebauungsplans „Gewerbegebiet … III“ unter gleichzeitiger Änderung des Bebauungsplans „Gewerbegeiet … II“. Der Bebauungsplan wurde in seiner geänderten Form am 19. Januar 2015 als Satzung beschlossen. Er setzt die Gewerbegebiete „GE 1“, „GE 2.1“ und „GE 2.2“ fest und vergibt für diese unterschiedliche Emissionskontingente. Beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ist diesbezüglich ein Normenkontrollverfahren anhängig (1 N 15.840).

Unter dem … April 2015 beantragte die Beigeladene zu 1) auf den Grundstücken FlNr. 621, 627 und 628 eine Baugenehmigung für den „Neubau einer Produktionshalle mit Brauerei und deren zugehörige Logistikhalle, Büros, Bewirtungsraum und einem Getränkeladen (…)“. Nach den eingereichten Plänen ist die Errichtung einer etwa 40 m x 75 m großen Halle mit Stellplätzen geplant. Die Halle ist in drei Abschnitte gegliedert: Im südöstlichen, der Antragstellerin zugewandten Teil befindet sich der Fertigungsbereich der Firma B* … GmbH, in dem mittels Metallbearbeitungsmaschinen Brauereianlagen hergestellt werden sollen. Im nordwestlichen und im mittleren Teil soll durch die Firma C* … … GmbH eine kleine Brauerei mit Flaschenabfüllanlage und Bewirtungsraum sowie ein kleiner Getränkeladen betrieben werden, an der Nordost-Fassade sind im Wesentlichen Kühlräume und Büros angeordnet. Dem Antrag liegen u.a. eine Betriebsbeschreibung vom 30. April 2015 sowie eine Lärmprognose des Büros S … (S...) vom 22. April 2015 zu Grunde.

Mit Bescheid vom 12. Mai 2015 erteilte das Landratsamt Traunstein die beantragte Baugenehmigung. Bauplanungsrechtliche Grundlage für die Genehmigung sei § 33 Abs. 1 BauGB i.V.m. der planreifen Bebauungsplanänderung „Gewerbegebiet … III“ mit Planstand vom 19. Januar 2015. Als immissionsschutzrechtliche Nebenbestimmungen wurden u.a. bezüglich des der Antragstellerin benachbarten Immissionsortes … Straße … ein Immissionskontingent von tags 49,9 dB(A) und bezüglich des Immissionsortes … Straße … ein Immissionskontingent von tags 48,6 dB(A) festgesetzt, die nicht überschritten werden dürfen.

Gegen den Bescheid vom 12. Mai 2015 hat die Antragstellerin am … Juni 2015 Klage (M 1 K 15.2408) erheben lassen und am … Oktober 2015 beantragt,

  • 1.die Vollziehung der Baugenehmigung auszusetzen, hilfsweise die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen,

  • 2.dem Antragsgegner aufzugeben, die von der Beigeladenen zu 1) begonnenen Arbeiten mit einer für sofort vollziehbar erklärten Verfügung stillzulegen.

Mit Schriftsatz vom selben Tag stellte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin klar, dass ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5, § 80a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gestellt worden sei.

Die Antragstellerin sei unzumutbaren Lärm- und Geruchsimmissionen ausgesetzt. Ihr Grundstück sei fehlerhaft als Mischgebiet statt als reines Wohngebiet eingestuft worden. Die Immissionsrichtwerte könnten aufgrund fehlerhafter Lärmbewertungen wahrscheinlich schon für ein Mischgebiet nicht eingehalten werden, bei der Einstufung als allgemeines bzw. reines Wohngebiet seien diese deutlich überschritten. Das Wohnhaus der Antragstellerin (… Straße ...) sei bei den immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen des Bescheids nicht aufgelistet. Die dem Bescheid zu Grunde liegende Immissionsprognose vom 22. April 2015 sei fehlerhaft, weil sie die vom Baugrundstück ausgehenden Emissionen deutlich unterschätze, Geräuschquellen unberücksichtigt lasse und eine deutlich kürzere als die im Bescheid genehmigte Betriebszeit bewerte, die Lärmvorbelastung durch benachbarte Baugebiete unzureichend berücksichtige und abweichend zur Betriebsbeschreibung eine deutlich geringere Anzahl an Lkw-Fahrbewegungen betrachte sowie die durch das Bauvorhaben ausgelöste erhebliche Erhöhung der Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen unterschlage. Es wird eine immissionsschutzrechtliche Stellungnahme des Büros M … (M...) vom 23. September 2015 vorgelegt, die sich mit der Immissionsprognose von S** vom 22. April 2015 kritisch auseinandersetzt.

Zusätzlich seien die Lärmschutzauflagen im angegriffenen Bescheid zu unbestimmt und nicht vollziehbar.

Die Antragstellerin werde außerdem durch unzumutbare Geruchsbelästigungen beeinträchtigt. Die durch das Brauereivorhaben typischerweise ausgelösten Geruchsimmissionen seien nicht geprüft worden. Das Wohnhaus der Antragstellerin befinde sich in der Hauptwindrichtung zum Bauvorhaben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er legt eine weitere Stellungnahme von S vom 12. November 2015 vor, die sich wiederum mit der Stellungnahme des Büros M vom 23. September 2015 auseinandersetzt.

Die Beigeladene zu 1) schließt sich der Stellungnahme des Antragsgegners an und stellt keinen eigenen Antrag.

Die Beigeladene zu 2) beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag gemäß § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO hat Erfolg.

1. Der Antrag ist gemäß § 88 VwGO dahin auszulegen, dass die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage begehrt. Dies ergibt sich aus dem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom … Oktober 2015, in dem er eindeutig erklärt, dass der Antrag auf § 80 Abs. 5, § 80a VwGO, nicht auf § 123 VwGO gestützt werden soll.

2. Der Antrag ist zulässig und begründet, da das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das Vollzugsinteresse der Beigeladenen zu 1) überwiegt.

Nach § 212a Abs. 1 BauGB i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag im Wege einer eigenen Ermessensentscheidung die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen. Grundlage der Entscheidung ist eine eigene Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und dem Interesse der Beigeladenen zu 1), von der Baugenehmigung sofort Gebrauch zu machen. Ein gewichtiges Indiz sind dabei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 72 ff.). Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO gebotene, aber auch nur mögliche summarische Überprüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse der Antragstellerin zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, ist eine weitere Interessensabwägung vorzunehmen.

Die Antragstellerin hat als Nachbarin des streitgegenständlichen Vorhabens nicht schon bei objektiver Rechtswidrigkeit des Bescheids einen Rechtsanspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung i.R.d. Hauptsacheverfahrens. Sie muss vielmehr durch die Baugenehmigung gerade in eigenen Rechten verletzt sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt ist, sie also drittschützende Wirkung hat (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2013 - 14 ZB 13.1193 - juris Rn. 11).

Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt auch dann vor, wenn die Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt ist und die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft. Nach Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) muss eine Baugenehmigung hinreichend bestimmt sein, d.h. die im Bescheid getroffene Regelung muss für die Beteiligten - gegebenenfalls nach Auslegung - eindeutig zu erkennen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sein. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls, wobei Unklarheiten zu Lasten der Behörde gehen. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Baugenehmigung ist daher aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann (BayVGH, B.v. 28.10.2015 - 9 CS 15.1633 - juris Rn. 18).

Nach summarischer Prüfung dürfte der angegriffene Bescheid aufgrund mangelnder Bestimmtheit i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG rechtswidrig sein, so dass kein Interesse an seiner sofortiger Vollziehung besteht. Da in Ermangelung einer ausreichenden Beschreibung des Betriebsumfangs und -ablaufs nicht beurteilt werden kann, ob die von dem genehmigten Gesamtbetrieb ausgehenden Geräusche die zum Nachbarschutz festgesetzten Immissionskontingente von tagsüber 48,6 dB(A) und 49,9 dB(A) einhalten können, erweist sich das Vorhaben der Antragstellerin gegenüber als rücksichtslos mit der Folge, dass sie durch die rechtswidrige Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt wird (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2015 - 1 CS 15.1876 - juris Rn. 3).

Der Baugenehmigung liegen u.a. die Betriebsbeschreibung vom 30. April 2015 sowie die Lärmprognose von S vom 22. April 2015 zu Grunde. Hiernach umfasst das Bauvorhaben der Beigeladenen zu 1) u.a. eine „Metallfertigung zur Herstellung der Brauereien“. Es ergeben sich jedoch weder aus der Betriebsbeschreibung noch aus der Lärmprognose die Art und der Umfang der Arbeiten, die dort durchgeführt werden sollen. In der Betriebsbeschreibung ist lediglich von „20 Metallbearbeitungsmaschinen“ die Rede, ohne dass deutlich wird, um welche Maschinen es sich handelt. Auch aus der Lärmprognose ergibt sich keine genauere Beschreibung. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass die maßgeblichen Geräuschquellen innerhalb des Gebäudes im Fertigungsbereich Metallbearbeitungsmaschinen seien. Die Angaben des Büros B … Ltd. & Co. KG zum Betriebsablauf vom 7. Januar 2015, 22. Januar 2015, 16. Februar 2015 und 16. April 2015, die der Lärmprognose zu Grunde liegen, finden sich weder in der Akte noch sind sie Bestandteil des Bescheids, so dass sich auch hieraus nichts Konkreteres ergibt. Hinzu kommt, dass auch die von der Beigeladenen zu 1) eingereichten Pläne weder Größe noch Art oder Aufstellungsort der Maschinen zur Metallfertigung erkennen lassen.

Auf dieser nicht näher definierten Grundlage wird in der Lärmprognose für „die Produktionshalle“ ein Halleninnenpegel von 85 dB(A) angesetzt, ohne dass erkennbar wäre, welche Betriebsteile der Gutachter in seine Betrachtung einbezogen hat. Dieser Ansatz ist im Hinblick auf einen derart unbestimmten Nutzungsumfang nicht nachvollziehbar. Es bleibt im Ungewissen, welche ggf. sehr lärmintensiven Arbeiten in welchem Umfang anfallen. Ohne konkretere Beschreibung, welche Arbeiten an welchen Metallbearbeitungsmaschinen durchgeführt werden sollen, erschließt sich nicht, wie es zu dem Halleninnenpegel von 85 dB(A) kommt und ob dieser realistischer Weise angesetzt ist.

Darüber hinaus verpflichtet der Bescheid die Beigeladene zu 1) in Nr. 3.b) der immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen zur Einhaltung von Immissionskontingenten bzw. reduzierten Immissionsrichtwerten, die durch den Betrieb „der Produktionshalle“ verursacht werden. Es ist unklar, ob hiermit der Gesamtbetrieb des Vorhabens der Beigeladenen zu 1) gemeint sein soll und damit für einen ausreichenden Lärmschutz der Antragstellerin gesorgt ist.

Die auf dieser unbestimmten Grundlage erteilte Genehmigung genügt damit nicht den Anforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Es ist für die Antragstellerin nicht ersichtlich, mit welchen Lärmimmissionen sie zu rechnen hat. Da im Rahmen der Anfechtungsklage der entscheidungserhebliche Zeitpunkt derjenige der letzten Behördenentscheidung ist, also der 12. Mai 2015, und die gravierenden Bestimmtheitsmängel nicht durch eine erläuternde Klarstellung der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung behoben werden könnten (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2015 - 1 CS 15.1876 - juris Rn. 4), kann nicht von offenen Erfolgsaussichten ausgegangen werden, sondern der angegriffene Bescheid erweist sich bei summarischer Prüfung als voraussichtlich rechtswidrig, so dass das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsgegnerin und des Beigeladenen zu 1 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 2. Juli 2013 - 11 K 1561/13 - werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Nutzung mit Wirkung zum 1. Juni 2014 zu untersagen ist.

Die Antragsgegnerin und der Beigeladene zu 1 tragen jeweils die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Beschwerdeverfahren. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren jeweils selbst.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässigen Beschwerden (§§ 146 f. VwGO) sind nicht begründet. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts keinen Anlass (II.) Zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist es allerdings geboten, die Antragsgegnerin zum - umgehenden - Erlass einer erst ab dem 01.06.2014 wirksamen Nutzungsuntersagung zu verpflichten (III.).
I.
Der Senat kann trotz des Antrags der Antragsgegnerin vom 08.04.2014, zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits einen Erörterungstermin vor dem Berichterstatter durchzuführen (vgl. § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO), und ihrer Anregung, die Beteiligten auch gegen den Willen der Antragsteller an den Güterichter zu verweisen (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 278 Abs. 5 ZPO), über die Beschwerde entscheiden, insbesondere ohne zuvor und gesondert über diese Anträge und Anregungen zu entscheiden. Der Senat hält einen Verweis der Beteiligten an den Güterichter für eine Güteverhandlung sowie weitere Güteversuche darüber hinaus für nicht angebracht.
1. Der Antrag auf Durchführung eines Erörterungstermins ist rechtlich gesehen eine bloße Anregung an das Gericht, über die nicht förmlich entschieden werden muss (vgl. BFH, Beschluss vom 30.10.1997 - X B 12/97 - BFH/NV 1998, 599). Ebenso sind Anträge auf einen Verweis an den Güterichter zur Durchführung einer Güteverhandlung allein solche Anregungen (vgl. Prütting, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auf. 2013, § 278 Rn. 17), über die nicht förmlich zu entscheiden ist.
2. Auch wenn der Verweis der Beteiligten an den Güterichter zur Durchführung einer Güteverhandlung rechtlich wohl nicht das Einverständnis aller Beteiligter erfordern dürfte (Sächsisches OVG, Beschluss vom 28.01.2014 - 1 A 257/10 - juris Rn. 1), erscheint ein solcher Verweis hier ebenso wenig sinnvoll wie die Durchführung eines Erörterungstermins vor dem Berichterstatter. Denn die Antragsteller haben ausdrücklich erklärt, an der vorgeschlagenen Mediation kein Interesse mehr zu haben. Angesichts der insgesamt langen Dauer des Beschwerdeverfahrens (zu den Gründen unten unter III.) geriete ein Verweis an den Güterichter gegen den Willen der Antragsteller mit der aus Art. 19 Abs. 4 GG erwachsenden Verpflichtung des Senats, effektiven Rechtsschutz in angemessener Zeit zu gewähren (BVerfG, Beschluss vom 23.05.2012 - 2 BvR 610/12 - BVerfGK 19, 407 (412)), in Konflikt.
II.
Die mit den Beschwerden vorgebrachten Rügen gebieten keine Änderung des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts.
1. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist mit dem Bauantrag des Beigeladenen zu 1 vom 11.06.2012 nicht allein die Aufstockung einer Wohnheimkapazität von 51 auf 68 Plätze zur Genehmigung gestellt und am 21.09.2012 von der Antragsgegnerin genehmigt worden. Vielmehr umfassen Bauantrag und Baugenehmigung die Änderung der Nutzung des ganzen Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Daher erfasst die vom Senat mit Beschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/13 - angeordnete aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und zwischenzeitlich der ihm nachgefolgten Klage diesen gesamten Genehmigungsumfang.
a) Das Beschwerdevorbringen des Beigeladenen zu 1, das Baugenehmigungsverfahren sei wegen der zusätzlich erhöhten Nutzung von 51 auf 68 Unterbringungsplätze durchgeführt worden, liegt, wenn man es mit der Antragsgegnerin dahingehend verstehen will, dass die Baugenehmigung vom 21.09.2012 ausschließlich wegen der geplanten Erhöhung der Unterbringungskapazität bei gleichbleibender Nutzung als Wohnheim beantragt worden sei (Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 31.01.2014) und sie sich also nur auf 17 weitere Wohnheimplätze beziehe, offensichtlich neben der Sache. Denn der Beigeladene zu 1, dem als Bauherrn die inhaltliche Umschreibung und Umgrenzung des Vorhabens obliegt, dessen Durchführung begehrt wird (BVerwG, Urteil vom 04.07.1980 - 4 C 99.77 - NJW 1981, 776 (zu § 29 BauGB); Senatsbeschluss vom 11.05.2011 - 8 S 93/11 - NVwZ-RR 2011, 754 (756) (zu § 49 LBO); Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 29 Rn. 6), hat mit seinem Bauantrag von 11.06.2012 ausdrücklich die „Umnutzung bestehendes Wohn- und Bürogebäude mit Lagerräumen und Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“, also nicht etwa allein die Erhöhung der Anzahl von Wohnheimplätzen beantragt. Dem entsprechend wurde ihm durch die Antragsgegnerin - sprachlich aber nicht inhaltlich abweichend - eine Nutzungsänderung „Wohnheim mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen“ genehmigt. Dass der Beigeladene zu 1 die beabsichtigte vollständig neue Nutzung seines Gebäudes zur Genehmigung gestellt hat, ergibt sich auch aus seinem Schriftsatz an die Antragsgegnerin im Widerspruchsverfahren vom 15.07.2013. Darin hat er eine Befreiung „ausdrücklich beantragt und zwar für die 68 Unterkünfte, hilfsweise für die 51 bereits bestehenden Unterkünfte“. Daher irrt der Beigeladene zu 1, wenn er behauptet, der Senatsbeschluss vom 14.03.2013 besage nichts zur zulässigen Nutzung mit 51 untergebrachten Asylsuchenden.
bb) Die entsprechende Rüge der Antragsgegnerin aus ihrem Schriftsatz vom 31.01.2014 ist überdies deshalb nicht berücksichtigungsfähig, weil sie nach Ablauf der Frist zur Beschwerdebegründung von einem Monat nach Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) erhoben worden ist, ohne dass zuvor vorgebracht worden wäre, dass die Baugenehmigung vom 21.09.2012 sich nur auf eine Kapazitätserhöhung bezogen hätte. Die Begründungsfrist war bereits mit Ablauf des 08.08.2013 abgelaufen, nachdem der erstinstanzliche Beschluss am 08.07.2013 zugestellt worden war.
2. Entgegen der Auffassung der Beschwerden hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass die dem Beigeladenen zu 1 erteilten Baugenehmigungen vom 06.11.1975 und 18.05.1992 dem Anspruch der Antragsteller auf die beantragten Sicherungsmaßnahmen nach § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO deshalb nicht entgegenstehen, weil sie die genehmigte und aufgenommene Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nicht abdecken. Diese Nutzung ist also nicht - bezogen auf 51 Plätze - doppelt genehmigt. Denn die neue, aufgenommene Nutzung verlässt die Variationsbreite der ursprünglich genehmigten Nutzung und stellt sich damit als genehmigungspflichtige Nutzungsänderung im Sinne sowohl des Bauordnungsrechts (§ 49, 2 Abs. 12, 50 Abs. 2 LBO) als auch des Bauplanungsrechts (§ 29 Abs. 1 BauGB) dar. Die Baugenehmigungen vom 06.11.1975 und 18.05.1992 legalisieren die Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen zu 1 als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber daher nicht, und zwar auch nicht teilweise.
10 
a) Eine Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne liegt vor, wenn der Anlage - wenigstens teilweise - eine neue, d. h. andere Zweckbestimmung gegeben wird (Sauter, LBO, Stand: März 2010, § 2 Rn. 129). Der bauplanungsrechtliche Begriff der Nutzungsänderung hingegen erweist sich als enger, weil er bodenrechtlichen Bezug hat (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.09.2012 - 3 S 2236/11 - NVwZ-RR 2012, 919 (920 f.)). Eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB liegt mithin vor, wenn die Variationsbreite der genehmigten Nutzung verlassen wird und dadurch bodenrechtliche Belange neu berührt werden können (BVerwG, Urteile vom 18.05.1990 - 4 C 49.89 - NVwZ 1991, 264 und vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - NVwZ 2011, 269 ff.; Beschlüsse vom 14.04.2000 - 4 B 28.00 - juris Rn. 6 und vom 07.11.2002 - 4 B 64.02 - BRS 66 Nr. 70; Senatsbeschluss vom 25.10.2012 - 8 S 869/12 - ZfBR 2013, 60). Die Variationsbreite einer genehmigten Nutzung wird überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum erweitert wird (BVerwG, Urteil vom 27.08.1998 - 4 C 5.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 190 S. 64). Bodenrechtliche Belange können berührt sein, wenn der neuen Nutzung unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine andere Qualität zukommt (BVerwG, Beschluss vom 14.04.2000, a.a.O.), für die neue Nutzung weitergehende bodenrechtliche Vorschriften gelten als für die alte oder wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung zwar nach derselben bodenrechtlichen Vorschrift bestimmt, nach dieser Vorschrift aber anders zu beurteilen sein kann als die frühere Nutzung (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155), oder wenn die geänderte Nutzung für die Nachbarschaft erhöhte Belastungen mit sich bringt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.11.2002, a.a.O.). Keine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB ist die bloße Intensivierung der Nutzung durch Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ohne Einfluss des Bauherrn (BVerwG, Urteil vom 29.10.1998 - 4 C 9.97 - NVwZ 1999, 417 und Beschluss vom 11.07.2001 - 4 B 36.01 - BRS 64 Nr. 73).
11 
Der Regelungsumfang einer Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr zugelassenen Art der Nutzung einschließlich ihrer Variationsbreite bzw. ihrer Zweckbestimmung richtet sich nach der Bezeichnung des Vorhabens in der Genehmigung sowie den weiteren Regelungen im Genehmigungsbescheid, den Bauvorlagen und sonstigen in Bezug genommenen Unterlagen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.10.2002 - 5 S 1706/01 - juris Rn. 65; Bayerischer VGH, Beschluss vom 09.09.2013 - 14 ZB 12.1899 - BauR 2014, 233). Er kann damit wesentlich auch durch den Bauantrag mitbestimmt werden, insbesondere wenn der Bauherr selbst nur einen engen Rahmen zulässiger Nutzungen zur Genehmigung stellt und damit das Vorhaben eingrenzt.
12 
b) An diesen Maßstäben gemessen erweist sich die Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen zu 1 als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber sowohl im bauordnungsrechtlichen wie auch im bauplanungsrechtlichen Sinne als eine Änderung der bislang genehmigten Nutzung als „Lehrlingswohnheim“ und ist diese deshalb auch genehmigungsbedürftig.
13 
aa) Die Variationsbreite der bisherigen, bestandskräftig genehmigten Nutzung wird mit der Nutzung des Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber überschritten. Es handelt sich um eine Nutzungsänderung im Sinne der Landesbauordnung, weil dem Gebäude eine relevante neue Zweckbestimmung gegeben wird. Denn es wird nicht mehr als das mit den Baugenehmigungen vom 06.11.1975 und 18.05.1992 genehmigte „Lehrlingswohnheim“ genutzt. Der Bereich der vom Bauherrn mit seinen Genehmigungsanträgen selbst vorgegebenen, bisherigen Zweckbestimmung wird verlassen. Den Baugenehmigungen ist nicht zu entnehmen, dass die Eingrenzung “internatsmäßiges Lehrlingswohnheim“ (Baugenehmigung vom 06.11.1975) bzw. „Lehrlingswohnheim“ (Baugenehmigung vom 18.05.1992) lediglich die damals konkret beabsichtigte Nutzung beschreiben, die zur Genehmigung gestellte Nutzungsart aber eine darüber hinausgehende Variationsbreite sonstiger Nutzungen umfassen sollte.
14 
bb) Es liegt auch eine Nutzungsänderung im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB vor. Denn die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der bisherigen Nutzung ist möglicherweise abweichend von der nunmehr zur Genehmigung gestellten Nutzung zu beurteilen, weil sie bodenrechtliche Belange neu berühren kann.
15 
(1) Ausgehend von der dem Beigeladenen zu 1 am 06.11.1974 erteilten Baugenehmigung ergibt sich die mögliche Berührung bodenrechtlicher Belange bereits daraus, dass das Vorhaben „Einrichtung einer Berufsfördermaßnahme durch den Caritas-Verband für Württemberg - Einbau eines internatsmäßigen Lehrlingsheims“ „unter Befreiung von § 30 BBauG i.V. mit § 8 BauNVO“ genehmigt worden ist. Denn eine - teilweise - neue Zweckbestimmung des Vorhabens, wie sie hier getroffen worden ist (siehe I. 2. b) aa)), ist immer geeignet, für die Ausübung des Befreiungsermessens aus § 31 Abs. 2 BauGB neue wesentliche Umstände aufzuwerfen. Dabei ist es ohne Belang, ob für das neue Vorhaben ein anderer Befreiungstatbestand (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BauGB) eingreift. Denn die von der Behörde geforderte Ermessensentscheidung unterscheidet sich deutlich von dem zu prüfenden Tatbestand (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.04.2008 - 4 B 16.08 - BRS 73 (208) Nr. 69 Rn. 7). Ebenso ist es unerheblich, ob die Rechtmäßigkeit einer Befreiung, die der Senat hinsichtlich der geplanten Nutzungsänderung sehr kritisch sieht (Senatsbeschluss vom 17.12.2013 - 8 S 2350/13), tatsächlich anders zu beantworten ist als bei der 1975 erteilten Befreiung. Denn eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB liegt bereits dann vor, wenn die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit möglicherweise abweichend zu beurteilen ist.
16 
(2) Aber auch unbeschadet der Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zur zulässigen Nutzungsart unterscheidet sich die jetzt zur Genehmigung gestellte Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber bauplanungsrechtlich erheblich von der bislang genehmigten Nutzung als „Lehrlingswohnheim“.
17 
Für die Beurteilung, ob eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968 - um eine solche handelt es sich bei der 1975 genehmigten Einrichtung einer Berufsförderungsmaßnahme durch den Caritas-Verband mit dem Einbau eines internatsmäßigen Lehrlingsheims mit Werkstattgebäude - mit der allgemeinen Zweckbestimmung und der konkreten Eigenart des Gewerbegebiets vereinbar ist, kommt es darauf an, ob die Anlage eine Funktion im Zusammenhang mit oder für eine zulässige Hauptnutzungsart erfüllt (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Januar 2013, § 8 BauNVO Rn. 44). Dies ist bei einem Lehrlingswohnheim mit angeschlossener Werkstätte im Gewerbegebiet zu bejahen. Der erstrebte Zweck des Wohnens am Ort der Ausbildungswerkstätte führt zu einer engen funktionalen Verklammerung der wohnähnlichen Nutzung mit der typischen, allgemein im Gewerbegebiet zulässigen gewerblichen Hauptnutzung (vgl. § 8 Abs. 2 BauNVO). Hingegen fehlt eine solche Ausrichtung bei einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber - deren Einordnung als Anlage für soziale Zwecke einmal unterstellt (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 04.06.1997 - 4 C 2.96 - NVwZ 1998, 173 und Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384) - offensichtlich. Daraus ergibt sich, dass die ursprünglichen Baugenehmigungen die Nutzung des Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nicht legalisieren, sondern vielmehr mit der veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt sein können, so dass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit unter bodenrechtlichen Aspekten neu stellt.
18 
(3) Soweit der Beigeladene zu 1 geltend macht, dass die „Lehrlinge aus schwierigen familiären Verhältnissen stammten“, diese daher am Wochenende von der Möglichkeit, ihre Familien zu besuchen, nur eingeschränkt Gebrauch gemacht hätten und damit während der gesamten Ausbildungszeit grundsätzlich rund um die Uhr in dem Wohnheim untergebracht gewesen seien, vermag dies an der obigen Einschätzung nichts zu ändern. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass für die meisten der einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesenen Asylbewerber die Unterkunft faktisch für den gesamten Tag zum Lebensmittelpunkt wird, während bei der bislang genehmigten Nutzung werktäglich ein Bewohnen der Zimmer durch die Auszubildenden während der Arbeits- und Schulzeiten faktisch nachgerade ausgeschlossen gewesen ist. Unerheblich ist dabei, ob die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit tatsächlich abweichend zu beurteilen ist oder ob die ursprüngliche Genehmigung - die unter Befreiung von § 8 BauNVO erteilt worden ist - rechtmäßig ergangen ist. Denn für das Vorliegen einer Nutzungsänderung im bauplanungsrechtlichen Sinne kommt es nur auf den Umstand an, dass die bodenrechtlichen Fragen neu aufgeworfen sind. Die vom Beigeladenen zu 1 diskutierte Frage des Aufenthalts an den Wochenenden ist daher unerheblich. Ebenfalls unerheblich sind insoweit die im Zuge der Nutzungsänderung vorgenommenen baulichen Veränderungen und deren Genehmigungsbedürftigkeit.
19 
(4) Das dem Vortrag des Beigeladenen zu 1 entsprechende Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin ist aus den gleichen Gründen ebenfalls erfolglos. Soweit sie darüber hinaus rügt, dass sich die neue, umstrittene Nutzung innerhalb der Variationsbreite der genehmigten Wohnheimnutzung bewege, weil der Zweck, nämlich die wohnähnliche Nutzung, sowie der Umfang, nämlich entsprechend einer Mitteilung des Beigeladenen zu 2 51 Personen, vollständig gewahrt bleibe, gebietet auch dies keine andere rechtliche Beurteilung. Denn für das Vorliegen einer Nutzungsänderung - sowohl im bauplanungsrechtlichen wie auch bauordnungsrechtlichen Sinne - kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die bisherige und die beabsichtigte Nutzung unterschiedlichen Nutzungskategorien aus den Katalogen der Baunutzungsverordnung unterfallen (Lechner/Busse, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Februar 2012, Art. 57 Rn. 413).
20 
(5) Auch soweit die Antragsgegnerin geltend macht, die etwaige unterschiedliche funktionale Ausrichtung des Lehrlingswohnheims einerseits und des Asylbewerberwohnheims andererseits rechtfertige schon deshalb keine unterschiedliche Behandlung, weil eine Anlage für soziale Zwecke, in der auch gewohnt werde, nur dann nicht im Widerspruch zur allgemeinen Zweckbestimmung des Gewerbegebiets stehe, wenn es sich um keine auf Dauer angelegte Unterbringung handele, so dass das Lehrlingswohnheim und das Asylbewerberwohnheim jedenfalls rechtlich gleich zu behandeln seien, vermag dies ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn selbst wenn die genehmigte Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen zu 1 als „Lehrlingswohnheim“ materiell rechtswidrig (gewesen) sein sollte, weil jegliches Wohnheim in Gewerbegebieten unzulässig sein sollte (vgl. BVerwG. Urteil vom 25.11.1983 - 4 C 21.83 - BVerwGE 68, 213), könnte der funktionale Zusammenhang der Nutzung des Wohnheims mit der in unmittelbarer Nähe untergebrachten Ausbildungswerkstatt unter Umständen eine andere Bewertung der Zulässigkeit einer Befreiung nahelegen, was die (Nicht-)Berührung der Grundzüge der Planung (§ 31 Abs. 2 BauGB) angeht. Denn jedenfalls die ausdrücklich gewollte räumliche Verbindung von Wohnen und theoretischem sowie praktischem Unterricht, wie sie sich aus Seite 8 der Baugenehmigung vom 06.11.1975 ergibt, könnte dazu führen, dass diese Nutzungsform in Gestalt einer Anlage für soziale Zwecke allein in einem Gewerbegebiet realisiert werden könnte.
21 
3. Entgegen der Auffassung der Beschwerden hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass die Missachtung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres eine Sicherungsmaßnahme rechtfertigt, ohne dass es hierfür auf eine Interessenabwägung ankommt.
22 
a) Soweit die Beschwerden geltend machen, dass die Voraussetzungen des § 65 Satz 2 LBO für eine Nutzungsuntersagung schon tatbestandlich nicht vorlägen, aber jedenfalls keine Ermessensreduzierung zugunsten der Antragsteller eingetreten sei, kann sie damit den erstinstanzlichen Beschluss nicht erfolgreich in Zweifel ziehen. Denn das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Erlass einer Sicherungsmaßnahme im Sinne des § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht davon abhängt, ob die Voraussetzungen des § 65 Satz 2 LBO erfüllt sind. Denn § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist eine eigenständige verfahrensrechtliche Grundlage zum Schutz und zur realen Durchsetzung der aufschiebenden Wirkung (Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2010, § 80a Rn. 21; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: August 2012, § 80a Rn. 40; Gersdorf, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand: 01.10.2013, § 80a Rn. 27; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 80a Rn. 10; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 80a Rn. 14). Diese Regelungsmöglichkeit tritt gleichberechtigt neben die rechtsgebietsspezifischen behördlichen Anordnungsbefugnisse (BVerwG, Urteil vom 28.01.1992 - 7 C 22.91 - BVerwGE 89, 357 (362); vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 09.02.2012 - 9 VR 2.12 - NVwZ 2012, 570 Rn. 6).
23 
b) Die Rügen der Beschwerden, das Verwaltungsgericht habe unzutreffend die Erfolgsaussichten der Klagen der Antragsteller bei seiner Entscheidung über den Antrag nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht in den Blick genommen, vermögen ebenfalls nicht zu verfangen. Denn diese sind im Verfahren zur Sicherung der Rechte der Antragsteller aus der von ihnen gerichtlich erstrittenen aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung ohne Belang.
24 
aa) § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO vermittelt einen von der materiell-rechtlichen Rechtslage unabhängigen verfahrensrechtlichen Schutz. Es steht hier die Durchsetzung der gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs, also die Sicherstellung der Effektivität des gewährten Rechtsschutzes, nicht aber die Realisierung eines materiellen verwaltungsrechtlichen Anspruchs inmitten. Einstweilige Sicherungsmaßnahmen gegenüber der Missachtung der aufschiebenden Wirkung dienen der Wahrung des mit Widerspruch bzw. Anfechtungsklage verfolgten Abwehrrechts z. B. gegen die erteilte Genehmigung, nicht jedoch der Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Anspruch auf behördliches Einschreiten (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: August 2012, § 80a Rn. 40). Der gegenteiligen Auffassung, die Sicherungsmaßnahmen nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO nur bei hinreichenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache für gerechtfertigt sieht (VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 03.08.1995 - 3 S 1078/95 - ESVGH 46, 29 und vom 22.10.2007 - 6 S 2237/07 - nicht veröffentlicht; OVG Berlin, Beschluss vom 26.02.1993 - 2 S 1/93 - NVwZ-RR 1993, 458; Thüringer OVG, Beschluss vom 28.07.1993 - 1 EO 1/93 - LKV 1994, 110 (113)), vermag sich der Senat jedenfalls für den Fall nicht anzuschließen, dass bereits eine gerichtliche Entscheidung über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs ergangen ist. Sie übersieht, dass hier die Rechte des Dritten zu schützen sind, die bei Nichtbeachtung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs bedroht sind (so auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.01.2000 - 10 B 2060/99 - NVwZ-RR 2001, 297), und dass die Missachtung der aufschiebenden Wirkung per se ein rechtswidriges Verhalten darstellt (Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 80a Rn. 36). Allein dies rechtfertigt eine auf die Effektuierung der aufschiebenden Wirkung gerichtete gerichtliche Anordnung (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.08.2013 - 8 B 829/13 - DÖV 2013, 952; vgl. auch Hessischer VGH, Beschluss vom 03.12.2002 - 8 TG 2177/02 - NVwZ-RR 2003, 345 (346)). Maßnahmen, die gegen eine umfassende gerichtliche Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit (hier nach § 212a Abs. 1 BauGB) verstoßen, sind zur Sicherung der Rechte des Rechtsbehelfsführers auf dessen Antrag hin grundsätzlich zu untersagen, ohne dass es darauf ankommen kann, ob ein gegenläufiges öffentliches Interesse besteht (vgl. Christ, jurisPR-BVerwG, 11/2012 Anm. 5 unter C.). Da die Gerichte bei der Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung eines Nachbarwiderspruch gegen eine Baugenehmigung anzuordnen ist, eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen haben, bei der sowohl die öffentlichen als auch die betroffenen privaten Interessen zu berücksichtigen sind und bei der die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs eine wesentliche Rolle spielen, ist es nicht gerechtfertigt, diese Interessenabwägung erneut vorzunehmen, wenn wegen der Nichtbeachtung der aufschiebenden Wirkung der Erlass einer einstweiligen Sicherungsmaßnahme anzuordnen ist. Die Änderung von Umständen, die eine abweichende Interessenabwägung zur aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs rechtfertigen könnten, ist nach den Vorgaben des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO geltend zu machen.
25 
bb) Daher kommt es für den Erlass einer Sicherungsmaßnahme nach § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 VwGO in der Regel allein auf die Frage an, ob dem Rechtsbehelf der Antragsteller aufschiebende Wirkung zukommt. Dies ist nach deren Anordnung durch den Senat mit Beschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 und der Ablehnung eines u.a mit der im Widerspruchsverfahren erteilten Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB begründeten Abänderungsantrags nach § 80 Abs. 7 Satz 2 (Senatsbeschluss vom 17.12.2013 - 8 S 2350/13) der Fall. Auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache kommt es nach den obigen Ausführungen nicht an. Die mit den Beschwerden geltend gemachte Unterbringungssituation für Asylbewerber im Gebiet des Beigeladenen zu 2 rechtfertigt keine davon ausnahmsweise abweichende Auslegung und kann allenfalls für die Ausgestaltung der Sicherungsmaßnahme erheblich sein (vgl. III.).
III.
26 
Da der Senat die Vollziehung des angegriffenen Beschlusses vom 02.07.2013 während des Beschwerdeverfahrens ausgesetzt hat (Senatsbeschluss vom 18.09.2013), das Beschwerdeverfahren vom 18.09.2013 bis zum 19.12.2013 im Hinblick auf das von der Antragsgegnerin betriebene Verfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ausgesetzt gewesen ist (Senatsbeschluss vom 18.09.2013), sodann auf Anregung des Senats bis zum 26.02.2014 zwischen den Beteiligten die Möglichkeit einer gütlichen Einigung, etwa unter Verweisung der Beteiligten an den Güterichter (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO) erörtert worden ist und deshalb seit Ergehen des angegriffenen Beschlusses über neun Monate vergangen sind, ist die den Verwaltungsgerichten durch §§ 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 VwGO eingeräumte Gestaltungsbefugnis hinsichtlich der Auswahl von Art und Inhalt der Sicherungsmaßnahme durch den Senat zur Sicherstellung ihrer Verhältnismäßigkeit erneut auszuüben.
27 
1. Bei der Auswahl einstweiliger Sicherungsmaßnahmen nach § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 VwGO und ihrem konkreten Inhalt steht dem Verwaltungsgericht eine Gestaltungsbefugnis zu (zu § 123 Abs. 3 VwGO, § 938 ZPO: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.1992 - 6 S 2781/91 - FEVS 43, 410 (414); vgl. auch Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: August 2012, § 80a Rn. 41a und 55 sowie Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 123 Rn. 109). Bei ihrer Ausübung sind das Interesse desjenigen, dem die aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelfs zugutekommt, seine prozessuale Rechtsposition durchzusetzen, etwa davon abweichende öffentliche Interessen sowie das private Interesse des durch den - in seiner Vollziehung suspendierten - Verwaltungsakt Begünstigten, entgegen den prozessrechtlichen Vorgaben von dem Verwaltungsakt Gebrauch zu machen, in den Blick zu nehmen.
28 
a) Einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten, dessen Rechtsbehelf entweder aufgrund gesetzlicher (§ 80 Abs. 1 VwGO), behördlicher (§ 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO) oder gerichtlicher Anordnung (§ 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO) aufschiebende Wirkung hat, dienen der faktischen Durchsetzung der aufschiebenden Wirkung in der Lebenswirklichkeit gegenüber dem durch den Verwaltungsakt Begünstigten (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: August 2012, § 80a Rn. 38). Das Verfahren zielt auf die Schaffung eines vollstreckungsfähigen Titels nach § 168 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.07.1996 - F 2 S 202/96 - juris; Pietzner/Möller, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2011, § 168 Rn. 14; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 168 Rn. 2). Unbeschadet der Möglichkeit, im Vollstreckungsverfahren geltend zu machen, es sei unzumutbar, der gerichtlichen Entscheidung zu folgen, ist grundsätzlich auch bei einer Entscheidung über den Erlass von Sicherungsmaßnahmen eine mögliche Unzumutbarkeit einer solchen Maßnahme gegenüber der Behörde und eine mögliche Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme gegenüber dem von dem Verwaltungsakt Begünstigten oder weiteren, nicht am Verfahren beteiligten Grundrechtsberechtigten zu prüfen. Solche Umstände können dem Erlass von Sicherungsmaßnahmen allerdings nur in atypischen Ausnahmefällen entgegenstehen. Denn in aller Regel ist es nicht unzumutbar, die geltende Rechtslage - also hier die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs - zu akzeptieren. Vielmehr ist dies für die an einem Verfahren nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO beteiligte Behörde die aus ihrer Rechts- und Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) resultierende Pflicht. Auch dem gesetzesunterworfenen begünstigten Dritten wird die Akzeptanz der gerichtlichen Entscheidung zugemutet. Die Ausnutzung des ihn begünstigenden Verwaltungsakts vor dessen Bestandskraft erfolgt nämlich in jeder Hinsicht auf sein eigenes Risiko. Hingegen kann es zur Wahrung gegenläufiger öffentlicher Interessen geboten sein, einstweilige Sicherungsmaßnahmen nicht unmittelbar mit Erlass des gerichtlichen Beschlusses wirksam werden zu lassen, insbesondere um Rechte Dritter zu wahren, die am Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht beteiligt sind.
29 
b) Die von der Antragsgegnerin und dem Beigeladenen zu 1 mit ihren Beschwerden geltend gemachte „Unterbringungsnot“ für Asylbewerber im Rems-Murr-Kreis kann - jedenfalls derzeit - keinen atypischen Ausnahmefall begründen, der bereits dem Erlass der begehrten einstweiligen Maßnahme zur Sicherung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs der Antragsteller entgegenstehen oder die Einräumung einer langen Frist zum Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung rechtfertigen könnte. Daher braucht nicht entschieden zu werden, ob der Beigeladene zu 1 sich auf diese von ihm geltend gemachten öffentlichen Interessen überhaupt berufen kann. Sein wirtschaftliches Interesse an der weiteren Vermietbarkeit seines Gebäudes bis zu einem möglichen Wiedereintritt der Vollziehbarkeit der angegriffenen Baugenehmigung (vgl. § 80b VwGO) ist ersichtlich nicht geeignet, dem Erlass einstweiliger Sicherungsmaßnahmen entgegenzustehen.
30 
aa) Den Beschwerden kann nicht entnommen werden, dass die Möglichkeiten der Unterbringung in Behelfsunterkünften auf Grundstücken im Eigentum des Beigeladenen zu 2 oder kreisangehöriger Gemeinden hinreichend geprüft worden ist. So enthält die vom Beigeladenen zu 2 vorgelegte und von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Übersicht „Unterkünfte für Asylbewerber“ einen Verweis auf einen ablehnenden Gemeinderatsbeschluss der Gemeinde Plüderhausen hinsichtlich einer Containerunterkunft für 50 - 60 Personen. Damit ist das Fehlen von Unterbringungsmöglichkeiten nicht hinreichend dargetan. Der Beigeladene zu 2 hat als Träger der unteren Aufnahmebehörde (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes über die Aufnahme von Flüchtlingen (Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG) vom 19.12.2013 (GBl. S. 493); §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 19 Abs. 1 Nr. 1 lit d) LVG) gegen die kreisangehörigen Gemeinden Anspruch auf Mitwirkung bei der Beschaffung geeigneter Grundstücke und Gebäude, wie dies jetzt auch ausdrücklich § 8 Abs. 3 Satz 4 FlüAG mit Wirkung vom 01.01.2014 bestimmt (Art. 5 des Gesetzes zur Neuordnung der Flüchtlingsaufnahme, über die Erstattung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 19.12.2013 (GBl. S. 493)). Ausgehend davon müsste dargetan werden, weshalb der Anspruch auf Mitwirkung insoweit erfüllt sein soll oder seine Durchsetzung nicht erfolgversprechend erscheint. Weiter ist die allgemeine Aussage „keine Einigung mit Eigentümer wegen überzogener Preisvorstellungen“ hinsichtlich eines Hotels im Stadtgebiet der Antragsgegnerin ebenfalls ungeeignet, um eine hinreichende Prüfung der Unterbringungsmöglichkeiten darzutun. Denn ein solcher pauschaler Hinweis kann es nicht rechtfertigen, die Effektivität des vorläufigen Rechtsschutzes zu beseitigen, den die Antragsteller mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs erreicht haben. Eine sparsame Haushaltsführung kann nicht zu Lasten der Antragsteller dergestalt gehen, dass die Antragsgegnerin und der Beigeladene zu 1 Gerichtsentscheidungen, die den Antragstellern vorläufigen Rechtsschutz gewähren, unbeachtet lassen.
31 
bb) Diese Aussagen gelten jedenfalls angesichts des jedenfalls nunmehr als beharrlich zu kennzeichnenden, rechtswidrigen Verhaltens des Beigeladenen zu 1, der die Entscheidung des Senats zur Anordnung der aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Klage in der Zeit vom 02.04.2013 (Datum der Zustellung des Senatsbeschlusses vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12) bis zum 23.10.2013 (Datum der Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses nach § 80 Abs. 7 VwGO - 11 K 2941/13) und dann wieder vom 19.12.2013 (Datum der Zustellung des Senatsbeschlusses vom 17.12.2013 - 8 S 2350/13) bis zum heutigen Tage und damit insgesamt mehr als neun Monate ignoriert. Angesichts dieses erheblichen Zeitablaufs wäre es dem Beigeladenen zu 2 und der Antragsgegnerin möglich gewesen, andere Lösungen für die Unterbringung der Asylbewerber zu finden, die den vorläufigen Rechtsschutz der Antragsteller achten. Insbesondere wäre es erforderlich gewesen, nicht allein an die höhere Aufnahmebehörde heranzutreten, sondern auch an das Integrationsministerium als oberste Aufnahmebehörde unter Schilderung des vollständigen Sachverhalts heranzutreten, um nach weiteren Unterbringungsmöglichkeiten für die in dem Gebäude des Beigeladenen zu 1 wohnenden Personen zu suchen und nötigenfalls eine Verteilung - auch - auf andere Land- und Stadtkreise zu erreichen. Nur dann, wenn eine menschenwürdige Unterbringung für die Bewohner des Gebäudes des Beigeladenen zu 1 in Baden-Württemberg nicht erreichbar sein sollte, könnte vom Erlass einer Sicherungsmaßnahme abgesehen werden. Dies setzte voraus, dass keiner der Bewohner der Unterkunft nach dem 02.04.2013 - mit Ausnahme der Zeit vom 23.10.2013 bis zum 19.12.2013 - zugewiesen worden ist.
32 
2. Allerdings ist es zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegenüber den Bewohnern des Gebäudes des Beigeladenen zu 1 erforderlich, dem Beigeladenen zu 2 durch ein zeitlich begrenztes Hinausschieben der zu verfügenden Nutzungsuntersagung noch eine Möglichkeit zu eröffnen, als Träger der unteren Aufnahmebehörde im Zusammenwirken mit der kreisangehörigen Antragsgegnerin und gegebenenfalls mit der höheren und der obersten Aufnahmebehörde anderweitige Unterbringungsmöglichkeiten für die Bewohner der hier betroffenen Unterkunft zu finden oder zu schaffen. Eine Übergangsfrist bis Ende Mai 2014 ist hier angemessen, um die Rechte der Asylbewerber, um deren Schutz es bei dieser Maßgabe allein geht, zu wahren. Dies ändert nichts an der Tatsache, dass die Beteiligten auch weiterhin gehalten sind, die gerichtlich angeordnete aufschiebende Wirkung zu achten und die fortwährende Nutzung des Gebäudes als Asylbewerberunterkunft auch bis zum 31.05.2014 allein wegen der Missachtung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller rechtswidrig bleibt.
IV.
33 
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
34 
2. Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Der Streitwert für ein Verfahren gerichtet auf den Erlass von einstweiligen Sicherungsmaßnahmen zur faktischen Durchsetzung der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen folgt dem Streitwert des Verfahrens auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, so dass hier ein Streitwert von 3.750,-- EUR festzusetzen ist.
35 
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragstellerin wehrt sich gegen den Bau und den Betrieb einer Windkraftanlage durch die Beigeladene, für die das Landratsamt Würzburg mit Bescheid vom 26. September 2013 (der durch Bescheide vom 5.3.2014, 31.7.2014 und 13.10.2014 geändert oder ergänzt wurde) die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt hat. Das Landratsamt hat die Genehmigung für sofort vollziehbar erklärt. Die Windkraftanlage soll insgesamt 186 m hoch sein und ca. 56 m von den Grundstücken entfernt stehen, auf denen die Antragstellerin in der - ca. 80 m von der Windkraftanlage liegenden - Spalierobstanlage ihres Arbeitgebers („Gut Terra Nova GmbH & Co. Betriebs-KG“ - nachfolgend: Fa. G) berufstätig ist; nach ihrem Vortrag fallen dort auch im Winter regelmäßig Arbeiten an.

Die Windkraftanlage ist fast fertig gebaut; der Mast mit der Gondel ist errichtet, die Rotorblätter sind noch zu montieren und es sind über eine Trasse von mehreren Kilometern Leitungen zu verlegen und an die Windkraftanlage anzuschließen, die u. a. der Einspeisung des erzeugten Stroms ins Netz dienen. Nach verschiedenen behördlichen und gerichtlichen Verfahren (an denen die Antragstellerin nicht beteiligt war) blieb - nach derzeitigem Stand - die Arbeitgeberin der Antragstellerin als Eigentümerin der Spalierobstanlage erfolglos (BayVGH, B. v. 19.08.2014 - 22 CS 14.1597: Ablehnung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen die Genehmigung vom 26.9.2013; B. v. 26.11.2014 - 22 CS 14.1834: Zurückweisung einer diesbezüglichen Anhörungsrüge). Danach machte die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht geltend, sie sei durch den Betrieb der Windkraftanlage während ihrer Arbeiten auf der Spalierobstanlage an Leib und Leben gefährdet (Gefahr von Eiswurf, Brandgefahr). Das Verwaltungsgericht stellte auf ihren Antrag (und die Anträge zweier weiterer Antragsteller) mit Beschlüssen vom 17. September 2014 die aufschiebende Wirkung der von ihnen erhobenen Anfechtungsklagen in vollem Umfang wieder her. Gegen diesen Beschluss hat die Beigeladene Beschwerde eingelegt, über die der Verwaltungsgerichtshof noch nicht entschieden hat.

2. Nachdem die Antragstellerin in Erfahrung gebracht hatte, dass die Beigeladene trotz der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (B. v. 17.9.2014) Bauarbeiten für den Bau der Leitungstrasse durchführte, beantragte sie einstweilige Sicherungsmaßnahmen gegen die Beigeladene nach § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VwGO. Diesem Antrag gab das Verwaltungsgericht (nach Erlass einer Zwischenverfügung vom 19.9.2014) mit Beschluss vom 30. September 2014 statt.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beigeladenen mit dem Antrag, unter Änderung von Nr. I des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 30. September 2014 den Antrag der Antragstellerinnen abzulehnen; weiter wird beantragt, einstweilige Sicherungsmaßnahmen „hinsichtlich der gegenständlichen Kabeltrasse“ zuzulassen.

Die Antragstellerin hat unter dem 17. November 2014 beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Der Antragsgegner hat sich nicht geäußert.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von der Beigeladenen fristgerecht innerhalb eines Monats (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) vorgebrachten Gründe, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts.

1. Die Beigeladene macht mit ihrer Beschwerdebegründung vom 3. November 2014 zum einen geltend, ein Grund für die vom Verwaltungsgericht getroffene Sicherungsanordnung, nämlich eine Missachtung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin durch die Beigeladene, liege nicht vor. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die streitgegenständliche Kabeltrasse, durch deren Weiterbau die Beigeladene die vom Verwaltungsgericht wiederhergestellte aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage missachtet haben solle, weder Gegenstand der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 26. September 2013 noch des Ergänzungsbescheids vom 30. Juli 2014 und damit nicht von der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin erfasst. Vielmehr sei für den Bau dieser Kabeltrasse weder eine immissionsschutzrechtliche noch eine baurechtliche Genehmigung notwendig; die von der Beigeladenen vorgenommenen und vom Verwaltungsgericht beanstandeten Arbeiten dürften daher vollständig ohne Genehmigung ausgeführt werden. Die diesbezüglichen Darlegungen der Beigeladenen sind jedoch nicht geeignet, die gegenteiligen Erwägungen des Verwaltungsgerichts hinreichend zu erschüttern.

1.1. Die rechtlichen Voraussetzungen der angefochtenen Sicherungsanordnung sind Folgende:

Die vom Verwaltungsgericht verfügten Sicherungsmaßnahmen beruhen auf § 80a Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 i. V. m. § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO. Danach kann das Gericht im Fall eines Rechtsbehelfs eines Dritten gegen den einen anderen begünstigenden Verwaltungsakt auf Antrag des Dritten zur Sicherung von dessen Rechten einstweilige Maßnahmen treffen.

Das zu sichernde Recht des Dritten besteht in der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs (VGH BW, B. v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - juris Rn. 27). Wurde die aufschiebende Wirkung - wie vorliegend durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 17. September 2014 - auf Antrag des betroffenen Dritten durch einen vorangegangenen verwaltungsgerichtlichen Beschluss wiederhergestellt, so ist einerseits die Reichweite dieses Beschluss maßgeblich für die Prüfung, ob der Begünstigte die aufschiebende Wirkung missachtet hat und deshalb Sicherungsmaßnahmen geboten sind. Andererseits kann auch die gerichtliche Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht weiter gehen als diejenige, die der zugrundeliegende Rechtsbehelf (vorliegend die Anfechtungsklage) im konkreten Fall auszulösen vermag. Ein hinreichend konkreter Grund für gerichtlich angeordnete Sicherungsmaßnehmen (vgl. hierzu z. B. Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80a Rn. 35; Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2014, § 80a Rn. 40a) besteht dann, wenn die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs vom Begünstigten missachtet wird (vgl. Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80a Rn. 36 m. w. N.; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, a. a. O., § 80a Rn. 54 und 64). Dass die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Sicherungsanaordnung entsprechend den Annahmen des Verwaltungsgerichts vorliegen, stellt das Beschwerdevorbringen nicht in Frage.

1.2. Vorliegend hat das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 17. September 2014 die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 26 September 2013 (i. d. F. der Bescheide vom 5.3.2014 und 31.7.2014) ohne Einschränkungen wiederhergestellt; die vom Suspensiveffekt hervorgerufene vorläufige „Blockade“ der Genehmigung gilt somit für den gesamten, einer Anfechtungsklage zugänglichen Regelungsgehalt des Bescheids vom 26. September 2013 (in der am 17.9.2014 aktuellen Fassung). Hiervon ist auszugehen. Ob dies zu Recht oder zu Unrecht geschehen ist, ob die Wiederherstellung zu weitgehend war oder nicht, spielt im vorliegenden Verfahren keine Rolle. Darüber ist allein im noch anhängigen Beschwerdeverfahren gegen die verwaltungsgerichtliche Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu befinden. Die Beigeladene kann somit im vorliegenden Verfahren nicht einwenden, die unter Missachtung der wiederhergestellten aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage durchgeführten konkreten Arbeiten seien - z. B. aufgrund ihrer Art, ihres Ausmaßes oder der räumlichen Entfernung zum Arbeitsplatz der Antragstellerin auf dem nahe der Windkraftanlage gelegenen Grundstück - offensichtlich ungeeignet, Rechte der Antragstellerin zu gefährden. Der Genehmigungsinhaber wird durch diese formale Betrachtungsweise auch nicht unangemessen benachteiligt. Will er Einschränkungen der von einem Dritten erstrebten Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage (sei es durch Auflagen, vgl. § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO, sei es durch eine Teilaussetzung, vgl. Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 87; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 80 Rn. 169) erreichen, weil nach seiner Ansicht der Schutz des Dritten eine derart weitgehende gerichtliche Entscheidung nicht erfordere, so kann er dies im (Beschwerde-)Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO oder - unter den dort genannten Voraussetzungen - in einem Änderungsverfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO geltend machen.

1.2.1. Zu kurz greift insoweit zwar die Argumentation des Verwaltungsgerichts, wenn es (ebenso wie anscheinend auch die Antragstellerin im Schriftsatz vom 19.09.2014, Nr. 4.c auf S. 6) gemeint haben sollte, Bauarbeiten für die Kabeltrasse seien allein schon dadurch, dass das Landratsamt sie zum Gegenstand der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gemacht habe, genehmigungspflichtig geworden, diese Arbeiten würden also - infolge der vorläufigen Hemmung der Wirksamkeit der Genehmigung durch die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage - von der Beigeladenen ungenehmigt und damit illegal vorgenommen (vgl. Nr. II.1.2 auf S. 8 und 9 des B. v. 30.09.2014). Eine formell erteilte Genehmigung kann nicht die Genehmigungsbedürftigkeit eines von Rechts wegen genehmigungsfreien Vorhabens begründen (ob das genehmigungsfreie Vorhaben mit materiellem Recht im Einklang steht, ist eine hiervon zu unterscheidende Frage); die „Genehmigung“ eines nicht genehmigungsbedürftigen Vorhabens ginge vielmehr ins Leere und wäre ebenso bedeutungslos wie eine infolge der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage gegen diese Genehmigung erzielte vorläufige Unwirksamkeit dieser Genehmigung. Zwar können der Regelungsumfang und damit die Legalisierungswirkung einer (Bau-)Genehmigung auf weniger als die mögliche Reichweite begrenzt werden, z. B. wenn der Bauherr selbst nur einen engen Rahmen zulässiger Nutzungen zur Genehmigung stellt und damit das Vorhaben eingrenzt (VGH BW, B. v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - juris Rn. 11). Dagegen kann die Legalisierungswirkung der Genehmigung nicht weiter reichen, als das Legalisierungserfordernis überhaupt besteht. Denkbar ist allerdings, dass im Rahmen eines Genehmigungsbescheids durch feststellenden Verwaltungsakt für die Beteiligten verbindlich geklärt wird, dass ein bestimmtes Vorhaben genehmigungsbedürftig ist.

Der Änderungsbescheid vom 5. März 2014, der ausweislich des Betreffs und der tenorierten Änderungen nicht nur die Änderung der Höhenlage der Windkraftanlage, sondern gerade auch die Genehmigung der Kabeltrasse umfasst (vgl. Nr. I.1. zu den neuen Nrn. IV.39 und IV.40; Nr. I.3 zur Ergänzung der bisherigen Nr. VI), kann hier aber nicht als feststellender Verwaltungsakt dahingehend verstanden werden, dass das Landratsamt eine rechtlich zweifelhafte und/oder unter den Beteiligten streitige Frage der Genehmigungsbedürftigkeit der Kabeltrasse mit rechtsverbindlicher Wirkung hätte regeln wollen.

1.2.2. Ob im vorliegenden Fall der Bau der Kabeltrasse genehmigungsbedürftig oder genehmigungsfrei ist oder ob ggf. die Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung (§ 13 BImSchG) auch behördliche Zulassungen in Bezug auf die Kabeltrasse umfasst, hängt von tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten ab, deren Klärung anhand der insoweit maßgeblichen Beschwerdebegründung im summarischen Verfahren nicht möglich ist.

Es kommt insbesondere in Betracht, die Kabeltrasse zwar nicht zum Anlagenkern (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 der 4. BImSchV) der Windkraftanlage zu zählen, aber als von der Genehmigungspflicht erfasste Nebeneinrichtung (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV) anzusehen: Nach § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV bedürfen die im Anhang 1 genannten Anlagen - die vorliegend streitige Anlage gehört dazu - unter weiteren (vorliegend erfüllten) Voraussetzungen einer Genehmigung. Nach § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV erstreckt sich die Genehmigungsbedürftigkeit - soweit vorliegend in Betracht kommend - auf alle Anlagenteile und Verfahrensschritte, die zum Betrieb notwendig sind (Nr. 1) und Nebeneinrichtungen, die mit den Anlagenteilen und Verfahrensschritten nach Nummer 1 in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen und die von Bedeutung sein können für (a) das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen, (b) die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen oder (c) das Entstehen sonstiger Gefahren, erheblicher Nachteile oder erheblicher Belästigungen (Nr. 2). Nach dem Vortrag der Beteiligten soll auf der Trasse über eine Entfernung von mehreren Kilometern der von der Windkraftanlage erzeugte Strom ins Netz eingespeist werden. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Windkraftanlage auch weiterer Leitungen bedarf, insbesondere zum Telekommunikationsnetz und zur Stromversorgung in denjenigen Zeiten, in denen keine Energie durch den sich drehenden Rotor erzeugt wird, die gleichfalls auf der Kabeltrasse verlegt werden.

1.2.2.1. Der dazu rechtlich erforderliche räumliche Zusammenhang ist nicht auszuschließen: Die Kabeltrasse beginnt am Turm der Windkraftanlage; dass sie erst mehrere Kilometer von der Windkraftanlage entfernt endet, schließt den räumlichen Zusammenhang zwischen der Kabeltrasse und der Windkraftanlage nicht unbedingt und vor allem nicht vollständig aus. Auch der nötige betriebstechnische Zusammenhang ist gegeben: Ohne die Kabeltrasse zur Einspeisung des erzeugten Stroms ins Netz kann die Windkraftanlage nicht zweckentsprechend betrieben werden; die Kabeltrasse dient allein diesem Zweck; daneben bestehen zwischen der Kabeltrasse und der Windkraftanlage weitere betriebstechnische Zusammenhänge (z. B. Anbindung der Anlage an das Telekommunikationsnetz). Anhaltspunkte dafür, dass die Kabeltrasse noch weitere Windkraftanlagen (oder ggf. Anlagen anderer Art) bedienen und damit eine selbstständige Bedeutung als Anlage erhalten würde, die losgelöst wäre vom Bestand der streitigen Windkraftanlage (vgl. hierzu Landmann/Rohmer, 4. BImSchV, § 1 Rn. 16 m. w. N.), sind hier weder von der Beigeladenen dargelegt noch ersichtlich.

1.2.2.2. Dass vorliegend die Kabeltrasse „Bedeutung für das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen“ oder sonstiger Gefahren hat, ist zwar nicht offensichtlich. Eine derartige, vom Gesetz zur Voraussetzung für die Genehmigungsbedürftigkeit der Kabeltrasse erhobene Umweltrelevanz liegt nicht zwingend bereits darin, dass die Trasse einer Windkraftanlage „dient“; infolgedessen mag es sein, dass im Allgemeinen eine zu einer oder mehreren Windkraftanlagen führende Kabeltrasse der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht nicht unterliegt. Umgekehrt kann aber die aus der rechtlichen Betrachtung der Kabeltrasse als Nebeneinrichtung im Sinn von § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV gefolgerte Genehmigungsbedürftigkeit nicht generell ausgeschlossen werden. Der weit gefassten Formulierung von § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV („…die von Bedeutung sein können…“) kann entnommen werden, dass im Interesse eines möglichst wirksamen Schutzes der Umwelt schon die bloße Möglichkeit ausreichen soll, dass die Nebeneinrichtung Bedeutung für schädliche Umwelteinwirkungen oder Gefahren usw. (im Sinn von § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c der 4. BImSchV) haben kann (vgl. hierzu Landmann/Rohmer, 4. BImSchV, § 1 Rn. 20).

Insoweit ist vorliegend zu beachten, dass die Kabeltrasse durch ein Wasserschutzgebiet führt, wie sich aus dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten wasserrechtlichen Bescheid vom 12. August 2014 ergibt, mit dem das Landratsamt (auf Antrag der Beigeladenen vom 29.7.2014) gemäß § 52 Abs. 1 WHG und Art. 36 BayVwVfG eine mit Nebenbestimmungen versehene Befreiung von den Verboten der Wasserschutzgebietsverordnung wegen der Verlegung der Mittelspannungsleitung durch die Schutzzone III des Wasserschutzgebiets „Zeller Quellen“ erteilt hat (vgl. Email vom 19.9.2014 in der VG-Akte). Die Kabeltrasse verstößt gegen ein Verbot dieser Verordnung und konnte daher nur im Weg der Befreiung zugelassen werden (§ 52 Abs. 1 Satz 2 WHG). Die Konzentrationswirkung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (§ 13 Halbs. 2 BImSchG) würde die Befreiung von den Verboten der Wasserschutzgebietsverordnung gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG grundsätzlich mit umfassen, da der in § 13 Halbs. 2 BImSchG geregelte Ausschluss („mit Ausnahme von…“) der Konzentrationswirkung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für wasserrechtliche Entscheidungen nur wasserrechtliche Erlaubnisse und Bewilligungen nach § 8 i. V. m. § 10 WHG betrifft. Das Bundesimmissionsschutzrecht bezweckt auch den Schutz von Boden und Wasser (vgl. § 1 Abs. 1 BImSchG), so dass die in § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV erforderliche Umweltrelevanz einer Nebeneinrichtung bei einer - für sich genommen - genehmigungsfreien Kabeltrasse zu einer Windkraftanlage jedenfalls dann bestehen könnte, wenn für die Kabeltrasse eine wasserrechtliche Befreiung von einem Verbot einer Wasserschutzgebietsverordnung erforderlich ist. Zum betriebstechnischen Zusammenhang (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV) kommt hier auch eine rechtliche Abhängigkeit der Kabeltrasse von der Windkraftanlage hinzu: Die für den Bau der Kabeltrasse erforderliche wasserrechtliche Befreiung hat ihre Rechtfertigung ausschließlich darin, dass die Trasse dem Betrieb einer (materiell und formell legalen) Windkraftanlage dienen soll.

Dass das Landratsamt mehr als zehn Monate nach der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 26. September 2013 mit separatem Bescheid vom 12. August 2014 für den Bau der Kabeltrasse eine wasserrechtliche Befreiung erteilt hat, steht dieser rechtlichen Beurteilung nicht entgegen. Zum einen würde die Eigenschaft als Nebeneinrichtung im Sinn des § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV nicht dadurch aufgehoben, dass das Landratsamt (möglicherweise) die Existenz des Wasserschutzgebiets bei Erteilung der Genehmigung (26.9.2013) oder des Änderungsbescheids vom 5. März 2014 nicht gekannt und daher die im Hinblick auf wasserrechtliche Befreiungsvorbehalte bestehende Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht gesehen hat. Zum andern wäre eine der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Hinblick auf wasserrechtliche Befreiungen zukommende Konzentrationswirkung durch den Bescheid vom 12. August 2014 nicht geändert worden. Der Beschwerdebegründung ist nichts dazu zu entnehmen, weshalb eine solche rechtliche Bewertung nicht in Betracht kommen sollte.

1.2.3. Vorliegend kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Verfahrensablauf sowie der Inhalt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (einschließlich der Änderungs-/Ergänzungsbescheide) dafür sprechen, dass die Beteiligten selbst und insbesondere die Genehmigungsbehörde bis zum Erlass des Befreiungsbescheids vom 12. August 2014 konzeptionell eine Genehmigungsbedürftigkeit der Kabeltrasse angenommen haben. Dies geschah nicht nur einmal gleichsam versehentlich, sondern an vielen Stellen unter Einbeziehung auch der Äußerungen von Trägern öffentlicher Belange. So enthielt bereits die ursprüngliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung (vom 26.9.2013) mehrere Nebenbestimmungen, die sich auf die Kabelverlegung bezogen (vgl. z. B. Nrn. VI.8.3 und VI.9.2 der Genehmigung vom 26.9.2013). Der Änderungsbescheid vom 5. März 2014 (Bl. 59 ff. der VG-Akte) ist im Betreff überschrieben mit „…Genehmigung der Kabeltrasse“. In Nr. I.1 des Änderungsbescheids werden in der Ergänzung der unter Nr. IV des Ausgangsbescheids enthaltenen Liste der zum Bestandteil der Genehmigung gemachten, mit dem Prüfvermerk des Landratsamts versehenen Unterlagen ausdrücklich das neue zusätzliche Prüfdatum „25.03.2014“ sowie Unterlagen zur Kabeltrasse (Nrn. 39 u. 40) hinzugefügt; in den Gründen des Bescheids wird angegeben, dass die Beigeladene Unterlagen zur Kabeltrasse vorgelegt habe. Zur Kabeltrasse haben vier Träger öffentlicher Belange Stellung genommen (vgl. Nr. II.2 der Gründe des Änderungsbescheids vom 5.3.2014). Gemäß der Regelung unter Nr. VI des Ausgangsbescheids (vom 26.9.2013) ist die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung an verschiedene, im einzelnen aufgeführte Nebenbestimmungen „gebunden“ (die Formulierungsvariante, der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Windkraftanlage bloße „Hinweise“ in Bezug auf die Kabeltrasse beizufügen, hat das Landratsamt gerade nicht gewählt). Mit der Nr. I.3 des Änderungsbescheids vom 5. März 2014 hat das Landratsamt die genannte Nr. VI des Ausgangsbescheids um weitere fünf einzelne Nebenbestimmungen ergänzt, die alle die Verlegung der Kabeltrasse betreffen; sie beziehen sich auf die größtmögliche Rücksicht auf Belange der Landwirtschaft durch die Art und Weise, wie die Arbeiten zur Kabelverlegung vorzunehmen sind und die Kabel schließlich zu liegen kommen.

Unter diesen Umständen hätte eine Beschwerdebegründung, die mit der hier zum Ausdruck kommenden rechtlichen Bewertung durch das Landratsamt und die Beigeladene bricht, darlegen müssen, worauf dieser Sinneswandel beruht. Aus dem Beschwerdevorbringen der Beigeladenen ergeben sich indes keine Anhaltspunkte dafür, dass die aus den oben genannten Gesichtspunkten vorzunehmende Klassifizierung der Kabeltrasse als (zusammen mit der „Kernanlage“ genehmigungsbedürftige) Nebeneinrichtung im Sinn von § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV unzutreffend wäre.

2. Mit ihrem Beschwerdeschriftsatz vom 15. Oktober 2014 hat die Beigeladene neben der Änderung von Nr. I des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 30. September 2014 (Nr. I der Beschwerde) auch beantragt (Nr. II), „einstweilige Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der gegenständlichen Kabeltrasse werden zugelassen“. Dieser Antrag ist ersichtlich als Hilfsantrag zu verstehen, denn er ist gegenüber dem Antrag unter Nr. I ein „Minus“. Er hat aber schon deshalb keinen Erfolg, da es insofern an einer ausreichenden Beschwerdebegründung fehlt, weil die Beigeladene diesen Antrag sowohl im Schriftsatz vom 15. Oktober 2014 als auch in der Beschwerdebegründung vom 3. November 2014 mit keinem einzigen Wort begründet. Das Verwaltungsgericht hatte sich mit dem diesbezüglichen Vortrag der Beigeladenen in seinem Beschluss vom 30. September 2014 (Nr. 1.3 auf S. 10) befasst und ausgeführt, dass eine Einschränkung der vom Verwaltungsgericht angeordneten Maßnahmen (praktisch ein „Baustopp“) im Hinblick auf die von der Beigeladenen beantragte Zulassung einstweiliger Sicherungsmaßnahmen bezüglich der Baustelle nicht veranlasst gewesen sei, weil es insoweit schon an einem substantiierten Vortrag der Beigeladenen zur Notwendigkeit solcher Sicherungen fehle und sich auch das Landratsamt trotz gerichtlicher Aufforderung nicht zur Frage der Erforderlichkeit von Sicherungsmaßnahmen geäußert habe. Für die Beigeladene hätte Anlass bestanden, sich damit auseinanderzusetzen.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 47 GKG (mangels gegenteiligen Vortrags der Beteiligten und besserer Anhaltspunkte: wie Vorinstanz).

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und der Beigeladenen zu 2. zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die mit Bescheid des Beklagten vom 12. Mai 2015 in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 29. März 2016 der Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung für den Neubau einer Produktionshalle mit Brauerei.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 913/6 Gemarkung …, das von Süden an die Kreisstraße ... grenzt. Die nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans befindliche Bebauung entlang der Kreisstraße, zu der das Grundstück der Klägerin gehört, ragt spornartig in den Außenbereich hinein. Nordwestlich des Anwesens der Klägerin und jenseits der Kreisstraße befinden sich u.a. die Vorhabensgrundstücke FlNr. 621, 627 und 628, die im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet … III“ der Beigeladenen zu 2. liegen. Westlich hiervon schließen sich die Geltungsbereiche der Bebauungspläne „Gewerbegebiet … II“ und „Gewerbegebiet …“ an. Bezüglich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet … III“ ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein Normenkontrollverfahren nach § 47 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) anhängig (1 N 15.840), über das noch nicht entschieden ist.

Unter dem 20. April 2015 beantragte die Beigeladene zu 1. eine Baugenehmigung für den „Neubau einer Produktionshalle mit Brauerei und deren zugehörige Logistikhalle, Büros, Bewirtungsraum und einem Getränkeladen (…)“ auf den Grundstücken FlNrn. 621, 627 und 628. Nach den eingereichten Bauvorlagen ist die Errichtung einer etwa 40 m x 75 m großen Halle (Firsthöhe 11,40 m) mit Stellplätzen geplant. Die Halle ist in drei Abschnitte gegliedert. Im südöstlichen, der Klägerin zugewandten Teil befindet sich der Fertigungsbereich der Firma B... GmbH, in dem mittels Metallbearbeitungsmaschinen Brauereianlagen hergestellt werden sollen. Im nordwestlichen und im mittleren Teil soll durch die Firma C... GmbH eine kleine Brauerei mit Flaschenabfüllanlage und Bewirtungsraum sowie ein Getränkeladen betrieben werden; an der Nordost-Seite sind im Wesentlichen Kühlräume und Büros angeordnet. Dem Bauantrag lagen u.a. eine Betriebsbeschreibung vom 30. April 2015 sowie eine Lärmprognose der S... GmbH vom 22. April 2015 zu Grunde. Das Wohnhaus der Klägerin auf dem Grundstück FlNr. 913/6 ist von dem Bauvorhaben ca. 135 m Luftlinie entfernt.

Gegen die der Beigeladenen zu 1. mit Bescheid vom 12. Mai 2015 erteilte Baugenehmigung erhob der Bevollmächtigte der Klägerin am … Juni 2015 Klage zum Verwaltungsgericht München, zunächst mit dem Antrag, die Baugenehmigung vom 12. Mai 2015 aufzuheben. Die Klägerin werde durch die Baugenehmigung in ihren nachbarlichen Rechten verletzt, insbesondere unzumutbaren Geräusch- und Geruchsbelästigungen ausgesetzt.

In der Klagebegründung wird unter Berufung auf gutachterliche Stellungnahmen des von der Klägerin beauftragten Sachverständigenbüros M... AG vom 22. April 2015 und vom 23. September 2015 u.a. ausgeführt, dass die der Baugenehmigung zu Grunde liegende immissionsfachliche Beurteilung in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft sei. Schon die Annahme des Lärmschutzniveaus eines Mischgebiets sei unzutreffend. Das Anwesen der Klägerin liege im unbeplanten Innenbereich in einem reinen Wohngebiet und könne deshalb die Einhaltung besserer Immissionsschutzwerte als die eines Mischgebiets beanspruchen. Die Geräusche des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand bis zu 500 m vom Betriebsgrundstück würden nicht berücksichtigt. Wesentliche Lärmquellen seien nicht im zutreffenden Umfang erfasst worden, nämlich die betriebsbedingten Fahrbewegungen von PKWs und LKWs, der Gabelstaplerbetrieb, Lärm beim Abholen und beim Austausch der Wertstoffbehälter usw. Es sei auch ein zu niedriger Impulshaltigkeitszuschlag bei den Verkehrsgeräuschen angenommen worden. Bei der Erarbeitung der Geräuschkontingente für den Bebauungsplan „Gewerbegebiet … III“ seien wesentliche Fehler gemacht worden, insbesondere die Vorbelastungen durch das benachbarte „Gewerbegebiet … II“ und durch die südlich gelegenen Sport- und Schulnutzungen nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Baugenehmigung sei im Hinblick auf die Auflagen zum Immissionsschutz nicht hinreichend bestimmt.

Zur weiteren Begründung der Klage nimmt der Klägerinbevollmächtigte Bezug auf seine Ausführungen zu dem Antrag der Beigeladenen zu 1. nach § 80 Abs. 7 VwGO (M 1 S7 16.3394 und 1 CS 16.2051).

Die Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 2. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Schutzniveau sei zutreffend bestimmt worden. Der fragliche Bereich, in dem das Anwesen der Klägerin liege, sei in Übereinstimmung mit der Obersten Baubehörde als im Außenbereich liegend eingestuft worden. Selbst wenn man aber von einer Innenbereichslage ausgehe, komme wegen der unmittelbaren Lage des fraglichen Bereichs an den beiden Kreisstraßen ... und ..., wegen seiner Randlage zu intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen und auch wegen der in der Nachbarschaft befindlichen, seit längerer Zeit bestehenden Gewerbegebiete „… II“ und „…“ keinesfalls das Schutzniveau eines allgemeinen oder gar reinen Wohngebiets in Betracht. Die der Baugenehmigung zugrunde liegenden Lärmschutzprognosen hätten sehr wohl sämtliche Lärmquellen berücksichtigt, die von der Klägerin gerügten Fehler in den Prognosen lägen nicht vor.

Auf Antrag des Bevollmächtigten der Klägerin vom … Oktober 2015 hin hat das Gericht mit Beschluss vom 10. Februar 2016 im Verfahren nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11. Juni 2015 angeordnet (M 1 SN 15.4734), weil der Baugenehmigungsbescheid vom 12. Mai 2015 in Ermangelung einer ausreichenden Beschreibung des Betriebsumfangs und -ablaufs voraussichtlich zu unbestimmt sei und daher nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Klägerin durch den Bescheid in ihren Rechten verletzt werde.

Der Beklagte modifizierte mit Bescheid vom 29. März 2016 „zur Konkretisierung und Ergänzung des Baugenehmigungsbescheids“ den Bescheid vom 12. Mai 2015 in seinen immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen (Ergänzungsbescheid). Dem lagen die Fortschreibungen der Betriebsbeschreibung, des Freiflächenplans 2 und des Aufstellungsplans für Maschinen, jeweils vom 10. März 2016, sowie eine aktualisierte schalltechnische Untersuchung der S... GmbH vom 16. März 2016 zu Grunde.

Der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch den Ergänzungsbescheid seien die gerügten Bestimmtheitsmängel der Baugenehmigung vom 12. Mai 2015 geheilt worden. Auch die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen seien eingehalten, wie sich aus der dem Ergänzungsbescheid zu Grunde liegenden aktualisierten schalltechnischen Stellungnahme des Ingenieurbüros S... GmbH vom 16. März 2016 ergebe. Weiter werde im Hinblick auf die Belastung durch den Zu- und Abgangsverkehr klargestellt, dass dieser von Norden her abgewickelt werde, nämlich über den vom Anwesen der Klägerin weiter entfernten nördlichen Abschnitt der Straße „…“ im Bereich von FlNr. 627, und nicht aus südlicher Richtung. Dies entspreche der am 19. Januar 2015 beschlossenen und am 8. April 2016 in Kraft getretenen Satzung der Gemeinde über das ergänzende Verfahren gemäß § 214 Abs. 4 BauGB zur Aufstellung des Bebauungsplans „Gewerbegebiet … III“ unter gleichzeitiger 3. Änderung des Bebauungsplans „Gewerbegebiet … II“.

Mit Schriftsatz vom 14. April 2016 machte der Beklagte weitere Ausführungen zu der durch den Ergänzungsbescheid geänderten tatsächlichen und rechtlichen Lage und nahm auch zu den vom Vorhaben ausgehenden Geruchsimmissionen Stellung. Auch insoweit seien unzumutbare Belastungen für die Klägerin ausgeschlossen.

Am 20. April 2016 fand die erste mündliche Verhandlung statt; auf die Niederschrift hierüber wird verwiesen.

Im Nachgang zur ersten mündlichen Verhandlung legte der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1. zusätzliche Erläuterungen der S... GmbH vom 22. April 2016 zu ihrer schalltechnischen Untersuchung vom 16. März 2016 vor. Darin wird zur angenommenen Prognose eines Halleninnenpegels von 85 dB(A) Stellung genommen. Außerdem wird ausgeführt, dass selbst bei einer Einstufung des Anwesens der Klägerin als in einem allgemeinen Wohngebiet liegend die Immissionswerte der TA Lärm nicht nur eingehalten, sondern sogar um 6 dB(A) unterschritten würden.

Auf den Antrag des Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1. nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vom 4. April 2016 änderte die Kammer mit Beschluss vom 27. Mai 2016 auf das Anerkenntnis der Klägerin hin den Beschluss vom 10. Februar 2016 und lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 11. Juni 2015 nunmehr insoweit ab, als er die Errichtung des Vorhabens und die Baufertigstellung betraf (M 1 S7 16.1570). Was den Betrieb des Vorhabens anging, nahm die Beigeladene zu 1. die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch den Beschluss vom 10. Februar 2016 zunächst weiter hin.

Mit Schriftsatz vom 1. August 2016 suchte der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1. gemäß §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO erneut um einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht nach und beantragte, unter Abänderung des Beschlusses des Gerichts vom 10. Februar 2016 den Antrag der Klägerin nunmehr auch insoweit - und damit restlos - abzulehnen, als er die Inbetriebnahme des Vorhabens betrifft.

Zur Begründung seines Eilantrags führte der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1. im Wesentlichen aus, diese habe mit Schreiben vom 29. Juli 2016 gegenüber dem Beklagten unwiderruflich erklärt, die Baugenehmigung vom 12. Mai 2015 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 29. März 2016 lediglich nach Maßgabe verschiedener Einschränkungen im betrieblichen Ablauf zu nutzen; dabei sei klargestellt worden, dass diese Erklärung einen teilweisen Verzicht auf den Inhalt der Baugenehmigung darstelle (Verzichtserklärung vom 29.7.2016). Der Teilverzicht auf Inhalte der baurechtlichen Bescheide führe auf dem Wohngrundstück der Klägerin zur Einhaltung des Immissionsrichtwerts „Tag“ für allgemeine Wohngebiete auch in den Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit.

Die Klägerin wandte sich gegen den Eilantrag der Beigeladenen zu 1. Durch die formlose Erklärung gegenüber dem Beklagten vom 29. Juli 2016 entstehe für sie keine günstigere Situation, insbesondere werde damit der Baugenehmigungsbescheid nicht abgeändert oder inhaltlich verändert. Diese Erklärung sei vielmehr als neuer Bauantrag, möglicherweise auch als Tektur zu werten. Die Beigeladene zu 1. versuche auf diese Weise, ein anderes, verändertes Bauvorhaben mit einem zeitlich veränderten Lieferverkehr, PKW-Verkehr sowie Änderungen bei der Benutzung der Abfallcontainer darzustellen. Die bisherige Lärmbewertung durch den Beklagten und die Beigeladene zu 1. sei fehlerhaft und unterschätze die von dem Vorhaben ausgehenden Lärmemissionen erheblich. Falsch und bisher nicht nachvollziehbar sei ein Halleninnenpegel von 85 dB(A) angesetzt worden. Es sei keine „worst-case-Betrachtung“ angestellt worden. Es werde bestritten und sei unglaubhaft, dass von vergleichbaren Projekten zahlreiche Messwerte von Halleninnenpegeln vorlägen. Auch sei die Bewertung des Lärms, der dadurch entstehe, dass das Hallengebäude entlang der Süd-, Ost- und Nordseite umfahren werden könne, wie sich bei Betrachtung der Pläne in der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2016 herausgestellt habe, bisher nicht hinreichend in der Lärmprognose berücksichtigt worden. Es bestehe weiterhin die begründete Befürchtung, dass entgegen den Bekundungen der Beigeladenen zu 1. doch eine Zufahrt von Südosten entstehen solle. Zudem mangele es daran, dass die Lärmvorbelastung, die am Grundstück der Klägerin bestehe, nicht hinreichend bei der Festlegung der Lärmgrenzwerte berücksichtigt worden sei. Auch handle es sich hinsichtlich der Geräuschquellen an den Wertstoffcontainern nicht um eine „worst-case-Betrachtung“. Insbesondere fehle es am Ansatz von Kühlaggregaten, mit denen zumindest ein Teil der LKW ausgestattet sei. Zudem sei der Maschinenaufstellplan weiterhin unbestimmt und lasse eine konkrete Ermittlung und Bewertung des Lärms nicht zu; auch die Auflage, Türen, Tore und Lüftungsklappen nicht länger als vier Stunden am Tag offen stehen zu lassen, sei unbestimmt und nicht vollziehbar. Die Zahl der PKW-Stellplätze sei zu niedrig angesetzt worden, da weit mehr Mitarbeiter beschäftigt würden und zudem Besucher von Brauereiführungen sowie sonstige Gäste dabei nicht berücksichtigt seien. Auch sei der Lärmpegel für die Gastronomie und der dazugehörige Personenkreis nicht zutreffend ermittelt worden. Die Lärmprognose unterschätze den durch das Bauvorhaben entstehenden Lärm auch deshalb, weil im Gutachten lediglich die Einsatzdauer der Gabelstapler im Südosten mit 30 Minuten pro Tag berücksichtigt worden sei. Dies sei unzureichend. Schließlich sei nicht plausibel dargelegt, dass es am Anwesen der Klägerin nicht zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen durch das Brauereivorhaben komme. Ein Geruchsgutachten sei zwingend erforderlich.

Mit weiterem Schriftsatz vom … August 2016 wiederholte und vertiefte die Klägerin ihr Vorbringen im Eilverfahren. Sie legte eine schalltechnische Stellungnahme der M... AG vom 12. Mai 2016 sowie eine schalltechnische Stellungnahme der Handwerkskammer für München und Oberbayern zu einem anderen Vorhaben vom 21. Februar 2008 und verschiedene Fotos vor.

Die Beigeladene zu 1. legte im Eilverfahren eine weitere schalltechnische Stellungnahme der S... GmbH vom 30. August 2016 vor.

Mit Beschluss vom 7. September 2016 gab das Gericht dem zweiten Abänderungsantrag der Beigeladenen zu 1. statt (M 1 S7 16.3394). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die dagegen von der Klägerin erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 19. Januar 2017 zurück (1 CS 16.2051).

Mit Schriftsatz vom 1. August 2016 im vorliegenden Klageverfahren trug der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1. unter anderem vor, dass der Ergänzungsbescheid vom 29. März 2016 von der Klägerin nicht angefochten und nicht in das Klageverfahren einbezogen worden sei, obwohl der Bevollmächtigte der Klägerin in der ersten mündlichen Verhandlung vom 20. April 2016 von der Vorsitzenden ausdrücklich auf diesen Punkt hin angesprochen worden und ihm zu einer entsprechenden Erklärung eine Schriftsatzfrist eingeräumt worden sei; diese Frist sei ungenutzt verstrichen. Die Klage sei schon deswegen abzuweisen.

Der Beklagte monierte ebenfalls die fehlende Einbeziehung des Ergänzungsbescheides und machte weitere Ausführungen zu Details des Betriebsablaufs des Vorhabens und der immissionsschutzrechtlichen Beurteilung.

Mit Schriftsatz vom 6. März 2017 legte der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1. den Messbericht der Firma S... GmbH zu der zwischen dem 30. Januar 2017 und dem 6. Februar 2017 stattgefundenen und von den Nebenbestimmungen der Baugenehmigungen geforderten messtechnischen Bestimmung des Halleninnenpegels vom 20. Februar 2017 vor.

Die zweite mündliche Verhandlung fand am 14. März 2017 statt, in der insbesondere auch der Ablauf der Halleninnenpegelmessung besprochen wurde; auf die Niederschrift hierüber wird verwiesen.

Zuletzt stellte der Bevollmächtigte der Klägerin den Klageantrag

aus dem Schriftsatz vom 10. Juni 2015 - Aufhebung des Baugenehmigungsbescheids vom 12. Mai 2015 - mit der Maßgabe, dass Gegenstand der Anfechtungsklage auch der Ergänzungsbescheid vom 29. März 2016 ist, und in Gestalt der Verzichtserklärung vom 29. Juli 2016. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, auch auf die der Eilverfahren M 1 SN 15.4734, M 1 S7 16.1570 und M 1 S7 16.3394, verwiesen.

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

Die Klage ist unzulässig (Nr. 1). Im Übrigen wäre sie auch unbegründet (Nr. 2).

1. Die Klage ist unzulässig.

Die Klägerin hat den Ergänzungsbescheid vom 29. März 2016 nicht fristgerecht angefochten (a), weswegen die aus dem Ausgangsbescheid vom 12. Mai 2015 in Gestalt des Ergänzungsbescheides vom 29. März 2016 bestehende Baugenehmigung für das streitgegenständliche Vorhaben Bestandskraft erlangt hat und einer inhaltlichen gerichtlichen Kontrolle nicht mehr zugänglich ist (b).

a) Ausweislich des Empfangsbekenntnisses des Bevollmächtigten der Klägerin wurde diesem am 7. April 2016 der an die Beigeladene zu 1. gerichtete Ergänzungsbescheid vom 29. März 2016 zugestellt (siehe Bl. 1267 der Bauakten). Es ist unschädlich, dass in dem vom Landratsamt an den Bevollmächtigten verschickten Formular des ausgefüllt zurückzusendenden Empfangsbekenntnisses als Datum des zuzustellenden Bescheids versehentlich der 12. Mai 2015, also das Datum der Ursprungsgenehmigung, und nicht das Datum des Ergänzungsbescheids vom 29. März 2016 genannt ist. Denn dem Empfangsbekenntnis-Formular lag unbestritten der Ergänzungsbescheid vom 29. März 2016 bei (vgl. Bl. 1221 ff. der Bauakte). Im Übrigen wurde die vom Bevollmächtigten der Klägerin rechtzeitig mit Anfechtungsklage angefochtene Ursprungsgenehmigung vom 12. Mai 2015 nicht individuell, sondern über den Weg der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 66 Abs. 2 Satz 4 und Satz 6 BayBO zugestellt (siehe Bl. 338 und Bl. 356 der Bauakte). Auch daraus ergibt sich, dass der Bevollmächtigte der Klägerin am 7. April 2016 den Empfang des späteren Ergänzungsbescheids und nicht der Baugenehmigung vom 12. Mai 2015 bestätigte. Der Bevollmächtigte der Klägerin kann auch nicht einwenden, der Ergänzungsbescheid sei ihm nicht im Rahmen seines Mandatsverhältnisses zur Klägerin, sondern nur im Verhältnis zu einem weiteren Mandanten, für den er ebenfalls gegen das Bauvorhaben Nachbarklage erhoben hat (siehe Parallelverfahren M 1 K 16. 2131), zugestellt worden. Ein Mandatsverhältnis war dem Landratsamt nur im Hinblick auf die Klägerin angezeigt worden (siehe Vollmacht vom 10.6.2015, Bl. 358 der Bauakte), nicht aber im Hinblick auf die andere Mandantschaft. Deshalb wurde der Ergänzungsbescheid an die Klägerin zutreffend über ihren Bevollmächtigten mittels Empfangsbekenntnisses, an die andere Mandantschaft des Bevollmächtigten aber direkt mittels Postzustellungsurkunde, und zwar am 6. April 2016, zugestellt (siehe Bl. 1229 und 1259 der Bauakte). Erst nach Zustellung an die andere Mandantschaft zeigte der Bevollmächtigte seine Bevollmächtigung für die andere Mandantschaft an (siehe Bl. 1 und Bl. 2 der Gerichtsakte im Parallelverfahren M 1 K 16.2131). Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Ergänzungsbescheid vom 29. März 2016 wurde also am 7. April 2016 dem Bevollmächtigten der Klägerin mit Wirkung für diese zugestellt.

Innerhalb der am 7. April 2016 beginnenden und am Montag, den 8. Mai 2016 endenden Monatsfrist des § 74 VwGO für die Erhebung der Klage gegen den Ergänzungsbescheid wurde Klage nicht erhoben. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat auch den Ergänzungsbescheid nicht innerhalb dieser Frist im Wege der Klageerweiterung nach § 91 VwGO in das gegen den Erstbescheid vom 12. Mai 2015 gerichtete laufende gerichtliche Klageverfahren einbezogen, worin eine Erhebung der Klage gegen den Ergänzungsbescheid zu sehen wäre. Ein solcher einbeziehender Akt ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erforderlich, soll ein den angefochtenen Ursprungsbescheid ergänzender Bescheid Gegenstand des laufenden Klageverfahrens werden; ein ergänzender Bescheid wird nicht automatisch Gegenstand des gegen den ergänzten Bescheid gerichteten laufenden Klageverfahrens (Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 2016, § 79 Rn. 17 m.w.N.; Simon/Busse, BayBO, Stand 2016, Art. 68 Rn. 638; OVG Lüneburg, B.v. 18.12.2015 - 8 B 253/15 - juris Rn. 3; VG München, U.v. 21.1.2016 - M 11 K 14.3066 - juris Rn. 39; Kraft, BayVBl. 1995, 519/523 und 524). Eine solche Einbeziehung des Ergänzungsbescheids hat der Bevollmächtigte der Klägerin weder explizit noch konkludent vorgenommen. Vielmehr hat in der ersten mündlichen Verhandlung vom 20. April 2016, also innerhalb offener Klagefrist, die Vorsitzende den Bevollmächtigten ausdrücklich danach gefragt, ob er den Ergänzungsbescheid in das laufende Klageverfahren einbeziehen wolle und ihm zu einer entsprechenden Erklärung eine Schrifsatzfrist eingeräumt (siehe Niederschrift über die erste mündliche Verhandlung vom 20.4.2016 und Schriftsatz des Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1. vom 1.8.2016, Bl. 159 der Gerichtsakte). Die Frist verstrich ungenutzt. Erst in der zweiten mündlichen Verhandlung vom 14. März 2017, also weit außerhalb der Klagefrist, beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin die Aufhebung auch des Ergänzungsbescheids vom 29. März 2016.

b) Infolge der nicht fristgerechten Anfechtung des Ergänzungsbescheides vom 29. März 2016 wurde dieser bestandskräftig. Seine den Ursprungsbescheid vom 12. Mai 2015 in dessen Nebenbestimmungen zum Lärmschutz und den zu Grunde liegenden Bauunterlagen modifizierenden Regelungen sind damit verbindlich und können vom Gericht nicht mehr inhaltlich überprüft werden. Soweit der Ursprungsbescheid vom 12. Mai 2015 nicht durch den Ergänzungsbescheid geändert wurde, ist das Rechtsschutzbedürfnis für seine isolierte Anfechtung weggefallen. Die beiden Bescheide sind in ihrem Regelungsgehalt untrennbar aufeinander bezogen. Seit dem Erlass des Ergänzungsbescheids gibt es nur noch eine nicht weiter teilbare, einheitliche Baugenehmigung für das streitbefangene Vorhaben, nämlich den Ursprungsbescheid vom 12. Mai 2015 in Gestalt des Ergänzungsbescheides vom 29. März 2016. Nur wenn beide Bescheide ordnungsgemäß angefochten sind, kann das Gericht in eine inhaltliche Kontrolle der baugenehmigungsrechtlichen Grundlage des Vorhabens eintreten.

2. Selbst wenn - wie nicht - die Klage zulässig wäre, wäre sie unbegründet.

Der Bescheid vom 12. Mai 2015 in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 29. März 2016 verletzt die Klägerin nicht in ihren nachbarlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin wird durch das Vorhaben keinen unzumutbaren Lärm- oder sonstigen Belästigungen ausgesetzt.

Der Nachbarschutz eines außerhalb der Grenzen des Plangebiets - hier des Bebauungsplangebiets „Gewerbegebiet … III“ - belegenen Grundstückseigentümers bestimmt sich bundesrechtlich (nur) nach dem in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme (BVerwG, B.v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 - juris Rn. 6). Bei Lärmimmissionen sind Maßstab für die danach hinzunehmenden Belästigungen § 22 BImSchG i.V.m. den Regelungen der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BImSchG, Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm (statt aller König, Baurecht Bayern, 2015, Rn. 417 ff., 422 und 423).

Das Gericht hat in seinem Beschluss vom 7. September 2016 (M 1 S7 16.3394) im Detail herausgearbeitet, dass nach summarischer Prüfung keine immissionsschutzrechtlichen Bedenken gegen das Vorhaben bestehen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diesen Beschluss bestätigt (B.v. 19.1.2017 - 1 CS 16.2051 - juris).

Die Feststellungen im Eilverfahren haben auch im Hauptsacheverfahren Bestand.

Die nunmehr zur vorsorglichen Absicherung des Immissionsrichtwertes für allgemeine Wohngebiete in den werktäglichen Ruhezeiten während der Tagzeit (d. h. zwischen 6.00 Uhr und 7.00 Uhr sowie zwischen 20.00 und 22.00 Uhr) von 49 dB(A) (vgl. Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. d i.V.m. Nr. 6.5 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 der TA Lärm) mit Schreiben der Beigeladenen zu 1. vom 29. Juli 2016 bezüglich der Baugenehmigung vom 12. Mai 2015 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 29. März 2016 (nebst Prozesserklärung vom 20. April 2016) gegenüber dem Beklagten verbindlich erklärten Betriebszeitenbegrenzungen für den Lieferverkehr, den Besucherverkehr mit Omnibussen und die Befüllung und Abholung von Wertstoffcontainern (Verzichtserklärung) schließen eine mögliche unzumutbare Beeinträchtigung der Klägerin durch Schallimmissionen aus. Ein Überschreiten der genannten Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm war bislang jedenfalls insoweit nicht ausreichend belastbar auszuschließen, als durch den Betrieb des streitbefangenen Vorhabens während der Tagzeit die Möglichkeit einer werktäglichen Richtwertüberschreitung nach Nr. 6.5 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 der TA Lärm bestanden hat, unterstellt das Wohnhaus der Klägerin auf dem Grundstück FlNr. 913/6 liege bauplanungsrechtlich in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) i.V.m. § 4 BauNVO ( vgl. Nr. 6.6 Satz 2 der TA Lärm). Durch die verbindliche Erklärung der Beigeladenen zu 1. vom 29. Juli 2016 kann sichergestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 11.1.2006 - 4 B 80/05 - juris Rn. 5), dass der Betrieb des streitbefangenen Vorhabens - soweit von ihm zwischen 6.00 und 7.00 Uhr sowie zwischen 20.00 und 22.00 Uhr bislang die Gefahr von werktäglichen Richtwertüberschreitungen für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit ausgehen konnte - von der Beigeladenen zu 1. rechtsverbindlich so durchgeführt wird, dass diese Gefahr hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann (vgl. Schalltechnische Stellungnahme der S... GmbH vom 16. März 2016 mit ergänzenden Erläuterungen vom 22. April, 8. Juli und 30. August 2016). Eine Beeinträchtigung der Klägerin in Gestalt einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm ist von daher nicht mehr zu befürchten. Dies gilt, wie erwähnt, sogar unter der Annahme, dass das Grundstück der Klägerin im Innenbereich in einem allgemeinen Wohngebiet liegt. Indes dürfte diese für die Klägerin günstige Annahme nicht haltbar sein. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im erwähnten Beschluss vom 19. Januar 2017 (1 CS 16.2051) ausgeführt, dass viel dafür spricht, dass dem Grundstück der Klägerin nicht der Schutz eines allgemeinen Wohngebiets zusteht, sondern dieses als Teil des Außenbereichs nur das Schutzniveau eines Mischgebiets nach Nr. 6.1 Buchst. c der TA Lärm beanspruchen könne. Unter Zugrundelegung des wohl realistischen Schutzniveaus eines Mischgebiets für das Anwesen der Klägerin bestünde erst Recht kein Zweifel daran, dass sie keinen im Sinne der Vorgaben der TA Lärm unzumutbaren Immissionsbelastungen ausgesetzt ist.

Dieses immissionsschutzrechtliche Ergebnis wird getragen durch eine Vielzahl schalltechnischer Gutachten, insbesondere die Stellungnahme der S... GmbH vom 16. März 2016, die zusätzlichen Erläuterungen hierzu vom 22. April 2016 (insbesondere zum Halleninnenpegel) und den Bericht über die messtechnische Bestimmung des Halleninnenpegels vom 20. Februar 2017, sowie die Stellungnahme des Beklagten vom 30. August 2016. Der immissionsschutzrechtlichen und immissionsschutzfachlichen Beurteilung des Vorhabens liegen entgegen der Auffassung der Klägerin keine falschen bzw. unrealistischen Annahmen oder methodische oder sonstige Fehler der Gutachten zu Grunde. Im Einzelnen ergibt sich Folgendes:

a) Der Ansatz des Halleninnenpegels von 85 dB(A) als Maßstab für die Lärmentwicklung in der streitgegenständlichen Halle und als wichtige Einflussgröße für die nachbarliche Immissionsbelastung ist realitätsnah. Nach den Erläuterungen des Sachverständigen in der zweiten mündlichen Verhandlung vom 14. März 2017 hat die Höhe des Halleninnenpegels lediglich Auswirkungen auf einen Teil der an den Immissionsorten einwirkenden Geräuschquellen und deren Teilpegel an den Immissionsorten. Die von der Klägerin in Bezug genommene schalltechnische Stellungnahme der Handwerkskammer für München und Oberbayern vom 21. Februar 2008, vorgelegt im Verfahren M 1 SN 16.3394, ist zu einem anderen Vorhaben erstellt worden; ihr kann keine grundsätzliche Aussage des Inhalts entnommen werden, dass der vorliegend zugrunde gelegte Halleninnenpegel zu niedrig wäre (siehe hierzu Stellungnahme der S... GmbH vom 30.8.2016, vorgelegt im Verfahren M 1 SN 16.3394, S. 2). Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beigeladene zu 1. sich zum Halleninnenpegel neben Erkenntnissen aus vergleichbaren Projekten auf die Auswertung „Handwerk und Wohnen“ des TÜV Rheinland sowie auf orientierende Kurzzeitmessungen des Halleninnenpegels in der bestehenden Produktionshalle stützt (zur Auswertung des TÜV Rheinland vgl. die Stellungnahme der S... GmbH vom 22.4.2016, vorgelegt im Verfahren M 1 SN 16.3394, S. 2). Hinzu kommt, dass Nummer 7 des Ergänzungsbescheids vom 29. März 2016 in Ergänzung von Nummer II.3 des Ursprungbescheids vom 12. Mai 2015 anordnet, dass die mittleren Halleninnenpegel der Produktionshalle und im Bereich „Brauerei“ einen Wert von 85 dB(A) nicht überschreiten dürfen und dies innerhalb von sechs Monaten nach der Nutzungsaufnahme durch Abnahmemessungen zu belegen ist. Dadurch wird die Einhaltung des zu Grunde gelegten Pegels vollziehbar sichergestellt. Die Abnahmemessung bei Echtbetrieb hat bereits stattgefunden. Nach dem Bericht der S... GmbH vom 20. Februar 2017 haben die zwischen dem 30. Januar 2017 und dem 6. Februar 2017 durchgeführten Messungen ergeben, dass der festgelegte Halleninnenpegel von 85 dB(A) selbst bei einer theoretischen Arbeitsdauer von 16 Stunden und durchgehendem Vollbetrieb in beiden Hallenabschnitten mit großer Sicherheit eingehalten ist. Die Messungen waren in der zweiten mündlichen Verhandlung vom 14. März 2017 Gegenstand der ausführlichen Erörterung mit den Gutachtern und den Beteiligten. Zweifel am Ergebnis der Messungen ergaben sich nicht.

b) Auch der Vortrag der Klägerin zur - aus ihrer Sicht unzureichenden - Berücksichtigung von Fahrgeräuschen durch andere bzw. zusätzliche Fahrwege von (Liefer-)Verkehr auf dem Betriebsgelände führt nicht weiter. Ausweislich der schalltechnischen Untersuchung vom 16. März 2016 (vgl. dort insbesondere Abb. 3) ist eine Umfahrung des Betriebsgeländes ausreichend berücksichtigt; dies wird vom Sachgebiet Immissionsschutz des Landratsamts in seiner Stellungnahme vom 23. August 2016 (dort Seite 2) sowie von der S... GmbH in ihrer Stellungnahme vom 30. August 2016 (dort Seite 4 f.) nochmals ausdrücklich bestätigt. Eine Zufahrt zum Betriebsgelände über die A... Straße, wie die Klägerin sie befürchtet, ist nicht Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung (vgl. insbesondere den genehmigten Lageplan und Freiflächenplan).

c) Soweit sich die Klägerin gegen die aus ihrer Sicht fehlerhafte Nichtberücksichtigung von Vorbelastungen durch Sportanlagen wendet, vermag sie damit bereits von Rechts wegen nicht durchzudringen. Nach Nr. 2.4 der TA Lärm ist Vorbelastung die Belastung eines Orts mit Geräuschimmissionen von allen Anlagen, für die die TA Lärm gilt, ohne den Immissionsbeitrag der zu beurteilenden Anlage. Nach Nr. 1 Abs. 2 Hs. 2 Buchst. a der TA Lärm unterfallen Sportanlagen, die nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) zu beurteilen sind, nicht dem Anwendungsbereich der TA Lärm. Mit Blick auf Nr. 1 Satz 1 Hs. 1 der TA Lärm gilt gleiches auch für Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen, soweit nicht Nr. 7.4 der TA Lärm eingreift. Danach stellen Sportanlagen- und anlagenunabhängiger Verkehrslärm grundsätzlich keine Vorbelastung im Sinne der TA Lärm dar. Dies ist dem segmentierenden Regelungssystem des Lärmschutzes in der deutschen Rechtsordnung geschuldet, wonach Anlagenlärm nur nach der TA Lärm bestimmt und beurteilt wird, während für Lärm aus sonstigen spezifischen Quellen ausschließlich das jeweilige spezielle Regelwerk Anwendung findet (Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV, 18. BImSchV usw.) und begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Anhaltspunkte für eine die verfassungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle des Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG) überschreitende, die Gesundheit gefährdende Lärmbelastung, einschließlich der Vorbelastung und des zu erwartenden anlagenbezogenen Lärms, durch einen Dauerschallpegel von 70 dB(A)/tags oder 60 dB(A)/nachts als Folge des Vorhabens bestehen nicht (vgl. z.B. BVerwG, U.v. vom 13.5.2009 - 9 A 72/07 - NVwZ 2009, 1498).

Nachdem die Geräuschimmissionen sogar den Immissionsrichtwert nach Nr. 6.1. Buchst. d der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete für den Tag um mehr als 6 dB(A) unterschreiten, bedurfte es entgegen der Auffassung der Klägerin einer Bestimmung der Vorbelastung gemäß Nr. 3.2.1 Unterabs. 2 und 6 Satz 2 i.V.m. Nr. 4.2 Buchst. c der TA Lärm nicht.

d) Auch eine unzumutbare Belastung der Klägerin durch Einzelereignisse im Rahmen des Verkehrs mit LKW auf dem Betriebsgrundstück ist nicht zu besorgen. Die Geräusche, die von Motorstarts, Türenschlagen, Betriebsbremsen u.ä. der LKWs hervorgerufen werden, sind bei der Berechnung der Beurteilungspegel nach dem Inhalt der Gutachten ausreichend berücksichtigt worden (vgl. schalltechnische Beurteilung der S... GmbH vom 16.3.2016, Seite 23 ff. und Seite 37, sowie Stellungnahme des Sachgebiets Immissionsschutz des Landratsamts vom 23.8.2016, Seite 2, namentlich unter Verweis auf den „Technischen Bericht zur Untersuchung der Geräuschimmissionen durch Lastkraftwagen auf Betriebsgelände von Frachtzentren, Auslieferungslagern, Speditionen und Verbrauchermärkten sowie weiterer typischer Geräusche insbesondere von Verbrauchermärkten“ des Hessischen Landesamts für Umwelt und Geologie - HLUG, 2005). Dabei berücksichtigt die Berechnung vom 16. März 2016 insbesondere auch kurzzeitige Geräuschspitzen sowohl bei den Fahrwegen als auch beim Rangieren (vgl. Seite 25 f.), indem sie entsprechend dem Bericht des HLUG 2005 (dort Seite 16) hierfür den höchsten für Einzelereignisse vorgesehenen Schallleistungspegel von 108 dB(A) für Betriebsbremsen in Ansatz bringt. Hierauf bezieht sich auch die Aussage der S... GmbH in der schalltechnischen Beurteilung vom 16. März 2016 (dort Seite 37), wonach „die LKW-Geräusche Motorstarten, Türenschlagen, Betriebsbremse usw. (…) bereits in den Emissionsansätzen für die LKW-Fahrwege und insbesondere für das Rangieren mit abgedeckt“ sind. Zudem weisen der Beklagte und die Beigeladene zu 1. übereinstimmend zutreffend darauf hin, dass nach der Betriebsbeschreibung in der Fassung ihrer Fortschreibung vom 10. März 2016 ein Betrieb von LKW mit Kühlaggregaten weder vorgesehen ist noch für den genehmigten Betrieb üblich wäre.

e) Auch die Regelungen der Baugenehmnigung zur Anordnung von Maschinen in der Werkhalle sowie über die Öffnung von Türen, Toren und Lüftungsklappen in den Lichtbändern sind sachgerecht und begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Der Ergänzungsbescheid vom 29. März 2016 regelt unter Nummer 5 in Ergänzung von Nummer II.3.d des Ausgangsbescheids vom 12. Mai 2015 zum einen, dass Türen, Tore und Lüftungsklappen in den Lichtbändern pro Tag nicht länger als vier Stunden offen stehen dürfen und zum anderen, dass die Einhaltung dieser Vorgabe durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen ist. Diese Nebenbestimmung ist entgegen der Auffassung der Klägerin ausreichend bestimmt und zudem auch vollziehbar (so auch BayVGH, B.v. 19.1.2017 - 1 CS 16.2051 - juris Rn. 7). Die Einsatzorte der mobilen Maschinen sind zum anderen bereits nach der Natur der Sache ihres Einsatzzwecks nicht vorab bestimmbar. Im Übrigen sind diese Regelungen geeignet, die Beschränkung der Immissionsbelastung auf ein für die Klägerin nach der TA Lärm zumutbares Maß zu gewährleisten (siehe oben vor Buchst. a).

f) Auch hinsichtlich der von der S... GmbH in Ansatz gebrachten Anzahl der PKW-Bewegungen sowie bezüglich der sonstigen Fahrbewegungen durch Omnibusse und LKW ist nichts zu erinnern. Nachvollziehbar wird in der Stellungnahme vom 30. August 2016 darauf hingewiesen, dass die Zahl von 700 PKW-Bewegungen werktäglich ausreichend konservativ gewählt ist, um den Fahrverkehr, der von 120 Mitarbeitern und Besuchern der Schaubrauerei mit Bewirtungsraum und Getränkeladen voraussichtlich ausgelöst wird, zu erfassen. Dies entspricht auch der schalltechnischen Beurteilung vom 16. März 2016, die auf den Seiten 28 ff. entsprechende Berechnungen enthält und sich dabei auf die „Parkplatzlärmstudie“ des Bayerischen Landesamts für Umwelt in der aktuellen Fassung ihrer 6. Auflage vom August 2007 bezieht. Der Stellplatzberechnung (vgl. Blatt 280 der Behördenakten), die im Übrigen nicht als solche, sondern nur im Rahmen des damit zu erwartenden lärmträchtigen An- und Abfahrtsverkehrs nachbarrechtlich relevant ist, hat die Klägerin ebenfalls keine substantiierten Einwendungen, sondern lediglich ihre eigenen nicht näher belegten Hypothesen entgegengesetzt. Gleiches gilt hinsichtlich der Geräuschemissionen, die von der Schaubrauerei mit Bewirtungsraum und Getränkeladen ausgehen. Die schalltechnische Begutachtung vom 16. März 2016 erfasst diese auf der Grundlage der Betriebsbeschreibung vom 10. März 2016, ohne dass hiergegen etwas zu erinnern ist (vgl. Seite 31 f.).

g) Schließlich ist auch gegen die schalltechnische Beurteilung sowohl hinsichtlich des Betriebs der Gabelstapler als auch der Container nichts zu erinnern. Sie berücksichtigt sowohl die relevanten Geräuschquellen an den Containern als auch den Betrieb des Gabelstaplers im Freien in der Weise, wie es die Betriebsbeschreibung vom 10. März 2016 vorsieht (vgl. Seite 32 ff. der schalltechnischen Beurteilung vom 16.3.2016 i.V.m. Seite 8 der Betriebsbeschreibung vom 10.3.2016 hinsichtlich der Container, Seite 27 ff. der schalltechnischen Beurteilung vom 16.3.2016 i.V.m. Seite 17 zum Betrieb von Gabelstaplern im Freien). Nachvollziehbar weist der Beklagte in seiner Stellungnahme vom 30. August 2016 (dort Seite 2) darauf hin, dass die Annahme eines 30-minütigen Gabelstaplereinsatzes an der Südostfassade im Lichte der Betriebsbeschreibung nicht zu knapp bemessen ist und es sich auch insoweit um eine „worst-case-Betrachtung“ handelt.

h) Endlich ist auch nicht davon auszugehen, dass das Anwesen der Klägerin im Sinne des Rücksichtnahmegebots nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unzumutbaren Geruchseinwirkungen ausgesetzt wird. Insoweit wird auf die nachvollziehbaren Ausführungen in den Stellungnahmen des Beklagten vom 14. April 2016 und vom 30. August 2016 (dort Seite 3 unter Nummer VI) Bezug genommen. Dem hatte die Klägerin nichts Substantiiertes entgegenzusetzen; ein gerichtlich beauftragtes Geruchsgutachten war nicht veranlasst.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladenen eigene Sachanträge gestellt und sich daher in das Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO begeben haben, entspricht es der Billigkeit, deren außergerichtliche Kosten der Klägerin aufzuerlegen, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.