Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Feb. 2015 - M 24 S 15.50091

bei uns veröffentlicht am20.02.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. Januar 2015 wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Streitgegenständlich ist ein Bescheid der Antragsgegnerin mit dem der Asylerstantrag des Antragstellers wegen vorrangiger Zuständigkeit Ungarns nach der Verordnung 604/2013/EU (Dublin-III-VO) als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet worden ist.

Der Antragsteller ist nach seinen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland stellte er am 5. September 2014 einen Asylantrag.

Zur Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 5. September 2014 hat der Antragsteller in Anwesenheit eines Sprachmittler für die englische Sprache, mit dem sich der Antragsteller nach eigenen Angaben verständigen konnte, angegeben, dass sein Reiseweg von Nigeria im Februar 2008 über die Türkei (1 Monat), Griechenland (6 Jahre), Mazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich nach Deutschland führte. In Griechenland (2008) und in Ungarn (Frühjahr 2014) seien ihm Fingerabdrücke abgenommen worden; er habe in Griechenland im Jahr 2008 einen Asylantrag gestellt. Er sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Der Antragsteller gab an, in Griechenland sei er bedroht worden, weshalb er sich entschieden habe, das Land zu verlassen (Bl. 1ff. der Behördenakte -BA).

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhielt am 19. September 2014 zum Antragsteller Treffer in der Eurodac Datenbank für Ungarn und Griechenland. Das BAMF richtete am 17. Oktober 2014 ein Wiederaufnahmeersuchen zur Durchführung des Asylverfahrens für den Antragsteller unter Angabe der Eurodac-Nummer an Ungarn (Bl. 41ff. BA). Mit Schreiben vom 28. Oktober 2014, beim BAMF eingegangen am 29. Oktober 2014, akzeptierte das ungarische „Office of Immigration and Nationality“ die Rücküberführung des Antragsteller nach Ungarn und teilte unter anderem mit, der Antragsteller habe in Ungarn am 23. Juli 2014 um Asyl nachgesucht, sei aber nicht dort geblieben, weswegen das Asylverfahren eingestellt worden sei (Bl. 49 ff. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16. Januar 2015 (Bl. 58 f. BA), an den Bevollmächtigten des Antragstellers zur Post gegeben am 20. Januar 2015, lehnte das BAMF den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2).

Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 28. Januar 2015, erhob der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid des BAMF vom 16. Januar 2015 (Az. M 24 K 15.50090) mit dem Antrag, den Bescheid vom 16. Januar 2015 aufzuheben.

Zugleich beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers,

die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Ungarn anzuordnen.

In der Klage- und Antragsbegründung führt der Bevollmächtigte des Antragstellers aus, der Antragsteller habe in Ungarn keinen Asylantrag gestellt. Dieser habe unter Androhung schwerer Misshandlungen durch die Polizei Fingerabdrücke abgegeben.

Der Antragsteller habe bei Rückkehr nach Ungarn Angst um sein Leben. In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Ungarn wiesen systemische Mängel auf.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2015 legte die Antragsgegnerin die Verwaltungsakte vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die parallelen Gerichtsakten M 24 K 15.50090 und M 24 S 15.50091 sowie auf die vom BAMF vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht München ist als Gericht der Hauptsache insbesondere örtlich zuständig gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), weil der Antragsteller im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung seinen Aufenthalt im Gerichtsbezirk zu nehmen hatte (§ 83 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - i. V. m. §§ 56 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG).

Im vorliegenden Eilverfahren ist die Berichterstatterin kraft Gesetzes Einzelrichterin (§ 76 Abs. 4 AsylVfG).

2. Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Satz 1 AsylVfG) zulässig, insbesondere fristgerecht innerhalb 1 Woche ab Bekanntgabe (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG, § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG), gestellt worden.

3. Der Antrag ist begründet, weil die Erfolgsaussichten offen sind und die deshalb gebotene eigene gerichtliche Abwägung von Vollzugs- und Suspensivinteresse unter Berücksichtigung neuester Erkenntnismittel zugunsten des Antragstellers ausfällt.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall eines gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 AsylVfG) ganz oder teilweise anordnen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob die Interessen, die für einen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten oder die, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen (beispielsweise BVerwG B. v. 25.3.1993 - 1 ER 301/92 - NJW 1993, 3213, juris Rn. 3). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, weil er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG kommt es für den vorliegenden Beschluss im Eilverfahren, der ohne mündliche Verhandlung ergeht, maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung an.

4. Die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage wird voraussichtlich erfolgreich sein. Sie ist zulässig, insbesondere innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG erhoben worden.

5. Nach summarischer Prüfung ist die Anfechtungsklage voraussichtlich auch begründet im Hinblick auf systemische Mängel des ungarischen Asylsystems.

5.1. Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Ablehnung des Asylantrags als unzulässig ist § 27a AsylVfG; Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 AsylVfG.

Der Asylantrag wäre dabei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn Ungarn aufgrund des bereits dort vom Antragsteller gestellten Asylantrags gemäß den Zuständigkeitskriterien Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig wäre oder wenn dies auf einen anderen Mitgliedstaat zutrifft, der nach den Zuständigkeitsregelungen der Dublin-III-VO vorrangig zuständig ist (OVG NRW U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris Rn. 31 m. w. N.).

Einschlägig ist dabei im vorliegenden Fall die Dublin-III-VO und nicht die frühere Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO), weil das Wiederaufnahmegesuch der Bundesrepublik Deutschland an Ungarn nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurde. Gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 Dublin-III-VO ist die Dublin-III-VO ungeachtet des Zeitpunkts der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz ab dem 1. Januar 2014 auf alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern anwendbar.

5.2. Nach den Zuständigkeitsregelungen der Dublin-III-VO wäre an sich Ungarn der für die Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedstaat.

Dabei kann sich die Zuständigkeit eines Mitgliedstaates nicht nur aus den materiellen Zuständigkeitskriterien (Art. 3 und 7 - 16) der Dublin-III-VO ergeben, sondern auch aus dem Selbsteintritt eines Mitgliedstaates gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO; ein solcher Selbsteintritt bewirkt abweichend von den materiellen Zuständigkeitskriterien konstitutiv eine eigene Zuständigkeit des jeweils erklärenden Mitgliedstaates (vgl. Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO). Für eine Selbsteintrittserklärung ist vorliegend nichts ersichtlich.

Vorliegend haben die ungarischen Behörden (Office of Immigration and Nationality) die Wiederaufnahme des Antragsteller nach der Dublin-III-VO erklärt. Ungarn wäre damit wiederaufnahmepflichtig geworden (Art. 18 Abs. 1, 23, 25 Dublin-III-VO), wobei sich auch aus Art. 13 und Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO vorliegend nichts anderes ergäbe. Insbesondere kommt eine vorrangige Zuständigkeit Griechenlands aufgrund Art. 13 Dublin-III-VO gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO aufgrund der dort bestehenden systemischen Mängel des Asylsystems nicht in Betracht (vgl. EuGH (Große Kammer) U. v. 14.11.2014 - C-4/11 - NVwZ 2014, 129; EGMR Entsch. v. 6.9.2011 - 51599/08 - NVwZ 2012, 1233; EGMR (Große Kammer) U. v. 21.1.2011 - 30696/09 - NVwZ 2011, 413). Dabei ist zu sehen, dass nach der aktuellen Pressemitteilung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) vom 30. Januar 2015 (im Internet abrufbar unter: http://www.unhcr.de/presse/nachrichten.html) das Asylsystem in Griechenland trotz einer zwischenzeitlichen Reform nach wie vor mangelhaft ist. Unverändert kommt deshalb eine vorrangige Zuständigkeit Griechenlands vor Ungarn im Rahmen des Dublin-Systems nicht in Betracht.

5.3. Auch ist kein Verfahrensfehler im Hinblick auf das Wiederaufnahmegesuch des BAMF ersichtlich (vgl. Art. 20 - 23, 25 und 29 Dublin-III-VO).

5.4. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen der somit an sich zuständige Mitgliedstaat der Wiederaufnahme (vorliegend Ungarn) in verfahrensfehlerfreier Weise zugestimmt hat, kann der Asylbewerber der Heranziehung der von der Dublin-III-VO vorgesehenen Zuständigkeitskriterien damit entgegentreten, dass er systematische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Aufnahmemitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO; vgl. EuGH (Große Kammer) U. v. 14.11.2013 - C-4/11 - Rn. 36 f., NVwZ 2014, 129). Wird dies bejaht, hat der Mitgliedstaat in erster Linie die Prüfung der Zuständigkeitskriterien der Dublin-III-VO fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat nach einem dieser Kriterien bestimmt werden kann (vgl. EuGH v. 14.11.2013, a. a. O., Rn. 36). Hingegen führt die Unmöglichkeit der Überstellung in den im Ausgangspunkt zuständigen Mitgliedstaat als solche nicht dazu, dass der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat zum Selbsteintritt (Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO) verpflichtet wäre (vgl. EuGH v. 14.11.2013, a. a. O., Rn. 37). Dieser bereits für die Dublin-II-VO entwickelte Zusammenhang ist in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO nunmehr ausdrücklich festgehalten. Bei der Prüfung der Frage systemischer Schwachstellen handelt es sich somit um die Subsumtion der unmittelbar anwendbaren Dublin-III-VO selbst, nicht um eine Frage einer teleologischen Reduktion oder gar einer inzidenten Verwerfung der Dublin-III-VO.

5.5. Im maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Eilentscheidung ist davon auszugehen, dass das ungarische Asylsystem systemische Schwachstellen aufweist.

5.5.1. Maßgeblich ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG die Lage im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung. Deshalb kommt es weder auf den vom April 2012 stammenden Bericht des UNHCR „Ungarn als Asylland - Bericht zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in Ungarn“ in seiner deutschsprachigen Fassung vom 15. Juni 2012 (zitiert nach www.bordermonitoring.eu/tag/ungarn-2 unter „Neue Berichte“ 17. Punkt, nachfolgend: UNHCR-Bericht April 2012) noch auf die vom UNHCR im Oktober 2012 ausgesprochene Empfehlung, nach den Dublin-II-Bestimmungen keine Asylbewerber nach Ungarn zu überstellen, wenn diese vor ihrer Ankunft in Ungarn durch Serbien gekommen waren (zitiert nach www.bordermonitoring.eu/tag/ungarn-2 unter „Neue Berichte“ 11. Punkt, nachfolgend: UNHCR-Bericht Oktober 2012) entscheidend an. Denn abgesehen davon, dass der UNHCR die Empfehlung vom Oktober 2012 bereits ab Dezember 2012 so nicht mehr aufrecht erhalten hat (vgl. UNHCR „Note on Dublin transfers to Hungary of people who have transited through Serbia - update“, December 2012, S. 1: „UNHCR acknowledges the subsequent progress in asylum practice in Hungary, and accordingly amends its previous position“, zitiert nach http://www.refworld.org/country,,,,HUN,,50d1d13e2,0.html, nachfolgend UNHCR-Bericht vom Dezember 2012), hat es auch nach den vom UNHCR im Dezember 2012 positiv gesehenen Verbesserungen weitere ungarische Reformen gegeben, die ab Juli 2013 in Kraft getreten sind und zum 1. Januar 2014 weiter fortgeschrieben wurden. Diese, ab Juli 2013 eingeführten und im Januar 2014 fortgeschriebenen, Regelungen stehen für das Gericht im Vordergrund.

5.5.2. Vor diesem Hintergrund ist aufgrund der aktuellen Erkenntnislage beim ungarischen Asylsystem derzeit von systemischen Mängeln i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO auszugehen.

5.5.2.1. Zwar hat gerade für Ungarn die Große Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) bereits in einem Zeitpunkt nach dem Inkrafttreten der ungarischen Asylrechtsänderungen zum 1. Juli 2013 systemische Mängel verneint (EuGH (Große Kammer) U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - Rn. 60 und 61, NVwZ 2014, 208).

5.5.2.2. Allerdings sind zwischenzeitlich neue Erkenntnismittel verfasst und veröffentlicht worden, die dem EuGH bei seiner Entscheidung vom 10. Dezember 2013 noch nicht bekannt sein konnten, weil sie damals noch nicht existierten. Eine tragfähige Grundlage für die Annahme eines möglicherweise als systemisch zu bewertenden Mangels durch eine ungerechtfertigte Freiheitsentziehung kann dabei gegeben sein, wenn kompetente Stellen wie etwa der UNHCR und das EASO (Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen, errichtet durch die Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 132 v. 29.5.2010, S. 11) einen solchen Mangel feststellen (vgl. VG Hamburg B. v. 10.2.2014 - 19 AE 5415/13 - juris Rn. 24 - 32 und ihm folgend VG München B. v. 22.4.2014 - M 24 S 13.31311 - juris). An entsprechenden Stellungnahmen fehlte es zwar noch zur Zeit der soeben genannten Judikate; zwischenzeitlich sind aber weitere aktuelle Erkenntnismittel veröffentlicht worden, nämlich:

- Schreiben des UNHCR vom 9. Mai 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A (abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILO des BAMF);

- Bericht des HHC (Hungarian Helsinki Committee) zur Asylhaft und zu den Dublin-Verfahren in Ungarn (Stand: Mai 2014; ebenfalls abrufbar in MILO);

- Ungarn-Länder-Bericht des AIDA (Asylum Information Database), der ebenfalls vom HHC geschrieben und vom European Council on Refugees and Exiles (EDRE) veröffentlicht worden ist (Stand: 30.4.2014; abrufbar unter:

http://www.asylumineurope.org/reports/country/hungary).

- Schreiben des UNHCR vom 30. September 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A (einsehbar in der Asyldokumentation des VG München);

- Schreiben von PRO ASYL vom 31. Oktober 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A (abrufbar in MILO);

- Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 19. November 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A (abrufbar in MILO);

- Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 19. November 2014 an das VG München im Verfahren M 10 K 14.50126 (einsehbar in der Asyldokumentation des VG München);

- Report des Beauftragten des Europarats für Menschenrechte vom 16. Dezember 2014 (dort Rn. 148-166; abrufbar unter:

https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?Ref=CommDH(2014)21&Language=lanEnglish ).

Diesen Veröffentlichungen lassen sich insbesondere zur Inhaftierungspraxis Ungarns im Zusammenhang mit Asylfällen diverse Kritikpunkte entnehmen, angesichts derer systemische Mängel im Hinblick auf das von Art. 6 GR-Charta gewährleistete Recht auf Freiheit anzunehmen sind, wenn auch derzeit nicht von einem Verstoß gegen Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK auszugehen ist. Das Gericht schließt sich insoweit folgenden Ausführungen im Beschluss des VG Berlin vom 15. Januar 2015, Az. 23 L 899.14 A (juris Rn. 7-11), an:

7. Hiernach lässt sich nicht feststellen, dass dem Antragsteller bei einer Überstellung nach Ungarn die Gefahr einer erniedrigenden und unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GR-Charta und Art. 3 EMRK droht. Beide Vorschriften verbieten eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung. Die Misshandlung setzt ein Mindestmaß an Schwere voraus, welches von den Umständen des Einzelfalls abhängt, wie der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Wirkungen sowie der Person des Betroffenen. Erniedrigend ist eine Behandlung, wenn sie eine Person demütigt, es an Achtung für ihre Menschenwürde fehlen lässt oder sie herabsetzt oder in ihr Gefühle der Angst, Beklemmung oder Unterlegenheit weckt, geeignet, den moralischen oder körperlichen Widerstand zu brechen (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, Rn. 220 mw.N.). Die Inhaftierung einer Person begründet als solche keine Verletzung des Art. 3 EMRK (EGMR, Urteil vom 15. Juli 2002 - 47095/99, Kalaschnikow/Russland, Rn. 95; zur Prüfung allein der Haftbedingungen am Maßstab des Art. 3 EMRK siehe etwa EGMR, Urteil vom 30. April 2013 - 49872, Timoschenko/Ukraine; vgl. auch BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 342/12 -, Rn. 32, juris). Art. 3 EMRK verpflichtet die Staaten allerdings, sich zu vergewissern, dass die Bedingungen der Haft mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar sind und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid oder Härten unterwirft, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteigt, und dass seine Gesundheit und sein Wohlbefinden unter Berücksichtigung der praktischen Bedürfnisse der Haft angemessen sichergestellt sind (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, M.S.S./Belgien und Griechenland, NVwZ 2011, 413, Rn. 221). Der EGMR nimmt in seiner Rechtsprechung regelmäßig eine Würdigung der Haftbedingungen in ihrer Gesamtheit vor. Zu den hierbei zu berücksichtigenden Umständen zählen die räumliche Unterbringung, eine mögliche Überbelegung, die Möglichkeit, den Raum zeitweise verlassen zu können, Kontaktmöglichkeiten zu Angehörigen, eine hinreichende Ernährung, die hygienischen Verhältnisse, das Vorhanden sanitärer Einrichtungen und eine angemessene Versorgung bei Erkrankungen (vgl. Sinner, in: Karpenstein/Mayer, EMRK, 2012, Art. 3, Rn. 12; Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl. 2011, Art. 5, Rn. 10 ff.). Ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK kann auch bei Sicherheitsvorkehrungen vorliegen, die über das erforderliche Maß hinausgehen und geeignet sind, den Betroffenen öffentlich in erniedrigender Weise vorzuführen (EGMR, Urteil vom 31. Mai 2011 - 5829/04, Chodorkowskij/Russland). Ausnahmsweise kann auch der Freiheitsentzug als solcher eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn der Häftling über einen längeren Zeitraum über seine Zukunft, vor allem über die Dauer seiner Inhaftierung, im Ungewissen gelassen wird oder wenn einem Häftling jede Aussicht auf eine Entlassung genommen wird (EGMR, Urteil vom 13. Januar 2011 - 6587/04, Rn. 107 m. w. N., Urteil vom 8. Juli 2004 - 48787/99, Ilascu/Moldau und Russland, Rn. 434 ff.).

8. Gemessen hieran erlauben die nunmehr erstmals vorliegenden Erkenntnisse zur tatsächlichen Anwendungspraxis der gesetzlichen Neuregelung der Asylhaft in Ungarn, welche als solche von der Kammer bisher nicht als ausreichender Beleg für ein systemisches Versagen angesehen wurden (vgl. zuletzt Beschluss vom 17. September 2014 - VG 23 L 467.14 A -; vgl. VG Berlin, Beschluss vom 7. Juli 2014 - VG 9 L 151.14 A -; Beschluss vom 30. Juli 2014 - VG 34 L 95.14 A -; s. a. EGMR, Urteil vom 3. Juli 2014 - 71932/12, Mohammadi/Österreich; VG Würzburg, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - W 1 S 14.50043 -, juris, welches die jüngsten Erkenntnisse zur Inhaftierungspraxis allerdings noch unberücksichtigt lässt), nicht die Feststellung unmenschlicher und erniedrigender Haftbedingungen. Das zum 1. Juli 2013 in Kraft getretene ungarische Asylgesetz (Gesetz LXXX aus dem Jahr 2007, in deutscher Übersetzung zitiert in der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Düsseldorf vom 19. November 2014 [im Folgenden: Auswärtiges Amt], S. 2) regelt die sogenannte Asylhaft. Die in Art. 31/A Abs. 1 des Gesetzes geregelten Haftgründe (Identitätsfeststellung, Entziehung oder Behinderung des Asylverfahrens, Fluchtgefahr, Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, unterlassene Mitwirkung bei Vorladung) stimmen mit den in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU vom 26. Juni 2013 (Neufassung der EU-Aufnahmerichtlinie) geregelten Haftgründen überwiegend überein. Die ungarische Gesetzesregelung stellt daher als solche keine Verletzung des Unionsrechts dar und belegt keine systemischen Mängel im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO. Die tatsächliche Anwendungspraxis war bisher allerdings nicht ausreichend dokumentiert. Nach den jüngsten Erkenntnissen wird der Antragsteller bei einer Überstellung wie regelmäßig nahezu alle Dublin-Rückkehrer aller Voraussicht nach inhaftiert werden (Auskünfte an das VG Düsseldorf des UNHCR vom 30. September 2014 [im Folgenden: UNHCR], S. 2, und von Pro Asyl vom 31. Oktober 2014 [im Folgenden: Pro Asyl], S. 2). Die Kammer kann auch nicht feststellen, dass der Antragsteller als syrischer Staatsangehöriger von einer Inhaftierung ausgenommen wäre, weil er aus einem sogenannten anerkennungsträchtigen Herkunftsstaat kommt. Denn die dahingehende Mitteilung der Liaisonbeamtin des Bundesamtes in Ungarn vom September 2013 (zitiert bei VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. September 2014 - 6 L 1235/14.-A -, Rn. 70, juris) deckt sich nicht mit der aktuellen Erfahrung des UNHCR, in den Hafteinrichtungen auch Staatsangehörige anerkennungsträchtiger Staaten, darunter auch Syrer, angetroffen zu haben (UNHCR, S. 6). Überdies dürfte die der mitgeteilten Praxis wohl zugrundeliegende Annahme, dass Antragsteller, die eine begründete Aussicht auf eine Zuerkennung internationalen Schutzes haben, ein gesteigertes Interesse haben, am Asylverfahren mitzuwirken, auf Dublin-Rückkehrer gerade nicht zutreffen. Als Dublin-Rückkehrer, dessen Asylverfahren nach seiner Ausreise aus Ungarn ohne Sachentscheidung eingestellt wurde (Blatt 33 Verwaltungsvorgang), wird der Antragsteller in Ungarn nicht als Folge-, sondern Erstantragsteller behandelt (Auswärtiges Amt, S. 6; vgl. auch die Entscheidung des österreichischen Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juli 2014 - W 185 2006247-1) und damit in der sogenannten Asylhaft untergebracht werden (UNHCR, a. a. O., Seite 2). Zwar existieren in einzelnen Haftanstalten hygienisch problematische Bedingungen; es fehlt an einer ausreichenden Ausstattung mit Waschräumen und Duschen oder wird der Nährwert der Mahlzeiten nicht überwacht (Pro Asyl, S. 4 f.; UNHCR, S. 3). Die Mindestanforderungen werden allerdings bei summarischer Prüfung grundsätzlich gewahrt (kritisch allerdings VG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Mai 2014 - 13 L 172.14 A -, juris). So können sich die Inhaftierten tagsüber frei bewegen und erhalten regelmäßig etwas zu essen, gibt es keine Überbelegungen und ist jedenfalls eine ärztliche Grundversorgung sichergestellt (Auswärtiges Amt, S. 3 f.; Pro Asyl, S. 5; UNHCR, S. 3). Regelhafte Funktionsstörungen von erheblichem Gewicht lassen sich damit nicht feststellen. Die Feststellung, dass die Inhaftierten in Handschellen und an einer Leine zu Auswärtsterminen bei der Behörde, dem Gericht oder einem Arzt geführt werden (Pro Asyl, S. 5; UNHCR, S. 3), stellt für sich genommen keine erniedrigende Behandlung dar, da dies in Ungarn auch für Strafgefangene üblich ist und nicht erkennbar ist, dass diese Vorgehensweise als Instrument eingesetzt wird, um den Betroffenen zur Schau zu stellen. Schließlich werden die Asylantragsteller auch nicht unbefristet und ohne Aussicht auf Entlassung inhaftiert. Die maximale Haftdauer beträgt sechs Monate (Auswärtiges Amt, S. 2; Pro Asyl, S. 2).

9. Dem Antragsteller droht jedoch die systemtische Verletzung seines Rechts auf Freiheit aus Art. 6 EU-GR-Charta. Auch wenn Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO hierauf nicht ausdrücklich Bezug nimmt, ist ein erweiterndes Verständnis dahingehend, dass auch sonstige Unionsgrundrechte Beachtung finden müssen, unumgänglich. Denn die Vorschrift kodifiziert die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach es sich bei der Entscheidung des Mitgliedstaats nach der Dublin-VO, ob er einen Asylantrag prüft, um die Durchführung von Unionsrecht handelt, so dass nach Art. 51 Abs. 1 EU-GR-Charta die Unionsgrundrechte gelten (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u. a. -, Rn. 64 ff., juris). Weder lässt sich der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs eine Einschränkung dahingehend entnehmen, dass das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens, wonach die Mitgliedstaaten die Grundrechte grundsätzlich achten, nur für eine Verletzung des Art. 4 EU-GR-Charta widerlegt werden könne (vgl. EuGH, a. a. O., Rn. 86), noch ließe sich eine derartige Ausnahme überzeugend begründen. Vielmehr haben die Mitgliedstaaten nach gefestigter Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht nur ihr nationales Recht unionsrechtskonform auszulegen, sondern auch darauf zu achten, dass sie sich nicht auf eine Auslegung einer Vorschrift des abgeleiteten Rechts stützen, die mit den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten oder den anderen allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts kollidiert (vgl. EuGH, a. a. O., Rn. 77, m. w. N., juris). In erweiternder Auslegung des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO ist der Mitgliedstaat aufgrund der unmittelbaren Bindung an die - primärrechtliche - EU-GR-Charta daher auch verpflichtet, weitere Grundrechtsverletzungen zu prüfen. Ihre inhaltliche Schranke findet diese Prüfung allerdings zum einen in der tatbestandlichen Beschränkung auf „systemische“ Mängel des „Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen“ und zum anderen in den hohen Anforderungen an die Widerlegung der grundsätzlichen Vermutung der Wahrung der EU-GR-Charta durch die Mitgliedstaaten. Eine Grundrechtsverletzung in diesem Sinne droht aber dem Antragsteller.

10. Nach Art. 6 EU-GR-Charta, für dessen Auslegung der Maßstab des Art. 5 EMRK heranzuziehen ist (vgl. Bernsdorff, in: Meyer, EU-GR-Charta, 4. Aufl. 2014, Art. 6 Rn. 13), hat jeder Mensch das Recht auf Freiheit. Die Freiheit darf nur bei rechtmäßiger Festnahme oder Freiheitsentziehung zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung oder zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist, und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden (Art. 5 Abs. 1 S. 2 Buchst. b und f EMRK). Jeder festgenommenen Person muss innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache mitgeteilt werden, welches die Gründe für ihre Festnahme sind und welche Beschuldigungen gegen sie erhoben werden (Abs. 2). Jede Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, hat das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet und ihre Entlassung anordnet, wenn die Freiheitsentziehung nicht rechtmäßig ist (Abs. 4). Die Haft muss in verhältnismäßiger Weise ihrem Zweck entsprechen. Sie muss den Umständen nach notwendig sein (EGMR, Urteil vom 30. April 2013 - 49872/11, Timoschenko/Ukraine, Rn. 265). Dies gilt sowohl für die Haftbedingungen (Elberling, in: Karpenstein/Mayer, EMRK, 2012, Art. 5, Rn. 25) als auch die Bemessung des Zeitintervalls für die Überprüfung der Haftanordnung (Elberling, a. a. O., Rn. 100). Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die inhaftierte Person eine Straftat begangen hat oder aber - etwa wie ein Asylantragsteller - in Angst um ihr Leben ihr Heimatland verlassen hat (EGMR, Urteil vom 25. Juni 1996 - 19776/92 - Amuur/Frankreich, Rn. 43; Urteil vom 29. Januar 2008 - 13229/03 - Saadi/Vereinigtes Königreich, Rn. 74).

11. Gemessen an diesem Maßstab ist die Vermutung, dass Ungarn im Asylverfahren das Recht auf Freiheit nach Art. 6 EU-GR-Charta achtet, auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnisse zur tatsächlichen Inhaftierung von Asylantragstellern bei summarischer Prüfung als widerlegt anzusehen. Es besteht die ernstliche Befürchtung der systematisch willkürlichen und unverhältnismäßigen Inhaftierung von alleinstehenden und volljährigen Dublin-Rückkehrern, zu denen auch der Antragsteller zählt. Zwar verbietet Art. 5 Abs. 1 EMRK nicht grundsätzlich, auch Asylantragsteller zu inhaftieren (vgl. EGMR, Urteil vom 29. Januar 2008 - 13229/03 - Saadi/Vereinigtes Königreich, Rn. 64). Es bestehen allerdings tatsächliche Anhaltspunkte für eine willkürliche und unverhältnismäßige Anwendungspraxis in Ungarn. Der nur begrenzte Zweck der Asylhaft findet bei deren Ausgestaltung keine hinreichende Berücksichtigung. So lässt sich die ausnahmslose Inhaftierung aller Dublin-Rückkehrer schon als solche durch die in Art. 31/A Abs. 1 des ungarischen Asylgesetzes geregelten Haftgründe kaum rechtfertigen. Auch gibt es Hinweise auf gesetzlich überhaupt nicht vorgesehene Begründungen der Haft (vgl. Pro Asyl, S. 8). Hinzukommt, dass den Inhaftierten unter Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 EMRK eine (verständliche) individuelle Begründung der Haftanordnung vorenthalten wird (UNHCR, S. 2; Pro Asyl, S. 8). Dies wie auch die geschilderte tatsächliche Entscheidungspraxis wecken den Verdacht einer willkürlichen und damit gesetzeswidrigen Handhabung der gesetzlich geregelten Haftgründe durch die Behörden. Die durchschnittliche Dauer der Inhaftierung über mehrere Monate (Pro Asyl, S. 1; UNHCR, S. 2) erscheint zumindest bei bestimmten Haftgründen (Identitätsfeststellung) sowie Staatsangehörigen aus anerkennungsträchtigen Herkunftsstaaten wie dem Antragsteller unverhältnismäßig. Jedenfalls erweisen sich der zeitliche Abstand der richterlichen Überprüfung der Haft wie auch die Ausgestaltung dieses Verfahrens als nicht effektiv und damit unverhältnismäßig. Gegen die Anordnung der Haft oder von Sicherungsmaßnahmen gegen einen Asylantragsteller existiert kein individuelles Rechtmittel (UNHCR, S. 7; Pro Asyl, S. 9 f.; Auswärtiges Amt, S. 7 f.). Auch die automatische gerichtliche Haftprüfung genügt den Anforderungen nicht. Eine solche Prüfung findet wegen der pauschalen Verlängerung der Haft um den maximal zulässigen Zeitraum erst nach zwei Monaten statt und beschränkt sich auf eine durchschnittlich dreiminütige Anhörung des Betroffenen (UNHCR, a. a. O.; Pro Asyl, a. a. O.). Nach alledem erscheint eine Überstellung des Antragstellers nach Ungarn nicht zumutbar.

5.5.2.3. Das Gericht geht - ebenso wie das VG Berlin - nicht von einem systemischen Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO explizit genannten Art. 4 GRCh ausgeht (s. o.), so führt gleichwohl der anzunehmende derzeitige Verstoß gegen Art. 6 GRCh (s.o.) schon aufgrund der unmittelbaren Geltung eben dieser unionsrechtlichen Grundrechtsbestimmung selbst dazu, dass die streitgegenständliche Entscheidung des BAMF keinen Bestand haben kann.

Die unmittelbare Verbindlichkeit von Art. 6 GRCh auch für die die Dublin-III-VO durchführende Antragsgegnerin ergibt sich bereits aus Art. 51 Abs. 1 GRCh. Das führt dazu, dass gemäß Art. 51 Abs. 1 GRCh nicht nur der in Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO explizit genannte Art. 4 GRCh, sondern auch Art. 6 GRCh unmittelbare Geltung beansprucht, und zwar unmittelbar, ohne dass es insoweit einer entsprechenden Klausel im Sekundärrecht der EU bedürfte.

5.5.2.4. Vor dem Hintergrund der rechtlichen Relevanz des Art. 6 i. V. m. Art. 51 Abs. 1 GRCh ist trotz der Verneinung einer systemischen Beeinträchtigung des in Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO explizit genannten Art. 4 GRCh von einem für den Ausschluss einer Rückführung des Antragsteller nach Ungarn hinreichend intensiven Grundrechtseingriff (in Art. 6 GRCh) auszugehen. Denn angesichts insbesondere des hohen Gewichts, das Stellungnahmen des UNHCR beizumessen ist (EuGH U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - Rn. 44, NVwZ-RR 2013, 660), führen die genannten neuesten Erkenntnismittel (Schreiben des UNHCR vom 9.5.2014 und vom 30.9.2014; Report des Menschenrechtsbeauftragten des Europarats vom 16.12.2014) dazu, vom Vorliegen systemischer Schwächen im ungarischen Asylsystem im Hinblick auf Art. 6, 51 Abs. 1 GRCh auszugehen (s. o.).

Dabei ist in keiner Weise ersichtlich, dass sich in der Zeit seit der Veröffentlichung der genannten Erkenntnismittel bis zur vorliegenden Entscheidung Veränderungen im ungarischen Asylsystem ergeben hätten. Die genannten fachkundigen Institutionen haben ihre kritischen Aussagen nicht relativiert, insbesondere hat der UNHCR keinen allgemeinen Bericht veröffentlicht, aus dem hervorginge, dass er seine kritische Haltung gegenüber dem ungarischen Asylsystem, die er in seiner Stellungnahme an das VG Düsseldorf zum Ausdruck gebracht hat, nicht mehr aufrecht erhalten würde. Der streitgegenständliche Bescheid (dort S. 2) zitiert zwar unter anderem das Urteil des EGMR vom 3. Juli 2014 (Az. 71932/12). Es wird aber nicht näher darauf eingegangen, dass dieses Urteil vom 3. Juli 2014 auf die genannten aktuellen Äußerungen des UNHCR nicht eingegangen ist; vielmehr datiert das letzte im Urteil vom 3. Juli 2014 dokumentierte UNHCR-Dokument auf das Jahr 2012 (vgl. EGMR U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - Rn. 28-32, 69; ebenso das im U. v. 3.7.2014 (dort Rn. 28) in Bezug genommene Urteil des EGMR 6.6.2013 - 2283/12 - Rn. 37-42). Auch hat die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren nicht ansatzweise vorgetragen, dass sich im Hinblick auf die Äußerungen des UNHCR gegenüber dem VG Düsseldorf vom Mai und vom September 2014 insoweit Verbesserungen ergeben hätten. Das Gericht sieht deshalb im Hinblick auf die seit nunmehr mehr als einem halben Jahr unveränderte neuere Erkenntnismittellage gegenüber dem ungarischen Asylsystem und die dort vorgebrachten Kritikpunkte (s.o.) für die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage überwiegende Erfolgsaussichten, und zwar auch ohne das Erfordernis ergänzender Anfragen bei den genannten Stellen dahin, ob von deren kritischer Haltung abgerückt wird.

5.6. Dieses Ergebnis erscheint auch in Anbetracht des primärrechtlichen Gebots der effektiven Umsetzung der Dublin-III-VO (vgl. Art. 4 Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union - EUV) sachgerecht, weil im Fall des Antragsteller - eines Asylrückkehrers - angesichts der genannten neuesten Erkenntnismittel die Gefahr einer Verletzung unionsrechtlicher Grundrechte (Art. 6 GRCh), die ebenfalls Teil des unionsrechtlichen Primärrechts sind (vgl. Art. 6 Abs. 1 EUV), hinreichend wahrscheinlich ist.

Dabei ist zwar zu sehen, dass den Regelungen der Dublin-III-Verordnung zunächst der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zugrunde liegt, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erschüttert sein muss, um zum Erfolg eines Rechtsbehelfs gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG führen zu können. Dieser Grundsatz kann nicht mittels jedweder Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat außer Kraft gesetzt werden (vgl. EuGH (Große Kammer) U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - Rn. 82, NVwZ 2012, 417); denn andernfalls würden die betreffenden Verpflichtungen zur Beachtung der Bestimmungen der Dublin-III-VO in ihrem Kern ausgehöhlt werden (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn. 85).

Das ändert aber nichts daran, dass Stellungnahmen des UNHCR - angesichts der Rolle, die diesem durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist - bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem nach der Dublin-III-VO zuständigen Mitgliedstaat besondere Relevanz zukommt (EuGH U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - Rn. 44, NVwZ-RR 2013, 660). Hinzu kommt, dass die im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung veröffentlichten aktuellen Stellungnahmen der Non-Government-Organisationen keine andere Einschätzung nahelegen als diejenige, die der UNHCR in seinem Schreiben vom 9. Mai 2014 dem Verwaltungsgericht Düsseldorf mitgeteilt hat (s.o.).

Dies rechtfertigt es, auch in Anbetracht des primärrechtlichen Effektivitätsgrundsatzes und des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten, im Hinblick auf Art. 4 GRCh, den der sekundärrechtliche Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO selbst in Bezug nimmt, von systemischen Schwächen im ungarischen Asylsystem i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO auszugehen, so dass Ungarn - obwohl an sich nach der Dublin-III-VO zur Durchführung des Asylverfahrens des Antragsteller berufen - gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO gleichwohl nicht zuständig ist.

5.7. Angesichts der somit wegen Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO nicht gegebenen Zuständigkeit Ungarns, ist nach dieser Vorschrift weiter zu prüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wobei eine entsprechende verwaltungsgerichtliche Prüfung aber nicht gleichsam „ins Blaue hinein“ vorzunehmen ist, sondern nur insoweit, also sich aus den Akten oder dem sonstigen Vorbringen der Beteiligten hinreichende Anhaltspunkte hierfür ergeben (OVG NRW U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris Rn. 31).

Vorliegend ist eine Zuständigkeit anderer Mitgliedstaaten nach der Dublin-III-VO aber nicht ersichtlich. Für eine Zuständigkeit anderer Staaten als der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 13 Dublin-III-VO ist nichts ersichtlich. Wie bereits gezeigt, kommt eine vorrangige Zuständigkeit Griechenlands aufgrund Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO aufgrund der dort bestehenden systemischen Mängel des Asylsystems nicht in Betracht (s. o.). Auch hat die Reise des Antragsteller von Ungarn nach Deutschland keine Zuständigkeit nach Art. 13 Abs. 2 Dublin-III-VO begründet. Der Antragsteller hat seinen Reiseweg von Ungarn nach Deutschland zwar nicht im Detail geschildert; unabhängig von der Frage, durch welche Mitgliedstaaten die Reise des Antragsteller von Ungarn nach Deutschland geführt hat, und abgesehen vom Fehlen aktenkundiger Beweismittel oder Indizien gemäß den in Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 2 i. V. m. Art. 22 Abs. 3 Dublin-III-VO genannten Verzeichnissen wäre aber jedenfalls das Erfordernis eines mindestens 5-monatigen Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat (Art. 13 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) nach dem aktenkundigen Ablauf der Ereignisse nicht gegeben. Ein Fall visafreier Einreise (Art. 14 Dublin-III-VO) ist beim Antragsteller, der syrischer Staatsangehöriger ist, nicht gegeben. Art. 15 Dublin-III-VO ist nicht einschlägig, weil der Antragsteller nicht im Transitbereich eines Flughafens einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Danach ist gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO angesichts der - wie gezeigt - gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO anzunehmenden Unzuständigkeit Griechenlands und Ungarns (s. o.) die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des Asylantrags des Antragsteller zuständig.

5.8. Das führt im Ergebnis dazu, dass weder die Voraussetzungen für eine Unzulässigkeit des Asylantrags des Antragsteller nach § 27a AsylVfG noch für eine Abschiebungsandrohung nach § 34a AsylVfG vorgelegen haben, die insoweit zulässige Anfechtungsklage deshalb voraussichtlich in vollem Umfang Erfolg hat (§ 113 Abs. 1 VwGO) und deshalb auch dem vorliegenden Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vollumfänglich stattzugeben ist.

6. Nachdem der Antrag vollumfänglich Erfolg hat, sind die Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Feb. 2015 - M 24 S 15.50091

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Feb. 2015 - M 24 S 15.50091

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Feb. 2015 - M 24 S 15.50091 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 52


Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:1.In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 83


Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 4 Zustellung durch die Post mittels Einschreiben


(1) Ein Dokument kann durch die Post mittels Einschreiben durch Übergabe oder mittels Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden. (2) Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Im Übrigen gilt das Dokument am dritten Tag nach der Aufgabe

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Feb. 2015 - M 24 S 15.50091 zitiert oder wird zitiert von 30 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Feb. 2015 - M 24 S 15.50091 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2013 - III ZR 342/12

bei uns veröffentlicht am 04.07.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 342/12 Verkündet am: 4. Juli 2013 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 839 B, Ca,

Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 11. Dez. 2014 - W 1 S 14.50043

bei uns veröffentlicht am 11.12.2014

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der Antragsteller wurde am ... in Bad K. geboren.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 07. März 2014 - 1 A 21/12.A

bei uns veröffentlicht am 07.03.2014

Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläg

Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 10. Feb. 2014 - 19 AE 5415/13

bei uns veröffentlicht am 10.02.2014

Tenor Der auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gerichtete Antrag wird abgelehnt. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller. Gründe I. 1 Der Antragsteller,
26 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Feb. 2015 - M 24 S 15.50091.

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 29. Apr. 2015 - W 1 K 14.30139

bei uns veröffentlicht am 29.04.2015

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand 1. Die Kläger sind nach eigenen Angaben kosovarische Staats

Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Mai 2015 - M 1 S 14.50568

bei uns veröffentlicht am 20.05.2015

Tenor I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt. II. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt. III. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfa

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2015 - 13a ZB 15.50097

bei uns veröffentlicht am 12.06.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung g

Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Apr. 2015 - M 1 S 15.50341

bei uns veröffentlicht am 28.04.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe I. Der Antragsteller ist syrischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben am 22.

Referenzen

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Ein Dokument kann durch die Post mittels Einschreiben durch Übergabe oder mittels Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden.

(2) Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Im Übrigen gilt das Dokument am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen. Der Tag der Aufgabe zur Post ist in den Akten zu vermerken.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198

Tenor

Der auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gerichtete Antrag wird abgelehnt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller, nach eigenen Angaben afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit, begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin, der sich u.a. auf die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (im Folgenden: Dublin II-VO) stützt.

2

Am 22. Mai 2013 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Gewährung von Asyl. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch die Antragsgegnerin gab er an, er sei von Afghanistan mit dem Bus nach Teheran und von dort in die Türkei gefahren. Mit einem Schlauchboot sei er mit weiteren Flüchtlingen nach Griechenland gelangt. Mit gefälschten griechischen Papieren sei er sodann von Griechenland nach Deutschland geflogen. Hierauf konfrontierte die Antragsgegnerin den Antragsteller mit einem EURODAC-Treffer für Ungarn. Der Antragsteller erklärte nunmehr, er sei in Griechenland von Paschtunen verfolgt worden. Er habe deshalb zunächst auf dem Landweg ausreisen wollen und sei irgendwo festgenommen worden. Die Antragsgegnerin brach daraufhin die Anhörung ab.

3

Am 26. November 2013 richtete die Antragsgegnerin hinsichtlich des Antragstellers ein Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO (vgl. Bl. 59 bis 62 der Asylakte). Diesem Wiederaufnahmeersuchen entsprach Ungarn mit Schreiben vom 2. Dezember 2013 (vgl. Bl. 64 der Asylakte).

4

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2013, dem Antragsteller persönlich zugestellt am 18. Dezember 2013, stellte die Antragsgegnerin fest, dass der Asylantrag des Antragstellers unzulässig sei und ordnete seine Abschiebung nach Ungarn an. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die sie zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts veranlassen könnten, bestünden nicht.

5

Am 20. Dezember 2013 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und den vorliegenden Eilantrag gestellt: Es sei nicht ersichtlich, ob er in Ungarn als Asylberechtigter oder Flüchtling anerkannt worden sei oder Abschiebungsverbote festgestellt worden seien. Daher sei im Verfahren des Eilrechtsschutzes davon auszugehen, dass sein Asylverfahren in Ungarn noch nicht abgeschlossen sei. Die Antragsgegnerin habe die Einhaltung der 3-Monats-Frist nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO mit der Folge versäumt, dass sie nunmehr gemäß Satz 2 der Bestimmung selbst für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei. In Ungarn sei er überdies der Gefahr der Obdachlosigkeit und mangelnder Versorgung ausgesetzt. Eine Bescheidung seines Asylantrages nach Maßgabe der unionsrechtlichen Verfahrensgarantien sei in Ungarn nicht gewährleistet.

6

Der Antragsteller beantragt „gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zu beschließen“,

7

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, Maßnahmen zu seiner Abschiebung nach Ungarn vorläufig bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren auszusetzen und der zuständigen Ausländerbehörde unverzüglich mitzuteilen, dass seine Abschiebung nach Ungarn vorläufig bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht durchgeführt werden darf.

8

Die Antragsgegnerin beantragt,

9

den Antrag abzulehnen.

10

Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Bescheid.

11

Der Einzelrichter hat den Rechtsstreit - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten unter Hinweis auf die Wiedereinführung eines Haftregimes in Ungarn zum 1. Juli 2013 (vgl. hierzu das gerichtliche Schreiben vom 8. Januar 2014) - mit Beschluss vom 23. Januar 2014 gemäß § 76 Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 AsylVfG auf die Kammer übertragen.

II.

12

Das als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (19 A 5414/13) verstandene Rechtsschutzbegehren hat keinen Erfolg. Der Antrag ist zwar zulässig (dazu unter 1.), aber unbegründet (dazu unter 2.).

13

1. Der gegen die erlassene Abschiebungsanordnung (vgl. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) und damit auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 20. Dezember 2013 gerichtete Eilantrag ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft. Die aufschiebende Wirkung ist vorliegend gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylVfG kraft Gesetzes entfallen. Nach Änderung von § 34a Abs. 2 AsylVfG durch Art. 1 Nr. 27 Buchst. b des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) ist die Stellung eines Eilantrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nicht mehr ausgeschlossen, sondern gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG (n.F.). ausdrücklich zulässig. Diese neue Bestimmung ist auch anwendbar. Sie ist nach Maßgabe von Art. 7 Satz 2 des Gesetzes am Tage nach der Verkündung in Kraft getreten. Die Verkündung des Gesetzes erfolgte am 5. September 2013.

14

Der Antrag ist auch fristgemäß gestellt. Die in § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG normierte Wochenfrist hat der Antragsteller gewahrt.

15

2. Der Antrag hat indes in der Sache keinen Erfolg. Der in der Hauptsache erhobenen Klage sind die erforderlichen Erfolgsaussichten abzusprechen. Damit bleibt es beim Vorrang des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des streitgegenständlichen Bescheids vor dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Die Antragsgegnerin dürfte zu Recht die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn angeordnet haben.

16

Die Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Danach ordnet das Bundesamt, sofern der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht, § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG. Hiernach ist der Erlass der Abschiebungsanordnung nicht zu beanstanden. Die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn ist rechtlich zulässig und tatsächlich möglich.

17

a) Für die Durchführung des Asylverfahrens ist aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft (vgl. § 27a AsylVfG), der Vorschriften der Dublin II-VO, nicht die Antragsgegnerin, sondern Ungarn zuständig. Die Dublin II-VO findet auf den vorliegenden Fall noch Anwendung. Sie ist zwar inzwischen durch Art. 48 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO), aufgehoben worden. Bei dem Antrag des Antragstellers vom 22. Mai 2013 handelt es sich jedoch um einen „Altantrag“ im Sinne des Art. 49 Dublin III-VO, auf den die Kriterien der Dublin II-VO zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats weiterhin Anwendung finden.

18

Nach Art. 13 Dublin II-VO ist, sofern sich anhand der Kriterien dieser Verordnung nicht bestimmen lässt, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags obliegt, der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Vorliegend sind die vorrangig (vgl. Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO) zu prüfenden Zuständigkeitskriterien gemäß Art. 6 bis Art. 12 Dublin II-VO nicht einschlägig. Folglich verbleibt es bei der Zuständigkeit Ungarns, wo der Antragsteller ausweislich des Schreibens der ungarischen Dublin Coordination Unit vom 2. Dezember 2013 am 26. März 2013 einen – am 9. September 2013 abgelehnten – Asylantrag gestellt hat (vgl. Bl. 64 d. Asylakte).

19

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die Zuständigkeit nicht zwischenzeitlich infolge Zeitablaufs auf die Antragsgegnerin übergegangen. Soweit Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO bestimmt, dass der Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, wenn das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten unterbreitet wird, findet diese Regelung vorliegend keine Anwendung. Mit dieser Drei-Monats-Frist ist (allein) die in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO bestimmte Frist gemeint. Danach kann ein Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag gestellt wurde und der einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig hält, sobald wie möglich, in jedem Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des Antrags im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Dublin II-VO den anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Asylbewerber aufzunehmen. Die Regelung des Art. 17 Dublin II-VO betrifft jedoch ausschließlich sog. Aufnahmeersuchen im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Buchst. a Dublin II-VO. Danach ist der Mitgliedstaat, der nach der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrags zuständig ist, gehalten, einen Asylbewerber, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Art. 17 bis 19 Dublin II-VO aufzunehmen. Hierunter fallen indes nur die Fälle derjenigen Asylbewerber, die noch keinen Asylantrag in dem ersuchten Mitgliedstaat gestellt haben. Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO findet hingegen keine Anwendung auf den – hier vorliegenden – Fall eines Wiederaufnahmegesuchs nach bereits in einem anderen Mitgliedstaat gestellten Asylantrag. Dafür spricht zunächst der eindeutige Wortlaut der Dublin II-VO. Die Verordnung unterscheidet klar zwischen Aufnahme- und Wiederaufnahmeverfahren (VG Berlin, Beschl. v. 7.10.2013, 33 L 403.13 A, juris Rn. 9). Dies ergibt sich schon aus der Überschrift ihres V. Kapitels „AUFNAHME UND WIEDERAUFNAHME“. Aus der Systematik der Verordnung wird ebenfalls deutlich, dass Art. 17 Dublin II-VO ausschließlich auf Aufnahmegesuche im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Buchst. a Dublin II-VO und nicht auf Wiederaufnahmegesuche nach Art. 20 Dublin II-VO Anwendung finden soll. Die für die Wiederaufnahmeverfahren allein maßgebliche Regelung des Art. 20 Dublin II-VO enthält weder eine entsprechende Fristenregelung noch nimmt sie auf die Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO Bezug (vgl. zum Ganzen: VG Hamburg, Beschl. 18.11.2013, 10 AE 4755/13). Vor diesem Hintergrund ist der Ansicht des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Beschl. v. 7.8.2012, 22 L 1158/12.A, juris 24), Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO wolle „alle Arten von Aufnahmeanträgen“ erfassen, nicht zu folgen. Zwar sieht sich das Verwaltungsgericht Düsseldorf in seiner Auffassung durch einen „klarstellenden“ Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Neufassung der Verordnung Nr. 343/2003 vom 3. Dezember 2008, Art. 20 durch Art. 23 zu ersetzen und darin ausdrücklich für die Stellung eines Wiederaufnahmegesuchs eine Frist von zwei bzw. drei Monaten festzulegen, bestätigt. Tatsächlich war dieser Vorschlag jedoch nicht lediglich „klarstellender“ Natur. Insoweit ist auf Seite 6 des Dokuments zu verweisen. Für die Vorlage von Wiederaufnahmegesuchen werden danach Fristen (erstmals) „eingeführt“. Es sollte also eine Rechtsänderung erfolgen.

20

b) Die Antragsgegnerin ist auch nicht mit Blick auf das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zuständig. Danach kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der betreffende Mitgliedstaat wird dadurch zum ständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin II-VO und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller besteht vorliegend keine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Ausübung dieses Selbsteintrittsrechts. Im Einzelnen:

21

aa) Eine Verpflichtung zum Selbsteintritt ergibt sich hier nicht daraus, dass das Asylverfahren in Ungarn systemische Mängel aufweist (vgl. zu diesem Maßstab EuGH, Urt. v. 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, InfAuslR 2012, 108, juris Rn. 86; EuGH, Urt. v. 14.11.2013, C-4/11, NVwZ 2014, 129). Derartige Missstände sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) für Ungarn nicht anzunehmen (ebenso VGH Mannheim, Beschl. v. 6.08.2013, 12 S 675/13, juris Rn. 5; VG Magdeburg, Beschl. v. 30.09.2013, 1 B 375/13, juris Rn. 6; VG Trier, Beschl. v. 18.10.2013, 2 L 1483/13.TR, juris Rn. 21; VG Hannover, Urt. v. 7.11.2013, 2 A 4696/12, juris Rn. 30; österreichischer Asylgerichtshof, Entscheidung v. 26.11.2013, S7 438673-1/2013, Ziff. 2.7, vgl. www.ris.bka.gv.at; VG Augsburg, Beschl. v. 5.12.2013, AU 7 S 13.30454, juris Rn. 24; VG Regensburg, Kammer 5, Beschl. v. 17.12.2013, RN 5 S 13.30749, juris Rn. 18; VG Regensburg, Kammer 6, Beschl. v. 27.12.2013, RN 6 S 13.30709, juris Rn. 28; VG München, Beschl. v. 27.01.2014, M 4 S 14.30066, juris Rn. 29; VG Potsdam, Beschl. v. 29.01.2014, 6 L 29/14.A, juris Rn. 7; a.A. VG Frankfurt, Beschl. v. 24.07.2013, VG 1 L 213/13.A. juris Rn. 3). Bei Beantwortung der Frage, ob eine Abschiebung auf Grundlage der Dublin II-VO in ein anderes Land möglich ist oder dem systemische Mängel im dortigen Asylverfahren entgegenstehen, ist von Folgendem auszugehen: Die materielle Beweislast für das Vorliegen systemischer Mängel liegt beim Ausländer, nicht etwa muss das Bundesamt eine geäußerte Befürchtung, solche Mängel lägen vor, entkräften (vgl. VG Hamburg, Beschl. v. 8.01.2014, 17 AE 4953/13, juris Rn. 4; a.A. jedenfalls für das Eilverfahren VG Freiburg, Beschl. v. 28.08.2013, A 5 K 1406/13, juris Rn. 19). Einstweiliger Rechtsschutz ist auch nicht allein mit der Erwägung zu gewähren, die Klärung der vom Ausländer geäußerten Bedenken gegen die Abschiebung in ein anderes Land müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben (so aber VG München, Beschl. v. 11.11.2013, M 18 S 13.31119, juris Rn. 26). Die Dublin II-VO beruht nämlich auf ähnlichen Erwägungen wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (vgl. zu beidem VGH Mannheim, Beschl. v. 6.08.2013, 12 S 675/13, juris 3). Die Verordnung geht insbesondere von der Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention aus (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, InfAuslR 2012, 108, juris Rn. 75 ff.). Hinsichtlich der Einhaltung dieser Normen dürfen die Mitgliedstaaten einander Vertrauen entgegenbringen (EuGH a.a.O., Rn. 78 f.). Unter diesen Bedingungen muss deshalb die Vermutung gelten, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht (EuGH a.a.O., Rn. 80). Eine solche Vermutung gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Für sie besteht kein Raum mehr, wenn den Mitgliedstaaten nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern in dem ursprünglich nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin II-VO als zuständig bestimmten Mitgliedstaat bestehen. Es müssen insoweit ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der betreffende Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 14. November 2013, C-4/11, NVwZ 2014, 129). Von einer solchen Sachlage kann im Fall des Antragstellers nicht ausgegangen werden.

22

(1) Es bestehen zunächst keine ernsthaften und durch Tatsachen bestätigten Gründe für die Annahme, er sei in seiner konkreten Situation in Ungarn der Gefahr der Obdachlosigkeit und mangelnder Versorgung ausgesetzt. Seine diesbezüglichen, nicht belegten Angaben bleiben unsubstantiiert. Er hat auch nicht etwa dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er aufgrund bereits eingetretener Obdachlosigkeit und/oder mangelnder Versorgung Ungarn verlassen musste.

23

(2) Es kann nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand ferner nicht angenommen werden, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr nach Ungarn entgegen unionsrechtlicher Verfahrensgarantien inhaftiert würde. Die Tatsache, dass Ungarn überhaupt eine Inhaftierung von Asylbewerbern in Betracht zieht, ist europarechtlich im Grundsatz nicht zu beanstanden. Inhaftierungen von Asylantragstellern sind in Ungarn nach Maßgabe der Gesetzesänderung ab Juli 2013 (nur noch) in gesetzlich bestimmten besonderen Fällen erlaubt (VG Potsdam, Beschl. v. 29.01.2014, 6 L 29/14.A, juris 9). Art. 8 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, gibt hierfür einen rechtlichen Rahmen. Dass dessen Grenzen durch das ungarische Recht überschritten werden, ist gegenwärtig nicht erkennbar.

24

Eine tragfähige Grundlage für die Annahme eines möglicherweise als systemisch zu bewertenden Mangels durch eine ungerechtfertigte Freiheitsentziehung dürfte grundsätzlich erst dann gegeben sein, wenn kompetente Stellen wie etwa der UNHCR und das EASO (Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen, errichtet durch die Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 132 v. 29.5.2010, S. 11) einen solchen Mangel feststellen (vgl. VG Ansbach, Beschl. v. 3.12.2013, AN 11 S 13.31074, juris Rn. 22 unter Hinweis auf die Erwägungsgründe 22 und 23 sowie Art. 33 der Dublin-III VO; ihm folgend VG Hamburg, Beschl. v. 7.01.2014, 10 AE 5467/13). An entsprechenden Stellungnahmen fehlt es indes zum jetzigen Zeitpunkt:

25

Im unmittelbaren zeitlichen Vorfeld zur am 1. Juli 2013 in Kraft getretenen Gesetzesänderung in Ungarn hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Urteil vom 6. Juni 2013 (2283/12, http://www.refworld.org/pdfid/51b192004.pdf; auszugsweise inoffizielle Übersetzung abrufbar beim Informationsverbund Asyl & Migration) zu den seinerzeit vorliegenden Auskünften des UNHCR ausgeführt:

26

"105. However, the Court notes that the UNHCR never issued a position paper requesting European Union Member States to refrain from transferring asylum-seekers to Hungary under the Dublin Regulation (compare the situation of Greece discussed in M.S.S. v. Belgium and Greece, cited above, § 195). Furthermore, the Court reiterates that the time of the assessment of whether the applicant would be at a real risk of suffering treatment contrary to Article 3 of the Convention upon a transfer to Hungary is that of the proceedings before it. With that in mind, the Court refers to the most recent note issued by the UNHCR in which it appreciatively acknowledges the planned changes to the law by the Hungarian Government and makes particular reference to the fact that transferees that immediately apply for asylum upon their arrival in Hungary will no longer be subject to detention. Moreover, the UNHCR also remarked on the reported intention of the Hungarian authorities to introduce additional legal guarantees concerning detention and to ensure unhindered access to basic facilities. It finally noted that the number of detained asylum-seekers declined significantly in 2012 (see paragraphs 48-50 above).

27

106. Under those circumstances and as regards the possible detention of the applicant and the related complaints, the Court concludes that in view of the recent report made by the UNHCR, the applicant would no longer be at a real and individual risk of being subjected to treatment in violation of Article 3 of the Convention upon a transfer to Hungary under the Dublin Regulation."

28

Die neue ungarische Vorschrift (vgl. hierzu http://helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-update-hungary-asylum-1-July-2013.pdf) kennt Verwaltungshaft

29

- zur Überprüfung der Identität und Nationalität des Antragstellers.
- wenn der Asylsuchende untergetaucht ist oder die Durchführung des Asylverfahrens auf andere Art und Weise behindert.
- um notwendige Informationen zur Durchführung des Asylverfahrens zu erhalten, wenn gewichtige Gründe für die Annahme bestehen, der Asylsuchende würde das Verfahren verzögern, behindern oder untertauchen.
- zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
- wenn der Asylantrag am Flughafen gestellt wurde.
- wenn der Antragsteller wiederholt seinen Verpflichtungen an Verfahrenshandlungen mitzuwirken nicht nachgekommen ist und damit die Durchführung eines Dublin-Verfahrens behindert.

30

Die Anwendung dieser Vorschrift in der Praxis ist Gegenstand einer Untersuchung der Working Group on Arbitrary Detention des UNHCR in Ungarn in der Zeit vom 23. September bis 2. Oktober 2013 gewesen. Die UN-Experten brachten hierbei ihre Besorgnis zum Ausdruck, die Wiedereinführung des Haftregimes könne aufgrund eines unzureichenden Rechtsschutzes zu willkürlicher Inhaftierung von Asylbewerbern und illegalen Ausländern führen (www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=13817&LangID=E). Der für das Jahr 2014 angekündigte Abschlussbericht, der die seinerzeit geäußerte Besorgnis ausräumen oder bestätigen könnte, liegt aber noch nicht vor. Diesem Bericht kommt auch deshalb besonderes Gewicht zu, weil sich die rechtlichen Rahmenbedingungen in Ungarn zum 1. Januar 2014 erneut geändert haben dürften (vgl. österreichischer Asylgerichtshof, Entscheidung v. 26.11.2013, S7 438673-1/2013, Ziff. I.8, vgl. http://www.ris.bka.gv.at).

31

Eine Stellungnahme von EASO zu Ungarn liegt ebenfalls nicht vor (vgl. http://easo.europa.eu/asylum-documentation/easo-publication-and-documentation/). Das Arbeitsprogramm der EASO für 2013 enthält keine Hinweise zu Ungarn; das gleiche gilt für das Arbeitsprogramm für 2014.

32

Die von der Kammer weiter ausgewerteten Stellungnahmen von Nichtregierungsorganisationen führen ebenfalls nicht weiter. Die "BRIEF INFORMATION NOTE ON THE MAIN ASYLUM-RELATED LEGAL CHANGES IN HUNGARY AS OF 1 JULY 2013" des Ungarischen Helsinki Komitees zeichnet zwar ein kritisches Bild von der gesetzlichen Neuregelung; einen Beitrag zur erforderlich gehaltenen Überwachung der ungarischen Verwaltungspraxis leistet sie selbst aber nicht. Der bordermonitoring.eu e.V. weist in seiner Schrift "UNGARN: FLÜCHTLINGE ZWISCHEN HAFT UND OBDACHLOSIGKEIT Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012" aus dem Oktober 2013 darauf hin, dass Asylbewerber zumindest dann, wenn sie sich in Ungarn noch in einem laufenden Verfahren befinden das Inhaftierungskriterium des „Untertauchens“ bzw. der Behinderung oder Verzögerung des Asylverfahrens allein schon durch ihre Weiterwanderung erfüllt haben dürften. Ob im Regelfall tatsächlich mit einer Inhaftierung zu rechnen ist, bleibt jedoch offen (vgl. S. 10, 35). Damit kann im Fall des Antragstellers, bei dem überdies unklar ist, ob sein Verfahren überhaupt endgültig abgeschlossen oder ein Rechtbehelf eingelegt worden ist, nicht von einer drohenden rechtswidrigen Inhaftierung ausgegangen werden.

33

bb) Außergewöhnliche humanitäre Gründe, wie sie die Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid (S. 2) – erkennbar mit Blick auf Art. 15 Dublin II-VO – anführt, machen die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach den Umständen des Einzelfalls nicht erforderlich. Das Vorliegen solcher Gründe ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

III.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.

32
Zwar muss - wie der Senat in seinem Urteil vom 11. März 2010 (III ZR 124/09, NJW-RR 2010, 1465 Rn. 15) entschieden hat - dann, wenn die Haftbedingungen in einer Zelle menschenunwürdig sind und die Vollzugsanstalt auch unter Berücksichtigung aller ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten (einschließlich der Verlegung in eine andere Haftanstalt, gegebenenfalls auch in einem anderen Bundesland; vgl. zur Verlegung auch BVerfG, Beschluss vom 13. November 2007 - 2 BvR 2201/05, juris Rn. 13; EuGRZ 2008, 83) die Haftsituation nicht ändern kann, notfalls die Strafvollstreckung unterbrochen werden. Die Aufrechterhaltung eines gegen Art. 1 Abs. 1 GG verstoßenden Zustands ist verboten. Eine Abwägung der unantastbaren Menschenwürde mit anderen - selbst verfassungsrechtlichen - Belangen ist nicht möglich (vgl. BVerfG, NJW 2006, 1580, 1581 Rn. 18). Die Vollzugsanstalt hat deshalb in letzter Konsequenz den Strafvollzug zu unterbrechen, wenn und solange eine weitere Unterbringung nur unter menschenunwürdigen Bedingungen in Betracht kommt (vgl. auch BVerfG, NJW-RR 2011, 1043 Rn. 49). Auch in einem solchen Fall - für dessen Vorliegen hier allerdings nichts ersichtlich ist - wird jedoch der Anwendungsbereich des Art. 5 EMRK nicht berührt. Denn nach der Systematik der Konvention und der Rechtsprechung des EGMR werden unzumutbare Haftbedingungen ausschließlich von Art. 3 EMRK erfasst.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller wurde am ... in Bad K. geboren. Seine Eltern sowie die beiden älteren Brüder betreiben eigene Asylverfahren und dazugehörige Gerichtsverfahren (Az: W 1 K 14.30137, W 1 S 14.30138, W 1 K 14.30139, W 1 S 14.30140). Für sie liegen Eurodac-Treffer für U. vor.

Am 17. Februar 2014 wurde für den Antragsteller Asyl beantragt.

Aufgrund des Wiederaufnahmeersuchens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 25. März 2014 erklärten die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 1. April 2014 ihr Einverständnis mit der Übernahme des Antragstellers.

Mit Bescheid vom 3. April 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1 des Bescheides) und ordnete die Abschiebung nach U. an (Ziffer 2). Aufgrund der untrennbaren Verbindung mit den Familienangehörigen des Antragstellers, für die U. zuständig sei, sei U. gemäß Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO auch für die Behandlung seines Asylantrags zuständig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. Weder der UNHCR, noch das Hungarian Helsinki Commitee oder European Refugee Council hätten eine generelle Empfehlung ausgesprochen, Asylbewerber im Rahmen des Dublin-Verfahrens nicht nach U. zu überstellen. Wegen der weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Bescheid Bezug genommen. Dieser wurde der Mutter des Antragstellers ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 67/68 der Bundesamtsakte) am 10. April 2014 zugestellt.

Am 14. April 2014 wurde für den Antragsteller Klage erhoben (Az: W 1 K 14.50042), über die noch nicht entschieden ist.

Gleichzeitig wurde im vorliegenden Verfahren beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige, insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellte Antrag, die gemäß § 75 AsylVfG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist in der Sache nicht begründet. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse des Antragstellers, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, weil der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 3. April 2014 bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt.

1. Zu Recht wurde U. als für die Behandlung des Asylgesuchs des Antragstellers zuständiger Mitgliedstaat bestimmt. Die Antragsgegnerin ist auch nicht wegen Ablaufs der Frist für das Wiederaufnahmegesuch zuständig geworden.

Da sowohl der Asylantrag als auch das Wiederaufnahmeersuchen an U. nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurden, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates nach der Verordnung der Europäischen Union Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO, ABl. Nr. L 180, S. 31). Weil U. der nach Art. 16 Abs. 1c Dublin II-VO für die Behandlung der Asylanträge der Familienangehörigen des Antragstellers zuständige Mitgliedstaat ist, liegt bei diesem Staat auch gem. Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO die Zuständigkeit für das Asylverfahren des Antragstellers. Die Frist für die Stellung des Wiederaufnahmegesuchs an den ersuchten Mitgliedstaat nach Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO von drei Monaten ab Asylantragstellung, soweit sich dieses nicht auf eine EURODAC-Treffermeldung stützt, wurde eingehalten.

2. Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht.

Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff.) sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 10/2013, 342 ff.) nicht davon auszugehen, dass das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylsuchenden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) bzw. des bei der Auslegung des Art. 4 GR-Charta nach Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta heranzuziehenden Art. 3 EMRK ausgesetzt wären.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist eine Überstellung eines Asylbewerbers an einen anderen Mitgliedstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden i. S. v. Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaates gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (EuGH a. a. O.).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass derartige systemische Mängel bezüglich der Asylpraxis in U. (derzeit) vorliegen. Das Gericht teilt vielmehr insoweit aufgrund im Folgenden noch darzulegender eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 10/2013, 342 ff.) sowie einiger anderer deutscher Verwaltungsgerichte (VGH BW, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris; OVG LSA, B. v. 31.5.2013 - 4 L 169/12; VG Würzburg, U. v. 23.9.2014 - W 1 K 14.50050 - UA S. 8 ff.; VG Würzburg, B. v. 25.8.2014 - W 6 S 14.50100 - juris Rn. 17 ff.; B. v. 19.5.2014 - W 3 S 14.50045 - UA S. 5 ff.; VG Augsburg, B. v. 11.6.2014 - Au 7 S 14.50134 - juris Rn. 25 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris Rn. 7 ff.; VG Hannover, B. v. 27.5.2014 - 5 B 634/14 - juris Rn. 8 ff.), die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in U. verneinen (entgegen SächsOVG, B. v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14 - juris Rn. 4 m. w. N.; VG München, B. v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325 - juris Rn. 31 ff.; VG Stuttgart, U. v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14 - juris Rn. 16 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris Rn. 24 ff.; B. v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris Rn. 24 ff.; VG Oldenburg, B. v. 18.6.2014 - 12 B 1238/14 - juris Rn. 18 ff.).

Nach der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland U. vom Dezember 2012 hat das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet. Danach werden Asylsuchende nicht mehr ohne sachliche Prüfung ihres Asylantrags nach Serbien oder in die Ukraine zurückgeschoben und nicht inhaftiert, wenn sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise einreichen. „Dublin-Rückkehrer“ werden nicht automatisch inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (HHC, Brief information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013, Seite 1; in englischer Sprache im Internet abrufbar). Dass die Antragsteller nach einer Rücküberstellung nach U. unmittelbar nach Griechenland weitergeschoben würden, ist damit aufgrund dieser Erkenntnisquellen nicht anzunehmen. Gegenteiliges lässt sich auch dem Bericht von bordermonitoring.eu vom Oktober 2013, U.: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, nicht entnehmen.

Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems werden in jüngerer Zeit primär auf die im Juli 2013 in U. in Kraft getretene Gesetzesnovelle gestützt, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monaten möglich ist (vgl. hierzu etwa VG Frankfurt/Oder, B. v. 24.7.2013 - VG 1 L 213/13.A; VG München, B. v. 4.10.2013 - M 23 S 13.30926). Auch dieser Umstand vermag nach Auffassung des Gerichts - jedenfalls derzeit - systematische Mängel nicht zu begründen. So entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Gesetzes (eine englische Version dieses Gesetzes findet sich in dem in englischer Sprache verfassten Bericht: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts for the purpose of legal harmonisation; abrufbar im Internet) genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie (RL) 2013/33/EU, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil die Antragsteller einen Asylantrag gestellt haben (vgl. Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich. Kritisiert wurde diesbezüglich nur, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung bestünde (so HHC, Brief Information Note, S. 2 f.; European Council on Refugees and Exiles in seinem Bericht: Hungary passes legislation allowing widespread detention of asylum seekers; zugänglich im Internet in englischer Sprache; UNHCR comments and recommendations, S. 9).

Dass es tatsächlich zu einer systematischen, missbräuchlichen Anwendung der Inhaftierungsvorschriften komme oder bereits gekommen sei, kann diesen Berichten dagegen gerade nicht entnommen werden (vgl. hierzu nur HHC, Brief Information Note, S. 4, wo explizit darauf hingewiesen wird, dass die zukünftige Umsetzung und Anwendung dieser Gesetzesnovelle beobachtet werden muss). Gegenteiliges ist auch dem angeführten Bericht von bordermonitoring.eu, U.: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013 nicht zu entnehmen. Auch dort wird insoweit nur kritisiert, dass die entsprechenden Normen weit gefasst seien (vgl. S. 35 des genannten Berichts). Entsprechende Erkenntnismittel, die insoweit bereits bestehende systemische Mängel festgestellt hätten, sind aber bislang weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit und solange sich aber keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff.) davon auszugehen, dass auch für U. die Vermutung besteht, dass Asylsuchende jedenfalls seit November 2012 (wieder) in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden.

Schließlich geht das Gericht davon aus, dass nach derzeitiger Erkenntnislage die Lebensbedingungen insbesondere für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in U. zwar schwierig sind (vgl. hierzu den Bericht von bordermonitoring.eu, U.: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013, S. 16 ff. und S. 35 f.). Diese stellen sich, unabhängig von der Frage, ob dem Antragsteller bzw. seinen Familienangehörigen ein solcher Status überhaupt zuerkannt werden wird, nach Auffassung des Gerichts aber als nicht so gravierend dar, dass diese entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten. Denn von einem schwierigen Arbeitsmarkt sind die ungarischen Staatsangehörigen gleichermaßen betroffen. Darüber hinaus ergibt sich aus dem vorgelegten Bericht, dass Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte durchaus Anspruch auf öffentliche Leistungen haben (vgl. den genannten Bericht von bordermonitoring.eu, S. 16). Dass trotz dieser Unterstützungsleistungen anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten in ganz U. in systemischer Weise Obdachlosigkeit drohen würde, ist durch diesen Bericht dagegen nicht glaubhaft gemacht. So wird dort insbesondere auf Mietkosten in der Hauptstadt Budapest abgestellt, wo die Mietkosten deutlich höher sein dürften als im restlichen U. (vgl. bordermonitoring.eu, U.: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013, S. 16). Auch dieser Gesichtspunkt steht einer Rücküberstellung des Antragstellers daher nicht entgegen (so auch VG Würzburg, B. v. 10.12.2014 - W 1 S 14.50008, UA S. 9; B. v. 21.3.2014 - W 1 S 14.30147 - juris; B. v. 12.3.2014 - W 2 S 14.30217 - juris; VG Augsburg, B. v. 25.7.2013 - Au 7 S 13.30210 - juris).

Weder das Vorbringen des Antragstellers noch die neueren Erkenntnismittel, insbesondere der Bericht des Hungarian Helsinki Committee vom Mai 2014, die Auskunft von UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014 und der Bericht von PRO ASYL vom 11. Juli 2014 sowie die neuere Rechtsprechung führen zu einer anderen Beurteilung.

Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände insbesondere der Inhaftierungspraxis in U. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel. Denn weiterhin ist festzuhalten, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in U. explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach U. zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Denn die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtende - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - Halaf, C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).

Auch unter Einbeziehung der neuesten Berichte zur tatsächlichen Situation in U., insbesondere im Hinblick auf die regelmäßige Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern, ist festzustellen, dass die dort genannten Missstände nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Das Gericht folgt nicht der Rechtsprechung, die das Vorliegen systemischer Mängel im Hinblick auf die Inhaftierungspraxis nunmehr für gegeben bzw. für überprüfungsbedürftig hält (so VG München, B. v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris; B. v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris), sondern schließt sich vielmehr der gegensätzlichen Auffassung an (VG Würzburg, U. v. 23.9.2014 - W 1 K 14.50050 - UA S. 12; VG Düsseldorf, B. v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG Würzburg, B. v. 25.8.2014 - W 6 S 14.50100 - juris Rn. 17 ff.; VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris; VG Würzburg, B. v. 19.5.2014 - W 3 S 14.50045). Nach den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache Mohammadi versus Österreich (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.) ist nicht von systematischen Inhaftierungen von Asylsuchenden in U. auszugehen. Auch nach der die Lage in U. - ohne Auseinandersetzung mit der oben genannten Entscheidung des EGMR - anders bewertenden Rechtsprechung belegen die Inhaftierungsvorschriften in U. und die Anwendung dieser Vorschriften für sich noch keinen Anhaltspunkt für systemische Mängel. Denn die ungarischen Inhaftierungsvorschriften entsprechen bei summarischer Betrachtung den Vorgaben des Europäischen Rechts, insbesondere den in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU - Aufnahmerichtlinie - genannten Haftgründen. Danach darf ein Antragsteller nur in Haft genommen werden, um u. a. Beweise zu sichern, auf die sich sein Antrag auf internationalen Schutz stützt, und die ohne Haft unter Umständen nicht zu erhalten wären, insbesondere, wenn Fluchtgefahr besteht, was naheliegend ist, wenn ein Asylbewerber bereits einmal illegal U. verlassen hat, um in einem anderen Mitgliedstaat einen weiteren Asylantrag zu stellen. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die ungarische Asylhaftpraxis die Grenzen des europäischen Rechts systematisch überschreitet, selbst wenn entsprechend der Auskunft des UNHCR vom 9. Mai 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf Dublin-Rückkehrer regelmäßig inhaftiert werden, weil und soweit die ungarischen Behörden einen Haftgrund im Einklang mit dem europäischen Unionsrecht annehmen. Aus den vorliegenden Erkenntnissen ergibt sich, dass im Einzelfall auch von einer Asylhaft abgesehen werden kann und auch abgesehen wird, mithin die tatsächlichen Umstände des Einzelfalles bei einer Haftanordnung berücksichtigt werden. Auch die Dauer der Asylhaft ist nach dem ungarischen System an das Fortbestehen eines Haftgrundes gekoppelt.

Im Übrigen droht dem Antragsteller als Kleinkind ohnehin keine Inhaftierung. Denn dem aktuellen aida-Bericht (European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, National Report, Hungary vom 30.4.2014, S. 48) ist zu entnehmen, dass in U. Frauen und Familien mit Kindern in der Praxis nicht mehr inhaftiert werden (ebenso VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris Rn. 13; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris Rn. 87 ff.; anderer Ansicht, jedoch ohne Auseinandersetzung mit dem o. g. Bericht: VG München, B. v. 30.5.2014 - M 10 S 14.50134, M 10M 10 S 14.50136, M 10 S M 10 S 14.50138 - juris Rn. 20 ff.; B. v. 15.4.2014 - M 16 S 14.50045, M 16M 16 S 14.50047 - juris Rn. 15 ff.; B. v. 15.4.2014 - M 16 S 14.50049 - juris Rn. 15 ff.). Die Inhaftierung von unbegleiteten Minderjährigen ist ohnehin nach den einschlägigen Rechtsvorschriften unzulässig (aida-Report, a. a. O.).

3. Ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis in der Form einer Reiseunfähigkeit folgt im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht aus dem vorgelegten ärztlichen Attest vom 30. Juni 2014. Soweit dort eine Reiseunfähigkeit des Antragstellers aufgrund einer durchgeführten Operation bescheinigt wird, dürfte diese durch Zeitablauf entfallen sein. Sollte aufgrund des gegenwärtigen Gesundheitszustandes des Antragstellers eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit vorliegen, so hätte das Bundesamt bzw. die für die Durchführung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde dies - auch nach dem Erlass der Abschiebungsanordnung im streitgegenständlichen Bescheid - bei der Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung bzw. im Rahmen der Entscheidung über eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG zu berücksichtigen; das Bundesamt hat die Ausländerbehörde ggf. anzuweisen, von einer Abschiebung abzusehen (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21). Dies gilt ebenso für die erforderlichen Vorkehrungen zum Schutze des Antragstellers als Kleinkind (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 7 ff.).

4. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.