Verwaltungsgericht München Beschluss, 21. Sept. 2016 - M 5 E 16.2726
Tenor
I.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Antragstellerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Klage M 5 K 16.2730 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Vorbereitungsdienst für den fachlichen Schwerpunkt Polizeivollzugsdienst der zweiten Qualifikationsebene einzustellen.
II.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 3.460,53 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Einstellung der Antragstellerin in den Polizeivollzugsdienst.
Die am ... 1982 geborene Antragstellerin bewarb sich für den Einstellungstermin Juli 2015 um Einstellung in den Polizeivollzugsdienst der zweiten Qualifikationsebene für das Sonderprogramm ... Mit Gesundheitszeugnis vom ... Februar 2015 wurde sie zunächst als polizeivollzugsdiensttauglich eingestuft. Am ... Februar 2015 unterzog sich die Antragstellerin einem chirurgischen Eingriff, bei dem zwei Brustimplantate eingesetzt wurden. Vom polizeiärztlichen Dienst wurde ihr darauf mit Schreiben vom ... März 2015 und ... September 2015 mitgeteilt, dass sie aufgrund der Operation als polizeivollzugsdienstuntauglich eingestuft werde. Eine endgültige Beurteilung der Vollzugsdiensttauglichkeit könne erst nach Ablauf eines Beobachtungszeitraums von einem Jahr beurteilt werden.
Mit Schreiben vom ... März 2016 teilte der Polizeiärztliche Dienst der Antragstellerin mit, dass auch nach Vorlage eines privatärztlichen Attestes vom ... Februar 2016 mit einem unauffälligen Befund ohne Anhalt für eine Kapselfibrose und uneingeschränkter Belastbarkeit weiterhin an der Beurteilung der Polizeivollzugsdienstuntauglichkeit festgehalten werde. Nach den Informationen des Herstellers könnten z. B. durch Verletzungen, aber auch alltägliche Beschäftigungen wie intensive körperliche Arbeit, kräftige Massagen und/oder Manipulationen Schäden am Implantat hervorgerufen werden. Eine Ruptur der Implantate mit Austritt von Füllmaterial könne häufig durch eine körperliche Untersuchung nicht entdeckt werden. Die empfindlichste Methode sei die Kernspintomographie. Die amerikanische Aufsichtsbehörde sehe daher regelhaft vor, Patientinnen nach einer Brustoperation alle zwei bis drei Jahre einer solchen Untersuchung zu unterziehen.
Mit Schreiben vom ... April 2016 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass ihr Bewerbungsverfahren eingestellt werde, da sie ihre Polizeivollzugsdiensttauglichkeit nicht fristgerecht erreicht habe. Der hiergegen am ... April 2016 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom ... Juni 2016 zurückgewiesen.
Hiergegen wurde am 17. Juni 2016 Klage mit dem Ziel erhoben, den Antragsgegner zu verpflichten, die Antragstellerin in die Fachlaufbahn des Polizeivollzugsdienstes der zweiten Qualifikationsebene für das Sonderprogramm ... einzustellen, hilfsweise den Antragsgegner zu verpflichten, über die Bewerbung der Antragstellerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Über diese Klage, die unter dem Aktenzeichen M 5 K 16.2730 geführt wird, ist noch nicht entschieden.
Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit folgendem Inhalt beantragt:
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragstellerin vorläufig, d. h. bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in die Fachlaufbahn des Polizeivollzugsdienstes der zweiten Qualifikationsebene einzustellen.
Es bestehe sowohl ein Anordnungsgrund wie auch ein Anordnungsanspruch. Die bei der Antragstellerin verwendeten Implantate bestünden beim Füllmaterial aus kohäsivem, schnittfestem Gel. Die der negativen Einschätzung des polizeiärztlichen Dienstes zugrunde gelegten Herstellerinformationen seien auf dem Stand des Jahres 2011 und berücksichtigten nicht diese neu verwendete Substanz beim Füllmaterial. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe sei in einer aktuellen Entscheidung hinsichtlich neuerer Implantate mit kohäsivem Füllmaterial davon ausgegangen, dass bei diesen Implantaten auch bei Hieb- oder Stichverletzungen im Brustbereich die Gefahr des Auslaufens des Füllmaterials nicht mehr bestehe. Aus diesem Grund ergebe sich auch nicht die Gefahr, dass geringe Mengen des Füllmaterials durch die intakte Hülle in das umliegende Gewebe diffundieren könnten. Bei der Antragstellerin bestehe auch nicht das Risiko einer Kapselfibrose. Diese sei innerhalb eines Jahres nach der Operation nicht aufgetreten. Da das Implantat unter dem Brustmuskel eingebracht worden sei, sei das Risiko eines Auftretens dieser Komplikation zudem stark vermindert. Auch das Verwaltungsgericht Berlin sei vor Kurzem zur Einschätzung der Polizeidiensttauglichkeit einer Trägerin von Brustimplantaten gekommen.
Es wurde eine ärztliche Stellungnahme von Dr. R., Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie vom ... Juni 2016 vorgelegt. Die Implantate seien unauffällig eingewachsen. Die verwendete Füllung mit hoch-kohäsivem Silikongel habe eine geleeartige Konsistenz (schnittfest), wodurch die Implantate formstabil seien und im Fall eines Hüllenbruchs kein Silikon unkontrolliert in das umliegende Gewebe austreten könne. Die Silikonhülle bestehe aus verschiedenen Schichten und zeichne sich in den Produkttests der Herstellerfirma durch besonders hohe Reißfestigkeit aus. Die hohe Qualität der verwendeten Materialien, umfangreiche Produkttests sowie klinische Studien belegten die hohe Sicherheit der Implantate, deren Bruchfestigkeit und lange Haltbarkeit. Die Positionierung unterhalb des großen Brustmuskels verringere das Risiko des Verrutschens bei äußeren Einflüssen und biete einen zusätzlichen Schutz für das Implantat. Aus medizinischer Sicht führten die Implantate zu keiner Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Die geleeartige Konsistenz des Füllmaterials verhindere ein unkontrolliertes Austreten in das umliegende Gewebe, so dass bei Implantat-Trägerinnen nicht von höheren Risiken bezüglich der gesundheitlichen Folgen (Notwendigkeit von Operationen und Gefahr der Narbenbildung) im Vergleich zu Frauen ohne Implantate nach entsprechenden Traumen ausgegangen werden könne. Es gebe keine konkreten Hinweise darauf, dass die regulären Tätigkeiten im Polizeivollzugsdienst das Risiko einer Ruptur erhöhen oder die Lebensdauer der Implantate ungünstig beeinflussen würden. Hierzu zählten auch die zeitweise körperlich intensiveren Tätigkeiten wie Einsatz bei Demonstrationen, Selbstverteidigung und körperlicher Einsatz gegen Personen.
Das Polizeipräsidium hat für den Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Bei der Antragstellerin liege die gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst nicht vor. Bereits die allgemeinen Tauglichkeitsanforderungen der PDV 300 führten Brustimplantate als Merkmal auf, das zur Polizeidienstunfähigkeit führt. Nach den vom Polizeiärztlichen Dienst ausgewerteten Herstellerinformationen könnten die Implantate durch starke Belastung oder Manipulation, jedoch auch bei alltäglichen Betätigungen, Kontaktsportarten und Ähnlichem beschädigt werden. Bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs wie beim PE-Training sowie dem körperlichen Einsatz gegen Personen müsse mit einer Krafteinwirkung auf den vorderen Brustkorb gerechnet werden, die die mechanische Belastung der Implantate übersteige oder zu deren Verrutschen führe. Ein besonders vorsichtiges Verhalten in solchen Situationen stelle eine natürliche menschliche Reaktion dar. Nach den Herstellerinformationen bestehe ein allgemeines Komplikationsrisiko von 39%. Insbesondere das Risiko zusätzlicher Operationen sei mit 30% als verhältnismäßig hoch anzusehen. Auch das Risiko einer Undichtigkeit stelle sich mit 18% noch als beträchtlich dar, wobei dieses Risiko durch mechanische Einflüsse weiter erhöht werde. Mechanische Einwirkungen auf die Brust müssten daher vermieden werden, was im Polizeivollzugsdienst nicht möglich sei.
Der Polizeiärztliche Dienst führte am ... August 2016 zur ärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom ... Juni 2016 aus, dass nach den Produktinformationen der Herstellerfirma Verletzungen zu Schädigungen der Implantate führen könnten und das Risiko der Undichtigkeit im Laufe der Jahre ansteige, bis auf 17,7% nach zehn Jahren. Auch das Risiko einer behandlungsbedürftigen Kapselfibrose steige nach den Herstellerinformationen an und betrage nach zehn Jahren 9,2%. Differenzierte wissenschaftliche Untersuchungen zu Brustimplantaten bei Polizeivollzugsbeamtinnen seien nicht bekannt, das betreffe auch die Anwendung der Schutzausrüstung. Die Herstellerfirma weise ausdrücklich darauf hin, dass bestimmte mechanische Einflüsse eine Implantatruptur verursachen könnten, wie höhere Krafteinwirkung auf die Brust, Verletzungen, Kompression während der Mammographie u. a. Auch könne nach Herstellerangaben übermäßiges Massieren der Brustregion, bestimmte Sportarten oder ein Verkehrsunfall möglicherweise das Implantat beschädigen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO ist begründet.
1. Gemäß § 123 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d. h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragstellerin hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
2. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerin hat voraussichtlich einen Anspruch auf Einstellung in den Polizeivollzugsdienst als Beamtin auf Widerruf in den Vorbereitungsdienst der zweiten Qualifikationsebene. Es spricht alles dafür, dass ihr die hierfür erforderliche gesundheitliche Eignung in Form der Polizeidiensttauglichkeit nicht fehlt (§ 9 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern - Beamtenstatusgesetz/BeamtStG). Das ist als Einstellungsvoraussetzung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 der Verordnung über die Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz/FachV-Pol/VS ausdrücklich genannt. Nach Art. 128 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG müssen Polizeivollzugsbeamte den besonderen Anforderungen an den Polizeivollzugsdienst genügen. Das sind gesundheitliche Anforderungen, die über die allgemeine gesundheitliche Eignung von Beamten hinausgehen. Der Polizeivollzugsdienst stellt besondere körperliche Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit (Baßlsperger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Februar 2016, Art. 128 BayBG Rn. 10 ff.).
a) Die gesundheitliche Eignung eines im Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung dienstfähigen Beamtenbewerbers kann im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder eine chronische Erkrankung mit progredientem Verlauf verneint werden (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244).
Die gegenwärtig vorhandene gesundheitliche Eignung kann wegen künftiger Entwicklungen nur verneint werden, wenn durch tatsächliche Anhaltspunkte, die in aller Regel ein Mediziner auf einer fundierten medizinischen Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen muss, belegt werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist (so unter Aufgabe seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung: BVerwG, U. v. 25.7.2013, a. a. O.).
Dieser neue Prognosemaßstab zur Feststellung der (Polizei-)Diensttauglichkeit ist auch bei der Anwendung der Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300) zu beachten, denn deren besondere Bestimmungen enthalten Erfahrungssätze und führen dementsprechend Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend zum Teil katalogartig auf (vgl. BVerwG, B. v. 3.6.2004 - 2 B 52/03 - juris Rn. 5). Stehen aber medizinisch-prognostische Tatsachenfragen im Raum, bei deren Beantwortung es - wie im gegebenen Fall - auf den rechtlich zutreffenden Prognosemaßstab ankommt, bedarf es einer weitergehenden individuellen medizinischen Begutachtung des Beamtenbewerbers (OVG LSA, B. v. 14.7.2014 - 1 M 69/14 - DÖD 2014, 279, juris Rn. 7 ff.).
Während die Polizeidiensttauglichkeit die „gesundheitliche Eignung für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst“ betrifft, bezeichnet die Polizeidienstfähigkeit die „gesundheitliche Fähigkeit, Polizeivollzugsdienst zu leisten“ (Nr. 1.2 PDV 300; vgl. zu einem solchen Fall: BayVGH, B. v. 15.1.2014 - 3 ZB 13.1074 - juris Rn. 13 f.). Daran anknüpfend ergeben sich unterschiedliche Voraussetzungen für die Annahme der Polizeidienstfähigkeit einerseits und die Polizeidiensttauglichkeit andererseits.
Für die Bejahung der (allgemeinen) Dienstfähigkeit ist es ausreichend, dass der Beamte (aktuell) in der Lage ist, (gegebenenfalls auch trotz vorliegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen) die ihm obliegenden Dienstpflichten seines abstrakt-funktionelles Amtes zu erfüllen. Mit Blick auf die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes setzt die Polizeidienstfähigkeit voraus, dass der Polizeivollzugsbeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist (VG Düsseldorf, U. v. 16.9.2015 - 2 K 83/15 - juris Rn. 40 m. w. N.; BVerwG, U. v. 3.3.2005 - 2 C 4.04 - ZBR 2005, 308, juris Rn. 9).
Die Polizeidiensttauglichkeit, also die gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst, verlangt hingegen eine über die aktuelle Dienstfähigkeit hinausgehende, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze betreffende Prognose, ob der Bewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (künftig) dauernd polizeidienstunfähig oder bis zum Eintritt in den Ruhestand regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen werden wird.
Die unterschiedlichen Anforderungen an die Polizeidienstfähigkeit und Polizeidiensttauglichkeit sind mit Blick auf die verschiedenen Zielsetzungen gerechtfertigt. Die Feststellung der Polizeidienst(un)fähigkeit ist dafür maßgeblich, ob der Polizeivollzugsbeamte derzeit seinen Dienst ausüben kann, oder ob möglicherweise - wegen gesundheitlicher Einschränkungen - seine Zurruhesetzung oder ein Laufbahnwechsel einzuleiten ist. Dagegen dient die Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit dem Zweck, eine Abschätzung über die Entwicklung der Dienstfähigkeit über die gesamte Dienstzeit bis zur Regelaltersgrenze zu treffen. Dies folgt aus dem Lebenszeit- und Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/GG), die den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten verpflichten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird (BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204).
Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn bei der Einstellung in den Polizeivollzugsdienst ein über die aktuelle Polizeidienstfähigkeit hinausgehender Gesundheitszustand verlangt wird. Ebenso ist es sachgerecht, an die Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit wegen der sich über viele bzw. regelmäßig sogar mehrere Jahrzehnte erstreckenden Dienstzeit und dem damit ohnehin einhergehenden natürlichen Rückgangs der physischen Leistungsfähigkeit abweichende Anforderungen zu stellen (vgl. zum Ganzen: OVG NRW, B. v. 26.3.2015 - 6 A 1443/14 - ZBR 2016, 66 (Ls.), juris Rn. 7 ff. m. w. N.; VG Berlin, U. v. 22.1.2014 - 7 K 117.13 - ZBR 2014, 263, juris Rn. 22; offen: VG Düsseldorf, U. v. 16.9.2015 - 2 K 83/15 - juris Rn. 53; VG Gießen, U. v. 17.9.2014 - 5 K 1123/13.GI - juris Rn. 18).
b) Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden Überprüfung ohne Beweisaufnahme anhand der in den Akten vorhandenen fachärztlichen Stellungnahmen folgt das Gericht der ausführlichen ärztlichen Stellungnahme des Facharztes für plastische und ästhetische Chirurgie Dr. R. vom ... Juni 2016. Diese Bewertung ist detailliert und fundiert; sie berücksichtigt die Beschaffenheit der konkret verwendeten Implantate. Das ist schlüssig und überzeugt.
Nach dieser fachärztlichen Einschätzung wurden der Antragstellerin zwei Implantate Typ Allergan Natrelle 410 eingesetzt, die komplikationslos eingewachsen sind. Nachdem innerhalb eines Jahres nach der Operation keine Kapselfibrose aufgetreten ist wie auch aufgrund des Umstands, dass die Implantate unterhalb des großen Brustmuskels eingesetzt wurden, sieht er das Risiko eines Auftretens dieser Komplikation als sehr gering an. Aufgrund der geleeartigen Konsistenz der hoch-kohäsiven Silikonfüllung werde verhindert, dass selbst bei einem Hüllenbruch Silikon ungehindert in das umliegende Gewebe austrete. Daher komme es auch nicht zu einer Diffusion des Implantatmaterials. Die Hülle selbst bestehe aus verschiedenen Schichten und zeichne sich nach Produkttests der Herstellerfirma durch hohe Reißfestigkeit aus. Hinzu komme die Platzierung unterhalb des großen Brustmuskels. Die junge Frau sei bereits drei Monate nach der Operation voll sportfähig gewesen. Daher überzeugt die Einschätzung, dass von keiner höheren gesundheitlichen Gefährdung oder Verletzungsgefahr gegenüber Polizeibeamtinnen ohne Brustimplantate ausgegangen werden könne. Vor dem Hintergrund der Verwendung dieser gegenüber der früher verwendeten verbesserten Implantate ist es nachvollziehbar, dass auch Tätigkeiten im Polizeivollzugsdienst, die unter Körperkontakt auszuführen sind, zu keiner Risikoerhöhung einer Ruptur oder einer Verkürzung der Lebensdauer führen. Hinzu kommt, dass die bei der Antragstellerin verwendeten Implantate verhältnismäßig klein sind und auch das Tragen von Schutzkleidung bei der schlanken und sportlichen Frau zu keiner übermäßig hohen Belastung der Implantate führen werde.
Die Bewertung der Nr. 10.4.2 der PDV 300, dass Bewerberinnen mit Brustimplantaten nicht polizeidiensttauglich seien, ist demgegenüber zu pauschal und trägt dem veränderten Kontrollmaßstab der gesundheitlichen Eignung (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244) nicht Rechnung.
Aber auch die der Entscheidung über die Polizeidienstuntauglichkeit zugrunde liegenden fachlichen Bewertungen des Polizeiärztlichen Dienstes (Schreiben an die Antragstellerin vom ...3.2015, ...9.2015, ...10.2015, ...3.2016, Stellungnahme an das Innenministerium vom ...10.2015 und ...4.2016 sowie Stellungnahme in diesem Verfahren vom ...8.2016) überzeugen nicht. Denn sie befassen sich nur pauschal mit der Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Komplikationen nach dem Einsetzen von Brustimplantaten. Hierzu wird auf allgemeine Herstellerinformationen abgestellt, die den konkreten Heilungs- und weiteren Verlauf bei der Antragstellerin nicht berücksichtigen. Insbesondere die Situierung der Implantate zu 2/3 unterhalb des großen Brustmuskels und die vom Facharzt Dr. R. vorgetragene dadurch bedingte Risikoverminderung einer Beschädigung wie auch einer Kapselfibrose werden nicht erörtert. Da sich die Bewertung des Polizeiarztes nicht hinreichend mit ausführlichen und einzelfallbezogenen Einschätzungen des Facharztes auseinandersetzt, kommt in diesem Fall der amtsärztlichen Wertung keine besondere Bedeutung oder Sachkunde zu (vgl. allgemein hierzu: BayVGH, B. v. 15.1.2014 - 3 ZB 13.1074 - juris Rn. 18).
Hinzu kommt, dass zweifelhaft ist, ob die vom Polizeiärztlichen Dienst allein zugrunde gelegten Herstellerinformationen ohne weiteres für die Beurteilung der Vollzugsdiensttauglichkeit herangezogen werden können. Denn insbesondere die Tabelle im Schreiben vom ... August 2016 ist dem Dokument „Directions for use - NATRELLE® 410 Highly Cohesive Anatomically Shaped Silicone-Filled Breast Implants“ der Firma Allergan (http://www.a...com/…/…), S. 14 entnommen. Dort werden soweit ersichtlich die Ergebnisse einer Studie des Herstellers zu Rissen des Füllmaterials wiedergegeben. In dieser englischsprachigen Fachinformation ist zuvor ausdrücklich angegeben, dass alle Risse intrakapsular waren ohne Fälle eines extrakapsularen Risses oder ausgetretenem Gel („…all of the ruptures were intracapsular, with no cases of extracapsular rupture or migrated gel.“). Dies deutet darauf hin, dass damit eher die innere Materialermüdung beschrieben wird und nicht die Gefahr eines Hüllenrisses. Denn zu Beginn des Kapitels auf Seite 13 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Implantate nur eine begrenzte Haltbarkeit besitzen („Breast implants are not lifetime devices.“). Auf Seiten 15 und 16 dieser Information wird auch auf weitere Studien aus Schweden und Europa verwiesen, die weniger ausdifferenzierte, aber geringere Zahlen zu einem Implantatriss („rupture data“) wiedergeben. Hierauf wird vom Polizeiarzt nicht eingegangen. Daher sind auch die detaillierteren Ergebnisse, die im Schreiben des Polizeiarztes an das Innenministerium vom ... April 2016 auf S. 2 tabellarisch wiedergegeben sind, mit Zurückhaltung zu bewerten. Entsprechendes gilt für die dort wiedergegebenen Zahlenangaben aus dem Dokument „NATRELLE ® 410 HIGHLY COHESIVE ANATOMICALLY SHAPED SILICONE-FILLED BREAST IMPLANTS - Important Factors Breast Augmentation Patients Should Consider“ (http://a.-web-cdn-...net/.../…-…/…).
Wenn im Schreiben vom ... August 2016 unter Hinweis auf diese Quelle (S. 23) darauf hingewiesen wird, dass bestimmte mechanische Einflüsse eine Implantatruptur verursachen können (höhere Krafteinwirkung auf die Brust, Verletzungen, Kompression während der Mammographie etc.) stehen auch diese Hinweise - soweit ersichtlich - nicht nur im Zusammenhang mit einer Beschädigung der Hülle („shell“) sondern auch mit der generellen Haltbarkeit („Breast implants may also simply wear out over time“). Soweit aus der sehr allgemein gehaltenen Aufklärungsbroschüre zu Brustvergrößerungen (www.natrelle.de/.../E% 200175%202008%20Breast%20Augmentation%20Patient%20ISO.pdf) zitiert wird, heißt es dort wörtlich: „Ferner sollten Sie Ihren Arzt um Rat fragen, wenn … in jüngster Zeit eine Verletzung an der Brust aufgetreten ist, insbesondere im Fall eines Traumas oder einer Kompression, die beispielsweise durch übermäßiges Massieren der Brustregion, durch bestimmte Sportarten oder durch einen Verkehrsunfall ausgelöst werden können. Wurde Ihr Implantat beschädigt, muss es möglicherweise entfernt werden.“ Das ist kein ausdrücklicher allgemeiner Hinweis, dass bestimmte mechanische Einflüsse eine Implantatruptur verursachen können (so aber die Formulierung im Schreiben vom ...8.2016, S. 3).
In der im Internet verfügbaren Herstellerbroschüre zu Natrelle 410 Implantaten in deutscher Sprache (https://www.d.,a...de/…/…) wird auf Seite 14 von einer studienbasierten „Rupturhäufigkeit von 1,7% nach acht Jahren“ berichtet. Da diese Ergebnisse ohne weiteres vom Gericht recherchiert werden konnten, muss das Fehlen der Erörterung dieser Zahlenangabe dazu führen, dass auch unter diesem Aspekt die amtsärztliche Bewertung lückenhaft erscheint.
Insgesamt ergibt sich der Eindruck, dass bei der amtsärztlichen Bewertung ohne Eingehen auf den konkreten Fall der Antragstellerin Informationen aus allgemeinen Angaben entnommen werden, ohne sie in einem Gesamtzusammenhang zu erörtern. Auch der Polizeiärztliche Dienst scheint von der Polizeidienstuntauglich letztlich nicht überzeugt zu sein. Denn im Schreiben an das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom ... Oktober 2015 wird auf Seite ... (Bl. ... der Behördenakte) ausgeführt:
„Alternativ könnte bei folgenlos eingeheiltem Implantat von Polizeidiensttauglichkeit ausgegangen werden
- frühestens 12 Monate nach OP
- nach Bewertung des OP-Berichts und Implantatpasses
- bei OP im Ausland nach gutachterlicher Bewertung durch plastischen Chirurgen
- bei kernspintomographisch unauffälligem Implantatbefund und
- fehlenden Hinweisen auf eine Kapselfibrose.
In diesem Fall müsste festgelegt werden, wie nach einer „dienstlichen Krafteinwirkung“ ggf. die Unfallfürsorge geregelt wird.“
Warum sich die amtsärztliche Bewertung letztlich auf die Polizeidienstuntauglichkeit verengt hat, ist weder den Akten noch den weiteren Stellungnahmen des Polizeiärztlichen Dienstes zu entnehmen.
Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin gesundheitlich nicht in der Lage ist, auch Situationen mit Körperkontakt bzw. Anwendung unmittelbaren Zwangs zu bestehen, da sie aufgrund der Brustimplantate einem erhöhten Verletzungsrisiko unterliegen könnte. Ob bei einer möglichen Gewalteinwirkung im Brustbereich ein erhöhtes Verletzungsrisiko gegenüber einer Frau ohne Brustimplantate gegeben ist, bleibt insbesondere in der Stellungnahme des Amtsarztes vom ... August 2016 ausdrücklich offen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass eine entsprechende Gewalteinwirkung, die zu Schäden am Implantat führen kann, bei einer Frau ohne Implantate auch zu Verletzungen führen kann. Demgegenüber hat der Facharzt Dr. R. in seiner Stellungnahme vom ... Juni 2016 ausdrücklich angegeben, dass selbst der Einsatz bei Demonstrationen, Selbstverteidigung sowie körperlicher Einsatz gegen Personen nicht das Risiko einer Ruptur der Implantate erhöht oder die Lebensdauer der Implantate ungünstig beeinflusst. Das deckt sich auch mit den Erkenntnissen, die im Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin
Das Gericht weist darauf hin, dass der ausgesprochenen Verpflichtung zur Einstellung der Antragstellerin zugrunde liegt, dass die Bewerberin die übrigen Voraussetzungen - neben der gesundheitlichen Eignung - für eine Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllt.
3. Auch eine Interessenabwägung der widerstreitenden Interessen führt dazu, dem Antrag stattzugeben. Denn das Interesse der Antragstellerin an der Absolvierung der Ausbildung wiegt höher als das Interesse des Antragsgegners, dass die Antragstellerin die Ausbildung abbrechen müsste, würde sich deren gesundheitliche Nichteignung herausstellen. Denn Fälle des Abbruchs der Ausbildung kommen - wie dem Gericht bekannt ist - aus den verschiedensten Gründen immer wieder vor. Demgegenüber wäre es ein größerer Nachteil für die Antragstellerin, evtl. zu Unrecht nicht an der von ihr gewählten Berufsausbildung teilnehmen zu können.
4. Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Denn aufgrund der Höchstaltersgrenze von 35 Jahren für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst der zweiten Qualifikationsebene des Polizeivollzugsdienstes im Sonderprogramm … (§ 6 Abs. 3 Satz 3 FachV-Po/VS) ist für die Antragstellerin, die in Kürze das 34. Lebensjahr vollendet, eine Entscheidung über die gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst und die Einstellung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf alsbald erforderlich. Ohne eine entsprechende gerichtliche Entscheidung könnte die Verwirklichung effektiven Rechtsschutzes vereitelt werden.
5. Der beantragten einstweiligen Anordnung steht auch nicht das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen.
Eine Vorwegnahme der grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehaltenen Entscheidung kann nur dann ausnahmsweise ergehen, wenn ein wirksamer Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist, der betreffenden Antragstellerin ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohen und die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach obsiegen wird (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa OVG NRW, B. v. 18.10.2013 - 6 B 998/13 - juris Rn. 5 ff.; BayVGH, B. v. 17.9.2009 - 3 CE 09.1383 - juris Rn. 45; Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 123, Rn. 66 a).
Im vorliegenden Fall ist eine solche Vorwegnahme ausnahmsweise gerechtfertigt. Denn die Antragstellerin vollendet in Kürze das 34. Lebensjahr. Im Sonderprogramm … ist das Einstellungshöchstalter für die zweite Qualifikationsebene des Polizeivollzugsdienstes auf das 35. Lebensjahr festgelegt. Der Verweis auf den Rechtsschutz im Klagewege kann dazu führen, dass der Anspruch im Fall eines Erfolgs in der Hauptsache - u. U. nach Durchlaufen des Instanzenzugs - durch das Überschreiten der Höchstaltersgrenze vereitelt werden könnte. Hinzu kommt der Umstand, dass die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat.
6. Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 6 des Gerichtskostengesetzes. Das Gericht hat die aktuellen Anwärterbezüge zugrunde gelegt und von dem sich daraus ergebenden Jahresbetrag ¼ angesetzt, da es sich um einen Rechtsstreit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hinsichtlich eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf handelt (§ 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG).
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 21. Sept. 2016 - M 5 E 16.2726
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
Gründe
- 1
1. Der Antragstellerin war zunächst auf ihren Antrag für das Beschwerdeverfahren gemäß § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. zu bewilligen.
- 2
2. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 13. Juni 2014, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, ist begründet.
- 3
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn die Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 924 ZPO glaubhaft zu machen. Wird mit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen und dadurch in aller Regel ein faktisch endgültiger Zustand geschaffen, kann eine Regelung nur ergehen, wenn der Antragsteller in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten hat und schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen werden müsste. Überwiegende Aussichten in der Hauptsache bestehen hingegen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit größter Wahrscheinlichkeit begründet ist und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werden wird (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 5. Januar 2007 - 1 M 1/07 -, juris [m. w. N.]).
- 4
Die Antragstellerin hat in dem für den Senat maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt weder den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO erforderlichen Anordnungsanspruch noch den Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Denn wer sich - wie hier die Antragstellerin - der erforderlichen Feststellung der gesundheitlichen Eignung ohne sachliche Rechtfertigung entzieht, kann - was die Beschwerde mit Recht einwendet - den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht mit Erfolg geltend machen.
- 5
Da die Antragstellerin ihre Berücksichtigung im Auswahlverfahren zur Zulassung zum Vorbereitungsdienst und damit letztlich die Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf begehrt, bemisst sich der Einstellungsanspruch nach beamtenrechtlichen Grundsätzen (vgl.: OVG LSA, Beschluss vom 7. Februar 2013 - 1 L 3/13 -, juris [m. w. N.]). Dies setzt gemäß §§ 4 Abs. 4 lit. a), 8 Abs. 1 Nr. 1, 9 BeamtStG i. V. m. §§ 4 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 2 LBG LSA die gesundheitliche Eignung des Bewerbers voraus, die aufgrund eines Gutachtens der zentralen ärztlichen Untersuchungsstelle festzustellen ist. Nach § 105 LBG LSA ist das Fachministerium ermächtigt, für die Polizeivollzugsbeamten durch Verordnung die Laufbahnen der Polizei abweichend von § 27 Satz 1 LBG LSA zu regeln und, soweit die besonderen Verhältnisse des Polizeivollzugsdienstes es erfordern, besondere gesundheitliche und physische Zugangsvoraussetzungen zu bestimmen. Dies ist vorliegend durch die PolLVO LSA vom 25. August 2010 (GVBl. LSA 2010, 468) erfolgt. Gemäß § 4 Nr. 3 PolLVO LSA kann in das Beamtenverhältnis eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist.
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Hiervon geht das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend aus. Dem Verwaltungsgericht ist - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch darin zuzustimmen, dass die bisherigen polizeiärztlichen Feststellungen die Annahme einer Polizeidienstuntauglichkeit der Antragstellerin bislang nicht in dem gebotenen Maß zu rechtfertigen vermögen.
- 7
Welche Anforderungen an die gesundheitliche Eignung zu stellen sind, bestimmt zwar der Dienstherr und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (siehe: BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 B 52.03 -, Buchholz 237.7 § 7 NWLBG Nr. 6). Da der Polizeivollzugsdienst Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche Leistungsfähigkeit erfordern, ist es sachgerecht, bereits vom Polizeibeamten auf Widerruf ein hohes Maß an körperlicher Eignung zu verlangen. Dabei ist es nicht zu beanstanden, dass die den Polizeivollzugsdienst betreffenden Vorschriften des Bundes und der Länder besondere Bestimmungen enthalten, die - als in polizeilicher Praxis gewonnene Erfahrungssätze - Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend zum Teil katalogartig aufführen, bei deren Vorliegen der Dienstherr prognostizieren darf, dass künftige gehäufte Erkrankungen und Leistungsschwächen wie auch vorzeitige Dienstunfähigkeit nicht mit dem erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad ausgeschlossen werden können. Auf die aktuelle Dienstfähigkeit kommt es dabei nicht allein an (siehe: BVerwG, a. a. O.). Die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt bezieht sich nicht nur auf den gegenwärtigen Stand, sondern auch auf die künftige Amtstätigkeit und enthält eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt. Die Prognose erfasst den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Die gesundheitliche Eignung eines im Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung dienstfähigen Beamtenbewerbers kann daher im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder eine chronische Erkrankung mit progredientem Verlauf verneint werden (siehe: BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, BVerwGE 147, 244).
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Soweit das Bundesverwaltungsgericht in der vorbezeichneten Entscheidung vom 3. Juni 2004 allerdings noch auf den Prognosemaßstab rekurriert, wonach der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein muss, ist dieser Maßstab indes - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt - zwischenzeitlich überholt. Vielmehr kann die gegenwärtig vorhandene gesundheitliche Eignung - wie hier im Fall der Antragstellerin - wegen künftiger Entwicklungen nur verneint werden, wenn durch tatsächliche Anhaltspunkte, die in aller Regel ein Mediziner auf einer fundierten medizinischen Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen muss, belegt werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist (so unter Aufgabe seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung: BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013, a. a. O.).
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Dieser neue Prognosemaßstab zur Feststellung der (Polizei-)Diensttauglichkeit ist auch bei der Anwendung der Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300) zu beachten, denn deren besondere Bestimmungen enthalten - wie bereits ausgeführt - Erfahrungssätze und führen dementsprechend Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend zum Teil katalogartig auf. Stehen aber medizinisch-prognostische Tatsachfragen im Raum, bei deren Beantwortung es - wie im gegebenen Fall - auf den rechtlich zutreffenden Prognosemaßstab ankommt, darf nicht mehr auf den der PVD 300 teilweise zugrunde gelegten rechtsfehlerhaften Prognosemaßstab abgestellt werden (vgl. zur Überprüfungspflicht auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. November 2013 - 6 B 1226/13 -, juris [Rn. 9]). Vielmehr bedarf es in einem solchen Fall einer weitergehenden individuellen medizinischen Begutachtung des Beamtenbewerbes, die den rechtsfehlerfreien Prognosemaßstab beachtet, worauf das Verwaltungsgericht und die Antragstellerin für die vorliegende Fallgestaltung zutreffend hingewiesen haben.
- 10
Ohne Erfolg beruft sich die Beschwerde insoweit auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Januar 2014 in dem Verfahren 3 ZB 13.1074 (juris), denn diese Entscheidung beruht auf anderen tatsächlichen wie rechtlichen Kautelen. Zum Einen wendet sie einen anderen Prognosemaßstab an, „weil es nicht um eine Prognoseentscheidung hinsichtlich der Geeignetheit eines Beamtenbewerbers geht, sondern um die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit zu einem konkreten Zeitpunkt“. Zum Anderen hat die Entscheidung eine andere Fehler-Nummer der PDV 300 zum Gegenstand, ohne dass die Beschwerde plausibel aufzeigt, dass sich insoweit die Frage eines divergierenden Prognosemaßstabes stellte.
- 11
Ist nach alledem im Hinblick auf die hier streitgegenständliche Fehler-Nummer der PVD 300 eine weitergehende medizinischen Untersuchung der Antragstellerin erforderlich, um ihre Polizeidiensttauglichkeit nach Maßgabe der vorgenannten Prognosemaßstabes feststellen zu können, bedarf es hierzu allerdings der Mitwirkung der Antragstellerin. Eine solche Nachuntersuchung hat die Antragsgegnerin nach Ergehen des hier angefochtenen Beschlusses zwischenzeitlich in die Wege geleitet. Dass diese erst geraume Zeit nach der ersten allgemeinen polizeiärztlichen Untersuchung der Antragstellerin von der Antragsgegnerin veranlasst wurde, ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - als zutreffende Reaktion auf den verwaltungsgerichtlichen Beschluss nach den konkreten Umständen des vorliegenden Falles ebenso unschädlich wie die Tatsache, dass das „Einladungsschreiben“ vom 13. Juni 2014 nicht von der Antragsgegnerin selbst, sondern vom polizeiärztlichen Dienst erstellt wurde. Die Antragstellerin hatte bereits eine entsprechende Aufforderung durch die Antragsgegnerin zur Ausgangsuntersuchung erhalten. Überdies bezieht sich das „Einladungsschreiben“ des polizeiärztlichen Dienstes auch ausdrücklich auf die hier streitgegenständliche Bewerbung der Antragstellerin sowie eine „zusätzliche Augenuntersuchung“. Die Antragstellerin blieb damit nicht im Unklaren, dass die Nachuntersuchung von der Antragsgegnerin veranlasst worden ist, wie auch das an diese gerichtete diesbezügliche Schreiben der Antragstellerin vom 25. Juni 2014 zeigt.
- 12
Die erforderliche polizeiärztliche (Nach-)Untersuchung hat die Antragstellerin indes mit der nach den vorstehenden Ausführungen sachlich nicht gerechtfertigten Begründung, dieser „bedarf es nicht“, abgelehnt. Damit vereitelt sie selbst die erforderliche Feststellung ihrer Polizeidiensttauglichkeit und kann nicht mehr mit Erfolg gleichwohl ihre Zulassung zur Auswahl zum Vorbereitungsdienst geltend machen (vgl. auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. November 2011 - 1 B 1166/12 -, juris [Rn. 51]).
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Dass der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichtes „keine Maßgaben“ enthält, stellt - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - keinen Weigerungsgrund dar. Denn die Rechtsfolge, dass die gesundheitliche Eignung der Antragstellerin nicht vollumfänglich lediglich auf der Grundlage der PDV 300, insbesondere wegen der hier streitgegenständlichen Disposition ihrer Augen nicht auf deren Ziffer 5.1.1, beurteilt werden kann, hat nicht die positive Feststellung ihrer gesundheitlichen Eignung, sondern vielmehr das Erfordernis einer individuellen Eignungsprognose auf der Grundlage spezifischer gesundheitlicher Einzelfallfeststellungen zur Folge. Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes.
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Ohne Erfolg beruft die die Antragstellerin in diesem Zusammenhang nunmehr auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30. Mai 2013 in dem Verfahren 2 C 68.11 (BVerwGE 146, 347), denn dieses befasst sich ausschließlich mit den Anforderungen an eine Untersuchungsaufforderung im Rahmen eines Verfahrens über die vorzeitige Versetzung eines (Lebenszeit-)Beamten in den Ruhestand. Darum geht es hier im Fall der Antragstellerin, die ihre Verbeamtung überhaupt erst erstrebt, nicht. Die vorbezeichnete Entscheidung ist auch nicht ohne Weiteres auf die hier gegebene Fallgestaltung übertragbar (vgl. auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 6 B 1249/13 -, juris [Rn. 17]). Denn anders als bei Beamten, denen gegenüber eine Weisung erteilt wird und deren gesundheitliche Eignung vom Dienstherrn bereits vormals festgestellt worden war, fehlt es gerade hieran, wenn die Einstellung, mithin die Begründung eines Beamtenverhältnisses überhaupt erst erstrebt wird. Die Untersuchungsaufforderung im Zurruhesetzungsverfahren knüpft nämlich daran, dass nach positiver Eignungsfeststellung, d. h. zwischenzeitlich Zweifel an der gesundheitlichen Eignung eingetreten sind, welche zu begründen sind.
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Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist vielmehr aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde (vgl.: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, BVerwGE 148, 204 betreffend einen Beamten auf Probe). Was Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung anbelangt, ergeben sich diese hier zwanglos wie offenkundig aus den in den PVD 300 schriftlich fixierten Anforderungen an den Polizeivollzugsdienst. Im Übrigen hat sich die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 25. Juni 2014 auch nicht auf eine unzureichende Begründung der Nachuntersuchungsaufforderung berufen, sondern diese allgemein wie prinzipiell abgelehnt.
- 16
Nach alledem war auch nicht der verwaltungsgerichtliche Beschluss mit der von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren beantragten Maßgabe aufrecht zu erhalten. Die Antragsgegnerin hat mit dem Nachuntersuchungsauftrag sowie mit ihrem Beschwerdevorbringen hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie der Antragstellerin die Möglichkeit eröffnet, in Ergänzung zu den nach der PVD 300 maßgeblichen Umständen nunmehr auch die erforderlichen medizinischen Tatsachengrundlagen für eine individuelle Prognoseentscheidung nach Maßgabe des richtigerweise anzuwendenden o. g. Prognosemaßstabes feststellen zu lassen.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 18
4. Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 40, 47, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG. Wegen der mit der einstweiligen Anordnung letztlich begehrten Vorwegnahme der Hauptsache war dieser Betrag nicht weiter zu reduzieren.
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5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
I.
Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
IV.
Unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 6.177,73 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob das beklagte Land die Übernahme des Klägers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst aus gesundheitlichen Gründen ablehnen durfte.
3Der am 00.00.0000 geborene Kläger bewarb sich im September 2014 beim Landesamt für B. (LB.) um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes zum 1. September 2015. Seine Körpergröße wurde mit 185 cm, sein Gewicht mit 99 kg angegeben, was einem Body-Maß-Index (BMI) von 28,9 entsprach. Des Weiteren gab der Kläger an, regel- oder gewohnheitsmäßig das Medikament L-Thyroxin einzunehmen. Diesbezüglich legte er eine Bescheinigung der Fachärzte für Allgemeinmedizin D. und S. -D. vom 12. August 2014 vor. Daraus ging hervor, dass der Kläger 2003 an Morbus Basedow erkrankt sei, im Mai 2005 eine Radiojodtheraphie durchgeführt habe, L-Thyroxin 175 einnehme, und beschwerdefrei sowie uneingeschränkt belastbar sei.
4Mit Anhörungsschreiben vom 21. Oktober 2014 erklärte das beklagte Land, der zur Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit zuständige Arzt habe festgestellt, dass die Bewerbung nicht berücksichtigt werden könne. Gründe seien der Zustand nach Morbus Basedow mit Dauersubstitution mit Schilddrüsenhormonen sowie Übergewicht.
5Der Kläger legte daraufhin mit Schreiben vom 15. November 2014 ein weiteres Attest der Fachärzte für Allgemeinmedizin D. und S. -D. vom 27. Oktober 2014 vor. Diesem zufolge sei beim Kläger 2003 eine Basedow-Hyperthyreose diagnostiziert worden, wobei nach thyreostatischer Behandlung als definitive Therapie im Mai 2005 eine Radiojodtherapie durchgeführt worden sei. Erwartungsgemäß sei es dann zu einer Hypothyreose gekommen, welche mit dem Medikament „L-Tyroxin 175“ substituiert werde. Der Kläger sei durch dieses Krankheitsbild in keinerlei Weise in den Aktivitäten des täglichen Lebens eingeschränkt. Der erhöhte BMI ergebe sich größtenteils aus der Muskelmasse, da der Kläger seit Jahren Sport – insbesondere Kraftsport/Kampfsport – betreibe und sein Körperbau muskulös-athletisch sei. Ein Anhaltspunkt dafür, dass dem Kläger aufgrund des Krankheitsbildes in gesundheitlicher Hinsicht die Eignung für die Ausübung des Polizistenberufes fehle, habe sich nicht ergeben. Weiter legte der Kläger ein Attest des Facharztes für Innere Medizin und Endokrinologie Dr. med. T. vom 30. Oktober 2014 vor. Diesem zufolge bestehe seit der Radiojodtherapie, die zu einer dauerhaften Beseitigung der Hyperthyreose geführt habe, eine substitutionsbedürftige Schilddrüsenunterfunktion, die seither „ganz unproblematisch“ mit einer Thyroxinsubstitution gut eingestellt sei. Der Kläger stelle sich in größeren Abständen zur Kontrolle vor. Probleme hätten seither nicht bestanden. Der Kläger sei kooperativ hinsichtlich der Medikamenteneingabe und in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit durch die Schilddrüsenerkrankung in keiner Weise eingeschränkt. Im Hinblick auf die Schilddrüsenerkrankung sei er ohne Einschränkungen auch für den Polizeidienst geeignet. Weitere therapeutische Maßnahmen seien hinsichtlich der Schilddrüse nicht mehr zu erwarten. Die Thyroxinsubstitution müsse allerdings mit einer Einnahme einmal täglich morgens lebenslang fortgeführt werden. Hinsichtlich des vermeintlichen Übergewichts erklärte Dr. med. T. , der Kläger verfüge über eine überdurchschnittliche Muskelmasse. Die alleinige Betrachtung des BMI ohne Berücksichtigung der Fettmasse sei insofern im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Klägers irreführend. Schließlich legte der Kläger ein Attest des Facharztes für innere Medizin M. vom 13. November 2014 vor. Diesem zufolge könne die Unterfunktion der Schilddrüse mit regelmäßiger Einnahme von Schilddrüsenhormonen unproblematisch behandelt werden. Regelmäßige endokrinologische Kontrollen zeigten wie erwartet ein stabiles Geschehen. Auch in Zukunft sei mit keinerlei gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Beeinträchtigungen des Leistungsvermögens zu rechnen.
6In einer internen Stellungnahme vom 2. Dezember 2014 stellte der Polizeiarzt LRMD Dr. Q. fest, dass beim Kläger auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Atteste keine gesundheitliche Tauglichkeit zur Einstellung in den Polizeivollzugsdienst bestünde. Ausweislich der vom Kläger eingereichten Unterlagen bestehe eine Hypothyreose bei Zustand nach Morbus Basedow sowie Übergewicht. Die Schilddrüsenunterfunktion sei medikamentös behandlungspflichtig und kontrollbedürftig. Bei diesem Krankheitsbild handle es sich um eine „Krankheit des endokrinen Systems“ bzw. „behandlungs- und überwachungsbedürftige Schilddrüsenveränderung“ im Sinne des Merkmals 2.1.1 der Anlage 1.1 zur Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300), welche die Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit ausschlössen. Die polizeiärztliche Untersuchung habe insbesondere auch auf sog. „Zufallsfunde“ bzw. körperliche Besonderheiten zu achten, auch wenn diese derzeit ohne jede klinische Bedeutung oder Therapiebedürftigkeit sein sollten. Mit Blick auf die Möglichkeit einer uneingeschränkten Berufsausübung im Polizeivollzugsdienst mit seinen besonderen Anforderungen auch an die körperliche und seelische Belastbarkeit seien gesundheitliche Risiken weitestmöglich auszuschließen.
7Mit Bescheid vom 4. Dezember 2014 lehnte das beklagte Land die Einstellung des Klägers unter Bezugnahme auf die Bewertung des Polizeiarztes und die PDV 300 ab. Ergänzend führte er aus, dass nach ständiger Rechtsprechung amtsärztliche/polizeiärztliche Äußerungen gegenüber privatärztlichen Attesten bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit/-tauglichkeit einen grundsätzlich höheren Beweiswert hätten.
8Am 6. Januar 2015 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass sich die Feststellungen des Polizeiarztes nicht auf eine persönliche Untersuchung stützten. Eine Beurteilung allein auf der Grundlage von Erfahrungssätzen sei unzulässig. Die Polizeidiensttauglichkeit könne nicht pauschal bei bestimmten Krankheitsbildern verneint werden. Zu berücksichtigen sei, dass der Kläger seit 2005 täglich und ohne jegliche Nebenwirkungen eine Tablette einnehme. In den vergangenen 14 Jahren habe er keinerlei Einschränkung seiner Gesundheit oder sonstigen körperlichen Fähigkeiten erlebt. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen im Polizeidienst eine regelmäßige Hormonsubstitution nicht sichergestellt sein solle. Auch die Tatsache, dass er sehr viel Sport betreibe, belege die Polizeidiensttauglichkeit und sei zu berücksichtigen.
9Der Kläger beantragt,
10das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für B. vom 4. Dezember 2014 zu verpflichten, ihn in den gehobenen Polizeivollzugsdienst einzustellen,
11hilfsweise, das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für B. vom 4. Dezember 2014 zu verpflichten, über seinen Antrag auf Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
12Das beklagte Land beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung bezieht es sich auf die im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Gründe und führt ergänzend aus: Ein Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis existiere nicht, allenfalls könne der Kläger einen Anspruch auf rechts- und insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung geltend machen. Die für die Einstellung nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (Laufbahnverordnung der Polizei – LVOPol) erforderliche Polizeidiensttauglichkeit sei nach der bundeseinheitlichen PDV 300 zu beurteilen. Diese werde auf Grundlage der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse erarbeitet und ständig fortgeschrieben. Die darin aufgeführten Fehler schlössen die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst aus. Die gesundheitliche Eignung läge beim Kläger nicht vor. Nach Aussage des Polizeiarztes handle es sich bei der beim Kläger vorliegenden Hypothyreose um eine dauerhaft kontroll- und behandlungsbedürftige Schilddrüsenveränderung, die einer regelmäßigen Hormonsubstitution bedürfe. Die zur Behandlung der Hyperthyreose durchgeführte Radiojodtherapie habe definitiv zum dauerhaften Funktionsverlust der Schilddrüse geführt. Im Falle des Ausbleibens der Hormonsubstitution oder einer unzureichenden Einstellung komme es rasch zu erheblichen gesundheitlichen Problemen. Diese könnten sich von unspezifischen Allgemeinsymptomen bis zu erheblichen psychiatrischen Störungen erstrecken. Nicht in allen polizeilichen Aufgabenbereichen könne aber dienstlicherseits die regelmäßige Versorgung mit Medikamenten sichergestellt werden, beispielsweise bei mehrtägigen Einsätzen aus besonderem Anlass. Die Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit setze jedoch die uneingeschränkte Einsetzbarkeit in jedem Amt der Laufbahngruppe voraus. Der Kläger sei daher schon grundsätzlich nicht geeignet. Eine Prognoseeinschätzung sei aus polizeiärztlicher Sicht somit nicht erforderlich.
15Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gemäß Empfangsbekenntnis zugestellt am 6. August 2015, ist der Kläger aufgefordert worden, bis zum 21. August 2015 etwaige neue Tatsachen und Beweismittel anzugeben, sowie Urkunden vorzulegen, auf die er sich zur Begründung der Klage stützen wolle. Dabei ist darauf hingewiesen worden, dass das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht würden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden könne, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung nicht genügend entschuldigt sei.
16In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine unter dem 12. August 2015 ausgestellte ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Innere Medizin und Endokrinologie Dr. med. T. zur Akte gereicht. Darin wird ein Auszug aus dem Werk von Daunderer, Klinische Toxikologie, 23. Erg.-Lfg. 2/87 über die Pharmakokinetik von Thyroxin zitiert. Demnach betrage die „Plasma-HWZ (…) bei Hypothyreose 9-10 Tage“. Nach „p.o. Gabe“ – gemeint ist die Einnahme über den Mund, Anm. der Kammer – trete die Wirkung „in 3-5 Tagen“ ein. Eine „maximale Wirkung“ sei „meist erst in 1-3 Wochen erreicht“. Die Wirkung könne „noch 1-6 Wochen nach dem Absetzen andauern“. Wie Dr. med. T. weiter ausführt, resultiere aus der „langen Plasmahalbwertszeit von Thyroxin“, dass „eine Therapieunterbrechung der Thyroxinsubstitution nicht sofort zu einer schweren Schilddrüsenunterfunktion mit Symptomatik“ führe. Mit der „regelmäßigen Einnahme“ werde „eine Art Depot hergestellt, das über mehrere Tage erhalten“ bleibe. Es sei „grundsätzlich (…) natürlich die regelmäßige Einnahme zu empfehlen, um eine optimale Einstellung zu gewährleisten“. Eine „wesentliche klinische Symptomatik oder körperliche Beeinträchtigung“ sei bei „fehlender Einnahme über einige Tage aufgrund von Notfallsituationen aber nicht zu erwarten“. Insofern sehe er „weiterhin keine wesentliche Beeinträchtigung der körperlichen Verfassung“ des Klägers durch die „notwendige Thyroxinsubstitution“.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die zulässige Klage ist zunächst im Hauptantrag unbegründet.
20Die Ablehnung der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Dem Kläger steht in dem für die rechtliche Beurteilung seines Verpflichtungsbegehrens maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung,
21vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113, Rn. 217,
22der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Die Feststellung der mangelnden gesundheitlichen Eignung im Ablehnungsbescheid vom 4. Dezember 2014 hält – jedenfalls teilweise in einem die Ablehnung tragenden Umfang – einer rechtlichen Prüfung stand.
23Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Allerdings gewähren weder diese ein grundrechtsgleiches Recht begründende Norm noch die zu ihrer Konkretisierung ergangenen Vorschriften – hier: § 9 BeamtStG, § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW, § 11 Abs. 1, § 3 Abs. 1 LVOPol – einen strikten Anspruch auf Übernahme in ein öffentliches Amt. Vielmehr liegt die Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers in ein Beamtenverhältnis und die Auswahl unter mehreren Bewerbern im pflichtgemäßen Ermessen des (künftigen) Dienstherrn. Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat. Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn ist es auch überlassen, welchen Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist.
24Vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 -, juris, Rn. 50, und vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, juris, Rn. 13; BVerwG, Urteile vom 7. Mai 1981 - 2 C 42.79 -, juris, Rn. 19, und vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, juris, Rn. 11.
25Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVOPol kann in den Polizeivollzugsdienst eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist. Welche Anforderungen an die gesundheitliche Eignung zu stellen sind, bestimmt der Dienstherr und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Da der Polizeivollzugsdienst Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche Leistungsfähigkeit erfordern, ist es sachgerecht, bereits vom Polizeibeamten auf Widerruf (§ 11 Abs. 3 LVOPol) ein hohes Maß an körperlicher Eignung zu verlangen,
26vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 B 52.03 -, juris, Rn. 5; Bay. VGH, Beschluss vom 19. September 2011 - 3 CE 11.1823 -, juris, Rn. 20.
27Dabei ist es nicht zu beanstanden, dass die den Polizeivollzugsdienst betreffenden Vorschriften des Bundes und der Länder besondere Bestimmungen enthalten, die – als in polizeilicher Praxis gewonnene Erfahrungssätze – Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend zum Teil katalogartig aufführen, bei deren Vorliegen der Dienstherr auf die Polizeidienstuntauglichkeit der Bewerber schließen darf. In diesem Sinne maßgeblich konkretisiert wird der Begriff der Polizeidiensttauglichkeit durch die Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300), Ausgabe 2012. Die bundeseinheitliche PDV 300 ist nach dem Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 3. August 2012 (Az.: 413-60.03.08) anwendbar. Sie fasst aufgrund besonderer Sachkunde gewonnene, die spezifischen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes berücksichtigende ärztliche Erfahrungssätze zusammen,
28vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. November 1998 - 6 B 2200/98 -, NRWE, Rn. 7; vom 7. Februar 2013 - 6 E 581/12 -, juris, Rn. 6.
29Hierbei sind zur Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit stets die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit zu berücksichtigen (vgl. Nr. 1.2 PDV 300). Nach Nr. 2.3.3 PDV 300 ist ein Bewerber als polizeidienstuntauglich zu beurteilen, wenn ein oder mehrere die Polizeidiensttauglichkeit ausschließende Merkmale festgestellt werden, die in der Anlage 1.1 der PDV 300, welche insoweit,
30vgl. VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 15 K 1480/04 -, juris, Rn. 46; sinngemäß auch die erkennende Kammer VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. August 2014 - 2 L 1911/14 -, nicht veröffentlicht, S. 5,
31als antizipiertes Sachverständigengutachten betrachtet werden kann, aufgeführt sind. Wie jede normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift muss die PDV 300 dabei zugleich für die sachgerechte Erfassung von Ausnahmetatbeständen Raum lassen und kann die Pflicht zur Berücksichtigung besonderer Umstande des Einzelfalls niemals beseitigen,
32vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 13. Mai 2009 - 2 K 425/09 -, juris, Rn. 28 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 28. November 2012 - 1 B 1166/12 -, juris, Rn. 23 (jeweils m.w.N.).
33Ausgehend von diesem Maßstab ist zunächst festzustellen, dass das beklagte Land die Ablehnung des Klägers nicht pauschal auf dessen vermeintliches Übergewicht stützen durfte. Zwar lag der aus den Angaben des Klägers errechnete BMI von 28,9 über dem BMI von 27,5 kg/m2, der gemäß Nr. 2.3.3 PDV 300 i.V.m. dem Merkmal 1.4.1 der Anlage 1.1 zur PDV 300 die Polizeidiensttauglichkeit allgemein ausschließt. Das LB. hat insoweit aber nicht die gebotene Einzelfallbetrachtung zur gesundheitlichen Eignung angestellt.
34Auch wenn nach dem Wortlaut der genannten Regelungen („Merkmale, die die Polizeidiensttauglichkeit ausschließen“) eine Ausnahme nicht vorgesehen ist, muss mit Blick auf die – gemessen am jeweiligen Normzweck – atypischen Sachverhalte stets ein Entscheidungsspielraum verbleiben. Aufgrund ihrer typisierenden Betrachtungsweise erfasst die Verwaltungsvorschrift – wie ausgeführt – nur den „Regelfall“. Sie erfasst aber nicht solche atypischen Konstellationen, in denen die jeweilige Tatbestandsvoraussetzung formal zwar erfüllt ist, ihre Anwendung materiell aber im Widerspruch zu der damit bezweckten Eignungsfeststellung steht. Diese Wertung obliegt der im Einzelfall zur Entscheidung berufenen Behörde. Diese muss auch bei vorhandenen „absoluten“ Fehlern im Sinne der PDV 300 prüfen, ob die allgemeine Risikoprognose, die der entsprechenden Bestimmung zugrunde liegt, auf den jeweiligen Bewerber auch individuell zutrifft. Diese Frage stellt sich insbesondere bei solchen Krankheiten/Fehlern, bei denen atypische Sachverhalte und vom „Regelfall“ abweichende Risikopotentiale durchaus denkbar und ggf. auch naheliegend sind,
35vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 13. Mai 2009 - 2 K 425/09 -, juris, Rn. 32 und 35; zur grundsätzlich notwendigen Einzelfalluntersuchung bei Übergewicht auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2014 - 6 A 1552/12 -, juris, Rn. 6.
36Diesem Erfordernis hat das LB. nicht entsprochen. Der angegriffene Bescheid verweist ohne nähere Begründung auf das festgestellte „Übergewicht“. Es ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass sich der Bescheid insoweit auf die oben genannten Regelungen der PDV 300 bezieht. Eine Einzelfallprüfung unter Abklärung der individuellen gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers ist gleichwohl nicht erfolgt. Eine solche wäre spätestens nach Vorlage der substantiierten ärztlichen Atteste angezeigt gewesen. Diese geben jedenfalls hinreichenden Anlass zu der Annahme, dass der Kläger aufgrund seines athletisch-muskulösen Körperbaus einen solchen atypischen Fall darstellt. Die mit einem BMI von mehr als 27,5 kg/m2 bekanntermaßen oft verbundenen Risikofaktoren (unter anderem Gefahr von Stoffwechselerkrankungen, von Herz-/Kreislauferkrankungen und von psycho-sozialen Folgeerkrankungen) treten bei nur „formalem Übergewicht“, das sich aus einem hohen Anteil an Muskelmasse ergeben kann, regelmäßig gerade nicht auf,
37vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 13. Mai 2009 - 2 K 425/09 -, juris, Rn. 39; allgemein zur Ungeeignetheit des BMI für eine typisierende beamtenrechtliche Prognoseentscheidung OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 1 B 477/11 -, juris, Rn. 18 ff (m.w.N.).
38Insofern ist nicht von Belang, ob das LB. – wie anzunehmen – von einer individuellen Untersuchung und Begründung allein mit Blick auf die als tragenden Entscheidungsgrund verstandene Hypothyreose absah. Denn der Kläger musste die Formulierung in der Bescheidbegründung („besteht bei Ihnen […] Übergewicht. Daher musste die Polizeidienstuntauglichkeit festgestellt werden.“) so verstehen, dass auch dieser gesundheitliche Grund einer Einstellung entgegenstünde.
39Die Ablehnung ist jedoch nach dem oben genannten Maßstab im Ergebnis nicht zu beanstanden, weil das LB. die gesundheitliche Eignung zu Recht wegen der Schilddrüsenveränderung und der Erforderlichkeit einer Hormonsubstitution verneint hat.
40Die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) des Klägers fällt unter das Merkmal 2.1.1 der Anlage 1.1 zur PDV 300. Danach schließen „alle Krankheiten des endokrinen Systems“ bzw. „behandlungs- und überwachungsbedürftige Schilddrüsenveränderungen“ die Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit aus. Dass die Hypothyreose als solche beim Kläger vorliegt, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und ergibt sich aus den im Bewerbungsverfahren vorgelegten Attesten der behandelnden Ärzte. Die durch die Radiojodtherapie hervorgerufene Hypothyreose ist jedenfalls eine Schilddrüsenveränderung im Sinne der PDV 300. Denn im Vergleich zu einer voll funktionsfähigen Schilddrüse ist die Hormonproduktion mindestens erheblich verringert und die Funktion als Hormondrüse folglich eingeschränkt. Diese Veränderung ist auch behandlungs- und überwachungsbedürftig. Eine Behandlungsbedürftigkeit setzt keine akuten Beschwerden oder Einschränkungen der Leistungsfähigkeit voraus, sondern besteht auch bei einer fortwährenden Therapie zur Vorbeugung solcher Einschränkungen. Behandlungsbedürftig ist ein Krankheitszustand also insbesondere dann, wenn er eine regelmäßige Einnahme von Medikamenten verlangt, und ohne eine solche eine Verschlechterung des Gesundheitszustands mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. So liegt es hier. Ausweislich des Attestes von Dr. med. T. vom 30. Oktober 2014 muss die Hormonsubstitution täglich und lebenslang erfolgen. Die Schilddrüsenveränderung ist ferner auch überwachungsbedürftig. Ein Zustand ist insbesondere dann überwachungsbedürftig, wenn aus medizinischer Sicht eine regelmäßige Vorstellung bei einem Arzt erforderlich ist, um Gesundheitsgefahren vorzubeugen, die im konkreten Fall bekannt sind und nicht nur allgemein bestehen. Im Streitfall ergibt sich dies bereits aus der regelmäßigen und lebenslangen Hormonsubstitution, deren Einstellung ärztlicherseits überprüft werden muss. Unerheblich ist insoweit, dass die behandelnden Ärzte nach jetziger Einschätzung nicht mit weiteren gesundheitlichen Einschränkungen oder therapeutischen Maßnahmen rechnen. Schon aus der Hervorhebung der regelmäßigen Kontrollen in den Attesten ist erkennbar, dass diese auch weiterhin angezeigt sein werden.
41Es liegt auch kein atypischer Sachverhalt vor, der im konkreten Fall zu einer Ausnahme von der generellen Einschätzung der Polizeidienstuntauglichkeit führen musste.
42Die PDV 300 führt in der Anlage 2.1.1 nicht allein solche absoluten „Fehler“ auf, welche die aktuelle Leistungsfähigkeit des Bewerbers einschränken können, oder aus denen sich ein Wahrscheinlichkeitsurteil über eine Leistungseinschränkung in der Zukunft ableiten ließe. Wie das beklagte Land nachvollziehbar dargelegt hat, schließt die behandlungs- und überwachungsbedürftige Schilddrüsenveränderung die Polizeidiensttauglichkeit im Streitfall vielmehr deshalb aus, weil der Kläger aufgrund der notwendigen Hormonsubstitution von vornherein nicht die Gewähr bietet, uneingeschränkt in allen polizeilichen Aufgabenbereichen eingesetzt werden zu können. Mit Blick auf die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes setzt die Polizeidiensttauglichkeit eine universelle Einsetzbarkeit der Bewerber voraus. Der (künftige) Polizeivollzugsbeamte muss also grundsätzlich die Gewähr bieten, zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung eingesetzt werden zu können,
43vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 31. Juli 2014 - 2 K 1762/13 -, juris, Rn. 28; zur Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2015 - 6 A 1443/14 -, juris, Rn. 8.
44Dementsprechend müssen die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Bewerber insbesondere die Verwendung im Außendienst und (Wechsel-)Schichtdienst zulassen (vgl. Nr. 1.2 Satz 2 PDV 300). Hierzu gehören unter anderem – wie das beklagte Land vorgetragen hat – mehrtägige Einsätze aus besonderem Anlass. Hierbei kann seitens des Dienstherrn nicht immer sichergestellt werden, dass die Beamten regelmäßig mit den für sie notwendigen Medikamenten versorgt werden können. Auch wenn der Bewerber grundsätzlich die Gewähr dazu bietet, eigenverantwortlich einen Vorrat an Medikamenten mit sich zu führen, können gerade bei aufeinanderfolgenden mehrtägigen Verwendungen Versorgungsengpässe oder eine zeitlich verzögerte Einnahme vor dem Hintergrund der besonderen Anforderungen an die Einsatzbereitschaft von Polizeivollzugsbeamten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden.
45Schwerwiegender und durchgreifend ist jedoch die nach Auffassung der Kammer feststehende eingeschränkte Verwendbarkeit des Klägers im sogenannten „Wach- und Wechselschichtdienst“. Diese Art der dienstlichen Verwendung ist – wie der Polizeiarzt LRMD Dr. Q. in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen ausgeführt hat – unter anderem durch kurze Schichtdienstfolgen und kurze Schlafphasen gekennzeichnet. Dadurch stelle sich auch der Biorhythmus um. Bei einer solchen Verwendung kann eine regelmäßige Hormonsubstitution in der aus medizinischen Gesichtspunkten gebotenen Form nicht hinreichend sichergestellt werden.
46Medizinisch angeraten ist eine grundsätzlich regelmäßige Hormonsubstitution, die jedenfalls annähernd zum gleichen Tageszeitpunkt stattfinden sollte. Diese Auffassung stützt die Kammer zum einen auf das Attest des behandelnden Arztes Dr. med. T. vom 30. Oktober 2014, wonach der Kläger „einmal täglich morgens“ eine Tablette einzunehmen habe. Der Kläger hat dies in der mündlichen Verhandlung dahingehend konkretisiert, dass ihm ärztlicherseits angeraten worden sei, die Tablette „nüchtern“ morgens eine halbe Stunde vor dem Frühstück einzunehmen, damit sich die Wirkung des Medikaments voll entfalten könne. Diese Einschätzung wurde vom Polizeiarzt LRMD Dr. Q. in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Demnach solle das Hormon eingenommen werden, wenn die jeweilige Belastung – in Form der Tag- bzw. Wachphase nach dem Ausschlafen – anstehe.
47Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegensetzen, dass er selbst bereits über einen Zeitraum von 4 bis 5 Jahren hinweg in seinem Beruf als Industriemechaniker im Dreischichtbetrieb mit Früh-, Spät- und Nachtschicht gearbeitet habe. Zunächst bestätigt seine Darstellung aus dieser Zeit die Erklärung des Polizeiarztes, dass sich die notwendige Einnahme der Tablette nicht an einem bestimmten Tageszeitpunkt („morgens“) sondern am jeweiligen Zeitpunkt nach Beendigung der „Schlafphase“ zu orientieren habe. Diesbezüglich hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er die Tablette während seines Einsatzes im Schichtdienst etwa dann genommen habe, wenn er ausgeschlafen war.
48Des Weiteren steht aufgrund des bereits bekannten ärztlichen Sachverstands zur Überzeugung der Kammer fest, dass die medizinisch begründeten Bedenken des beklagten Landes gegen eine solche unregelmäßig verteilte Hormonsubstitution gleichwohl plausibel sind und überwiegen. Insoweit besteht kein Anlass, an den Ausführungen des Polizeiarztes zu zweifeln, dass bei der Hormonsubstitution der Tagesrhythmus „einigermaßen“ eingehalten werden sollte und dies im Schichteinsatz nicht der Fall wäre. Der Polizeiarzt LRMD Dr. Q. hat darauf verwiesen, dass es bei dem einzunehmenden Medikament keinen „Speicher“ gebe. Ebenso nachvollziehbar hat der Polizeiarzt erklärt, dass es im Falle des Ausbleibens der Hormonsubstitution oder einer unzureichenden Einstellung rasch zu erheblichen gesundheitlichen Problemen komme, die sich von unspezifischen Allgemeinsymptomen und psychischen Problemen bis zu erheblichen psychiatrischen Störungen und Erkrankungen auch mit lebensbedrohlichem Umfang erstrecken könnten. Wenn die zeitlichen Intervalle der Einnahme des Medikamentes nicht annähernd gleich seien, könne sich eine „schleichende Hypothyreose“ bilden, welche dann zu Erkrankungen, unter anderem Leistungsabfall und psychischen Erkrankungen, führe.
49Diese Aussagen werden auch nicht nachhaltig durch die ärztliche Bescheinigung des Dr. med. T. vom 12. August 2015 entkräftet. Da der Kläger die Bescheinigung ohne genügende Entschuldigung nach Ablauf der von der Kammer gesetzten Frist gemäß § 87b Abs. 2 VwGO eingereicht hat, und ersichtlich keine erst nach Fristablauf eingetretenen neue Tatsachen vorgetragen werden, könnte die Kammer den Vortrag aus der Bescheinigung gemäß § 87b Abs. 3 VwGO bereits zurückweisen. Dem steht auch nicht entgegen, dass das beklagte Land erstmalig in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf die fehlende Speicherung des Thyroxins im menschlichen Körper hinwies, und die Bescheinigung unter anderem auf die Wirkungsdauer des Medikamentes eingeht. Das beklagte Land hatte sich schon zuvor auf die erforderliche Regelmäßigkeit der Hormonsubstitution berufen, so dass nähere Ausführungen des Polizeiarztes in der mündlichen Verhandlung durchaus zu erwarten waren. Auch der erstmals in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erfolgte Hinweis auf die eingeschränkte Verwendbarkeit im Wach- und Wechselschichtdienst stellte insoweit keinen unerwarteten Vortrag dar, als sich die notwendige Verwendbarkeit im Wechselschichtdienst unter anderem – wie ausgeführt – ausdrücklich aus der PDV 300 selbst ergibt.
50Aber auch inhaltlich führen die Ausführungen in der Bescheinigung von Dr. med. T. vom 12. August 2015 nicht zu einer anderen Wertung. Zunächst bestätigen dessen Angaben, dass eine optimale Einstellung (nur) durch eine regelmäßige tägliche Einnahme gewährleistet wird und eine solche daher „grundsätzlich“ zu empfehlen ist. Auch auf Basis dieser ärztlichen Einschätzung wäre das beklagte Land im Falle der Einstellung aus Fürsorgegesichtspunkten gehalten, den Kläger nicht im Wach- und Wechselschichtdienst zu verwenden. Im Übrigen stehen die Aussagen, wonach eine Unterbrechung der Thyroxinsubstitution „nicht sofort zu einer schweren Schilddrüsenunterfunktion mit Symptomatik“ führe und eine „wesentliche klinische Symptomatik oder körperliche Beeinträchtigung“ bei fehlender Einnahme über einige Tage hinweg nicht zu erwarten sei, den Ausführungen des Polizeiarztes nicht substantiiert entgegen. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass den Einschätzungen des Polizeiarztes über die Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes aufgrund seiner spezifischen Kenntnisse über die Einsatzbedingungen der Polizeivollzugsbeamten ein grundsätzlich höheres Gewicht als privatärztlichen Bescheinigungen beizumessen ist,
51vgl. zum höheren Beweiswert polizeiärztlicher Äußerungen OVG NRW, Beschluss vom 24. März 2011 - 6 B 187/11 -, juris, Rn. 11 ff. (m.w.N).
52Daraus folgt auch, dass der Einschätzung des Polizeiarztes darüber, welche gesundheitlichen Risiken bei der jeweiligen Verwendung für den Dienstherrn nicht mehr hinnehmbar sind, eine eigenständige Bedeutung zukommt. Vor diesem Hintergrund lässt die ärztliche Bescheinigung gerade nicht erkennen, dass die gesundheitlichen Risiken einer unregelmäßigen Hormonsubstitution zu vernachlässigen wären, sondern dass diese allenfalls „nicht sofort“ einträten oder nicht „wesentlich“ wären. Dies ist nach der Darstellung in der Bescheinigung ohnehin nur bei einer „regelmäßigen Einnahme“ anzunehmen, welche im Wach- und Wechselschichtdienst gerade nicht gewährleistet wäre. Auch die in der Bescheinigung angesprochene Herstellung einer „Art Depot“ schließt nach der Überzeugung der Kammer diese gesundheitlichen Risiken nicht aus. Sie steht vielmehr mit den Ausführungen des Polizeiarztes in Einklang. Dieser hat zunächst erläutert, dass der Begriff des „Depots“ nicht im Sinne eines „Speichers“ zu verstehen sei, sondern sich auf den nach Einnahme vorhandenen „Spiegel“ und die damit verbundene „Restwirksamkeit“ des Thyroxins beziehe. Diese Einschätzung lässt sich auch auf das Zitat aus der Fachliteratur stützen, welches Dr. med. T. seinen Ausführungen voranstellt. Diesem ist zu entnehmen, dass das Thyroxin einerseits eine hohe Plasmahalbwertszeit habe und andererseits die Wirkung nach der oralen Einnahme zeitlich versetzt eintrete. Dies steht der Annahme einer „schleichenden Hypothyreose“ gerade nicht entgegen. Aus der Gesamtschau der ärztlichen Ausführungen ergibt sich vielmehr widerspruchsfrei, dass die grundsätzlich möglichen gesundheitlichen Folgen einer unzureichenden Einnahme allenfalls erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erwarten wären. Die Kammer folgt aus diesem Grund auch nicht der Beweisanregung des Klägers zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob die Schilddrüsenerkrankung des Klägers seinem Einsatz im Wach- und Wechseldienst entgegen steht.
53An der Einschätzung des beklagten Landes, dass die oben beschriebene regelmäßige Medikamenteneinnahme im Wach- und Wechselschichtdienst nicht sichergestellt wäre, hat die Kammer nichts zu erinnern. Ohne Weiteres nachvollziehbar ist zunächst, dass die unterschiedlich gelagerten und unterschiedlich langen Wach- und Schlafphasen einer regelmäßigen Einnahme am Morgen entgegenstehen. Die Einnahme könnte jedoch ebenso wenig gleichmäßig zu einem anderen einigermaßen gleichen Tageszeitpunkt erfolgen. Bei einem üblichen Tag-Nacht-Zyklus steht eine Belastung in Form einer Wach- und Tätigkeitsphase regelmäßig morgens nach dem Aufstehen bevor. Hingegen sind diese Belastungsphasen bei einem Beamten im Wach- und Wechselschichtdienst aufgrund kurzer Schichtdienstfolgen und regelmäßig abwechselnder Früh-, Spät- und Nachteinsätze unregelmäßig verteilt. Da die Wirkung des einzunehmenden Medikamentes in erster Linie nicht an einen bestimmten Tageszeitpunkt, sondern an den Zeitpunkt vor der jeweiligen Belastung geknüpft ist, träten somit unweigerlich unterschiedliche Zeitabstände zwischen der jeweiligen Medikamenteneinnahme ein.
54Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung ergeben sich auch nicht daraus, dass der Kläger – ausweislich seiner unwidersprochen gebliebenen eigenen Aussage und der Aussagen seiner behandelnden Ärzte – lediglich einmal täglich eine Tablette zu sich nehmen muss, und dass auch anzunehmen ist, dass er dies eigenverantwortlich und zuverlässig fortführen wird. Schon die Tatsache, dass das beklagte Land aus Fürsorgegesichtspunkten den Kläger bei einem Hinweis auf seine Hypothyreose regelmäßig vom Wach- und Wechselschichtdienst ausnehmen, oder ihn hierbei jedenfalls nur unter Einschränkungen verwenden dürfte, schließt die universelle Einsetzbarkeit des Klägers im Polizeivollzugsdienst aus. Im Rahmen seines Entscheidungsspielraums bei der Einstellung muss es dem (künftigen) Dienstherrn möglich sein, dies als Ausschlussgrund zu begreifen. Das gilt bei der vorliegenden Hormonsubstitution ungeachtet dessen, dass diese nicht situationsabhängig und individuell dosiert werden muss. Denn für die auch vom Dienstherrn zu berücksichtigende optimale Wirkung der Hormonsubstitution ist eine möglichst regelmäßige und zugleich an den anstehenden Belastungen orientierte Einnahme geboten. Diese ist folglich ebenfalls – im Hinblick auf den jeweiligen Tagesablauf – situationsabhängig.
55Da der Kläger wegen der schon jetzt nicht gegebenen vollumfänglichen Einsetzbarkeit polizeidienstuntauglich ist, kommt es zudem – wie vom Beklagten zu Recht vorgetragen – nicht darauf an, ob eine auf den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze bezogene Prognose gleichfalls negativ ausfiele. Somit bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob der vom Bundesverwaltungsgericht für aktuell dienstfähige Bewerber entwickelte Prognosemaßstab, wonach die gesundheitliche Eignung nur dann nicht gegeben ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, der Bewerber werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen,
56vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, juris, Rn. 16, sowie Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, juris, Rn. 26,
57auch bei der Überprüfung der gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst (Polizeidiensttauglichkeit) Anwendung findet,
58bejahend VG Berlin, Urteil vom 22. Januar 2014 - 7 K 117.13 -, juris, Rn. 22, sowie Urteil vom 20. März 2015 - 28 K 58.14 -, juris, Rn. 26; offen gelassen in VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. August 2014 - 2 L 1911/14 -, nicht veröffentlicht, S. 5 f., und diesen bestätigend OVG NRW, Beschluss vom 23. September 2014 - 6 B 1079/14 -, juris, Rn. 10; kritisch hinsichtlich der weiteren Anwendbarkeit der PDV 300 jedenfalls für Wahrscheinlichkeitsaussagen VG Gießen, Urteil vom 17. September 2014 – 5 K 1123/13.GI -, juris, Rn. 17 f.
59Darüber hinaus bliebe der Hauptantrag ohne Erfolg, weil die Sache nicht spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Kammer ist zu einer abschließenden Entscheidung über die Verpflichtung des beklagten Landes, ihn in den gehobenen Polizeivollzugsdienst einzustellen, nicht in der Lage. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung liegen nicht alle für die Entscheidung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen vor und können von der Kammer auch nicht in eigener Verantwortung festgestellt werden,
60vgl. zum Maßstab der Spruchreife Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113, Rn. 193.
61Wie ausgeführt liegt die Entscheidung über die Einstellung gemäß Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. § 9 BeamtStG, § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW, § 11 Abs. 1, § 3 Abs. 1 LVOPol im pflichtgemäßen Ermessen des (künftigen) Dienstherrn. Demgemäß kann ein Kläger grundsätzlich (nur) dann einen Anspruch auf unmittelbare Einstellung haben, wenn allein diese Entscheidung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei wäre. Das setzt insbesondere voraus, dass die Einstellungsbehörde das ihr obliegende Ermessen bezüglich aller – über die im angegriffenen Bescheid aufgeworfenen gesundheitlichen Bedenken hinausgehenden – beamten- und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen bereits ausgeübt oder zumindest insoweit gebunden hat, dass diese Eignungsmerkmale dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden können, und keine gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielräume mehr verbleiben. So liegt es hier nicht. Eine abschließende Beurteilung der weiteren – insbesondere fachlichen – Eignung des Klägers durch das LB. ist noch nicht erfolgt.
62Der Kläger bleibt auch mit seinem Hilfsantrag ohne Erfolg, da die Ablehnung der Bewerbung aus den genannten Gründen rechtmäßig ist (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
63Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und beansprucht ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit.
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Am 1. Dezember 1997 berief die Beklagte die 1964 geborene Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 1. April 2000 stellte sie die Klägerin an und ernannte sie zur Verwaltungsrätin. Die Klägerin leistete von Anfang 1999 bis Anfang Februar 2005 keinen Dienst. Sie befand sich nach der Geburt ihrer Kinder im Mutterschutz, im Erziehungsurlaub und in der Elternzeit.
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Nach dem Ende der Elternzeit war die Klägerin von Anfang Februar 2005 bis Ende 2006 wegen der Folgewirkungen zweier Bandscheibenvorfälle dienstunfähig erkrankt. Im Hinblick hierauf verlängerte die Beklagte die Probezeit bis Mitte September 2007. Nachdem die Klägerin von Anfang Januar bis Anfang April 2007 im Rahmen ihrer stufenweisen Wiedereingliederung nur teilweise gearbeitet hatte, leistete sie ab April 2007 wieder vollständig Dienst.
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Die Beklagte entließ die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Die gesundheitliche Eignung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Die bis zum Ablauf der Probezeit verbliebene Dienstzeit reiche nicht aus, um ihre gesundheitliche Eignung zuverlässig festzustellen.
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In der Berufungsinstanz hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
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Die gerichtlich nur beschränkt überprüfbare prognostische Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, sei aufgrund der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei während ihrer verlängerten Probezeit nahezu zwei Jahre ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Zum einen habe die Klägerin ab Anfang 2005 mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Zum anderen hätten diese zu einem chronifizierten Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert geführt. Diese beiden Diagnosen schlössen eine positive gesundheitliche Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit der Klägerin aus.
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Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,
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das Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 5. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Juni 2009 zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 31 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9. Juli 2001 (- BBG a.F. -, BGBl I S. 1510). Ob es sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheiden.
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1. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) entlassen werden. Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 GG, dessen Kriterien § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151> und vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - Rn. 10
). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O.).
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Obwohl § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden "kann", ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 der Bundeslaufbahnordnung (- BLV a.F. -) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459) werden Beamtinnen und Beamte, die sich nicht bewährt haben, entlassen. Das Wort "kann" trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, wie hier geschehen, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (Urteile vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7 S. 6; vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <271> = Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 9 S. 7 und vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64 <70> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 4 S. 15).
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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung. Dies folgt aus dem materiellen Recht, das auch bestimmt zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 9 C 58.88 - Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 8 S. 9, vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).
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Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. über die Entlassung von Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) steht im Zusammenhang mit § 9 BBG a.F., der die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit festlegt. Danach darf Beamter auf Lebenszeit u.a nur werden, wer sich als Laufbahnbewerber oder als anderer Bewerber (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG a.F.) in einer Probezeit bewährt hat. Ferner schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BLV a.F. vor, dass vor Ablauf der Probezeit festgestellt wird, ob der Beamte sich bewährt hat.
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Aus diesen Bestimmungen folgt, dass in die Entscheidung des Dienstherrn über die gesundheitliche Bewährung des Probebeamten, nur solche Umstände Eingang finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <150 ff.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5).
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War die Erkrankung eines Probebeamten bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung des Beamten bei der anstehenden Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben. Bei unveränderter Sachlage ist der Dienstherr an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden.
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a) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, trotz der Anstellung der Klägerin zum 1. April 2000 habe die Beklagte zum Ablauf der verlängerten Probezeit Mitte September 2007 noch über deren gesundheitliche Eignung befinden können. Mit der Anstellung der Klägerin war nicht die Feststellung ihrer Bewährung in der Probezeit verbunden, die die gesundheitliche Eignung mit umfasst. Ist die Anstellung wegen Kindererziehungszeiten vorgezogen worden, so ist nach § 10 Abs. 3 Satz 6 BLV a.F. die vorgeschriebene Probezeit ungeachtet der Anstellung abzuleisten. Die Regel des § 10 Abs. 2 Satz 1 BLV a.F. findet dann keine Anwendung.
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b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagten stehe hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ein Beurteilungsspielraum zu, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. nicht vereinbar.
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Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 12). Für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).
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Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Insoweit sind die Voraussetzungen, unter denen eine Einschränkung der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen anzunehmen ist, nicht erfüllt (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).
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Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde. Können die Verwaltungsgerichte mit sachkundiger Hilfe ihrer Aufgabe gerecht werden, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken. Insoweit besteht eine Parallele zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten als Voraussetzung für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Auch hier steht der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)
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Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf diesem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Obersatz davon ausgegangen, die Entscheidung der Beklagten über die gesundheitliche Eignung sei lediglich auf die Einhaltung der bei einem Beurteilungsspielraum allgemein anerkannten Grenzen überprüfbar. Im Gegensatz hierzu hat es aber zu deren Überprüfung eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und aufgrund dieser die Begründung der Beklagten für die angebliche mangelnde gesundheitliche Eignung der Klägerin wesentlich ergänzt.
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c) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht erfordere, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen, ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und demnach mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. unvereinbar. Diesen Prognosemaßstab hat der Senat in Bezug auf die Bewertung der gesundheitlichen Eignung von solchen Bewerbern aufgegeben, die die Ernennung zum Probebeamten beanspruchen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Gleiches muss für die Prognoseentscheidung gelten, ob Probebeamte für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich geeignet sind. Maßgeblich sind folgende Erwägungen:
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Das Lebenszeit- und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird. Dies ist der Fall, wenn der Beamte vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 21). Gleiches gilt, wenn der Beamte zwar die gesetzliche Altersgrenze im Dienst erreichen wird, es aber absehbar ist, dass er wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche dem Dienstherrn in der Gesamtheit nicht zumutbare Ausfallzeiten aufweisen wird. Die wahrscheinlich erwartbaren Fehlzeiten müssen in der Summe ein Ausmaß erreichen, das einer Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit etliche Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gleichkommt. Es muss der Schluss gerechtfertigt sein, die Lebensdienstzeit sei erheblich verkürzt.
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Der bisherige, vom Senat aufgegebene Prognosemaßstab stellt demgegenüber eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Zugang zu einem öffentlichen Amt dar. Er hat in der Praxis dazu geführt, dass Bewerber und Probebeamte ohne Prüfung ihrer voraussichtlichen gesundheitlichen Entwicklung als ungeeignet angesehen worden sind, weil ihr Gesundheitszustand vom Regelzustand abgewichen ist oder sie in der Probezeit vorübergehend erkrankten. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraum und die Unsicherheit medizinischer Prognosen angesichts des Art. 33 Abs. 2 GG unverhältnismäßig.
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Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, ist maßgeblich für die Prognose, ob der Bewerber dauernd dienstunfähig oder aufgrund einer chronischen Erkrankung regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen wird, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Je nach Laufbahn kann sich die Prognose danach auf mehrere Jahrzehnte erstrecken. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten werden noch durch die Komplexität von medizinisch fundierten Vorhersagen über den voraussichtlichen Verlauf einer Erkrankung verschärft. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- und Heilmethoden können zum Zeitpunkt der Eignungsprognose noch nicht in die Bewertung einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Zudem kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, der teilweise Ausfall der Lebensdienstzeit von Beamten sei in nennenswertem Umfang auf solche Krankheiten zurückzuführen, die zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung vorhersehbar waren. Vielmehr geht dies regelmäßig auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurück (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 ff.).
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Daher kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). Dabei kann die gesundheitliche Eignung nur im Hinblick auf Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen verneint werden, nicht aber unter Berufung auf gesundheitliche Folgen, die mit dem allgemeinen Lebensrisiko, wie z.B. einem Unfall bei sportlichen Aktivitäten des Bewerbers, verbunden sind.
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Ist zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder auf Lebenszeit eine Erkrankung des Bewerbers bereits bekannt, so ist der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Bewerbers vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder von regelmäßigen und erheblichen Ausfallzeiten über Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht kommen.
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Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen ("non liquet"), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn. Denn die Voraussetzungen für die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 31 Abs. 1 BBG a.F. sind nicht erfüllt.
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Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind dagegen unerheblich. Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers auch "nachhaltige Zweifel" des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, hat ausreichen lassen, wird diese aufgegeben (Urteil vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2 und Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.). Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird.
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Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt.
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Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23).
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Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der beim Bewerber bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.
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Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe die zuständige Behörde und das Gericht angewiesen sind, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Die Behörde muss - ebenso wie das Gericht - die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss geprüft werden, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls muss darauf hingewirkt werden, dass der Arzt seine Ausführungen ergänzt, oder es ist ein weiterer Arzt, insbesondere ein Facharzt, einzuschalten (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f. und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11).
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2. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. gesundheitlich ungeeignet und deshalb zu entlassen war. Die mündlichen Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung, denen das Oberverwaltungsgericht gefolgt ist, sind nicht verwertbar. Diese gutachtliche Stellungnahme leidet an rechtserheblichen Mängeln.
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Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156>; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 S. 6 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 34). Dies gilt auch für mündliche Darlegungen eines Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens nach § 411 Abs. 3 ZPO.
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Nach diesen Grundsätzen konnte das Oberverwaltungsgericht seine Einschätzung, die Klägerin sei gesundheitlich nicht geeignet und sei deshalb zu Recht entlassen worden, nicht auf die lediglich mündlichen Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung stützen. Die Stellungnahme des Gutachters beruht insoweit auf einer erkennbar unzureichenden tatsächlichen Grundlage.
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Zum einen hat dieser bei seinen mündlichen Ausführungen zum chronifizierten Schmerzsyndrom der Klägerin nicht gewürdigt, dass die Schmerzbehandlung mit Botox ab September 2006 erfolgreich war. Nach der Niederschrift über die letzte Berufungsverhandlung hat der Gutachter dort selbst ausgeführt, seine Feststellung eines chronifizierten Schmerzsyndroms wäre unrichtig, wenn bei der Klägerin eine Therapieform nachhaltig angeschlagen hätte. Zum anderen hätte der Gutachter vor seiner entscheidenden Aussage zum Vorliegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms die Unterlagen des behandelnden Arztes einsehen müssen. Ohne Prüfung der Unterlagen über die intensive und lang andauernde Schmerztherapie war eine sachverständige Äußerung über das Schmerzsyndrom, das den Gutachter zur geänderten Beantwortung der ihm gestellten Beweisfrage veranlasst hat, nicht möglich.
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Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Klägerin zum Ablauf ihrer Probezeit neben der Bandscheibenerkrankung noch an einer weiteren Krankheit litt, die es in ihrer Gesamtheit als überwiegend wahrscheinlich machten, dass sie mit der Folge einer erheblich geringeren Lebensdienstzeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sein oder über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird.
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3. § 31 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. bestimmt, dass in dem hier gegebenen Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung § 42 Abs. 3 BBG a.F. sinngemäß anzuwenden ist. Auf diese Regelung, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung führt, ist das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht eingegangen.
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Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über die Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf den Fall der Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung muss der gegenüber § 42 Abs. 3 BBG a.F. geänderten Ausgangslage Rechnung tragen. Bei einem dauernd dienstunfähigen Lebenszeitbeamten soll entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" von der Zurruhesetzung abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Demgegenüber kommt es für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist. Die aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 25 ff.) besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist. Auch diese Frage hat das Oberverwaltungsgericht im erneuten Berufungsverfahren zu klären, falls es erneut zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin fehle die gesundheitliche Eignung.
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4. Wird die gesundheitliche Eignung der Klägerin festgestellt, so ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. für die Entscheidung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung auch die fachliche Eignung der Klägerin während der Probezeit zu klären. Insoweit steht der Beklagten aber ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
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5. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht auch über den gerichtlich geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit zu entscheiden haben, den es im angegriffenen Urteil nicht beschieden hat. Dieser Anspruch besteht, wenn feststeht, dass sich die Klägerin in der Probezeit bewährt hat.
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Rechtsgrundlage dieses Anspruchs der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit ist § 9 Abs. 2 BBG a.F. (vgl. § 147 Abs. 2 Satz 1 BBG in der Fassung des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012, BGBl I S. 462). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt, d.h. wenn er sich bewährt hat. Ansonsten ist er zu entlassen. Nach Satz 2 verlängert sich die Frist um die Zeit einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge. Der Anspruch setzt neben den Anforderungen des § 7 BBG a.F. die Vollendung des 27. Lebensjahres sowie die Bewährung des Probebeamten in der Probezeit voraus. Dagegen ist nicht von Bedeutung, ob eine entsprechende Planstelle frei ist.
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Die Probezeit dient der Klärung der Frage der Bewährung des Probebeamten. Während dieser Zeit hat der Beamte seine allseitige Eignung, unter Einschluss der gesundheitlichen Eignung, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachzuweisen. Entsprechend diesem Zweck der Probezeit und der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ist der Dienstherr gehalten, unverzüglich nach ihrem Ablauf eine Entscheidung über die Bewährung des Beamten zu treffen (Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder Entlassung) und damit zugleich dem Beamten Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen (Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 7 S. 8).
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Da für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Erkenntnisse bis zum Ablauf der Probezeit maßgeblich sind, ist der Beurteilungszeitpunkt des Verpflichtungsbegehrens mit dem der Anfechtungsklage gegen die Entlassungsverfügung identisch. Es können nur solche Umstände Eingang in die Entscheidung finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <151 f.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch, ihm im Rahmen der freien Heilfürsorge die zur Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit notwendige Implantatversorgung zu erstatten, nicht zu. Der Anspruch aus § 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die freie Heilfürsorge der Polizei (FHVOPol NRW) sei durch Erfüllung erloschen, weil das beklagte Land dem mit der Festsetzung des doppelten befundbezogenen Festzuschusses am 9. und 23. Mai 2011 bereits nachgekommen sei. Ein weitergehender Anspruch aus der FHVOPol NRW bestehe nicht, da § 5 Abs. 1 Satz 3 FHVOPol NRW im Rahmen der freien Heilfürsorge auch dann nur die Leistung des doppelten Festzuschusses vorsehe, wenn der Polizeivollzugsbeamte einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz wähle. Nichts Abweichendes folge aus – dem seinerseits keine eigene Anspruchsgrundlage darstellenden – § 2 Abs. 1 FHVOPol NRW, wonach die freie Heilfürsorge die Aufgabe habe, die Gesundheit der Polizeivollzugsbeamten zu erhalten oder wiederherzustellen. Denn der Umfang der in dieser Regelung genannten Leistungen bestimme sich, sofern das SGB V nichts anderes regele, nach den Vorschriften der FHVOPol NRW, also auch des § 5 Abs. 1 Satz 3 FHVOPol NRW. § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V, wonach implantologische Leistungen grundsätzlich nicht zur zahnärztlichen Behandlung zählten, regele nichts anderes. Eine der seltenen vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegenden Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle habe beim Kläger nicht vorgelegen. Die Nichtberücksichtigung der Atrophiefälle (allmähliche Rückbildung des zahnlosen Kieferknochens) stehe mit der Ermächtigung des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V in Einklang; die Nichteinbeziehung der Kieferatrophien in die Ausnahmeregelung des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V verletzte ihrerseits kein Verfassungsrecht. Schließlich vermittele § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG NRW auch unter Berücksichtigung von Fürsorgeerwägungen keinen darüber hinaus gehenden Anspruch. Danach umfasse die freie Heilfürsorge alle zur Erhaltung und Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit notwendigen und angemessenen Aufwendungen des Landes; das Nähere werde durch Rechtsverordnung geregelt. Unabhängig davon, ob die FHVOPol NRW diesen Regelungsauftrag mit § 5 Abs. 1 Sätze 1 und 3 FHVOPol NRW ausreichend umsetze, sei im konkreten Fall nicht zu befürchten, dass die dem Kläger zu gewährenden Leistungen der freien Heilfürsorge die Wiederherstellung seiner Polizeidienstfähigkeit ausschließen würden. Die Zahnlosigkeit des Kiefers stelle die Verwendbarkeit im Polizeivollzugsdienst auch dann nicht in Frage, wenn keine vollständige implantatgestützte Rekonstruktion erfolge. Eine Polizeidienstunfähigkeit des Klägers nach den Vorgaben des Runderlasses des Ministeriums für Inneres und Justiz „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit (PDV 300)“ sei auszuschließen.
5Diese weiter begründeten Erwägungen werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es ist auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Klägers nicht anzunehmen, dass er beanspruchen kann, ihm im Rahmen der freien Heilfürsorge die Kosten für die zur Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit notwendige Implantatversorgung zu erstatten.
6Zunächst wendet der Kläger zu Unrecht ein, das Verwaltungsgericht habe offensichtlich übersehen, dass bei ihm eine „Vollprothese“ vorliege, was bedeute, dass sein Kiefer „zahnlos“ sei. Vielmehr stellt das Verwaltungsgericht in seinem Urteil ausdrücklich eine „beim Kläger bestehende Zahnlosigkeit des Kiefers“ fest (S. 9, 2. Absatz der Urteilsabschrift).
7Aber auch die Auffassung des Klägers, aus § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG NRW folge in Verbindung mit den sich aus der PDV 300 ergebenden Anforderungen, dass ihm der begehrte Zahnersatz zu gewähren sei, ist nicht zutreffend. Richtig ist zwar, dass die freie Heilfürsorge nach § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG NRW alle zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit notwendigen und angemessenen Aufwendungen des Landes umfasst. Soweit der Kläger sich jedoch zur weiteren Begründung seiner Einschätzung auf die Regelungen der PDV 300 beruft, verkennt er die darin enthaltene maßgebliche Unterscheidung zwischen der Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit. Daher greift es zu kurz, wenn der Kläger aus Nr. 7.2 Abs. 5 Sätze 2 und 3 der Anlage 1 zur PDV 300, wonach die „Zahnlosigkeit bereits eines Kiefers … die Tauglichkeit“ ausschließt, ableitet, dies führe (zwingend) auch zur Polizeidienstunfähigkeit.
8Während die Polizeidiensttauglichkeit die „gesundheitliche Eignung für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst“ betrifft, bezeichnet die Polizeidienstfähigkeit die „gesundheitliche Fähigkeit, Polizeivollzugsdienst zu leisten“ (vgl. Nr. 1.2 PDV 300). Daran anknüpfend ergeben sich unterschiedliche Voraussetzungen für die Annahme der Polizeidienstfähigkeit einerseits und die Polizeidiensttauglichkeit andererseits.
9Für die Bejahung der (allgemeinen) Dienstfähigkeit (vgl. § 33 Abs. 1 LBG NRW) ist es ausreichend, dass der Beamte (aktuell) in der Lage ist, (gegebenenfalls auch trotz vorliegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen) die ihm obliegenden Dienstpflichten seines abstrakt-funktionelles Amtes zu erfüllen. Mit Blick auf die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes setzt die Polizeidienstfähigkeit (vgl. § 116 Abs. 1 LBG NRW) voraus, dass der Polizeivollzugsbeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist.
10Vgl. zur allgemeinen Dienstfähigkeit BVerwG, Beschluss vom 5. November 2013 – 2 B 60.13 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 11. März 2009 – 6 A 2615/05 –, nrwe.de, sowie zur Polizeidienstfähigkeit BVerwG, Urteil vom 3. März 2005 – 2 C 4.04 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2014 – 6 A 2662/12 –, nrwe.de, und Urteil vom 11. März 2009, a.a.O.
11Die Polizeidiensttauglichkeit, also die gesundheitliche Eignung für den Polizeidienst, verlangt hingegen eine über die aktuelle Dienstfähigkeit hinausgehende, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze betreffende Prognose, ob der Bewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (künftig) dauernd polizeidienstunfähig oder bis zum Eintritt in den Ruhestand regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen werden wird.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – 2 C 16.12 –, juris,
13Die unterschiedlichen Anforderungen an die Polizeidienstfähigkeit und Polizeidiensttauglichkeit sind mit Blick auf die verschiedenen Zielsetzungen gerechtfertigt. Die Feststellung der Polizeidienst(un)fähigkeit ist dafür maßgeblich, ob der Polizeivollzugsbeamte derzeit seinen Dienst ausüben kann, oder ob möglicherweise – wegen gesundheitlicher Einschränkungen – seine Zurruhesetzung oder ein Laufbahnwechsel einzuleiten ist. Dagegen dient die der Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit dem Zweck, eine Abschätzung über die Entwicklung der Dienstfähigkeit über die gesamte Dienstzeit bis zur Regelaltersgrenze zu treffen. Dies folgt aus dem Lebenszeit- und Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG), die den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten verpflichten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird.
14BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013, a.a.O.
15Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn bei der Einstellung in den Polizeivollzugsdienst ein, über die aktuelle Polizeidienstfähigkeit hinausgehender Gesundheitszustand verlangt wird. Ebenso ist es sachgerecht, an die Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit wegen der sich über viele, bzw. regelmäßig sogar mehrere Jahrzehnte erstreckenden Dienstzeit und dem damit ohnehin einhergehenden „natürlichen“ Rückgangs der physischen Leistungsfähigkeit abweichende Anforderungen zu stellen. Dem entsprechend sieht auch Nr. 3.1 PDV 300 für die Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit vor, dass dabei – ausgehend von den Tauglichkeitsanforderungen der Nr. 2 und der Anlage 1 – „die altersbedingt eingetretenen Veränderungen der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit und der seelischen Belastbarkeit (…) zu berücksichtigen“ sind.
16Dies alles zu Grunde gelegt, ist es nicht zu beanstanden, wenn – wie hier im Hinblick auf die Zahngesundheit – im Rahmen der Polizeidiensttauglichkeit strengere Anforderungen gestellt werden als bei der Polizeidienstfähigkeit. Daher trifft es zunächst auch auf keine grundsätzlichen Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, es liege allein wegen der Zahnlosigkeit des Kiefers bzw. der Versorgung mit einer Vollprothese beim Kläger keine Polizeidienstunfähigkeit vor.
17Neben den – danach nicht durchgreifenden – auf die Regelungen der PDV 300 zur Polizeidiensttauglichkeit gestützten Einwänden benennt der Kläger keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass er ohne die begehrte Implantatversorgung als polizeidienstunfähig angesehen werden müsste. Die von ihm geäußerten Bedenken, es sei damit zu rechnen, dass in Einsatzsituationen die Prothese herausfalle oder schlimmstenfalls verschluckt werde, überzeugen mangels näherer Substantiierung nicht. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht unwidersprochen festgestellt, dass das beklagte Land zu keinem Zeitpunkt habe erkennen lassen, dass bei einer konventionellen prothetischen Versorgung Anlass zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit zu haben.
18Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
19Dies wäre anzunehmen, wenn die Angriffe des Klägers gegen die Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden.
20Das ist nicht der Fall. Der Kläger benennt – wie oben festgestellt – keine durchgreifenden Gründe für die Unrichtigkeit des Urteils.
21Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
22Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
23Die aufgeworfene Rechtsfrage,
24„ob der Dienstherr einen Polizeibeamten auf den doppelten Festzuschuss gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 FHVOPol NRW verweisen kann, obwohl der Kiefer des Beamten zahnlos ist und deshalb eine Vollprothese mangels Zähnen eine genügende Abstützung im Seitenzahngebiet nicht mehr hat, mit der Folge, dass der konventionelle Zahnersatz nach Ziffer 7.2 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 PDV 300 die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers zur Folge hat, oder ob der Dienstherr nicht vielmehr verpflichtet ist, zur Vermeidung der Polizeidienstunfähigkeit die Kosten für den partiellen Zahnersatz (Implantate) insgesamt im Rahmen der Fürsorgepflicht bzw. gemäß Ziffer 7.2 Abs. 6 Satz 1 PDV 300 zu übernehmen hat“,
25lässt sich auch ohne die vertiefte Prüfung in einem Berufungsverfahren auf der Grundlage des Wortlauts der Vorschriften sowie anerkannter Auslegungsmethoden in dem oben dargestellten Sinn beantworten.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
28Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob das beklagte Land die Übernahme des Klägers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst aus gesundheitlichen Gründen ablehnen durfte.
3Der am 00.00.0000 geborene Kläger bewarb sich im September 2014 beim Landesamt für B. (LB.) um Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes zum 1. September 2015. Seine Körpergröße wurde mit 185 cm, sein Gewicht mit 99 kg angegeben, was einem Body-Maß-Index (BMI) von 28,9 entsprach. Des Weiteren gab der Kläger an, regel- oder gewohnheitsmäßig das Medikament L-Thyroxin einzunehmen. Diesbezüglich legte er eine Bescheinigung der Fachärzte für Allgemeinmedizin D. und S. -D. vom 12. August 2014 vor. Daraus ging hervor, dass der Kläger 2003 an Morbus Basedow erkrankt sei, im Mai 2005 eine Radiojodtheraphie durchgeführt habe, L-Thyroxin 175 einnehme, und beschwerdefrei sowie uneingeschränkt belastbar sei.
4Mit Anhörungsschreiben vom 21. Oktober 2014 erklärte das beklagte Land, der zur Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit zuständige Arzt habe festgestellt, dass die Bewerbung nicht berücksichtigt werden könne. Gründe seien der Zustand nach Morbus Basedow mit Dauersubstitution mit Schilddrüsenhormonen sowie Übergewicht.
5Der Kläger legte daraufhin mit Schreiben vom 15. November 2014 ein weiteres Attest der Fachärzte für Allgemeinmedizin D. und S. -D. vom 27. Oktober 2014 vor. Diesem zufolge sei beim Kläger 2003 eine Basedow-Hyperthyreose diagnostiziert worden, wobei nach thyreostatischer Behandlung als definitive Therapie im Mai 2005 eine Radiojodtherapie durchgeführt worden sei. Erwartungsgemäß sei es dann zu einer Hypothyreose gekommen, welche mit dem Medikament „L-Tyroxin 175“ substituiert werde. Der Kläger sei durch dieses Krankheitsbild in keinerlei Weise in den Aktivitäten des täglichen Lebens eingeschränkt. Der erhöhte BMI ergebe sich größtenteils aus der Muskelmasse, da der Kläger seit Jahren Sport – insbesondere Kraftsport/Kampfsport – betreibe und sein Körperbau muskulös-athletisch sei. Ein Anhaltspunkt dafür, dass dem Kläger aufgrund des Krankheitsbildes in gesundheitlicher Hinsicht die Eignung für die Ausübung des Polizistenberufes fehle, habe sich nicht ergeben. Weiter legte der Kläger ein Attest des Facharztes für Innere Medizin und Endokrinologie Dr. med. T. vom 30. Oktober 2014 vor. Diesem zufolge bestehe seit der Radiojodtherapie, die zu einer dauerhaften Beseitigung der Hyperthyreose geführt habe, eine substitutionsbedürftige Schilddrüsenunterfunktion, die seither „ganz unproblematisch“ mit einer Thyroxinsubstitution gut eingestellt sei. Der Kläger stelle sich in größeren Abständen zur Kontrolle vor. Probleme hätten seither nicht bestanden. Der Kläger sei kooperativ hinsichtlich der Medikamenteneingabe und in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit durch die Schilddrüsenerkrankung in keiner Weise eingeschränkt. Im Hinblick auf die Schilddrüsenerkrankung sei er ohne Einschränkungen auch für den Polizeidienst geeignet. Weitere therapeutische Maßnahmen seien hinsichtlich der Schilddrüse nicht mehr zu erwarten. Die Thyroxinsubstitution müsse allerdings mit einer Einnahme einmal täglich morgens lebenslang fortgeführt werden. Hinsichtlich des vermeintlichen Übergewichts erklärte Dr. med. T. , der Kläger verfüge über eine überdurchschnittliche Muskelmasse. Die alleinige Betrachtung des BMI ohne Berücksichtigung der Fettmasse sei insofern im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Klägers irreführend. Schließlich legte der Kläger ein Attest des Facharztes für innere Medizin M. vom 13. November 2014 vor. Diesem zufolge könne die Unterfunktion der Schilddrüse mit regelmäßiger Einnahme von Schilddrüsenhormonen unproblematisch behandelt werden. Regelmäßige endokrinologische Kontrollen zeigten wie erwartet ein stabiles Geschehen. Auch in Zukunft sei mit keinerlei gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Beeinträchtigungen des Leistungsvermögens zu rechnen.
6In einer internen Stellungnahme vom 2. Dezember 2014 stellte der Polizeiarzt LRMD Dr. Q. fest, dass beim Kläger auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Atteste keine gesundheitliche Tauglichkeit zur Einstellung in den Polizeivollzugsdienst bestünde. Ausweislich der vom Kläger eingereichten Unterlagen bestehe eine Hypothyreose bei Zustand nach Morbus Basedow sowie Übergewicht. Die Schilddrüsenunterfunktion sei medikamentös behandlungspflichtig und kontrollbedürftig. Bei diesem Krankheitsbild handle es sich um eine „Krankheit des endokrinen Systems“ bzw. „behandlungs- und überwachungsbedürftige Schilddrüsenveränderung“ im Sinne des Merkmals 2.1.1 der Anlage 1.1 zur Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300), welche die Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit ausschlössen. Die polizeiärztliche Untersuchung habe insbesondere auch auf sog. „Zufallsfunde“ bzw. körperliche Besonderheiten zu achten, auch wenn diese derzeit ohne jede klinische Bedeutung oder Therapiebedürftigkeit sein sollten. Mit Blick auf die Möglichkeit einer uneingeschränkten Berufsausübung im Polizeivollzugsdienst mit seinen besonderen Anforderungen auch an die körperliche und seelische Belastbarkeit seien gesundheitliche Risiken weitestmöglich auszuschließen.
7Mit Bescheid vom 4. Dezember 2014 lehnte das beklagte Land die Einstellung des Klägers unter Bezugnahme auf die Bewertung des Polizeiarztes und die PDV 300 ab. Ergänzend führte er aus, dass nach ständiger Rechtsprechung amtsärztliche/polizeiärztliche Äußerungen gegenüber privatärztlichen Attesten bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit/-tauglichkeit einen grundsätzlich höheren Beweiswert hätten.
8Am 6. Januar 2015 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass sich die Feststellungen des Polizeiarztes nicht auf eine persönliche Untersuchung stützten. Eine Beurteilung allein auf der Grundlage von Erfahrungssätzen sei unzulässig. Die Polizeidiensttauglichkeit könne nicht pauschal bei bestimmten Krankheitsbildern verneint werden. Zu berücksichtigen sei, dass der Kläger seit 2005 täglich und ohne jegliche Nebenwirkungen eine Tablette einnehme. In den vergangenen 14 Jahren habe er keinerlei Einschränkung seiner Gesundheit oder sonstigen körperlichen Fähigkeiten erlebt. Es sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen im Polizeidienst eine regelmäßige Hormonsubstitution nicht sichergestellt sein solle. Auch die Tatsache, dass er sehr viel Sport betreibe, belege die Polizeidiensttauglichkeit und sei zu berücksichtigen.
9Der Kläger beantragt,
10das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für B. vom 4. Dezember 2014 zu verpflichten, ihn in den gehobenen Polizeivollzugsdienst einzustellen,
11hilfsweise, das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für B. vom 4. Dezember 2014 zu verpflichten, über seinen Antrag auf Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
12Das beklagte Land beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung bezieht es sich auf die im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Gründe und führt ergänzend aus: Ein Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis existiere nicht, allenfalls könne der Kläger einen Anspruch auf rechts- und insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung geltend machen. Die für die Einstellung nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (Laufbahnverordnung der Polizei – LVOPol) erforderliche Polizeidiensttauglichkeit sei nach der bundeseinheitlichen PDV 300 zu beurteilen. Diese werde auf Grundlage der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse erarbeitet und ständig fortgeschrieben. Die darin aufgeführten Fehler schlössen die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst aus. Die gesundheitliche Eignung läge beim Kläger nicht vor. Nach Aussage des Polizeiarztes handle es sich bei der beim Kläger vorliegenden Hypothyreose um eine dauerhaft kontroll- und behandlungsbedürftige Schilddrüsenveränderung, die einer regelmäßigen Hormonsubstitution bedürfe. Die zur Behandlung der Hyperthyreose durchgeführte Radiojodtherapie habe definitiv zum dauerhaften Funktionsverlust der Schilddrüse geführt. Im Falle des Ausbleibens der Hormonsubstitution oder einer unzureichenden Einstellung komme es rasch zu erheblichen gesundheitlichen Problemen. Diese könnten sich von unspezifischen Allgemeinsymptomen bis zu erheblichen psychiatrischen Störungen erstrecken. Nicht in allen polizeilichen Aufgabenbereichen könne aber dienstlicherseits die regelmäßige Versorgung mit Medikamenten sichergestellt werden, beispielsweise bei mehrtägigen Einsätzen aus besonderem Anlass. Die Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit setze jedoch die uneingeschränkte Einsetzbarkeit in jedem Amt der Laufbahngruppe voraus. Der Kläger sei daher schon grundsätzlich nicht geeignet. Eine Prognoseeinschätzung sei aus polizeiärztlicher Sicht somit nicht erforderlich.
15Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gemäß Empfangsbekenntnis zugestellt am 6. August 2015, ist der Kläger aufgefordert worden, bis zum 21. August 2015 etwaige neue Tatsachen und Beweismittel anzugeben, sowie Urkunden vorzulegen, auf die er sich zur Begründung der Klage stützen wolle. Dabei ist darauf hingewiesen worden, dass das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht würden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden könne, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung nicht genügend entschuldigt sei.
16In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine unter dem 12. August 2015 ausgestellte ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Innere Medizin und Endokrinologie Dr. med. T. zur Akte gereicht. Darin wird ein Auszug aus dem Werk von Daunderer, Klinische Toxikologie, 23. Erg.-Lfg. 2/87 über die Pharmakokinetik von Thyroxin zitiert. Demnach betrage die „Plasma-HWZ (…) bei Hypothyreose 9-10 Tage“. Nach „p.o. Gabe“ – gemeint ist die Einnahme über den Mund, Anm. der Kammer – trete die Wirkung „in 3-5 Tagen“ ein. Eine „maximale Wirkung“ sei „meist erst in 1-3 Wochen erreicht“. Die Wirkung könne „noch 1-6 Wochen nach dem Absetzen andauern“. Wie Dr. med. T. weiter ausführt, resultiere aus der „langen Plasmahalbwertszeit von Thyroxin“, dass „eine Therapieunterbrechung der Thyroxinsubstitution nicht sofort zu einer schweren Schilddrüsenunterfunktion mit Symptomatik“ führe. Mit der „regelmäßigen Einnahme“ werde „eine Art Depot hergestellt, das über mehrere Tage erhalten“ bleibe. Es sei „grundsätzlich (…) natürlich die regelmäßige Einnahme zu empfehlen, um eine optimale Einstellung zu gewährleisten“. Eine „wesentliche klinische Symptomatik oder körperliche Beeinträchtigung“ sei bei „fehlender Einnahme über einige Tage aufgrund von Notfallsituationen aber nicht zu erwarten“. Insofern sehe er „weiterhin keine wesentliche Beeinträchtigung der körperlichen Verfassung“ des Klägers durch die „notwendige Thyroxinsubstitution“.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die zulässige Klage ist zunächst im Hauptantrag unbegründet.
20Die Ablehnung der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Dem Kläger steht in dem für die rechtliche Beurteilung seines Verpflichtungsbegehrens maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung,
21vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113, Rn. 217,
22der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Die Feststellung der mangelnden gesundheitlichen Eignung im Ablehnungsbescheid vom 4. Dezember 2014 hält – jedenfalls teilweise in einem die Ablehnung tragenden Umfang – einer rechtlichen Prüfung stand.
23Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Allerdings gewähren weder diese ein grundrechtsgleiches Recht begründende Norm noch die zu ihrer Konkretisierung ergangenen Vorschriften – hier: § 9 BeamtStG, § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW, § 11 Abs. 1, § 3 Abs. 1 LVOPol – einen strikten Anspruch auf Übernahme in ein öffentliches Amt. Vielmehr liegt die Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers in ein Beamtenverhältnis und die Auswahl unter mehreren Bewerbern im pflichtgemäßen Ermessen des (künftigen) Dienstherrn. Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat. Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn ist es auch überlassen, welchen Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist.
24Vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 -, juris, Rn. 50, und vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, juris, Rn. 13; BVerwG, Urteile vom 7. Mai 1981 - 2 C 42.79 -, juris, Rn. 19, und vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, juris, Rn. 11.
25Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVOPol kann in den Polizeivollzugsdienst eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist. Welche Anforderungen an die gesundheitliche Eignung zu stellen sind, bestimmt der Dienstherr und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Da der Polizeivollzugsdienst Tätigkeiten mit sich bringt, die in besonderem Maße körperliche Leistungsfähigkeit erfordern, ist es sachgerecht, bereits vom Polizeibeamten auf Widerruf (§ 11 Abs. 3 LVOPol) ein hohes Maß an körperlicher Eignung zu verlangen,
26vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 B 52.03 -, juris, Rn. 5; Bay. VGH, Beschluss vom 19. September 2011 - 3 CE 11.1823 -, juris, Rn. 20.
27Dabei ist es nicht zu beanstanden, dass die den Polizeivollzugsdienst betreffenden Vorschriften des Bundes und der Länder besondere Bestimmungen enthalten, die – als in polizeilicher Praxis gewonnene Erfahrungssätze – Gesundheitsbeeinträchtigungen generalisierend und typisierend zum Teil katalogartig aufführen, bei deren Vorliegen der Dienstherr auf die Polizeidienstuntauglichkeit der Bewerber schließen darf. In diesem Sinne maßgeblich konkretisiert wird der Begriff der Polizeidiensttauglichkeit durch die Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300), Ausgabe 2012. Die bundeseinheitliche PDV 300 ist nach dem Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 3. August 2012 (Az.: 413-60.03.08) anwendbar. Sie fasst aufgrund besonderer Sachkunde gewonnene, die spezifischen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes berücksichtigende ärztliche Erfahrungssätze zusammen,
28vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. November 1998 - 6 B 2200/98 -, NRWE, Rn. 7; vom 7. Februar 2013 - 6 E 581/12 -, juris, Rn. 6.
29Hierbei sind zur Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit stets die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit zu berücksichtigen (vgl. Nr. 1.2 PDV 300). Nach Nr. 2.3.3 PDV 300 ist ein Bewerber als polizeidienstuntauglich zu beurteilen, wenn ein oder mehrere die Polizeidiensttauglichkeit ausschließende Merkmale festgestellt werden, die in der Anlage 1.1 der PDV 300, welche insoweit,
30vgl. VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 15 K 1480/04 -, juris, Rn. 46; sinngemäß auch die erkennende Kammer VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. August 2014 - 2 L 1911/14 -, nicht veröffentlicht, S. 5,
31als antizipiertes Sachverständigengutachten betrachtet werden kann, aufgeführt sind. Wie jede normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift muss die PDV 300 dabei zugleich für die sachgerechte Erfassung von Ausnahmetatbeständen Raum lassen und kann die Pflicht zur Berücksichtigung besonderer Umstande des Einzelfalls niemals beseitigen,
32vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 13. Mai 2009 - 2 K 425/09 -, juris, Rn. 28 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 28. November 2012 - 1 B 1166/12 -, juris, Rn. 23 (jeweils m.w.N.).
33Ausgehend von diesem Maßstab ist zunächst festzustellen, dass das beklagte Land die Ablehnung des Klägers nicht pauschal auf dessen vermeintliches Übergewicht stützen durfte. Zwar lag der aus den Angaben des Klägers errechnete BMI von 28,9 über dem BMI von 27,5 kg/m2, der gemäß Nr. 2.3.3 PDV 300 i.V.m. dem Merkmal 1.4.1 der Anlage 1.1 zur PDV 300 die Polizeidiensttauglichkeit allgemein ausschließt. Das LB. hat insoweit aber nicht die gebotene Einzelfallbetrachtung zur gesundheitlichen Eignung angestellt.
34Auch wenn nach dem Wortlaut der genannten Regelungen („Merkmale, die die Polizeidiensttauglichkeit ausschließen“) eine Ausnahme nicht vorgesehen ist, muss mit Blick auf die – gemessen am jeweiligen Normzweck – atypischen Sachverhalte stets ein Entscheidungsspielraum verbleiben. Aufgrund ihrer typisierenden Betrachtungsweise erfasst die Verwaltungsvorschrift – wie ausgeführt – nur den „Regelfall“. Sie erfasst aber nicht solche atypischen Konstellationen, in denen die jeweilige Tatbestandsvoraussetzung formal zwar erfüllt ist, ihre Anwendung materiell aber im Widerspruch zu der damit bezweckten Eignungsfeststellung steht. Diese Wertung obliegt der im Einzelfall zur Entscheidung berufenen Behörde. Diese muss auch bei vorhandenen „absoluten“ Fehlern im Sinne der PDV 300 prüfen, ob die allgemeine Risikoprognose, die der entsprechenden Bestimmung zugrunde liegt, auf den jeweiligen Bewerber auch individuell zutrifft. Diese Frage stellt sich insbesondere bei solchen Krankheiten/Fehlern, bei denen atypische Sachverhalte und vom „Regelfall“ abweichende Risikopotentiale durchaus denkbar und ggf. auch naheliegend sind,
35vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 13. Mai 2009 - 2 K 425/09 -, juris, Rn. 32 und 35; zur grundsätzlich notwendigen Einzelfalluntersuchung bei Übergewicht auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2014 - 6 A 1552/12 -, juris, Rn. 6.
36Diesem Erfordernis hat das LB. nicht entsprochen. Der angegriffene Bescheid verweist ohne nähere Begründung auf das festgestellte „Übergewicht“. Es ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass sich der Bescheid insoweit auf die oben genannten Regelungen der PDV 300 bezieht. Eine Einzelfallprüfung unter Abklärung der individuellen gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers ist gleichwohl nicht erfolgt. Eine solche wäre spätestens nach Vorlage der substantiierten ärztlichen Atteste angezeigt gewesen. Diese geben jedenfalls hinreichenden Anlass zu der Annahme, dass der Kläger aufgrund seines athletisch-muskulösen Körperbaus einen solchen atypischen Fall darstellt. Die mit einem BMI von mehr als 27,5 kg/m2 bekanntermaßen oft verbundenen Risikofaktoren (unter anderem Gefahr von Stoffwechselerkrankungen, von Herz-/Kreislauferkrankungen und von psycho-sozialen Folgeerkrankungen) treten bei nur „formalem Übergewicht“, das sich aus einem hohen Anteil an Muskelmasse ergeben kann, regelmäßig gerade nicht auf,
37vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 13. Mai 2009 - 2 K 425/09 -, juris, Rn. 39; allgemein zur Ungeeignetheit des BMI für eine typisierende beamtenrechtliche Prognoseentscheidung OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 1 B 477/11 -, juris, Rn. 18 ff (m.w.N.).
38Insofern ist nicht von Belang, ob das LB. – wie anzunehmen – von einer individuellen Untersuchung und Begründung allein mit Blick auf die als tragenden Entscheidungsgrund verstandene Hypothyreose absah. Denn der Kläger musste die Formulierung in der Bescheidbegründung („besteht bei Ihnen […] Übergewicht. Daher musste die Polizeidienstuntauglichkeit festgestellt werden.“) so verstehen, dass auch dieser gesundheitliche Grund einer Einstellung entgegenstünde.
39Die Ablehnung ist jedoch nach dem oben genannten Maßstab im Ergebnis nicht zu beanstanden, weil das LB. die gesundheitliche Eignung zu Recht wegen der Schilddrüsenveränderung und der Erforderlichkeit einer Hormonsubstitution verneint hat.
40Die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) des Klägers fällt unter das Merkmal 2.1.1 der Anlage 1.1 zur PDV 300. Danach schließen „alle Krankheiten des endokrinen Systems“ bzw. „behandlungs- und überwachungsbedürftige Schilddrüsenveränderungen“ die Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit aus. Dass die Hypothyreose als solche beim Kläger vorliegt, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und ergibt sich aus den im Bewerbungsverfahren vorgelegten Attesten der behandelnden Ärzte. Die durch die Radiojodtherapie hervorgerufene Hypothyreose ist jedenfalls eine Schilddrüsenveränderung im Sinne der PDV 300. Denn im Vergleich zu einer voll funktionsfähigen Schilddrüse ist die Hormonproduktion mindestens erheblich verringert und die Funktion als Hormondrüse folglich eingeschränkt. Diese Veränderung ist auch behandlungs- und überwachungsbedürftig. Eine Behandlungsbedürftigkeit setzt keine akuten Beschwerden oder Einschränkungen der Leistungsfähigkeit voraus, sondern besteht auch bei einer fortwährenden Therapie zur Vorbeugung solcher Einschränkungen. Behandlungsbedürftig ist ein Krankheitszustand also insbesondere dann, wenn er eine regelmäßige Einnahme von Medikamenten verlangt, und ohne eine solche eine Verschlechterung des Gesundheitszustands mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. So liegt es hier. Ausweislich des Attestes von Dr. med. T. vom 30. Oktober 2014 muss die Hormonsubstitution täglich und lebenslang erfolgen. Die Schilddrüsenveränderung ist ferner auch überwachungsbedürftig. Ein Zustand ist insbesondere dann überwachungsbedürftig, wenn aus medizinischer Sicht eine regelmäßige Vorstellung bei einem Arzt erforderlich ist, um Gesundheitsgefahren vorzubeugen, die im konkreten Fall bekannt sind und nicht nur allgemein bestehen. Im Streitfall ergibt sich dies bereits aus der regelmäßigen und lebenslangen Hormonsubstitution, deren Einstellung ärztlicherseits überprüft werden muss. Unerheblich ist insoweit, dass die behandelnden Ärzte nach jetziger Einschätzung nicht mit weiteren gesundheitlichen Einschränkungen oder therapeutischen Maßnahmen rechnen. Schon aus der Hervorhebung der regelmäßigen Kontrollen in den Attesten ist erkennbar, dass diese auch weiterhin angezeigt sein werden.
41Es liegt auch kein atypischer Sachverhalt vor, der im konkreten Fall zu einer Ausnahme von der generellen Einschätzung der Polizeidienstuntauglichkeit führen musste.
42Die PDV 300 führt in der Anlage 2.1.1 nicht allein solche absoluten „Fehler“ auf, welche die aktuelle Leistungsfähigkeit des Bewerbers einschränken können, oder aus denen sich ein Wahrscheinlichkeitsurteil über eine Leistungseinschränkung in der Zukunft ableiten ließe. Wie das beklagte Land nachvollziehbar dargelegt hat, schließt die behandlungs- und überwachungsbedürftige Schilddrüsenveränderung die Polizeidiensttauglichkeit im Streitfall vielmehr deshalb aus, weil der Kläger aufgrund der notwendigen Hormonsubstitution von vornherein nicht die Gewähr bietet, uneingeschränkt in allen polizeilichen Aufgabenbereichen eingesetzt werden zu können. Mit Blick auf die besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes setzt die Polizeidiensttauglichkeit eine universelle Einsetzbarkeit der Bewerber voraus. Der (künftige) Polizeivollzugsbeamte muss also grundsätzlich die Gewähr bieten, zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung eingesetzt werden zu können,
43vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 31. Juli 2014 - 2 K 1762/13 -, juris, Rn. 28; zur Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2015 - 6 A 1443/14 -, juris, Rn. 8.
44Dementsprechend müssen die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Bewerber insbesondere die Verwendung im Außendienst und (Wechsel-)Schichtdienst zulassen (vgl. Nr. 1.2 Satz 2 PDV 300). Hierzu gehören unter anderem – wie das beklagte Land vorgetragen hat – mehrtägige Einsätze aus besonderem Anlass. Hierbei kann seitens des Dienstherrn nicht immer sichergestellt werden, dass die Beamten regelmäßig mit den für sie notwendigen Medikamenten versorgt werden können. Auch wenn der Bewerber grundsätzlich die Gewähr dazu bietet, eigenverantwortlich einen Vorrat an Medikamenten mit sich zu führen, können gerade bei aufeinanderfolgenden mehrtägigen Verwendungen Versorgungsengpässe oder eine zeitlich verzögerte Einnahme vor dem Hintergrund der besonderen Anforderungen an die Einsatzbereitschaft von Polizeivollzugsbeamten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden.
45Schwerwiegender und durchgreifend ist jedoch die nach Auffassung der Kammer feststehende eingeschränkte Verwendbarkeit des Klägers im sogenannten „Wach- und Wechselschichtdienst“. Diese Art der dienstlichen Verwendung ist – wie der Polizeiarzt LRMD Dr. Q. in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen ausgeführt hat – unter anderem durch kurze Schichtdienstfolgen und kurze Schlafphasen gekennzeichnet. Dadurch stelle sich auch der Biorhythmus um. Bei einer solchen Verwendung kann eine regelmäßige Hormonsubstitution in der aus medizinischen Gesichtspunkten gebotenen Form nicht hinreichend sichergestellt werden.
46Medizinisch angeraten ist eine grundsätzlich regelmäßige Hormonsubstitution, die jedenfalls annähernd zum gleichen Tageszeitpunkt stattfinden sollte. Diese Auffassung stützt die Kammer zum einen auf das Attest des behandelnden Arztes Dr. med. T. vom 30. Oktober 2014, wonach der Kläger „einmal täglich morgens“ eine Tablette einzunehmen habe. Der Kläger hat dies in der mündlichen Verhandlung dahingehend konkretisiert, dass ihm ärztlicherseits angeraten worden sei, die Tablette „nüchtern“ morgens eine halbe Stunde vor dem Frühstück einzunehmen, damit sich die Wirkung des Medikaments voll entfalten könne. Diese Einschätzung wurde vom Polizeiarzt LRMD Dr. Q. in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Demnach solle das Hormon eingenommen werden, wenn die jeweilige Belastung – in Form der Tag- bzw. Wachphase nach dem Ausschlafen – anstehe.
47Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegensetzen, dass er selbst bereits über einen Zeitraum von 4 bis 5 Jahren hinweg in seinem Beruf als Industriemechaniker im Dreischichtbetrieb mit Früh-, Spät- und Nachtschicht gearbeitet habe. Zunächst bestätigt seine Darstellung aus dieser Zeit die Erklärung des Polizeiarztes, dass sich die notwendige Einnahme der Tablette nicht an einem bestimmten Tageszeitpunkt („morgens“) sondern am jeweiligen Zeitpunkt nach Beendigung der „Schlafphase“ zu orientieren habe. Diesbezüglich hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er die Tablette während seines Einsatzes im Schichtdienst etwa dann genommen habe, wenn er ausgeschlafen war.
48Des Weiteren steht aufgrund des bereits bekannten ärztlichen Sachverstands zur Überzeugung der Kammer fest, dass die medizinisch begründeten Bedenken des beklagten Landes gegen eine solche unregelmäßig verteilte Hormonsubstitution gleichwohl plausibel sind und überwiegen. Insoweit besteht kein Anlass, an den Ausführungen des Polizeiarztes zu zweifeln, dass bei der Hormonsubstitution der Tagesrhythmus „einigermaßen“ eingehalten werden sollte und dies im Schichteinsatz nicht der Fall wäre. Der Polizeiarzt LRMD Dr. Q. hat darauf verwiesen, dass es bei dem einzunehmenden Medikament keinen „Speicher“ gebe. Ebenso nachvollziehbar hat der Polizeiarzt erklärt, dass es im Falle des Ausbleibens der Hormonsubstitution oder einer unzureichenden Einstellung rasch zu erheblichen gesundheitlichen Problemen komme, die sich von unspezifischen Allgemeinsymptomen und psychischen Problemen bis zu erheblichen psychiatrischen Störungen und Erkrankungen auch mit lebensbedrohlichem Umfang erstrecken könnten. Wenn die zeitlichen Intervalle der Einnahme des Medikamentes nicht annähernd gleich seien, könne sich eine „schleichende Hypothyreose“ bilden, welche dann zu Erkrankungen, unter anderem Leistungsabfall und psychischen Erkrankungen, führe.
49Diese Aussagen werden auch nicht nachhaltig durch die ärztliche Bescheinigung des Dr. med. T. vom 12. August 2015 entkräftet. Da der Kläger die Bescheinigung ohne genügende Entschuldigung nach Ablauf der von der Kammer gesetzten Frist gemäß § 87b Abs. 2 VwGO eingereicht hat, und ersichtlich keine erst nach Fristablauf eingetretenen neue Tatsachen vorgetragen werden, könnte die Kammer den Vortrag aus der Bescheinigung gemäß § 87b Abs. 3 VwGO bereits zurückweisen. Dem steht auch nicht entgegen, dass das beklagte Land erstmalig in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf die fehlende Speicherung des Thyroxins im menschlichen Körper hinwies, und die Bescheinigung unter anderem auf die Wirkungsdauer des Medikamentes eingeht. Das beklagte Land hatte sich schon zuvor auf die erforderliche Regelmäßigkeit der Hormonsubstitution berufen, so dass nähere Ausführungen des Polizeiarztes in der mündlichen Verhandlung durchaus zu erwarten waren. Auch der erstmals in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erfolgte Hinweis auf die eingeschränkte Verwendbarkeit im Wach- und Wechselschichtdienst stellte insoweit keinen unerwarteten Vortrag dar, als sich die notwendige Verwendbarkeit im Wechselschichtdienst unter anderem – wie ausgeführt – ausdrücklich aus der PDV 300 selbst ergibt.
50Aber auch inhaltlich führen die Ausführungen in der Bescheinigung von Dr. med. T. vom 12. August 2015 nicht zu einer anderen Wertung. Zunächst bestätigen dessen Angaben, dass eine optimale Einstellung (nur) durch eine regelmäßige tägliche Einnahme gewährleistet wird und eine solche daher „grundsätzlich“ zu empfehlen ist. Auch auf Basis dieser ärztlichen Einschätzung wäre das beklagte Land im Falle der Einstellung aus Fürsorgegesichtspunkten gehalten, den Kläger nicht im Wach- und Wechselschichtdienst zu verwenden. Im Übrigen stehen die Aussagen, wonach eine Unterbrechung der Thyroxinsubstitution „nicht sofort zu einer schweren Schilddrüsenunterfunktion mit Symptomatik“ führe und eine „wesentliche klinische Symptomatik oder körperliche Beeinträchtigung“ bei fehlender Einnahme über einige Tage hinweg nicht zu erwarten sei, den Ausführungen des Polizeiarztes nicht substantiiert entgegen. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass den Einschätzungen des Polizeiarztes über die Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes aufgrund seiner spezifischen Kenntnisse über die Einsatzbedingungen der Polizeivollzugsbeamten ein grundsätzlich höheres Gewicht als privatärztlichen Bescheinigungen beizumessen ist,
51vgl. zum höheren Beweiswert polizeiärztlicher Äußerungen OVG NRW, Beschluss vom 24. März 2011 - 6 B 187/11 -, juris, Rn. 11 ff. (m.w.N).
52Daraus folgt auch, dass der Einschätzung des Polizeiarztes darüber, welche gesundheitlichen Risiken bei der jeweiligen Verwendung für den Dienstherrn nicht mehr hinnehmbar sind, eine eigenständige Bedeutung zukommt. Vor diesem Hintergrund lässt die ärztliche Bescheinigung gerade nicht erkennen, dass die gesundheitlichen Risiken einer unregelmäßigen Hormonsubstitution zu vernachlässigen wären, sondern dass diese allenfalls „nicht sofort“ einträten oder nicht „wesentlich“ wären. Dies ist nach der Darstellung in der Bescheinigung ohnehin nur bei einer „regelmäßigen Einnahme“ anzunehmen, welche im Wach- und Wechselschichtdienst gerade nicht gewährleistet wäre. Auch die in der Bescheinigung angesprochene Herstellung einer „Art Depot“ schließt nach der Überzeugung der Kammer diese gesundheitlichen Risiken nicht aus. Sie steht vielmehr mit den Ausführungen des Polizeiarztes in Einklang. Dieser hat zunächst erläutert, dass der Begriff des „Depots“ nicht im Sinne eines „Speichers“ zu verstehen sei, sondern sich auf den nach Einnahme vorhandenen „Spiegel“ und die damit verbundene „Restwirksamkeit“ des Thyroxins beziehe. Diese Einschätzung lässt sich auch auf das Zitat aus der Fachliteratur stützen, welches Dr. med. T. seinen Ausführungen voranstellt. Diesem ist zu entnehmen, dass das Thyroxin einerseits eine hohe Plasmahalbwertszeit habe und andererseits die Wirkung nach der oralen Einnahme zeitlich versetzt eintrete. Dies steht der Annahme einer „schleichenden Hypothyreose“ gerade nicht entgegen. Aus der Gesamtschau der ärztlichen Ausführungen ergibt sich vielmehr widerspruchsfrei, dass die grundsätzlich möglichen gesundheitlichen Folgen einer unzureichenden Einnahme allenfalls erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erwarten wären. Die Kammer folgt aus diesem Grund auch nicht der Beweisanregung des Klägers zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob die Schilddrüsenerkrankung des Klägers seinem Einsatz im Wach- und Wechseldienst entgegen steht.
53An der Einschätzung des beklagten Landes, dass die oben beschriebene regelmäßige Medikamenteneinnahme im Wach- und Wechselschichtdienst nicht sichergestellt wäre, hat die Kammer nichts zu erinnern. Ohne Weiteres nachvollziehbar ist zunächst, dass die unterschiedlich gelagerten und unterschiedlich langen Wach- und Schlafphasen einer regelmäßigen Einnahme am Morgen entgegenstehen. Die Einnahme könnte jedoch ebenso wenig gleichmäßig zu einem anderen einigermaßen gleichen Tageszeitpunkt erfolgen. Bei einem üblichen Tag-Nacht-Zyklus steht eine Belastung in Form einer Wach- und Tätigkeitsphase regelmäßig morgens nach dem Aufstehen bevor. Hingegen sind diese Belastungsphasen bei einem Beamten im Wach- und Wechselschichtdienst aufgrund kurzer Schichtdienstfolgen und regelmäßig abwechselnder Früh-, Spät- und Nachteinsätze unregelmäßig verteilt. Da die Wirkung des einzunehmenden Medikamentes in erster Linie nicht an einen bestimmten Tageszeitpunkt, sondern an den Zeitpunkt vor der jeweiligen Belastung geknüpft ist, träten somit unweigerlich unterschiedliche Zeitabstände zwischen der jeweiligen Medikamenteneinnahme ein.
54Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung ergeben sich auch nicht daraus, dass der Kläger – ausweislich seiner unwidersprochen gebliebenen eigenen Aussage und der Aussagen seiner behandelnden Ärzte – lediglich einmal täglich eine Tablette zu sich nehmen muss, und dass auch anzunehmen ist, dass er dies eigenverantwortlich und zuverlässig fortführen wird. Schon die Tatsache, dass das beklagte Land aus Fürsorgegesichtspunkten den Kläger bei einem Hinweis auf seine Hypothyreose regelmäßig vom Wach- und Wechselschichtdienst ausnehmen, oder ihn hierbei jedenfalls nur unter Einschränkungen verwenden dürfte, schließt die universelle Einsetzbarkeit des Klägers im Polizeivollzugsdienst aus. Im Rahmen seines Entscheidungsspielraums bei der Einstellung muss es dem (künftigen) Dienstherrn möglich sein, dies als Ausschlussgrund zu begreifen. Das gilt bei der vorliegenden Hormonsubstitution ungeachtet dessen, dass diese nicht situationsabhängig und individuell dosiert werden muss. Denn für die auch vom Dienstherrn zu berücksichtigende optimale Wirkung der Hormonsubstitution ist eine möglichst regelmäßige und zugleich an den anstehenden Belastungen orientierte Einnahme geboten. Diese ist folglich ebenfalls – im Hinblick auf den jeweiligen Tagesablauf – situationsabhängig.
55Da der Kläger wegen der schon jetzt nicht gegebenen vollumfänglichen Einsetzbarkeit polizeidienstuntauglich ist, kommt es zudem – wie vom Beklagten zu Recht vorgetragen – nicht darauf an, ob eine auf den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze bezogene Prognose gleichfalls negativ ausfiele. Somit bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob der vom Bundesverwaltungsgericht für aktuell dienstfähige Bewerber entwickelte Prognosemaßstab, wonach die gesundheitliche Eignung nur dann nicht gegeben ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, der Bewerber werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen,
56vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, juris, Rn. 16, sowie Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, juris, Rn. 26,
57auch bei der Überprüfung der gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst (Polizeidiensttauglichkeit) Anwendung findet,
58bejahend VG Berlin, Urteil vom 22. Januar 2014 - 7 K 117.13 -, juris, Rn. 22, sowie Urteil vom 20. März 2015 - 28 K 58.14 -, juris, Rn. 26; offen gelassen in VG Düsseldorf, Beschluss vom 29. August 2014 - 2 L 1911/14 -, nicht veröffentlicht, S. 5 f., und diesen bestätigend OVG NRW, Beschluss vom 23. September 2014 - 6 B 1079/14 -, juris, Rn. 10; kritisch hinsichtlich der weiteren Anwendbarkeit der PDV 300 jedenfalls für Wahrscheinlichkeitsaussagen VG Gießen, Urteil vom 17. September 2014 – 5 K 1123/13.GI -, juris, Rn. 17 f.
59Darüber hinaus bliebe der Hauptantrag ohne Erfolg, weil die Sache nicht spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Kammer ist zu einer abschließenden Entscheidung über die Verpflichtung des beklagten Landes, ihn in den gehobenen Polizeivollzugsdienst einzustellen, nicht in der Lage. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung liegen nicht alle für die Entscheidung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen vor und können von der Kammer auch nicht in eigener Verantwortung festgestellt werden,
60vgl. zum Maßstab der Spruchreife Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113, Rn. 193.
61Wie ausgeführt liegt die Entscheidung über die Einstellung gemäß Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. § 9 BeamtStG, § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW, § 11 Abs. 1, § 3 Abs. 1 LVOPol im pflichtgemäßen Ermessen des (künftigen) Dienstherrn. Demgemäß kann ein Kläger grundsätzlich (nur) dann einen Anspruch auf unmittelbare Einstellung haben, wenn allein diese Entscheidung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei wäre. Das setzt insbesondere voraus, dass die Einstellungsbehörde das ihr obliegende Ermessen bezüglich aller – über die im angegriffenen Bescheid aufgeworfenen gesundheitlichen Bedenken hinausgehenden – beamten- und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen bereits ausgeübt oder zumindest insoweit gebunden hat, dass diese Eignungsmerkmale dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden können, und keine gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielräume mehr verbleiben. So liegt es hier nicht. Eine abschließende Beurteilung der weiteren – insbesondere fachlichen – Eignung des Klägers durch das LB. ist noch nicht erfolgt.
62Der Kläger bleibt auch mit seinem Hilfsantrag ohne Erfolg, da die Ablehnung der Bewerbung aus den genannten Gründen rechtmäßig ist (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
63Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
I.
Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
IV.
Unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2010 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 6.177,73 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die Antragstellerin vorläufig, das heißt bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren (7 K 5540/15), unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Polizeivollzugsdienstes (Einstellungsjahrgang 2016 mit Ausbildungsbeginn 01.03.2016) einzustellen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 6.097,74 Euro festgesetzt.
Gründe
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Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und beansprucht ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit.
- 2
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Am 1. Dezember 1997 berief die Beklagte die 1964 geborene Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 1. April 2000 stellte sie die Klägerin an und ernannte sie zur Verwaltungsrätin. Die Klägerin leistete von Anfang 1999 bis Anfang Februar 2005 keinen Dienst. Sie befand sich nach der Geburt ihrer Kinder im Mutterschutz, im Erziehungsurlaub und in der Elternzeit.
- 3
-
Nach dem Ende der Elternzeit war die Klägerin von Anfang Februar 2005 bis Ende 2006 wegen der Folgewirkungen zweier Bandscheibenvorfälle dienstunfähig erkrankt. Im Hinblick hierauf verlängerte die Beklagte die Probezeit bis Mitte September 2007. Nachdem die Klägerin von Anfang Januar bis Anfang April 2007 im Rahmen ihrer stufenweisen Wiedereingliederung nur teilweise gearbeitet hatte, leistete sie ab April 2007 wieder vollständig Dienst.
- 4
-
Die Beklagte entließ die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Die gesundheitliche Eignung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Die bis zum Ablauf der Probezeit verbliebene Dienstzeit reiche nicht aus, um ihre gesundheitliche Eignung zuverlässig festzustellen.
- 5
-
In der Berufungsinstanz hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
-
Die gerichtlich nur beschränkt überprüfbare prognostische Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, sei aufgrund der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei während ihrer verlängerten Probezeit nahezu zwei Jahre ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Zum einen habe die Klägerin ab Anfang 2005 mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Zum anderen hätten diese zu einem chronifizierten Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert geführt. Diese beiden Diagnosen schlössen eine positive gesundheitliche Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit der Klägerin aus.
- 7
-
Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,
-
das Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 5. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Juni 2009 zurückzuweisen.
- 8
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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-
Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 31 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9. Juli 2001 (- BBG a.F. -, BGBl I S. 1510). Ob es sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheiden.
- 10
-
1. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) entlassen werden. Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 GG, dessen Kriterien § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151> und vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - Rn. 10
). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O.).
- 11
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Obwohl § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden "kann", ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 der Bundeslaufbahnordnung (- BLV a.F. -) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459) werden Beamtinnen und Beamte, die sich nicht bewährt haben, entlassen. Das Wort "kann" trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, wie hier geschehen, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (Urteile vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7 S. 6; vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <271> = Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 9 S. 7 und vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64 <70> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 4 S. 15).
- 12
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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung. Dies folgt aus dem materiellen Recht, das auch bestimmt zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 9 C 58.88 - Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 8 S. 9, vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).
- 13
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Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. über die Entlassung von Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) steht im Zusammenhang mit § 9 BBG a.F., der die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit festlegt. Danach darf Beamter auf Lebenszeit u.a nur werden, wer sich als Laufbahnbewerber oder als anderer Bewerber (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG a.F.) in einer Probezeit bewährt hat. Ferner schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BLV a.F. vor, dass vor Ablauf der Probezeit festgestellt wird, ob der Beamte sich bewährt hat.
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Aus diesen Bestimmungen folgt, dass in die Entscheidung des Dienstherrn über die gesundheitliche Bewährung des Probebeamten, nur solche Umstände Eingang finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <150 ff.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5).
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War die Erkrankung eines Probebeamten bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung des Beamten bei der anstehenden Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben. Bei unveränderter Sachlage ist der Dienstherr an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden.
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a) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, trotz der Anstellung der Klägerin zum 1. April 2000 habe die Beklagte zum Ablauf der verlängerten Probezeit Mitte September 2007 noch über deren gesundheitliche Eignung befinden können. Mit der Anstellung der Klägerin war nicht die Feststellung ihrer Bewährung in der Probezeit verbunden, die die gesundheitliche Eignung mit umfasst. Ist die Anstellung wegen Kindererziehungszeiten vorgezogen worden, so ist nach § 10 Abs. 3 Satz 6 BLV a.F. die vorgeschriebene Probezeit ungeachtet der Anstellung abzuleisten. Die Regel des § 10 Abs. 2 Satz 1 BLV a.F. findet dann keine Anwendung.
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b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagten stehe hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ein Beurteilungsspielraum zu, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. nicht vereinbar.
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Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 12). Für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).
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Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Insoweit sind die Voraussetzungen, unter denen eine Einschränkung der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen anzunehmen ist, nicht erfüllt (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).
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Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde. Können die Verwaltungsgerichte mit sachkundiger Hilfe ihrer Aufgabe gerecht werden, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken. Insoweit besteht eine Parallele zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten als Voraussetzung für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Auch hier steht der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)
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Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf diesem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Obersatz davon ausgegangen, die Entscheidung der Beklagten über die gesundheitliche Eignung sei lediglich auf die Einhaltung der bei einem Beurteilungsspielraum allgemein anerkannten Grenzen überprüfbar. Im Gegensatz hierzu hat es aber zu deren Überprüfung eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und aufgrund dieser die Begründung der Beklagten für die angebliche mangelnde gesundheitliche Eignung der Klägerin wesentlich ergänzt.
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c) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht erfordere, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen, ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und demnach mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. unvereinbar. Diesen Prognosemaßstab hat der Senat in Bezug auf die Bewertung der gesundheitlichen Eignung von solchen Bewerbern aufgegeben, die die Ernennung zum Probebeamten beanspruchen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Gleiches muss für die Prognoseentscheidung gelten, ob Probebeamte für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich geeignet sind. Maßgeblich sind folgende Erwägungen:
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Das Lebenszeit- und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird. Dies ist der Fall, wenn der Beamte vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 21). Gleiches gilt, wenn der Beamte zwar die gesetzliche Altersgrenze im Dienst erreichen wird, es aber absehbar ist, dass er wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche dem Dienstherrn in der Gesamtheit nicht zumutbare Ausfallzeiten aufweisen wird. Die wahrscheinlich erwartbaren Fehlzeiten müssen in der Summe ein Ausmaß erreichen, das einer Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit etliche Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gleichkommt. Es muss der Schluss gerechtfertigt sein, die Lebensdienstzeit sei erheblich verkürzt.
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Der bisherige, vom Senat aufgegebene Prognosemaßstab stellt demgegenüber eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Zugang zu einem öffentlichen Amt dar. Er hat in der Praxis dazu geführt, dass Bewerber und Probebeamte ohne Prüfung ihrer voraussichtlichen gesundheitlichen Entwicklung als ungeeignet angesehen worden sind, weil ihr Gesundheitszustand vom Regelzustand abgewichen ist oder sie in der Probezeit vorübergehend erkrankten. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraum und die Unsicherheit medizinischer Prognosen angesichts des Art. 33 Abs. 2 GG unverhältnismäßig.
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Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, ist maßgeblich für die Prognose, ob der Bewerber dauernd dienstunfähig oder aufgrund einer chronischen Erkrankung regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen wird, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Je nach Laufbahn kann sich die Prognose danach auf mehrere Jahrzehnte erstrecken. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten werden noch durch die Komplexität von medizinisch fundierten Vorhersagen über den voraussichtlichen Verlauf einer Erkrankung verschärft. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- und Heilmethoden können zum Zeitpunkt der Eignungsprognose noch nicht in die Bewertung einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Zudem kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, der teilweise Ausfall der Lebensdienstzeit von Beamten sei in nennenswertem Umfang auf solche Krankheiten zurückzuführen, die zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung vorhersehbar waren. Vielmehr geht dies regelmäßig auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurück (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 ff.).
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Daher kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). Dabei kann die gesundheitliche Eignung nur im Hinblick auf Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen verneint werden, nicht aber unter Berufung auf gesundheitliche Folgen, die mit dem allgemeinen Lebensrisiko, wie z.B. einem Unfall bei sportlichen Aktivitäten des Bewerbers, verbunden sind.
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Ist zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder auf Lebenszeit eine Erkrankung des Bewerbers bereits bekannt, so ist der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Bewerbers vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder von regelmäßigen und erheblichen Ausfallzeiten über Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht kommen.
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Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen ("non liquet"), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn. Denn die Voraussetzungen für die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 31 Abs. 1 BBG a.F. sind nicht erfüllt.
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Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind dagegen unerheblich. Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers auch "nachhaltige Zweifel" des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, hat ausreichen lassen, wird diese aufgegeben (Urteil vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2 und Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.). Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird.
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Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt.
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Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23).
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Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der beim Bewerber bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.
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Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe die zuständige Behörde und das Gericht angewiesen sind, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Die Behörde muss - ebenso wie das Gericht - die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss geprüft werden, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls muss darauf hingewirkt werden, dass der Arzt seine Ausführungen ergänzt, oder es ist ein weiterer Arzt, insbesondere ein Facharzt, einzuschalten (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f. und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11).
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2. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. gesundheitlich ungeeignet und deshalb zu entlassen war. Die mündlichen Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung, denen das Oberverwaltungsgericht gefolgt ist, sind nicht verwertbar. Diese gutachtliche Stellungnahme leidet an rechtserheblichen Mängeln.
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Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156>; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 S. 6 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 34). Dies gilt auch für mündliche Darlegungen eines Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens nach § 411 Abs. 3 ZPO.
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Nach diesen Grundsätzen konnte das Oberverwaltungsgericht seine Einschätzung, die Klägerin sei gesundheitlich nicht geeignet und sei deshalb zu Recht entlassen worden, nicht auf die lediglich mündlichen Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung stützen. Die Stellungnahme des Gutachters beruht insoweit auf einer erkennbar unzureichenden tatsächlichen Grundlage.
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Zum einen hat dieser bei seinen mündlichen Ausführungen zum chronifizierten Schmerzsyndrom der Klägerin nicht gewürdigt, dass die Schmerzbehandlung mit Botox ab September 2006 erfolgreich war. Nach der Niederschrift über die letzte Berufungsverhandlung hat der Gutachter dort selbst ausgeführt, seine Feststellung eines chronifizierten Schmerzsyndroms wäre unrichtig, wenn bei der Klägerin eine Therapieform nachhaltig angeschlagen hätte. Zum anderen hätte der Gutachter vor seiner entscheidenden Aussage zum Vorliegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms die Unterlagen des behandelnden Arztes einsehen müssen. Ohne Prüfung der Unterlagen über die intensive und lang andauernde Schmerztherapie war eine sachverständige Äußerung über das Schmerzsyndrom, das den Gutachter zur geänderten Beantwortung der ihm gestellten Beweisfrage veranlasst hat, nicht möglich.
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Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Klägerin zum Ablauf ihrer Probezeit neben der Bandscheibenerkrankung noch an einer weiteren Krankheit litt, die es in ihrer Gesamtheit als überwiegend wahrscheinlich machten, dass sie mit der Folge einer erheblich geringeren Lebensdienstzeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sein oder über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird.
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3. § 31 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. bestimmt, dass in dem hier gegebenen Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung § 42 Abs. 3 BBG a.F. sinngemäß anzuwenden ist. Auf diese Regelung, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung führt, ist das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht eingegangen.
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Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über die Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf den Fall der Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung muss der gegenüber § 42 Abs. 3 BBG a.F. geänderten Ausgangslage Rechnung tragen. Bei einem dauernd dienstunfähigen Lebenszeitbeamten soll entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" von der Zurruhesetzung abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Demgegenüber kommt es für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist. Die aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 25 ff.) besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist. Auch diese Frage hat das Oberverwaltungsgericht im erneuten Berufungsverfahren zu klären, falls es erneut zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin fehle die gesundheitliche Eignung.
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4. Wird die gesundheitliche Eignung der Klägerin festgestellt, so ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. für die Entscheidung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung auch die fachliche Eignung der Klägerin während der Probezeit zu klären. Insoweit steht der Beklagten aber ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
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5. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht auch über den gerichtlich geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit zu entscheiden haben, den es im angegriffenen Urteil nicht beschieden hat. Dieser Anspruch besteht, wenn feststeht, dass sich die Klägerin in der Probezeit bewährt hat.
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Rechtsgrundlage dieses Anspruchs der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit ist § 9 Abs. 2 BBG a.F. (vgl. § 147 Abs. 2 Satz 1 BBG in der Fassung des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012, BGBl I S. 462). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt, d.h. wenn er sich bewährt hat. Ansonsten ist er zu entlassen. Nach Satz 2 verlängert sich die Frist um die Zeit einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge. Der Anspruch setzt neben den Anforderungen des § 7 BBG a.F. die Vollendung des 27. Lebensjahres sowie die Bewährung des Probebeamten in der Probezeit voraus. Dagegen ist nicht von Bedeutung, ob eine entsprechende Planstelle frei ist.
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Die Probezeit dient der Klärung der Frage der Bewährung des Probebeamten. Während dieser Zeit hat der Beamte seine allseitige Eignung, unter Einschluss der gesundheitlichen Eignung, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachzuweisen. Entsprechend diesem Zweck der Probezeit und der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ist der Dienstherr gehalten, unverzüglich nach ihrem Ablauf eine Entscheidung über die Bewährung des Beamten zu treffen (Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder Entlassung) und damit zugleich dem Beamten Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen (Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 7 S. 8).
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Da für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Erkenntnisse bis zum Ablauf der Probezeit maßgeblich sind, ist der Beurteilungszeitpunkt des Verpflichtungsbegehrens mit dem der Anfechtungsklage gegen die Entlassungsverfügung identisch. Es können nur solche Umstände Eingang in die Entscheidung finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <151 f.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. aus N. wird abgelehnt.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge jeweils auf bis zu 6.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag des Antragstellers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin S. aus N. beizuordnen, ist abzulehnen. Die Beschwerde bietet aus den im Weiteren dargestellten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).
3Die Beschwerde mit dem Antrag,
4den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller „entsprechend der Einstellungszusage vom 21. Februar 2013 als Beamter auf Widerruf ab dem 4. September 2013 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren beim Finanzamt I. für den mittleren Dienst der Steuerverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen zu übernehmen“,
5bleibt - ungeachtet der Frage, inwieweit sich der Antrag wegen Zeitablaufs erledigt hat - ohne Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt die Abänderung der erstins-tanzlichen Entscheidung nicht. Der Antragsteller hat die Voraussetzungen für die von ihm begehrte Regelungsanordnung auch im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
6Die begehrte Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf bzw. in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Dienstes in der Finanzverwaltung beinhaltet eine Vorwegnahme der Hauptsache. Bei antragsgemäßer Entscheidung würde dem im Klageverfahren verfolgten Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragsteller in das Beamtenverhältnis auf Widerruf einzustellen, schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - jedenfalls zeitlich befristet - entsprochen.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Januar 2008 - 6 B 1763/07 -, juris.
8Eine solche Vorwegnahme der Hauptsache ist im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte und der Erfolg in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist.
9Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Januar 2013
10- 5 B 1493/12 -, DVBl. 2013, 321, vom 27. Juni 2012 - 5 B 1463/11 -, DVBl. 2012, 1113, und vom 27. Juni 2007 - 8 B 922/07 -, NVwZ 2008, 235, jeweils mit weiteren Nachweisen.
11Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist nicht ersichtlich, dass diese Voraussetzungen gegeben sind. Der Antragsteller hat nicht aufgezeigt, dass der Erfolg in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist. Damit fehlt es zugleich an der für den Erfolg des vorliegenden Rechtsschutzbegehrens erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
12Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Der hierin zum Ausdruck kommende Leistungsgrundsatz eröffnet dem Beamtenbewerber keinen Anspruch auf Einstellung bzw. Übernahme in das Beamtenverhältnis, sondern gibt ihm lediglich einen Anspruch darauf, dass über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei nach Maßgabe der genannten Kriterien entschieden wird (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Das in Art. 33 Abs. 2 GG genannte Kriterium der Eignung umfasst auch die gesundheitliche Eignung des Beamtenbewerbers, hinsichtlich derer der Dienstherr eine prognostische Einschätzung zu treffen hat. Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlte es bereits dann an der gesundheitlichen Eignung des Beamtenbewerbers, wenn die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts der dauernden Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden konnte.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 2009 - 2 B 79.08 -, juris.
14Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen - noch nicht in vollem Wortlaut vorliegenden - Urteilen vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 und 2 C 18.12 - nun einen veränderten Prognosemaßstab für nicht schwerbehinderte Beamtenbewerber bestimmt. Demnach sind diese Bewerber gesundheitlich als Beamte nur dann nicht geeignet, wenn ihre Pensionierung vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze aus gesundheitlichen Gründen überwiegend wahrscheinlich ist. Angesichts der Unsicherheiten einer über einen derart langen Zeitraum abzugebenden Prognose dürften die Anforderungen an den Nachweis der gesundheitlichen Eignung nicht überspannt werden. Für eine negative Prognose bedürfe es daher bei einem aktuell leistungsfähigen Bewerber tatsächlicher Anknüpfungspunkte, die eine vorzeitige Pensionierung aus gesundheitlichen Gründen als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Anders als bei der fachlichen Eignung stehe dem Dienstherrn bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung kein nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
15Vgl. Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 52/2013 vom 25. Juli 2013.
16Die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts betreffen zwar jeweils die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe und die hierfür erforderliche gesundheitliche Eignung. Der veränderte - zugunsten der dortigen Bewerber abgesenkte - Prognose-maßstab dürfte jedoch auch anzuwenden sein, wenn, wie hier, ein nicht schwerbehinderter Bewerber die Einstellung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf begehrt.
17Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht angenommen, der Antragsteller besitze nicht die für eine Einstellung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf erforderliche gesundheitliche Eignung. Der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze sei überwiegend wahrscheinlich.
18Das gegen diese näher begründeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts bzw. die ihnen zu Grunde liegenden Ausführungen der Amtsärztin Dr. C. vom 12. August 2013 gerichtete Beschwerdevorbringen verfängt nicht.
19Die prognostische Einschätzung der gesundheitlichen Eignung muss naturgemäß am individuellen Gesundheitszustand des Bewerbers anknüpfen, wie er sich gegenwärtig und in der Vergangenheit dargestellt hat, kann aber zudem auch den Rückgriff auf wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungswerte erfordern.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2008 - 6 A 4819/05 -, juris.
21Dementsprechend ist die Amtsärztin ausweislich ihrer Stellungnahme vom 12. August 2013 verfahren. Sie hat zunächst unter Bezugnahme auf den jugendpsychiatrischen Befundbericht der Vestischen Kinder- und Jugendklinik E. vom 6. Juni 2011 ausgeführt, der Antragsteller habe sich vom 4. Januar bis zum 19. Februar 2011 in stationärer jugendpsychiatrischer Behandlung befunden. Es sei eine mittel-gradige depressive Episode mit vorwiegenden Zwangshandlungen sowie ernsthaften und durchgängigen sozialen Beeinträchtigungen in den meisten Bereichen diagnostiziert worden. Im Weiteren hat sie angemerkt, der Bescheinigung der Vestischen Kinder- und Jugendklinik E. vom 22. April 2013 sei zu entnehmen, dass seinerzeit keine Symptome mehr zu beobachten gewesen seien, die die Diagnose einer depressiven oder einer Zwangsstörung gerechtfertigt hätten. Die hieran anknüpfende Annahme des Verwaltungsgerichts, die recht kurze Zeit zurückliegende Erkrankung im Jahr 2011 stelle einen tatsächlichen Anknüpfungspunkt im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dar, ist nicht zu beanstanden, zumal die Erkrankung eine stationäre jugendpsychiatrische Behandlung über einen Zeitraum von immerhin sechs Wochen erforderte.
22Die Amtsärztin hat im Weiteren das Risiko einer Wiedererkrankung beschrieben. Sie hat ausgeführt, bei depressiven Störungen im Jugendalter sei von einer hohen Rezidivrate auszugehen. Sie werde in der Literatur mit 25 % nach einem Jahr, 40 % nach zwei Jahren und mit 72 % nach fünf Jahren angegeben. Ängste und zwanghaft erscheinende Handlungen könnten begleitend auftreten und wirkten sich ungünstig auf die Prognose aus. Zudem hätten depressive Jugendliche ein erhöhtes Risiko, als Erwachsene an einer Depression oder an einer anderen psychischen Krankheit zu erkranken. Sie hat daraus gefolgert, im Falle des Antragstellers bestehe trotz symptomarmer oder symptomfreier Phasen ein hohes Risiko für Erkrankungsrückfälle. Diesen Ausführungen setzt die Beschwerde nichts Durchgreifendes entgegen.
23Fehl geht der Einwand des Antragstellers, seine Erkrankung liege schon 2,5 Jahre zurück, so dass nur noch von einer Rezidivrate von max. 32 % (72 % - 40 %) auszugehen und eine Wiedererkrankung somit nicht überwiegend wahrscheinlich sei. Eine Rezidivrate beschreibt die statistische Häufigkeit des Wiederauftretens einer Erkrankung nach temporär erfolgreicher Behandlung. Eine Rezidivrate von 72 % nach fünf Jahren bedeutet somit, dass 72 % der erkrankten Jugendlichen nach fünf Jahren wieder an einer depressiven Störung erkranken. Das im Einzelfall bestehende Risiko eines Rückfalls nach fünf Jahren reduziert sich nicht dadurch, dass andere Jugendliche bereits nach ein oder zwei Jahren wieder an einer depressiven Störung erkrankt sind.
24Unberücksichtigt lässt der Antragsteller im Übrigen, dass in seinem Fall nicht allein eine depressive Episode festgestellt worden ist, sondern auch vorwiegende Zwangshandlungen diagnostiziert worden sind. Zwanghaft erscheinende Handlungen, die eine depressive Episode begleitet haben, wirken sich nach den plausiblen Ausführungen der Amtsärztin indes „ungünstig auf die Prognose“ aus, erhöhen somit im Einzelfall das Risiko einer Wiedererkrankung.
25Die Amtsärztin ist ausgehend von den statistischen Werten sowie den im Fall des Antragstellers zu berücksichtigenden Einzelfallumständen zu einer auf seine Person bezogenen prognostischen Einschätzung gelangt, wonach mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit dem vorzeitigen Eintritt seiner dauernden Dienstunfähigkeit gerechnet werden müsse. Die Tragfähigkeit dieser Einschätzung wird mit dem Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Zweifel gezogen.
26Die vom Antragsteller bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bescheinigungen der Vestischen Kinder- und Jugendklinik vom 22. und 29. April 2013 verhalten sich nicht zum Risiko einer Wiedererkrankung, insbesondere schließen sie ein solches nicht aus. Vielmehr ist in der Bescheinigung vom 29. April 2013 ausdrücklich hervorgehoben worden, dass es sich bei ihr weder um ein Gutachten handele, noch „aufgrund der Diagnostik ein Neuauftreten der psychischen Erkrankungen ausgeschlossen werden“ könne.
27Soweit die Beschwerde geltend macht, jedenfalls die amtsärztliche Schlussfolgerung, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit müsse mit dem vorzeitigen Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Antragstellers gerechnet werden, entbehre einer hinreichenden Erkenntnisgrundlage, lässt sie die gebotene Auseinandersetzung mit den Ausführungen der Amtsärztin vermissen. Sie hat die Erkrankung des Antragstellers, die immerhin - wie dargestellt - eine mehrwöchige stationäre jugendpsychiatrische Behandlung erforderte, sowie die Gefahr einer Wiedererkrankung beschrieben. Sie hat u.a. auch darauf hingewiesen, dass depressive Jugendliche ein erhöhtes Risiko hätten, als Erwachsene an einer Depression oder an einer anderen psychischen Krankheit zu erkranken und in soziale und berufliche Anpassungsprobleme zu geraten. Insoweit sind auch im Fall des Antragstellers psycho-soziale Belastungsfaktoren im Beruf von Bedeutung, denen der Antragsteller bisher noch nicht ausgesetzt war. Die Amtsärztin hat schließlich angemerkt, psychische Störungen seien nach der Statistik der Rentenversicherung Bund 2012 die häufigste krankheitsbedingte Ursache für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben.
28Der Einwand des Antragstellers, eine „Neuerkrankung z.B. an leichter Depression“ führe nicht zu einer dauerhaften Dienstunfähigkeit, stellt die Ausführungen der Amtsärztin nicht schlüssig in Frage. Sie ist weder davon ausgegangen, dass bereits eine leichte Depression zur dauerhaften Dienstunfähigkeit des Antragstellers führt, noch davon, dass im Fall des Antragstellers lediglich das Risiko einer (Wieder-)Erkrankung an einer leichten Depression besteht.
29Mangels Vorliegens der erforderlichen gesundheitlichen Eignung kann der Antragsteller auch aus dem Schreiben des Antragsgegners vom 21. Februar 2013 keinen Einstellungsanspruch herleiten. Der Antragsgegner hat ihm dort nicht etwa vorbehaltlos die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zugesichert, sondern ausdrücklich ausgeführt, die Einstellung setze seine gesundheitliche Eignung voraus, und ihn aufgefordert, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen.
30Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für die begehrte Regelungsanordnung auch deshalb nicht gegeben sind, weil der Antragsgegner grundsätzlich nur zu Beginn des Monats September eines jeden Jahres Bewerber in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Dienstes in der Finanzverwaltung einstellt, dieser Zeitpunkt zwischenzeitlich verstrichen ist und die Stellen besetzt sind. Ebenso kann offenbleiben, ob der Antragsteller, der bereits einen erheblichen Teil des ersten Ausbildungsabschnitts versäumt hat, die erforderlichen Lernerfolge noch erreichen könnte.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
32Die Streitwertfestsetzung/-änderung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 und 3 GKG. Eine Herabsetzung des Streitwertes kommt aufgrund des Umstandes, dass der maßgebliche Rechtsschutzantrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist, nicht in Betracht.
33Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.