Verwaltungsgericht München Beschluss, 21. Sept. 2016 - M 5 E 16.2726

bei uns veröffentlicht am21.09.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Antragstellerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Klage M 5 K 16.2730 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Vorbereitungsdienst für den fachlichen Schwerpunkt Polizeivollzugsdienst der zweiten Qualifikationsebene einzustellen.

II.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.460,53 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Einstellung der Antragstellerin in den Polizeivollzugsdienst.

Die am ... 1982 geborene Antragstellerin bewarb sich für den Einstellungstermin Juli 2015 um Einstellung in den Polizeivollzugsdienst der zweiten Qualifikationsebene für das Sonderprogramm ... Mit Gesundheitszeugnis vom ... Februar 2015 wurde sie zunächst als polizeivollzugsdiensttauglich eingestuft. Am ... Februar 2015 unterzog sich die Antragstellerin einem chirurgischen Eingriff, bei dem zwei Brustimplantate eingesetzt wurden. Vom polizeiärztlichen Dienst wurde ihr darauf mit Schreiben vom ... März 2015 und ... September 2015 mitgeteilt, dass sie aufgrund der Operation als polizeivollzugsdienstuntauglich eingestuft werde. Eine endgültige Beurteilung der Vollzugsdiensttauglichkeit könne erst nach Ablauf eines Beobachtungszeitraums von einem Jahr beurteilt werden.

Mit Schreiben vom ... März 2016 teilte der Polizeiärztliche Dienst der Antragstellerin mit, dass auch nach Vorlage eines privatärztlichen Attestes vom ... Februar 2016 mit einem unauffälligen Befund ohne Anhalt für eine Kapselfibrose und uneingeschränkter Belastbarkeit weiterhin an der Beurteilung der Polizeivollzugsdienstuntauglichkeit festgehalten werde. Nach den Informationen des Herstellers könnten z. B. durch Verletzungen, aber auch alltägliche Beschäftigungen wie intensive körperliche Arbeit, kräftige Massagen und/oder Manipulationen Schäden am Implantat hervorgerufen werden. Eine Ruptur der Implantate mit Austritt von Füllmaterial könne häufig durch eine körperliche Untersuchung nicht entdeckt werden. Die empfindlichste Methode sei die Kernspintomographie. Die amerikanische Aufsichtsbehörde sehe daher regelhaft vor, Patientinnen nach einer Brustoperation alle zwei bis drei Jahre einer solchen Untersuchung zu unterziehen.

Mit Schreiben vom ... April 2016 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass ihr Bewerbungsverfahren eingestellt werde, da sie ihre Polizeivollzugsdiensttauglichkeit nicht fristgerecht erreicht habe. Der hiergegen am ... April 2016 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom ... Juni 2016 zurückgewiesen.

Hiergegen wurde am 17. Juni 2016 Klage mit dem Ziel erhoben, den Antragsgegner zu verpflichten, die Antragstellerin in die Fachlaufbahn des Polizeivollzugsdienstes der zweiten Qualifikationsebene für das Sonderprogramm ... einzustellen, hilfsweise den Antragsgegner zu verpflichten, über die Bewerbung der Antragstellerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Über diese Klage, die unter dem Aktenzeichen M 5 K 16.2730 geführt wird, ist noch nicht entschieden.

Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit folgendem Inhalt beantragt:

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragstellerin vorläufig, d. h. bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in die Fachlaufbahn des Polizeivollzugsdienstes der zweiten Qualifikationsebene einzustellen.

Es bestehe sowohl ein Anordnungsgrund wie auch ein Anordnungsanspruch. Die bei der Antragstellerin verwendeten Implantate bestünden beim Füllmaterial aus kohäsivem, schnittfestem Gel. Die der negativen Einschätzung des polizeiärztlichen Dienstes zugrunde gelegten Herstellerinformationen seien auf dem Stand des Jahres 2011 und berücksichtigten nicht diese neu verwendete Substanz beim Füllmaterial. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe sei in einer aktuellen Entscheidung hinsichtlich neuerer Implantate mit kohäsivem Füllmaterial davon ausgegangen, dass bei diesen Implantaten auch bei Hieb- oder Stichverletzungen im Brustbereich die Gefahr des Auslaufens des Füllmaterials nicht mehr bestehe. Aus diesem Grund ergebe sich auch nicht die Gefahr, dass geringe Mengen des Füllmaterials durch die intakte Hülle in das umliegende Gewebe diffundieren könnten. Bei der Antragstellerin bestehe auch nicht das Risiko einer Kapselfibrose. Diese sei innerhalb eines Jahres nach der Operation nicht aufgetreten. Da das Implantat unter dem Brustmuskel eingebracht worden sei, sei das Risiko eines Auftretens dieser Komplikation zudem stark vermindert. Auch das Verwaltungsgericht Berlin sei vor Kurzem zur Einschätzung der Polizeidiensttauglichkeit einer Trägerin von Brustimplantaten gekommen.

Es wurde eine ärztliche Stellungnahme von Dr. R., Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie vom ... Juni 2016 vorgelegt. Die Implantate seien unauffällig eingewachsen. Die verwendete Füllung mit hoch-kohäsivem Silikongel habe eine geleeartige Konsistenz (schnittfest), wodurch die Implantate formstabil seien und im Fall eines Hüllenbruchs kein Silikon unkontrolliert in das umliegende Gewebe austreten könne. Die Silikonhülle bestehe aus verschiedenen Schichten und zeichne sich in den Produkttests der Herstellerfirma durch besonders hohe Reißfestigkeit aus. Die hohe Qualität der verwendeten Materialien, umfangreiche Produkttests sowie klinische Studien belegten die hohe Sicherheit der Implantate, deren Bruchfestigkeit und lange Haltbarkeit. Die Positionierung unterhalb des großen Brustmuskels verringere das Risiko des Verrutschens bei äußeren Einflüssen und biete einen zusätzlichen Schutz für das Implantat. Aus medizinischer Sicht führten die Implantate zu keiner Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Die geleeartige Konsistenz des Füllmaterials verhindere ein unkontrolliertes Austreten in das umliegende Gewebe, so dass bei Implantat-Trägerinnen nicht von höheren Risiken bezüglich der gesundheitlichen Folgen (Notwendigkeit von Operationen und Gefahr der Narbenbildung) im Vergleich zu Frauen ohne Implantate nach entsprechenden Traumen ausgegangen werden könne. Es gebe keine konkreten Hinweise darauf, dass die regulären Tätigkeiten im Polizeivollzugsdienst das Risiko einer Ruptur erhöhen oder die Lebensdauer der Implantate ungünstig beeinflussen würden. Hierzu zählten auch die zeitweise körperlich intensiveren Tätigkeiten wie Einsatz bei Demonstrationen, Selbstverteidigung und körperlicher Einsatz gegen Personen.

Das Polizeipräsidium hat für den Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Bei der Antragstellerin liege die gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst nicht vor. Bereits die allgemeinen Tauglichkeitsanforderungen der PDV 300 führten Brustimplantate als Merkmal auf, das zur Polizeidienstunfähigkeit führt. Nach den vom Polizeiärztlichen Dienst ausgewerteten Herstellerinformationen könnten die Implantate durch starke Belastung oder Manipulation, jedoch auch bei alltäglichen Betätigungen, Kontaktsportarten und Ähnlichem beschädigt werden. Bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs wie beim PE-Training sowie dem körperlichen Einsatz gegen Personen müsse mit einer Krafteinwirkung auf den vorderen Brustkorb gerechnet werden, die die mechanische Belastung der Implantate übersteige oder zu deren Verrutschen führe. Ein besonders vorsichtiges Verhalten in solchen Situationen stelle eine natürliche menschliche Reaktion dar. Nach den Herstellerinformationen bestehe ein allgemeines Komplikationsrisiko von 39%. Insbesondere das Risiko zusätzlicher Operationen sei mit 30% als verhältnismäßig hoch anzusehen. Auch das Risiko einer Undichtigkeit stelle sich mit 18% noch als beträchtlich dar, wobei dieses Risiko durch mechanische Einflüsse weiter erhöht werde. Mechanische Einwirkungen auf die Brust müssten daher vermieden werden, was im Polizeivollzugsdienst nicht möglich sei.

Der Polizeiärztliche Dienst führte am ... August 2016 zur ärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom ... Juni 2016 aus, dass nach den Produktinformationen der Herstellerfirma Verletzungen zu Schädigungen der Implantate führen könnten und das Risiko der Undichtigkeit im Laufe der Jahre ansteige, bis auf 17,7% nach zehn Jahren. Auch das Risiko einer behandlungsbedürftigen Kapselfibrose steige nach den Herstellerinformationen an und betrage nach zehn Jahren 9,2%. Differenzierte wissenschaftliche Untersuchungen zu Brustimplantaten bei Polizeivollzugsbeamtinnen seien nicht bekannt, das betreffe auch die Anwendung der Schutzausrüstung. Die Herstellerfirma weise ausdrücklich darauf hin, dass bestimmte mechanische Einflüsse eine Implantatruptur verursachen könnten, wie höhere Krafteinwirkung auf die Brust, Verletzungen, Kompression während der Mammographie u. a. Auch könne nach Herstellerangaben übermäßiges Massieren der Brustregion, bestimmte Sportarten oder ein Verkehrsunfall möglicherweise das Implantat beschädigen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO ist begründet.

1. Gemäß § 123 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d. h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragstellerin hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.

2. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Die Antragstellerin hat voraussichtlich einen Anspruch auf Einstellung in den Polizeivollzugsdienst als Beamtin auf Widerruf in den Vorbereitungsdienst der zweiten Qualifikationsebene. Es spricht alles dafür, dass ihr die hierfür erforderliche gesundheitliche Eignung in Form der Polizeidiensttauglichkeit nicht fehlt (§ 9 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern - Beamtenstatusgesetz/BeamtStG). Das ist als Einstellungsvoraussetzung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 der Verordnung über die Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz/FachV-Pol/VS ausdrücklich genannt. Nach Art. 128 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG müssen Polizeivollzugsbeamte den besonderen Anforderungen an den Polizeivollzugsdienst genügen. Das sind gesundheitliche Anforderungen, die über die allgemeine gesundheitliche Eignung von Beamten hinausgehen. Der Polizeivollzugsdienst stellt besondere körperliche Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit (Baßlsperger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Februar 2016, Art. 128 BayBG Rn. 10 ff.).

a) Die gesundheitliche Eignung eines im Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung dienstfähigen Beamtenbewerbers kann im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder eine chronische Erkrankung mit progredientem Verlauf verneint werden (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244).

Die gegenwärtig vorhandene gesundheitliche Eignung kann wegen künftiger Entwicklungen nur verneint werden, wenn durch tatsächliche Anhaltspunkte, die in aller Regel ein Mediziner auf einer fundierten medizinischen Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen muss, belegt werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist (so unter Aufgabe seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung: BVerwG, U. v. 25.7.2013, a. a. O.).

Dieser neue Prognosemaßstab zur Feststellung der (Polizei-)Diensttauglichkeit ist auch bei der Anwendung der Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300) zu beachten, denn deren besondere Bestimmungen enthalten Erfahrungssätze und führen dementsprechend Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend zum Teil katalogartig auf (vgl. BVerwG, B. v. 3.6.2004 - 2 B 52/03 - juris Rn. 5). Stehen aber medizinisch-prognostische Tatsachenfragen im Raum, bei deren Beantwortung es - wie im gegebenen Fall - auf den rechtlich zutreffenden Prognosemaßstab ankommt, bedarf es einer weitergehenden individuellen medizinischen Begutachtung des Beamtenbewerbers (OVG LSA, B. v. 14.7.2014 - 1 M 69/14 - DÖD 2014, 279, juris Rn. 7 ff.).

Während die Polizeidiensttauglichkeit die „gesundheitliche Eignung für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst“ betrifft, bezeichnet die Polizeidienstfähigkeit die „gesundheitliche Fähigkeit, Polizeivollzugsdienst zu leisten“ (Nr. 1.2 PDV 300; vgl. zu einem solchen Fall: BayVGH, B. v. 15.1.2014 - 3 ZB 13.1074 - juris Rn. 13 f.). Daran anknüpfend ergeben sich unterschiedliche Voraussetzungen für die Annahme der Polizeidienstfähigkeit einerseits und die Polizeidiensttauglichkeit andererseits.

Für die Bejahung der (allgemeinen) Dienstfähigkeit ist es ausreichend, dass der Beamte (aktuell) in der Lage ist, (gegebenenfalls auch trotz vorliegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen) die ihm obliegenden Dienstpflichten seines abstrakt-funktionelles Amtes zu erfüllen. Mit Blick auf die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes setzt die Polizeidienstfähigkeit voraus, dass der Polizeivollzugsbeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist (VG Düsseldorf, U. v. 16.9.2015 - 2 K 83/15 - juris Rn. 40 m. w. N.; BVerwG, U. v. 3.3.2005 - 2 C 4.04 - ZBR 2005, 308, juris Rn. 9).

Die Polizeidiensttauglichkeit, also die gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst, verlangt hingegen eine über die aktuelle Dienstfähigkeit hinausgehende, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze betreffende Prognose, ob der Bewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (künftig) dauernd polizeidienstunfähig oder bis zum Eintritt in den Ruhestand regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen werden wird.

Die unterschiedlichen Anforderungen an die Polizeidienstfähigkeit und Polizeidiensttauglichkeit sind mit Blick auf die verschiedenen Zielsetzungen gerechtfertigt. Die Feststellung der Polizeidienst(un)fähigkeit ist dafür maßgeblich, ob der Polizeivollzugsbeamte derzeit seinen Dienst ausüben kann, oder ob möglicherweise - wegen gesundheitlicher Einschränkungen - seine Zurruhesetzung oder ein Laufbahnwechsel einzuleiten ist. Dagegen dient die Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit dem Zweck, eine Abschätzung über die Entwicklung der Dienstfähigkeit über die gesamte Dienstzeit bis zur Regelaltersgrenze zu treffen. Dies folgt aus dem Lebenszeit- und Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/GG), die den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten verpflichten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird (BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204).

Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn bei der Einstellung in den Polizeivollzugsdienst ein über die aktuelle Polizeidienstfähigkeit hinausgehender Gesundheitszustand verlangt wird. Ebenso ist es sachgerecht, an die Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit wegen der sich über viele bzw. regelmäßig sogar mehrere Jahrzehnte erstreckenden Dienstzeit und dem damit ohnehin einhergehenden natürlichen Rückgangs der physischen Leistungsfähigkeit abweichende Anforderungen zu stellen (vgl. zum Ganzen: OVG NRW, B. v. 26.3.2015 - 6 A 1443/14 - ZBR 2016, 66 (Ls.), juris Rn. 7 ff. m. w. N.; VG Berlin, U. v. 22.1.2014 - 7 K 117.13 - ZBR 2014, 263, juris Rn. 22; offen: VG Düsseldorf, U. v. 16.9.2015 - 2 K 83/15 - juris Rn. 53; VG Gießen, U. v. 17.9.2014 - 5 K 1123/13.GI - juris Rn. 18).

b) Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden Überprüfung ohne Beweisaufnahme anhand der in den Akten vorhandenen fachärztlichen Stellungnahmen folgt das Gericht der ausführlichen ärztlichen Stellungnahme des Facharztes für plastische und ästhetische Chirurgie Dr. R. vom ... Juni 2016. Diese Bewertung ist detailliert und fundiert; sie berücksichtigt die Beschaffenheit der konkret verwendeten Implantate. Das ist schlüssig und überzeugt.

Nach dieser fachärztlichen Einschätzung wurden der Antragstellerin zwei Implantate Typ Allergan Natrelle 410 eingesetzt, die komplikationslos eingewachsen sind. Nachdem innerhalb eines Jahres nach der Operation keine Kapselfibrose aufgetreten ist wie auch aufgrund des Umstands, dass die Implantate unterhalb des großen Brustmuskels eingesetzt wurden, sieht er das Risiko eines Auftretens dieser Komplikation als sehr gering an. Aufgrund der geleeartigen Konsistenz der hoch-kohäsiven Silikonfüllung werde verhindert, dass selbst bei einem Hüllenbruch Silikon ungehindert in das umliegende Gewebe austrete. Daher komme es auch nicht zu einer Diffusion des Implantatmaterials. Die Hülle selbst bestehe aus verschiedenen Schichten und zeichne sich nach Produkttests der Herstellerfirma durch hohe Reißfestigkeit aus. Hinzu komme die Platzierung unterhalb des großen Brustmuskels. Die junge Frau sei bereits drei Monate nach der Operation voll sportfähig gewesen. Daher überzeugt die Einschätzung, dass von keiner höheren gesundheitlichen Gefährdung oder Verletzungsgefahr gegenüber Polizeibeamtinnen ohne Brustimplantate ausgegangen werden könne. Vor dem Hintergrund der Verwendung dieser gegenüber der früher verwendeten verbesserten Implantate ist es nachvollziehbar, dass auch Tätigkeiten im Polizeivollzugsdienst, die unter Körperkontakt auszuführen sind, zu keiner Risikoerhöhung einer Ruptur oder einer Verkürzung der Lebensdauer führen. Hinzu kommt, dass die bei der Antragstellerin verwendeten Implantate verhältnismäßig klein sind und auch das Tragen von Schutzkleidung bei der schlanken und sportlichen Frau zu keiner übermäßig hohen Belastung der Implantate führen werde.

Die Bewertung der Nr. 10.4.2 der PDV 300, dass Bewerberinnen mit Brustimplantaten nicht polizeidiensttauglich seien, ist demgegenüber zu pauschal und trägt dem veränderten Kontrollmaßstab der gesundheitlichen Eignung (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244) nicht Rechnung.

Aber auch die der Entscheidung über die Polizeidienstuntauglichkeit zugrunde liegenden fachlichen Bewertungen des Polizeiärztlichen Dienstes (Schreiben an die Antragstellerin vom ...3.2015, ...9.2015, ...10.2015, ...3.2016, Stellungnahme an das Innenministerium vom ...10.2015 und ...4.2016 sowie Stellungnahme in diesem Verfahren vom ...8.2016) überzeugen nicht. Denn sie befassen sich nur pauschal mit der Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Komplikationen nach dem Einsetzen von Brustimplantaten. Hierzu wird auf allgemeine Herstellerinformationen abgestellt, die den konkreten Heilungs- und weiteren Verlauf bei der Antragstellerin nicht berücksichtigen. Insbesondere die Situierung der Implantate zu 2/3 unterhalb des großen Brustmuskels und die vom Facharzt Dr. R. vorgetragene dadurch bedingte Risikoverminderung einer Beschädigung wie auch einer Kapselfibrose werden nicht erörtert. Da sich die Bewertung des Polizeiarztes nicht hinreichend mit ausführlichen und einzelfallbezogenen Einschätzungen des Facharztes auseinandersetzt, kommt in diesem Fall der amtsärztlichen Wertung keine besondere Bedeutung oder Sachkunde zu (vgl. allgemein hierzu: BayVGH, B. v. 15.1.2014 - 3 ZB 13.1074 - juris Rn. 18).

Hinzu kommt, dass zweifelhaft ist, ob die vom Polizeiärztlichen Dienst allein zugrunde gelegten Herstellerinformationen ohne weiteres für die Beurteilung der Vollzugsdiensttauglichkeit herangezogen werden können. Denn insbesondere die Tabelle im Schreiben vom ... August 2016 ist dem Dokument „Directions for use - NATRELLE® 410 Highly Cohesive Anatomically Shaped Silicone-Filled Breast Implants“ der Firma Allergan (http://www.a...com/…/…), S. 14 entnommen. Dort werden soweit ersichtlich die Ergebnisse einer Studie des Herstellers zu Rissen des Füllmaterials wiedergegeben. In dieser englischsprachigen Fachinformation ist zuvor ausdrücklich angegeben, dass alle Risse intrakapsular waren ohne Fälle eines extrakapsularen Risses oder ausgetretenem Gel („…all of the ruptures were intracapsular, with no cases of extracapsular rupture or migrated gel.“). Dies deutet darauf hin, dass damit eher die innere Materialermüdung beschrieben wird und nicht die Gefahr eines Hüllenrisses. Denn zu Beginn des Kapitels auf Seite 13 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Implantate nur eine begrenzte Haltbarkeit besitzen („Breast implants are not lifetime devices.“). Auf Seiten 15 und 16 dieser Information wird auch auf weitere Studien aus Schweden und Europa verwiesen, die weniger ausdifferenzierte, aber geringere Zahlen zu einem Implantatriss („rupture data“) wiedergeben. Hierauf wird vom Polizeiarzt nicht eingegangen. Daher sind auch die detaillierteren Ergebnisse, die im Schreiben des Polizeiarztes an das Innenministerium vom ... April 2016 auf S. 2 tabellarisch wiedergegeben sind, mit Zurückhaltung zu bewerten. Entsprechendes gilt für die dort wiedergegebenen Zahlenangaben aus dem Dokument „NATRELLE ® 410 HIGHLY COHESIVE ANATOMICALLY SHAPED SILICONE-FILLED BREAST IMPLANTS - Important Factors Breast Augmentation Patients Should Consider“ (http://a.-web-cdn-...net/.../…-…/…).

Wenn im Schreiben vom ... August 2016 unter Hinweis auf diese Quelle (S. 23) darauf hingewiesen wird, dass bestimmte mechanische Einflüsse eine Implantatruptur verursachen können (höhere Krafteinwirkung auf die Brust, Verletzungen, Kompression während der Mammographie etc.) stehen auch diese Hinweise - soweit ersichtlich - nicht nur im Zusammenhang mit einer Beschädigung der Hülle („shell“) sondern auch mit der generellen Haltbarkeit („Breast implants may also simply wear out over time“). Soweit aus der sehr allgemein gehaltenen Aufklärungsbroschüre zu Brustvergrößerungen (www.natrelle.de/.../E% 200175%202008%20Breast%20Augmentation%20Patient%20ISO.pdf) zitiert wird, heißt es dort wörtlich: „Ferner sollten Sie Ihren Arzt um Rat fragen, wenn … in jüngster Zeit eine Verletzung an der Brust aufgetreten ist, insbesondere im Fall eines Traumas oder einer Kompression, die beispielsweise durch übermäßiges Massieren der Brustregion, durch bestimmte Sportarten oder durch einen Verkehrsunfall ausgelöst werden können. Wurde Ihr Implantat beschädigt, muss es möglicherweise entfernt werden.“ Das ist kein ausdrücklicher allgemeiner Hinweis, dass bestimmte mechanische Einflüsse eine Implantatruptur verursachen können (so aber die Formulierung im Schreiben vom ...8.2016, S. 3).

In der im Internet verfügbaren Herstellerbroschüre zu Natrelle 410 Implantaten in deutscher Sprache (https://www.d.,a...de/…/…) wird auf Seite 14 von einer studienbasierten „Rupturhäufigkeit von 1,7% nach acht Jahren“ berichtet. Da diese Ergebnisse ohne weiteres vom Gericht recherchiert werden konnten, muss das Fehlen der Erörterung dieser Zahlenangabe dazu führen, dass auch unter diesem Aspekt die amtsärztliche Bewertung lückenhaft erscheint.

Insgesamt ergibt sich der Eindruck, dass bei der amtsärztlichen Bewertung ohne Eingehen auf den konkreten Fall der Antragstellerin Informationen aus allgemeinen Angaben entnommen werden, ohne sie in einem Gesamtzusammenhang zu erörtern. Auch der Polizeiärztliche Dienst scheint von der Polizeidienstuntauglich letztlich nicht überzeugt zu sein. Denn im Schreiben an das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom ... Oktober 2015 wird auf Seite ... (Bl. ... der Behördenakte) ausgeführt:

„Alternativ könnte bei folgenlos eingeheiltem Implantat von Polizeidiensttauglichkeit ausgegangen werden

- frühestens 12 Monate nach OP

- nach Bewertung des OP-Berichts und Implantatpasses

- bei OP im Ausland nach gutachterlicher Bewertung durch plastischen Chirurgen

- bei kernspintomographisch unauffälligem Implantatbefund und

- fehlenden Hinweisen auf eine Kapselfibrose.

In diesem Fall müsste festgelegt werden, wie nach einer „dienstlichen Krafteinwirkung“ ggf. die Unfallfürsorge geregelt wird.“

Warum sich die amtsärztliche Bewertung letztlich auf die Polizeidienstuntauglichkeit verengt hat, ist weder den Akten noch den weiteren Stellungnahmen des Polizeiärztlichen Dienstes zu entnehmen.

Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin gesundheitlich nicht in der Lage ist, auch Situationen mit Körperkontakt bzw. Anwendung unmittelbaren Zwangs zu bestehen, da sie aufgrund der Brustimplantate einem erhöhten Verletzungsrisiko unterliegen könnte. Ob bei einer möglichen Gewalteinwirkung im Brustbereich ein erhöhtes Verletzungsrisiko gegenüber einer Frau ohne Brustimplantate gegeben ist, bleibt insbesondere in der Stellungnahme des Amtsarztes vom ... August 2016 ausdrücklich offen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass eine entsprechende Gewalteinwirkung, die zu Schäden am Implantat führen kann, bei einer Frau ohne Implantate auch zu Verletzungen führen kann. Demgegenüber hat der Facharzt Dr. R. in seiner Stellungnahme vom ... Juni 2016 ausdrücklich angegeben, dass selbst der Einsatz bei Demonstrationen, Selbstverteidigung sowie körperlicher Einsatz gegen Personen nicht das Risiko einer Ruptur der Implantate erhöht oder die Lebensdauer der Implantate ungünstig beeinflusst. Das deckt sich auch mit den Erkenntnissen, die im Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. Januar 2014 (VG 7 K 117.13) und dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 29. Februar 2016 (7 K 5541/15) wiedergegeben sind. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Dienstherr die Umstände der gesundheitlichen Nichteignung nachzuweisen hat und er insoweit die Beweislast trägt. Bloße Zweifel an der gesundheitlichen Eignung einer Bewerberin sind unerheblich und genügen nicht, um die Einstellung in ein Beamtenverhältnis abzulehnen (BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204). Das Risiko eines vorzeitigen Ruhestandseintritts ist weder vom Amts- noch vom Facharzt problematisiert worden. Hierauf stützt sich der Dienstherr auch nicht.

Das Gericht weist darauf hin, dass der ausgesprochenen Verpflichtung zur Einstellung der Antragstellerin zugrunde liegt, dass die Bewerberin die übrigen Voraussetzungen - neben der gesundheitlichen Eignung - für eine Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllt.

3. Auch eine Interessenabwägung der widerstreitenden Interessen führt dazu, dem Antrag stattzugeben. Denn das Interesse der Antragstellerin an der Absolvierung der Ausbildung wiegt höher als das Interesse des Antragsgegners, dass die Antragstellerin die Ausbildung abbrechen müsste, würde sich deren gesundheitliche Nichteignung herausstellen. Denn Fälle des Abbruchs der Ausbildung kommen - wie dem Gericht bekannt ist - aus den verschiedensten Gründen immer wieder vor. Demgegenüber wäre es ein größerer Nachteil für die Antragstellerin, evtl. zu Unrecht nicht an der von ihr gewählten Berufsausbildung teilnehmen zu können.

4. Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Denn aufgrund der Höchstaltersgrenze von 35 Jahren für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst der zweiten Qualifikationsebene des Polizeivollzugsdienstes im Sonderprogramm … (§ 6 Abs. 3 Satz 3 FachV-Po/VS) ist für die Antragstellerin, die in Kürze das 34. Lebensjahr vollendet, eine Entscheidung über die gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst und die Einstellung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf alsbald erforderlich. Ohne eine entsprechende gerichtliche Entscheidung könnte die Verwirklichung effektiven Rechtsschutzes vereitelt werden.

5. Der beantragten einstweiligen Anordnung steht auch nicht das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen.

Eine Vorwegnahme der grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehaltenen Entscheidung kann nur dann ausnahmsweise ergehen, wenn ein wirksamer Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist, der betreffenden Antragstellerin ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohen und die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach obsiegen wird (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa OVG NRW, B. v. 18.10.2013 - 6 B 998/13 - juris Rn. 5 ff.; BayVGH, B. v. 17.9.2009 - 3 CE 09.1383 - juris Rn. 45; Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 123, Rn. 66 a).

Im vorliegenden Fall ist eine solche Vorwegnahme ausnahmsweise gerechtfertigt. Denn die Antragstellerin vollendet in Kürze das 34. Lebensjahr. Im Sonderprogramm … ist das Einstellungshöchstalter für die zweite Qualifikationsebene des Polizeivollzugsdienstes auf das 35. Lebensjahr festgelegt. Der Verweis auf den Rechtsschutz im Klagewege kann dazu führen, dass der Anspruch im Fall eines Erfolgs in der Hauptsache - u. U. nach Durchlaufen des Instanzenzugs - durch das Überschreiten der Höchstaltersgrenze vereitelt werden könnte. Hinzu kommt der Umstand, dass die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat.

6. Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 6 des Gerichtskostengesetzes. Das Gericht hat die aktuellen Anwärterbezüge zugrunde gelegt und von dem sich daraus ergebenden Jahresbetrag ¼ angesetzt, da es sich um einen Rechtsstreit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hinsichtlich eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf handelt (§ 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 21. Sept. 2016 - M 5 E 16.2726

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 21. Sept. 2016 - M 5 E 16.2726

Referenzen - Gesetze

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Verwaltungsgericht München Beschluss, 21. Sept. 2016 - M 5 E 16.2726 zitiert 10 §§.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2014 - 3 ZB 13.1074

bei uns veröffentlicht am 15.01.2014

Tenor I. Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. II. Der

Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 29. Feb. 2016 - 7 K 5541/15

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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 16. Sept. 2015 - 2 K 83/15

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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 26. März 2015 - 6 A 1443/14

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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 1G r ü n d e : 2Der Antrag hat keinen Erfolg. 3Aus den im Zulassungsantrag da

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 14. Juli 2014 - 1 M 69/14

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Gründe 1 1. Der Antragstellerin war zunächst auf ihren Antrag für das Beschwerdeverfahren gemäß § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. zu bewilligen. 2 2. Die zulässige Be

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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 18. Okt. 2013 - 6 B 998/13

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Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird auf 6.959,58 EUR festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller begehrt im Wege einer ei

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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 7.143,31 EUR festgesetzt. Gründe I. Der 1994 geborene (aktuell noch

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

Gründe

1

1. Der Antragstellerin war zunächst auf ihren Antrag für das Beschwerdeverfahren gemäß § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. zu bewilligen.

2

2. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 13. Juni 2014, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, ist begründet.

3

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn die Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 924 ZPO glaubhaft zu machen. Wird mit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen und dadurch in aller Regel ein faktisch endgültiger Zustand geschaffen, kann eine Regelung nur ergehen, wenn der Antragsteller in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten hat und schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen werden müsste. Überwiegende Aussichten in der Hauptsache bestehen hingegen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit größter Wahrscheinlichkeit begründet ist und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werden wird (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 5. Januar 2007 - 1 M 1/07 -, juris [m. w. N.]).

4

Die Antragstellerin hat in dem für den Senat maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt weder den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO erforderlichen Anordnungsanspruch noch den Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Denn wer sich - wie hier die Antragstellerin - der erforderlichen Feststellung der gesundheitlichen Eignung ohne sachliche Rechtfertigung entzieht, kann - was die Beschwerde mit Recht einwendet - den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht mit Erfolg geltend machen.

5

Da die Antragstellerin ihre Berücksichtigung im Auswahlverfahren zur Zulassung zum Vorbereitungsdienst und damit letztlich die Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf begehrt, bemisst sich der Einstellungsanspruch nach beamtenrechtlichen Grundsätzen (vgl.: OVG LSA, Beschluss vom 7. Februar 2013 - 1 L 3/13 -, juris [m. w. N.]). Dies setzt gemäß §§ 4 Abs. 4 lit. a), 8 Abs. 1 Nr. 1, 9 BeamtStG i. V. m. §§ 4 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 2 LBG LSA die gesundheitliche Eignung des Bewerbers voraus, die aufgrund eines Gutachtens der zentralen ärztlichen Untersuchungsstelle festzustellen ist. Nach § 105 LBG LSA ist das Fachministerium ermächtigt, für die Polizeivollzugsbeamten durch Verordnung die Laufbahnen der Polizei abweichend von § 27 Satz 1 LBG LSA zu regeln und, soweit die besonderen Verhältnisse des Polizeivollzugsdienstes es erfordern, besondere gesundheitliche und physische Zugangsvoraussetzungen zu bestimmen. Dies ist vorliegend durch die PolLVO LSA vom 25. August 2010 (GVBl. LSA 2010, 468) erfolgt. Gemäß § 4 Nr. 3 PolLVO LSA kann in das Beamtenverhältnis eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist.

6

Hiervon geht das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend aus. Dem Verwaltungsgericht ist - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch darin zuzustimmen, dass die bisherigen polizeiärztlichen Feststellungen die Annahme einer Polizeidienstuntauglichkeit der Antragstellerin bislang nicht in dem gebotenen Maß zu rechtfertigen vermögen.

7

Welche Anforderungen an die gesundheitliche Eignung zu stellen sind, bestimmt zwar der Dienstherr und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (siehe: BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 B 52.03 -, Buchholz 237.7 § 7 NWLBG Nr. 6). Da der Polizeivollzugsdienst Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche Leistungsfähigkeit erfordern, ist es sachgerecht, bereits vom Polizeibeamten auf Widerruf ein hohes Maß an körperlicher Eignung zu verlangen. Dabei ist es nicht zu beanstanden, dass die den Polizeivollzugsdienst betreffenden Vorschriften des Bundes und der Länder besondere Bestimmungen enthalten, die - als in polizeilicher Praxis gewonnene Erfahrungssätze - Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend zum Teil katalogartig aufführen, bei deren Vorliegen der Dienstherr prognostizieren darf, dass künftige gehäufte Erkrankungen und Leistungsschwächen wie auch vorzeitige Dienstunfähigkeit nicht mit dem erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad ausgeschlossen werden können. Auf die aktuelle Dienstfähigkeit kommt es dabei nicht allein an (siehe: BVerwG, a. a. O.). Die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt bezieht sich nicht nur auf den gegenwärtigen Stand, sondern auch auf die künftige Amtstätigkeit und enthält eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt. Die Prognose erfasst den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Die gesundheitliche Eignung eines im Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung dienstfähigen Beamtenbewerbers kann daher im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder eine chronische Erkrankung mit progredientem Verlauf verneint werden (siehe: BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, BVerwGE 147, 244).

8

Soweit das Bundesverwaltungsgericht in der vorbezeichneten Entscheidung vom 3. Juni 2004 allerdings noch auf den Prognosemaßstab rekurriert, wonach der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein muss, ist dieser Maßstab indes - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt - zwischenzeitlich überholt. Vielmehr kann die gegenwärtig vorhandene gesundheitliche Eignung - wie hier im Fall der Antragstellerin - wegen künftiger Entwicklungen nur verneint werden, wenn durch tatsächliche Anhaltspunkte, die in aller Regel ein Mediziner auf einer fundierten medizinischen Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen muss, belegt werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist (so unter Aufgabe seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung: BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013, a. a. O.).

9

Dieser neue Prognosemaßstab zur Feststellung der (Polizei-)Diensttauglichkeit ist auch bei der Anwendung der Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300) zu beachten, denn deren besondere Bestimmungen enthalten - wie bereits ausgeführt - Erfahrungssätze und führen dementsprechend Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend zum Teil katalogartig auf. Stehen aber medizinisch-prognostische Tatsachfragen im Raum, bei deren Beantwortung es - wie im gegebenen Fall - auf den rechtlich zutreffenden Prognosemaßstab ankommt, darf nicht mehr auf den der PVD 300 teilweise zugrunde gelegten rechtsfehlerhaften Prognosemaßstab abgestellt werden (vgl. zur Überprüfungspflicht auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. November 2013 - 6 B 1226/13 -, juris [Rn. 9]). Vielmehr bedarf es in einem solchen Fall einer weitergehenden individuellen medizinischen Begutachtung des Beamtenbewerbes, die den rechtsfehlerfreien Prognosemaßstab beachtet, worauf das Verwaltungsgericht und die Antragstellerin für die vorliegende Fallgestaltung zutreffend hingewiesen haben.

10

Ohne Erfolg beruft sich die Beschwerde insoweit auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Januar 2014 in dem Verfahren 3 ZB 13.1074 (juris), denn diese Entscheidung beruht auf anderen tatsächlichen wie rechtlichen Kautelen. Zum Einen wendet sie einen anderen Prognosemaßstab an, „weil es nicht um eine Prognoseentscheidung hinsichtlich der Geeignetheit eines Beamtenbewerbers geht, sondern um die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit zu einem konkreten Zeitpunkt“. Zum Anderen hat die Entscheidung eine andere Fehler-Nummer der PDV 300 zum Gegenstand, ohne dass die Beschwerde plausibel aufzeigt, dass sich insoweit die Frage eines divergierenden Prognosemaßstabes stellte.

11

Ist nach alledem im Hinblick auf die hier streitgegenständliche Fehler-Nummer der PVD 300 eine weitergehende medizinischen Untersuchung der Antragstellerin erforderlich, um ihre Polizeidiensttauglichkeit nach Maßgabe der vorgenannten Prognosemaßstabes feststellen zu können, bedarf es hierzu allerdings der Mitwirkung der Antragstellerin. Eine solche Nachuntersuchung hat die Antragsgegnerin nach Ergehen des hier angefochtenen Beschlusses zwischenzeitlich in die Wege geleitet. Dass diese erst geraume Zeit nach der ersten allgemeinen polizeiärztlichen Untersuchung der Antragstellerin von der Antragsgegnerin veranlasst wurde, ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - als zutreffende Reaktion auf den verwaltungsgerichtlichen Beschluss nach den konkreten Umständen des vorliegenden Falles ebenso unschädlich wie die Tatsache, dass das „Einladungsschreiben“ vom 13. Juni 2014 nicht von der Antragsgegnerin selbst, sondern vom polizeiärztlichen Dienst erstellt wurde. Die Antragstellerin hatte bereits eine entsprechende Aufforderung durch die Antragsgegnerin zur Ausgangsuntersuchung erhalten. Überdies bezieht sich das „Einladungsschreiben“ des polizeiärztlichen Dienstes auch ausdrücklich auf die hier streitgegenständliche Bewerbung der Antragstellerin sowie eine „zusätzliche Augenuntersuchung“. Die Antragstellerin blieb damit nicht im Unklaren, dass die Nachuntersuchung von der Antragsgegnerin veranlasst worden ist, wie auch das an diese gerichtete diesbezügliche Schreiben der Antragstellerin vom 25. Juni 2014 zeigt.

12

Die erforderliche polizeiärztliche (Nach-)Untersuchung hat die Antragstellerin indes mit der nach den vorstehenden Ausführungen sachlich nicht gerechtfertigten Begründung, dieser „bedarf es nicht“, abgelehnt. Damit vereitelt sie selbst die erforderliche Feststellung ihrer Polizeidiensttauglichkeit und kann nicht mehr mit Erfolg gleichwohl ihre Zulassung zur Auswahl zum Vorbereitungsdienst geltend machen (vgl. auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. November 2011 - 1 B 1166/12 -, juris [Rn. 51]).

13

Dass der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichtes „keine Maßgaben“ enthält, stellt - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - keinen Weigerungsgrund dar. Denn die Rechtsfolge, dass die gesundheitliche Eignung der Antragstellerin nicht vollumfänglich lediglich auf der Grundlage der PDV 300, insbesondere wegen der hier streitgegenständlichen Disposition ihrer Augen nicht auf deren Ziffer 5.1.1, beurteilt werden kann, hat nicht die positive Feststellung ihrer gesundheitlichen Eignung, sondern vielmehr das Erfordernis einer individuellen Eignungsprognose auf der Grundlage spezifischer gesundheitlicher Einzelfallfeststellungen zur Folge. Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes.

14

Ohne Erfolg beruft die die Antragstellerin in diesem Zusammenhang nunmehr auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30. Mai 2013 in dem Verfahren 2 C 68.11 (BVerwGE 146, 347), denn dieses befasst sich ausschließlich mit den Anforderungen an eine Untersuchungsaufforderung im Rahmen eines Verfahrens über die vorzeitige Versetzung eines (Lebenszeit-)Beamten in den Ruhestand. Darum geht es hier im Fall der Antragstellerin, die ihre Verbeamtung überhaupt erst erstrebt, nicht. Die vorbezeichnete Entscheidung ist auch nicht ohne Weiteres auf die hier gegebene Fallgestaltung übertragbar (vgl. auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 6 B 1249/13 -, juris [Rn. 17]). Denn anders als bei Beamten, denen gegenüber eine Weisung erteilt wird und deren gesundheitliche Eignung vom Dienstherrn bereits vormals festgestellt worden war, fehlt es gerade hieran, wenn die Einstellung, mithin die Begründung eines Beamtenverhältnisses überhaupt erst erstrebt wird. Die Untersuchungsaufforderung im Zurruhesetzungsverfahren knüpft nämlich daran, dass nach positiver Eignungsfeststellung, d. h. zwischenzeitlich Zweifel an der gesundheitlichen Eignung eingetreten sind, welche zu begründen sind.

15

Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist vielmehr aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde (vgl.: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, BVerwGE 148, 204 betreffend einen Beamten auf Probe). Was Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung anbelangt, ergeben sich diese hier zwanglos wie offenkundig aus den in den PVD 300 schriftlich fixierten Anforderungen an den Polizeivollzugsdienst. Im Übrigen hat sich die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 25. Juni 2014 auch nicht auf eine unzureichende Begründung der Nachuntersuchungsaufforderung berufen, sondern diese allgemein wie prinzipiell abgelehnt.

16

Nach alledem war auch nicht der verwaltungsgerichtliche Beschluss mit der von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren beantragten Maßgabe aufrecht zu erhalten. Die Antragsgegnerin hat mit dem Nachuntersuchungsauftrag sowie mit ihrem Beschwerdevorbringen hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie der Antragstellerin die Möglichkeit eröffnet, in Ergänzung zu den nach der PVD 300 maßgeblichen Umständen nunmehr auch die erforderlichen medizinischen Tatsachengrundlagen für eine individuelle Prognoseentscheidung nach Maßgabe des richtigerweise anzuwendenden o. g. Prognosemaßstabes feststellen zu lassen.

17

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

18

4. Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 40, 47, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG. Wegen der mit der einstweiligen Anordnung letztlich begehrten Vorwegnahme der Hauptsache war dieser Betrag nicht weiter zu reduzieren.

19

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Tenor

I.

Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

IV.

Unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 6.177,73 € festgesetzt.

Gründe

I.

Dem Kläger war wegen der Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren.

1. Mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe entschieden worden ist, ist der Grund entfallen, der den Kläger im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO schuldlos an der Einhaltung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung und dessen Begründung gehindert hatte. Dabei steht der Wiedereinsetzung nicht entgegen, dass der Senat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 23. April 2013 - 3 ZB 11.403 - abgelehnt hat, weil er mit der Verneinung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils von der fehlenden Erfolgsaussicht in der Sache selbst ausgegangen ist. Auch wenn ein Prozesskostenhilfeantrag mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt worden ist, muss der unbemittelten Partei mittels der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich der gleiche Zugang zu dem beabsichtigten Rechtsbehelfsverfahren wie Bemittelten eröffnet werden (vgl. BVerfG, B.v. 11.3.2011 - 1 BvR 290/10 - NJW 2010, 2567 - juris Rn. 14; vgl. Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 60 Rn. 4; Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: August 2012, § 60 Rn. 35; Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 13; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 60 Rn. 15; vgl. auch: BGH, B.v. 11.11.1992 - XII ZB 118/92, NJW 1993, 732 - juris Rn. 8 a.E.; BFH; B.v. 9.4.2013 - III B 247/11 - juris Rn. 14). Die Wiedereinsetzung ist danach zu gewähren, wenn sich der Kläger - wie hier - für bedürftig halten durfte und aus seiner Sicht alles Erforderliche getan hatte, damit aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen ohne Verzögerung über sein Prozesskostenhilfegesuch entschieden werden konnte (vgl. BVerfG, B.v. 11.3.2011 - 1 BvR 290/10 - NJW 2010, 2567 - juris Rn. 18).

Das Prozesskostenhilfegesuch war sachlich bescheidungsfähig, weil der Kläger die Zulassungsgründe soweit dargetan hat, wie dies ohne anwaltlichen Beistand möglich war. Zwar kann von dem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten, der einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellt, nicht verlangt werden, dass er beispielsweise ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegt oder den Verfahrensmangel in der Weise bezeichnet, wie dies gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO für die Begründung des Berufungszulassungsantrags selbst erforderlich wäre. Geboten ist aber, dass sich aus der fristgerecht vorgelegten Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs das Vorliegen eines Zulassungsgrundes zumindest in groben Zügen erkennen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 4.5.2011 - 7 PKH 9/11- NVwZ-RR 2011, 621 - juris Rn. 2, zur vergleichbaren Situation eines Prozesskostenhilfeantrags bei der Nichtzulassungsbeschwerde; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 124a Rn. 42).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde rechtzeitig, nämlich vor Ablauf der Frist für den Zulassungsantrag gestellt. Weiter ließ sich dem Prozesskostenhilfegesuch vom 9. Februar 2011 mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Kläger zumindest ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung geltend machen wollte.

2. Der Kläger hat fristgerecht Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und innerhalb der einmonatigen Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO die versäumte Rechtshandlung nachgeholt, § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO. Der ablehnende Prozesskostenhilfebeschluss wurde ihm am 4. Mai 2013 zugestellt, unter dem 14. Mai 2013 beantragte der Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Zulassung der Berufung, am 4. Juni 2013 ging die Zulassungsbegründung bei Verwaltungsgerichtshof ein.

3. Der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht schließlich nicht entgegen, dass seit der Zustellung des Ersturteils am 10. Januar 2011 die Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verstreichen ist. Die Versäumung dieser Frist führt nicht zur Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags, wenn die Ursache in der Sphäre des Gerichts liegt (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.1992 - 5 B 50/92 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 177 - juris Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 60 Rn. 28; Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 34). Hier wurde über das Prozesskostenhilfegesuch vom 9. Februar 2011 erst am 23. April 2013 entschieden, so dass die Ausschlussfrist nicht anzuwenden ist (vgl. BAG, U.v. 2.7.1981 - 2 AZR 324/79) oder jedenfalls die Wiedereinsetzung aus Nachsicht zu gewähren ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 60 Rn. 28).

II.

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zu Recht abgewiesen.

1. Es bestehen keine ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (z. B. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/547) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2010 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838/839). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Es begegnet keinen ernstlichen Zweifeln, dass das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der auf Art. 43 Abs. 1 BayBG (in der bis zum 31.3.2009 geltenden Fassung) gestützten Entlassung wegen fehlender gesundheitlicher Eignung bejaht und die Klage hiergegen abgewiesen hat.

Die vorgebrachten Zulassungsgründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung.

a. Der Kläger weist darauf hin, dass sich seine gesundheitliche Situation zwischen der Einstellungsuntersuchung und der Untersuchung am 3. Juni 2008 nicht geändert habe, was insbesondere durch die Bescheinigung des Augenarztes Dr. V. vom 6. Mai 2009 belegt sei.

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der verfügten Entlassung ist die Sach- und Rechtslage zur Zeit des Erlasses der letzten Behördenentscheidung, hier also des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2008. Umstände, die erst danach eintreten, sind für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Entlassungsverfügung grundsätzlich unbeachtlich. Das trifft nur dann nicht zu, wenn sie einen Rückschluss auf den im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung vorliegenden Sachverhalt zulassen (vgl. BVerwG, U.v. 28.11. 1980 - 2 C 24.78 - BVerwGE 61, 200/209; BayVGH, B.v. 21.9.2009 - 3 B 05.1911 - juris für das Beamtenverhältnis auf Probe; OVG Münster, B.v. 19.2.2009 - 6 A 356/06 - juris für das Beamtenverhältnis auf Widerruf). Eine andere Beurteilung hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juli 2013 - 2 C 12/11 - juris. Dort hatte das Bundesverwaltungsgericht unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass ein Beamtenbewerber gesundheitlich nur dann nicht geeignet ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist. Diese Entscheidung kann auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden, weil es nicht um eine Prognoseentscheidung hinsichtlich der Geeignetheit eines Beamtenbewerbers geht, sondern um die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit zu einem konkreten Zeitpunkt, hier dem 29. Dezember 2008. Dass keine Prognoseentscheidung bezogen auf die gesetzliche Altersgrenze, sondern allenfalls bezogen auf das Ende des Vorbereitungsdienstes bzw. eines absehbaren späteren Zeitpunkts (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 9.7.2013 - 3 CS 13.302 - juris Rn. 28) zu treffen ist, erklärt sich aus dem Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes; denn wenn der Widerrufsbeamte wegen seines Gesundheitszustandes nicht polizeidiensttauglich ist, kann der der Zweck des zeitlich befristeten Dienstverhältnisses nicht erreicht werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.1.2010 - 2 B 47/09 - juris).

Welche Anforderungen an die gesundheitliche Eignung zu stellen sind, bestimmt der Dienstherr. Da der Polizeivollzugsdienst Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche Leistungsfähigkeit erfordern, ist es sachgerecht, bereits vom Polizeibeamten auf Widerruf ein hohes Maß an körperlicher Eignung zu verlangen und einen Eignungsmangel schon dann anzunehmen, wenn die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder Leistungsschwächen oder gar einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 3.6.2004 - 2 B 52/03 - juris Rn. 5). Die bundeseinheitliche Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300) interpretiert und konkretisiert die Anforderungen, denen Beamte des Polizeivollzugsdienstes in gesundheitlicher Hinsicht genügen müssen. In dieser Verwaltungsvorschrift sind die aufgrund besonderer Sachkunde gewonnenen, auf die spezifischen Anforderungen des Polizeidienstes zugeschnittenen ärztlichen Erfahrungswerte zusammengefasst. Ein Bewerber ist danach als „polizeidienstunfähig“ zu beurteilen, wenn ein oder mehrere Fehler festgestellt werden, die in der Anlage 1 zur PDV 300 unter einer Fehler-Nummer aufgeführt sind. Unter der Fehler-Nummer 5.1.2 der Anlage 1 zur PDV 300 heißt es, dass „Schielen, Augenmuskellähmungen, Nystagmus“ die „Einstellung“ ausschließen.

Das Attest des Augenfacharztes Dr. V. vom 6. Mai 2009 könnte also nur dann ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründen, wenn es die Bewertung von MedDir. Dr. M. vom polizeilichen Dienst (Gutachten vom 3. Juni 2008, ergänzende Stellungnahme vom 14. Juli 2009 und Vernehmung als sachverständiger Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht), die auf den augenfachärztlichen Stellungnahmen der Universitätsklinik R. vom 30. Mai 2008 basiert und eine „Schielstellung des rechten Auges (Exophorie) mit Auswirkungen auf das räumliche Sehvermögen. Dezenter Nystagmus“ diagnostiziert hatte (S. 7 des polizeilichen Gutachtens), in der Retrospektive ernstlich in Frage stellen könnte. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Attest setzt sich weder mit dem polizeiärztlichen Gutachten und der Frage der Polizeidienstfähigkeit auseinander, noch trifft es eine Aussage zur Polizeidienstfähigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt. Dr. V. bestätigt lediglich kurz handschriftlich, dass am 6. Mai 2009 unter Anwendung des sog. Titmus-Tests ein räumliches Sehvermögen des Klägers festgestellt werden konnte. Da das Attest nach eigenem Verständnis nur einen ad hoc Zustand beschreibt, ist es in Hinblick auf den hier interessierenden Zeitpunkt im Dezember 2008 ohne jeglichen Beweiswert und kann maßgebliche Feststellungen für diesen Zeitpunkt nicht in Frage stellen. Im Übrigen wird der sog. Titmus-Test bei Mehrfachuntersuchungen von den Probanden relativ schnell beherrscht bzw. ist erlernbar (vgl. Aussage des sachverständigen Zeugen MedDir. Dr. M. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, Sitzungsniederschrift vom 21. September 2009, S. 4), so dass die fachliche Aussage des Attests bereits aus diesem Grund nur eingeschränkte Aussagekraft haben kann.

b. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben des Universitätsklinikums T. vom 29. August 2013. In der zusammenfassenden Beurteilung wird zwar festgestellt, dass das Stereosehen ausführlich mittels dreier verschiedener Tests untersucht worden sei und einen regelrechten Befund ergeben habe. Aber auch diese Bestätigung befasst sich nicht mit dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt und rechtfertigt nicht den Rückschluss, dass wenn heute alles regelrecht sei, dies auch im Dezember 2008 so gewesen sein müsse, zumal die Stellungnahme unter dem Vorbehalt eines weiteren Gutachtens mit einer „dann ganz genauen Analyse des Binokularsehens“ steht und damit keine abschließende, sondern eine nur vorläufige Bewertung darstellt.

c. Aus der Sicht des Klägers lässt die Stellungnahme von MedDir. Dr. M. vom 3. September 2010 die erforderliche Objektivität missen. Soweit er dies damit begründet, dass MedDir. Dr. M. in seinem Gutachten (= Bl. 81 ff. der VG-Akte Az. M 5 K 09.389) auf Seite vier ausführt, dass, sollten Zweifel an den entsprechenden polizeiärztlichen Entscheidungen bzw. dem externen Befundbericht der Universitätsklinik R. bestehen, durchaus eine erneute augenfachärztliche Begutachtung durch eine weitere anerkannte Kapazität auf diesem Gebiet mit konkreten Fragestellungen insbesondere zur Qualität des räumlichen Sehvermögens für den Polizeivollzugsdienst angeregt werde, aber gleichwohl betont, dass er eine solche Untersuchung im Hinblick auf die hier bekannten Ergebnisse für eigentlich entbehrlich halte, kann der Senat mit dem Kläger keine Voreingenommenheit erkennen, sondern das Gegenteil: Die Eröffnung der Möglichkeit eines weiteren Sachverständigengutachtens spricht für die Objektivität und Ergebnisoffenheit des Gutachters.

Im Übrigen geht die Rechtsprechung davon aus, dass der beamtete Arzt stets neutral und unabhängig ist. Im Gegensatz zu einem Privatarzt, der womöglich bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, nimmt der Amtsarzt seine Beurteilung von seiner Aufgabenstellung her unbefangen und unabhängig vor. Er steht Dienstherrn und Beamten gleichermaßen fern (vgl. BVerwG, U.v. 9.10.2002 - 1 D 3.02 - juris). Darüber hinaus sind die in der Regel besseren Kenntnisse des beamteten Arztes hinsichtlich der Belange der öffentlichen Verwaltung und der von dem Beamten zu verrichtenden Tätigkeiten sowie seine größere Erfahrung bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit maßgebend. Für Gutachten, in denen Fragen des Dienstrechts aus medizinischer Sicht zu beurteilen sind, ist ein spezieller Sachverstand erforderlich, der einerseits auf der Kenntnis der Belange der öffentlichen Verwaltung, andererseits auf der Erfahrung aus einer Vielzahl von gleich oder ähnlich liegenden Fällen beruht (vgl. OVG Koblenz, U.v. 22.5.2013 - 2 A 11083 - juris Rn. 34).

d. Der Kläger trägt vor, dass ihm weder das polizeiärztliche Gutachten, noch die diesem zugrundeliegenden Feststellungen der Universitätsklinik R. bekannt gewesen seien, mit der Folge, dass diese der Universitätsklinik E. im April 2012 nicht zur Verfügung gestellt werden konnten. Die Universitätsklinik E. habe sich deshalb in dem Arztbrief vom 20. April 2012 mit den beiden Gutachten/Stellungnahmen nicht auseinandersetzen können.

Auch damit kann er keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegen.

Das ärztliche Attest der Universitätsklinik E. befasst sich zum einen nicht mit der entscheidenden Frage der Polizeidienstfähigkeit des Klägers im Dezember 2008; vielmehr beziehen sich die Befunde der Universitätsklinik E. nur auf den Zeitpunkt der dortigen Untersuchung im April 2012. Zum anderen hat es der Kläger versäumt, sich das polizeiärztliche Gutachten vom 3. Juni 2008 bzw. den Bericht des Universitätsklinikums R. vom 30. Mai 2008 bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu beschaffen. Der Kläger muss sich dieses Versäumnis zurechnen lassen, zumal er mit der Vorlage des Arztbriefes vom 20. April 2012 die Feststellungen des Verwaltungsgerichts durch ein Gegengutachten zu erschüttern sucht und sich damit in einer eigenverantwortlichen Sphäre bewegt, bei der etwaige Versäumnisses ihm zuzurechnen sind und per se keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen können.

Der Kläger hat zwar im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Akteneinsicht beantragt (vgl. Klagebegründung vom 25.5.2009, Bl. 50 der VG-Akte), über die nicht entschieden worden ist, was grundsätzlichen einen wesentlichen Verfahrensmangel und damit einen Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darstellen kann (vgl. Eyermann, VwGO, 10. Auflage 2013, § 100 Rn. 17; Beck‘scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 31). Der Kläger kann sich aber auf die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht berufen, weil er insoweit sein Rügerecht verloren hat. Er hat nichts unternommen, um sich das rechtliche Gehör zu verschaffen. Er hat nach der beantragten Akteneinsicht repliziert (Schriftsatz vom 12.4.2010, Bl. 65 der VG-Akte) und auch in der mündlichen Verhandlung am 21. September 2010 trotz anwaltlicher Vertretung nicht die Versagung der Akteneinsicht gerügt (vgl. zum Verlust des Rügerechts: BVerfG, B.v.13.4.2010 - 1 BvR 3515 - NVwZ 2010, 954 - juris Rn. 44 ff.; Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 84 und 84.1; VGH Mannheim, B.v. 4.7.1997 - 13 S 973/97 - NVwZ-RR 1998, 687 - juris Rn. 4).

2. Auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht gegeben.

Der Kläger trägt besondere tatsächliche Schwierigkeiten vor. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlichen und/oder einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt (vgl. Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 124 Rn. 33).

Inwieweit die Rechtssache besondere tatsächliche Schwierigkeiten aufweisen soll, wird nicht schlüssig erläutert. Der Kläger trägt vor, die Beurteilung der Frage, ob dem Kläger die gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst fehle, sei komplex und nur mit Hilfe besonderen Sachverstandes zu verstehen. Das rechtfertigt nicht die Annahme besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten. Der Sachverhalt ist, soweit entscheidungserheblich, überschaubar und die vorliegenden medizinischen Stellungnahmen lassen sich eindeutig bewerten. Sie wurden auch nicht substanziell in Frage gestellt.

3. Auch ein Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, der sich aus mangelnder Sachaufklärung ergeben würde, weil das Verwaltungsgericht kein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt hat, ist zu verneinen. Dem Gericht, das die seiner Entscheidung zugrunde gelegten Ausführungen des Sachverständigen MedDir. Dr. M. für schlüssig und überzeugend erachtet hat, musste sich aus seiner Sicht eine weitere Sachaufklärung durch eine neue Begutachtung nicht aufdrängen. Außerdem hat der auch in der mündlichen Verhandlung anwaltschaftlich vertretene Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift keinen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt (s. auch Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 86 Rn. 10). Eine weitere Beweiserhebung durch das Verwaltungsgericht war somit nicht veranlasst.

Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, B.v. 13.6.2012 - 4 B 12/12 - juris Rn. 4).

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwert bemisst sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) in der Fassung der Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl. I 718. Die mit dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013, BGBl. I 2586, zum 1. August 2013 in Kraft getretene Fassung des Gerichtskostengesetzes kommt nicht zur Anwendung, da nach der insoweit einschlägigen Übergangsvorschrift in § 134 des 2. KostRMoG in gerichtlichen Verfahren, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden sind, die Kosten nach bisherigem Recht erhoben werden. Dies gilt nach Satz 2 nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist. Hier wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung unter dem 14. Mai 2013 gestellt, so dass das Gerichtskostengesetz in der Fassung vor dem 1. August 2013 Anwendung findet.

Danach beruht die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 GKG in der Fassung der Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (6,5-facher Anwärtergrundbetrag; Gegenstand des Antragsverfahrens: Beendigung eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf). Der Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts war daher abzuändern. Die Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs, den Streitwertansatz der Vorinstanz zu ändern, folgt aus § 63 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und beansprucht ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit.

2

Am 1. Dezember 1997 berief die Beklagte die 1964 geborene Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 1. April 2000 stellte sie die Klägerin an und ernannte sie zur Verwaltungsrätin. Die Klägerin leistete von Anfang 1999 bis Anfang Februar 2005 keinen Dienst. Sie befand sich nach der Geburt ihrer Kinder im Mutterschutz, im Erziehungsurlaub und in der Elternzeit.

3

Nach dem Ende der Elternzeit war die Klägerin von Anfang Februar 2005 bis Ende 2006 wegen der Folgewirkungen zweier Bandscheibenvorfälle dienstunfähig erkrankt. Im Hinblick hierauf verlängerte die Beklagte die Probezeit bis Mitte September 2007. Nachdem die Klägerin von Anfang Januar bis Anfang April 2007 im Rahmen ihrer stufenweisen Wiedereingliederung nur teilweise gearbeitet hatte, leistete sie ab April 2007 wieder vollständig Dienst.

4

Die Beklagte entließ die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Die gesundheitliche Eignung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Die bis zum Ablauf der Probezeit verbliebene Dienstzeit reiche nicht aus, um ihre gesundheitliche Eignung zuverlässig festzustellen.

5

In der Berufungsinstanz hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die gerichtlich nur beschränkt überprüfbare prognostische Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, sei aufgrund der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei während ihrer verlängerten Probezeit nahezu zwei Jahre ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Zum einen habe die Klägerin ab Anfang 2005 mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Zum anderen hätten diese zu einem chronifizierten Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert geführt. Diese beiden Diagnosen schlössen eine positive gesundheitliche Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit der Klägerin aus.

7

Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 5. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Juni 2009 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 31 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9. Juli 2001 (- BBG a.F. -, BGBl I S. 1510). Ob es sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheiden.

10

1. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) entlassen werden. Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 GG, dessen Kriterien § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151> und vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - Rn. 10 ). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O.).

11

Obwohl § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden "kann", ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 der Bundeslaufbahnordnung (- BLV a.F. -) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459) werden Beamtinnen und Beamte, die sich nicht bewährt haben, entlassen. Das Wort "kann" trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, wie hier geschehen, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (Urteile vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7 S. 6; vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <271> = Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 9 S. 7 und vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64 <70> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 4 S. 15).

12

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung. Dies folgt aus dem materiellen Recht, das auch bestimmt zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 9 C 58.88 - Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 8 S. 9, vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

13

Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. über die Entlassung von Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) steht im Zusammenhang mit § 9 BBG a.F., der die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit festlegt. Danach darf Beamter auf Lebenszeit u.a nur werden, wer sich als Laufbahnbewerber oder als anderer Bewerber (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG a.F.) in einer Probezeit bewährt hat. Ferner schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BLV a.F. vor, dass vor Ablauf der Probezeit festgestellt wird, ob der Beamte sich bewährt hat.

14

Aus diesen Bestimmungen folgt, dass in die Entscheidung des Dienstherrn über die gesundheitliche Bewährung des Probebeamten, nur solche Umstände Eingang finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <150 ff.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5).

15

War die Erkrankung eines Probebeamten bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung des Beamten bei der anstehenden Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben. Bei unveränderter Sachlage ist der Dienstherr an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden.

16

a) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, trotz der Anstellung der Klägerin zum 1. April 2000 habe die Beklagte zum Ablauf der verlängerten Probezeit Mitte September 2007 noch über deren gesundheitliche Eignung befinden können. Mit der Anstellung der Klägerin war nicht die Feststellung ihrer Bewährung in der Probezeit verbunden, die die gesundheitliche Eignung mit umfasst. Ist die Anstellung wegen Kindererziehungszeiten vorgezogen worden, so ist nach § 10 Abs. 3 Satz 6 BLV a.F. die vorgeschriebene Probezeit ungeachtet der Anstellung abzuleisten. Die Regel des § 10 Abs. 2 Satz 1 BLV a.F. findet dann keine Anwendung.

17

b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagten stehe hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ein Beurteilungsspielraum zu, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. nicht vereinbar.

18

Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 12). Für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

19

Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Insoweit sind die Voraussetzungen, unter denen eine Einschränkung der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen anzunehmen ist, nicht erfüllt (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).

20

Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde. Können die Verwaltungsgerichte mit sachkundiger Hilfe ihrer Aufgabe gerecht werden, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken. Insoweit besteht eine Parallele zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten als Voraussetzung für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Auch hier steht der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

21

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf diesem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Obersatz davon ausgegangen, die Entscheidung der Beklagten über die gesundheitliche Eignung sei lediglich auf die Einhaltung der bei einem Beurteilungsspielraum allgemein anerkannten Grenzen überprüfbar. Im Gegensatz hierzu hat es aber zu deren Überprüfung eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und aufgrund dieser die Begründung der Beklagten für die angebliche mangelnde gesundheitliche Eignung der Klägerin wesentlich ergänzt.

22

c) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht erfordere, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen, ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und demnach mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. unvereinbar. Diesen Prognosemaßstab hat der Senat in Bezug auf die Bewertung der gesundheitlichen Eignung von solchen Bewerbern aufgegeben, die die Ernennung zum Probebeamten beanspruchen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Gleiches muss für die Prognoseentscheidung gelten, ob Probebeamte für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich geeignet sind. Maßgeblich sind folgende Erwägungen:

23

Das Lebenszeit- und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird. Dies ist der Fall, wenn der Beamte vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 21). Gleiches gilt, wenn der Beamte zwar die gesetzliche Altersgrenze im Dienst erreichen wird, es aber absehbar ist, dass er wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche dem Dienstherrn in der Gesamtheit nicht zumutbare Ausfallzeiten aufweisen wird. Die wahrscheinlich erwartbaren Fehlzeiten müssen in der Summe ein Ausmaß erreichen, das einer Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit etliche Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gleichkommt. Es muss der Schluss gerechtfertigt sein, die Lebensdienstzeit sei erheblich verkürzt.

24

Der bisherige, vom Senat aufgegebene Prognosemaßstab stellt demgegenüber eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Zugang zu einem öffentlichen Amt dar. Er hat in der Praxis dazu geführt, dass Bewerber und Probebeamte ohne Prüfung ihrer voraussichtlichen gesundheitlichen Entwicklung als ungeeignet angesehen worden sind, weil ihr Gesundheitszustand vom Regelzustand abgewichen ist oder sie in der Probezeit vorübergehend erkrankten. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraum und die Unsicherheit medizinischer Prognosen angesichts des Art. 33 Abs. 2 GG unverhältnismäßig.

25

Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, ist maßgeblich für die Prognose, ob der Bewerber dauernd dienstunfähig oder aufgrund einer chronischen Erkrankung regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen wird, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Je nach Laufbahn kann sich die Prognose danach auf mehrere Jahrzehnte erstrecken. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten werden noch durch die Komplexität von medizinisch fundierten Vorhersagen über den voraussichtlichen Verlauf einer Erkrankung verschärft. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- und Heilmethoden können zum Zeitpunkt der Eignungsprognose noch nicht in die Bewertung einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Zudem kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, der teilweise Ausfall der Lebensdienstzeit von Beamten sei in nennenswertem Umfang auf solche Krankheiten zurückzuführen, die zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung vorhersehbar waren. Vielmehr geht dies regelmäßig auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurück (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 ff.).

26

Daher kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). Dabei kann die gesundheitliche Eignung nur im Hinblick auf Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen verneint werden, nicht aber unter Berufung auf gesundheitliche Folgen, die mit dem allgemeinen Lebensrisiko, wie z.B. einem Unfall bei sportlichen Aktivitäten des Bewerbers, verbunden sind.

27

Ist zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder auf Lebenszeit eine Erkrankung des Bewerbers bereits bekannt, so ist der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Bewerbers vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder von regelmäßigen und erheblichen Ausfallzeiten über Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht kommen.

28

Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen ("non liquet"), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn. Denn die Voraussetzungen für die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 31 Abs. 1 BBG a.F. sind nicht erfüllt.

29

Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind dagegen unerheblich. Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers auch "nachhaltige Zweifel" des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, hat ausreichen lassen, wird diese aufgegeben (Urteil vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2 und Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.). Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird.

30

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt.

31

Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23).

32

Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der beim Bewerber bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.

33

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe die zuständige Behörde und das Gericht angewiesen sind, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Die Behörde muss - ebenso wie das Gericht - die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss geprüft werden, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls muss darauf hingewirkt werden, dass der Arzt seine Ausführungen ergänzt, oder es ist ein weiterer Arzt, insbesondere ein Facharzt, einzuschalten (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f. und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11).

34

2. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. gesundheitlich ungeeignet und deshalb zu entlassen war. Die mündlichen Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung, denen das Oberverwaltungsgericht gefolgt ist, sind nicht verwertbar. Diese gutachtliche Stellungnahme leidet an rechtserheblichen Mängeln.

35

Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156>; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 S. 6 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 34). Dies gilt auch für mündliche Darlegungen eines Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens nach § 411 Abs. 3 ZPO.

36

Nach diesen Grundsätzen konnte das Oberverwaltungsgericht seine Einschätzung, die Klägerin sei gesundheitlich nicht geeignet und sei deshalb zu Recht entlassen worden, nicht auf die lediglich mündlichen Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung stützen. Die Stellungnahme des Gutachters beruht insoweit auf einer erkennbar unzureichenden tatsächlichen Grundlage.

37

Zum einen hat dieser bei seinen mündlichen Ausführungen zum chronifizierten Schmerzsyndrom der Klägerin nicht gewürdigt, dass die Schmerzbehandlung mit Botox ab September 2006 erfolgreich war. Nach der Niederschrift über die letzte Berufungsverhandlung hat der Gutachter dort selbst ausgeführt, seine Feststellung eines chronifizierten Schmerzsyndroms wäre unrichtig, wenn bei der Klägerin eine Therapieform nachhaltig angeschlagen hätte. Zum anderen hätte der Gutachter vor seiner entscheidenden Aussage zum Vorliegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms die Unterlagen des behandelnden Arztes einsehen müssen. Ohne Prüfung der Unterlagen über die intensive und lang andauernde Schmerztherapie war eine sachverständige Äußerung über das Schmerzsyndrom, das den Gutachter zur geänderten Beantwortung der ihm gestellten Beweisfrage veranlasst hat, nicht möglich.

38

Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Klägerin zum Ablauf ihrer Probezeit neben der Bandscheibenerkrankung noch an einer weiteren Krankheit litt, die es in ihrer Gesamtheit als überwiegend wahrscheinlich machten, dass sie mit der Folge einer erheblich geringeren Lebensdienstzeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sein oder über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird.

39

3. § 31 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. bestimmt, dass in dem hier gegebenen Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung § 42 Abs. 3 BBG a.F. sinngemäß anzuwenden ist. Auf diese Regelung, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung führt, ist das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht eingegangen.

40

Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über die Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf den Fall der Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung muss der gegenüber § 42 Abs. 3 BBG a.F. geänderten Ausgangslage Rechnung tragen. Bei einem dauernd dienstunfähigen Lebenszeitbeamten soll entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" von der Zurruhesetzung abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Demgegenüber kommt es für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist. Die aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 25 ff.) besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist. Auch diese Frage hat das Oberverwaltungsgericht im erneuten Berufungsverfahren zu klären, falls es erneut zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin fehle die gesundheitliche Eignung.

41

4. Wird die gesundheitliche Eignung der Klägerin festgestellt, so ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. für die Entscheidung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung auch die fachliche Eignung der Klägerin während der Probezeit zu klären. Insoweit steht der Beklagten aber ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.

42

5. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht auch über den gerichtlich geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit zu entscheiden haben, den es im angegriffenen Urteil nicht beschieden hat. Dieser Anspruch besteht, wenn feststeht, dass sich die Klägerin in der Probezeit bewährt hat.

43

Rechtsgrundlage dieses Anspruchs der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit ist § 9 Abs. 2 BBG a.F. (vgl. § 147 Abs. 2 Satz 1 BBG in der Fassung des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012, BGBl I S. 462). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt, d.h. wenn er sich bewährt hat. Ansonsten ist er zu entlassen. Nach Satz 2 verlängert sich die Frist um die Zeit einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge. Der Anspruch setzt neben den Anforderungen des § 7 BBG a.F. die Vollendung des 27. Lebensjahres sowie die Bewährung des Probebeamten in der Probezeit voraus. Dagegen ist nicht von Bedeutung, ob eine entsprechende Planstelle frei ist.

44

Die Probezeit dient der Klärung der Frage der Bewährung des Probebeamten. Während dieser Zeit hat der Beamte seine allseitige Eignung, unter Einschluss der gesundheitlichen Eignung, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachzuweisen. Entsprechend diesem Zweck der Probezeit und der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ist der Dienstherr gehalten, unverzüglich nach ihrem Ablauf eine Entscheidung über die Bewährung des Beamten zu treffen (Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder Entlassung) und damit zugleich dem Beamten Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen (Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 7 S. 8).

45

Da für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Erkenntnisse bis zum Ablauf der Probezeit maßgeblich sind, ist der Beurteilungszeitpunkt des Verpflichtungsbegehrens mit dem der Anfechtungsklage gegen die Entlassungsverfügung identisch. Es können nur solche Umstände Eingang in die Entscheidung finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <151 f.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

I.

Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

IV.

Unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 6.177,73 € festgesetzt.

Gründe

I.

Dem Kläger war wegen der Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren.

1. Mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe entschieden worden ist, ist der Grund entfallen, der den Kläger im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO schuldlos an der Einhaltung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung und dessen Begründung gehindert hatte. Dabei steht der Wiedereinsetzung nicht entgegen, dass der Senat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 23. April 2013 - 3 ZB 11.403 - abgelehnt hat, weil er mit der Verneinung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils von der fehlenden Erfolgsaussicht in der Sache selbst ausgegangen ist. Auch wenn ein Prozesskostenhilfeantrag mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt worden ist, muss der unbemittelten Partei mittels der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich der gleiche Zugang zu dem beabsichtigten Rechtsbehelfsverfahren wie Bemittelten eröffnet werden (vgl. BVerfG, B.v. 11.3.2011 - 1 BvR 290/10 - NJW 2010, 2567 - juris Rn. 14; vgl. Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 60 Rn. 4; Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: August 2012, § 60 Rn. 35; Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 13; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 60 Rn. 15; vgl. auch: BGH, B.v. 11.11.1992 - XII ZB 118/92, NJW 1993, 732 - juris Rn. 8 a.E.; BFH; B.v. 9.4.2013 - III B 247/11 - juris Rn. 14). Die Wiedereinsetzung ist danach zu gewähren, wenn sich der Kläger - wie hier - für bedürftig halten durfte und aus seiner Sicht alles Erforderliche getan hatte, damit aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen ohne Verzögerung über sein Prozesskostenhilfegesuch entschieden werden konnte (vgl. BVerfG, B.v. 11.3.2011 - 1 BvR 290/10 - NJW 2010, 2567 - juris Rn. 18).

Das Prozesskostenhilfegesuch war sachlich bescheidungsfähig, weil der Kläger die Zulassungsgründe soweit dargetan hat, wie dies ohne anwaltlichen Beistand möglich war. Zwar kann von dem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten, der einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellt, nicht verlangt werden, dass er beispielsweise ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegt oder den Verfahrensmangel in der Weise bezeichnet, wie dies gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO für die Begründung des Berufungszulassungsantrags selbst erforderlich wäre. Geboten ist aber, dass sich aus der fristgerecht vorgelegten Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs das Vorliegen eines Zulassungsgrundes zumindest in groben Zügen erkennen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 4.5.2011 - 7 PKH 9/11- NVwZ-RR 2011, 621 - juris Rn. 2, zur vergleichbaren Situation eines Prozesskostenhilfeantrags bei der Nichtzulassungsbeschwerde; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 124a Rn. 42).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde rechtzeitig, nämlich vor Ablauf der Frist für den Zulassungsantrag gestellt. Weiter ließ sich dem Prozesskostenhilfegesuch vom 9. Februar 2011 mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Kläger zumindest ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung geltend machen wollte.

2. Der Kläger hat fristgerecht Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und innerhalb der einmonatigen Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO die versäumte Rechtshandlung nachgeholt, § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO. Der ablehnende Prozesskostenhilfebeschluss wurde ihm am 4. Mai 2013 zugestellt, unter dem 14. Mai 2013 beantragte der Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Zulassung der Berufung, am 4. Juni 2013 ging die Zulassungsbegründung bei Verwaltungsgerichtshof ein.

3. Der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht schließlich nicht entgegen, dass seit der Zustellung des Ersturteils am 10. Januar 2011 die Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO verstreichen ist. Die Versäumung dieser Frist führt nicht zur Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags, wenn die Ursache in der Sphäre des Gerichts liegt (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.1992 - 5 B 50/92 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 177 - juris Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 60 Rn. 28; Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 34). Hier wurde über das Prozesskostenhilfegesuch vom 9. Februar 2011 erst am 23. April 2013 entschieden, so dass die Ausschlussfrist nicht anzuwenden ist (vgl. BAG, U.v. 2.7.1981 - 2 AZR 324/79) oder jedenfalls die Wiedereinsetzung aus Nachsicht zu gewähren ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 60 Rn. 28).

II.

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zu Recht abgewiesen.

1. Es bestehen keine ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (z. B. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/547) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2010 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838/839). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Es begegnet keinen ernstlichen Zweifeln, dass das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der auf Art. 43 Abs. 1 BayBG (in der bis zum 31.3.2009 geltenden Fassung) gestützten Entlassung wegen fehlender gesundheitlicher Eignung bejaht und die Klage hiergegen abgewiesen hat.

Die vorgebrachten Zulassungsgründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung.

a. Der Kläger weist darauf hin, dass sich seine gesundheitliche Situation zwischen der Einstellungsuntersuchung und der Untersuchung am 3. Juni 2008 nicht geändert habe, was insbesondere durch die Bescheinigung des Augenarztes Dr. V. vom 6. Mai 2009 belegt sei.

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der verfügten Entlassung ist die Sach- und Rechtslage zur Zeit des Erlasses der letzten Behördenentscheidung, hier also des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2008. Umstände, die erst danach eintreten, sind für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Entlassungsverfügung grundsätzlich unbeachtlich. Das trifft nur dann nicht zu, wenn sie einen Rückschluss auf den im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung vorliegenden Sachverhalt zulassen (vgl. BVerwG, U.v. 28.11. 1980 - 2 C 24.78 - BVerwGE 61, 200/209; BayVGH, B.v. 21.9.2009 - 3 B 05.1911 - juris für das Beamtenverhältnis auf Probe; OVG Münster, B.v. 19.2.2009 - 6 A 356/06 - juris für das Beamtenverhältnis auf Widerruf). Eine andere Beurteilung hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juli 2013 - 2 C 12/11 - juris. Dort hatte das Bundesverwaltungsgericht unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass ein Beamtenbewerber gesundheitlich nur dann nicht geeignet ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist. Diese Entscheidung kann auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden, weil es nicht um eine Prognoseentscheidung hinsichtlich der Geeignetheit eines Beamtenbewerbers geht, sondern um die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit zu einem konkreten Zeitpunkt, hier dem 29. Dezember 2008. Dass keine Prognoseentscheidung bezogen auf die gesetzliche Altersgrenze, sondern allenfalls bezogen auf das Ende des Vorbereitungsdienstes bzw. eines absehbaren späteren Zeitpunkts (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 9.7.2013 - 3 CS 13.302 - juris Rn. 28) zu treffen ist, erklärt sich aus dem Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes; denn wenn der Widerrufsbeamte wegen seines Gesundheitszustandes nicht polizeidiensttauglich ist, kann der der Zweck des zeitlich befristeten Dienstverhältnisses nicht erreicht werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.1.2010 - 2 B 47/09 - juris).

Welche Anforderungen an die gesundheitliche Eignung zu stellen sind, bestimmt der Dienstherr. Da der Polizeivollzugsdienst Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche Leistungsfähigkeit erfordern, ist es sachgerecht, bereits vom Polizeibeamten auf Widerruf ein hohes Maß an körperlicher Eignung zu verlangen und einen Eignungsmangel schon dann anzunehmen, wenn die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder Leistungsschwächen oder gar einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 3.6.2004 - 2 B 52/03 - juris Rn. 5). Die bundeseinheitliche Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300) interpretiert und konkretisiert die Anforderungen, denen Beamte des Polizeivollzugsdienstes in gesundheitlicher Hinsicht genügen müssen. In dieser Verwaltungsvorschrift sind die aufgrund besonderer Sachkunde gewonnenen, auf die spezifischen Anforderungen des Polizeidienstes zugeschnittenen ärztlichen Erfahrungswerte zusammengefasst. Ein Bewerber ist danach als „polizeidienstunfähig“ zu beurteilen, wenn ein oder mehrere Fehler festgestellt werden, die in der Anlage 1 zur PDV 300 unter einer Fehler-Nummer aufgeführt sind. Unter der Fehler-Nummer 5.1.2 der Anlage 1 zur PDV 300 heißt es, dass „Schielen, Augenmuskellähmungen, Nystagmus“ die „Einstellung“ ausschließen.

Das Attest des Augenfacharztes Dr. V. vom 6. Mai 2009 könnte also nur dann ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründen, wenn es die Bewertung von MedDir. Dr. M. vom polizeilichen Dienst (Gutachten vom 3. Juni 2008, ergänzende Stellungnahme vom 14. Juli 2009 und Vernehmung als sachverständiger Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht), die auf den augenfachärztlichen Stellungnahmen der Universitätsklinik R. vom 30. Mai 2008 basiert und eine „Schielstellung des rechten Auges (Exophorie) mit Auswirkungen auf das räumliche Sehvermögen. Dezenter Nystagmus“ diagnostiziert hatte (S. 7 des polizeilichen Gutachtens), in der Retrospektive ernstlich in Frage stellen könnte. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Attest setzt sich weder mit dem polizeiärztlichen Gutachten und der Frage der Polizeidienstfähigkeit auseinander, noch trifft es eine Aussage zur Polizeidienstfähigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt. Dr. V. bestätigt lediglich kurz handschriftlich, dass am 6. Mai 2009 unter Anwendung des sog. Titmus-Tests ein räumliches Sehvermögen des Klägers festgestellt werden konnte. Da das Attest nach eigenem Verständnis nur einen ad hoc Zustand beschreibt, ist es in Hinblick auf den hier interessierenden Zeitpunkt im Dezember 2008 ohne jeglichen Beweiswert und kann maßgebliche Feststellungen für diesen Zeitpunkt nicht in Frage stellen. Im Übrigen wird der sog. Titmus-Test bei Mehrfachuntersuchungen von den Probanden relativ schnell beherrscht bzw. ist erlernbar (vgl. Aussage des sachverständigen Zeugen MedDir. Dr. M. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, Sitzungsniederschrift vom 21. September 2009, S. 4), so dass die fachliche Aussage des Attests bereits aus diesem Grund nur eingeschränkte Aussagekraft haben kann.

b. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben des Universitätsklinikums T. vom 29. August 2013. In der zusammenfassenden Beurteilung wird zwar festgestellt, dass das Stereosehen ausführlich mittels dreier verschiedener Tests untersucht worden sei und einen regelrechten Befund ergeben habe. Aber auch diese Bestätigung befasst sich nicht mit dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt und rechtfertigt nicht den Rückschluss, dass wenn heute alles regelrecht sei, dies auch im Dezember 2008 so gewesen sein müsse, zumal die Stellungnahme unter dem Vorbehalt eines weiteren Gutachtens mit einer „dann ganz genauen Analyse des Binokularsehens“ steht und damit keine abschließende, sondern eine nur vorläufige Bewertung darstellt.

c. Aus der Sicht des Klägers lässt die Stellungnahme von MedDir. Dr. M. vom 3. September 2010 die erforderliche Objektivität missen. Soweit er dies damit begründet, dass MedDir. Dr. M. in seinem Gutachten (= Bl. 81 ff. der VG-Akte Az. M 5 K 09.389) auf Seite vier ausführt, dass, sollten Zweifel an den entsprechenden polizeiärztlichen Entscheidungen bzw. dem externen Befundbericht der Universitätsklinik R. bestehen, durchaus eine erneute augenfachärztliche Begutachtung durch eine weitere anerkannte Kapazität auf diesem Gebiet mit konkreten Fragestellungen insbesondere zur Qualität des räumlichen Sehvermögens für den Polizeivollzugsdienst angeregt werde, aber gleichwohl betont, dass er eine solche Untersuchung im Hinblick auf die hier bekannten Ergebnisse für eigentlich entbehrlich halte, kann der Senat mit dem Kläger keine Voreingenommenheit erkennen, sondern das Gegenteil: Die Eröffnung der Möglichkeit eines weiteren Sachverständigengutachtens spricht für die Objektivität und Ergebnisoffenheit des Gutachters.

Im Übrigen geht die Rechtsprechung davon aus, dass der beamtete Arzt stets neutral und unabhängig ist. Im Gegensatz zu einem Privatarzt, der womöglich bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, nimmt der Amtsarzt seine Beurteilung von seiner Aufgabenstellung her unbefangen und unabhängig vor. Er steht Dienstherrn und Beamten gleichermaßen fern (vgl. BVerwG, U.v. 9.10.2002 - 1 D 3.02 - juris). Darüber hinaus sind die in der Regel besseren Kenntnisse des beamteten Arztes hinsichtlich der Belange der öffentlichen Verwaltung und der von dem Beamten zu verrichtenden Tätigkeiten sowie seine größere Erfahrung bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit maßgebend. Für Gutachten, in denen Fragen des Dienstrechts aus medizinischer Sicht zu beurteilen sind, ist ein spezieller Sachverstand erforderlich, der einerseits auf der Kenntnis der Belange der öffentlichen Verwaltung, andererseits auf der Erfahrung aus einer Vielzahl von gleich oder ähnlich liegenden Fällen beruht (vgl. OVG Koblenz, U.v. 22.5.2013 - 2 A 11083 - juris Rn. 34).

d. Der Kläger trägt vor, dass ihm weder das polizeiärztliche Gutachten, noch die diesem zugrundeliegenden Feststellungen der Universitätsklinik R. bekannt gewesen seien, mit der Folge, dass diese der Universitätsklinik E. im April 2012 nicht zur Verfügung gestellt werden konnten. Die Universitätsklinik E. habe sich deshalb in dem Arztbrief vom 20. April 2012 mit den beiden Gutachten/Stellungnahmen nicht auseinandersetzen können.

Auch damit kann er keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegen.

Das ärztliche Attest der Universitätsklinik E. befasst sich zum einen nicht mit der entscheidenden Frage der Polizeidienstfähigkeit des Klägers im Dezember 2008; vielmehr beziehen sich die Befunde der Universitätsklinik E. nur auf den Zeitpunkt der dortigen Untersuchung im April 2012. Zum anderen hat es der Kläger versäumt, sich das polizeiärztliche Gutachten vom 3. Juni 2008 bzw. den Bericht des Universitätsklinikums R. vom 30. Mai 2008 bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu beschaffen. Der Kläger muss sich dieses Versäumnis zurechnen lassen, zumal er mit der Vorlage des Arztbriefes vom 20. April 2012 die Feststellungen des Verwaltungsgerichts durch ein Gegengutachten zu erschüttern sucht und sich damit in einer eigenverantwortlichen Sphäre bewegt, bei der etwaige Versäumnisses ihm zuzurechnen sind und per se keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen können.

Der Kläger hat zwar im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Akteneinsicht beantragt (vgl. Klagebegründung vom 25.5.2009, Bl. 50 der VG-Akte), über die nicht entschieden worden ist, was grundsätzlichen einen wesentlichen Verfahrensmangel und damit einen Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darstellen kann (vgl. Eyermann, VwGO, 10. Auflage 2013, § 100 Rn. 17; Beck‘scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 31). Der Kläger kann sich aber auf die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht berufen, weil er insoweit sein Rügerecht verloren hat. Er hat nichts unternommen, um sich das rechtliche Gehör zu verschaffen. Er hat nach der beantragten Akteneinsicht repliziert (Schriftsatz vom 12.4.2010, Bl. 65 der VG-Akte) und auch in der mündlichen Verhandlung am 21. September 2010 trotz anwaltlicher Vertretung nicht die Versagung der Akteneinsicht gerügt (vgl. zum Verlust des Rügerechts: BVerfG, B.v.13.4.2010 - 1 BvR 3515 - NVwZ 2010, 954 - juris Rn. 44 ff.; Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 1.10.2013, § 60 Rn. 84 und 84.1; VGH Mannheim, B.v. 4.7.1997 - 13 S 973/97 - NVwZ-RR 1998, 687 - juris Rn. 4).

2. Auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht gegeben.

Der Kläger trägt besondere tatsächliche Schwierigkeiten vor. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlichen und/oder einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt (vgl. Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 124 Rn. 33).

Inwieweit die Rechtssache besondere tatsächliche Schwierigkeiten aufweisen soll, wird nicht schlüssig erläutert. Der Kläger trägt vor, die Beurteilung der Frage, ob dem Kläger die gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst fehle, sei komplex und nur mit Hilfe besonderen Sachverstandes zu verstehen. Das rechtfertigt nicht die Annahme besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten. Der Sachverhalt ist, soweit entscheidungserheblich, überschaubar und die vorliegenden medizinischen Stellungnahmen lassen sich eindeutig bewerten. Sie wurden auch nicht substanziell in Frage gestellt.

3. Auch ein Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, der sich aus mangelnder Sachaufklärung ergeben würde, weil das Verwaltungsgericht kein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt hat, ist zu verneinen. Dem Gericht, das die seiner Entscheidung zugrunde gelegten Ausführungen des Sachverständigen MedDir. Dr. M. für schlüssig und überzeugend erachtet hat, musste sich aus seiner Sicht eine weitere Sachaufklärung durch eine neue Begutachtung nicht aufdrängen. Außerdem hat der auch in der mündlichen Verhandlung anwaltschaftlich vertretene Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift keinen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt (s. auch Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 86 Rn. 10). Eine weitere Beweiserhebung durch das Verwaltungsgericht war somit nicht veranlasst.

Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, B.v. 13.6.2012 - 4 B 12/12 - juris Rn. 4).

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwert bemisst sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) in der Fassung der Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl. I 718. Die mit dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013, BGBl. I 2586, zum 1. August 2013 in Kraft getretene Fassung des Gerichtskostengesetzes kommt nicht zur Anwendung, da nach der insoweit einschlägigen Übergangsvorschrift in § 134 des 2. KostRMoG in gerichtlichen Verfahren, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden sind, die Kosten nach bisherigem Recht erhoben werden. Dies gilt nach Satz 2 nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist. Hier wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung unter dem 14. Mai 2013 gestellt, so dass das Gerichtskostengesetz in der Fassung vor dem 1. August 2013 Anwendung findet.

Danach beruht die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 GKG in der Fassung der Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (6,5-facher Anwärtergrundbetrag; Gegenstand des Antragsverfahrens: Beendigung eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf). Der Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts war daher abzuändern. Die Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs, den Streitwertansatz der Vorinstanz zu ändern, folgt aus § 63 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die Antragstellerin vorläufig, das heißt bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren (7 K 5540/15), unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Polizeivollzugsdienstes (Einstellungsjahrgang 2016 mit Ausbildungsbeginn 01.03.2016) einzustellen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 6.097,74 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin begehrt die vorläufige Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst.
Im Frühjahr des Jahres 2015 bewarb sich die am ...1985 geborene Antragstellerin, die unter anderem am linken Oberarm eine sich bis zur Ellenbeuge erstreckende Tätowierung ... in der Größe 28 cm x 10,5 cm trägt und 2013 aus kosmetischen Gründen Brustimplantate erhalten hat, um eine Einstellung in den mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Baden-Württemberg. Nach der Stellenausschreibung ist für den gehobenen Polizeivollzugsdienst eine Einstellung zum 01.07.2016, für den mittleren Polizeivollzugsdienst eine Einstellung zum 01.03.2016 vorgesehen.
Beim Auswahltest am 23.06.2015 erzielte die Antragstellerin ein Testergebnis von 105,6 Punkten für den gehobenen Polizeivollzugsdienst und von 110,4 Punkten für den mittleren Polizeivollzugsdienst. Mit Schreiben vom selben Tag erhielt sie aufgrund ihres Testergebnisses eine direkte Zusage für die Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst zum Frühjahr 2016 unter dem Vorbehalt, dass keine Hinderungsgründe bekannt werden. Als Hinderungsgründe wurden in dem Schreiben neben Krankheiten auch staatsanwaltschaftliche und gerichtliche Verfahren sowie Jugendgerichtsverfahren und polizeiliche Ermittlungs- und Untersuchungsverfahren sowie die Erteilung eines Fahrverbots oder der Entzug der Fahrerlaubnis, genannt.
Nachdem bei der amtsärztlichen Untersuchung am 11.08.2016 festgestellt worden war, dass die Tätowierung vom Sommerdiensthemd auch bei hängendem Arm nur teilweise verdeckt wird, wurde die Antragstellerin mit Schreiben vom selben Tag darauf hingewiesen, dass eine Einstellung in den Polizeivollzugsdienst nur bei vollständiger Entfernung der beanstandeten Tätowierung - bis „mindestens Ende Sommerdiensthemd bei hochgestrecktem Arm“ - möglich sei, und um Übersendung entsprechender Nachweise über Beginn und Stand der Behandlung sowie um Vorlage eines Behandlungskonzepts gebeten. Mit Bescheid vom 19.08.2016 lehnte die Antragsgegnerin die Einstellung mit der Begründung ab, bei der Antragstellerin seien nach dem Ergebnis der polizeiärztlichen Untersuchung derzeit die geforderten körperlichen Voraussetzungen nicht gegeben.
Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.08.2015 Widerspruch ein und trug vor, es sei fehlerhaft, sie nur wegen der Brustimplantate nach der Polizeidienstvorschrift 300 (im Folgenden: PDV 300) als polizeidienstuntauglich einzuschätzen. Der ärztliche Dienst und der auf dessen Meinung beruhende Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin berücksichtigten nicht die geänderte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die gesundheitliche Eignung könne nur im Hinblick auf Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen, verneint werden, nicht aber unter Berufung auf gesundheitliche Folgen, die mit dem allgemeinen Lebensrisiko, wie zum Beispiel einem Unfall bei sportlichen Aktivitäten des Bewerbers, verbunden seien. Es genüge ausdrücklich nicht, wenn der Dienstherr bloße Zweifel an der gesundheitlichen Eignung habe. Dem Dienstherrn stehe nach der Änderung der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung insoweit kein Ermessen mehr zu, sondern er könne seine Entscheidung nur auf der Grundlage fundierter medizinischer Tatsachen und eines konkreten ärztlichen Gutachtens treffen. Die PDV 300 sei als Entscheidungsgrundlage ungeeignet. Bei fachgerecht ausgeführter Operation ohne Folgebeschwerden könne nicht davon ausgegangen werden, dass ihre Gesundheit wegen der Brustimplantate erheblich mehr gefährdet sei als die von Polizeivollzugsbeamtinnen ohne solche Implantate. Ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin sei auf den vorliegenden Fall ohne weiteres übertragbar. Es gebe bei ihr keinerlei Hinweise auf Komplikationen. Die vorhandenen Tätowierungen werde sie, soweit notwendig, bis zum Einstellungstermin am 01.03.2016 entfernen. Die HNO-ärztliche Untersuchung habe keinen Befund erbracht. Die erbetenen Urinkontrollen und gynäkologischen Untersuchungen seien eingeleitet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2015 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Bewerbung der Antragstellerin habe wegen der vorhandenen Brustimplantate nach Ziffer 10.4.2 der PDV 300 nicht berücksichtigt werden können. Die 2012 neugefasste PDV 300 sei von Leitenden Polizeiärzten des Bundes und der Länder auf der Grundlage eines Gutachtens aus dem Jahre 2004 erarbeitet worden, das der polizeiärztliche Dienst der damaligen Bereitschaftspolizei zur Klärung dieser körperlichen Besonderheit eingeholt habe. Brustimplantate müssten vom medizinischen Standpunkt aus als gesundheitlicher Mangel bewertet werden, weil im Polizeidienst eine erhöhte Verletzungsgefahr bestehe. Hierbei könne es zu einer Ruptur des Implantats mit dem Austreten von Silikon und damit zu weitreichenden Komplikationen kommen, die bis hin zu Nachoperationen mit Narbenbildung und Formveränderungen der Brüste und nachfolgenden langfristigen psychischen Beeinträchtigungen gehen könnten. Auch gebe es Probleme mit der Langzeithaltbarkeit derartiger Implantate. Dies gelte auch im Hinblick auf die Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Diese sei nur für Fälle erheblich, bei denen zum Zeitpunkt der Einstellung die gesundheitlichen Voraussetzungen erfüllt seien, prognostisch jedoch Zweifel bestünden. Bei der Antragstellerin sei dagegen wegen der erhöhten Verletzungsgefahr von einer aktuellen Polizeidienstuntauglichkeit auszugehen. Die Entscheidung des Petitionsausschusses vom September 2013 (Petition 15/3524) bezüglich der Einstellung einer Bewerberin mit Brustimplantaten in den Polizeivollzugsdienst des Landes könne auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden, da es im dortigen Fall nicht um eine Schönheitsoperation im klassischen Sinne, sondern um eine aus medizinischen Gründen durchgeführte Operation, also einen nicht übertragbaren Einzelfall gegangen sei.
Am 09.12.2015 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtschutz ersucht und zugleich Klage erhoben (7 K 5540/15). Zur Begründung führt sie aus, es sei unzutreffend, dass allein das Vorhandensein der beiden Brustimplantate ein Einstellungshindernis darstelle. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Implantate zu gesundheitlichen Einschränkungen führen oder sie an der Diensterfüllung hindern könnten, habe der Polizeiarzt nicht. Nach Auffassung der Ärzte und Chirurgen, welche die Implantation vorgenommen hätten, bestünden keinerlei Hinderungsgründe. Die Implantate seien weder optisch besonders auffällig noch behinderten sie sie körperlich in irgendeiner Weise. Die Regelung der PDV 300 gehe auf überholte ärztliche Annahmen zurück. Das von der Antragsgegnerin vorgelegte Gutachten des Universitätsklinikums Münster sei zwölf Jahre alt und stütze die Einschätzung der Antragsgegnerin nicht, denn zusammenfassend werde das allgemeine Risiko bei jüngeren Frauen mit Silikonimplantaten auch hier als gering bewertet. Dabei greife das Gutachten auf Langzeitstudien zurück, die sich auf frühere Implantat-Generationen bezögen, mit denen höhere Risiken einhergegangen seien. Die bei ihr verwendeten Implantate seien solche der fünften Generation vom Typ Allergan Inspira TRX mit 310 g, die auch nach Aussage des Polizeiarztes als verhältnismäßig sicher gälten. Sie verfügten über eine glatte Hülle und eine dickflüssige Konsistenz und seien durch Herrn Prof. Dr. med. ..., einen fachlich kompetenten Chirurgen, der mehr als 12.000 Operationen als plastischer Chirurg durchgeführt habe, unter dem Brustmuskel eingebracht worden. Dessen Bescheinigung, dass aus medizinischer Sicht kein erhöhtes Risiko einer Ruptur bestehe, wiege mehr als eine zwölf Jahre alte, abstrakt generalisierende Einschätzung Dritter. Der polizeiärztliche Dienst habe ohne individuelle Begutachtung entschieden, dass das bloße Vorhandensein der Brustimplantate die Polizeidiensttauglichkeit ausschließe. Tatsächlich gebe es keinerlei Anhaltspunkte für Verhärtungen, Fibrosen oder sonstige Komplikationen. Sie sei völlig beschwerdefrei und erwarte nach den Stellungnahmen ihrer Behandler auch für die Zukunft keinerlei Komplikationen. Dies habe eine gynäkologische Untersuchung am 12.01.2016 nochmals bestätigt. Die erhöhte Verletzungsgefahr zum Beispiel bei einem Schlag oder Stich gegen den Brustkorb führe auch bei einer nicht operierten Brust zu empfindlichen Verletzungen und Risiken mit der Notwendigkeit von Operationen und der Gefahr der Narbenbildung. Dass sich diese Risiken durch Implantate erhöhten, sei durch nichts belegt. Ihre behandelnde Ärztin, Frau Dr. ..., habe ihr mitgeteilt, dass eine Frau mit Implantaten aus ärztlicher Sicht in einem solchen Fall sogar noch besser geschützt sei als eine Frau ohne Implantate oder ein männlicher Beamter, weil innere Organe nicht so leicht getroffen werden könnten. Das Implantat würde sich wie ein Schutzpolster auswirken und die inneren Organe schützen. Soweit die Antragsgegnerin auf eine Belastung des Landeshaushalts durch spätere Nachoperationen oder die Ersetzung der Implantate abstelle, sei dies falsch, weil derartige kosmetische Operationen – ebenso wie ihre Nachbehandlungen – von der Beihilfe ausgeschlossen seien und deshalb auch keine Heilfürsorgekosten auslösten. Auch eine bereits verbeamtete Polizeibeamtin, die sich nach einer Krebsoperation die Brust durch Implantate wieder aufbauen lasse, werde nicht zwingend für dienstunfähig erklärt und in den Ruhestand versetzt.
Sie sei nicht verpflichtet, vor rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache die Entfernungsprozedur auf sich zu nehmen und ihre Tätowierung im sichtbaren Bereich vollständig entfernen zu lassen. Dies sei auch nicht notwendig. Die Leitlinien des Innenministeriums besagten lediglich, dass Tätowierungen im Dienst nicht sichtbar sein dürften. Sie erstrebe aber zunächst nur die Teilnahme an der aus einem neunmonatigen theoretischen Teil bestehenden Ausbildung zum Polizeivollzugsdienst, bei der sie zunächst nur die Polizeischule besuchen, nicht in Uniform auftreten und auch nicht im unmittelbaren Bürgerkontakt stehen werde. Bei regulärem Verlauf der Ausbildung werde sie frühestens im Sommer 2017 im Praktikum in Uniform auftreten. Selbst dann sei beim Tragen eines Langarmhemdes die Tätowierung verdeckt, beim Kurzarmhemd luge sie nur dann heraus, wenn sie den Arm hebe. „Hemd/Bluse blau Langarm“ sei gemäß Anlage 1 der Leitlinien eine ganzjährig zulässige Kombinationsmöglichkeit. Warum eine entsprechende Kontrolle dem Dienstherrn nicht zugemutet werden könne, erschließe sich nicht. Allerdings habe sie sich mehrfach schriftlich verpflichtet, für den Fall einer verbindlichen Zusage für die Ausbildung ihre Tätowierung soweit entfernen zu lassen, dass sie auch unter dem kurzen Uniformhemd nicht mehr sichtbar sei. Nach Mitteilung der Laserklinik Heidelberg erfordere die Entfernung der konkreten Tätowierung am Arm fünf bis sechs Sitzungen, zwischen denen jeweils vier Wochen liegen sollten. Die Einhaltung der Richtlinien der Antragsgegnerin könne sie bis zur vollständigen Entfernung der Tätowierung sicherstellen, indem sie langärmelige Kleidung trage oder notfalls eine Bandage oder ein Pflaster über die Tätowierung lege. Hierzu verpflichte sie sich. Wegen der im Hinblick auf die Implantate rechtswidrigen Ablehnung könne sich die Antragsgegnerin nicht darauf berufen, dass sie vorleistungspflichtig sei. Dies sei unverhältnismäßig und widerspreche dem Rechtsstaatsprinzip. Sie müsse sich auch nicht darauf verweisen lassen, eine andere Laufbahn – zu der sie zurzeit nicht qualifiziert sei – in den Blick zu nehmen, solange völlig ungewiss sei, ob und wann sie die Voraussetzungen hierfür erfüllen werde. Im Übrigen werde ihr auch bei der Bewerbung für die Laufbahn für den gehobenen Dienst sicherlich entgegengehalten, dass sie aufgrund ihrer Brustimplantate nicht polizeidiensttauglich sei. Im Zivilrecht wäre ein solches Verhalten als treuwidrig zu qualifizieren, dieser Rechtsgrundsatz müsse eigentlich auch im Verwaltungsrecht gelten.
Die Einstweilige Anordnung sei notwendig, weil die Einstellung bereits für den 01.03.2016 beabsichtigt sei. Nach der üblichen Verfahrensdauer der Verwaltungsgerichte sei nicht zu erwarten, dass die Klage bis zu diesem Tage rechtskräftig entschieden werde. Länger zuwarten könne sie wegen der Altersgrenze von 30 Jahren für die Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst nicht, da sie am ...03.2016 die Altersgrenze überschreiten werde. Da die Ausbildung zunächst mit einem theoretischen Teil beginne, wolle sie an dieser verschulten Ausbildung teilnehmen können um den Anschluss gegenüber ihren Kommilitonen nicht zu verlieren. Wenn sich dann erweise, dass sie doch nicht eingestellt werden könne, seien die Nachteile für die Antragsgegnerin begrenzt.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, sie an der am 01.03.2016 beginnenden Ausbildung für die Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst des Landes Baden-Württemberg an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg teilnehmen zu lassen und ihr die Ausbildungsstelle bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zuzuweisen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, es bestehe schon kein hinreichender Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin habe bislang keinerlei Anstrengungen unternommen, die vorhandene Tätowierung im sichtbaren Bereich entfernen zu lassen. Es sei daher zweifelhaft, ob die Tätowierung bis zu dem gewünschten Einstellungstermin überhaupt vollständig entfernt werden könne. Insofern bestehe ein Einstellungshindernis nach der Leitlinie des Innenministeriums, wonach im Dienst – ausgenommen beim Dienstsport – jegliche Tätowierung nicht sichtbar sein dürfe. Die Antragstellerin täusche sich, wenn sie anführe, dass Polizeianwärter sich nicht im Dienst befänden. Anwärter hätten zwar kein Amt im statusrechtlichen Sinn, die Ausbildungszeit werde aber nach § 8 Abs. 2 LVO Pol als Dienst verstanden. Die Polizeianwärter müssten auch im Unterricht in Dienstuniform auftreten. Zudem bestehe nicht unbedingt erst im Hauptpraktikum Bürgerkontakt, sondern auch bei Großlagen, zu denen Polizeianwärter hinzugezogen werden könnten, und bei Übungen im Freien. Es gehe aber auch um Fragen von Seiten der Ausbilder und der anderen Polizeianwärter, die ganz genau wüssten, dass sichtbare Tätowierungen nicht geduldet würden. Nicht wenige Bewerber hätten sich rechtzeitig informiert und ihre Tätowierungen im Vorfeld der Bewerbung entfernen lassen, obwohl sie sich nicht hätten sicher sein können, aus anderen Gründen nicht doch noch aus dem Auswahlverfahren auszuscheiden. Da man auf die Zusage der Antragstellerin, die Tätowierung zu entfernen, vertraut habe, sei diese Fragestellung vorläufig nicht mehr vertieft thematisiert worden. Wider Erwarten und trotz aller Auflagen und Zusagen habe sie sich nicht einmal ansatzweise daran gehalten. Deshalb habe sie eine ernsthafte Bereitschaft zur Entfernung der Tätowierung schon nicht glaubhaft gemacht. Es sei kein widersprüchliches Verhalten, an der Erfüllung der Auflage festzuhalten, da im Hinblick auf eine Tolerierung von Tätowierungen kein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei. Das Fehlen von Einstellungsvoraussetzungen falle in die Risikosphäre der Antragstellerin und nicht in die des Dienstherrn. Die Selbstverpflichtung, ein langärmliges Hemd oder ein Pflaster zu tragen, um die sichtbare Tätowierung zu überdecken, sei aus Gründen der Gleichbehandlung nicht möglich und auch von den Vorschriften zur Dienstkleidung nicht gedeckt. Durch diese werde ein einheitliches Erscheinungsbild uniformierter Polizeivollzugsbeamter in bestimmten Einsatzsituationen sichergestellt und andererseits im Rahmen des Fürsorgeprinzips die Grenze der Zumutbarkeit einer Dienstverrichtung insbesondere im Hochsommer gewährleistet. Grundsätzlich müsse der Polizeivollzugsbeamte in der Lage sein, alle in der Leitlinie genannten Kleidungsstücke zu tragen. Es sei zwar im Rahmen der allgemeinen Dienstausübung dem einzelnen Beamten überlassen, welche zugelassenen Kleidungsstücke er trage, dennoch könne es bei bestimmten Einzeleinsätzen erforderlich sein, einheitlich aufzutreten. Der Dienstherr könne nicht gehalten sein, Abweichungen von der Sommeruniform vorzunehmen, nur um dem Hang zur Individualität des Tätowierten nachzugeben. Zudem könne das Tragen eines Pflasters oder eines Langarmhemdes im Sommer nur unter erheblichem Aufwand kontrolliert werden, was dem Dienstherrn nicht zumutbar sei.
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Bei dem Gutachten des Universitätsklinikums Münster müsse notwendigerweise auf zwei Vergleichsgruppen abgestellt werden, Frauen ohne gefahrgeneigte Berufe und Frauen mit gefahrgeneigten Berufen. Für die letztere Gruppe, unter welche auch Beamtinnen des Polizeivollzugsdienstes fielen, ergebe sich laut Gutachten ein erhöhtes Rupturrisiko. Bei Frauen mit Brustimplantaten sei daher bereits die aktuelle Polizeidienstfähigkeit zu verneinen. Diese Frauen trügen bei körperlicher Gefährdung, wie zum Beispiel beim Fallen, bei einem Hieb, bei einem Sturz, Stoß oder Schlag, ein erhöhtes Risiko, durch welches eine extrakapsuläre Ruptur auftreten könne. Zudem könne angesichts der möglichen Komplikationen nicht von einer hinreichend sicheren Erhaltung der vollen Polizeidienstfähigkeit bis zum Erreichen der Altersgrenze ausgegangen werden. Nach Rücksprache mit dem Leitenden Medizinaldirektor des Polizeiärztlichen Dienstes seien die Empfehlungen der Fachgesellschaft Plastischer Chirurgen heranzuziehen. Danach gälten nur Implantate der fünften Generation als verhältnismäßig sicher, da diese eine dickflüssigere Konsistenz und eine glatte Hülle hätten. Weiterhin solle das Implantat unter dem Brustmuskel eingebracht sein, um das Risiko einer Kapselfibrose zu verringern. Ein Implantat-Pass garantiere zumindest, dass ein zertifiziertes Implantat durch einen fachlich kompetenten Chirurgen eingesetzt worden sei. Empfehlenswert sei zudem eine einjährige postoperative Wartezeit, um das Risiko einer Kapselfibrose zu verringern, sowie abschließend eine Begutachtung durch einen Fachgutachter, der nicht der behandelnde Chirurg sein sollte. Diese Kriterien stellten jedoch nach Ansicht der Fachgesellschaft Plastischer Chirurgen einen Kompromiss dar und böten keine Gewähr dafür, dass Komplikationen früher oder später ausblieben. Als mögliche Risiken seien Gelbluten, intra- und extrakapsuläre Rupturen sowie das Entstehen einer Kapselfibrose mit einer Wahrscheinlichkeit von 10-15 % zu nennen. Zudem gebe es keine Garantie, dass die Brustimplantate lebenslang hielten. Beamte im Polizeivollzugsdienst würden in körperlicher Hinsicht voll gefordert, nicht nur hin und wieder, sondern häufig und sehr intensiv, manchmal über einen längeren Zeitraum hinweg. Weibliche Beamten würden hier nicht geschont. Insofern könne nicht auf die konkrete Situation der Antragstellerin eingegangen werden. Der Beamte des Polizeivollzugsdienstes müsse geschlechterunabhängig jederzeit und für alle Situationen, die der Beruf erfordere, gewappnet sein. Das erfordere schon das Statusamt eines Polizeivollzugsbeamten. Ein konkret individuelles Risiko für jeden möglichen Einzelfall abzubilden und zu bewerten, sei nicht nur schlicht unmöglich, es sei darüber hinaus auch ein richterlich anerkanntes Prinzip der Bewerberauswahl, anhand abstrakter Kriterien und Richtlinien wie der PDV 300 eine Ausschlusswahl zu treffen, weil das Restrisiko einer mit der Vorbelastung einhergehenden Diensteinschränkung oder Dienstunfähigkeit zu hoch sei. An dem Gutachten des Universitätsklinikums Münster aus dem Jahre 2004 sei festzuhalten. Es bleibe der Antragstellerin unbenommen, neuere Studien vorzulegen, die jegliches Restrisiko ausschlössen. Zudem sei auf die versorgungsrechtlichen Folgen zu verweisen, die ein Unfall bei einer Beamtin mit Brustimplantaten verursache.
16 
Eine unbedingte Dringlichkeit bestehe nicht. Die Antragstellerin habe die Möglichkeit, in die Warteliste des gehobenen Dienstes aufgenommen zu werden. Das von ihr erzielte Testergebnis von 106,5 Punkten reiche zwar im Moment nicht aus, um eingestellt zu werden, dies könne sich jedoch noch ändern, da erfahrungsgemäß Bewerber absprängen oder aus anderen Gründen nicht eingestellt werden könnten. Die Altersgrenze liege im gehobenen Dienst bei 32 Jahren und nicht wie im mittleren Dienst bei 31 Jahren.
II.
17 
Im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes ist der Antrag nach verständiger Würdigung des Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerin gemäß §§ 122 Abs. 1, 88, 86 Abs. 3 VwGO dahingehend auszulegen,
18 
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Antragstellerin vorläufig, das heißt bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren (7 K 5540/15), unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Polizeivollzugsdienstes (Einstellungsjahrgang 2016 mit Ausbildungsbeginn 01.03.2016) einzustellen.
19 
Zwar zielt der Antrag der Antragstellerin dem Wortlaut nach lediglich darauf ab, sie an der am 01.03.2016 beginnenden Ausbildung für die Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst des Landes Baden-Württemberg an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg teilnehmen zu lassen. Die Kammer ist gemäß § 88 VwGO jedoch nicht an diese Fassung des Antrags gebunden, sondern hat das darin und im gesamten Beteiligtenvorbringen zum Ausdruck kommende Rechtsschutzziel zu ermitteln (BVerwG, Beschluss vom 05.02.1998 – 2 B 56.97 –, juris). Aus dem Vorbringen der Antragstellerin wird deutlich, dass sie letztendlich die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf begehrt, weil nur auf diese Weise der Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Polizeivollzugsdienstes erfolgreich absolviert werden kann. Die Beschränkung ihres Antrags auf die bloße Teilnahme an den Ausbildungsveranstaltungen für den mittleren Polizeivollzugsdienst hat lediglich den Zweck, eine Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden. Eine solche Beschränkung würde aber dazu führen, dass sie ihr eigentliches Begehren, die Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf, in der Hauptsache nicht mehr erreichen könnte. Bereits nach dem ...03.2016 – dem Tag, an dem sie ihr 31. Lebensjahr vollenden wird – wäre wegen Überschreitens der Höchstaltersgrenze auch im Falle einer stattgebenden Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der von ihr formulierten Fassung und einem späteren Erfolg in der Hauptsache eine Einstellung in den Vorbereitungsdienst nicht mehr möglich. Denn nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 Verordnung des Innenministeriums über die Einrichtung von Laufbahnen der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten vom 26.11.2014 (GBl. 2014, 736, im Folgenden: LVOPol) kann in den Vorbereitungsdienst für den mittleren Polizeivollzugsdienst nur eingestellt werden, wer das 17. Lebensjahr und noch nicht das 31. Lebensjahr vollendet hat. Da eine Ernennung nur vorgenommen werden darf, wenn die gesetzlichen Ernennungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Ernennung, hier also nach der stattgebenden Entscheidung in der Hauptsache, (noch) gegeben sind (BVerwG, Beschluss vom 06.01.2012 – 2 B 113.11 –, juris), käme nach dem ...03.2016 eine Berufung der Antragstellerin in das Beamtenverhältnis auch bei einem Erfolg in der Hauptsache nicht mehr in Betracht. Eine rückwirkende Ernennung zur Beamtin auf Widerruf auf einen Zeitpunkt vor dem Erreichen der Höchstaltersgrenze ist nach § 8 Abs. 4 BeamtStG nicht zulässig und unwirksam. Auch eine Folgenbeseitigungslast begründet für sich genommen keine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Ernennung, den das zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht ausschließt. Ob ein solcher Anspruch besteht, beurteilt sich allein nach materiellem Recht (BVerwG, Beschluss vom 06.01.2012, a.a.O.). Dieses sieht bei der Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den mittleren Polizeivollzugsdienst Ausnahmen vom Höchstalter nicht vor. Dies ergibt ein Umkehrschluss aus § 11 Abs. 2 LVOPol, der Ausnahmen nur vom Mindestalter zulässt. Die aufgrund einer einstweiligen Anordnung erstrittene Teilnahme der Antragstellerin an der bis dahin vorgesehenen Ausbildung bei der Antragsgegnerin könnte daran nichts ändern.
20 
Der so ausgelegte Antrag ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO statthaft. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Da der vorläufige Rechtsschutz seiner Zweckbestimmung nach die Hauptsacheentscheidung lediglich offen halten soll, kann er grundsätzlich der Antragstellerin nicht bereits das gewähren, was sie in einem Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Wenn allerdings die zeitliche Verzögerung durch die Dauer des Klageverfahrens die Entscheidung in der Hauptsache ganz oder teilweise gegenstandslos oder unmöglich macht, kann das in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Gebot der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ausnahmsweise auch eine Vorwegnahme der Hauptsache gebieten. Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass eine einstweilige Anordnung nicht ergeht, der Antragstellerin schwere und unzumutbare Nachteile entstünden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.08.1999 - 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258). Diese besonders strengen Maßstäbe sind hingegen dann abzumildern, wenn - wie hier - die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung endgültig, weil faktisch nicht mehr rückgängig zu machen, eingeräumt werden soll, während über diesen Zeitpunkt hinaus - wegen der Möglichkeit des Widerrufs nach § 23 Abs. 4 BeamtStG - keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In dieser Situation können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen, und die zu befürchtenden Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden (siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 12.10.2007 – 1 S 2132/07 –, juris, und vom 20.09.1994 - 9 S 687/94 -, DVBl. 1995, 160 m.w.N.). In diesem Sinne hat die Antragstellerin das Vorliegen sowohl eines Anordnungsanspruchs als auch eines Anordnungsgrunds glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 ZPO).
21 
Der Antragstellerin steht voraussichtlich ein Anspruch auf Einstellung in den am 01.03.2016 beginnenden Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Polizeivollzugsdienstes zu.
22 
Die Auswahl von Bewerbern hat sich nach Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu richten. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.10.2007 – 2 BvR 2457/04 –, juris). Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch; BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 – 2 A 3.00 –, BVerwGE 115, 58). Ein abgelehnter Bewerber, dessen Bewerbungsverfahrensanspruch durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt wird, kann grundsätzlich nur eine erneute ermessenfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen. Ausnahmsweise kann sich der aus dem Bewerbungsverfahrensanspruch folgende Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung jedoch zu einem Anspruch auf Ernennung verdichten. Ein solcher Rechtsanspruch auf Ernennung besteht bei einer wirksam erteilten Zusage (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 28.10.2013 - 6 B 1105/13 -, juris).
23 
Bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 23.06.2015 handelt es sich um eine Zusicherung im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Denn die Antragsgegnerin als nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LVOPol zuständige Einstellungsbehörde hat der Antragstellerin darin schriftlich die Einstellung zugesagt. Diese Zusage steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Antragstellerin sich als polizeidiensttauglich erweist und keine Hinderungsgründe bekannt werden. So ist es ausdrücklich in dem als Entwurf in den Akten befindlichen Schreiben der Antragsgegnerin vom 02.07.2016 ausgeführt. Gleiches gilt aber auch für das der Antragstellerin offensichtlich übersandte und von ihr vorgelegte Schreiben der Antragsgegnerin vom 23.06.2015, das im Wortlaut teilweise von dem in den Akten befindlichen Entwurf abweicht, insbesondere den ausdrücklichen Vorbehalt der Polizeidiensttauglichkeit nicht enthält. Der auch dort genannte Vorbehalt, dass keine Hinderungsgründe bekannt werden, bezieht sich aber auch auf die Polizeidiensttauglichkeit. Denn in dem Schreiben wird darauf hingewiesen, dass die polizeiärztliche Auswahluntersuchung noch durchzuführen ist, und unmittelbar nach diesem Hinweis bei der beispielhaften Aufzählung, was als Hinderungsgrund in Betracht kommt, werden auch Krankheiten erwähnt, deren Feststellung die polizeiärztliche Auswahluntersuchung dient.
24 
Aller Voraussicht nach kann dem Einstellungsanspruch der Antragstellerin die vorbehaltene Polizeidienstuntauglichkeit gemäß § 4 Nr. 2 LVOPol nicht entgegengehalten werden. Der weder sofort vollziehbare noch bestandskräftig gewordene Bescheid der Antragsgegnerin vom 19.08.2015, mit dem bei der Antragstellerin nach dem Ergebnis der polizeiärztlichen Untersuchung das Fehlen der körperlichen Voraussetzungen festgestellt wurde, dürfte sich als rechtswidrig erweisen. Nach § 4 Nr. 2 LVOPol kann in ein Beamtenverhältnis im Polizeivollzugsdienst nur berufen werden, wer polizeidiensttauglich ist. § 4 Nr. 2 LVOPol konkretisiert für den Sachbereich des Polizeidienstes die allgemeinen Vorschriften des Art. 33 Abs.2 GG sowie des § 9 BeamtStG, wonach Ernennungen nur nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen sind. Geeignet in diesem Sinne ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 – 2 C 16.12 –, juris). Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (vgl. hierzu und zu dem Folgenden BVerwG, Urteil vom 30.10.2013, a.a.O.). Dabei ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maß ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde; insoweit besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 31.07.2014 - 2 K 1762/13 –, juris).
25 
Die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers bezieht sich dabei nicht nur auf den gegenwärtigen Stand, sondern auch auf die künftige Amtstätigkeit und enthält eine Prognose, die den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze umfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 – 2 C 12.11 –, juris). Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Sie kann nur verneint werden, wenn ein Bewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dienstunfähig wird oder bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013, a.a.O.; Plog/Wiedow, BBG, § 9 RdNr. 35).
26 
Nach diesen Maßgaben ergibt sich die Polizeidienstuntauglichkeit der Antragstellerin aller Voraussicht nach nicht allein aus Anlage 1 Ziffer 10.4.2 der Polizeidienstvorschrift 300 (PDV 300), wonach Brustimplantate Merkmale sind, welche die Polizeidiensttauglichkeit ausschließen. Die PDV 300 stellt eine den Begriff der Polizeidiensttauglichkeit konkretisierende Verwaltungsvorschrift dar, mit der die gleichmäßige Anwendung der gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen gewährleistet werden sollte. Durch Erlass und Anwendung der PDV 300 hatte der Dienstherr das ihm in Bezug auf die gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen eingeräumte Ermessen gebunden beziehungsweise den diesbezüglich bestehenden Beurteilungsspielraum ausgefüllt, um sicherzustellen, dass die gesundheitliche Eignung der Bewerber nach einheitlichen Maßstäben beurteilt wird. Angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 25.07.2013 und vom 30.10.2013, jeweils a.a.O.), die bezüglich der gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen eine volle Überprüfbarkeit und eine Überprüfungsverpflichtung durch die Gerichte annimmt, entfällt der diesbezügliche Anwendungsbereich der PDV 300 mit der Folge, dass eine Bindungswirkung für die Gerichte nicht mehr bejaht werden kann (vgl. VG Berlin, Urteil vom 22.01.2014 – 7 K 117.13 –, juris; VG Würzburg, Beschluss vom 21.08.2014 – W 1 E 14.733 –, juris).
27 
Anhaltspunkte für eine Polizeidienstuntauglichkeit ergeben sich aller Voraussicht nach auch nicht aus den im Verfahren vorgelegten ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen. Der polizeiärztliche Dienst stützt seine Annahme einer Polizeidienstuntauglichkeit einzig auf die Brustimplantate der Antragstellerin. Diese dürften ihre gesundheitliche Eignung weder hinsichtlich des gegenwärtigen Gesundheitszustands noch prognostisch ausschließen.
28 
Die Antragstellerin hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie aktuell die körperlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes erfüllt. Anhaltspunkte für eine verminderte Leistungsfähigkeit sind nicht ersichtlich. Nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Attest von Prof. Dr. ... vom 04.06.2015 bestehen aus medizinischer Sicht keinerlei Hinderungsgründe für die Beschäftigung der Antragstellerin als Polizeibeamtin; alle Tätigkeiten, die in das Anforderungsprofil passten, könnten uneingeschränkt durchgeführt werden. Die behandelnde Gynäkologin der Antragstellerin bescheinigt im Attest vom12.01.2016, dass die Implantate reizlos seien und es keinen Befund für eine Ruptur gebe.
29 
Auch die Antragsgegnerin trägt eine aktuell verminderte Leistungsfähigkeit, die der Antragstellerin die Erfüllung der Dienstpflichten aus tatsächlichen Gründen unmöglich machen würde, nicht vor. Vielmehr beruft sie sich zur Begründung der angenommenen Polizeidienstunfähigkeit darauf, dass aus Gründen der Fürsorgepflicht – und damit aus rechtlichen Gründen – wegen eines erhöhten Risikos unmittelbar nach der Einstellung Verwendungseinschränkungen für die Antragstellerin ausgesprochen werden müssten. Hierfür besteht jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keine medizinische Notwendigkeit.
30 
Die Fürsorgepflicht gebietet, Leben und Gesundheit der Beamten zu schützen. Soweit allerdings die dem Beamten übertragenen Dienstgeschäfte ihrer Natur nach mit Gefahren für Leben und Gesundheit verbunden sind, muss der Beamte diese Gefahren im Grundsatz hinnehmen. Der Dienstherr hat jedoch dafür Sorge zu tragen, dass diese Gefahren auf das unvermeidbare Mindestmaß beschränkt bleiben bzw. werden (vgl. Plog/Wiedow, BBG, § 78 RdNr. 53). Diese Verpflichtung des Dienstherrn zur Vermeidung (unnötiger) gesundheitlicher Gefährdungen für den Beamten kann unter bestimmten Voraussetzungen auch den Ausspruch einer Verwendungseinschränkung durch den Dienstherrn rechtfertigen, wobei stets zu beachten ist, dass eine Verwendungseinschränkung gegen den Willen des Beamten einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung darstellen kann (vgl. VG Berlin, Urteil vom 22.01.2014 – 7 K 117.13 –, juris). Die Dienstgeschäfte des Polizeivollzugsdienstes sind ihrer Natur nach mit Lebens- und Gesundheitsgefahren verbunden, so dass der Hinweis der Antragsgegnerin auf Gesundheitsgefahren auch im Zusammenhang mit den Implantaten durch Wahrnehmung der Dienstgeschäfte nicht ausreichend sein kann, um Verwendungseinschränkungen aufgrund der Fürsorgepflicht begründen zu können. Daraus, dass diese Gefahren auf das unvermeidbare Mindestmaß zu beschränken sind, folgt jedoch, dass solche Verwendungseinschränkungen nur dann gerechtfertigt sind, wenn die Gefährdung des einzelnen Beamten aufgrund seiner individuellen Konstitution erheblich höher ist als für die anderen Beamten, denen dieselben Dienstgeschäfte übertragen werden. Denn selbst wenn bestimmte Gefahren erst aufgrund der individuellen Konstitution bestehen, diese aber in einer Gesamtschau kein erheblich höheres Risiko für Leben und Gesundheit als für die anderen Beamten begründet, hat der einzelne Beamte wegen der generellen Gefährlichkeit der ihm übertragenen Dienstgeschäfte nach dem oben dargelegten Maßstab auch diese konstitutionsbezogenen Gefahren hinzunehmen (VG Berlin, Urteil vom 22.01.2014, a.a.O.).
31 
Vorliegend kann bei Würdigung der medizinischen Stellungnahmen nicht davon ausgegangen werden, dass Gesundheit und Leben der Antragstellerin wegen ihrer Brustimplantate erheblich stärker gefährdet wären als bei Polizeivollzugsbeamtinnen ohne Implantate. Die Antragsgegnerin verweist insoweit auf die erhöhte Verletzungsanfälligkeit bei den in Ausbildung und Dienst unvermeidbaren Tätigkeiten. So bestehe zum Beispiel beim Fallen, bei einem Hieb, bei einem Sturz, Stoß oder Schlag, ein erhöhtes Risiko für eine extrakapsuläre Ruptur. Hierdurch könne es zu einer schwerwiegenden Zerstörung der Implantathülle kommen, die zu behandlungsbedürftigen Beschwerden führe. Das Verteilen des Silikongels im umliegenden Körpergewebe, das in dem Gutachten des Universitätsklinikums Münster vom 29.11.2004 als Folge einer Ruptur angeführt wird und zu sofort oder erst nach längerer Zeit eintretenden Brustschmerzen mit der Notwendigkeit ausgedehnter Folgeoperationen führen kann, droht bei Brustimplantaten der fünften Generation, wie sie auch die Antragstellerin laut dem vorgelegten Implantat-Pass trägt, aber wohl nicht mehr. So räumt auch der Leitende Medizinaldirektor des Polizeiärztlichen Dienstes ein, dass nach den heranzuziehenden Empfehlungen der Fachgesellschaft Plastischer Chirurgen Implantate der fünften Generation als verhältnismäßig sicher gälten, da diese, anders als Implantate früherer Generationen, dickflüssiger in der Konsistenz seien und eine glatte Hülle hätten; bei Beschädigungen des Implantats komme es zu weniger schwerwiegenden Komplikationen als bei älteren Modellen. Auch in seiner Stellungnahme zur Petition 15/5548 führt er in Bezug auf die Folgen einer Hieb- oder Stichverletzung im Brustbereich bei einer Implantatträgerin aus, dass bei Implantaten der fünften Generation, die nicht wie ältere Implantate mit flüssigem Silikongel, sondern mit kohäsivem, schnittfesten Silikon gefüllt seien, die Gefahr eines Auslaufens in das umgebende humane Gewebe mit den damit verbundenen gefürchteten schweren Entzündungsreaktionen mit oft entstellender Narbenbildung an der betroffenen Brust nicht mehr bestehe. Dies deckt sich mit einer Aussage in dem genannten Gutachten des Universitätsklinikums Münster, wo es unter dem Punkt „Allgemeines zu Silikonbrustprothesen“ heißt, dass seit einigen Jahren auch kohäsives Silikon eingesetzt werde, das schnittfest sei und sich selbst bei Ruptur der Implantathülle nicht im Körper verteilen solle, zu dem aber - obwohl bereits käuflich zu erwerben - noch keine vergleichenden Studien oder klinischen Erfahrungen existierten. Der plastische Chirurg, welcher der Antragstellerin die Brustimplantate eingesetzt hat, bestätigt in seinem Attest vom 16.02.2016 ebenfalls, das ein erhöhtes Risiko Richtung Ruptur der Implantate bei Körperkontakt, auch im Dienst, aufgrund der Qualität der Implantate nicht zu erwarten sei. Damit dürfte diese Gefahr, die in dem Gutachten als Grund dafür genannt werden, bei Polizeivollzugsbeamtinnen von der Einbringung von Implantaten abzuraten, nicht mehr geeignet sein, bei Polizeivollzugsbeamtinnen mit Brustimplantaten die Notwendigkeit von Verwendungseinschränkungen zu begründen. Denn die allgemeinen Komplikationen, die bei Operationen nach erheblichen Hieb- und Stichverletzungen im Brustbereich eintreten können, haben Polizeivollzugsbeamtinnen ohne Brustimplantate ebenfalls zu befürchten; sie werden als zumutbar angesehen.
32 
Auch die spezifische Gefahr einer Kapselfibrose ist aller Voraussicht nach als gering einzuschätzen. Eine Kapselfibrose bildet sich nach den im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 09.02.2016 wiedergegebenen Angaben des Leitenden Medizinaldirektors des Polizeiärztlichen Dienstes meist in den ersten ein bis zwei Jahren nach einer Brustimplantation, die bei der Antragstellerin, die ihre Burstimplantate 2013 erhalten hat, bereits abgelaufen sind. Im Übrigen liegt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Kapselfibrose nach den Angaben des Leitenden Medizinaldirektors in der Stellungnahme zur Petition 15/5548 bei den neuesten Silikon-Brustimplantaten bei 10 bis 15 Prozent. Dieses Risiko mindert sich, wenn das Implantat – wie bei der Antragstellerin geschehen – unter den Brustmuskel eingebracht wird. Damit ist auch nach den Angaben der Antragsgegnerin nicht ersichtlich, dass diese Risiken derart gravierend wären, dass deshalb aus Gründen der Fürsorgepflicht Verwendungseinschränkungen angeordnet werden müssten.
33 
Verwendungseinschränkungen erfordert auch nicht das Risiko des Gelblutens, d.h. die Diffusion geringer Mengen des im Implantat befindlichen Silikons durch die intakte Hülle in das äußere Gewebe, das nach dem Gutachten des Universitätsklinikums Münster typischerweise in den ersten zehn Jahren nach Implantation auftritt. Denn dieses Risiko besteht aller Voraussicht nach bei den Silikon-Implantaten der fünften Generation, die kein flüssigen Silikon mehr enthalten, nicht mehr. In dem aus dem Jahre 2004 stammenden Gutachten wird zwar noch auf dieses „allgemein akzeptierte“ Phänomen abgestellt, der Leitende Medizinaldirektor des Polizeiärztlichen Dienstes erwähnt es in seinen Stellungnahmen jedoch nicht mehr. Zudem trägt die Antragsgegnerin nicht vor, welches konkrete Gesundheitsrisiko sich aus dem nicht auf einer Ruptur beruhenden Gelbluten ergeben sollte. Auch dem Gutachten des Universitätsklinikums Münster lässt sich hierzu nichts entnehmen.
34 
Tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme, dass die aktuell dienstfähige Antragstellerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze polizeidienstunfähig oder bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird, sind nicht ersichtlich.
35 
Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachenbasis zu treffen (BVerwG, Urteil vom 30.10.2013, a.a.O., RdNr. 20). Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten (BVerwG, Urteile vom 25.07.2013 und vom 30.10.2013, jeweils a.a.O.).
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Dem genügen die Ausführungen des polizeiärztlichen Dienstes nicht. Explizite Angaben zur Wahrscheinlichkeit einer vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze eintretenden Dienstunfähigkeit der Antragstellerin fehlen. Die Antragsgegnerin führt lediglich aus, dass angesichts der Komplikationen, die mit einer Brustoperation einhergehen, ein hohes Risiko bestehe, dass betroffene Frauen sich erneut in medizinische Behandlung begeben müssten und daher nicht hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, dass die volle Polizeidienstfähigkeit bis zum Erreichen der Altersgrenze erhalten bleibe. Damit verkennt sie jedoch den nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anwendbaren Prognosemaßstab, wonach es nicht mehr erforderlich ist, dass der Eintritt der Dienstunfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Kosten einer Folgeoperation zu Lasten der Heilfürsorge gehen oder nicht. Erforderlich ist vielmehr eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Bewerber vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze polizeidienstunfähig oder bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird. Tatsächliche Anhaltspunkte hierfür sind dem Vorbringen der Antragsgegnerin nicht zu entnehmen. Dies folgt bereits daraus, dass sich der polizeiärztliche Dienst, wie die Antragstellerin zu Recht rügt, mit ihrem individuellen körperlichen Zustand überhaupt nicht auseinandergesetzt hat. Auch hinsichtlich der abstrakten langfristigen Risiken von Brustimplantaten werden keine hinreichenden Anhaltspunkte dargelegt, die für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Verkürzung der Lebensarbeitszeit der Antragstellerin sprechen. Die Antragsgegnerin verweist auch insoweit auf das Gutachten des Universitätsklinikums Münster, wonach es wegen der Risiken von Brustimplantaten bei den betroffenen Frauen im Schnitt zu ein bis zwei Nachfolgeoperationen kommt. Es gibt jedoch keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin aufgrund dieser Folgeoperationen nach einigen Wochen Rekonvaleszenzzeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht wieder voll einsatzfähig wäre.
37 
Gleiches gilt für die von der Antragsgegnerin geäußerten Bedenken hinsichtlich der Langzeithaltbarkeit von Implantaten. Die von der Antragsgegnerin angeführten allgemeinen Angaben zu den Herstellerinformationen, wonach die Haltbarkeit 10 bis 20 Jahre betrage, sind insoweit nicht von Belang. Denn der behandelnde plastische Chirurg hat in seinem Attest vom 16.02.2016 bescheinigt, dass für die Implantate der Antragstellerin seitens des Herstellers eine lebenslange Garantie bestehe. Demnach wäre eine Folgeoperation unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich. Dass die Einschätzung der Herstellerfirma fehlerhaft wäre, legt die Antragsgegnerin nicht dar. Soweit das Gutachten des Universitätsklinikums Münster auf einen noch geringeren Haltbarkeitszeitraum von 8 bis 14 Jahren verweist, dürften die Zahlen wegen des Zeitablaufs seit der Begutachtung für die Implantate der Antragstellerin nicht mehr gültig sein. Denn dort heißt es ausdrücklich, dass die Haltbarkeit signifikant von dem Prothesenhersteller, der Implantationsdauer und der Implantatgeneration abhängt. Aber selbst wenn trotz der lebenslangen Herstellergarantie die Notwendigkeit eintreten sollte, die Implantate wegen mangelnder Haltbarkeit auszutauschen oder zu entfernen, sind nach der derzeit nur möglichen summarischen Prüfung keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dies zu einer lang anhaltenden oder dauerhaften Dienstunfähigkeit der Antragstellerin führen könnte.
38 
Dem aus der Zusage vom 23.06.2015 herzuleitenden Anspruch der Antragstellerin auf Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst des Landes Baden-Württemberg kann im vorliegenden Fall aller Voraussicht nach auch nicht entgegengehalten werden, dass Hinderungsgründe in Form der fehlenden persönlichen Eignung vorliegen, weil sie die die Tätowierung im sichtbaren Bereich der linken Ellenbogenbeuge im Zeitpunkt der Einstellung noch nicht entfernt haben wird.
39 
Die durch den (künftigen) Dienstherrn vorzunehmende Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt bezieht sich auf die künftige Amtstätigkeit des Betroffenen und enthält zugleich eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Bewerbers verlangt. Die Beurteilungsermächtigung bewirkt, dass die Eignungseinschätzung von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt überprüft werden kann. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2003 - 2 A 1.02 -, Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 55). Zur Ablehnung der Einstellung genügen bereits berechtigte Zweifel des Dienstherrn daran, ob der Beamte die Eignung besitzt, die für die Ernennung notwendig ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2015 – 4 S 1914/15, m. w. N., juris).
40 
Anforderungen hinsichtlich der Eignung des Bewerbers für das erstrebte Statusamt kann der Dienstherr nicht nur in fachlicher und gesundheitlicher Hinsicht, sondern auch im Hinblick auf Merkmale stellen, welche die Persönlichkeit und Charaktereigenschaften des Bewerbers betreffen. Ein Eignungsmangel kann etwa dann gegeben sein, wenn der Bewerber den besonderen Anforderungen des angestrebten Amtes von seinem Auftreten her nicht gerecht wird. Im Rahmen seines Einstellungsermessens ist dem Dienstherrn die Möglichkeit eröffnet, bestimmte Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild des künftigen (Polizeivollzugs-)Beamten zu stellen. Hierzu zählt die in § 55 LBG geregelte Befugnis, Bestimmungen über die Dienstkleidung, etwa das Tragen der Uniformen, zu treffen. Das ist für die Polizei des Landes Baden-Württemberg durch die „Leitlinien des Innenministeriums Baden-Württemberg zur Dienst- und Zivilkleidung sowie zum äußeren Erscheinungsbild der Polizei Baden-Württemberg“ vom 28.01.2014 (im Folgenden: Leitlinien) geschehen. Danach dürfen im Dienst – ausgenommen im Dienstsport – jegliche Tätowierungen nicht sichtbar sein.
41 
Dieses Verbot ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es ist insbesondere mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, da es geeignet, erforderlich und angemessen ist, um die mit der Uniformpflicht verbundenen Zielsetzungen – wie die Erhaltung des Ansehens und des Vertrauens der Bevölkerung in die Polizei, die Steigerung der Akzeptanz polizeilicher Maßnahmen und die Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform (vgl. dazu Nr. 1 und 2 der Leitlinien) – zu unterstützen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2015 – 4 S 1914/15 –, m. w. N.; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.09.2014 – 6 B 1064/14 –, jeweils juris). Dies zieht die Antragstellerin nicht in Zweifel. Sie dürfte indes zu Recht rügen, dass die Antragsgegnerin in ihrem Fall das dienstliche Interesse an einem einheitlichen Erscheinungsbild der Polizeivollzugsbeamten nicht allein an der „Sommeruniform“ ausrichten darf, die das Tragen kurzärmliger Diensthemden vorsieht und somit Tätowierungen am Unterarm überhaupt erst sichtbar werden lässt.
42 
Zwar ist es grundsätzlich dem Dienstherrn vorbehalten zu entscheiden, wie er die Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes der uniformierten Polizei verwirklicht. Insoweit kann er grundsätzlich nicht darauf verwiesen werden, den Bewerbern mit sichtbaren Tätowierungen als milderes Mittel das Tragen von langärmeliger Dienstkleidung aufzugeben (Hessischer VGH, Beschluss vom 09.07.2014 – 1 B 1006/14 –, juris). Dies gilt in der Regel schon aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.09.2014, a.a.O.). Im Falle der Antragstellerin dürfte es der Antragsgegnerin jedoch ausnahmsweise verwehrt sein, sich auf diese Grundsätze zu berufen. Denn ihr obliegt gegenüber der Antragstellerin aller Voraussicht nach eine Folgenbeseitigungslast, die es gebietet, ihr Einstellungsermessen dahingehend auszuüben, der Antragstellerin ausnahmsweise die Möglichkeit einzuräumen, die Tätowierung erst entfernen zu lassen, wenn in der Hauptsache geklärt ist, ob die Brustimplantate ihrer Einstellung entgegenstehen, und ihr bis dahin zu gestatten, den Eignungsmangel infolge der im sichtbaren Bereich vorhandenen Tätowierung durch das Tragen langärmeliger Dienstkleidung oder durch die vollständige Abdeckung mit einem Pflaster zu beseitigen. Die Folgenbeseitigungslast resultiert dabei aus der – wie vorstehend ausgeführt – voraussichtlich rechtwidrigen Entscheidung der Antragsgegnerin, die Bewerbung der Antragstellerin aufgrund von Ziffer 10.4.2 der PDV 300 allein wegen der Brustimplantate abzulehnen.
43 
Der Antragstellerin war es entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht zumutbar, die Entfernung ihrer Tätowierung im sichtbaren Bereich vor einer rechtskräftigen gerichtlichen Klärung in Angriff zu nehmen. Denn die Frage, ob Brustimplantate die gesundheitliche Eignung einer Bewerberin für den Polizeivollzugsdienst ausschließen, ist trotz einer gegenteiligen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (Urteil vom 22.01.2014, a.a.O.) obergerichtlich bislang nicht geklärt. Da die Entfernung einer Tätowierung einen gravierenden Eingriff darstellt und mit erheblichen Schmerzen verbunden ist, konnte von der Antragstellerin mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 GG vor einer verbindlichen Entscheidung, ob ihre Bewerbung um eine Einstellung in den Polizeivollzugsdienst erfolgreich sein würde, die Durchführung dieser Behandlung nicht erwartet werden.
44 
Soweit durch diese Ausnahme die Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes der Polizei beeinträchtigt werden sollte, erscheint dies für den Zeitraum bis zur Klärung in der Hauptsache ausnahmsweise hinnehmbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Ausbildung zum mittleren Polizeivollzugsdienst zunächst ein neunmonatiger theoretischer Teil vorgesehen ist, bei dem die Polizeianwärter nach den Angaben der Antragsgegnerin nur ausnahmsweise in Kontakt mit Bürgern kommen. Bei einer möglichen Heranziehung zu Großlagen treten die Polizeianwärter in der Regel als Einsatzeinheiten auf und haben dabei zu ihrem Schutz die in den Leitlinien aufgeführten zusätzlichen Dienstkleidungsstücke zur Verfügung. Hierzu gehört zwar auch ein schwarzes T-Shirt, das allerdings nach den Leitlinien nicht als Oberbekleidung, sondern unter der Einsatzjacke, dem Einsatzblouson, der Jacke zum Mehrzweckanzug, der Motorradkombination oder dem Schutzanzug getragen werden soll. Die Tätowierung wäre in diesem Fall also nicht sichtbar.
45 
Angesichts der im Fall der Antragstellerin bestehenden besonderen Situation sind auch die Bedenken der Antragsgegnerin in Bezug auf die Präzedenzwirkung gegenüber anderen Bewerbern, denen die Einstellung versagt wird, wenn sie ihre Tätowierung bis zum Einstellungstermin nicht entfernt haben, nicht begründet. Denn den anderen Bewerbern bleibt – anders als der Antragstellerin – nach Erhalt der Zusage in der Regel ausreichend Zeit, die sich – je nach Größe der Tätowierung – über mehrere Monate erstreckende Entfernungsbehandlung durchzuführen. Dies war bei der Antragstellerin wegen der – voraussichtlich rechtswidrigen – ablehnenden Entscheidung der Antragsgegnerin nicht der Fall.
46 
Die Antragstellerin hat weiterhin auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Sie kann sich angesichts des Einstellungstermins zum 01.03.2016 und einer zeitnah nicht erreichbaren Hauptsacheentscheidung auf Eilbedürftigkeit berufen. Dies ergibt sich auch daraus, dass mit dem Verstreichen des 30.03.2016 das Überschreiten der Höchstaltersgrenze für den mittleren Polizeivollzugsdienst nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 LVOPol droht.
47 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streit-werts ergibt sich aus § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG. Eine Verminderung des Streitwerts kommt wegen der Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und beansprucht ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit.

2

Am 1. Dezember 1997 berief die Beklagte die 1964 geborene Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 1. April 2000 stellte sie die Klägerin an und ernannte sie zur Verwaltungsrätin. Die Klägerin leistete von Anfang 1999 bis Anfang Februar 2005 keinen Dienst. Sie befand sich nach der Geburt ihrer Kinder im Mutterschutz, im Erziehungsurlaub und in der Elternzeit.

3

Nach dem Ende der Elternzeit war die Klägerin von Anfang Februar 2005 bis Ende 2006 wegen der Folgewirkungen zweier Bandscheibenvorfälle dienstunfähig erkrankt. Im Hinblick hierauf verlängerte die Beklagte die Probezeit bis Mitte September 2007. Nachdem die Klägerin von Anfang Januar bis Anfang April 2007 im Rahmen ihrer stufenweisen Wiedereingliederung nur teilweise gearbeitet hatte, leistete sie ab April 2007 wieder vollständig Dienst.

4

Die Beklagte entließ die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Die gesundheitliche Eignung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Die bis zum Ablauf der Probezeit verbliebene Dienstzeit reiche nicht aus, um ihre gesundheitliche Eignung zuverlässig festzustellen.

5

In der Berufungsinstanz hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die gerichtlich nur beschränkt überprüfbare prognostische Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, sei aufgrund der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei während ihrer verlängerten Probezeit nahezu zwei Jahre ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Zum einen habe die Klägerin ab Anfang 2005 mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Zum anderen hätten diese zu einem chronifizierten Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert geführt. Diese beiden Diagnosen schlössen eine positive gesundheitliche Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit der Klägerin aus.

7

Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 5. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Juni 2009 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 31 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9. Juli 2001 (- BBG a.F. -, BGBl I S. 1510). Ob es sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheiden.

10

1. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) entlassen werden. Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 GG, dessen Kriterien § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151> und vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - Rn. 10 ). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O.).

11

Obwohl § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden "kann", ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 der Bundeslaufbahnordnung (- BLV a.F. -) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459) werden Beamtinnen und Beamte, die sich nicht bewährt haben, entlassen. Das Wort "kann" trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, wie hier geschehen, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (Urteile vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7 S. 6; vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <271> = Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 9 S. 7 und vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64 <70> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 4 S. 15).

12

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung. Dies folgt aus dem materiellen Recht, das auch bestimmt zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 9 C 58.88 - Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 8 S. 9, vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

13

Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. über die Entlassung von Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) steht im Zusammenhang mit § 9 BBG a.F., der die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit festlegt. Danach darf Beamter auf Lebenszeit u.a nur werden, wer sich als Laufbahnbewerber oder als anderer Bewerber (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG a.F.) in einer Probezeit bewährt hat. Ferner schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BLV a.F. vor, dass vor Ablauf der Probezeit festgestellt wird, ob der Beamte sich bewährt hat.

14

Aus diesen Bestimmungen folgt, dass in die Entscheidung des Dienstherrn über die gesundheitliche Bewährung des Probebeamten, nur solche Umstände Eingang finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <150 ff.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5).

15

War die Erkrankung eines Probebeamten bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung des Beamten bei der anstehenden Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben. Bei unveränderter Sachlage ist der Dienstherr an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden.

16

a) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, trotz der Anstellung der Klägerin zum 1. April 2000 habe die Beklagte zum Ablauf der verlängerten Probezeit Mitte September 2007 noch über deren gesundheitliche Eignung befinden können. Mit der Anstellung der Klägerin war nicht die Feststellung ihrer Bewährung in der Probezeit verbunden, die die gesundheitliche Eignung mit umfasst. Ist die Anstellung wegen Kindererziehungszeiten vorgezogen worden, so ist nach § 10 Abs. 3 Satz 6 BLV a.F. die vorgeschriebene Probezeit ungeachtet der Anstellung abzuleisten. Die Regel des § 10 Abs. 2 Satz 1 BLV a.F. findet dann keine Anwendung.

17

b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagten stehe hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ein Beurteilungsspielraum zu, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. nicht vereinbar.

18

Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 12). Für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

19

Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Insoweit sind die Voraussetzungen, unter denen eine Einschränkung der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen anzunehmen ist, nicht erfüllt (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).

20

Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde. Können die Verwaltungsgerichte mit sachkundiger Hilfe ihrer Aufgabe gerecht werden, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken. Insoweit besteht eine Parallele zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten als Voraussetzung für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Auch hier steht der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

21

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf diesem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Obersatz davon ausgegangen, die Entscheidung der Beklagten über die gesundheitliche Eignung sei lediglich auf die Einhaltung der bei einem Beurteilungsspielraum allgemein anerkannten Grenzen überprüfbar. Im Gegensatz hierzu hat es aber zu deren Überprüfung eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und aufgrund dieser die Begründung der Beklagten für die angebliche mangelnde gesundheitliche Eignung der Klägerin wesentlich ergänzt.

22

c) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht erfordere, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen, ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und demnach mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. unvereinbar. Diesen Prognosemaßstab hat der Senat in Bezug auf die Bewertung der gesundheitlichen Eignung von solchen Bewerbern aufgegeben, die die Ernennung zum Probebeamten beanspruchen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Gleiches muss für die Prognoseentscheidung gelten, ob Probebeamte für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich geeignet sind. Maßgeblich sind folgende Erwägungen:

23

Das Lebenszeit- und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird. Dies ist der Fall, wenn der Beamte vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 21). Gleiches gilt, wenn der Beamte zwar die gesetzliche Altersgrenze im Dienst erreichen wird, es aber absehbar ist, dass er wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche dem Dienstherrn in der Gesamtheit nicht zumutbare Ausfallzeiten aufweisen wird. Die wahrscheinlich erwartbaren Fehlzeiten müssen in der Summe ein Ausmaß erreichen, das einer Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit etliche Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gleichkommt. Es muss der Schluss gerechtfertigt sein, die Lebensdienstzeit sei erheblich verkürzt.

24

Der bisherige, vom Senat aufgegebene Prognosemaßstab stellt demgegenüber eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Zugang zu einem öffentlichen Amt dar. Er hat in der Praxis dazu geführt, dass Bewerber und Probebeamte ohne Prüfung ihrer voraussichtlichen gesundheitlichen Entwicklung als ungeeignet angesehen worden sind, weil ihr Gesundheitszustand vom Regelzustand abgewichen ist oder sie in der Probezeit vorübergehend erkrankten. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraum und die Unsicherheit medizinischer Prognosen angesichts des Art. 33 Abs. 2 GG unverhältnismäßig.

25

Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, ist maßgeblich für die Prognose, ob der Bewerber dauernd dienstunfähig oder aufgrund einer chronischen Erkrankung regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen wird, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Je nach Laufbahn kann sich die Prognose danach auf mehrere Jahrzehnte erstrecken. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten werden noch durch die Komplexität von medizinisch fundierten Vorhersagen über den voraussichtlichen Verlauf einer Erkrankung verschärft. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- und Heilmethoden können zum Zeitpunkt der Eignungsprognose noch nicht in die Bewertung einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Zudem kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, der teilweise Ausfall der Lebensdienstzeit von Beamten sei in nennenswertem Umfang auf solche Krankheiten zurückzuführen, die zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung vorhersehbar waren. Vielmehr geht dies regelmäßig auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurück (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 ff.).

26

Daher kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). Dabei kann die gesundheitliche Eignung nur im Hinblick auf Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen verneint werden, nicht aber unter Berufung auf gesundheitliche Folgen, die mit dem allgemeinen Lebensrisiko, wie z.B. einem Unfall bei sportlichen Aktivitäten des Bewerbers, verbunden sind.

27

Ist zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder auf Lebenszeit eine Erkrankung des Bewerbers bereits bekannt, so ist der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Bewerbers vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder von regelmäßigen und erheblichen Ausfallzeiten über Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht kommen.

28

Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen ("non liquet"), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn. Denn die Voraussetzungen für die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 31 Abs. 1 BBG a.F. sind nicht erfüllt.

29

Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind dagegen unerheblich. Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers auch "nachhaltige Zweifel" des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, hat ausreichen lassen, wird diese aufgegeben (Urteil vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2 und Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.). Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird.

30

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt.

31

Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23).

32

Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der beim Bewerber bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.

33

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe die zuständige Behörde und das Gericht angewiesen sind, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Die Behörde muss - ebenso wie das Gericht - die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss geprüft werden, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls muss darauf hingewirkt werden, dass der Arzt seine Ausführungen ergänzt, oder es ist ein weiterer Arzt, insbesondere ein Facharzt, einzuschalten (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f. und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11).

34

2. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. gesundheitlich ungeeignet und deshalb zu entlassen war. Die mündlichen Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung, denen das Oberverwaltungsgericht gefolgt ist, sind nicht verwertbar. Diese gutachtliche Stellungnahme leidet an rechtserheblichen Mängeln.

35

Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156>; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 S. 6 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 34). Dies gilt auch für mündliche Darlegungen eines Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens nach § 411 Abs. 3 ZPO.

36

Nach diesen Grundsätzen konnte das Oberverwaltungsgericht seine Einschätzung, die Klägerin sei gesundheitlich nicht geeignet und sei deshalb zu Recht entlassen worden, nicht auf die lediglich mündlichen Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung stützen. Die Stellungnahme des Gutachters beruht insoweit auf einer erkennbar unzureichenden tatsächlichen Grundlage.

37

Zum einen hat dieser bei seinen mündlichen Ausführungen zum chronifizierten Schmerzsyndrom der Klägerin nicht gewürdigt, dass die Schmerzbehandlung mit Botox ab September 2006 erfolgreich war. Nach der Niederschrift über die letzte Berufungsverhandlung hat der Gutachter dort selbst ausgeführt, seine Feststellung eines chronifizierten Schmerzsyndroms wäre unrichtig, wenn bei der Klägerin eine Therapieform nachhaltig angeschlagen hätte. Zum anderen hätte der Gutachter vor seiner entscheidenden Aussage zum Vorliegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms die Unterlagen des behandelnden Arztes einsehen müssen. Ohne Prüfung der Unterlagen über die intensive und lang andauernde Schmerztherapie war eine sachverständige Äußerung über das Schmerzsyndrom, das den Gutachter zur geänderten Beantwortung der ihm gestellten Beweisfrage veranlasst hat, nicht möglich.

38

Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Klägerin zum Ablauf ihrer Probezeit neben der Bandscheibenerkrankung noch an einer weiteren Krankheit litt, die es in ihrer Gesamtheit als überwiegend wahrscheinlich machten, dass sie mit der Folge einer erheblich geringeren Lebensdienstzeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sein oder über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird.

39

3. § 31 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. bestimmt, dass in dem hier gegebenen Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung § 42 Abs. 3 BBG a.F. sinngemäß anzuwenden ist. Auf diese Regelung, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung führt, ist das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht eingegangen.

40

Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über die Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf den Fall der Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung muss der gegenüber § 42 Abs. 3 BBG a.F. geänderten Ausgangslage Rechnung tragen. Bei einem dauernd dienstunfähigen Lebenszeitbeamten soll entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" von der Zurruhesetzung abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Demgegenüber kommt es für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist. Die aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 25 ff.) besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist. Auch diese Frage hat das Oberverwaltungsgericht im erneuten Berufungsverfahren zu klären, falls es erneut zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin fehle die gesundheitliche Eignung.

41

4. Wird die gesundheitliche Eignung der Klägerin festgestellt, so ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. für die Entscheidung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung auch die fachliche Eignung der Klägerin während der Probezeit zu klären. Insoweit steht der Beklagten aber ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.

42

5. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht auch über den gerichtlich geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit zu entscheiden haben, den es im angegriffenen Urteil nicht beschieden hat. Dieser Anspruch besteht, wenn feststeht, dass sich die Klägerin in der Probezeit bewährt hat.

43

Rechtsgrundlage dieses Anspruchs der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit ist § 9 Abs. 2 BBG a.F. (vgl. § 147 Abs. 2 Satz 1 BBG in der Fassung des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012, BGBl I S. 462). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt, d.h. wenn er sich bewährt hat. Ansonsten ist er zu entlassen. Nach Satz 2 verlängert sich die Frist um die Zeit einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge. Der Anspruch setzt neben den Anforderungen des § 7 BBG a.F. die Vollendung des 27. Lebensjahres sowie die Bewährung des Probebeamten in der Probezeit voraus. Dagegen ist nicht von Bedeutung, ob eine entsprechende Planstelle frei ist.

44

Die Probezeit dient der Klärung der Frage der Bewährung des Probebeamten. Während dieser Zeit hat der Beamte seine allseitige Eignung, unter Einschluss der gesundheitlichen Eignung, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachzuweisen. Entsprechend diesem Zweck der Probezeit und der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ist der Dienstherr gehalten, unverzüglich nach ihrem Ablauf eine Entscheidung über die Bewährung des Beamten zu treffen (Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder Entlassung) und damit zugleich dem Beamten Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen (Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 7 S. 8).

45

Da für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Erkenntnisse bis zum Ablauf der Probezeit maßgeblich sind, ist der Beurteilungszeitpunkt des Verpflichtungsbegehrens mit dem der Anfechtungsklage gegen die Entlassungsverfügung identisch. Es können nur solche Umstände Eingang in die Entscheidung finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <151 f.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin S.     aus N.       wird abgelehnt.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge jeweils auf bis zu 6.000,00 Euro festgesetzt.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.