Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Aug. 2015 - M 21 E 15.2666
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.
Gründe
I.
In einer Stellenausschreibung des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr - Ausschreibungsnummer ... - Grünes-Blatt-Nr. ... wurde beim Wehrwissenschaftlichen Institut für Werk- und Betriebsstoffe am Dienstort ... ein Dienstposten „Bürosachbearbeiterin /Bürosachbearbeiter“ (Besoldungsgruppe A 9m t) unter dem Kennzeichen „...“ zur sofortigen Besetzung ausgeschrieben. Das Aufgabengebiet des zu besetzenden Dienstpostens wurde wie folgt umschrieben:
- Durchführung von schwierigen Laboranalysen,
- Lacktechnologische Prüfungen,
- Applikation von Beschichtungen.
Als „Qualifikationserfordernisse“ waren in der Stellenausschreibung aufgeführt:
- Laufbahnbefähigung für die Laufbahn des mittleren technischen Verwaltungsdienstes, Fachrichtung Wehrtechnik, Fachgebiet Kraftfahrwesen oder langjährige Verwendung in einer diesem Fachgebiet zuzuordnenden Tätigkeit,
- Umfangreiche Kenntnisse und langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der präzisen Herstellung von Beschichtungsaufbauten mit unterschiedlichen Stoffen,
- Beherrschung aller gängigen Prüfverfahren für Lacke und Überzüge,
- Vertieftes Wissen, Normenkenntnis und langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Akkreditierung von Prüfverfahren,
- Erfahrung bei der Weiterentwicklung von Prüfmethoden erwünscht,
- Hohes Maß an Zuverlässigkeit und Eigeninitiative erwünscht,
- Bereitschaft zur Teamarbeit erwünscht.
Auf diesen Dienstposten bewarb sich neben Herrn N. auch die Antragstellerin. Beide Bewerber haben derzeit ein mit „A 8“ bewertetes Statusamt (TRHS bzw. THRS’in) inne. Nach dem im Behördenvorgang befindlichen Übersichtsblatt erzielte die Antragstellerin in ihrer letzten Regelbeurteilung aus dem Jahr 2012 im Gesamtergebnis die Bewertung „1 = sehr gut“, während der weitere Bewerber in seiner letzten Regelbeurteilung aus dem Jahr 2012 im Gesamtergebnis die Bewertung „3*“ erhielt.
Nach einem ersten Auswahlvermerk der Antragsgegnerin (mitgezeichnet im Zeitraum 13. bis 19. März 2015), der nach Einholung einer Stellungnahme des Wehrwissenschaftlichen Instituts für Werk- und Betriebsstoffe vom ... Februar 2015 erstellt wurde, wurde Herr N. nach Eignung, Befähigung und Leistung als Ausschreibungssieger angesehen. Zwar sei die Antragstellerin mit der Note „1“ beurteilt und somit deutlich leistungsstärker als der Bewerber N. Sie erfülle aber - anders als der Bewerber N. - nicht alle in der Ausschreibung vorgegebenen konstitutiven Merkmale.
Im Behördenvorgang findet sich ein handschriftlicher Vermerk vom ... März 2015, wonach der streitgegenständliche Dienstposten von „A 7/A 8“ auf „A 9“ angehoben worden sei und wonach der bisherige „A 7/A 8“-bewertete Dienstposten durch Herrn N. besetzt gewesen sei.
Unter dem ... Mai 2015 richtete sich das Sachgebiet „Personal & Organisation“ des Wehrwissenschaftlichen Instituts für Werk- und Betriebsstoffe wie folgt an das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr:
„Sehr geehrte Frau ...,
da dem eigentlichen Ausschreibungssieger obiger Ausschreibung - aufgrund der fehlenden Stehzeit für eine zeitgerechte Beförderung - nicht tatsächlich die Dienstgeschäfte des Dienstpostens übertragen werden können und der sich hierdurch ergebenden Konstellationen vor Ort, bitte ich um Aufhebung der Ausschreibung.“
Nach einem weiteren „Auswahlvermerk“ der Antragsgegnerin (mitgezeichnet im Zeitraum 13. bis 22. Mai 2015) wurde auf Seiten der Antragsgegnerin die Entscheidung getroffen, die Ausschreibung aufzuheben. Zur Begründung finden sich in dem Vermerk die folgenden Erwägungen:
„Zwar ist die Bewerberin Z. mit der Note 1 beurteilt und somit deutlich leistungsstärker als der Bewerber N. (Note 3). Sie erfüllt aber nicht die in Bezug auf die fachliche Befähigung vorgegebenen konstitutiven Merkmale aus dem Bereich der Lack- und Beschichtungstechnologie und dem lacktechnologischen Prüfverfahren.
Der Bewerber N. erfüllt alle konstitutiven Merkmale des ausgeschriebenen Dienstpostens. Er hat diesen Dienstposten vor seiner Höherdotierung nach A 9 t jahrelang ausgeübt. Er würde aufgrund seiner Beurteilung mit der Note 3 vor seinem Ruhestand nicht mehr befördert werden, so dass die Übertragung des höherwertigen Amtes keinerlei versorgungsrechtliche Auswirkungen hätte. Vor diesem Hintergrund beantragt die Beschäftigungsdienststelle die Aufhebung der Ausschreibung, da sie diesen Dienstposten wieder auf A 7/8 t herabdotieren und die A 9 t in einen anderen Bereich verlagern lassen möchte.“
Jeweils mit Schreiben vom ... Mai 2015 teilte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr sowohl der Antragstellerin als auch Herrn N. mit, dass die Stellenausschreibung aus dienstlichen Gründen aufgehoben worden sei.
Mit Schreiben vom 19. Juni 2015 legten die Bevollmächtigten der Antragstellerin Widerspruch gegen die im Schreiben vom ... Mai 2015 mitgeteilte Entscheidung zum Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens ein, über den - soweit nach Aktenlage ersichtlich - noch nicht entschieden wurde.
Am 26. Juni 2015 hat die Antragstellerin über ein Telefax ihrer Bevollmächtigten im vorliegenden Verfahren beantragt,
der Antragsgegnerin über den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO aufzugeben, das abgebrochene Stellenbesetzungsverfahren betreffend den Dienstposten einer Bürosachbearbeiterin im... beim Wehrwissenschaftlichen Institut für Werk- und Betriebsstoffe in ... (..., Kennwort ...) fortzusetzen und über die Bewerbung der Antragstellerin zu entscheiden.
Nach Akteneinsichtnahme begründeten die Bevollmächtigten der Antragstellerin den Eilantrag damit, dass das abgebrochene Auswahlverfahren vorliegend fortzusetzen sei, weil der für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens maßgebliche Anlass - Scheitern einer zeitgerechten Beförderung des Herrn N. aufgrund fehlender Stehzeit - keinen sachlichen Grund für einen solchen Abbruch darstelle. Im Übrigen hätte die Antragstellerin am Maßstab von Art. 33 Abs. 2 GG aufgrund ihrer wesentlich besseren dienstlichen Beurteilung ausgewählt werden müssen. Da es vorliegend nicht um zwingend vorgeschriebene besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten gehe, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringe und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung nicht verschaffen könne, könne die Antragsgegnerin nicht damit gehört werden, der Antragstellerin würden bestimmte Qualifikationen fehlen. Es wäre für die Antragstellerin zudem keinerlei Problem, die in der Ausschreibung thematisierten noch fehlenden Verfahren zu erlernen. Auch Herr N. habe sich vormals die einzelnen dienstpostenbezogenen Verfahren aneignen müssen. Bereits jetzt beherrsche die Antragstellerin mit Blick auf den ausgeschriebenen Dienstposten diverse besondere Fähigkeiten (vgl. im Einzelnen die Auflistung auf Seiten 2 und 3 des Schriftsatzes der Antragstellerseite vom 29. Juli 2015, auf die hier verwiesen wird). Im Übrigen beherrsche auch Herr N. keineswegs alle gängigen Prüfverfahren für Lacke und Überzüge.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Es fehle bereits an einem Anordnungsgrund. Es drohe keine Veränderung des bestehenden Zustandes, durch welche die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Im Übrigen werde der streitgegenständliche Dienstposten nicht mehr als förderlich bewertet. Eine erneute Ausschreibung bzw. Stellenbesetzung mit einem Konkurrenten sei daher ausgeschlossen. Der Antragstellerin bleibe es unbenommen, ihr Begehren im Hauptsacheverfahren weiter zu verfolgen.
Das Wehrwissenschaftliche Institut für Werk- und Betriebsstoffe hat unter dem ... Juli 2015 beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr die Zurückstufung des streitgegenständlichen Dienstpostens auf einen solchen der Besoldungsgruppe BesGr A7/8 beantragt.
Mit Beschluss der Kammer vom 4. August 2015 ist der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gilt nach § 123 Abs. 3 VwGO u. a. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend, d. h. die Antragstellerin hat sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen (§ 294 ZPO).
1. Das erkennende Gericht lässt es dahinstehen, ob ein Anordnungsgrund vorliegt. Ein solcher ist vorliegend jedenfalls fraglich, weil nach Aktenlage nicht beabsichtigt ist, die Stelle nochmals auszuschreiben. Zur Problematik und zum Streitstand wird auf Sächs. OVG
2. Die Antragstellerin vermochte jedenfalls keinen Anordnungsanspruch - hier in der Form des sogenannten Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG - glaubhaft zu machen. Dieser Anspruch der Antragstellerin ist durch den nach Ansicht des Gerichts rechtmäßigen Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens untergegangen.
Der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch gibt Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Der Bewerbungsverfahrensanspruch ist auf ein konkretes Stellenbesetzungsverfahren für die Vergabe eines bestimmten höheren Statusamtes gerichtet, das möglichst zeitnah nach der Auswahlentscheidung durch Beförderung des ausgewählten Bewerbers besetzt werden soll. Aus dieser Verfahrensabhängigkeit folgt, dass der Anspruch erlischt, wenn das Verfahren beendet wird. Das kann auch dadurch geschehen, dass der Dienstherr das Verfahren rechtsbeständig abbricht (BVerwG
a) In formeller Hinsicht müssen die Gründe des Abbruchs in den Akten dokumentiert und die Bewerber darüber in geeigneter Form informiert werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil die Antragsgegnerin in einem Aktenvermerk vom Mai 2015 die Entscheidung, das Stellenbesetzungsverfahren für die streitgegenständliche Stelle aufzuheben, sowie die Hintergründe hierfür aktenkundlich gemacht hat. Die Abbruchentscheidung wurde der Antragstellerin sowie dem Mitbewerber unter dem 26. Mai 2015 unmissverständlich bekannt gegeben (zum Ganzen: BVerwG
b) In materieller Hinsicht besteht bei der Entscheidung über den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens ein weites organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen des Dienstherrn. Allerdings ist dem Bewerbungsverfahrensanspruch auch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen. Der Abbruch des Auswahlverfahrens erfordert deshalb einen sachlichen Grund (BVerfG v. 12.07.2011, Az. 1 BvR 1616.11, Rn. 24 bei juris; BVerwG
Soweit der Dienstherr nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs das Recht hat, frei zwischen einer am Leistungsprinzip (Art. 33 Abs. 2 GG, §§ 9, 22 BBG) zu messenden Beförderung und einer (nicht vom Schutzbereich des Art. 33 Abs. 2 GG umfassten) Umsetzung oder Versetzung zu wählen, und er deshalb nicht gehindert ist, ein leistungsbezogenes, auch Beamte in einem niedrigeren Statusamt ansprechendes Auswahlverfahren abzubrechen, wenn er sich nunmehr doch für die schlichte Um- oder Versetzung eines bereits im höheren Statusamt befindlichen Beamten entscheidet, auf den er inzwischen - sei es durch Bewerbung, sei es anderweitig - aufmerksam geworden ist und dessen Verwendung auf dem Dienstposten ihm zweckmäßig erscheint (BayVGH
„Der Abbruch kann zum einen aus der Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsgewalt des Dienstherrn gerechtfertigt sein. Danach hat der Dienstherr darüber zu entscheiden, ob und wann er welche Statusämter zur Besetzung bereithält (vgl.
Darüber hinaus dürfte - auch wenn die Antragsgegnerseite diesen Aspekt nicht zur Begründung des Abbruchs des Stellenbesetzungsverfahrens vorgebracht hat - nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Antragsgegnerin kraft Ermessensreduzierung aus Rechtsgründen sogar verpflichtet gewesen sein, das Stellenbesetzungsverfahren abzubrechen, weil das Auswahlverfahren aufgrund rechtswidriger zwingender Vorgaben hinsichtlich des sog. Anforderungsprofils nach Aktenlage fehlerhaft war (vgl. auch BVerwG
„Hat der Dienstherr im Rahmen der Stellenausschreibung - wie hier - zwingende Vorgaben gemacht, die weder durch Art. 33 Abs. 2 GG noch vorab schriftlich fixiert als dienstpostenbezogene Ausnahme im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gerechtfertigt sind, ist das Auswahlverfahren fehlerhaft mit der Folge, dass das Auswahlverfahren abgebrochen und die Stellenvergabe mit einer zulässigen Ausschreibung neu in Gang gesetzt werden muss, weil dieser Mangel nachträglich nicht geheilt werden kann (…).“
Die Antragsgegnerin hat - wie auch die zunächst erfolgte Auswahlentscheidung zugunsten des Herrn N. trotz schlechterer Regelbeurteilung zeigt - mit den in der Ausschreibung als solche benannten Qualifikationserfordernissen „Umfangreiche Kenntnisse und langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der präzisen Herstellung von Beschichtungsaufbauten mit unterschiedlichen Stoffen“ sowie „Beherrschung aller gängigen Prüfverfahren für Lacke und Überzüge“ für die Auswahlentscheidung bindende Vorgaben im Sinne eines konstitutives Anforderungsprofil erstellt. Im Auswahlverfahren ist der Dienstherr an das von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden, da er andernfalls in Widerspruch zu dem selbst gesteckten Ziel bestmöglicher Aufgabenwahrnehmung gerät. Erst wenn mehrere Bewerber allen konstitutiven Anforderungskriterien gerecht werden, erlangen - in der Regel durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesene - allgemeine Abstufungen am Maßstab der Leistungstrias gem. Art. 33 Abs. 2 GG, §§ 9, 22 BBG Bedeutung (vgl. BVerwG
Vorgaben für die Auswahlentscheidung im Sinne eines konstitutiven Anforderungsprofils sind aber nur eingeschränkt zulässig. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich klargestellt, dass eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung auf das Amt im statusrechtlichen Sinne bezogen bleiben muss und daher grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen darf. Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG darf hiernach gerade nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens sein, sondern muss vielmehr das angestrebte Statusamt bleiben. Denn nach dem Laufbahnprinzip wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächst höheren Statusamt zugeordnet sind. Da grundsätzlich erwartet werden kann, dass der Beamte im Stande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten, soll der ausgewählte Bewerber der am besten Geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des Statusamtes, dem der konkret zu besetzende Dienstposten zugeordnet ist, amtsangemessen ist. Ausnahmen hiervon - etwa in Form der Regelung konstitutiver Anforderungen - sind hiernach nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (BVerwG
Es ist - wie (in anderem Zusammenhang) von der Antragstellerseite zu Recht vorgebracht wird - im vorliegenden Fall nicht ersichtlich und auch seitens der Antragsgegnerin im Ausschreibungsverfahren nicht dargelegt worden, dass die aufgestellten konstitutiven Anforderungsprofile, die genau auf die Person des Herrn N., der die entsprechende Aufgabe seit langem wahrnimmt, zugeschnitten zu sein scheinen, diesen engen Ausnahmen gerecht wird. Der Antragsgegnerin ist mithin letztlich nichts anderes übrig geblieben, als das Stellenbesetzungsverfahren abzubrechen, um keine Auswahlentscheidung an selbst gesetzten bindenden konstitutiven Vorgaben treffen zu müssen, die die Auswahlentscheidung letztlich dem Verdikt des Verstoßes gegen den Leistungsgrundsatz aus Art. 33 Abs. 2 GG, §§ 9, 22 BBG ausgesetzt hätten.
3. Der Antrag war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG sowie auf der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Streitwertbemessung in beamtenrechtlichen Konkurrenten- und vergleichbaren Streitverfahren (vgl. z. B. BayVGH
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Aug. 2015 - M 21 E 15.2666
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Aug. 2015 - M 21 E 15.2666
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Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Aug. 2015 - M 21 E 15.2666 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Gründe
- 1
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Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit nach § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Beklagte hat dargelegt, dass das Berufungsurteil auf Verfahrensmängeln im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruht. Dagegen hat die Beklagte nicht dargelegt, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen ist. §§ 132 und 133 VwGO sind nach § 70 des Landesdisziplinargesetzes Brandenburg - LDG Bbg - vom 18. Dezember 2001 (GVBl I S. 254) anwendbar.
- 2
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Die Beklagte war von 1996 bis 2003 als Gerichtsvollzieherin im Dienst des Klägers tätig. In den Jahren 2002 und 2003 war sie längere Zeit krankheitsbedingt dienstunfähig. Von Oktober 2003 bis zur vorläufigen Dienstenthebung 2008 war sie im mittleren Justizdienst eines Amtsgerichts eingesetzt.
- 3
-
Die Beklagte war während ihrer Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin zunehmend nicht mehr in der Lage, das ihr zugewiesene hohe Arbeitspensum zu bewältigen, das teilweise das Eineinhalbfache des regulären Pensums betrug. Ihre Amtsführung war Gegenstand zahlreicher dienstlicher Beanstandungen, Dienstaufsichtsbeschwerden und Sachstandsanfragen sowie eigener Überlastungsanzeigen der Beklagten. Wegen einer Krebserkrankung war sie seit Juni 2002 dienstunfähig. Nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten musste sie die 1997 geborene gemeinsame Tochter alleine betreuen. Die Beklagte litt an einer depressiven Erkrankung, aufgrund derer sie außerstande war, die sozialen, häuslichen und beruflichen Tätigkeiten in dem üblichen Umfang wahrzunehmen.
- 4
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Im März 2003 ließ die Beklagte ihren gesamten dienstlichen Aktenbestand (ca. 12 000 Akten) beiseiteschaffen. Deswegen wurde sie im November 2007 wegen Verwahrungsbruchs rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Das Landgericht legte der Verurteilung das Vorbringen der Beklagten zum Tathergang zugrunde. Danach sei sie am Tattag in verzweifelter Stimmung gewesen und habe sich mit Selbstmordabsichten getragen. In dieser Situation habe ihr ein Bekannter, der unvorhergesehen in ihrem Büro vorbeigekommen sei, spontan vorgeschlagen, die im Keller gelagerten Akten wegzuschaffen. Der Bekannte habe dies mit ihrer Zustimmung sofort in die Tat umgesetzt. Den Namen des Bekannten nannte die Beklagte nicht. Auch gab sie an, nicht zu wissen, wohin dieser die Akten gebracht habe. Das Landgericht berücksichtigte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens strafmildernd, dass die Steuerungsfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt aufgrund der schweren depressiven Erkrankung erheblich vermindert gewesen sei.
- 5
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Auf die Disziplinarklage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt; das Oberverwaltungsgericht hat ihre Berufung zurückgewiesen. In den Gründen des Berufungsurteils heißt es im Wesentlichen, durch das Beiseiteschaffen des Aktenbestandes habe die Beklagte ihre Dienstpflichten in gravierender Weise vorsätzlich verletzt. Trotz des Handelns im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit könne sie nicht Beamtin bleiben, weil Erschwerungsgründe von erheblichem Gewicht vorlägen. Die Beklagte habe in den ungefähr 80 offenen Verfahren die Rechtsverfolgung für die Vollstreckungsgläubiger erheblich erschwert. Durch ihr Vorgehen habe sie Dienstaufsichtsbeschwerden und Sachstandsanfragen in Bezug auf diese Verfahren verschleiern wollen. Sie habe eine Beseitigung der Akten nach den Vorgaben des Datenschutzrechts unmöglich gemacht. Schließlich habe sich die Beklagte bis September 2003 geweigert, an der Rekonstruktion der Akten mitzuwirken. Die Beklagte habe stets in voller Kenntnis der Bedeutung ihrer Dienstpflichten und der Folgen der Nichtbeachtung gehandelt.
- 6
-
Der Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden Augenblickstat greife nicht ein. Es sei bereits unglaubhaft, dass der Abtransport des Aktenbestandes auf einem spontanen Entschluss beruht habe. Hierfür sei ein vorgefasster Plan erforderlich gewesen. Insbesondere die Weigerung, zur Rekonstruktion der Akten beizutragen, belege, dass das Vorgehen der Beklagten auch nicht persönlichkeitsfremd gewesen sei. Die schwierige Lebensphase zum Tatzeitpunkt könne nicht mildernd berücksichtigt werden, weil sie nicht vollständig überwunden sei. Bei Wiederaufnahme der Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin könne ein depressiver Rückfall nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
- 7
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1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).
- 8
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Die von der Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen, auf deren Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, erfüllen diese Voraussetzungen nicht:
- 9
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a) Die Frage nach dem Umfang der Bindung der Verwaltungsgerichte an die tatsächlichen Feststellungen eines Strafurteils ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
- 10
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Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LDG Bbg, der wörtlich mit § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG übereinstimmt, sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Verwaltungsgericht bindend. Diese Bindungswirkung soll verhindern, dass zu ein- und demselben Sachverhalt unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Aufklärung eines sowohl strafrechtlich als auch disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalts sowie die Sachverhalts- und Beweiswürdigung den Strafgerichten zu übertragen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass tatsächliche Feststellungen, die ein Gericht auf der Grundlage eines Strafprozesses mit seinen besonderen rechtsstaatlichen Sicherungen trifft, eine erhöhte Gewähr der Richtigkeit bieten. Daher haben die Verwaltungsgerichte die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils ihrer Entscheidung ungeprüft zugrunde zu legen, soweit die Bindungswirkung reicht. Sie sind insoweit weder berechtigt noch verpflichtet, eigene Feststellungen zu treffen. Die Bindungswirkung entfällt nur, wenn die strafgerichtlichen Feststellungen offenkundig unrichtig sind (stRspr; vgl. nur Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 19 jeweils Rn. 13).
- 11
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Die Begrenzungen der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung ergeben sich aus deren tragendem Grund: Die erhöhte Richtigkeitsgewähr der Ergebnisse des Strafprozesses kann nur für diejenigen tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils angenommen werden, die sich auf die Tatbestandsmerkmale der gesetzlichen Strafnorm beziehen. Die Feststellungen müssen entscheidungserheblich für die Beantwortung der Frage sein, ob der objektive und subjektive Straftatbestand erfüllt ist. Im Falle einer Verurteilung müssen sie diese tragen. Dagegen binden Feststellungen nicht, auf die es für die Verurteilung nicht ankommt (Urteile vom 8. April 1986 - BVerwG 1 D 145.85 - BVerwGE 83, 180 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - juris Rn. 29
§ 70 bdg nr. 3 nicht abgedruckt>; Beschluss vom 1. März 2012 - BVerwG 2 B 120.11 - juris Rn. 13).
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Das Oberverwaltungsgericht hat diese inhaltliche Begrenzung der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung beachtet. Es hat die Feststellungen des Strafurteils zu den ungefähr 80 beiseite geschafften Akten über nicht erledigte Verfahren, auf die es den erschwerenden Umstand des Handelns aus Eigennutz bzw. in Verschleierungsabsicht gestützt hat, ausdrücklich als "nicht bindend" bezeichnet. Vielmehr hat es diese Feststellungen mit der Begründung verwertet, die Beklagte habe sie nicht in Frage gestellt.
- 13
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b) Die Frage, ob ein erschwerender Umstand, der dem Beamten in der Disziplinarklageschrift nicht als Pflichtenverstoß zur Last gelegt wird, bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme berücksichtigt werden darf, kann, soweit hier entscheidungserheblich, aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden.
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Nach § 53 Abs. 1 Satz 2 LDG Bbg, der wörtlich mit § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG übereinstimmt, muss die Disziplinarklageschrift unter anderem die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Klageschrift muss die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, aus sich heraus verständlich darlegen. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe müssen nachvollziehbar beschrieben werden. Nur eine derartige Konkretisierung der disziplinarischen Vorwürfe ermöglicht dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung. Daran anknüpfend bestimmt § 61 Abs. 2 Satz 1 LDG Bbg (§ 60 Abs. 2 Satz 1 BDG), dass bei einer Disziplinarklage nur Handlungen zum Gegenstand einer Urteilsfindung gemacht werden dürfen, die dem Beamten in der Klage oder in der Nachtragsdisziplinarklage zur Last gelegt werden (stRspr; vgl. Urteil vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 27 f.).
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Aus diesen Regelungen folgt, dass Streitgegenstand des Disziplinarklageverfahrens der Anspruch des Dienstherrn ist, gegen den angeschuldigten Beamten die erforderliche Disziplinarmaßnahme für die in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegten Handlungen zu bestimmen. Dieser Disziplinaranspruch besteht, wenn der Beamte die angeschuldigten Handlungen nach der Überzeugung des Gerichts ganz oder teilweise vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat, die nachgewiesenen Handlungen als Dienstvergehen zu würdigen sind, und dem Ausspruch der Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18 jeweils Rn. 17).
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Soweit keine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils besteht, klären die Verwaltungsgerichte nach § 86 Abs. 1 VwGO, § 59 Abs. 1 LDG Bbg (§ 58 Abs. 1 BDG) auf, ob der Beamte die ihm in der Disziplinarklageschrift als Dienstvergehen vorgeworfenen Handlungen begangen hat. Es hat diejenigen Maßnahmen zur Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen, und würdigt die Beweise. Eine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen und disziplinarrechtlichen Wertungen des Dienstherrn besteht nicht (stRspr; vgl. Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 20).
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Der Bedeutungsgehalt des § 61 Abs. 2 Satz 1 LDG Bbg (§ 60 Abs. 2 Satz 1 BDG) besteht darin, im Zusammenwirken mit § 53 Abs. 1 Satz 2 LDG Bbg (§ 52 Abs. 1 Satz 2 BDG) den Streitgegenstand des Disziplinarklageverfahrens und damit den geltend gemachten Disziplinaranspruch des Dienstherrn in tatsächlicher Hinsicht zu konkretisieren. Die Verwaltungsgerichte können eine Disziplinarmaßnahme nur wegen derjenigen Handlungen verhängen, die der Dienstherr in der Disziplinarklageschrift anführt. Nur auf diese Handlungen kann eine disziplinarrechtliche Verurteilung gestützt werden. Gelingt dem Dienstherrn ihr Nachweis nicht, ist die Disziplinarklage abzuweisen (§ 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDG Bbg, § 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BDG). Halten die Verwaltungsgerichte ein Dienstvergehen für erwiesen, erkennen sie nach § 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDG Bbg (§ 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDG) auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme.
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Dagegen lassen sich § 61 Abs. 2 Satz 1 LDG Bbg (§ 60 Abs. 2 Satz 1 BDG) in Verbindung mit § 53 Abs. 1 Satz 2 LDG Bbg (§ 52 Abs. 1 Satz 2 BDG) im Falle des Nachweises der angeschuldigten Handlungen keine Vorgaben dafür entnehmen, welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist. Deren Bemessung richtet sich ausschließlich nach den Vorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg (BDG). Diese Regelungen geben den Verwaltungsgerichten auf, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen zu bestimmen, die im Einzelfall für die Schwere des Dienstvergehens, das Persönlichkeitsbild des Beamten und den Umfang der Beeinträchtigung des in ihn gesetzten Vertrauens bedeutsam sind. In diesem Rahmen hat sich die Würdigung auf alle erschwerenden und mildernden Umstände zu erstrecken (vgl. zum Verhältnis der gesetzlichen Kriterien: Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 26 f.).
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Das gesetzliche Gebot der Gesamtwürdigung trägt dem Zweck der disziplinarrechtlichen Sanktionierung Rechnung. Diese besteht darin, die Integrität des Berufsbeamtentums und die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung aufrechtzuerhalten. Daher ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, ob ein Beamter, der in vorwerfbarer Weise gegen Dienstpflichten verstoßen hat, nach seiner Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist und falls dies zu bejahen ist, durch welche Disziplinarmaßnahme auf ihn eingewirkt werden muss, um weitere Verstöße zu verhindern (stRspr; vgl. Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16; vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 23 und vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21).
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Daraus folgt zwingend, dass das sonstige, insbesondere das dienstliche Verhalten des Beamten vor und nach der Begehung der angeschuldigten Handlungen in die Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg (BDG) einbezogen werden muss.
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Auch bei der Maßnahmebemessung sind die Verwaltungsgerichte nicht an tatsächliche Feststellungen und disziplinarrechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden. Sie haben die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte selbst aufzuklären und zu würdigen. Ein Verstoß gegen das Gebot erschöpfender Sachaufklärung führt zwangsläufig dazu, dass die Bemessungsentscheidung, d.h. die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme, unvollständig und damit rechtswidrig ist (stRspr; vgl. Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 21).
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Diese Anforderungen an die Bemessung der Disziplinarmaßnahme durch die Verwaltungsgerichte schließen deren Bindung an den Inhalt der Disziplinarklageschrift in Bezug auf die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte aus. Dies gilt für erschwerende und mildernde Umstände gleichermaßen. Anderenfalls könnte das gesetzliche Gebot, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu bestimmen, nicht erfüllt werden. Vielmehr hätte es der Dienstherr in der Hand, durch den Inhalt der Disziplinarklageschrift festzulegen, welche bemessungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt oder außer Acht gelassen werden. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob dies auch für Erschwerungsgründe gilt, die ihrerseits einen Pflichtenverstoß von einer Schwere darstellen, die nicht wesentlich hinter derjenigen der angeschuldigten Handlungen zurückbleibt.
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Nach alledem hat das Oberverwaltungsgericht bei der Maßnahmebemessung zu Lasten der Beklagten die in der Disziplinarklageschrift nicht angeführten Umstände berücksichtigen dürfen, dass die Beklagte bis September 2003 weder die für die Rekonstruktion der Akten erforderlichen Computerdisketten herausgegeben noch den Zugang zu ihrem Dienstcomputer ermöglicht hat, obwohl diese Tatsachen nicht in der Disziplinarklageschrift aufgeführt sind.
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c) Die Frage, welche inhaltlichen Anforderungen die Verwaltungsgerichte an den nicht weiter aufklärbaren Entlastungsvortrag des Beamten stellen darf, kann aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dem Grundsatz "in dubio pro reo" beantwortet werden.
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Es ist geklärt, dass dieser grundgesetzlich verankerte Rechtsgrundsatz für bemessungsrelevante Gesichtspunkte Anwendung findet. Demnach darf ein erschwerender Umstand grundsätzlich nur dann in die Maßnahmebemessung einfließen, wenn an den Tatsachen nach gerichtlicher Überzeugung kein vernünftiger Zweifel besteht. Dagegen muss ein mildernder Umstand schon dann berücksichtigt werden, wenn hierfür nach der Tatsachenlage hinreichende Anhaltspunkte bestehen. Die Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" ist auch ausgeschlossen, wenn die Verwaltungsgerichte aufgrund ihrer Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangen, die Tatsachen, aus denen der mildernde Umstand hergeleitet wird, lägen nicht vor bzw. es bestünden keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für ihr Vorliegen (stRspr; vgl. Urteile vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>; vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 30 und vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 22).
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Danach hat das Oberverwaltungsgericht den Grundsatz "in dubio pro reo" folgerichtig nicht auf die tatsächliche Frage angewandt, ob die Beklagte den Aktenbestand spontan oder aufgrund eines vorgefassten Planes beseitigen ließ. Es hat die der Beklagten günstigere Sachverhaltsvariante des spontanen Handelns nicht nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" mildernd berücksichtigen können, weil es zu der Überzeugung gelangt ist, der entsprechende Vortrag der Beklagten sei unglaubhaft.
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Das Oberverwaltungsgericht hat seine Überzeugung, die Beklagte habe die Akten nach Lage der Dinge nur nach einem vorgefassten Plan wegschaffen können, nachvollziehbar begründet. Die tatsächlichen Schlussfolgerungen, auf die ein Gericht seine Beweiswürdigung stützt, müssen nicht zwingend sein. Es genügt, dass sie möglich sind, und das Gericht darlegt, wie es seine Überzeugung gebildet hat. Davon ausgehend lässt die Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts zu den Umständen des Beiseiteschaffens der Akten einen Verstoß gegen einen revisiblen Grundsatz der Beweiswürdigung nicht erkennen (vgl. hierzu unter 2.b)).
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d) Die Voraussetzungen des Milderungsgrundes der persönlichkeitsfremden Augenblickstat sind, soweit hier entscheidungserheblich, durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
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Danach setzt dieser Milderungsgrund voraus, dass die Dienstpflichtverletzung eine Kurzschlusshandlung darstellt, die durch eine spezifische Versuchungssituation hervorgerufen worden ist, und sich eine Wiederholung in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten ausschließen lässt. Dies wiederum hängt davon ab, ob sich der Beamte zuvor dienstlich wie außerdienstlich tadelsfrei verhalten hat, wobei Verfehlungen auf einem völlig anderen Gebiet außer Betracht bleiben. Es kommt darauf an, ob das Fehlverhalten nach dem Gesamtbild der Persönlichkeit des Beamten eine einmalige Entgleisung darstellt (stRspr; Urteile vom 27. Januar 1988 - BVerwG 1 D 50.87 - juris Rn. 21 und vom 4. Juli 2000 - BVerwG 1 D 33.99 - juris Rn. 19).
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Danach kann nicht zweifelhaft sein, dass für die Beurteilung, ob es sich bei dem Pflichtenverstoß um ein einmaliges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten handelt, auch das Verhalten des Beamten nach der Tatbegehung von Bedeutung ist.
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e) Schließlich ist die Bedeutung des mildernden Umstands der negativen Lebensphase in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
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Danach können außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt aus der Bahn geworfen haben, mildernd berücksichtigt werden. Dies liegt vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge dieser Verhältnisse darstellt. Allerdings muss der Beamte diese Lebensphase in der Folgezeit überwunden haben. Dies ist anzunehmen, wenn sich seine Lebensverhältnisse wieder soweit stabilisiert haben, dass nicht mehr davon die Rede sein kann, er sei weiterhin aus der Bahn geworfen. Eine derartige Stabilisierung indiziert, dass weitere Pflichtenverstöße gleicher Art nicht zu besorgen sind (stRspr; vgl. Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 40 f.; Beschluss vom 20. Dezember 2013 - BVerwG 2 B 35.13 - NVwZ-RR 2014, 314 Rn. 29).
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Die Gründe des Berufungsurteils lassen erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht von diesen Rechtsgrundsätzen nicht abweichen wollte. Die rechtsfehlerhafte Anwendung auf den festgestellten Sachverhalt (vgl. hierzu unter 2.b)) ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen.
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2. Dagegen haben zwei Verfahrensrügen der Beklagten Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht. Auch hat das Oberverwaltungsgericht die der gerichtlichen Überzeugungsbildung gesetzten Grenzen überschritten.
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a) Die Beklagte macht zu Recht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe versäumt festzustellen, ob die Beklagte vor und nach der Tat, insbesondere bei der unterbliebenen Mitwirkung an der Rekonstruktion der Akten, erheblich vermindert schuldfähig im Sinne von §§ 20, 21 StGB gewesen sei.
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Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 59 Abs. 1 LDG Bbg (§ 58 Abs. 1 BDG) obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, die Aufklärung des Sachverhalts auch in Bezug auf die bemessungsrelevanten Umstände (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg = BDG) zu versuchen, soweit dies für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderlich und nach Lage der Dinge zumutbar erscheint. Das Gericht darf eine Aufklärungsmaßnahme, die sich ihm nach den Umständen des Falles hat aufdrängen müssen, nicht deshalb unterlassen, weil kein Beweisantrag gestellt worden ist (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 = NVwZ 2009, 597 jeweils Rn. 7 und vom 6. September 2012 - BVerwG 2 B 31.12 - juris Rn. 11).
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Im Anschluss an das Landgericht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, die Beklagte habe sich während des Beiseiteschaffens der Akten aufgrund einer schweren Depression in einem Zustand erheblich herabgesetzter Steuerungsfähigkeit befunden. Sie sei nicht mehr in der Lage gewesen, ihre sozialen, häuslichen und beruflichen Aktivitäten in dem erforderlichen Maß aufrechtzuerhalten. Ihr Verhalten sei auf diese affektive Störung zurückzuführen gewesen. Darüber hinaus hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, die Depression sei auch 2011 noch nicht vollständig überwunden gewesen.
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Aufgrund dieser Feststellungen hat sich dem Oberverwaltungsgericht die Aufklärung aufdrängen müssen, ob insbesondere die fehlende Mitwirkung der Beklagten bei der Rekonstruktion der Akten bis September 2003 ebenfalls auf die depressive Erkrankung und die dadurch herbeigeführten Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB zurückzuführen war. Jedenfalls kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, der Gesundheitszustand der Beklagten habe sich durch das Beiseiteschaffen des Aktenbestandes entscheidend gebessert.
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Das Oberverwaltungsgericht hat diese Aufklärung nicht mit der Begründung unterlassen können, die Beklagte habe während des gesamten Geschehens über die erforderliche Einsichtsfähigkeit verfügt. Die vom Landgericht auf sachverständiger Tatsachengrundlage attestierte erheblich verminderte Schuldfähigkeit beruhte nicht auf einem Mangel der Einsichtsfähigkeit, sondern der Steuerungsfähigkeit, d.h. dem Unvermögen, nach der vorhandenen Einsicht zu handeln. Der mildernde Umstand der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit kann im Rahmen der Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg (BDG) nicht durch das Vorhandensein der Einsichtsfähigkeit "kompensiert" werden.
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b) Auch rügt die Beklagte im Ergebnis zu Recht, dass das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, der mildernde Umstand der negativen Lebensphase greife nicht ein, weil die Beklagte diese Phase noch nicht vollständig überwunden habe. Diese Würdigung beruht auf einem Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, weil das Oberverwaltungsgericht den festgestellten Sachverhalt nicht vollständig in den Blick genommen und nicht durch Tatsachen gedeckte Schlussfolgerungen gezogen hat.
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Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht einzelne entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei der Würdigung des Sachverhalts außer Acht lassen, insbesondere nicht Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts (stRspr; vgl. Beschluss vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 = NVwZ 2009, 399 jeweils Rn. 27).
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Darüber hinaus verstößt die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts gegen den Überzeugungsgrundsatz, wenn das Gericht einen allgemeinen Erfahrungssatz, ein Gebot der Logik (Denkgesetz) oder der rationalen Beurteilung nicht beachtet (stRspr; vgl. Urteil vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339 f.> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 145 S. 36 f.; Beschluss vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 7). Die Beweiswürdigung darf sich nicht so weit von der festgestellten Tatsachengrundlage entfernen, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen als reine Vermutung erweisen (stRspr; vgl. BGH, Urteile vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12 - NStZ 2013, 420 und vom 1. Oktober 2013 - 1 StR 403/13 - NStZ 2014, 475).
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Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts beruhte die negative Lebensphase der Beklagten zum Tatzeitpunkt auf mehreren zusammenwirkenden Faktoren: Die Beklagte litt nicht nur an einer schweren Depression mit Ausfallerscheinungen im Alltag; sie war auch an Krebs erkrankt. Ihre berufliche Überforderung beruhte auch auf der damaligen erheblichen strukturellen Überlastung des Gerichtsvollzieherdienstes des Klägers. Hinzu kam, dass die Beklagte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten mit der Betreuung der gemeinsamen Tochter überfordert war und aufgrund eines Hauskaufs finanzielle Probleme hatte. Im Anschluss an das Landgericht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, die Beklagte habe sich zur Zeit des Beiseiteschaffens der Akten in einem Zustand massiver Verzweiflung befunden.
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Auch das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass diese ganz außergewöhnliche Lebenssituation bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme mildernd zu berücksichtigen ist, wenn sie die Beklagte überwunden hat, d.h. wenn sie wieder "in geordneten Bahnen" lebt. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, die Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher sei generell zurückgegangen. Die Beklagte habe ihre Krebserkrankung überwunden. Die Betreuungsprobleme bestünden nicht mehr. Die wirtschaftliche Lage der Beklagten sei weiterhin angespannt. Ihre psychische Verfassung sei nicht stabil; ein Rückfall in den Zustand verminderter Steuerungsfähigkeit lasse sich nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Die Beklagte sei zur "Rückfallprophylaxe" weiterhin in psychotherapeutischer Behandlung. Daher sei nicht gewährleistet, dass sie den Aufgaben einer Gerichtsvollzieherin gewachsen sei.
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Diese Feststellungen decken nicht die vom Oberverwaltungsgericht gezogene Schlussfolgerung, die Beklagte habe die negative Lebensphase nicht überwunden. Vielmehr hat sich ihre Lebenssituation entscheidend verbessert. Der bloße Umstand, dass sich die Beklagte weiterhin zur "Rückfallprophylaxe" in psychotherapeutischer Behandlung befindet, reicht als Tatsachengrundlage eindeutig nicht aus, um den Schluss zu tragen, die Beklagte sei trotz der festgestellten erheblichen Verbesserungen ihrer Lebensverhältnisse nach wie vor "aus der Bahn geworfen". Vielmehr liegt der Schluss nahe, die Beklagte habe ihre massiven Probleme, die sie zum Tatzeitpunkt hatte, inzwischen in den Griff bekommen. Wie unter 1.e) dargelegt, rechtfertigt die Überwindung der negativen Lebensphase im Regelfall die Prognose, mit darauf zurückzuführenden Pflichtenverstößen sei ernsthaft nicht mehr zu rechnen. Der Prognosemaßstab des Ausschlusses mit hoher Wahrscheinlichkeit darf nicht angelegt werden.
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Darüber hinaus hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Würdigung, aufgrund der depressiven Erkrankung seien auch künftig Dienstpflichtverletzungen zu befürchten, die tatsächliche Feststellung außer Acht gelassen, dass die Beklagte von 2003 bis 2008 - offenbar ohne Beanstandungen - im mittleren Justizdienst eingesetzt war. Das Oberverwaltungsgericht durfte seine Prognose des künftigen dienstlichen Verhaltens der Beklagten nicht auf die Zeit ihres früheren Einsatzes im Gerichtsvollzieherdienst beschränken. Vielmehr hätte es deren Verwendung im mittleren Justizdienst in Betracht ziehen müssen.
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Im Übrigen setzt die Feststellung, die Beklagte habe ihre depressive Erkrankung noch nicht vollständig überwunden, eine entsprechende medizinische Sachkunde voraus, die das Gericht, wenn es diese für sich in Anspruch nimmt und auf sachverständige Hilfestellung verzichtet, nachvollziehbar zu belegen hat.
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Die weiteren Verfahrensrügen der Beklagten greifen nicht durch. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO, § 70 LDG Bbg).
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Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass Umstände, die die Schwere des Dienstvergehens, d.h. dessen Unrechtsgehalt kennzeichnen, der Beklagten im Rahmen der Maßnahmebemessung nicht nochmals angelastet werden dürfen (Beschluss vom 14. Mai 2012 - BVerwG 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10). So kann beispielsweise nicht doppelt erschwerend berücksichtigt werden, dass die Beklagte durch das Beiseiteschaffen der Akten deren Beseitigung nach den datenschutzrechtlichen Vorgaben verhindert und die Rechtsverfolgung von Vollstreckungsgläubigern verhindert hat.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tenor
I.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Gründe
- 1
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Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit nach § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Beklagte hat dargelegt, dass das Berufungsurteil auf Verfahrensmängeln im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruht. Dagegen hat die Beklagte nicht dargelegt, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen ist. §§ 132 und 133 VwGO sind nach § 70 des Landesdisziplinargesetzes Brandenburg - LDG Bbg - vom 18. Dezember 2001 (GVBl I S. 254) anwendbar.
- 2
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Die Beklagte war von 1996 bis 2003 als Gerichtsvollzieherin im Dienst des Klägers tätig. In den Jahren 2002 und 2003 war sie längere Zeit krankheitsbedingt dienstunfähig. Von Oktober 2003 bis zur vorläufigen Dienstenthebung 2008 war sie im mittleren Justizdienst eines Amtsgerichts eingesetzt.
- 3
-
Die Beklagte war während ihrer Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin zunehmend nicht mehr in der Lage, das ihr zugewiesene hohe Arbeitspensum zu bewältigen, das teilweise das Eineinhalbfache des regulären Pensums betrug. Ihre Amtsführung war Gegenstand zahlreicher dienstlicher Beanstandungen, Dienstaufsichtsbeschwerden und Sachstandsanfragen sowie eigener Überlastungsanzeigen der Beklagten. Wegen einer Krebserkrankung war sie seit Juni 2002 dienstunfähig. Nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten musste sie die 1997 geborene gemeinsame Tochter alleine betreuen. Die Beklagte litt an einer depressiven Erkrankung, aufgrund derer sie außerstande war, die sozialen, häuslichen und beruflichen Tätigkeiten in dem üblichen Umfang wahrzunehmen.
- 4
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Im März 2003 ließ die Beklagte ihren gesamten dienstlichen Aktenbestand (ca. 12 000 Akten) beiseiteschaffen. Deswegen wurde sie im November 2007 wegen Verwahrungsbruchs rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Das Landgericht legte der Verurteilung das Vorbringen der Beklagten zum Tathergang zugrunde. Danach sei sie am Tattag in verzweifelter Stimmung gewesen und habe sich mit Selbstmordabsichten getragen. In dieser Situation habe ihr ein Bekannter, der unvorhergesehen in ihrem Büro vorbeigekommen sei, spontan vorgeschlagen, die im Keller gelagerten Akten wegzuschaffen. Der Bekannte habe dies mit ihrer Zustimmung sofort in die Tat umgesetzt. Den Namen des Bekannten nannte die Beklagte nicht. Auch gab sie an, nicht zu wissen, wohin dieser die Akten gebracht habe. Das Landgericht berücksichtigte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens strafmildernd, dass die Steuerungsfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt aufgrund der schweren depressiven Erkrankung erheblich vermindert gewesen sei.
- 5
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Auf die Disziplinarklage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt; das Oberverwaltungsgericht hat ihre Berufung zurückgewiesen. In den Gründen des Berufungsurteils heißt es im Wesentlichen, durch das Beiseiteschaffen des Aktenbestandes habe die Beklagte ihre Dienstpflichten in gravierender Weise vorsätzlich verletzt. Trotz des Handelns im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit könne sie nicht Beamtin bleiben, weil Erschwerungsgründe von erheblichem Gewicht vorlägen. Die Beklagte habe in den ungefähr 80 offenen Verfahren die Rechtsverfolgung für die Vollstreckungsgläubiger erheblich erschwert. Durch ihr Vorgehen habe sie Dienstaufsichtsbeschwerden und Sachstandsanfragen in Bezug auf diese Verfahren verschleiern wollen. Sie habe eine Beseitigung der Akten nach den Vorgaben des Datenschutzrechts unmöglich gemacht. Schließlich habe sich die Beklagte bis September 2003 geweigert, an der Rekonstruktion der Akten mitzuwirken. Die Beklagte habe stets in voller Kenntnis der Bedeutung ihrer Dienstpflichten und der Folgen der Nichtbeachtung gehandelt.
- 6
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Der Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden Augenblickstat greife nicht ein. Es sei bereits unglaubhaft, dass der Abtransport des Aktenbestandes auf einem spontanen Entschluss beruht habe. Hierfür sei ein vorgefasster Plan erforderlich gewesen. Insbesondere die Weigerung, zur Rekonstruktion der Akten beizutragen, belege, dass das Vorgehen der Beklagten auch nicht persönlichkeitsfremd gewesen sei. Die schwierige Lebensphase zum Tatzeitpunkt könne nicht mildernd berücksichtigt werden, weil sie nicht vollständig überwunden sei. Bei Wiederaufnahme der Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin könne ein depressiver Rückfall nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
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1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).
- 8
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Die von der Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen, auf deren Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, erfüllen diese Voraussetzungen nicht:
- 9
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a) Die Frage nach dem Umfang der Bindung der Verwaltungsgerichte an die tatsächlichen Feststellungen eines Strafurteils ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
- 10
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Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LDG Bbg, der wörtlich mit § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG übereinstimmt, sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Verwaltungsgericht bindend. Diese Bindungswirkung soll verhindern, dass zu ein- und demselben Sachverhalt unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Aufklärung eines sowohl strafrechtlich als auch disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalts sowie die Sachverhalts- und Beweiswürdigung den Strafgerichten zu übertragen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass tatsächliche Feststellungen, die ein Gericht auf der Grundlage eines Strafprozesses mit seinen besonderen rechtsstaatlichen Sicherungen trifft, eine erhöhte Gewähr der Richtigkeit bieten. Daher haben die Verwaltungsgerichte die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils ihrer Entscheidung ungeprüft zugrunde zu legen, soweit die Bindungswirkung reicht. Sie sind insoweit weder berechtigt noch verpflichtet, eigene Feststellungen zu treffen. Die Bindungswirkung entfällt nur, wenn die strafgerichtlichen Feststellungen offenkundig unrichtig sind (stRspr; vgl. nur Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 19 jeweils Rn. 13).
- 11
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Die Begrenzungen der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung ergeben sich aus deren tragendem Grund: Die erhöhte Richtigkeitsgewähr der Ergebnisse des Strafprozesses kann nur für diejenigen tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils angenommen werden, die sich auf die Tatbestandsmerkmale der gesetzlichen Strafnorm beziehen. Die Feststellungen müssen entscheidungserheblich für die Beantwortung der Frage sein, ob der objektive und subjektive Straftatbestand erfüllt ist. Im Falle einer Verurteilung müssen sie diese tragen. Dagegen binden Feststellungen nicht, auf die es für die Verurteilung nicht ankommt (Urteile vom 8. April 1986 - BVerwG 1 D 145.85 - BVerwGE 83, 180 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - juris Rn. 29
§ 70 bdg nr. 3 nicht abgedruckt>; Beschluss vom 1. März 2012 - BVerwG 2 B 120.11 - juris Rn. 13).
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Das Oberverwaltungsgericht hat diese inhaltliche Begrenzung der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung beachtet. Es hat die Feststellungen des Strafurteils zu den ungefähr 80 beiseite geschafften Akten über nicht erledigte Verfahren, auf die es den erschwerenden Umstand des Handelns aus Eigennutz bzw. in Verschleierungsabsicht gestützt hat, ausdrücklich als "nicht bindend" bezeichnet. Vielmehr hat es diese Feststellungen mit der Begründung verwertet, die Beklagte habe sie nicht in Frage gestellt.
- 13
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b) Die Frage, ob ein erschwerender Umstand, der dem Beamten in der Disziplinarklageschrift nicht als Pflichtenverstoß zur Last gelegt wird, bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme berücksichtigt werden darf, kann, soweit hier entscheidungserheblich, aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden.
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Nach § 53 Abs. 1 Satz 2 LDG Bbg, der wörtlich mit § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG übereinstimmt, muss die Disziplinarklageschrift unter anderem die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Klageschrift muss die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, aus sich heraus verständlich darlegen. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe müssen nachvollziehbar beschrieben werden. Nur eine derartige Konkretisierung der disziplinarischen Vorwürfe ermöglicht dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung. Daran anknüpfend bestimmt § 61 Abs. 2 Satz 1 LDG Bbg (§ 60 Abs. 2 Satz 1 BDG), dass bei einer Disziplinarklage nur Handlungen zum Gegenstand einer Urteilsfindung gemacht werden dürfen, die dem Beamten in der Klage oder in der Nachtragsdisziplinarklage zur Last gelegt werden (stRspr; vgl. Urteil vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 27 f.).
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Aus diesen Regelungen folgt, dass Streitgegenstand des Disziplinarklageverfahrens der Anspruch des Dienstherrn ist, gegen den angeschuldigten Beamten die erforderliche Disziplinarmaßnahme für die in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegten Handlungen zu bestimmen. Dieser Disziplinaranspruch besteht, wenn der Beamte die angeschuldigten Handlungen nach der Überzeugung des Gerichts ganz oder teilweise vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat, die nachgewiesenen Handlungen als Dienstvergehen zu würdigen sind, und dem Ausspruch der Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18 jeweils Rn. 17).
- 16
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Soweit keine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils besteht, klären die Verwaltungsgerichte nach § 86 Abs. 1 VwGO, § 59 Abs. 1 LDG Bbg (§ 58 Abs. 1 BDG) auf, ob der Beamte die ihm in der Disziplinarklageschrift als Dienstvergehen vorgeworfenen Handlungen begangen hat. Es hat diejenigen Maßnahmen zur Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen, und würdigt die Beweise. Eine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen und disziplinarrechtlichen Wertungen des Dienstherrn besteht nicht (stRspr; vgl. Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 20).
- 17
-
Der Bedeutungsgehalt des § 61 Abs. 2 Satz 1 LDG Bbg (§ 60 Abs. 2 Satz 1 BDG) besteht darin, im Zusammenwirken mit § 53 Abs. 1 Satz 2 LDG Bbg (§ 52 Abs. 1 Satz 2 BDG) den Streitgegenstand des Disziplinarklageverfahrens und damit den geltend gemachten Disziplinaranspruch des Dienstherrn in tatsächlicher Hinsicht zu konkretisieren. Die Verwaltungsgerichte können eine Disziplinarmaßnahme nur wegen derjenigen Handlungen verhängen, die der Dienstherr in der Disziplinarklageschrift anführt. Nur auf diese Handlungen kann eine disziplinarrechtliche Verurteilung gestützt werden. Gelingt dem Dienstherrn ihr Nachweis nicht, ist die Disziplinarklage abzuweisen (§ 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDG Bbg, § 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BDG). Halten die Verwaltungsgerichte ein Dienstvergehen für erwiesen, erkennen sie nach § 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDG Bbg (§ 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDG) auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme.
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Dagegen lassen sich § 61 Abs. 2 Satz 1 LDG Bbg (§ 60 Abs. 2 Satz 1 BDG) in Verbindung mit § 53 Abs. 1 Satz 2 LDG Bbg (§ 52 Abs. 1 Satz 2 BDG) im Falle des Nachweises der angeschuldigten Handlungen keine Vorgaben dafür entnehmen, welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist. Deren Bemessung richtet sich ausschließlich nach den Vorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg (BDG). Diese Regelungen geben den Verwaltungsgerichten auf, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen zu bestimmen, die im Einzelfall für die Schwere des Dienstvergehens, das Persönlichkeitsbild des Beamten und den Umfang der Beeinträchtigung des in ihn gesetzten Vertrauens bedeutsam sind. In diesem Rahmen hat sich die Würdigung auf alle erschwerenden und mildernden Umstände zu erstrecken (vgl. zum Verhältnis der gesetzlichen Kriterien: Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 26 f.).
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Das gesetzliche Gebot der Gesamtwürdigung trägt dem Zweck der disziplinarrechtlichen Sanktionierung Rechnung. Diese besteht darin, die Integrität des Berufsbeamtentums und die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung aufrechtzuerhalten. Daher ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, ob ein Beamter, der in vorwerfbarer Weise gegen Dienstpflichten verstoßen hat, nach seiner Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist und falls dies zu bejahen ist, durch welche Disziplinarmaßnahme auf ihn eingewirkt werden muss, um weitere Verstöße zu verhindern (stRspr; vgl. Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16; vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 23 und vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21).
- 20
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Daraus folgt zwingend, dass das sonstige, insbesondere das dienstliche Verhalten des Beamten vor und nach der Begehung der angeschuldigten Handlungen in die Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg (BDG) einbezogen werden muss.
- 21
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Auch bei der Maßnahmebemessung sind die Verwaltungsgerichte nicht an tatsächliche Feststellungen und disziplinarrechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden. Sie haben die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte selbst aufzuklären und zu würdigen. Ein Verstoß gegen das Gebot erschöpfender Sachaufklärung führt zwangsläufig dazu, dass die Bemessungsentscheidung, d.h. die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme, unvollständig und damit rechtswidrig ist (stRspr; vgl. Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 21).
- 22
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Diese Anforderungen an die Bemessung der Disziplinarmaßnahme durch die Verwaltungsgerichte schließen deren Bindung an den Inhalt der Disziplinarklageschrift in Bezug auf die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte aus. Dies gilt für erschwerende und mildernde Umstände gleichermaßen. Anderenfalls könnte das gesetzliche Gebot, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu bestimmen, nicht erfüllt werden. Vielmehr hätte es der Dienstherr in der Hand, durch den Inhalt der Disziplinarklageschrift festzulegen, welche bemessungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt oder außer Acht gelassen werden. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob dies auch für Erschwerungsgründe gilt, die ihrerseits einen Pflichtenverstoß von einer Schwere darstellen, die nicht wesentlich hinter derjenigen der angeschuldigten Handlungen zurückbleibt.
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Nach alledem hat das Oberverwaltungsgericht bei der Maßnahmebemessung zu Lasten der Beklagten die in der Disziplinarklageschrift nicht angeführten Umstände berücksichtigen dürfen, dass die Beklagte bis September 2003 weder die für die Rekonstruktion der Akten erforderlichen Computerdisketten herausgegeben noch den Zugang zu ihrem Dienstcomputer ermöglicht hat, obwohl diese Tatsachen nicht in der Disziplinarklageschrift aufgeführt sind.
- 24
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c) Die Frage, welche inhaltlichen Anforderungen die Verwaltungsgerichte an den nicht weiter aufklärbaren Entlastungsvortrag des Beamten stellen darf, kann aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dem Grundsatz "in dubio pro reo" beantwortet werden.
- 25
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Es ist geklärt, dass dieser grundgesetzlich verankerte Rechtsgrundsatz für bemessungsrelevante Gesichtspunkte Anwendung findet. Demnach darf ein erschwerender Umstand grundsätzlich nur dann in die Maßnahmebemessung einfließen, wenn an den Tatsachen nach gerichtlicher Überzeugung kein vernünftiger Zweifel besteht. Dagegen muss ein mildernder Umstand schon dann berücksichtigt werden, wenn hierfür nach der Tatsachenlage hinreichende Anhaltspunkte bestehen. Die Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" ist auch ausgeschlossen, wenn die Verwaltungsgerichte aufgrund ihrer Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangen, die Tatsachen, aus denen der mildernde Umstand hergeleitet wird, lägen nicht vor bzw. es bestünden keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für ihr Vorliegen (stRspr; vgl. Urteile vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>; vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 30 und vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 22).
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Danach hat das Oberverwaltungsgericht den Grundsatz "in dubio pro reo" folgerichtig nicht auf die tatsächliche Frage angewandt, ob die Beklagte den Aktenbestand spontan oder aufgrund eines vorgefassten Planes beseitigen ließ. Es hat die der Beklagten günstigere Sachverhaltsvariante des spontanen Handelns nicht nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" mildernd berücksichtigen können, weil es zu der Überzeugung gelangt ist, der entsprechende Vortrag der Beklagten sei unglaubhaft.
- 27
-
Das Oberverwaltungsgericht hat seine Überzeugung, die Beklagte habe die Akten nach Lage der Dinge nur nach einem vorgefassten Plan wegschaffen können, nachvollziehbar begründet. Die tatsächlichen Schlussfolgerungen, auf die ein Gericht seine Beweiswürdigung stützt, müssen nicht zwingend sein. Es genügt, dass sie möglich sind, und das Gericht darlegt, wie es seine Überzeugung gebildet hat. Davon ausgehend lässt die Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts zu den Umständen des Beiseiteschaffens der Akten einen Verstoß gegen einen revisiblen Grundsatz der Beweiswürdigung nicht erkennen (vgl. hierzu unter 2.b)).
- 28
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d) Die Voraussetzungen des Milderungsgrundes der persönlichkeitsfremden Augenblickstat sind, soweit hier entscheidungserheblich, durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
- 29
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Danach setzt dieser Milderungsgrund voraus, dass die Dienstpflichtverletzung eine Kurzschlusshandlung darstellt, die durch eine spezifische Versuchungssituation hervorgerufen worden ist, und sich eine Wiederholung in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten ausschließen lässt. Dies wiederum hängt davon ab, ob sich der Beamte zuvor dienstlich wie außerdienstlich tadelsfrei verhalten hat, wobei Verfehlungen auf einem völlig anderen Gebiet außer Betracht bleiben. Es kommt darauf an, ob das Fehlverhalten nach dem Gesamtbild der Persönlichkeit des Beamten eine einmalige Entgleisung darstellt (stRspr; Urteile vom 27. Januar 1988 - BVerwG 1 D 50.87 - juris Rn. 21 und vom 4. Juli 2000 - BVerwG 1 D 33.99 - juris Rn. 19).
- 30
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Danach kann nicht zweifelhaft sein, dass für die Beurteilung, ob es sich bei dem Pflichtenverstoß um ein einmaliges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten handelt, auch das Verhalten des Beamten nach der Tatbegehung von Bedeutung ist.
- 31
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e) Schließlich ist die Bedeutung des mildernden Umstands der negativen Lebensphase in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
- 32
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Danach können außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt aus der Bahn geworfen haben, mildernd berücksichtigt werden. Dies liegt vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge dieser Verhältnisse darstellt. Allerdings muss der Beamte diese Lebensphase in der Folgezeit überwunden haben. Dies ist anzunehmen, wenn sich seine Lebensverhältnisse wieder soweit stabilisiert haben, dass nicht mehr davon die Rede sein kann, er sei weiterhin aus der Bahn geworfen. Eine derartige Stabilisierung indiziert, dass weitere Pflichtenverstöße gleicher Art nicht zu besorgen sind (stRspr; vgl. Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 40 f.; Beschluss vom 20. Dezember 2013 - BVerwG 2 B 35.13 - NVwZ-RR 2014, 314 Rn. 29).
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Die Gründe des Berufungsurteils lassen erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht von diesen Rechtsgrundsätzen nicht abweichen wollte. Die rechtsfehlerhafte Anwendung auf den festgestellten Sachverhalt (vgl. hierzu unter 2.b)) ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen.
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2. Dagegen haben zwei Verfahrensrügen der Beklagten Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht. Auch hat das Oberverwaltungsgericht die der gerichtlichen Überzeugungsbildung gesetzten Grenzen überschritten.
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a) Die Beklagte macht zu Recht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe versäumt festzustellen, ob die Beklagte vor und nach der Tat, insbesondere bei der unterbliebenen Mitwirkung an der Rekonstruktion der Akten, erheblich vermindert schuldfähig im Sinne von §§ 20, 21 StGB gewesen sei.
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Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 59 Abs. 1 LDG Bbg (§ 58 Abs. 1 BDG) obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, die Aufklärung des Sachverhalts auch in Bezug auf die bemessungsrelevanten Umstände (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg = BDG) zu versuchen, soweit dies für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderlich und nach Lage der Dinge zumutbar erscheint. Das Gericht darf eine Aufklärungsmaßnahme, die sich ihm nach den Umständen des Falles hat aufdrängen müssen, nicht deshalb unterlassen, weil kein Beweisantrag gestellt worden ist (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 = NVwZ 2009, 597 jeweils Rn. 7 und vom 6. September 2012 - BVerwG 2 B 31.12 - juris Rn. 11).
- 37
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Im Anschluss an das Landgericht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, die Beklagte habe sich während des Beiseiteschaffens der Akten aufgrund einer schweren Depression in einem Zustand erheblich herabgesetzter Steuerungsfähigkeit befunden. Sie sei nicht mehr in der Lage gewesen, ihre sozialen, häuslichen und beruflichen Aktivitäten in dem erforderlichen Maß aufrechtzuerhalten. Ihr Verhalten sei auf diese affektive Störung zurückzuführen gewesen. Darüber hinaus hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, die Depression sei auch 2011 noch nicht vollständig überwunden gewesen.
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Aufgrund dieser Feststellungen hat sich dem Oberverwaltungsgericht die Aufklärung aufdrängen müssen, ob insbesondere die fehlende Mitwirkung der Beklagten bei der Rekonstruktion der Akten bis September 2003 ebenfalls auf die depressive Erkrankung und die dadurch herbeigeführten Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB zurückzuführen war. Jedenfalls kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, der Gesundheitszustand der Beklagten habe sich durch das Beiseiteschaffen des Aktenbestandes entscheidend gebessert.
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Das Oberverwaltungsgericht hat diese Aufklärung nicht mit der Begründung unterlassen können, die Beklagte habe während des gesamten Geschehens über die erforderliche Einsichtsfähigkeit verfügt. Die vom Landgericht auf sachverständiger Tatsachengrundlage attestierte erheblich verminderte Schuldfähigkeit beruhte nicht auf einem Mangel der Einsichtsfähigkeit, sondern der Steuerungsfähigkeit, d.h. dem Unvermögen, nach der vorhandenen Einsicht zu handeln. Der mildernde Umstand der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit kann im Rahmen der Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg (BDG) nicht durch das Vorhandensein der Einsichtsfähigkeit "kompensiert" werden.
- 40
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b) Auch rügt die Beklagte im Ergebnis zu Recht, dass das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, der mildernde Umstand der negativen Lebensphase greife nicht ein, weil die Beklagte diese Phase noch nicht vollständig überwunden habe. Diese Würdigung beruht auf einem Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, weil das Oberverwaltungsgericht den festgestellten Sachverhalt nicht vollständig in den Blick genommen und nicht durch Tatsachen gedeckte Schlussfolgerungen gezogen hat.
- 41
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Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht einzelne entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei der Würdigung des Sachverhalts außer Acht lassen, insbesondere nicht Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts (stRspr; vgl. Beschluss vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 = NVwZ 2009, 399 jeweils Rn. 27).
- 42
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Darüber hinaus verstößt die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts gegen den Überzeugungsgrundsatz, wenn das Gericht einen allgemeinen Erfahrungssatz, ein Gebot der Logik (Denkgesetz) oder der rationalen Beurteilung nicht beachtet (stRspr; vgl. Urteil vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339 f.> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 145 S. 36 f.; Beschluss vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 7). Die Beweiswürdigung darf sich nicht so weit von der festgestellten Tatsachengrundlage entfernen, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen als reine Vermutung erweisen (stRspr; vgl. BGH, Urteile vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12 - NStZ 2013, 420 und vom 1. Oktober 2013 - 1 StR 403/13 - NStZ 2014, 475).
- 43
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Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts beruhte die negative Lebensphase der Beklagten zum Tatzeitpunkt auf mehreren zusammenwirkenden Faktoren: Die Beklagte litt nicht nur an einer schweren Depression mit Ausfallerscheinungen im Alltag; sie war auch an Krebs erkrankt. Ihre berufliche Überforderung beruhte auch auf der damaligen erheblichen strukturellen Überlastung des Gerichtsvollzieherdienstes des Klägers. Hinzu kam, dass die Beklagte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten mit der Betreuung der gemeinsamen Tochter überfordert war und aufgrund eines Hauskaufs finanzielle Probleme hatte. Im Anschluss an das Landgericht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, die Beklagte habe sich zur Zeit des Beiseiteschaffens der Akten in einem Zustand massiver Verzweiflung befunden.
- 44
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Auch das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass diese ganz außergewöhnliche Lebenssituation bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme mildernd zu berücksichtigen ist, wenn sie die Beklagte überwunden hat, d.h. wenn sie wieder "in geordneten Bahnen" lebt. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, die Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher sei generell zurückgegangen. Die Beklagte habe ihre Krebserkrankung überwunden. Die Betreuungsprobleme bestünden nicht mehr. Die wirtschaftliche Lage der Beklagten sei weiterhin angespannt. Ihre psychische Verfassung sei nicht stabil; ein Rückfall in den Zustand verminderter Steuerungsfähigkeit lasse sich nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Die Beklagte sei zur "Rückfallprophylaxe" weiterhin in psychotherapeutischer Behandlung. Daher sei nicht gewährleistet, dass sie den Aufgaben einer Gerichtsvollzieherin gewachsen sei.
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Diese Feststellungen decken nicht die vom Oberverwaltungsgericht gezogene Schlussfolgerung, die Beklagte habe die negative Lebensphase nicht überwunden. Vielmehr hat sich ihre Lebenssituation entscheidend verbessert. Der bloße Umstand, dass sich die Beklagte weiterhin zur "Rückfallprophylaxe" in psychotherapeutischer Behandlung befindet, reicht als Tatsachengrundlage eindeutig nicht aus, um den Schluss zu tragen, die Beklagte sei trotz der festgestellten erheblichen Verbesserungen ihrer Lebensverhältnisse nach wie vor "aus der Bahn geworfen". Vielmehr liegt der Schluss nahe, die Beklagte habe ihre massiven Probleme, die sie zum Tatzeitpunkt hatte, inzwischen in den Griff bekommen. Wie unter 1.e) dargelegt, rechtfertigt die Überwindung der negativen Lebensphase im Regelfall die Prognose, mit darauf zurückzuführenden Pflichtenverstößen sei ernsthaft nicht mehr zu rechnen. Der Prognosemaßstab des Ausschlusses mit hoher Wahrscheinlichkeit darf nicht angelegt werden.
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Darüber hinaus hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Würdigung, aufgrund der depressiven Erkrankung seien auch künftig Dienstpflichtverletzungen zu befürchten, die tatsächliche Feststellung außer Acht gelassen, dass die Beklagte von 2003 bis 2008 - offenbar ohne Beanstandungen - im mittleren Justizdienst eingesetzt war. Das Oberverwaltungsgericht durfte seine Prognose des künftigen dienstlichen Verhaltens der Beklagten nicht auf die Zeit ihres früheren Einsatzes im Gerichtsvollzieherdienst beschränken. Vielmehr hätte es deren Verwendung im mittleren Justizdienst in Betracht ziehen müssen.
- 47
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Im Übrigen setzt die Feststellung, die Beklagte habe ihre depressive Erkrankung noch nicht vollständig überwunden, eine entsprechende medizinische Sachkunde voraus, die das Gericht, wenn es diese für sich in Anspruch nimmt und auf sachverständige Hilfestellung verzichtet, nachvollziehbar zu belegen hat.
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Die weiteren Verfahrensrügen der Beklagten greifen nicht durch. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO, § 70 LDG Bbg).
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Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass Umstände, die die Schwere des Dienstvergehens, d.h. dessen Unrechtsgehalt kennzeichnen, der Beklagten im Rahmen der Maßnahmebemessung nicht nochmals angelastet werden dürfen (Beschluss vom 14. Mai 2012 - BVerwG 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10). So kann beispielsweise nicht doppelt erschwerend berücksichtigt werden, dass die Beklagte durch das Beiseiteschaffen der Akten deren Beseitigung nach den datenschutzrechtlichen Vorgaben verhindert und die Rechtsverfolgung von Vollstreckungsgläubigern verhindert hat.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber richtet sich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität. Dem stehen gesetzliche Maßnahmen zur Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung im Erwerbsleben, insbesondere Quotenregelungen mit Einzelfallprüfung sowie zur Förderung schwerbehinderter Menschen nicht entgegen.
(1) Für Beförderungen gelten die Grundsätze des § 9. Erfolgt die Auswahlentscheidung auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen, darf das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung höchstens drei Jahre zurückliegen.
(2) Beförderungen, die mit einer höherwertigen Funktion verbunden sind, setzen eine mindestens sechsmonatige Erprobungszeit voraus.
(3) Ämter, die nach der Gestaltung der Laufbahn regelmäßig zu durchlaufen sind, dürfen nicht übersprungen werden.
(4) Eine Beförderung ist unzulässig vor Ablauf eines Jahres
- 1.
seit der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe oder - 2.
- a)
seit der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder - b)
seit der letzten Beförderung,
(5) Der Bundespersonalausschuss kann Ausnahmen von den Absätzen 2 bis 4 zulassen, wenn sie die Bundesregierung nicht durch Rechtsverordnung regelt.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tenor
I.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, den Dienstposten „...“ mit einem anderen Bewerber als der Antragstellerin zu besetzen, bis über deren Bewerbung rechtskräftig entschieden sei.
II.
- So kann er sich von vornherein für die Um- oder Versetzung eines bestimmten, das statusrechtliche Amt bereits bekleidenden Beamten entscheiden.
- Er kann aber auch den Dienstposten mit dem Ziel der Beförderung ausschreiben und damit ein leistungsbezogenes Auswahlverfahren für Beamte in einem niedrigeren statusrechtlichen Amt eröffnen, ohne sich auf die Einbeziehung von Umoder Versetzungsbewerbern in die Leistungsauswahl festzulegen; in diesem Fall ist er nicht gehindert, sich immer noch für die Um- oder Versetzung eines im Beförderungsamt befindlichen Beamten zu entscheiden; das Auswahlverfahren erledigt sich dann und ist abzubrechen. Dieses Vorgehen ist - als Abwandlung zu dem vorstehend beschriebenen Vorgehen - auch dann möglich, wenn der Dienstherr zugleich mit der Ausschreibung für Beförderungsbewerber auch etwaigen Um- und Versetzungsbewerbern Gelegenheit zur Bewerbung gibt, ohne sich dabei jedoch auf deren Einbeziehung in die Leistungsauswahl festzulegen.
- Ausnahmsweise kann sich der Dienstherr, ähnlich der Festlegung des sachlichen Anforderungsprofils, aus sachlichen Gründen in der Stellenausschreibung darauf festlegen, auch Um- und Versetzungsbewerber in die Leistungsauswahl einzubeziehen. Damit können in dem begonnen Auswahlverfahren die Um- und Versetzungsbewerber zwar nicht aufgrund des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG, wohl aber aufgrund des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG die Einhaltung dieser Festlegung und damit mittelbar die Anwendung der Leistungskriterien des Art. 33 Abs. 2 GG beanspruchen, ebenso die Beförderungsbewerber im Verhältnis zu den Um- und Versetzungsbewerbern. Dieses letztgenannte Verfahren schränkt den Gebrauch der hergebrachten, weitreichenden Dispositionsfreiheit des Dienstherrn über die amtsgemäße Verwendung ein und darf daher nicht zum Regelfall werden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber richtet sich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität. Dem stehen gesetzliche Maßnahmen zur Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung im Erwerbsleben, insbesondere Quotenregelungen mit Einzelfallprüfung sowie zur Förderung schwerbehinderter Menschen nicht entgegen.
(1) Für Beförderungen gelten die Grundsätze des § 9. Erfolgt die Auswahlentscheidung auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen, darf das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung höchstens drei Jahre zurückliegen.
(2) Beförderungen, die mit einer höherwertigen Funktion verbunden sind, setzen eine mindestens sechsmonatige Erprobungszeit voraus.
(3) Ämter, die nach der Gestaltung der Laufbahn regelmäßig zu durchlaufen sind, dürfen nicht übersprungen werden.
(4) Eine Beförderung ist unzulässig vor Ablauf eines Jahres
- 1.
seit der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe oder - 2.
- a)
seit der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder - b)
seit der letzten Beförderung,
(5) Der Bundespersonalausschuss kann Ausnahmen von den Absätzen 2 bis 4 zulassen, wenn sie die Bundesregierung nicht durch Rechtsverordnung regelt.
(1) Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung sind in der Regel auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen zu treffen. Frühere Beurteilungen sind zusätzlich zu berücksichtigen und vor Hilfskriterien heranzuziehen. Zur Überprüfung der Erfüllung von Anforderungen, zu denen die dienstlichen Beurteilungen keinen oder keinen hinreichenden Aufschluss geben, können eignungsdiagnostische Instrumente eingesetzt werden. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn erstmals Leitungs- oder Führungsaufgaben übertragen werden sollen. Die §§ 8 und 9 des Bundesgleichstellungsgesetzes sind zu beachten.
(2) Erfolgreich absolvierte Tätigkeiten in einer öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung, in der Verwaltung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder in einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union während einer Beurlaubung nach § 6 Absatz 1 der Sonderurlaubsverordnung sind besonders zu berücksichtigen. Langjährige Leistungen, die wechselnden Anforderungen gleichmäßig gerecht geworden sind, sind angemessen zu berücksichtigen.
(2a) Beamtinnen und Beamte, die zur Ausübung einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit bei einer Fraktion des Deutschen Bundestages, eines Landtages oder des Europäischen Parlaments beurlaubt sind, sind in entsprechender Anwendung des § 21 des Bundesbeamtengesetzes von der Fraktion zu beurteilen. § 50 Absatz 2 findet in diesen Fällen keine Anwendung. Der Zeitpunkt der Erstellung der Beurteilung richtet sich nach dem Regelbeurteilungsdurchgang der beurlaubenden Dienststelle.
(3) Liegt keine aktuelle dienstliche Beurteilung vor, ist jedenfalls in folgenden Fällen die letzte regelmäßige dienstliche Beurteilung unter Berücksichtigung der Entwicklung vergleichbarer Beamtinnen und Beamten fiktiv fortzuschreiben:
- 1.
bei Beurlaubungen nach § 6 Absatz 1 der Sonderurlaubsverordnung zur Ausübung einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit, wenn die Vergleichbarkeit der Beurteilung der öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung, der Verwaltung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder der öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union mit der dienstlichen Beurteilung nicht gegeben ist, - 2.
bei Elternzeit mit vollständiger Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit und - 3.
bei Freistellungen von der dienstlichen Tätigkeit wegen einer Mitgliedschaft im Personalrat, als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen oder bei Entlastungen als Gleichstellungsbeauftragte, wenn die dienstliche Tätigkeit jeweils weniger als 25 Prozent der Arbeitszeit beansprucht.
(4) Haben sich Vorbereitungsdienst und Probezeit um Zeiten verlängert, in denen ein Dienst nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 abgeleistet worden ist, sind die sich daraus ergebenden zeitlichen Verzögerungen angemessen auszugleichen. Zu diesem Zweck kann während der Probezeit befördert werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 32 vorliegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für eine Person, die einen der in § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 genannten Dienste abgeleistet und
- 1.
sich innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Dienstes um Einstellung beworben hat, - 2.
im Anschluss an den Dienst einen Ausbildungsgang zum Erwerb eines berufsqualifizierenden Abschlusses begonnen und sich innerhalb von sechs Monaten nach Erwerb des Abschlusses um Einstellung beworben hat, - 3.
im Anschluss an den Dienst einen Ausbildungsgang zum Erwerb eines berufsqualifizierenden Abschlusses begonnen und im Anschluss an den Erwerb des berufsqualifizierenden Abschlusses eine hauptberufliche Tätigkeit nach den §§ 19 bis 21 begonnen und sich innerhalb von sechs Monaten nach Ableistung der vorgeschriebenen Tätigkeit um Einstellung beworben hat oder - 4.
im Anschluss an den Dienst eine hauptberufliche Tätigkeit nach den §§ 19 bis 21 begonnen und sich innerhalb von sechs Monaten nach Ableistung der vorgeschriebenen Tätigkeit um Einstellung beworben hat
Gründe
-
A.
-
I.
- 1
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein beamtenrechtliches Konkurrentenstreitverfahren. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Auswahlentscheidung des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg zur Besetzung der Stelle eines Schulleiters/einer Schulleiterin einschließlich eines in der Sache ergangenen Widerspruchsbescheids und gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes.
- 2
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Die Beschwerdeführerin ist Studiendirektorin und ständige Vertreterin des Schulleiters am N. Gymnasium in S. (Besoldungsgruppe A 15 mit Amtszulage). In ihrer letzten dienstlichen Beurteilung erhielt sie das Gesamturteil "gut - sehr gut (1,5)". Im März 2009 bewarb sie sich auf die Stelle des Schulleiters/der Schulleiterin am Gymnasium L. In einer Eignungsbewertung wurde sie als "nicht geeignet" eingestuft. Die Auswahlentscheidung des Kultusministeriums von September 2009 fiel auf einen als "gut geeignet" bewerteten Mitbewerber, dessen Gesamturteil in der letzten dienstlichen Beurteilung "sehr gut (1,0)" lautete. Im Beurteilungszeitraum war er als Abteilungsleiter auf einer in die Besoldungsgruppe A 15 eingruppierten Stelle tätig gewesen. Den Eignungsbewertungen lag unter anderem jeweils eine "Unterrichtsanalyse mit Beratung" zugrunde. Die Aufgabenstellung bestand dabei in einem beratenden Gespräch mit einem Kollegen über dessen Planung und Durchführung einer vorher besuchten Unterrichtsstunde. Die Unterrichtsanalyse war bei der Beschwerdeführerin mit "3,5 (befriedigend bis ausreichend)", beim Mitbewerber mit "2,0 (gut)" bewertet worden.
- 3
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Gegen die Auswahlentscheidung erhob die Beschwerdeführerin Widerspruch. Auf ihren Antrag untersagte das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 30. Dezember 2009 vorläufig die Besetzung der Schulleiterstelle. Die Bewertung der Beschwerdeführerin mit "nicht geeignet" weiche ohne plausible Begründung von ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung ab. Beim Vergleich der dienstlichen Beurteilungen sei der Laufbahnvorsprung der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt worden. Das Regierungspräsidium Stuttgart änderte daraufhin das Ergebnis der Eignungsbewertung der Beschwerdeführerin in "geeignet". Am 10. August 2010 entschied das Kultusministerium intern, die Schulleiterstelle mit dem Mitbewerber zu besetzen.
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Der Widerspruch der Beschwerdeführerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2010 zurückgewiesen. Ihr Bewerbungsverfahrensanspruch sei nach der neuen Eignungsbewertung nicht mehr verletzt. Bei der Eignungsfeststellung komme den aktuellen dienstlichen Beurteilungen entscheidende Bedeutung zu. Die Beschwerdeführerin sei aufgrund ihres Statusamtes an höheren Anforderungen gemessen worden als der Mitbewerber. Die Gesamtbetrachtung ergebe, dass die dienstliche Beurteilung der Beschwerdeführerin zwar nicht eine halbe Note, aber dennoch etwas schlechter sei als die des Mitbewerbers, allenfalls aber im Wesentlichen gleich. Die Beschwerdeführerin habe ein höheres Amt als der Mitbewerber inne, der Unterschied belaufe sich aber lediglich auf eine Amtszulage. In den Beurteilungen seien Initiative, Einsatzbereitschaft und Fähigkeit zur Menschenführung als Vorgesetzter beim Mitbewerber besser eingeschätzt worden als bei der Beschwerdeführerin. Der Mitbewerber habe in einer "Unterrichtsanalyse mit Beratung" besser abgeschnitten als die Beschwerdeführerin und sich daher als geeigneter erwiesen. Die Unterrichtsanalyse stelle kein bloßes Hilfskriterium, sondern eine Ergänzung der dienstlichen Beurteilung dar. Sie prüfe Fähigkeiten der Personalführung mit zentraler Bedeutung für einen Schulleiter.
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Einen neuen Antrag der Beschwerdeführerin auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 22. November 2010 ab. Nach den Erwägungen im Widerspruchsbescheid erhalte der Mitbewerber nunmehr rechtmäßig den Vorzug vor der Beschwerdeführerin. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am 14. März 2011 zurück. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht nicht beanstandet, dass der Beschwerdeführerin nur eine im Wesentlichen gleiche Beurteilung zugestanden worden sei. Das zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht der in einem höheren Statusamt erzielten Beurteilung sei nicht schematisch zu bewerten, sondern hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Dienstherr habe die Differenz einer halben Note und die Tatsache erwogen, dass sich der Unterschied zwischen den Ämtern der Konkurrenten nur auf eine Amtszulage belaufe. Bei einem zugunsten der Beschwerdeführerin angenommenen Gleichstand nach den dienstlichen Beurteilungen habe der Dienstherr sodann entscheidend auf die Unterrichtsanalyse mit Beratung abstellen dürfen. Bei der Unterrichtsanalyse handle es sich um ein unmittelbar leistungsbezogenes Kriterium, das sich als Ergänzung der dienstlichen Beurteilung darstelle.
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II.
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. März 2011, den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. November 2010, den "Bescheid" des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. August 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 27. August 2010. Sie rügt eine Verletzung von Art. 33 Abs. 2 GG. Insbesondere ist sie der Auffassung, ihr hätte aufgrund ihres höheren Statusamtes der Vorzug vor ihrem im maßgeblichen Beurteilungszeitraum nur nach A 14 besoldeten Mitbewerber gegeben werden müssen, da die Anlassbeurteilungen - auch nach Auffassung der Verwaltung - weitgehend gleich seien. Die Eignungsrelevanz des höheren Statusamts werde nicht durch Einzelpunkte der Beurteilung in Frage gestellt. Die Fachgerichte hätten nicht dargelegt und begründet, in welchen Befähigungsmerkmalen der Mitbewerber für die angestrebte Stelle mindestens gleich geeignet sei wie die Beschwerdeführerin. Obwohl der Mitbewerber keine Führungsarbeit geleistet habe, sei ihm eine besonders stark ausgeprägte Fähigkeit zur Menschenführung attestiert worden. Es dürfe nicht auf Eignungsbewertungen abgestellt werden, denen formal eine Unterrichtsanalyse mit Beratung und ein Bewerbungsgespräch zugrunde gelegen hätten. Wesentliche Grundlage für die Leistungsbeurteilung im Zusammenhang mit der Besetzung von Beförderungsdienstposten bilde die zeitnahe dienstliche Beurteilung des Bewerbers.Der Widerspruch der ursprünglichen Eignungsbewertung zur Anlassbeurteilung der Beschwerdeführerin indiziere Willkür.
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B.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist die Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt.
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I.
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Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen den "Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. August 2010" und den Widerspruchsbescheid vom 27. August 2010 wendet, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Hinsichtlich des Bescheids vom 10. August 2010 ist schon zweifelhaft, ob ein Rechtsakt mit Außenwirkung existiert. Aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich ist lediglich eine interne Entscheidung des Kultusministeriums dieses Datums. Jedenfalls wäre der Rechtsweg nicht erschöpft. Rechtswegerschöpfung ist auch bezüglich des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2010 nicht eingetreten. Das von der Beschwerdeführerin betriebene verwaltungsgerichtliche Eilverfahren hat hinsichtlich der Auswahlentscheidung und des darauf bezogenen Widerspruchsbescheids nicht zu einer Rechtswegerschöpfung geführt. Gegenstand des Eilverfahrens war nicht die Auswahlentscheidung selbst, sondern der Anspruch der Beschwerdeführerin auf vorläufige Sicherung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs (BVerfGK 10, 474 <477>).
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II.
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Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen richtet, ist sie jedenfalls unbegründet. Der Bewerbungsverfahrensanspruch der Beschwerdeführerin ist durch die Beschlüsse der Fachgerichte nicht verletzt.
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1. Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Bestenauslesegrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfGK 12, 184 <186>; 12, 284 <287>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. November 2010 - 2 BvR 2435/10 -, BayVBl 2011, S. 268). Mit den Begriffen "Eignung, Befähigung und fachliche Leistung" eröffnet Art. 33 Abs. 2 GG bei Entscheidungen über Beförderungen einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn. Dieser unterliegt schon von Verfassungs wegen einer nur begrenzten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfGE 39, 334 <354>; 108, 282 <296>; zu dienstlichen Beurteilungen BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Mai 2002 - 2 BvR 723/99 -, NVwZ 2002, S. 1368 <1368>). Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG verleiht Beamten in diesem Rahmen das Recht, eine dienstrechtliche Auswahlentscheidung dahingehend überprüfen zu lassen, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über ihre Bewerbung entschieden hat (vgl. BVerfGE 39, 334 <354>; BVerfGK 1, 292 <295 f.>; 10, 474 <477>).
- 11
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Im öffentlichen Dienst sind bei der Bewertung der Eignung vor allem zeitnahe Beurteilungen heranzuziehen (BVerfGE 110, 304 <332>; vgl. auch BVerfGK 12, 106 <109>). Beziehen sich bei konkurrierenden Bewerbern die dienstlichen Beurteilungen auf unterschiedliche Statusämter, so wird in der Rechtsprechung der Fachgerichte vielfach angenommen, dass bei formal gleicher Bewertung die Beurteilung des Beamten im höheren Statusamt regelmäßig besser ist als diejenige des in einem niedrigeren Statusamt befindlichen Konkurrenten. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass an einen Inhaber eines höheren statusrechtlichen Amtes von vornherein höhere Erwartungen zu stellen sind als an den Inhaber eines niedrigeren statusrechtlichen Amtes. Diese Auffassung ist grundsätzlich mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerfGK 10, 474<478>). Mit einem höheren Amt sind regelmäßig gesteigerte Anforderungen und ein größeres Maß an Verantwortung verbunden. Diese Erwägung kann jedoch nicht schematisch auf jeden Fall der Beförderungskonkurrenz zwischen zwei Beamten unterschiedlicher Statusämter angewendet werden. Vielmehr hängt das zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht der in einem höheren Statusamt erteilten Beurteilungen von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerfGK 10, 474 <478>). Ein Rechtssatz, dass dem Inhaber des höheren Statusamts auch bei formal schlechterer Beurteilung grundsätzlich der Vorzug gegeben werden muss, lässt sich Art. 33 Abs. 2 GG nicht entnehmen. Die grundsätzliche Höhergewichtung der statushöheren Beurteilung schließt nicht aus, dass ein Statusrückstand durch leistungsbezogene Kriterien kompensiert werden kann.
- 12
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Obwohl sich ein Vergleich aussagekräftiger und hinreichend aktueller dienstlicher Beurteilungen als Grundlage einer Auswahlentscheidung eignet (vgl. BVerfGE 110, 304 <332>; BVerfGK 10, 474 <477 f.>; 12, 106 <109>), ist der Dienstherr verfassungsrechtlich nicht gezwungen, die Auswahlentscheidung allein nach Aktenlage zu treffen. Anhand welcher Mittel die Behörden die Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerber feststellen, ist durch Art. 33 Abs. 2 GG nicht im Einzelnen festgelegt. Die Heranziehung weiterer Hilfsmittel neben der dienstlichen Beurteilung ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, soweit diese hinreichend dokumentiert und gerichtlich überprüfbar sind. Somit verbietet es Art. 33 Abs. 2 GG nicht grundsätzlich, prüfungsähnliche Bestandteile in ein Beurteilungsverfahren zu integrieren. Hinsichtlich der Frage, inwieweit der Dienstherr mögliche weitere Beurteilungsgrundlagen, etwa Ergebnisse von Prüfungen und Tests oder Bewerbungsgespräche, ergänzend zur dienstlichen Beurteilung heranzieht und wie er diese gewichtet, kommt ihm ein Beurteilungsspielraum zu.
- 13
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2. Gemessen an diesem Maßstab sind die Entscheidungen der Fachgerichte nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht Stuttgart und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg haben die Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG weder außer Acht gelassen noch ihren Inhalt verkannt.
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a) Dass der Dienstherr seiner Auswahlentscheidung einen unterstellten Beurteilungsgleichstand zwischen der Beschwerdeführerin und dem Mitbewerber zugrundegelegt und daher ergänzende Eignungserwägungen angestellt hat, hätten die Fachgerichte nicht von Verfassungs wegen beanstanden müssen. Sie haben insbesondere nicht verkannt, dass bei formal gleichen Bewertungen in der Regel diejenige höher zu gewichten ist, die sich auf ein höheres Statusamt bezieht. Sie folgen vielmehr der Auffassung des Dienstherrn, dass im Fall der Beschwerdeführerin und ihres Mitbewerbers keine formal gleichen Beurteilungen vorlägen. Dies ist nicht zu beanstanden, da die Beurteilung der Beschwerdeführerin formal um eine halbe Note unter der des Mitbewerbers liegt. Die Beschwerdeführerin missversteht bei ihrer Argumentation die Einstufung der Verwaltung, die Beurteilungen seien "allenfalls im Wesentlichen gleich". Diese Einschätzung ergibt sich, wie der Widerspruchsbescheid klar darlegt, erst nach Berücksichtigung des höheren Gewichts des Statusamts der Beschwerdeführerin und sagt daher gerade nicht aus, dass das Gesamturteil als solches formal gleich sei. Die Argumentation der Fachgerichte, der Dienstherr habe davon ausgehen dürfen, dass sich die durch eine Amtszulage verursachte statusbedingte Höherwertigkeit der Beurteilung der Beschwerdeführerin und das um eine halbe Note bessere Gesamturteil des Mitbewerbers in etwa ausglichen, erweist sich ebenfalls nicht als Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Die Fachgerichte durften annehmen, dass es sich in den Grenzen des Beurteilungsspielraums des Dienstherrn hält, wenn dieser den Statusvorsprung der Beschwerdeführerin durch die bessere Note des Mitbewerbers kompensiert sah. Dass die zugrunde liegende Annahme des Dienstherrn, der Statusunterschied belaufe sich nur auf eine Amtszulage, nicht beanstandet wurde, verstößt ebenfalls nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Nach den - von der Beschwerdeführerin unbestrittenen - Feststellungen der Fachgerichte wurde der Mitbewerber im Rahmen seiner Beurteilung an den Anforderungen eines Amtes nach A 15 gemessen, da die von ihm wahrgenommene Stelle nach A 15 bewertet war. Für den Vergleich der dienstlichen Beurteilungen darauf abzustellen, auf welches Statusamt sich die jeweilige Beurteilung bezieht, stellt keinen von den Gerichten zu beanstandenden Verstoß gegen den Bestenauslesegrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG dar (vgl. BVerfGK 10, 474 <478>).
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b) Nach dem oben dargelegten Maßstab stellt es weiterhin keinen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG dar, wenn die Fachgerichte nicht beanstandet haben, dass der Dienstherr bei einem zugunsten der Beschwerdeführerin angenommenen Gleichstand der dienstlichen Beurteilungen sodann entscheidend auf das Ergebnis einer "Unterrichtsanalyse mit Beratung" abgestellt hat. Sie folgen der Einlassung des Dienstherrn, dass die Unterrichtsanalyse bei der Besetzung einer Schulleiterstelle eine relevante Ergänzung der dienstlichen Beurteilung darstelle, da die in der Unterrichtsanalyse geprüften und für einen Schulleiter zentralen Fähigkeiten in dienstlichen Beurteilungen von Bewerbern um eine Schulleiterstelle regelmäßig nicht angemessen erfasst seien. Angesichts des Beurteilungsspielraums des Dienstherren hinsichtlich der Mittel, derer er sich für die Bewertung der Eignung von Bewerbern bedient, ergibt sich hieraus nicht, dass die Verwaltungsgerichte den Inhalt des Art. 33 Abs. 2 GG verkannt hätten.
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c) Soweit die Beschwerdeführerin die Bewertung einzelner Befähigungsmerkmale rügt, verkennt sie die aufgrund des Beurteilungsspielraums des Dienstherrn nur eingeschränkte Prüfungspflicht der Fachgerichte.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom .... Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom .... August 2012 rechtswidrig ist.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
– Kunden-, Ziel- und Ergebnisorientierung,
– Verantwortungs- und Risikobereitschaft,
– Unternehmerischer Optimismus und Unternehmerkompetenz,
– Mitarbeiterführung,
– Delegations- und Durchsetzungsfähigkeit,
– Fähigkeit zur Komplexitätsreduktion,
– Kommunikations-, Integrations- und Konfliktfähigkeit.
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom … Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … August 2012 zu verpflichten, seine Bewerbung um Übernahme in die nächsthöhere Laufbahn nach § 20 ELV zu berücksichtigen.
festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom … Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … August 2012 rechtswidrig war.
die Klage abzuweisen.
Gründe
– ob mit dem vorliegenden Auswahlverfahren diesen Anforderungen im Einzelnen Genüge getan wurde - gewisse Zweifel bestehen, weil die einzelnen Inhalte des Assessment-Centers mit den erbrachten Leistungen der Kandidaten eher oberflächlich protokolliert und dokumentiert worden sind (vgl. für den Kläger Bl. … ff. der Gerichtsakten) und somit fraglich ist, ob die Ergebnisse einer rechtlichen Überprüfung zugänglich wären (OVG Münster v. 21.06.2012 a. a. O., insbes. Rn. 89, 116 bei juris) -, sowie
– ob dem Ergebnis des Assessment-Centers womöglich eine überproportionale Bedeutung gegenüber den dienstlichen Beurteilungen i. S. von § 21 ELV gegeben wurde (vgl. die Erwägungen bei OVG Magdeburg v. 09.04.2008 a. a. O., Rn. 13, 20 bei juris; BayVGH v. 05.08.2014, Az. 3 CE 14.771, Rn. 45, 45 bei juris), bedürfen vorliegend keiner Beantwortung, weil das Auswahlverfahren jedenfalls aufgrund der Erwägungen unten zu d) mit den Grundsätzen des institutionellen Gesetzesvorbehalts nicht vereinbar ist und aufgrund dessen an erheblichen rechtlichen Mängeln leidet.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 8. Juli 2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten jeweils selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 22.195,62 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Der Antragsteller ist Justizoberinspektor (Besoldungsgruppe A 10 Landesbesoldungsordnung - LBesO -) und im Amtsgericht T. im Bereich der Rechtspflege eingesetzt. Er bewarb sich zusammen mit 53 anderen Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern im Bezirk des Oberlandesgerichts und der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz auf eine der in den Justizblättern Nr. 12 vom 16. Dezember 2013 und Nr. 2 vom 10. Februar 2014 für diesen Personalführungsbereich zum Beförderungstermin am 18. Mai 2014 ausgeschriebenen Beförderungsstellen nach Besoldungsgruppe A 11 LBesO (Justizamtfrau bzw. Justizamtmann).
- 2
Bei den zu diesem Termin vorgesehenen Beförderungen von Justizoberinspektoren ging der Antragsgegner im – insofern gemeinsam geführten – Personalbereich des Oberlandesgerichts Koblenz und der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz (künftig zur einfacheren Darstellung nur: „OLG Koblenz“) nach folgendem Auswahlsystem vor: Zunächst wurde im gemeinsamen Besetzungsvermerk (künftig nur: „Besetzungsvermerk“) vom 1. April 2014 die Anzahl der ausgeschriebenen Beförderungsstellen angegeben. Zum Beförderungstermin am 18. Mai 2014 waren es für Beamte in der Besoldungsgruppe A 10 LBesO insgesamt 10,75 Stellen. Da sämtliche Beamte im dritten Einstiegsamt auf gebündelten Dienstposten eingesetzt sind, werden die Beförderungsstellen den erfolgreichen Bewerbern seit Jahren auf ihren jeweiligen Dienstposten zugewiesen (sog. Topfwirtschaft mit „fliegenden“ Stellen).
- 3
Die sich hieran anschließende Auswahl der Bewerber für die Vergabe der Beförderungsstellen erfolgte ausweislich des Besetzungsvermerks in mehreren Schritten. Zunächst wurden diejenigen Rechtspfleger, die eine vierjährige Stehzeit im aktuellen Statusamt aufweisen konnten (dies traf auf alle Bewerber zu), anhand ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilungen miteinander verglichen. Dabei lag der Anteil der Bewerber, die aktuell in ihren dienstlichen Beurteilungen schon die Note der Gesamtbeurteilung „Übertrifft die Anforderungen“ (dies ist die dritthöchste Bewertungsstufe innerhalb des sechsstufigen Notensystems des Antragsgegners im Bereich der Justiz) aufzuweisen hatten, bei vier Beamten. Diese Beamten erhielten je eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 LBesO.
- 4
Die verbleibenden 6,75 der zur Beförderung ausgeschriebenen Stellen konnten ausweislich des Besetzungsvermerks nicht mehr anhand der Gesamturteile der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der verbleibenden Bewerber getroffen werden. Denn es zeigte sich, dass 37 der Bewerber von ihren Beurteilern nicht nur die gleiche Gesamtbewertung, sondern auch identische Zwischennoten („4.1“ – dies ist der obere Bereich der Notenstufe „Entspricht voll den Anforderungen“) erhalten hatten.
- 5
Nachdem deshalb anhand der Ergebnisse der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber die Beförderungsentscheidungen nicht getroffen werden konnten, gaben für diese 6,75 der insgesamt ausgeschriebenen 10,75 Beförderungsstellen die sog. Hilfskriterien den Ausschlag. Dabei nahm der Antragsgegner zunächst die Schwierigkeit des „der dienstlichen Beurteilung zugrunde liegenden Dienstpostens“ der Bewerber in den Blick. Hier sah er nach der von ihm angegebenen „langjährigen Verwaltungspraxis“ die Dienstposten der in der Verwaltung eingesetzten Rechtspfleger als schwieriger an und vergab an drei der in diesem Bereich eingesetzten Beamten entsprechende Beförderungsstellen, weil diese „zunächst“ zu berücksichtigen seien (S. 10 f. des Besetzungsvermerks).
- 6
Bei der Vergabe der jetzt noch verbleibenden 3,75 Stellen ging der Antragsgegner zum einen von der Einheitlichkeit der Dienstposten der in der Rechtspflege eingesetzten Beamten aus und stellte zum anderen auf die größere Verwendungsbreite und das weitergehende zusätzliche Engagement der Bewerber ab. Die einzelnen Tätigkeiten, die vom Antragsgegner als „größere Verwendungsbreite“ bzw. als „weitergehendes zusätzliches Engagement“ angesehen wurden, sind auf S. 11 bis 15 des Besetzungsvermerks dargestellt.
- 7
Der Antragsteller, der in seiner letzten dienstlichen Beurteilung eine abschließende Bewertung im oberen Bereich der Notenstufe „Entspricht den Anforderungen“ (4.1) erzielt hatte, wurde nicht ausgewählt, weil er weder in der Justizverwaltung eingesetzt war noch über eine größere Verwendungsbreite bzw. ein weitergehendes zusätzliches Engagement verfüge. Nachdem ihm die Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Beförderungsstellen vom Präsidenten des OLG Koblenz mitgeteilt worden war, stellte er einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag mit Beschluss vom 8. Juli 2014 statt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er hält seine Auswahlentscheidung, auch unter Berufung auf sein Organisationsermessen, für rechtmäßig.
II.
- 8
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
- 9
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung auf eine der für Justizoberinspektoren im Bezirk des Oberlandesgerichts und der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz ausgeschriebenen Stellen der Besoldungsgruppe A 11 LBesO zu sichern sucht, zu Recht stattgegeben. Denn der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).
- 10
Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen hält der rechtlichen Überprüfung im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht stand. Nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags der Beteiligten hat der Antragsgegner bei seiner Entscheidung über die Vergabe der im Bezirk des Oberlandesgerichts Koblenz insoweit zur Verfügung stehenden 10,75 Beförderungsstellen den verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG - und Art. 19 Landesverfassung sowie einfachgesetzlich in § 9 Beamtenstatusgesetz und § 2 Abs. 1 Laufbahnverordnung niedergelegten Leistungsgrundsatz zu Lasten des Antragstellers verletzt (1.). Darüber hinaus ist es zumindest möglich, dass ihm bei einer fehlerfreien Wiederholung der Beförderungsauswahl der Vorzug gegenüber einigen der Beigeladenen zu geben ist (2.).
- 11
1. Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Die Geltung dieses sog. Bestenauslesegrundsatzes wird durch diese Vorschrift unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Zwar dient die Vorschrift in erster Linie dem Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen damit gewährleistet werden. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG aber auch dem berechtigten Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung, indem er ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl gewährt (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 -, ZBR 2012, 252; BVerwG, Urteile vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237; vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102 und vom 30. Juni 2011- 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83; stRspr).
- 12
Danach haben Beamte einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über ihre Bewerbungen um ein Beförderungsamt ermessens- und beurteilungsfehlerfrei allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet. Der Inhalt des Art. 33 Abs. 2 GG wird mit der Bezeichnung „Leistungsgrundsatz“ jedoch nicht erschöpfend erfasst. Neben dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter und dem Bewerbungsverfahrensanspruch der betroffenen Beamten ist das Prinzip der Bestenauslese zugleich eine spezielle Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes von Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und Richter, 3. Auflage 2014, Teil B. I. [Das Prinzip der Bestenauslese] Rn. 78).
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Hiervon ausgehend enthält Art. 33 Abs. 2 GG nach mittlerweile gefestigter verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung keine Einschränkungen, die den Geltungsbereich des Leistungsgrundsatzes relativieren. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können deshalb – als immanente Grundrechtsschranke – bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur dann Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Soweit es nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung geht, also nur um den optimierenden Ausgleich mit anderen von der Verfassung geschützten Interessen, bedarf es zudem einer gesetzlichen Grundlage. Diese muss ihrerseits dem Zweck des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung tragen, d.h. ernsthaften Gefährdungen der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes vorbeugen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 20. September 2007 - 2 BvR 1972/07 -, juris; vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 -, ZBR 2008, 162; vom 26. November 2010 - 2 BvR 2435/10 -, NVwZ 2011, 746; vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, 1191 und vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 -, ZBR 2013, 346; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147 und vom 17. August 2005 - 2 C 36.04 -, juris; OVG RP, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - 2 B 10707/13.OVG -, AS 42, 43 [51]). Mit diesen verfassungsrechtlichen Maßgaben ist das vom Antragsgegner im Bezirk des OLG Koblenz praktizierte Beförderungssystem für die dort eingesetzten Beamten des dritten Einstiegsamtes (früher: gehobener Justizdienst) nicht vereinbar.
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Zwar bestehen keine Bedenken gegen die Verteilung der dem OLG Koblenz vom Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zur Verfügung gestellten Beförderungsstellen auf die jeweiligen Dienstposten mit den Mitteln der sog. Topfwirtschaft (a). Auch die vom Antragsgegner nach seinem Beförderungskonzept von den potentiellen Bewerbern verlangte Bewährungszeit von vier Jahren im aktuellen Statusamt beeinträchtigt die betroffenen Justizoberinspektoren nicht in ihrem Recht auf ein angemessenes berufliches Fortkommen (b). Gleiches gilt für die in einem zweiten Schritt erfolgte Prüfung des Gesamturteils in den aktuellen dienstlichen Beurteilungen (c). Fehlerhaft wurde hingegen die anschließend infolge des Beurteilungsgleichstandes von 37 mit gleichem Gesamtergebnis beurteilten Bewerbern notwendig gewordene Auswertung der in den dienstlichen Beurteilungen vorhandenen Einzelaussagen, die sog. Einzelexegese (auch als „ausschärfende Betrachtung“ bezeichnet) unterlassen. Die stattdessen unter Zuhilfenahme der Hilfskriterien der „größeren Verwendungsbreite“ und des „weitergehenden zusätzlichen Engagements“ erfolgte Auswahl des überwiegenden Teils der Bewerber ist mit geltenden verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben deshalb nicht vereinbar (d).
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a) Die Zuordnung der von den Bewerbern wahrgenommenen Dienstposten zu mehreren Besoldungsgruppen (sog. gebündelte Dienstposten; zu dieser Problematik ausführlich: BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83) hält der Senat nach wie vor für unbedenklich (vgl. bereits Beschluss vom 18. Juli 2012 - 2 B 10606/12.OVG -, ESOVGRP und juris). Dies gilt umso mehr, als der Landesgesetzgeber zwischenzeitlich mit § 21 Satz 2 Landesbesoldungsgesetz in der Fassung des Landesgesetzes zur Reform des finanziellen öffentlichen Dienstrechts vom 18. Juni 2013 (GVBl. S. 157) eine Zuordnung von Funktionen (Dienstposten) zu mehreren Statusämtern ausdrücklich zugelassen hat. Durchgreifende Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der landesrechtlichen Regelung (insoweit auch offen gelassen von BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 -, ZBR 2013, 346) bestehen im Rahmen dieses Eilverfahrens nicht.
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b) Ohne Verstoß gegen den Leistungsgrundsatz hat der Antragsgegner in seinem Besetzungsvermerk vom 1. April 2014 als erste Beförderungsvoraussetzung die Erfüllung einer Bewährungszeit von vier Jahren (sog. Stehzeit) gefordert. Dies ist rechtlich unbedenklich, da eine solche Mindestwartezeit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147) und derjenigen des Senats (Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 A 11084/08.OVG -, ESOVGRP) unter bestimmten Voraussetzungen – die hier erfüllt sind – gefordert werden darf. Mit vier Jahren ist die Stehzeit auch nicht so lang bemessen, dass die betroffenen Beamten, die kein derartiges allgemeines Dienstalter in der Besoldungsgruppe A 10 LBesO aufweisen können, in ihrem Recht auf angemessenes berufliches Fortkommen beeinträchtigt werden. Denn dieser Zeitraum entspricht dem Regelbeurteilungszeitraum (vgl. Nr. 1 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz vom 4. Juni 2007, JBl. S. 279 - BeurteilungsVV -), der insoweit als maximal zulässige Stehzeit herangezogen werden darf (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004, a.a.O.).
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c) Die weitere Auswahl der Bewerber erfolgte ausweislich des Besetzungsvermerks zunächst anhand der Gesamturteile der dienstlichen Beurteilungen. Danach zog der Antragsgegner von den die Bewährungszeit erfüllenden 37 Kandidaten auf der Grundlage ihrer schon erreichten Gesamtnote „Übertrifft die Anforderungen (3.3)“ insgesamt vier Beamte in die engere Wahl um die 10,75 Beförderungsstellen. Diese Verfahrensweise ist bei 54 Bewerbern aus der Besoldungsgruppe A 10 LBesO nicht zu beanstanden, weil sie das Leistungsbild dieser Beamten hinreichend berücksichtigt.
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Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf abgestellt, dass die Beförderungsentscheidung nicht schon deshalb fehlerhaft ist, weil nach den Gesamtnoten keine ausreichend differenzierten dienstlichen Beurteilungen vorliegen (vgl. hierzu OVG RP, Beschluss vom 5. November 2012 - 2 B 10778/12.OVG -, NVwZ-RR 2013, 225). Zwar wird ein großer Teil der nach der Erfüllung der Stehzeit im aktuellen Statusamt verbleibenden 37 Kandidaten tatsächlich mit der gleichen Gesamtnote beurteilt („Entspricht voll den Anforderungen“). Diese – im Vergleich zu anderen Beförderungssystemen im öffentlichen Dienst außergewöhnliche – Häufung derselben Gesamtnote innerhalb eines Bewerberfelds ist hier jedoch aus zwei Gründen unbedenklich:
- 19
aa) Zum einen kommt nach der dem Senat bekannten Verwaltungspraxis im gesamten Bereich der rheinland-pfälzischen Justiz, vor allem bei Beamten des mittleren und gehobenen Justizdienstes, den nach Nr. 6.1.1 BeurteilungsVV zulässigen und auch stets vergebenen Zwischennoten mittlerweile bei einer Beförderungsauswahl der Charakter einer eigenständigen Note zu. Dem Senat ist aus einer Vielzahl von Beförderungs- und Beurteilungsstreitverfahren im Bereich der Justiz auch bekannt, dass sich die „Spreizung“ der vergebenen Noten in der Regel auf zwei Noten und dort auf nur wenige Zwischennoten beschränkt. So entstehen Bewerberfelder, in denen sich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – der weit überwiegende Teil der Beurteilungsergebnisse (wie hier) allenfalls um eine oder zwei Zwischennoten unterscheidet. Bei einem derart dicht gedrängten Konkurrentenfeld sind die Bewerber aus den genannten Laufbahnen deshalb bereits dann nicht mehr „im Wesentlichen gleich beurteilt“ im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wenn sich die Gesamtergebnisse ihrer Beurteilungen nur um eine Zwischennote unterscheiden (vgl. OVG RP, Beschluss vom 10. September 2013 - 2 B 10781/13.OVG -, ZBR 2014, 57).
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bb) Zum anderen traf der Antragsgegner seine Beförderungsauswahl – in rechtlich unbedenklicher Weise – jedenfalls bei vier Bewerbern auf der Grundlage der Gesamtergebnisse ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilungen (vgl. den Besetzungsvermerk vom 1. April 2014, S. 6). Auch schied ein erheblicher Anteil der Bewerber, nämlich diejenigen Kandidaten, die eine schlechtere aktuelle dienstliche Beurteilung als die Notenstufe „Entspricht voll den Anforderungen (4.1)“ aufzuweisen hatten, aus der weiteren vergleichenden Auswahlbetrachtung aus. Hierdurch unterscheidet sich die vorliegende Beförderungskonkurrenz erheblich von dem im Senatsbeschluss vom 5. November 2012 (a.a.O.) dargestellten Sachverhalt, der von einem Auswahlverfahren geprägt war, in dem der überwiegende Teil der Bewerber in ihren letzten und vorletzten Beurteilungen gleiche Gesamt- und Zwischennoten aufzuweisen hatten und anschließend praktisch sämtliche Beförderungsentscheidungen auf der Grundlage des leistungsfernen Hilfskriteriums „Datum der Laufbahnprüfung“ gefällt wurden.
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d) Nicht mit dem Leistungsgrundsatz in Übereinstimmung gebracht werden kann dagegen die nach dem Besetzungsvermerk bei dem vorliegenden Gleichstand von 37 Beamten unmittelbar, das heißt ohne die zuvor durchzuführende inhaltliche Auswertung der Einzelaussagen der aktuellen dienstlichen Beurteilungen dieser Bewerber bzw. einer vergleichenden Betrachtung ihrer älteren Beurteilungen, erfolgte Heranziehung der Hilfskriterien der „Wahrnehmung eines schwierigeren Dienstpostens“, der „größeren Verwendungsbreite“ und des „weitergehenden zusätzlichen Engagements“ (vgl. S. 10 und 11 des Besetzungsvermerks), die bei 6,75 von insgesamt 10,75 Beförderungsstellen und somit für den überwiegenden Teil der Beförderungsentscheidungen ausschlaggebend wurden.
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aa) Soweit es um das Hilfskriterium der „Wahrnehmung eines schwierigeren Dienstpostens“ geht, so ist dieses schon deshalb nicht zulässig, weil die vorrangige und ausschließlich mit einer angeblich bestehenden „Verwaltungspraxis“ begründete Vergabe an diejenigen Beamten, die in der Justizverwaltung tätig sind, mit dem Grundsatz der Bestenauslese nicht vereinbar ist. Diese Beamten werden vielmehr allein deshalb bevorzugt, weil ihnen zuvor ein entsprechender – vom Antragsgegner stets als höherwertig angesehener – Dienstposten übertragen worden ist. In welcher Güte der Dienstposteninhaber seine Aufgaben auf diesem Dienstposten wahrgenommen hat, ist bei einem solchen Auswahlsystem dagegen ohne Bedeutung. Das steht mit dem Leistungsgrundsatz nicht in Einklang.
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Zwar sind bei der Erstellung dienstlicher Beurteilungen stets die Aufgaben und Anforderungen des jeweiligen Dienstpostens in den Blick zu nehmen, weil nur so geprüft und bewertet werden kann, ob der Beamte die an ihn gestellten Anforderungen erfüllt. Bezugspunkt der Beurteilung bleibt aber der Vergleich mit den anderen Mitarbeitern derselben Besoldungsgruppe. Mit dieser Anknüpfung an das Statusamt sollen die im Wesentlichen identischen Leistungsanforderungen den Maßstab bestimmen, anhand dessen die Arbeitsqualität und die Arbeitsquantität einzustufen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, BVerwGE 124, 356). Weist ein Dienstposten hierbei Besonderheiten auf, die die typischerweise in der Vergleichsgruppe desselben Statusamts anzutreffenden Anforderungen übersteigen, so ist dies bei der Leistungsbewertung zu berücksichtigen. Das besondere Aufgabenprofil und die insoweit gezeigten Leistungen können bei der Beurteilung berücksichtigt werden. Eine zusätzliche Berücksichtigung dergestalt, dass die bereits in Ansehung der besonderen Aufgaben eines Dienstpostens vergebene Note gegenüber einem anderen Bewerber derselben Vergleichsgruppe, dessen Dienstposten diese Besonderheiten nicht aufweist, noch einmal „aufgewertet“ wird, ist deshalb nicht zulässig. Sie widerspricht dem mit dem Bezugspunkt Statusamt vorgegebenen Vergleichsmaßstab der Beurteilung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, BVerwGE 147, 20).
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Die Einstufung des Dienstpostens, den der Beamte im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung innehat, stellt somit kein leistungsbezogenes Auswahlkriterium dar. Zwar sind bei der Beurteilung des Leistungsvermögens eines Beamten und seiner voraussichtlichen Bewährung in einem höheren Amt die Anforderungen in den Blick zu nehmen, die sein Dienstposten stellt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass Inhaber höherwertiger Dienstposten leistungsstärker sind als Inhaber niedriger bewerteter Dienstposten. Die unterschiedliche Einstufung der Dienstposten von Bewerbern rechtfertigt nicht, von einem Leistungsvergleich zwischen ihnen abzusehen. Demzufolge steht die Beförderung des Inhabers eines höherwertigen Dienstpostens ohne Bewerberauswahl allenfalls dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn der Beförderungsdienstposten seinerseits aufgrund einer Bewerberauswahl in Anwendung des Leistungsgrundsatzes vergeben worden ist. Nur wenn den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG bereits bei der Besetzung des Dienstpostens genügt worden ist, kann der ausgewählte Beamte nach erfolgreichem Abschluss einer Bewährungszeit ohne nochmalige Bewerberauswahl befördert werden (BVerwG, Urteile vom 16. August 2001 - 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58 und vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99).
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Die Vergabe der Beförderungsämter nach leistungsbezogenen Kriterien hätte die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege auch nicht gefährdet. Eine solche Gefahrenlage hätte vorausgesetzt, dass die Wahrnehmung der durch Rechtspfleger auszufüllenden Aufgaben nicht mehr sichergestellt gewesen wäre (vgl. hierzu wiederum: BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, a.a.O.). Für eine solche Sachlage ergeben sich vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte.
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Hinzu kommt: In einem Personalbewirtschaftungssystem im Wege der sog. Topfwirtschaft ist es nicht zulässig, Beförderungsstellen durch eine Dienstpostenvergabe quasi vorzusteuern. Ein solches Vorgehen ist nur dann zulässig, wenn diese Dienstposten zuvor ausgeschrieben und auch in einem nach Leistungsgrundsätzen entschiedenen Auswahlverfahren vergeben worden sind. Das wird vom Antragsgegner nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.
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Der Antragsgegner kann sich insofern auch nicht mit Erfolg auf den Beschluss des Senats vom 5. November 2012 (a. a. O.) berufen. Die dort aufgeführte Möglichkeit, auch die Schwierigkeit des wahrgenommenen Dienstpostens heranzuziehen, bezog sich ausdrücklich nur auf die damalige Wiederholung des Auswahlvorgangs. Diese war aber durch eine Situation vorgeprägt, in der über mehrere Jahre hinweg nicht hinreichend differenzierte Beurteilungen erstellt worden sind. Hiervon unterscheidet sich, wie vorstehend unter dem Gliederungspunkt 1. c) bb) dargelegt, das jetzt zur Bewertung anstehende Konkurrentenstreitverfahren. Hinzu kommt, dass in der dortigen Entscheidung unmissverständlich ausgeführt wurde, dass zunächst die dienstlichen Beurteilungen entweder auszuwerten oder aber die bei allen Bewerbern vorhandenen älteren Beurteilungen heranzuziehen sind.
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Für den Antragsgegner war aufgrund der zuvor ergangenen ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts auch erkennbar, dass ein Konzept, durch das die Inhaber höherwertiger Dienstposten vorrangig befördert werden können, im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG rechtlich nicht vertretbar war (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1981 - 2 BvR 570/76 u.a. - BVerfGE 56, 146; Kammerbeschluss vom 2. April 1996 - 2 BvR 169/93 - NVwZ 1997, 54; BVerwG, Urteile vom 25. August 1988, a.a.O. und vom 25. April 1996 - 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112; Beschluss vom 10. November 1993 - 2 ER 301.93 -, DVBl 1994, 118, sowie Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, a.a.O.).
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bb) Auch die weitere Heranziehung der Hilfskriterien der größeren Verwendungsbreite sowie des „weitergehenden zusätzlichen Engagements“ ist nach der Rechtsprechung erst zulässig, wenn sich auf der Grundlage der Ergebnisse der aktuellen Beurteilungen, ggf. unter Auswertung der dort enthaltenen Aussagen zum Leistungs- und Befähigungspotential der Beamten kein Leistungs- und/oder Eignungsvorsprung feststellen lässt, was hier aber möglich ist (1). Zum anderen darf derartigen Hilfskriterien nach der Ausgestaltung von Auswahlgrundsätzen in der Verwaltungspraxis bei Beförderungen von Beamten nicht die ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Denn damit würden derartige Kriterien zu „Hauptkriterien“ für Beförderungsentscheidungen (2). Schließlich widerspricht ein solches Vorgehen dem auch bei beamtenrechtlichen Auswahlentscheidungen zu beachtenden Gleichbehandlungsgrundsatz (3).
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(1) Eine inhaltliche Auswertung im Wege der Einzelexegese der Beurteilungsgrundlagen ist im Bereich des dritten Einstiegsamtes möglich und dem Antragsgegner auch zumutbar. Die gegen dieses, schon von der Vorinstanz mit ausführlichen und zutreffenden Erwägungen herausgearbeitete, Ergebnis erhobenen Einwände der Beschwerde überzeugen nicht.
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(a) Die nach Auffassung des Antragsgegners für eine Einzelexegese zu hohe Anzahl der Beurteiler (angegeben werden insofern bis zu 41 Amtsgerichtsdirektoren, Landgerichtspräsidenten und Leitungsbeamte der Staatsanwaltschaft) rechtfertigt die vollständig unterbliebene Auswertung der in den dienstlichen Beurteilungen vorhandenen Einzelaussagen nicht. Dass dienstliche Beurteilungen von verschiedenen Personen verfasst werden, ist kein Spezifikum im Bereich des OLG Koblenz; es ist vielmehr der „Normalfall“ bei Personalentscheidungen im öffentlichen Dienst (vgl. nochmals OVG RP, Beschluss vom 5. November 2012, a.a.O.). Würde allein wegen einer Mehrzahl von Beurteilern der mit einer Beförderungsentscheidung beauftragte Amtswalter von der Berücksichtigung der Aussagen zur Leistung und Eignung der Bewerber befreit, so verlören die Beurteilungen nicht nur ausnahmsweise, sondern regelmäßig den wesentlichen Grund für ihre Erstellung. Denn dienstliche Beurteilungen sind nach ständiger Rechtsprechung der Verfassungs- und Verwaltungsgerichte das entscheidende Auswahlinstrument für am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG und des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgerichtete Personalentscheidungen im öffentlichen Dienst. Allein durch die Anzahl der bei einer solchen Beförderungskampagne vorliegenden Beurteilungen verschiedener Beurteiler ändert sich an diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben zunächst einmal nichts. Die Anforderungen an die Aus- und Bewertung der für eine Beförderungsentscheidung verantwortlichen Leistungsnachweise in Form der vorliegenden dienstlichen Beurteilungen dürfen allein wegen dieses „quantitativen“ und „diversifizierenden“ Aspektes nicht hinter dem bei der Besetzung einer einzelnen Beförderungsstelle anzuwendenden verfassungsrechtlichen Maßstab zurückbleiben. Maßgeblich hierfür sind folgende Erwägungen:
- 32
Infolge des seit mehreren Jahren stetig zurückgehenden Anteils höher bewerteter Stellen ist es im öffentlichen Dienst insgesamt und so auch im Bereich der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz nicht mehr ungewöhnlich, wenn sich auf eine ausgeschriebene höher bewertete Stelle nicht nur ein oder zwei Bewerber, sondern erheblich mehr Beamte bewerben. So kann ein Verhältnis von einer Beförderungsstelle zu zehn Bewerbern nach den Erfahrungen des Senats zwischenzeitlich durchaus als normal angesehen werden. Von dieser „Standardsituation“ weicht das vorliegende Bewerberfeld aber verhältnismäßig nicht ab, da sich auf die ausgeschriebenen 10,75 Beförderungsstellen rund 54 Beamte beworben haben. Dies ergibt bereits ein Verhältnis von nur eins zu fünf (Beförderungsstellen zu Bewerber).
- 33
Dieses von der Gesamtzahl große Bewerberfeld musste in Bezug auf die Bewertungsgrundlagen der dienstlichen Beurteilung zudem gar nicht miteinander verglichen werden. So reduziert sich die Anzahl der nicht nur nach ihrem Gesamturteil, sondern auch in ihren Einzelaussagen inhaltlich auszuwertenden Beurteilungen vorliegend schon nach dem Vergleich der Zwischennoten (denen, wie ausgeführt, die Funktion eines wesentlichen Leistungsunterschieds zukommt) von 54 auf nur noch 37 Beurteilungen.
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(b) Das in diesem Zusammenhang vom Antragsgegner wiederholt und so auch in diesem Konkurrentenstreitverfahren vorgetragene Argument, die inhaltliche Befassung mit den Einzelaussagen der dienstlichen Beurteilungen der Beamten des dritten Einstiegsamtes sei ihm im Bereich des gehobenen Justizdienstes des OLG Koblenz nicht zumutbar, weil Beurteilungsstil, -umfang und -inhalt der Beurteilungen so verschieden seien, dass eine Einzelexegese nicht durchzuführen sei, greift nicht.
- 35
Insofern ist zunächst nochmals zu berücksichtigen, dass es vorliegend lediglich um ein Stellen-/Bewerberverhältnis, das aufgrund der identischen Gesamtergebnisse in den Einzelaussagen auszuwerten ist, von eins zu fünf geht. Hinzu kommt, dass die dienstlichen Beurteilungen für die in der Rechtspflege eingesetzten Beamten wegen der Praktizierung einer „Topfwirtschaft“ ohne höherwertige Beförderungsdienstposten die einzigen unmittelbaren Auswahlinstrumente sind. Hier müssen die Anforderungen an die Einheitlichkeit des anzuwendenden Beurteilungsmaßstabs systembedingt besonders hoch sein (vgl. OVG RP, Beschluss vom 1. Oktober 2012 - 2 B 10745,12.OVG -, IÖD 2012, 254). Würden also tatsächlich, wie der Antragsgegner vorträgt, Beurteilungsstil, -umfang und -inhalt bei den Einzelbewertungen in den Beurteilungen der Bewerber wegen der Nichteinhaltung des auf alle Beamten einheitlich anzuwendenden Beurteilungsmaßstabs nicht vergleichbar sein, dann hätte dies in jedem Bewerberfeld einen korrigierenden Eingriff des für die Bestätigung des Beurteilungsergebnisses zuständigen höheren Dienstvorgesetzten (vgl. Nr. 4.1 Satz 2 BeurteilungsVV) zur Folge haben müssen. Andernfalls wären die Beurteilungen – auch in ihren Gesamtergebnissen – für die Entscheidung über die Vergabe der Beförderungsstellen nicht mehr brauchbar (so VG Neustadt an der Weinstraße, Beschluss vom 1. Juli 2014 - 1 L 384/14.NW -). Keinesfalls kann dagegen eine unterschiedliche Auffassung der Beurteiler vom Bedeutungsgehalt der Einzelnoten ein Absehen von der Einzelauswertung der Beurteilungsgrundlagen rechtfertigen (vgl. zu dem demgegenüber in der Finanzverwaltung betriebenen Verwaltungsaufwand: OVG RP, Urteil vom 13. Mai 2014 - 2 A 10637/13.OVG -, NVwZ-RR 2014, 813).
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Zwar wäre es durchaus zulässig gewesen, die Kriterien der „größeren Verwendungsbreite“ sowie des „weitergehenden zusätzlichen Engagements“ im Wege der inhaltlichen Auswertung der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber (Einzelexegese) einem wertenden Vergleich zu unterziehen. Diese inhaltliche Auswertung der Beurteilungen unter Einbeziehung auch der Leistungsentwicklung hat der Antragsgegner jedoch hier unterlassen. Vielmehr hat er die entsprechenden Tätigkeiten den Geschäftsverteilungsplänen und Dienstleistungsaufträgen an die Beamten entnommen (vgl. Schriftsatz vom 11. Juni 2014, S. 19 f.). Damit hat er gerade nicht den Inhalt der Beurteilungen miteinander verglichen, sondern die bloße Tatsache der Übernahme einer – von ihm zuvor als „weitergehendes zusätzliches Engagement“ definierten – Zusatzaufgabe als ausschlaggebend angesehen. Dies kann nicht mit der bei einem Ergebnisgleichstand erforderlichen inhaltlichen Auswertung der Beurteilungsgrundlagen (Einzelexegese) gleichgesetzt werden.
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(2) Des Weiteren darf den vorliegend weiter herangezogenen Hilfskriterien der „größeren Verwendungsbreite“ und des „weitergehenden zusätzlichen Engagements“ nach der Ausgestaltung von Auswahlgrundsätzen bei den Beförderungen der Beamten des dritten Einstiegsamtes nicht die mehrheitlich ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Damit würden diese Hilfskriterien zu nicht zulässigen „Hauptkriterien“ für Beförderungsentscheidungen (vgl. Zängl, in: Fürst [Hrsg.], GKÖD, Loseblattkommentar, Stand Januar 2014, § 9 BBG Rn. 30). Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich die vorliegende Beförderungssituation als vergleichbar mit den bereits vom Senat entschiedenen Konkurrentenstreitverfahren im Bereich des Justizdienstes. Diese waren gleichfalls maßgeblich von der Situation geprägt, dass die – definitionsgemäß nur als Ausnahme anzuwendenden – Hilfskriterien den Ausschlag gaben (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 5. November 2012 und 15. Oktober 2013, a.a.O.). Dass dies mit dem verfassungsrechtlichen Leistungsgrundsatz nicht vereinbar ist, wurde in den dortigen Entscheidungen ausführlich dargelegt. Hieran wird festgehalten.
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(3) Insofern zeigt sich bei einer vergleichenden Betrachtung der Beförderungskampagnen im Bereich des gehobenen Justizdienstes der letzten Jahre, dass die Zubilligung einer Bewerberauswahl unter Inanspruchnahme von Hilfskriterien zu nicht mehr mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbarenden Ergebnissen führt. So wurden und werden bei Beförderungskampagnen wegen weitgehend identisch ausfallender dienstlicher Beurteilungen der Bewerber die Beförderungsstellen jeweils sowohl nach der Wertigkeit des wahrgenommenen Dienstpostens, der größeren Verwendungsbreite, des weitergehenden zusätzlichen Engagements, dem allgemeinen bzw. „speziellen“ Dienstalter, der Berufserfahrung und dem Gesichtspunkt der Beseitigung einer Unterrepräsentanz von Frauen vergeben. Die Variabilität der hierauf fußenden Auswahlgesichtspunkte, die sämtlich durch weitgehend identische Beurteilungsergebnisse hervorgerufen werden, liegt auf der Hand. Mit den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG, die insbesondere bei Massenbeförderungen in zumindest gleichem Maße wie der Grundsatz der Bestenauslese im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten sind, lässt sich dies nicht mehr in Einklang bringen.
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Hinzu kommt, dass nach den Angaben des Antragsgegners – die den Erkenntnissen des Senats entsprechen – sämtliche Beamte des dritten Einstiegsamtes ihre Beförderungen ohne die sonst bei Landesbeamten nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Laufbahnverordnung erforderliche Erprobung auf einem höher bewerteten (Beförderungs-)Dienstposten erhalten. Da es bei derartigen Beförderungen also von vornherein nicht um die Eignung für einen höher bewerteten Dienstposten geht, kann mit der Übertragung der höher bewerteten Planstelle auf den Auswahlsieger nur die Honorierung der von diesem in der Vergangenheit gezeigten Leistungen verbunden sein. Die Eignung für den Dienstposten – der auch nach der Beförderung des Betreffenden gleich bleibt – spielt hier also ersichtlich keine Rolle. Deshalb kommt es auch nicht auf die Erfüllung der Anforderungen eines Beförderungsdienstpostens, sondern allein auf die Ergebnisse der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber an.
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Diese – atypische – Sachlage stellt besonders hohe Anforderungen an die Auswahlentscheidung. Denn eine Vergabe dieser Beförderungsstellen ohne vorherige Erprobung darf insoweit in aller Regel nur auf der Grundlage der Ergebnisse der über die Bewerber regelmäßig vorhandenen dienstlichen Beurteilungen erfolgen. Hierfür müssen diese zwingend zwei wesentliche Bedingungen erfüllen: Erstens müssen sie, wie oben dargelegt, hinreichend vergleichbar sein, das heißt nach einem einheitlich angewandten Beurteilungsmaßstab erstellt worden sein. Zweitens müssen sie so differenziert ausfallen, dass sie einen Vergleich der Bewerber auch ermöglichen. Zumindest an der letztgenannten Voraussetzung fehlt es bei der überwiegenden Anzahl der hier vorliegenden Beurteilungen. Diese fallen in ihren Ergebnissen so undifferenziert aus, dass die Heranziehung weiterer Kriterien nach dem System des Antragsgegners geradezu zwangsläufig erfolgen musste. Das ist weder mit Art. 33 Abs. 2 GG noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
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Nach der oben dargestellten ständigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist die dienstliche Beurteilung eines Beamten vorrangige Grundlage für am Leistungsprinzip im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG orientierte Entscheidungen über dessen Verwendung und dienstliches Fortkommen. Dies kann sie aber nur leisten, wenn sie maßgebliche und zuverlässige Aussagen zu seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung enthält. Daraus folgt, dass eine Beurteilungspraxis, die diesen Anforderungen nicht gerecht wird und ohne sachlichen Grund nicht hinreichend zwischen den zu Beurteilenden differenziert, den von Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Anspruch des im Beförderungsauswahlverfahren unterlegenen Bewerbers auf beurteilungs- und ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung verletzt. In einem solchen Fall fehlt es insgesamt an einer tragfähigen, dem Gebot der Bestenauslese entsprechenden Grundlage für die Auswahlentscheidung.
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Zwar können weitgehend identische Beurteilungsergebnisse bei Beförderungsbewerbern im Einzelfall mit dem Leistungsgrundsatz vereinbar sein. Das setzt allerdings voraus, dass diese Gleichheit der Beurteilungsergebnisse auf der Anwendung differenzierter Beurteilungsmaßstäbe beruht. Bei einer Vielzahl von Beamten muss die Anwendung differenzierter Beurteilungsmaßstäbe nach aller Erfahrung auch zu differenzierten Beurteilungsergebnissen führen. Ist dagegen, wie im vorliegenden Fall, eine so große Anzahl von Bewerbern um eine Beförderungsstelle mit der gleichen Note beurteilt, dass auf dieser Grundlage die anstehenden Beförderungsentscheidungen nicht getroffen werden können, dann deutet dies auf eine mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht vereinbare Beurteilungspraxis hin (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Juli 2003 - 2 BvR 311/03 -, ZBR 2004, 45).
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Zur Behebung dieses Zustandes bieten sich – sowohl im Interesse der betroffenen Beamten als auch im wohlverstandenen Interesse des Dienstherrn an der bestmöglichen Besetzung der Stellen im öffentlichen Dienst – verschiedene Methoden an, die nach den Erkenntnissen des Senats im überwiegenden Teil des öffentlichen Dienstes (mit zum Teil erheblich größeren Bewerberfeldern) erfolgreich praktiziert werden.
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Zum einen ist darauf zu achten, dass die Ergebnisse der aktuellen dienstlichen Beurteilungen so hinreichend differenziert ausfallen, dass sich allein hiermit, also vor allem ohne weitere Hilfskriterien, jedenfalls die Mehrzahl der Beförderungsentscheidungen treffen lässt. Um dies zu erreichen, stehen dem für die Beförderungsentscheidungen zuständigen Dienstvorgesetzten, der regelmäßig zugleich mit der Prüfung der dienstlichen Beurteilungen von Justizbeamten betraut ist, zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
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Entweder sorgt der zuständige höhere Dienstvorgesetzte im Vorfeld der regelmäßig oder anlassbezogen zu erstellenden dienstlichen Beurteilungen für hinreichend differenzierte Beurteilungsergebnisse, etwa durch Beurteilerkonferenzen oder -besprechungen, wie sie z. B. im Bereich der Polizei und der Finanzverwaltung bei Landesbeamten seit vielen Jahren regelmäßig stattfinden (vgl. hierzu im Einzelnen: OVG RP, Urteil vom 3. Februar 2012 - 2 A 11273/11.OVG -, ESOVGRP und juris; Urteil vom 13. Mai 2014 - 2 A 10637/13.OVG -, NVwZ-RR 2014, 813).
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Oder der höhere Dienstvorgesetzte macht, was nach Kenntnis des Senats im Personalführungsbereich des OLG Koblenz in Einzelfällen schon jetzt geschieht, von der ihm nach Nr. 4.1 Satz 2 BeurteilungsVV eingeräumten Möglichkeit der Abänderung einzelner Beurteilungen zur Wahrung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs und der Gewährleistung hinreichend differenzierter Beurteilungsergebnisse Gebrauch.
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Sollten diese Maßnahmen nicht dazu führen, dass jedenfalls der weit überwiegende Teil der zu treffenden Beförderungsentscheidungen bei Massenbeförderungen auf der Grundlage der vorliegenden aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber möglich wird, so sind zunächst die wegen des Regelbeurteilungssystems bei den Angehörigen des Justizdienstes regelmäßig vorhandenen älteren Beurteilungen heranzuziehen, bevor auf Hilfskriterien abgestellt wird. Dieser Vorrang der Heranziehung älterer Beurteilungen vor den oben dargestellten Gesichtspunkten (Dienstalter, Verwendungsbreite etc.) ergibt sich aus der seit Jahren bestehenden und deshalb als gefestigt anzusehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der ältere dienstliche Beurteilungen keine Hilfskriterien sind. Es handelt sich vielmehr um Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben und die deswegen gegenüber Hilfskriterien vorrangig sind. Vor allem bei einem Vergleich zwischen den Bewerbern um ein Beförderungsamt können sie bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen für die künftige Bewährung in dem Beförderungsamt ermöglichen. Die daraus ableitbaren Entwicklungstendenzen haben nicht nur Bedeutung für den Vergleich von Bewerbern mit gleichwertigen aktuellen Beurteilungen. Sie können auch Aufschluss darüber geben, ob ein Bewerber bei einer Beurteilung im Hinblick auf die Besetzung eines Beförderungsamtes bevorteilt oder benachteiligt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 2 C 31.01 -, IÖD 2003, 147 und vom 21. August 2003 - 2 C 14/02 -, BVerwGE 118, 370 [377]; Beschluss vom 22. November 2012 2 VR 5.12 -, BVerwGE 145, 112).
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cc) Nach alledem sind – ausgehend von den vorstehenden Ausführungen und der dort im Einzelnen angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung – die Beförderungen von Justizbeamten des zweiten und dritten Einstiegsamtes nach folgenden Beförderungsgrundsätzen in den nachfolgend skizzierten vier Schritten durchzuführen:
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(1) Da es im zweiten und dritten Einstiegsamt stets um die Besetzung von Beförderungsstellen im Rahmen einer „Topfwirtschaft“ ohne vorherige Übertragung eines höherwertigen (Beförderungs-)Dienstpostens geht, sind vorrangig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber mit ihren jeweiligen Gesamtergebnissen heranzuziehen. Der Bewerber, der hier – auch schon in Form einer Zwischennote – einen Leistungsvorsprung aufzuweisen hat, ist zu befördern.
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Die jeweils letzte dienstliche Beurteilung eines Bewerbers ist das erste und wichtigste Hauptkriterium. Der zuständige höhere Dienstvorgesetzte hat deshalb im Rahmen seiner Dienstaufsicht (vgl. Nr. 4.1 BeurteilungsVV) im Vorfeld auf hinreichend differenzierte Beurteilungen hinzuwirken, und zwar entweder
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• durch vorherige, einen einheitlichen Beurteilungsmaßstab gewährleistende, Beurteilerkonferenzen und -besprechungen oder
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• durch Inanspruchnahme seiner ihm durch Nr. 4.1 Satz 2 BeurteilungsVV eingeräumten Möglichkeit einer Abänderung der von den Beurteilern vergebenen Noten.
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(2) Können die Stellen trotzdem nicht anhand der Gesamtergebnisse der aktuellen Beurteilungen vergeben werden, so sind diese in ihren Einzelaussagen inhaltlich auszuwerten (Einzelexegese). Sollten die Beurteilungen hierfür nicht taugen, hat der zuständige höhere Dienstvorgesetzte im Vorfeld – wiederum im Rahmen seiner Dienstaufsicht – auf vergleichbare Beurteilungsgrundlagen hinzuwirken.
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(3) Können auch danach die Beförderungsstellen nicht besetzt werden, so sind – als „zweites“ Hauptkriterium und deshalb noch vor Hilfskriterien – ältere Beurteilungen der Bewerber mit ihren Ergebnissen heranzuziehen, und zwar vorrangig die bei den Bewerbern vorhandenen älteren Regelbeurteilungen (wegen der aufgrund einheitlicher Beurteilungsstichtage und -zeiträume bestehenden maximalen Vergleichbarkeit).
- 55
Sollten einzelne Bewerber (z. B. wegen ihres Lebensalters) zum seinerzeit maßgeblichen Beurteilungsstichtag nicht mehr regelbeurteilt worden sein und auch keine entsprechende Anlassbeurteilung haben, so sind bei ihnen grundsätzlich die ihnen vor der aktuellen Beurteilung zuletzt erteilten Beurteilungen heranzuziehen. Dies gilt auch dann, wenn einer der anderen Konkurrenten zum maßgeblichen Beurteilungsstichtag und damit zeitnäher regelbeurteilt worden ist. Auch hier bleibt für den Bewerber ohne eine solche Regelbeurteilung die über ihn zuletzt erstellte Beurteilung maßgeblich. Das gilt auch dann, wenn diese schon älter ist. Deren Ergebnis darf auch nicht in einer Art „Nachzeichnung“ fortgeschrieben werden.
- 56
(4) Können auch hiernach die Beförderungsentscheidungen nicht getroffen werden, so dürfen ausnahmsweise die Hilfskriterien den Ausschlag geben. Damit diese nicht zur wesentlichen Auswahlgrundlage werden, sondern auch tatsächlich Hilfskriterien bleiben, darf das bei Massenbeförderungen (mindestens zehn Beförderungsstellen) grundsätzlich nur für maximal 10 vom Hundert der insgesamt zu vergebenden Planstellen geschehen. Diese Vorgabe sollte bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze in aller Regel eingehalten werden können.
- 57
Bei der danach ausnahmsweise zulässigen Heranziehung von Hilfskriterien hat der Dienstherr zwar grundsätzlich ein – verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbares – Ermessen. Die Reihenfolge der Hilfskriterien muss aber sachlich begründet sein. Insofern gilt:
- 58
• Die leistungsnäheren sind stets vor den leistungsferneren Kriterien heranzuziehen.
- 59
• Regelmäßig leistungsnah ist etwa die Leistungsentwicklung, die Schwierigkeit des wahrgenommenen Dienstpostens, die größere Verwendungsbreite, das weitergehende zusätzliche dienstliche Engagement und – unter bestimmten Voraussetzungen – die Berufserfahrung oder das allgemeine Dienstalter.
- 60
• Leistungsferner sind grundsätzlich das Lebensalter, die Schwerbehinderteneigenschaft und die Beseitigung einer Unterrepräsentanz von Frauen.
- 61
Die Anwendung der vorstehenden Beförderungsgrundsätze führt vorliegend zu folgendem Ergebnis: Von den acht Beigeladenen haben sechs in ihren vorletzten dienstlichen Beurteilungen im direkten Vergleich mit dem Antragsteller ein schlechteres Gesamturteil, nämlich die Gesamtnote „4.2“ (gegenüber der von dieser erreichten Note „4.1“). Diese Beurteilungen sind überwiegend auch in zeitlicher Hinsicht vergleichbar, weil sie sowohl beim Antragsteller als auch bei den Beigeladenen zu 4) sowie 6) und 8) im Jahre 2010 gefertigt wurden. Zwei der Beigeladenen haben sogar in ihren drittletzten Beurteilungen ein erheblich schlechteres Ergebnis als der Antragsteller („4.3“ gegenüber „4.1“).
- 62
2. Nach diesen Auswahlgrundsätzen ist es mithin möglich, dass dem Antragsteller bei einer fehlerfreien Wiederholung der Beförderungsauswahl der Vorzug gegenüber zumindest einem der Beigeladenen zu geben ist. So wäre der Antragsteller nach der bei dem Gleichstand in den aktuellen Beurteilungen gebotenen Auswertung der Ergebnisse der früheren Beurteilungen gegenüber den Beigeladenen zu 1), 2), 4) sowie 6) bis 8) jedenfalls nicht chancenlos. Denn er erzielte bei seiner vorletzten Beurteilung das Gesamturteil „4.1“. Damit lag er gegenüber den vorgenannten Konkurrenten, die insofern um eine – entscheidende (vgl. OVG RP, Beschluss vom 10. September 2013, a.a.O.) – Note schlechter beurteilt wurden, vorn. Noch deutlicher wird der Vorsprung unter Heranziehung der davor den Beigeladenen zu 6) bis 8) erteilten Gesamtnoten, die mit jeweils „4.3“ in einem noch stärkeren Maße hinter den Ergebnissen der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers liegen.
- 63
Zu den nach dem Abgleich der vorletzten dienstlichen Beurteilungen schlechter beurteilten Bewerbern gehören auch die drei Beigeladenen, die wegen ihrer Tätigkeit in der Verwaltung und damit auf einen „höherwertigeren“ Dienstposten vor dem Antragsteller befördert werden sollen. Die Frage, ob bei einer erneuten inhaltlichen Bewertung der Beurteilungsgrundlagen diejenigen Beamten, die nach dem Besetzungsvermerk wegen einer „größeren Verwendungsbreite“ sowie des „weitergehenden zusätzlichen Engagements“ im Wege einer Einzelexegese gegenüber dem Antragsteller wiederum auszuwählen wären, ist danach nicht mehr entscheidungserheblich.
- 64
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Den Beigeladenen sind keine Kosten aufzuerlegen, weil sie weder das Rechtsmittel eingelegt noch im Beschwerdeverfahren Anträge gestellt haben (§ 154 Abs. 3 VwGO).
- 65
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 5 Gerichtskostengesetz - GKG - in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 3714). Maßgebend ist nach dieser kostenrechtlichen Regelung die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge der Besoldungsgruppe A 11 LBesO (in der hier maßgeblichen Endstufe monatlich 3.699,27 €) mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG). Da das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts betrifft, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 5 Satz 4 GKG auf die Hälfte des sich aus Satz 1 der Vorschrift ergebenden Betrags zu reduzieren (vgl. OVG RP, Beschluss vom 23. Dezember 2013 - 2 B 11209/13.OVG -, IÖD 2014, 42).
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, welche dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird (auch) für das Beschwerdeverfahren auf einen Wert innerhalb der Streitwertstufe von über 19.000 bis 22.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Die fristgerecht dargelegten Beschwerdegründe (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 1, 3 und 6 VwGO) rechtfertigen es nicht, die erstinstanzliche Entscheidung zu ändern und den im Beschwerdeverfahren (weiter)verfolgten Sachanträgen der Antragstellerin,
4der Antragsgegnerin zu untersagen, die im Ausschreibungsblatt Nr. 0088/2012 unter der Ausschreibungsnummer 0765/2012 ausgeschriebene Stelle einer Psychologin H (Besoldungsgruppe A 16 BBesG) im Kommando Streitkräftebasis in C. mit dem Beigeladenen zu besetzen oder einen Mitbewerber auf diese Stelle zu befördern oder in die entsprechende Planstelle einzuweisen, solange nicht über die Bewerbung der Antragstellerin bestandskräftig entschieden ist,
5die Antragsgegnerin ferner zu verpflichten, das Auswahlverfahren zu der betreffenden Stelle unverzüglich fortzusetzen und über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts erneut zu entscheiden,
6sowie die Antragsgegnerin zu verpflichten, eine etwaige Besetzung der in Rede stehenden Stelle mit einem Mitbewerber, insbesondere dem Beigeladenen, unverzüglich rückgängig zu machen,
7zu entsprechen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass es für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung an einem Anordnungsanspruch fehlt, und zwar bereits deswegen, weil die Antragstellerin das konstitutive Anforderungsprofil des in Rede stehenden Beförderungsdienstpostens nicht in vollem Umfang erfüllt. Das Beschwerdevorbringen vermag dies nicht zu entkräften.
81. Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, auch in Fällen der etwaigen Nichterfüllung von konstitutiven Merkmalen des Anforderungsprofils habe (noch zusätzlich) ein Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern anhand der Ergebnisse aktueller dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen, geht dies fehl. Insofern kommt es hier für den Anordnungsanspruch nicht darauf an, ob – wie unter Gliederungspunkt I. der Beschwerdebegründungsschrift vom 13. März 2014 geltend gemacht – die Antragsgegnerin eine aktuelle Fortschreibung der Regelbeurteilung der Antragstellerin pflichtwidrig unterlassen haben mag. Denn nach ständiger Rechtsprechung des beschließenden Senats führt allein die Nichterfüllung eines rechtmäßigen konstitutiven Anforderungsprofils notwendig zum unmittelbaren Ausschluss des betroffenen Bewerbers aus dem auf die Auswahlentscheidung gerichteten Verfahren, ohne dass es noch eines (weiteren) Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsvergleichs mit den Mitbewerbern bedarf.
9Vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 12. Juli 2013– 1 B 1/13 –, juris, Rn. 11 f. = NRWE, m.w.N., und vom 15. April 2014 – 1 B 195/14 –, juris, Rn. 7 = NRWE; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 –, BVerwGE 147, 20 = ZBR 2013, 376 = juris, Rn. 23 (am Ende).
10Als konstitutiv einzustufen sind diejenigen Merkmale des Eignungs- und Befähigungsprofils der – hier mittels Ausschreibung – angesprochenen Bewerber, welche zum einen zwingend vorgegeben und zum anderen anhand objektiv überprüfbarer Kriterien eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet ein nicht konstitutives Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen (weil sie beispielsweise nur „erwünscht“ sind) oder die schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten – bejahend oder verneinend – festgestellt werden können.
11Ständige Rechtsprechung der mit beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren befassten Senate des OVG NRW, vgl. etwa die Beschlüsse vom 14. März 2014 – 6 B 93/14 –, juris, Rn. 14 f. = NRWE, vom 12. Juli 2013 – 1 B 1/13 –, juris, Rn. 11 f. = NRWE, und vom 30. Oktober 2009– 1 B 1347/09 –, ZBR 2010, 202 = juris, Rn. 11 f. = NRWE, jeweils m.w.N.
12Bei Letzteren geht es insbesondere um solche Merkmale, die sich erst auf der Grundlage eines persönlichkeitsbedingten, das betreffende Element des Eignungs- und Befähigungsprofils näher in den Blick nehmenden Werturteils erschließen.
13Was die vom Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang entscheidungstragend in den Blick genommene Auslandsdienstverwendungsfähigkeit der Bewerber betrifft, stellt das Beschwerdevorbringen nicht in Frage, dass diesem nach dem Ausschreibungstext geforderten Qualifikationsmerkmal, wie auch das erstinstanzliche Gericht angenommen hat, nach dem (insoweit maßgeblichen) objektiv zum Ausdruck gekommenen Willen des Dienstherrn eine konstitutive Bedeutung in dem vorgenannten Sinne zukommen sollte. Dass die Antragstellerin die Rechtmäßigkeit der Erstellung eines Anforderungsprofils solchen Inhalts in Bezug auf die streitige Beförderungsstelle verneint (Gliederungspunkt II.2. der Beschwerdebegründungsschrift), ändert daran nichts, betrifft vielmehr einen weiteren, inhaltlich zu unterscheidenden Aspekt (siehe nachfolgend 4.b).
142. Der Feststellung in dem Besetzungsvermerk vom 7. Mai 2013 (Beiakte Heft 1, Seite 75R), dass es der Antragstellerin an der generellen Auslandsdienstverwendungsfähigkeit mangele, was das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss (BA Seite 8 unten) als „unstreitig“(e) Tatsache bewertet hat, ist die Beschwerde nicht entgegengetreten.
153. Dass der Beigeladene das Merkmal der Auslandsdienstverwendungsdienstfähigkeit erfülle, hat die Antragstellerin zwar (pauschal) bestritten, dies aber nicht in geeigneter Weise inhaltlich unterfüttert. Es bleibt daher eine bloße Vermutung „ins Blaue hinein“, welcher der Senat nicht weiter nachgehen muss. Denn dem Besetzungsvermerk zufolge erfüllt der Beigeladene „die geforderten Qualifikationsmerkmale vollständig“. Dort ist außerdem vermerkt, dass er bereits einen Auslandseinsatz absolviert hat. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner Befassung mit der Frage, ob es die subjektive Rechtsstellung eines nach dem konstitutiven Anforderungsprofil aus dem berücksichtigungsfähigen Bewerberkreis auszuscheidenden und insofern gemessen an diesem Profil von vornherein „chancenlosen“ Bewerbers beeinträchtigen kann, wenn fehlerhafterweise (z.B. irrtümlich) ein Beamter ausgewählt wird, der dieses Anforderungsprofil ebenfalls nicht erfüllt.
164. Die Angriffe der Beschwerde gegen die Rechtmäßigkeit des Anforderungsprofils sind teilweise unerheblich, teilweise greifen sie in der Sache nicht durch:
17a) Soweit sich das Vorbringen der Antragstellerin über weite Strecken mit der Einsatzerfahrung als Truppenpsychologe im besonderen Auslandseinsatz der Bundeswehr als weiteren Bestandteil der Qualifikationsmerkmale in der Ausschreibung befasst, gilt das Folgende: Zwar hat die Antragsgegnerin das Ausscheiden der Antragstellerin aus dem berücksichtigungsfähigen Bewerberfeld mit auf diesen Gesichtspunkt gestützt. Die im Beschwerdeverfahren zur Überprüfung stehende Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat ihn aber unzweifelhaft nicht in ihre tragende Begründung einbezogen (BA, Seite 8 oben: „Soweit die Beteiligten darüber streiten, ob die Antragstellerin andere konstitutive Anforderungsmerkmale für den ausgeschriebenen Dienstposten erfüllt oder nicht, kommt es hierauf nicht streitentscheidend an“). Das erstinstanzliche Gericht hat vielmehr den Anordnungsanspruch allein schon daran scheitern lassen, dass die Antragstellerin das konstitutive Merkmal der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit nicht erfüllt. Dieses Vorgehen ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn ein Bewerber braucht für die Auswahlentscheidung um einen Beförderungsdienstposten schon dann nicht weiter betrachtet und mit anderen Mitbewerbern verglichen zu werden, wenn er auch nur ein Merkmal des rechtmäßigen konstitutiven Anforderungsprofils nicht erfüllt. Dies berücksichtigend kommt es auf diejenigen Ausführungen der Beschwerde, welche sich mit dem Merkmal der Einsatzerfahrung im Ausland auseinandersetzen (Gliederungspunkt II.1 der Beschwerdebegründungsschrift), darunter auch der geltend gemachten mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts, insgesamt nicht an. Denn diese Ausführungen sind für die Frage, ob hier vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren ist, im Ergebnis ohne Bedeutung.
18b) Soweit die Antragstellerin – insoweit entscheidungserheblich – die Auffassung vertritt, die Auslandsdienstverwendungsfähigkeit könne für den streitgegenständlichen Dienstposten ebenfalls kein konstitutives Merkmal sein, überzeugt das Vorbringen in der Sache nicht. Es setzt sich dabei auch schon nicht hinreichend mit den für ein gegenteiliges Ergebnis angeführten Argumenten des Verwaltungsgerichts inhaltlich auseinander. Insgesamt lässt das Beschwerdevorbringen nicht überzeugend hervortreten, dass die Anforderung, auslandsdienstfähig zu sein, ein mit dem Leistungsprinzip nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr vereinbares Kriterium für das Aufgabengebiet des Psychologen/der Psychologin H beim Kommando Streitkräftebasis wäre.
19Welche – hier körperlichen bzw. gesundheitlichen – Fähigkeiten ein Beamter (zwingend) mitbringen muss, um eine bestimmte Aufgabe/Funktion innerhalb seiner Laufbahn ordnungsgemäß erfüllen zu können, lässt sich in aller Regel nicht mathematisch-naturwissenschaftlich bestimmen, sondern hängt zu einem großen Teil von Vorgaben und Wertungen ab, die auf die grundsätzlich weite Organisationsbefugnis des Dienstherrn bei der Einrichtung und Ausgestaltung von Dienstposten zurückgehen und die, was die Vorstellungen von einer zweckmäßigen und bestmöglichen Aufgabenerfüllung betrifft, zumindest bezogen auf einen Kernbereich gewisse Einschätzungs- und Gewichtungsspielräume bedingen.
20Allerdings ist die Organisationsgewalt des Dienstherrn im sog. gestuften Auswahlverfahren, in dem – wie hier – ein Teil der Bewerber schon qua Anforderungsprofil aus dem weiteren Verfahren ausgeschieden wird, aus Rechtsgründen beschränkt, nämlich den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen. Das wirkt sich u.a. dahin aus, dass die Anforderungen an die Bewerber grundsätzlich nicht auf die konkrete Funktionsbeschreibung einzelner Dienstposten, sondern (innerhalb der zugehörigen Laufbahn) auf das angestrebte Statusamt zu beziehen sind. Ausnahmen hiervon sind – der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegend – nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht beschaffen kann.
21Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 –, a.a.O. = juris, Rn. 24, 26 ff., 30, 31.
22Die Antragstellerin rügt in dem vorliegenden Verfahren eine Verletzung dieser Grundsätze. Sie zeigt allerdings schon nicht auf, dass hier ein Sachverhalt vorliegt, der dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall hinreichend vergleichbar ist. So ist etwa nichts dafür dargetan oder sonst ersichtlich, dass die Auslandsdienstverwendungsfähigkeit eine Anforderung wäre, die sich speziell (nur) auf den streitigen Dienstposten und dessen besondere Aufgaben bezöge, also nicht allgemein für eine (Beamten-)Tätigkeit im Psychologischen Dienst der Bundeswehr verlangt wird. Wie die Antragsgegnerin – von der Antragstellerin lediglich pauschal bestritten – mit Schriftsatz vom 7. April 2014 vorgetragen hat und dem Senat im Übrigen auch aus dem bei ihm anhängigen (noch nicht abgeschlossenen) Berufungsverfahren 1 A 1013/12 bekannt ist, macht die Antragsgegnerin etwa auch die Übernahme bei der Bundeswehr tätiger Psychologen in das Beamtenverhältnis allgemein von dem Vorhandensein der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit abhängig. Ebenso wenig gibt es einen näheren Anhalt für die Annahme, ein Laufbahnbewerber für den Psychologischen Dienst der Bundeswehr bzw. ein Bewerber für ein an eine solche Funktion geknüpftes Beförderungsamt würde regelmäßig die Auslandsdienstverwendungsfähigkeit nicht mitbringen. Dagegen spricht etwa, dass bezüglich der im Besetzungsvermerk behandelten Bewerber um den streitigen Dienstposten allein im Fall der Antragstellerin ein Fehlen dieser Qualifikation angesprochen ist.
23Unabhängig davon ist zweifelhaft, ob die sich aus dem oben angesprochenen Beschluss des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichts ergebenden einengenden rechtlichen Anforderungen uneingeschränkt auch für Tätigkeiten bei der Bundeswehr Geltung beanspruchen können. So hatte etwa der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 28. Mai 2008 – 1 WB 19.07 – (u.a. Buchholz 449 § 3 SG Nr. 44 = juris, Rn. 30 f.) zum Verhältnis von Organisationsbefugnis und den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG in Bezug auf unter Berücksichtigung der Bestenauslesegrundsätze vorzunehmende Verwendungsentscheidungen mit zahlreichen weiteren Rechtssprechungszitaten sinngemäß Folgendes ausgeführt: Als Basis für (künftige) Verwendungsentscheidungen würden die unbestimmten Rechtsbegriffe der Eignung, Befähigung und Leistung in vielfältiger Weise – etwa durch die Soldatenlaufbahnverordnung, Zentrale Dienstvorschriften zu Einstellungen und Beförderungen, ferner durch Richtlinien und Erlasse bis hin zu Anforderungsprofilen für einzelne Dienstposten – konkretisiert und in einzelne laufbahn-, laufbahngruppen- oder dienstpostenbezogene Kriterien und Anforderungen umgemünzt. Die Festlegung solcher Kriterien und Anforderungen sei grundsätzlich eine Frage militärischer Zweckmäßigkeit. Art. 33 Abs. 2 GG enthalte keine Richtlinien darüber, in welcher Weise der Leistungsgrundsatz zu verwirklichen sei, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt sei. Auf welche Weise der Dienstherr in diesem Rahmen dem Leistungsprinzip gerecht werde, unterliege deshalb seinem Gestaltungsermessen. Dies gelte auch für die Gewichtung einzelner Gesichtspunkte. Gemessen an diesen Maßstäben hat der 1. Wehrdienstsenat in dem von ihm entschiedenen Fall die Voraussetzung, dass Berufsoffiziere für die Zuerkennung einer individuellen Förderperspektive zur Verwendung auf herausgehobenen Dienstposten (Besoldungsgruppe A 15 und höher) uneingeschränkt auslandsdienstverwendungsfähig sein müssen, für rechtlich nicht zu beanstanden erachtet. Dies bezog sich zwar unmittelbar auf Soldaten, kann aber zumindest mittelbar auch für Beamte Bedeutung erlangen, deren Tätigkeit einen engen Bezug zu bestimmten strukturbestimmenden Aufgaben der Bundeswehr aufweist.
24Wenn es darum geht, die körperlichen Anforderungen einer Laufbahn zu bestimmen, ist im Übrigen auch der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (weiterhin) der Auffassung, dass diese Aufgabe dem Dienstherrn obliegt. Diesem stehe dabei ein weiter Ermessensspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren habe.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 C 12.11 –, BVerwGE 147, 244 = NVwZ 2014, 300 = juris, Rn.12.
26Dies alles mit zugrunde gelegt, hat das Verwaltungsgericht auf Seite 6 unten bis 7 Mitte des Beschlussabdrucks plausibel und in der Sache überzeugend begründet, warum (auch) die Funktion, welche die Antragstellerin anstrebt, ungeachtet der vom Aufgabenspektrum miterfassten Leitungs- und Führungsaufgaben unter Beachtung der Zielvorstellungen des Dienstherrn für eine bestmögliche Erfüllung der Aufgabe die Auslandsdienstverwendungsfähigkeit des Dienstposteninhabers – soweit es darauf ankommen sollte, auch „zwingend“, nämlich aus objektiv unabweislichen Sachgründen – voraussetzt. Es hat das Gewicht einer truppenpsychologischen Einsatzbegleitung vor Ort für die Effektivität etwa auch der Einsatzvor- und ‑nachbereitung herausgestellt und darauf hingewiesen, dass entsprechende eigene Erfahrungen gerade auch für die Führungsebene besonders bedeutsam seien, weil diese Erfahrungen es erleichterten, Problemfelder zu erkennen und zu analysieren und darauf aufbauende Konzepte zu entwickeln, die Truppenpsychologie vor Ort noch weiter zu verbessern. Die Antragsgegnerin hat diese Gesichtspunkte in ihrer Beschwerdeerwiderung noch weiter vertieft.
27Die Anforderung der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit trägt insofern – auch für den Dienst als verbeamteter Psychologe im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung – in ihrem Kern der gewandelten Aufgabenrealität der Bundeswehr von der herkömmlichen Landesverteidigung hin zu einem sog. Erweiterten Aufgabenspektrum Rechnung, das auch für die absehbare Zukunft immer stärker durch Aufgaben der internationalen Konfliktverhütung und Krisenbewältigung – und diesbezügliche nahezu weltweite Auslandseinsätze – maßgeblich geprägt wird. Das stellt zugleich neue und erweiterte Anforderungen an die Fähigkeiten des Personals und an das Führungssystem der Bundeswehr.
28Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 2008 – 1 WB 19.07 –, a.a.O. = juris, Rn. 32.
29Das Beschwerdevorbringen enthält keine Argumente von Substanz, welche dies entscheidend entkräften könnten. So werden die vom Verwaltungsgericht angeführten, vorstehend zusammengefasst wiedergegebenen Gründe nicht dadurch durchgreifend in Frage gestellt, dass die Aufgabenbeschreibung im Wesentlichen Tätigkeiten umfasse, die im Bundesgebiet und dabei überwiegend am Schreibtisch erledigt würden. Denn das Merkmal der Auslandsdienstverwendungsfähigkeit ist bereits dann von besonderer Bedeutung, wenn aus geeignetem Anlass immer mal wieder eine truppenpsychologische Einsatzbegleitung unter Einbeziehung auch von Führungspersonal erforderlich werden kann, um auf diese Weise neue Erfahrungen für den wahrzunehmenden Aufgabenbereich im Auslandseinsatz zu sammeln. Einer andauernden, kontinuierlichen oder auch nur überwiegenden Verwendung des Leitenden Truppenpsychologen der Streitkräftebasis im Ausland bedarf es hierzu nicht. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf einer widersprüchlichen Argumentation des Verwaltungsgerichts geht deswegen fehl. Dass aus der Sicht der Antragstellerin die Führungsebene der Truppenpsychologen nicht notwendig eigene Erfahrungen bei Auslandseinsätzen gemacht haben muss, um Problemfelder zu erkennen und zu analysieren, betrifft eine – letztlich unmaßgebliche – eigene Bewertung, die nicht erkennbar an dem orientiert ist, was nach der – insoweit entscheidenden – gewichtenden Einschätzung des Dienstherrn typischerweise notwendig ist, um auf dem in Rede stehenden höherwertigen Dienstposten und in dem diesem Posten zugeordneten Statusamt eine zweckmäßige und bestmögliche Aufgabenerfüllung zu gewährleisten.
30Dass die ggf. erforderlich werdenden persönlichen Erfahrungen bei Auslandseinsätzen jeweils auch im Wege von (u.U. mehrwöchigen) Dienstreisen gewonnen werden könnten, stellt eine lediglich ergebnishaft vorgebrachte Einschätzung der Antragstellerin dar. Diese macht ohne – hier fehlende – nähere Erläuterung der insoweit bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen nicht deutlich, dass es rechtsfehlerhaft wäre, die Auslandsdienstverwendungsfähigkeit wie geschehen in das Anforderungsprofil des streitigen Dienstpostens aufzunehmen, etwa mit Blick darauf, dass nach der Praxis der Antragsgegnerin üblicherweise eine Teilnahme der Truppenpsychologen an Auslandseinsätzen als Truppenpsychologieoffizier, also im Soldatenstatus, erfolgt (vgl. Seite 4 der Beschwerdeerwiderung vom 7. April 2014).
31Soweit die Antragstellerin nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist mit Schriftsatz vom 23. April 2014 weiter vorbringt, die Auslandsdienstverwendungsfähigkeit könne schon deswegen kein konstitutives Anforderungsmerkmal sein, weil sie nicht auf Lebenszeit zuerkannt werden könne, sondern vor jedem Einsatz neu ärztlich festgestellt werde, handelt es sich um neues Vorbringen, welches bereits aus Gründen des Prozessrechts vom Gericht nicht mehr berücksichtigt werden kann. Darüber hinaus überzeugt der Einwand aber auch in der Sache nicht. Konstitutive Merkmale des Anforderungsprofils müssen im maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung objektiv feststellbar vorliegen, aber nicht notwendig auf Dauer.
32Dass – wie mit der Beschwerde schließlich noch vorgetragen – die frühere Berichterstatterin erster Instanz (die an dem angefochtenen Beschluss dann im Übrigen nicht mehr mitgewirkt hat) in gerichtlichen Hinweisen eine von der abschließenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts abweichende Rechtsmeinung geäußert hat, ist in diesem Beschwerdeverfahren ersichtlich unmaßgeblich. Bei Hinweisen solcher Art liegt eine lediglich vorläufige und nicht notwendig schon mit dem Spruchkörper abgestimmte rechtliche Bewertung vor, welche keinerlei Bindungswirkung für die abschließende Entscheidung des Gerichts entfaltet.
33Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser keinen Antrag gestellt und sich damit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
34Die Festsetzung des Streitwerts folgt unter Berücksichtigung der Berichterstatterverfügung vom 31. März 2014 und der daraufhin von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 7. April 2014 gemachten Angaben – allerdings ohne Berücksichtigung familienstandsbezogener Bezügebestandteile – aus §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 4 Fall 1, Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 GKG in der ab 1. August 2013 geltenden (Neu-)Fassung, welche nicht mehr auf das Endgrundgehalt abstellt. Mit Blick auf den im Eilverfahren lediglich verfolgten Sicherungszweck hat der Senat gemäß seiner ständigen Praxis, an welcher auch unter Mitberücksichtigung der Argumente, die der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin in dem Streitwertbeschwerdeverfahren 1 E 384/14 vorgebracht hat, festgehalten wird,
35vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Juli 2014 – 6 E 312/14 –, juris, Rn. 7 ff. = NRWE, und vom 24. September 2013– 1 E 681/13 –, n.v.; Hess. VGH, Beschluss vom 9. Januar 2012 – 1 B 1932/11 –, NVwZ-RR 2012, 376 = juris, Rn. 7,
36den sich danach errechnenden Betrag halbiert, d.h. im Ergebnis auf ein Viertel der maßgeblichen kalenderjährlichen Bezüge reduziert. Anlass für eine Änderung der Festsetzung für das Verfahren erster Instanz bestand hiervon ausgehend nicht, weil der sich neu errechnende Wert (6.459,52 x 3 = 19.378,56 in dieselbe Streitwertstufe fällt.
37Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach § 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Gründe
- 1
1. Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 8. Mai 2014, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat in der Sache keinen Erfolg. Die vom Antragsgegner vorgebrachten Einwendungen rechtfertigen die Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.
- 2
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn die Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft zu machen. Wird mit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen und dadurch in aller Regel ein faktisch endgültiger Zustand geschaffen, kann eine Regelung nur ergehen, wenn der Antragsteller in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten hat und schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen werden müsste. Überwiegende Aussichten in der Hauptsache bestehen hingegen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit größter Wahrscheinlichkeit begründet ist und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werden wird (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 5. Januar 2007 - 1 M 1/07 -, juris [m. w. N.]).
- 3
Die Annahme des Verwaltungsgerichtes, der Antragsgegner habe den aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG resultierenden Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin in dem hier streitigen Auswahlverfahren verletzt, wird von der Beschwerde nicht schlüssig in Frage gestellt. Da der Antragsgegner die hier streitgegenständliche Stellenbesetzung im Wege der Ausschreibung vornimmt, hat er sich damit zugleich für ein nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG vorzunehmendes Auswahlverfahren entschieden.
- 4
Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen, dessen Geltung durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet wird. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl unmittelbar nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, NVwZ 2011, 1270 [m. w. N.]). Ein Beförderungsbewerber hat dementsprechend einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entscheidet (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2002 - 2 BvQ 25/02 -, NVwZ 2002, 1367, und Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, BVerwGE 118, 370 [m. z. N.]).
- 5
Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, bei dem der Ernennungsbehörde durch Art. 33 Abs. 2 GG ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist mit der Folge, dass Verwaltungsgerichte bei der Überprüfung der behördlichen Entscheidung darauf beschränkt sind, die Einhaltung seiner Grenzen zu kontrollieren, nämlich ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermächtigung verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 26. August 2009 - 1 M 52/09 -, juris [m. w. N.]). Wird das subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d. h. wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200).
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Aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt des Weiteren die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (so ausdrücklich: BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 -, NVwZ-RR 2009, 604, unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07-, NVwZ 2007, 1178).
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Für die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung kommt es dabei allein auf die Erwägungen an, die der Dienstherr bei seiner Auswahlentscheidung in Ausübung seines Verwendungsermessens und des ihm vorbehaltenen Beurteilungsspielraums hinsichtlich der Eignung der Kandidaten angestellt hat. Mit dieser Entscheidung wird zugleich die Sach- und Rechtslage fixiert, die maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung ist. Zwar können Ermessenserwägungen sowie Einschätzungen, bei denen ein Beurteilungsspielraum besteht, in entsprechender Anwendung des § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Hierzu gehört indes nicht die vollständige Nachholung oder die Auswechslung der die Entscheidung tragenden Gründe. Derartige Erwägungen sind vielmehr unzulässig und bei der gerichtlichen Kontrolle der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigungsfähig. Gegenteiliges folgt auch nicht aus § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG (i. V. m. § 1 VwVfG LSA), da die Nachholung einer Begründung hiernach bereits dokumentierte materielle Auswahlerwägungen voraussetzt (siehe zum Vorstehenden: BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 -, IÖD 2011, 2; Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 -, a. a. O.; zudem: OVG LSA, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 M 125/10 -, juris [m. w. N.]).
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Hiervon geht das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend aus; dies wird auch von der Beschwerde nicht weiter in Frage gestellt.
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Das Verwaltungsgericht geht im Übrigen - mit der Beschwerde - zwar davon aus, dass die Antragstellerin das in der Stellenausschreibung aufgeführte Anforderungsprofil nicht vollständig erfüllt. Als anordnungsanspruchsbegründenden, selbständig tragenden Auswahlmangel hat das Verwaltungsgericht aber ein - jedenfalls partiell - rechtswidriges Anforderungsprofil des ausgeschriebenen Beförderungsdienstpostens angenommen, soweit in der Stellenausschreibung konstitutiv „mehrjährige Berufserfahrungen in verschiedenen obersten Landesbehörden mit einer möglichst großen Verwendungsbreite als Basis für das zu erfüllende Aufgabengebiet“ verlangt werden.
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Soweit die Beschwerde einwendet, sie besitze insoweit eine Einschätzungsprärogative, das vorbezeichnete Anforderungsprofilmerkmal sei zwingend erforderlich und dieses sei in dem Parallelverfahren 1 M 36/14 des beschließenden Senates schließlich auch unbeanstandet geblieben, vermag sie damit nicht durchzudringen. Die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung darf grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen (siehe: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, BVerwGE 147, 20).
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Mit Recht hat das Verwaltungsgericht unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes darauf abgestellt, dass der Dienstherr über die Eignung des Bewerberfeldes zwar auch in einem gestuften Auswahlverfahren befinden kann. Bewerber, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe von vornherein nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen werden und müssen nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden. Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr aber an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und soweit - wie im gegebenen Fall - eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauswahl verpflichtet (siehe: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013, a. a. O. [m. w. N.]).
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Hiermit ist eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens grundsätzlich nicht vereinbar. Zwar entscheidet der Dienstherr über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten innerhalb des von Verfassung und Parlament vorgegebenen Rahmens aufgrund der ihm zukommenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen. Setzt ein Dienstposten nach seiner Funktionsbeschreibung spezifische Anforderungen voraus, die der Inhaber zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Dienstaufgaben erfüllen muss, können diese Kriterien im Rahmen der Stellenausschreibung verlangt werden (siehe: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013, a. a. O.).
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Die Organisationsgewalt des Dienstherrn ist aber beschränkt und an die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn - wie hier vom Verwaltungsgericht angenommen und von der Beschwerde nicht weiter in Frage gestellt - mit der Dienstpostenzuweisung Vorwirkungen auf die spätere Vergabe des Amts im statusrechtlichen Sinne verbunden sind und die hierauf bezogene Auswahlentscheidung damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird. In diesen Fällen sind die Vorgaben des Anforderungsprofils vielmehr den Maßstäben aus Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen. Da der Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG indes nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt ist, ist es mit Art 33 Abs. 2 GG unvereinbar, einen Bewerber vom Auswahlverfahren auszuschließen, nur weil er den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht (so: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013, a. a. O.).
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Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle (siehe: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013, a. a. O.). Das Anforderungsprofil muss dabei zwingend vor Beginn der Auswahlentscheidung festgelegt und dokumentiert werden, damit die Gründe für diese Entscheidung transparent sind und die Entscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann. Die nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotene effektive gerichtliche Kontrolle wäre anderenfalls praktisch nicht möglich (siehe: BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 5 C 16.10 -, BVerwGE 139, 135; Beschluss vom 20. Juni 2013, a. a. O.).
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Eine solche dienstpostenbezogene Ausnahme macht die Beschwerde vorliegend zwar geltend. Indes legt sie weder dar noch ist belegt bzw. glaubhaft gemacht oder auch nur anderweitig zu erkennen, dass der Antragsgegner die Gründe für die Festlegung des Anforderungsprofils, insbesondere des hier streitgegenständlichen Anforderungsprofilmerkmales vor Beginn der Auswahlentscheidung schriftlich dokumentiert hat. Hat der Dienstherr im Rahmen der Stellenausschreibung - wie hier - zwingende Vorgaben gemacht, die weder durch Art. 33 Abs. 2 GG noch vorab schriftlich fixiert als dienstpostenbezogene Ausnahme im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gerechtfertigt sind, ist das Auswahlverfahren fehlerhaft. Dieser Mangel kann nachträglich nicht geheilt werden, das Auswahlverfahren muss abgebrochen und die Stellenvergabe mit einer zulässigen Ausschreibung neu in Gang gesetzt werden (siehe: BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013, a. a. O.). Auf die im Beschwerdeverfahren hierzu nachgetragenen Gründe einschließlich der nachgereichten eidesstattlichen Versicherung vermag sich der Antragsgegner hiernach nicht mit Erfolg zu berufen.
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Wird mithin infolge des fehlerhaften Auswahlverfahrens das subjektive Recht der Antragstellerin aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt, kann diese eine erneute Entscheidung über ihre Bewerbung beanspruchen, denn der Antragsgegner hat die fehlende Einzelbewertung des Führungsverhaltens der Beigeladenen in der herangezogenen dienstlichen Beurteilung allein wegen der im Anforderungsprofil erwarteten Tätigkeit in obersten Landesbehörden als „kompensiert“ erachtet (siehe Seite 33 [unten] des Auswahlvermerkes, Bl. 52 der Gerichtsakte). Da nach den vorstehenden Ausführungen das Auswahlverfahren abgebrochen und die Stellenvergabe mit einer zulässigen Ausschreibung neu in Gang gesetzt werden muss, sind die Aussichten der Antragstellerin, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen und erscheint ihre Auswahl möglich, zumal über die Antragstellerin eine weitere („aktuellste“) dienstliche (Anlass-)Beurteilung erstellt wurde, die in die neu zu treffende Auswahlentscheidung einzubeziehen ist.
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Auf das weitere Beschwerdevorbringen kommt es nach alledem nicht entscheidungserheblich an.
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2. Mit der Zurückweisung der Beschwerde hat sich zugleich der Antrag des Antragsgegners auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtes (§§ 149 Abs. 1, 173 VwGO i. V. m. § 570 Abs. 3 ZPO) erledigt.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht aus Gründen der Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären, da diese sich weder dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt noch das Beschwerdeverfahren wesentlich gefördert hat.
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4. Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i. V. m. §§ 47, 52 Abs. 1 und 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung (§ 40 GKG). Da im gegebenen Fall Streitgegenstand der auf einen Beförderungsdienstposten bezogene Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin ist, weil diese eine vorweggenommene Beförderungsauswahlentscheidung betrifft, richtet sich die Wertfestsetzung nicht nach § 52 Abs. 2 GKG.
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Insofern war hier für das Beschwerdeverfahren die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr nach der Besoldungsgruppe A 16 LBesO LSA zu zahlenden Bezüge im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung zugrunde zu legen. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Antragstellerin der 8. Erfahrungsstufe zugeordnet ist, so dass es keiner Entscheidung darüber bedurfte, ob nach § 52 Abs. 5 Satz 1 GKG n. F. auf das Endgrundgehalt (so: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23. Dezember 2013 - 2 B 11209/13 -, juris) oder vielmehr nach der ständigen Rechtsprechung des Senates auf die im jeweiligen Fall tatsächlich zu zahlenden Bezüge abzustellen ist. Der sich daraus ergebende Betrag war nicht im Hinblick auf ein bloßes Neubescheidungsbegehren weiter zu reduzieren (siehe insoweit nunmehr: OVG LSA, Beschlüsse vom 15. April 2014 - 1 M 31/14 und 1 M 33/14 -, zur Veröffentlichung bestimmt [m. w. N.]).
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5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 30. September 2013 - 8 K 2597/13 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 21. Mai 2013 – 2 L 348/13 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen fallen der Antragsgegnerin zur Last.
Der Streitwert wird unter entsprechender Abänderung der Streitwertfestsetzung in dem angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts für das erstinstanzliche Verfahren und das Beschwerdeverfahren auf jeweils 5000 Euro festgesetzt.
Gründe
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26. August 2013 - 2 L 803/13 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen fallen dem Antragsteller zur Last.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 22.872,99 EUR festgesetzt.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller und die Beigeladenen konkurrieren um zwei ausgeschriebene Dienstposten bei der Antragsgegnerin.
Der im Jahr 1969 geborene Antragsteller absolvierte ab dem
Der Beigeladene zu 1. bestand ausweislich eines Prüfungszeugnisses der Industrie- und Handelskammer ...
Der Beigeladene zu 2. wurde ausweislich eines Zeugnisses über die Berufsausbildung der Deutschen Demokratischen Republik vom
In einer Stellenausschreibung der Bundespolizeidirektion ... für den gehobenen und mittleren Polizeivollzugsdienst vom ... Januar 2014 wurden - neben einer Vielzahl weiterer Dienstposten - zur Besetzung zwei Dienstposten „BPOLD ... /BPOLI ... Nr. ... /-2- Bearbeiter/-innen W/T/ABC/LusiG bei der BPOLI ... (BesGr A 8-9mZ BBesO /Dienstort ...)“ ausgeschrieben. Die Bewerbungen waren dem Sachbereich ... der Bundespolizeidirektion ... bis zum 14. Februar 2014 auf dem Dienstweg einzureichen. Speziell hinsichtlich der streitgegenständlichen Dienstposten wurde folgendes Aufgabengebiet umschrieben:
„- Sicherstellung der Ausstattung und Versorgung der BPOLI mit FEM, Sach- und Verbrauchsmittel einschließlich AVA/Gerät
- Wartung und Pflege der PT und Sachausstattung
- Überwachung der Einhaltung von turnusmäßigen Prüffristen für FEM
- Belegüberwachung der persönlichen Sachausstattung
- Materialeingang und Kontrolle; Lagerbewirtschaftung für Polizeitechnik
- Führen der Schießleistungsnachweise
- Unterstützung der Leitung der BPOLI bei der Erarbeitung von Dienstanweisungen für das LusiG
- Pflege und Wartung LusiG/Anlagen gem. Wartungs- und Instandhaltungsvertrag
- Überwachung und Einhaltung von Sicherheitsvorschriften“
Ausdrücklich als „obligatorische Anforderungen“ wurden in der Stellenausschreibung für die beiden streitgegenständlichen Dienstposten bezeichnet:
„a) Laufbahnbefähigung für den mPVD
b) mind. Polizeiobermeister/-in
c) mind. 2-jährige Verwendung in einem technischen Bereich der Bundespolizei und/oder abgeschlossene Berufsausbildung in einem technischen Beruf (Maschinenbau oder Elektrotechnik/Elektronik)
d) erfolgreich abgeschlossener Lehrgang zur Verwendung als Bearbeiter/-in Polizeitechnik (Basislehrgang) (Nachrangig werden Bewerberinnen und Bewerber berücksichtigt, welche nicht an der Fortbildung /dem Lehrgang teilgenommen haben. Von ihnen wird eine zügige Teilnahme vorausgesetzt.)
e) erfolgreich abgeschlossener Lehrgang zur Verwendung als Bearbeiter/-in W/T/ABC (Nachrangig werden Bewerberinnen und Bewerber berücksichtigt, welche nicht an der Fortbildung /dem Lehrgang teilgenommen haben. Von ihnen wird eine zügige Teilnahme vorausgesetzt.)
f) uneingeschränkte Kraftfahrtauglichkeit
g) mind. 2-jährige Verwendung im mPVD“
Daneben wurden unter h) bis k) weitere - fakultative - Anforderungen aufgestellt.
Auf diesen Dienstposten bewarben sich insgesamt 26 Bewerber, darunter auch der Antragsteller und die Beigeladenen.
In einer Stellungnahme der Bundespolizeiinspektion ... (Führungsgruppe - Org-Einheit Verwaltung) vom ... Februar 2014 (Bl. 10 des Verwaltungsvorgangs) wurde vermerkt, dass der Antragsteller die Ausschreibungsanforderung c) [„mind. 2-jährige Verwendung in einem technischen Bereich der Bundespolizei und/oder abgeschlossene Berufsausbildung in einem technischen Beruf (Maschinenbau oder Elektrotechnik/Elektronik)] nicht erfüllt.
Unter dem
Nachdem die vorgenannten ausgewählten Bewerber gegenüber der Antragsgegnerin ihren Verzicht auf die Bewerbung auf den streitgegenständlichen Dienstposten erklärt hatten (Bl. 35, 36 des Verwaltungsvorgangs), schlug das Personal-Sachgebiet ... der Bundespolizeidirektion ... in einem Vermerk vom ... September 2014 (Bl. 38 ff. des Verwaltungsvorgangs) vor, von den verbliebenen 24 Bewerbern den Beigeladenen zu 1. und den Beigeladenen zu 2. auszuwählen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass alle verbliebenen Bewerber die Ausschreibungsanforderungen „a) Laufbahnbefähigung für den mPVD“, „b) mind. Polizeiobermeister/-in“, „f) uneingeschränkte Kraftfahrtauglichkeit“ und „g) mind. 2-jährige Verwendung im mPVD“ erfüllt hätten. Bewerber, welche die obligatorischen Anforderungskriterien „d) erfolgreich abgeschlossener Lehrgang zur Verwendung als Bearbeiter/-in Polizeitechnik (Basislehrgang)“ und „e) erfolgreich abgeschlossener Lehrgang zur Verwendung als Bearbeiter/-in W/T/ABC“ nicht erfüllten, seien nachrangig zu berücksichtigen. Von den 24 Bewerbern erfüllten 21 - darunter auch der Antragsteller - das obligatorische Anforderungskriterium „c) mind. 2-jährige Verwendung in einem technischen Bereich der Bundespolizei und/oder abgeschlossene Berufsausbildung in einem technischen Beruf (Maschinenbau oder Elektrotechnik/Elektronik)“ nicht. Von den verbleibenden drei Bewerbern, die das Anforderungsmerkmal c) erfüllten - hierunter auch der Beigeladene zu 1. und der Beigeladenen zu 2. -, sei POM B... hinsichtlich eines vorrangigen Dienstpostenwunsches berücksichtigt worden.
Mit Schreiben vom ... Oktober 2014 (Bl. 49 des Verwaltungsvorgangs), dem eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, teilte die Bundespolizeidirektion ... dem Antragsteller mit, dass aufgrund einer Rücknahme der zunächst ausgewählten Bewerber eine Nachauswahl erfolgt sei. Der Bescheid vom ... August 2014 werde hiermit aufgehoben. Der Antragsteller wurde nunmehr erneut darüber informiert, dass seine Bewerbung auf die Stellenausschreibung „Bearbeiter/-in W/T/ABC/LusiG, BesGr A 8-9mZ BBesO“ bei der Bundespolizeidirektion ..., Bundespolizeiinspektion ... im Rahmen der Auswahlentscheidung nicht habe berücksichtigt werden können. Auf Grundlage der Auswahl nach Eignung, fachlicher Leistung und Befähigung seien der Beigeladene zu 1. und der Beigeladenen zu 2. ausgewählt worden.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom
Mit Schreiben vom ... November 2014 (Bl. 60 des Verwaltungsvorgangs) übermittelte die Antragsgegnerin den Bevollmächtigten des Antragstellers Unterlagen des Auswahlverfahrens und erläuterte die Auswahlentscheidung anhand der Argumente des Auswahlvermerks vom ... September 2014. Der Antragsteller habe nicht berücksichtigt werden können, weil er das obligatorische Anforderungskriterium „c) mind. 2-jährige Verwendung in einem technischen Bereich der Bundespolizei und/oder abgeschlossene Berufsausbildung in einem technischen Beruf (Maschinenbau oder Elektrotechnik/Elektronik)“ nicht erfüllt habe. Demgegenüber verfügten die Beigeladenen über eine entsprechende Ausbildung im Sinne des genannten Anforderungskriteriums, der Beigeladene zu 1. als Energieelektroniker im Bereich Anlagentechnik und der Beigeladene zu 2. als Facharbeiter im Bereich Maschinenbau.
Mit Schriftsatz /Telefax vom 8. Dezember 2014 hat der Antragsteller über seine Bevollmächtigten beim Bayerischen Verwaltungsgericht München einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO gestellt. Er beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die ausgeschriebenen Stellen „Bearbeiter/-in W/T/ABC/LusiG, BesGr A 8-9mZ BBesO“ (Stellenausschreibung der Bundespolizeidirektion ... „BPOLD ... /BPOLI ... Nr. ...“) bei der Bundespolizeidirektion ..., Bundespolizeiinspektion ..., Dienstort ..., nicht mit den Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden worden ist.
Ein Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass dem Antragsteller im Falle der Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens ein Rechtsnachteil dadurch drohe, dass die Beigeladenen hierdurch in die Lage versetzt würden, sich auf den Dienstposten zu bewähren. Dies könnte im Falle einer ggf. vorzunehmenden erneuten Auswahl mit Nachteilen für den Antragsteller verbunden sein. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass für die vorzunehmende Auswahlentscheidung erforderliche Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung regelmäßig auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen zu treffen seien, welche die im Beurteilungszeitraum tatsächlich erbrachten Leistungen des Beamten vollständig erfassen müssten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechneten hierzu grundsätzlich auch die auf einem rechtswidrig erlangten Dienstposten erworbenen Erfahrungen. Der Antragsteller müsse vom unmittelbaren Bevorstehen der Besetzung ausgehen, da in der Ausschreibung kein Besetzungszeitpunkt genannt sei und eine diesbezügliche Nachfrage seiner Bevollmächtigten von der Antragsgegnerin nicht beantwortet worden sei. Ein Anordnungsanspruch ergebe sich aus einer Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs wegen eines unzulässigen Anforderungsprofils. Unter Berücksichtigung des Art. 33 Abs. 2 GG sei nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es liege schon kein Anordnungsgrund vor. Mit einer Dienstpostenübertragung gehe bei der Bundespolizei nicht automatisch eine Beförderung des ausgewählten Bewerbers einher. Eine etwaige Beförderung der ausgewählten Bewerber - und damit eine endgültige Dienstpostenübertragung - richte sich nach dem Platz in der Beförderungsreihung, die nach Maßgabe der Beförderungsrichtlinien für die Bundespolizei erstellt werde. Bis zu einer tatsächlichen Beförderung nach Dienstpostenübertragung wäre also auch eine Dienstpostenübertragung noch rückgängig zu machen. Es bestehe auch kein Anordnungsanspruch. Der Antragsteller erfülle das nach der Stellenausschreibung obligatorische Anforderungskriterium c) nicht. Er sei seit Abschluss seiner Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst am ... eingesetzt worden, zunächst als „Kontroll-/Streifenbeamter“ und in den letzten Jahren in der Funktion eines „Bürosachbearbeiters Verwaltung“. Zwar habe er eine abgeschlossene Berufsausbildung als Kfz-Mechaniker, jedoch erfülle er damit nicht das obligatorische (Teil-) Merkmal „in einem technischen Beruf (Maschinenbau oder Elektrotechnik/Elektronik)“. Demgegenüber erfüllten die ausgewählten Bewerber - als einzige Bewerber - das Anforderungsmerkmal c) der Stellenausschreibung. Die Auswahlentscheidung widerspreche nicht der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum konstitutiven Anforderungsprofil. Das Bundesverwaltungsgericht bestätige vielmehr, dass es in das Organisationsermessen des Dienstherrn falle, welche Fachkenntnisse er zur Erfüllung der mit einem Dienstposten verknüpften Aufgaben für erforderlich halte. Eine Beschränkung der Organisationsgewalt sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur gegeben, wenn mit der Dienstpostenzuweisung Vorwirkungen auf die spätere Vergabe des Amts im statusrechtlichen Sinne verbunden seien und die hierauf bezogene Auswahlentscheidung damit vorweggenommen oder vorbestimmt werde. Diese Bindung könne der Dienstherr vermeiden, wenn er die Dienstpostenvergabe von der Auswahlentscheidung für die Vergabe des Statusamts entkoppele. Genau dies habe die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall getan. Die streitgegenständliche Dienstpostenvergabe habe keine Vergabe eines höheren Statusamts vorweggenommen. Beförderungsentscheidungen würden in der Bundespolizei vielmehr unabhängig von der Dienstpostenvergabe nach den gültigen Beförderungsrichtlinien getroffen. Im streitgegenständlichen Fall eröffne die Dienstpostenbesetzung noch nicht einmal die Chance auf Erreichen eines höheren Statusamts. Denn sowohl dem Antragsteller als auch den beiden Beigeladenen sei derzeit ein Dienstposten „Kontroll-/Streifenbeamter“ übertragen, die im Organisations- und Dienstpostenplan der Bundespolizei mit einer Bündelungsbewertung nach A 8 - 9mZ bewertet seien. Die gleiche Bündelungsbewertung bestehe für den streitgegenständlichen Dienstposten eines Bearbeiters W/T/ABC/DH. In beiden Fällen könne ein Beamter maximal in eine Amtszulage gemäß der Anmerkung zur Anlage 1, Besoldungsgruppe A 9 BBesO i. V. mit der Anlage IX zum BBesG eingewiesen werden. Es liege daher schon kein Fall vor, der vergleichbar wäre mit dem, den das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Beschluss vom 20. Juni 2013 entschieden habe. Im Übrigen lasse das Bundesverwaltungsgericht auch Ausnahmen zu, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetze. Im konkreten Fall handele es sich um die Besetzung eines speziellen Dienstpostens. Dessen Aufgaben umfassten insbesondere auch die Wartung und Pflege der Polizeitechnik und Sachausstattung sowie des Luftsicherheitsgeräts. Bezüglich der hierfür notwendigen speziellen handwerklichen Kenntnisse erfolge in der Laufbahnausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes keine Ausbildung. Diese könnten nur im Rahmen einer Verwendung in einem technischen Bereich der Bundespolizei oder im Rahmen einer entsprechenden Berufsausbildung, die ein Beamter regelmäßig nur vor seiner Einstellung in das Beamtenverhältnis erwerben könne, erworben werden, diese seien aber gleichzeitig zwingend notwendig, da Wartung und Pflege von Beginn der Aufgabenwahrnehmung an übernommen werden müssten, um einen Mangel an notwendigen Führungs- und Einsatzmitteln zu vermeiden bzw. einem solchen vorzubeugen.
Mit Schriftsatz vom
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gilt nach § 123 Abs. 3 VwGO u. a. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend, d. h. der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen (§ 294 ZPO).
Inwieweit dem Antragsteller ein Anordnungsgrund etwa unter dem Gesichtspunkt eines zu besorgenden Erfahrungs- bzw. Bewährungsvorsprungs der Beigeladenen (vgl. z. B. VG Augsburg
1. Den aus Art. 33 Abs. 2 GG und dem Laufbahnprinzip abzuleitenden Einschränkungen für konstitutive Anforderungsprofile kommt vorliegend keine Bedeutung zu, weil im zu entscheidenden Fall gerade keine beförderungsrelevante Dienstpostenkonkurrenz im Streit steht.
Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gewährleistet werden. Zum andern trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet, sog. Bewerbungsverfahrensanspruch (vgl. BVerfG v. 11.05.2011, Az. 2 BvR 764/11, Rn. 9 f. bei juris; BVerfG v. 24.09.2002, Az. 2 BvR 857/02, Rn. 9 bei juris; BVerwG
Die Beigeladene hat mit dem vom Antragsteller angegriffenen Auswahlmerkmal c) der Stellenausschreibung „mind. 2-jährige Verwendung in einem technischen Bereich der Bundespolizei und/oder abgeschlossene Berufsausbildung in einem technischen Beruf (Maschinenbau oder Elektrotechnik/Elektronik)“ ein sog. konstitutives Auswahlmerkmal reglementiert. Wer das konstitutive Anforderungsprofil nicht erfüllt, kommt für die Auswahl von vornherein nicht in Betracht, mag er auch sonst besser dienstlich beurteilt sein. Als konstitutiv einzustufen sind dabei diejenigen Merkmale des Anforderungsprofils, die zwingend vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien, insbesondere ohne die ansonsten gebotene Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn, eindeutig und unschwer festzustellen sind. Durch die Bestimmung von Qualifikationserfordernissen bzw. eines Anforderungsprofils für eine Stelle legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber im Voraus fest. An ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen, um eine optimale Besetzung zu gewährleisten.
Es ist zwar im Grundsatz richtig,
- dass das Bundesverwaltungsgericht durch seine aktuelle Entscheidung vom 20. Juni 2013 (Az. 2 VR 1.13) aufgrund der Wertungen des Art. 33 Abs. 2 GG im Falle einer Dienstpostenvergabe, die mit Vorwirkungen auf die spätere Vergabe des Amts im statusrechtlichen Sinne verbunden ist, der Gestaltung sog. konstitutiver Anforderungsprofile, die in der Sache vorab zu einer Einengung des Bewerberfeldes führen, enge (verfassungs-) rechtliche Schranken gesetzt hat und auf einem konstitutiven Anforderungsprofil fußende Auswahlentscheidungen wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Bestenauswahl und Unvereinbarkeit mit dem Laufbahnprinzip als fehlerhaft angesehen hat, wenn nicht ausnahmsweise die Wahrnehmung der Aufgaben des zu besetzenden Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (BVerwG
Nach Ansicht der Kammer ist im vorliegenden Auswahlverfahren der verfassungsrechtliche Schutzbereich des Art. 33 Abs. 2 GG aber schon von vornherein nicht eröffnet (vgl. insbesondere: BVerfG v. 28.11.2007, Az. 2 BvR 1431/07, Rn. 8 ff. bei juris; BayVGH
Nur dann, wenn sich der Dienstherr im Rahmen seines Organisationsermessens für ein Auswahlverfahren entscheidet, an dem sowohl Beförderungsbewerber als auch „reine“ Umsetzungs- oder Versetzungsbewerber unterschiedslos teilnehmen, beschränkt er durch diese „Organisationsgrundentscheidung“ seine Freiheit, die Stellen durch Versetzungen oder Umsetzungen zu besetzen, und ist aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten, die sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Auswahlkriterien nicht nur auf die Beförderungsbewerber, sondern auf sämtliche Bewerber anzuwenden (BVerwG
Vorliegend geht es aber nicht um eine Vorwirkung in dem Sinne, dass ein höherwertiger Dienstposten übertragen wird, der über eine Erprobung gem. § 22 Abs. 2 BBG die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung schafft und hierdurch dem einzelnen Bewerbern im niedrigeren Statusamt eine konkrete Beförderungschance vermittelt. Bei der hier zu entscheidende Fallkonstellation geht es um eine reine Dienstpostenvergabe mit ausschließlicher Versetzungs- bzw. Umsetzungswirkung ohne Beförderungsbezug. Die Stellenausschreibung richtete sich ausschließlich an Beamte mit dem Mindeststatus „Polizeiobermeister/-in“. Damit waren ausschließlich Kandidaten ab der Besoldungsgruppe A 8 zur Bewerbung auf den streitgegenständlichen Dienstposten, der als sog. gebündelter Dienstposten in „A 8-9mZ“-Bewertung beschaffen ist, aufgefordert (mit dem durch Gesetz vom 11. Juni 2013 - BGBl. I S. 1514 - mit Wirkung vom 1. Januar 2013 neu geregelten § 18 Satz 2 BBesG, wonach eine Funktion bis zu drei Ämtern einer Laufbahngruppe, in obersten Bundesbehörden allen Ämtern einer Laufbahngruppe zugeordnet werden kann, ist die Zulässigkeit sog. gebündelter Dienstposten durch den Gesetzgeber nunmehr bestätigt worden; vgl. auch: BayVGH
Diese Sichtweise wird durch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt, das - worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist - in seiner grundlegenden Entscheidung zum konstitutiven Anforderungsprofil aus dem Jahr 2013 klargestellt hat, dass es die Organisationsgewalt des Dienstherrn zur Regelung konstitutiver Anforderungsprofile nur dann aufgrund der Bindungen des Art. 33 Abs. 2 GG als beschränkt ansieht, wenn es auch tatsächlich um eine Beförderungskonkurrenz geht bzw. wenn mit der Dienstpostenzuweisung zumindest Vorwirkungen auf die spätere Vergabe eines Amts im statusrechtlichen Sinne verbunden sind und die hierauf bezogene Auswahlentscheidung damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird. Der Dienstherr kann nach dem ausdrücklichen Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts die Bindungen und Einschränkungen des Art. 33 Abs. 2 GG hinsichtlich konstitutiver Anforderungsmerkmale für eine Stellenbesetzung vermeiden, wenn er die Dienstpostenvergabe von der Auswahlentscheidung für die Vergabe des Statusamts entkoppelt (BVerwG
Soweit - wie in der Rechtsprechung zum Teil vertreten wird (OVG Münster
Hier lag es mithin - ohne den Bindungen des Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen zu sein - im Rahmen des weiten Organisationsermessens der Antragsgegnerin, wenn sie gemäß Anforderung c) in der Ausschreibung ein dienstliches Bedürfnis dafür sah, die Besetzung der beiden streitgegenständlichen Dienstposten mit Blick auf das erforderliche technische Know-how zur Aufgabenerfüllung auf dem konkreten Dienstposten an besondere technische Berufserfahrung in der Bundespolizei oder an eine spezielle technische Ausbildung zu knüpfen. Entgegen dem unsubstantiierten Bestreiten im Antragsschriftsatz ergibt sich aus den Personalakten der Beigeladenen eindeutig, dass diese über entsprechende Ausbildungen im Sinne des Anforderungsprofils gem. Buchstabe c) der Stellenausschreibung verfügen. Laut der Aufgabenbeschreibung für die zu besetzenden Dienstposten in der Stellenausschreibung vom ... Januar 2014 handelt es sich um wahrzunehmende Funktionen, deren Erledigung auch im Sicherheitsinteresse besonderer technischer Fähigkeiten bedarf. In der Stellungnahme der Antragsgegnerin, die insofern nicht von der Antragstellerseite substantiiert in Frage gestellt wurde, werden als besondere, mit den beiden streitgegenständlichen Dienstposten verbundene Aufgaben, die unter Sicherheitsaspekten von Beginn der Wahrnehmung an besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzen, zusammenfassend die Wartung und Pflege der Polizeitechnik und der Sachausstattung sowie des Luftsicherheitsgeräts hervorgehoben. Demgegenüber hat der Antragsteller, der über seine Antragsteller pauschal auf seine Ausbildung und seine berufliche Erfahrung als Kfz-Mechaniker verwiesen hat, nicht im Ansatz näher dargelegt oder gar glaubhaft gemacht, dass er mit seiner konkreten handwerklichen Ausbildung ebenso effizient und im Sicherheitsinteresse ebenso schnell (d. h. ohne entsprechende verlängerte Einarbeitungsphase) die mit dem Dienstposten verbundenen Aufgaben erledigen kann wie ein Konkurrent, der über eine abgeschlossene Berufsausbildung speziell im technischen Bereich des Maschinenbaus oder der Elektrotechnik /Elektronik bzw. über eine zumindest zweijährige Berufserfahrung in einem technischen Bereich der Bundespolizei verfügt, und dass deshalb die diesbezügliche konstitutive Anforderung zu seinen Lasten willkürlich wäre oder zumindest willkürlich sein könnte.
2. Die Kammer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach Aktenlage und dem insofern unkonkreten Vortrag des Antragstellers Vieles dafür spricht, dass selbst bei Anwendung des Art. 33 Abs. 2 GG als Maßstab und der hieraus abzuleitenden strengen Anforderungen an ein konstitutives Anforderungsprofil im Falle einer Beförderungskonkurrenz ein besonderer Ausnahmefall vorliegen dürfte, wovon nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (s. o.) dann auszugehen ist, wenn die Wahrnehmung der Dienstaufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der zu vergebende Dienstposten spezielle Eignungsanforderungen stellt, die nicht durch den Inhalt der dienstlichen Beurteilung umfassend abgedeckt sind, etwa wenn ein Dienstposten eine bestimmte (Fach-) Ausbildung voraussetzt, um den ausgeschriebenen Dienstposten ordnungsgemäß ausfüllen zu können (zum Ganzen: BVerwG
3. Abschließend ist festzustellen, dass - selbst bei Anwendung des strengen Maßstabes des Art. 33 Abs. 2 GG - vom Antragsteller keine relevanten formalen Fehler im Auswahlverfahren glaubhaft gemacht worden sind. Insbesondere liegt - entgegen den Ausführungen der Antragstellerseite im Widerspruchsschreiben vom ... November 2014 - kein Verfahrensfehler vor, weil die sog. Konkurrentenmitteilung - d. h. das Schreiben der Bundespolizeidirektion ... vom ... Oktober 2014 an den Antragsteller, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass seiner Bewerbung nicht habe entsprochen werden können - nicht den erforderlichen Mindestinhalt gehabt hätte. Die Rechtsprechung hat aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. mit Art. 19 Abs. 4 GG Vorgaben für das Verwaltungsverfahren herausgearbeitet, das hiernach nicht so ausgestaltet sein darf, dass es den sich erst anschließenden gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert (BVerfG v. 09.07.2007, Az. 2 BvR 206/07, Rn. 17 ff. bei juris; OVG Sachsen-Anhalt
Diesen Anforderungen wurde seitens der Antragsgegnerin Genüge getan: Die Konkurrentenmitteilung vom ... Oktober 2014 enthielt die Information, dass nach dem Ergebnis des Auswahlverfahrens die beiden Beigeladenen die ausgewählten Bewerber für die zu besetzenden Dienstposten sind. Die Antragsgegnerin hat keine umgehenden Ernennungen durch Aushändigung der Urkunde vorgenommen, sondern sogar im laufenden gerichtlichen Eilverfahren im Schriftsatz vom 17. Dezember 2014 zugesichert, die streitgegenständlichen Stellen bis zur Entscheidung des Gerichts über die gestellten Eilanträge nicht zu besetzen. Schließlich hat der Dienstherr die wesentlichen Auswahlerwägungen in den Akten hinreichend dokumentiert. Dass die Konkurrentenmitteilung vom 14. Oktober 2014 nicht - in ähnlichem Umfang wie der Auswahlvermerk vom 6. August 2014 - alle Einzelheiten der Auswahlentscheidung enthielt, ist unter dem Blickwinkel von Art. 33 Abs. 2 GG i. V. mit Art. 19 Abs. 4 GG unschädlich. Auch das Bundesverfassungsgericht hebt hervor, dass es für die Wahrnehmung effektiven Rechtsschutzes genügt, wenn sich der unterlegene Bewerber die Kenntnis der schriftlichen fixierten Auswahlerwägungen durch Akteneinsicht verschaffen kann (BVerfG v. 09.07.2007 a. a. O., Rn. 21 bei juris; ebenso: OVG Münster
4. Im Ergebnis ist sonach festzuhalten, dass weder Rechtsfehler hinsichtlich der Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin noch Rechtsverletzungen des Antragstellers ersichtlich sind. Ein Anordnungsanspruch scheidet daher aus, so dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Sache keinen Erfolg haben konnte. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladenen keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Festsetzung des Streitwertes fußt auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. mit § 52 Abs. 2 GKG, wobei der Streitwert im Einklang mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 17.04.2013, Az. 6 CE 13.119) auch im Eilverfahren mit dem vollen Regelstreitwert zu bemessen ist.
Tenor
- 1.
Der Antrag wird abgelehnt.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen werden dem Antragsteller auferlegt.
- 3.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 16.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 21.02.2014 sinngemäß gestellte Antrag,
3dem Antragsgegner aufzugeben, die an der L. -A. -Schule in N. ausgeschriebene Stelle der Besoldungsgruppe A 14 ÜBesG NRW mit der Sonderaufgabe „Mitarbeit bei der Koordinierung der Maßnahme des Übergangssystems Schule-Beruf/Studium“ nicht mit der Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist,
4hat keinen Erfolg.
5Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung nur treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierfür sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.
6Zwar besteht im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner die Absicht hat, die in Streit stehende Stelle alsbald mit der Beigeladenen zu besetzen, ein Anordnungsgrund, da durch deren Ernennung und Einweisung in die Stelle das von dem Antragsteller geltend gemachte Recht endgültig vereitelt würde; der Antragsteller hat aber einen sein Rechtsschutzbegehren rechtfertigenden Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
7Ein Beamter hat keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes. Er hat allerdings ein Recht darauf, dass der Dienstherr oder der für diesen handelnde Dienstvorgesetzte eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle überträgt, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten sowie Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen; vgl. Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 9 BeamtStG in Verbindung mit § 20 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW. Ist ein Bewerber besser qualifiziert, so ist dieser zu befördern. Soweit im Bereich der für die Beförderung zuständigen Behörde im jeweiligen Beförderungsamt der Laufbahn weniger Frauen als Männer sind, sind Frauen bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen (§ 20 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 LBG NRW). Im Übrigen ist die Entscheidung in das pflichtgemäße Ermessen des Dienstherrn gestellt. Der Anspruch auf Beachtung dieser Grundsätze ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig. Soll hiernach die vorläufige Nichtbesetzung einer Beförderungsstelle erreicht werden, so muss glaubhaft gemacht werden, dass deren Vergabe an den Mitbewerber sich als zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft erweist. Hierbei vermag jeder Fehler im Auswahlverfahren einschließlich etwaiger Fehler der dabei zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen, sofern dieser Fehler berücksichtigungsfähig und potenziell kausal für das Auswahlergebnis ist.
8Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Auswahlentscheidung ist nicht zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft.
9Formelle Mängel der Beförderungsentscheidung sind nicht ersichtlich. Insbesondere wurde die Auswahlentscheidung in ausreichendem Maße dokumentiert. Die Bezirksregierung E hat die Auswahlentscheidung in den vorgelegten Verwaltungsakten und in Gestalt der Konkurrentenmitteilung vom 11.02.2014 schriftlich fixiert, sodass der Antragsteller in die Lage versetzt worden ist, von den tragenden Gründen der gegen ihn ausgefallenen Entscheidung Kenntnis zu nehmen.
10Auch wurde die Personalvertretung ordnungsgemäß beteiligt. Der Antragsgegner hat mit Vorlage vom 22.01.2014 den Personalrat um Zustimmung zu der Stellenbesetzung gebeten und dieser hat unter dem 06.02.2014 zugestimmt.
11Die Gleichstellungsbeauftragte wurde ebenfalls ordnungsgemäß beteiligt. Sie hat den Auswahlvermerk am 16.01.2014 und die Personalratsvorlage am 24.01.2014 abgezeichnet.
12Es bestehen im Ergebnis auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Beförderungsentscheidung.
13Die Bewerbung der Beigeladenen ist am 25.03.2013 und damit vor dem Bewerbungsschluss am 02.04.2013 bei der Bezirksregierung E eingegangen. Diese hat ihre Auswahlentscheidung auf das „Hilfskriterium Frauenförderung“ bei ansonsten gleicher Qualifikation gestützt.
14Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist in erster Linie anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, wobei zunächst das abschließende Gesamturteil maßgebend ist. Sind Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil beurteilt worden, so muss der Dienstherr die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen.
15BVerwG, Beschl. v. 20.06.2013 – 2 VR 1/13, Rn. 46 (zitiert nach juris).
16Sodann kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte wie etwa dienstliche Erfahrung, Verwendungsbreite oder Leistungsentwicklung abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. Seine Entscheidung, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Hat sich der Dienstherr vorab in der Stellenausschreibung durch die Vorgabe der beim künftigen Dienstposteninhaber erwünschten Kenntnisse und Fähigkeiten festgelegt, ist diese Entscheidung für das weitere Auswahlverfahren bindend. Der Dienstherr muss diesen Kriterien besondere Bedeutung zumessen, wenn die Bewerber im Wesentlichen gleich beurteilt sind. Dies gilt allerdings nur, wenn sich aus der Stellenausschreibung ergibt, welche Anforderungen bei gleicher Eignung der Bewerber maßgeblich berücksichtigt werden.
17BVerwG a. a. O., Rn. 48 f. (zitiert nach juris).
18Ob und in welchem Umfang ein Anforderungsprofil Bindungswirkung entfaltet, muss daher durch Auslegung ermittelt werden.
19BVerwG a. a. O., Rn. 32 (zitiert nach juris).
20Nach diesen Maßstäben durfte der Antragsgegner davon ausgehen, dass die Beigeladene und der Antragsteller für das zu besetzende Amt im Wesentlichen gleich qualifiziert sind.
21Sowohl der Antragsteller als auch die Beigeladene wurden aus Anlass ihrer Bewerbungen auf die ausgeschriebene Stelle mit der Spitzennote („Die Leistungen übertreffen die Anforderungen in besonderem Maße.“) beurteilt.
22Zu der gebotenen inhaltlichen Auswertung hat die Bezirksregierung E in ihrem Besetzungsvermerk sinngemäß zutreffend ausgeführt, dass die Beurteilungen von verschiedenen Schulleitern erstellt wurden und schon deshalb einer inhaltlichen Auswertung kaum zugänglich sind, zumal die Beurteilungen ohne Vorgabe standardisierter Bewertungsbegrifflichkeiten frei formuliert werden. Die Formulierungen hängen von der Zufälligkeit der Wortwahl, des Wortverständnisses und der stilistischen Vorlieben des Beurteilers ab und beziehen sich wegen der unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen zudem in Teilen auf nicht vergleichbare Sachverhalte. In derartigen Fällen muss der Dienstherr, der seine Auswahlentscheidung auf eine inhaltliche Auswertung der mit demselben Ergebnis abschließenden Beurteilungen stützt, wenn er den Eindruck der Willkür vermeiden will, Unterschiede bei den Einzelfeststellungen benennen können, die einen eindeutigen Qualifikationsvorsprung des einen oder des anderen Bewerbers belegen.
23OVG NRW, Beschl. v. 30.01.2009 – 6 B 105/09, Rn. 4; VG Düsseldorf, Beschl. v. 25.06.2010 – 2 L 582/10, Rn. 28 (jeweils zitiert nach juris).
24Die inhaltlichen Ausführungen der Beurteilungen des Antragstellers vom 17.07.2013 und der Beigeladenen vom 27.11.2013 lassen keine derart gravierenden Unterschiede erkennen, dass sich ein Leistungsvorsprung zu Gunsten des Antragstellers aufdrängen würde.
25Insbesondere ist nichts dagegen zu erinnern, dass der Antragsgegner den Tätigkeiten des Antragstellers im Bereich des Übergangssystems von der Schule in den Beruf keine Bedeutung beigemessen hat. Die Auslegung der Stellenausschreibung vom 01.02.2013 ergibt nicht, dass der Antragsgegner etwaige Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich des Übergangssystems als Kriterien für die Auswahl unter im Wesentlichen gleich beurteilten Bewerbern festgelegt hätte und somit hieran gebunden wäre. Vielmehr enthält die Ausschreibung lediglich den Funktionstext „Mitarbeit bei der Koordinierung der Maßnahme des Übergangssystems Schule-Beruf/Studium (Entwicklung und Betreuung der Kooperationsprojekte mit Fachhochschulen und Universitäten)“ sowie den Hinweis, mit der Stelle sei die Übernahme einer Aufgabe verbunden und von Bewerbern werde erwartet, dass sie vor der Bewerbung mit der jeweiligen Schulleitung ein Informationsgespräch über die in Betracht kommenden Aufgaben führten. Abgesehen vielleicht von der Bereitschaft zur Übernahme der Aufgabe, die sowohl der Antragsteller als auch die Beigeladene in ihren Bewerbungen erklärt haben, benennt die Ausschreibung keinerlei besondere Anforderungsmerkmale wie etwa einschlägige Erfahrungen oder Fortbildungen.
26Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, welche Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für die Festlegung derartiger Kriterien bestehen, die zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sein, aber bei gleicher Eignung der Bewerber maßgeblich berücksichtigt werden sollen. Insoweit weist die Kammer darauf hin, dass die Vergabe eines Statusamts nicht aufgrund der Anforderungen des Dienstpostens erfolgen soll, der für den auszuwählenden Bewerber vorgesehen ist.
27BVerwG, Beschl. v. 20.06.2013 – 2 VR 1/13, Rn. 22 (zitiert nach juris).
28Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG ist nämlich nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt. Nach dem Laufbahnprinzip wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind. Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten. Eine Ausrichtung an den Anforderungen des konkreten Dienstpostens lässt überdies außer Acht, dass die Betrauung des Beamten mit einem bestimmten Dienstposten nicht von Dauer sein muss. Der Dienstherr kann den Aufgabenbereich des Beamten nach seinen organisatorischen Vorstellungen und Bedürfnissen jederzeit ändern, sofern ein sachlicher Grund hierfür vorliegt. Der ausgewählte Bewerber soll daher der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist. Schließlich ermöglicht die an den Anforderungen eines Dienstpostens orientierte Auswahlentscheidung eine vom Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung unabhängige Ämtervergabe. In diesem Zusammenhang weist das Bundesverwaltungsgericht auf die Missbrauchsgefahr derartiger Auswahlentscheidungen hin.
29BVerwG a. a. O., Rn. 28 f. (zitiert nach juris).
30So ist es beispielsweise als sachfremd anzusehen, wenn dem Dienstposten eine Leistungsbeschreibung zugeordnet würde, die den tatsächlich auf diesem Dienstposten anfallenden Tätigkeiten nicht oder im Wesentlichen nicht entspricht, sondern den Zweck verfolgt, „Alleinstellungsmerkmale“ für einen bevorzugten Bewerber zu schaffen, um eine Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten zu erleichtern.
31BVerwG, Urt. v. 26.01.2012 – 2 A 7/09, Rn. 18 (zitiert nach juris).
32Ferner ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die Auswahl anhand des Hilfskriteriums der Frauenförderung vorgenommen hat. Denn neben der im Wesentlichen gleichen Qualifikation des Antragstellers und der Beigeladenen sind auch die übrigen Voraussetzungen des § 20 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 LBG NRW erfüllt.
33Insbesondere sind im Bereich der Bezirksregierung E im betreffenden Beförderungsamt der Laufbahn weniger Frauen als Männer. Für die Ermittlung des Geschlechterüberhangs sind alle Beförderungsstellen in den Blick zu nehmen, die der Beigeladenen aufgrund ihrer Vorbildung und Ausbildung offenstehen. Eine Differenzierung nach Funktionen oder Schulformen verbietet sich.
34VG Düsseldorf, Beschl. v. 18.11.1999 – 2 L 3082/99, Rn. 17 (zitiert nach juris).
35Denn die Vorschrift des § 20 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW stellt ausdrücklich auf das jeweilige Beförderungsamt der Laufbahn ab. Der Begriff der Laufbahn umfasst nach § 7 Abs. 1 LBG NRW alle Ämter derselben Fachrichtung, die eine gleiche Vorbildung und Ausbildung voraussetzen. Der Beigeladenen stehen alle Beförderungsstellen der Wertigkeit A 14 ÜBesG an Gymnasien, Berufskollegs, Gesamtschulen, Sekundar- und Gemeinschaftsschulen sowie Weiterbildungskollegs (Abendgymnasien) offen. Denn gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 4 LABG NRW kann sie mit ihrem Lehramt für die Sekundarstufe II in den entsprechenden Jahrgangsstufen aller Schulformen verwendet werden.
36Nach den zum Stichtag 02.01.2013 im Regierungsbezirk E ermittelten Daten bestand im Bereich der Lehrerstellen der Wertigkeit A 14 ÜBesG NRW ein Frauenanteil von ca. 46,6 Prozent. Die zuletzt im Dezember 2013 ermittelten Zahlen ergeben für die genannten Stellen einen Frauenanteil von ca. 47,8 Prozent. Da auch diese aktuellen Daten einen Männerüberhang ausweisen, kann dahinstehen, ob der Antragsgegner die zuletzt vor der Ausschreibung ermittelten Zahlen zugrunde legen durfte oder ob das aktuelle Datenmaterial maßgebend ist. Die Kammer weist allerdings darauf hin, dass es für die Anwendung des § 20 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW nicht auf den Zeitpunkt der Ausschreibung, sondern auf den Zeitpunkt der Ernennung ankommen dürfte. Diese Vorschrift trifft ausdrücklich eine Regelung für die Beförderung (s. auch § 20 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW). Der Begriff der Beförderung meint gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 LBG NRW die hier beabsichtigte Ernennung (unter Verleihung eines anderen Amtes mit höherem Endgrundgehalt und anderer Amtsbezeichnung).
37Schließlich sind überwiegende Gründe in der Person des Antragstellers, die der Anwendung des Hilfskriteriums der Frauenförderung entgegenstünden, nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen hinsichtlich der Dienstzeit keine Besonderheiten von erheblichem Gewicht für die Anwendung der Öffnungsklausel. Das Oberverwaltungsgericht NRW hält einen Vorsprung von fünf Jahren im Ausgangspunkt für geeignet, ein Überwiegen der in der Person des männlichen Bewerbers liegenden Gründe zu rechtfertigen. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine starre Grenze.
38Beschl. v. 28.03.2011 – 6 B 43/11, Rn. 43; Beschl. v. 24.07.2006 – 6 B 807/06, Rn. 23; Beschl. v. 09.02.2000 – 6 B 581/99, Rn. 7 (jeweils zitiert nach juris).
39Die allgemeine Dienstzeit rechnet gemäß § 14 Abs. 2 LVO NRW von dem Zeitpunkt der Beendigung der Probezeit in der Laufbahngruppe. Danach hat der am 17.11.2009 zum Beamten auf Lebenszeit ernannte Antragsteller gegenüber der am 01.08.2010 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufenen Beigeladenen einen Vorsprung von lediglich ca. achteinhalb Monaten. Dieser reicht auch unter Berücksichtigung des Verhältnisses zur gesamten Dienstzeit und des nur knapp unter 50 Prozent liegenden Frauenanteils nicht aus, um die Anwendung der Öffnungsklausel als zwingend erscheinen zu lassen.
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Zugunsten der Beigeladenen kommt eine Erstattung etwaiger außergerichtlicher Kosten aus Gründen der Billigkeit nicht in Betracht, weil sie sich nicht durch Stellung eines eigenen Antrages am Kostenrisiko beteiligt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
41Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 5 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Hiernach ist für den Antrag auf vorläufige Freihaltung der Beförderungsstelle ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes (Besoldungsgruppe A 14 ÜBesG NRW) in Ansatz gebracht worden.
Gründe
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A.
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Die Beschwerdeführerin wendet sich als unterlegene Bewerberin auf die Position einer Abteilungsleiterin des Ministeriums der Finanzen des Landes Brandenburg gegen die beabsichtigte Besetzung der Stelle mit einem tarifbeschäftigten Mitbewerber.
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I.
- 2
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Die Beschwerdeführerin ist Vizepräsidentin des Amtes für S. (Besoldungsgruppe A 16). Sie bewarb sich auf die Stelle der Leiterin/des Leiters der Abteilung 4 (Landesvermögen, Besoldungsrecht, Liegenschafts- und Bauverwaltung) im Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg (Ministerialdirigent/in, Besoldungsgruppe B 5). Die Stelle war für Beamte und Beschäftigte ausgeschrieben worden. Die Ausschreibung forderte unter anderem die "Befähigung für die Laufbahn des höheren allgemeinen Verwaltungsdienstes oder vergleichbare Verwaltungserfahrung auf der Grundlage einer abgeschlossenen wissenschaftlichen, insbesondere juristischen oder wirtschaftswissenschaftlichen Hochschulausbildung".
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Mit Bescheid vom 10. Januar 2011 teilte das Ministerium der Finanzen der Beschwerdeführerin mit, dass die Stelle einem Mitbewerber (im Folgenden: Beigeladener) übertragen werde. Laut Auswahlbericht ist der Beigeladene Tarifbeschäftigter und als Referatsleiter in der Senatsverwaltung für Finanzen des Landes B. auf einer mit B 2 bewerteten Stelle tätig. Gegen die Auswahlentscheidung legte die Beschwerdeführerin Widerspruch ein und beantragte beim Verwaltungsgericht Potsdam den Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich der Besetzung der Stelle.
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Das Verwaltungsgericht Potsdam lehnte den Antrag mit Beschluss vom 7. Juni 2011 ab. Es könne dahinstehen, ob der von der Beschwerdeführerin gerügte Verstoß gegen den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG durch die geplante Besetzung der Stelle mit einem Angestellten überhaupt als Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs geltend gemacht werden könne. Da die Abteilungsleiterstellen zahlenmäßig überwiegend mit Beamten besetzt seien, würde sich die Besetzung der streitbefangenen Stelle mit dem Beigeladenen jedenfalls als zulässige Ausnahme von der nach Art. 33 Abs. 4 GG regelmäßig gebotenen Besetzung mit Beamten darstellen. Bei dieser Sachlage genüge das Interesse an der Auswahl des am besten geeigneten Bewerbers als sachlicher Grund dafür, die Stelle nicht einem (weniger geeigneten) Beamten zu übertragen. Entgegen der Rüge der Beschwerdeführerin erfülle der Beigeladene die in der Ausschreibung vorgesehenen Anforderungen. Zwar habe er mangels Laufbahnprüfung nicht die Befähigung für die Laufbahn des höheren allgemeinen Verwaltungsdienstes. Er habe jedoch offensichtlich vergleichbare Verwaltungserfahrung, da er seit 16 Jahren - davon acht Jahre als Referatsleiter - in der Senatsverwaltung für Finanzen mit Aufgaben des höheren allgemeinen Verwaltungsdienstes betraut sei. Vorher sei er als Referent im Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen tätig gewesen.
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Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wies am 27. September 2011 die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts zurück. Ob sich ein Bewerber im Rahmen seines Bewerbungsverfahrensanspruchs auf die Verletzung von Art. 33 Abs. 4 GG berufen könne, könne dahingestellt bleiben. Die Aufgaben des Leiters der Abteilung 4 des Finanzministeriums bestünden nur teilweise in der Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Besetzung der Stelle eines Abteilungsleiters mit dem Beigeladenen eine zulässige Ausnahme darstellte, sei nicht zu beanstanden. Es sei vom Organisationsermessen des Dienstherrn gedeckt, wenn dieser bei vergleichbarer Verwaltungserfahrung auf die Laufbahnbefähigung verzichte. Das Merkmal der "vergleichbaren Verwaltungserfahrung" sei nicht zu unbestimmt. Der Beigeladene werde den Anforderungen durch langjährige und gehobene Tätigkeiten in unterschiedlichen Bereichen der Verwaltung gerecht. Die berufspraktische Ausbildung im Vorbereitungsdienst dürfe nicht überschätzt werden. Einer Mitwirkung des Landespersonalausschusses bedürfe es für die Feststellung der vergleichbaren Verwaltungserfahrung nicht. Dieser sei nur zuständig, wenn es um die Verleihung der Laufbahnbefähigung beziehungsweise die Ernennung zum Beamten gehe.
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II.
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Mit der Verfassungsbeschwerde gegen den Bescheid des Finanzministeriums und die gerichtlichen Entscheidungen macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG geltend.
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Die Besetzung des streitigen Dienstpostens mit dem Beigeladenen verstoße gegen den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG. Der Funktionsvorbehalt zähle zu den Eignungskriterien im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG, deren Verletzung der unterlegene Bewerber rügen könne. Der fragliche Dienstposten sei schwerpunktmäßig von Hoheitsaufgaben geprägt und könne daher nicht mit einem Nichtbeamten besetzt werden. Eine Ausnahme vom Funktionsvorbehalt bedürfe eines sachlichen Grundes, der hier fehle. Darüber hinaus habe das Ministerium der Finanzen das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands nicht schriftlich niedergelegt, wie dies für die wesentlichen Auswahlerwägungen geboten sei.
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Dem Beigeladenen, der nicht über die Laufbahnbefähigung für die Laufbahn des höheren allgemeinen Verwaltungsdienstes verfüge, fehle auch eine vergleichbare Verwaltungserfahrung. Das Kriterium der vergleichbaren Verwaltungserfahrung sei zu unbestimmt. Die Ausschreibung hätte zumindest bestimmte Verwaltungsbereiche und Mindestzeiten festlegen müssen. Der Beigeladene weise die erforderliche Bandbreite an Verwaltungstätigkeit nicht auf. Zudem könne es eine der Laufbahnbefähigung für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst vergleichbare Verwaltungserfahrung gar nicht geben. Der Vorbereitungsdienst und die Laufbahnprüfung hätten gerade den Zweck, den Beamtenanwärter durch umfassende Vermittlung von Kenntnissen und Einblicken auf die Laufbahn des höheren Dienstes vorzubereiten. Vergleichbare Verwaltungserfahrung könne dies nicht ersetzen. Der Vergleich von Verwaltungserfahrung mit den Anforderungen der Laufbahnbefähigung für den höheren Verwaltungsdienst hätte vom Landespersonalausschuss des Landes Brandenburg vorgenommen werden müssen.
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B.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist die Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt.
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I.
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Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Ministeriums für Finanzen vom 10. Januar 2011 wendet, ist die Verfassungsbeschwerde mangels Rechtswegerschöpfung unzulässig (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Die Beschwerdeführerin hat unmittelbar gegen die Auswahlentscheidung bisher nur Widerspruch erhoben. Das von der Beschwerdeführerin betriebene verwaltungsgerichtliche Eilverfahren hat hinsichtlich der Auswahlentscheidung nicht zu einer Rechtswegerschöpfung geführt. Gegenstand des Eilverfahrens war nicht die Auswahlentscheidung selbst, sondern der Anspruch der Beschwerdeführerin auf vorläufige Sicherung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs (vgl. BVerfGK 10, 474 <477>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, S. 1191).
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II.
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Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen richtet, ist sie jedenfalls unbegründet. Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG.
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1. a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Bestenauslesegrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfGK 12, 184 <186>; 12, 284 <287>; BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. November 2010 - 2 BvR 2435/10 -, NVwZ 2011, S. 746 <747>; vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, S. 1191). Mit den Begriffen "Eignung, Befähigung und fachliche Leistung" eröffnet Art. 33 Abs. 2 GG bei Entscheidungen über Beförderungen einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn. Dieser unterliegt schon von Verfassungs wegen einer nur begrenzten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfGE 39, 334 <354>; 108, 282 <296>; zu dienstlichen Beurteilungen BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Mai 2002 - 2 BvR 723/99 -, NVwZ 2002, S. 1368; vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, S. 1191). Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG verleiht Beamten in diesem Rahmen das Recht, eine dienstrechtliche Auswahlentscheidung dahingehend überprüfen zu lassen, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über ihre Bewerbung entschieden hat (vgl. BVerfGE 39, 334 <354>; BVerfGK 1, 292 <295 f.>; 10, 474 <477>). Als Voraussetzung für wirksamen Rechtsschutz folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG die Verpflichtung des Dienstherrn, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen (vgl. BVerfGK 11, 398 <402 f.>).
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b) Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet der Dienstherr nach organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten, ohne dass hierauf subjektive Rechte Einzelner bestünden. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will (vgl. BVerfGK 12, 265 <270>). Zum Organisationsermessen einer Behörde gehört es, zu entscheiden, welche Aufgaben ihren einzelnen Untergliederungen zugewiesen werden und inwieweit damit die Besetzung der dafür vorgesehenen Stellen dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG unterliegt, nach dem die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Beamten zu übertragen ist.
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c) Bei der Bewerberauswahl hat der Dienstherr die gesetzlichen Vorgaben - und damit insbesondere den Grundsatz der Bestenauslese - zu berücksichtigen und darf sich nicht von sachwidrigen Erwägungen leiten lassen (vgl. BVerfGK 12, 265 <270>). Soweit objektive Rechtsnormen maßgebend für die Eignung des ausgewählten Konkurrenten sind, ist deren Einhaltung im Rahmen des Anspruchs auf eine fehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung aus Art. 33 Abs. 2 GG inzident zu prüfen (vgl. BVerfGK 12, 265 <271 f.>). Der Bewerbungsverfahrensanspruch beschränkt sich dabei auf das Auswahlverfahren und die Auswahlentscheidung. Er endet grundsätzlich mit der Auswahlentscheidung und erstreckt sich nicht auch auf den Status, der dem ausgewählten Bewerber bei Übertragung des Dienstpostens zuerkannt wird.
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d) Die Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung können vom Dienstherrn in Bezug auf den Aufgabenbereich eines konkreten Amtes durch die Festlegung eines Anforderungsprofils bereits im Vorfeld der Auswahlentscheidung konkretisiert werden (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. November 2010 - 2 BvR 2435/10 -, NVwZ 2011, S. 746 <747>). Inwieweit dem Dienstherrn im Rahmen seiner Organisationsgewalt bei der Festlegung des Anforderungsprofils ein mehr oder weniger großer Einschätzungsspielraum zuzugestehen ist, lässt sich nicht abstrakt formulieren, sondern ist bereichsspezifisch anhand des jeweiligen Fachrechts unter Berücksichtigung grundgesetzlicher Vorgaben näher zu bestimmen (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. November 2010 - 2 BvR 2435/10 -, NVwZ 2011, S. 746 <747>). Fehler im Anforderungsprofil führen grundsätzlich auch zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, weil die Auswahlerwägungen dann auf sachfremden, nicht am Leistungsgrundsatz orientierten Gesichtspunkten beruhen (BVerfGK 12, 184 <188>; 12, 265 <271>; 12, 284 <289>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. November 2010 - 2 BvR 2435/10 -, NVwZ 2011, S. 746 <747>). Im Übrigen unterliegt es nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Umständen der Dienstherr im Rahmen seines Auswahlermessens das größere Gewicht beimisst (vgl. BVerfGK 12, 106 <108>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. November 2010 - 2 BvR 2435/10 -, NVwZ 2011, S. 746 <747>).
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e) Bei der Überprüfung einer Auswahlentscheidung kann der Beamte sowohl geltend machen, selbst in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein, als auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung des ausgewählten Konkurrenten rügen. Der Fehler kann daher sowohl in der Qualifikationsbeurteilung des Beamten als auch in derjenigen des erfolgreichen Bewerbers oder im Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern liegen. Ein derartiger Fehler liegt auch dann vor, wenn dem ausgewählten Mitbewerber bereits die Eignung für die zu besetzende Stelle fehlt. Denn die in der Auswahl liegende Feststellung, dass der Mitbewerber für die Wahrnehmung der Stelle geeignet ist - und zwar besser als der Konkurrent -, trifft dann nicht zu. In diesem Fall ist die Auswahlentscheidung nicht auf Grundlage der in Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Maßstäbe erfolgt und damit fehlerhaft. Die Auswahl eines Bewerbers, der die Mindestqualifikation für die in Rede stehende Stelle nicht besitzt, verletzt daher den unterlegenen Bewerber in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch (BVerfGK 12, 265 <269>).
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2. Gemessen an diesem Maßstab sind die angegriffenen Gerichtsentscheidungen nicht zu beanstanden. Sie haben die Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG weder außer Acht gelassen noch ihren Inhalt verkannt.
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a) Die fachgerichtlichen Entscheidungen mussten nicht eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Beschwerdeführerin daraus herleiten, dass sich die Stellenausschreibung an Beamte und Beschäftigte richtete und mit dem Beigeladenen ein Angestellter für die Stelle ausgewählt wurde.
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aa) Dass sich die Ausschreibung an Beamte und Beschäftigte richtete, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ohne dass hierzu eine grundsätzliche Rechtspflicht bestünde, dient die Öffnung des Auswahlverfahrens auch für Angestellte der Mobilisierung eines umfassenden Bewerberfelds und damit dem Grundsatz der Bestenauslese. Diese Öffnung steht nicht in Konflikt mit dem Strukturprinzip des Art. 33 Abs. 4 GG, wonach die ständige Ausübung hoheitlicher Befugnisse nicht in größerem Umfang auf Nichtbeamte übertragen werden darf (BVerfGE 9, 268 <284>). Eine solche Ausschreibung schließt vielmehr noch nicht aus, dass dem ausgewählten Bewerber, sofern er Angestellter ist, die Funktion unter Berufung in das Beamtenverhältnis übertragen wird.
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bb) Auch, dass mit dem Beigeladenen konkret ein Angestellter ausgewählt wurde, haben die Fachgerichte nicht beanstanden müssen. Die Angestellten- oder Beamteneigenschaft ist auch unter dem Blickwinkel des Art. 33 Abs. 4 GG grundsätzlich kein Gesichtspunkt, der unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betrifft (vgl. auch Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - VfGBbg 11/07 EA -, NVwZ 2008, S. 210; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Juni 2007 - OVG 4 S 4.07 -, juris, Rn. 7 f.; anders OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 1 M 159/10 -, LKV 2011, S. 178 <180 f.>; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Mai 2008 - 1 B 1786/07 -, juris, Rn. 50 ff.). Für den Fall, dass der Dienstposten die ständige Ausübung hoheitlicher Befugnisse beinhaltet und keine Ausnahme vom Regelvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG gegeben sein sollte, obliegt es dem Dienstherrn, eine Verbeamtung des ausgewählten Bewerbers vorzunehmen. Hierauf bezieht sich der Bewerbungsverfahrensanspruch der Beschwerdeführerin nicht mehr. Dass eine Verbeamtung beim Beigeladenen von vornherein ausschiede, ist weder mit der Verfassungsbeschwerde vorgetragen noch ansonsten ersichtlich.
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b) Nach dem oben dargelegten Maßstab stellt es weiterhin keinen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG dar, wenn die Fachgerichte nicht beanstandet haben, dass der Dienstherr in seinem Anforderungsprofil die Befähigung für die Laufbahn des höheren allgemeinen Verwaltungsdienstes oder vergleichbare Verwaltungserfahrung auf der Grundlage einer abgeschlossenen wissenschaftlichen, insbesondere juristischen oder wirtschaftswissenschaftlichen Hochschulausbildung forderte. Die Fachgerichte durften annehmen, dass sich die Fassung des Anforderungsprofils in den Grenzen des Organisationsermessens und des Einschätzungsspielraums des Dienstherrn hält. Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es, wenn das Anforderungsprofil nicht nur starr auf die Laufbahnbefähigung abstellt, sondern Alternativen in den Blick nimmt. In Anbetracht des Einschätzungsspielraums des Dienstherrn ist das Merkmal der vergleichbaren Verwaltungserfahrung auch nicht zu unbestimmt, zumal die mit dem Adjektiv "vergleichbar" in Bezug genommene Laufbahnbefähigung für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst Anknüpfungspunkte für eine Konkretisierung schafft. Die Fachgerichte mussten auch nicht von Verfassungs wegen davon ausgehen, dass es eine der Laufbahnbefähigung vergleichbare Verwaltungserfahrung nicht geben könne. Die fachgerichtlichen Ausführungen dazu, dass Berufserfahrung durch langjährige und gehobene Tätigkeiten in der Verwaltung mit den im Vorbereitungsdienst vermittelten berufspraktischen Fähigkeiten vergleichbar sein können, sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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c) Soweit die Beschwerdeführerin rügt, dass die Verwaltungstätigkeiten des Beigeladenen keine "vergleichbare Verwaltungserfahrung" ergäben, verkennt sie den begrenzten Kontrollauftrag des Bundesverfassungsgerichts. Die Würdigung eines Sachverhalts ist primär Sache des Dienstherrn und allenfalls durch die Fachgerichte überprüfbar (stRspr; vgl. BVerfGE 18, 85 <92>; 68, 361 <372>). Auch diese trifft wegen des Einschätzungsspielraums des Dienstherrn nur eine eingeschränkte Prüfungspflicht. Die Ausführungen der Verwaltungsgerichte, der Beigeladene werde den Anforderungen durch langjährige und gehobene Tätigkeiten in unterschiedlichen Bereichen der Verwaltung gerecht, stellt die Verfassungsbeschwerde vor diesem Hintergrund nicht substantiiert in Frage.
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d) Weshalb eine einfachrechtlich nicht vorgesehene Mitentscheidung des Landespersonalausschusses beim Eignungsvergleich der Bewerber verfassungsrechtlich geboten sein sollte, erschließt sich nicht.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber richtet sich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität. Dem stehen gesetzliche Maßnahmen zur Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung im Erwerbsleben, insbesondere Quotenregelungen mit Einzelfallprüfung sowie zur Förderung schwerbehinderter Menschen nicht entgegen.
(1) Für Beförderungen gelten die Grundsätze des § 9. Erfolgt die Auswahlentscheidung auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen, darf das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung höchstens drei Jahre zurückliegen.
(2) Beförderungen, die mit einer höherwertigen Funktion verbunden sind, setzen eine mindestens sechsmonatige Erprobungszeit voraus.
(3) Ämter, die nach der Gestaltung der Laufbahn regelmäßig zu durchlaufen sind, dürfen nicht übersprungen werden.
(4) Eine Beförderung ist unzulässig vor Ablauf eines Jahres
- 1.
seit der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe oder - 2.
- a)
seit der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder - b)
seit der letzten Beförderung,
(5) Der Bundespersonalausschuss kann Ausnahmen von den Absätzen 2 bis 4 zulassen, wenn sie die Bundesregierung nicht durch Rechtsverordnung regelt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.