Verwaltungsgericht München Beschluss, 25. Juli 2018 - M 6 S 18.2698

bei uns veröffentlicht am25.07.2018

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis aller Klassen durch Bescheid des Antragsgegners vom 17. April 2018.

Der Antragsteller war Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen A1 und B mit Unterklassen. Mit polizeilicher Mitteilung vom … August 2016 erhielt der Antragsgegner davon Kenntnis, dass der Antragssteller am … Juli 2016, 7:38 Uhr mit einer THC- Konzentration im Blut (Entnahme: 8:00 Uhr) von 1,4 ng/ml ein Kraftfahrzeug führte. Gegenüber den Polizeibeamten äußerte er laut polizeilichem Protokoll, dass er am … Juli 2016 gegen 23:00 Uhr Cannabis in Form eines Joints konsumiert habe.

Daraufhin entzog der Antragsgegner dem Antragssteller mit Bescheid vom 9. Dezember 2016 mit Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis. Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten, dem die Behördenakte mit Schreiben vom 14. Oktober 2016 zur Einsicht übersandt wurde, Klage und Eilantrag erheben. Der Eilantrag wurde vom Bayerischen Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 4. Mai 2017 abgelehnt (M 6 S 17.141). Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, in der der Antragsteller u.a. seit dem Vorfall vom … Juli 2016 Abstinenz behaupten ließ, hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts mit Beschluss vom 10. Juli 2017 auf und stellte die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 9. Dezember 2016 hinsichtlich der Nrn. 1 und 2 wieder her (11 CS 17.1058). Zur Begründung wurde ausgeführt, bei dem Antragsteller handle es sich um einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten. Bei einer einmaligen Fahrt unter Cannabis-Einfluss eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten könne aber nicht ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung des Betroffenen ausgegangen werden. Vielmehr sei bei einer solchen Konstellation im Ermessenswege über die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu entscheiden.

Daraufhin widerrief der Antragsgegner den Bescheid vom 9. Dezember 2016. Das beiderseitig für erledigt erklärte Klageverfahren in der Hauptsache (M 6 K 17.76) wurde mit Beschluss vom 5. Oktober 2017 eingestellt. Mit Schreiben vom 15. September 2017 gab der Antragsgegner dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich seines Konsumverhaltens und ordnete sodann mit Gutachtensaufforderung vom 20. Oktober 2017 die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, mit dem geklärt werden solle, ob zu erwarten sei, dass der Antragsteller auch künftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis und dessen Nachwirkungen führen werde (Fähigkeit zum Trennen von Konsum und Verkehrsteilnahme). Zur Begründung der Gutachtensaufforderung wurde angeführt, dass aufgrund des festgestellten Sachverhalts vom … Juli 2016 feststehe, dass der Antragsgegner den Konsum von Drogen nicht von der Verkehrsteilnahme trennen habe können. Aufgrund der früheren Einlassungen des Antragstellers stehe außerdem fest, dass es sich nicht um den ersten Cannabiskonsum gehandelt habe.

Gemäß § 14 Absatz 1 Satz 3 der Fahrerlaubnisverordnung - FeV - könne die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verlangen, wenn gelegentliche Einnahmen von Cannabis vorliege und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen begründeten. Dies sei hier der Fall. Bei der Ermessensentscheidung sei berücksichtigt worden, dass von Betäubungsmittelkonsumenten erhebliche Gefahren für den Straßenverkehr ausgingen. Der Antragsgegner fordere den Antragssteller daher nach pflichtgemäßem Ermessen zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gem. § 46 Abs. 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV - i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV i.V.m. der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV auf.

Auch der Umstand, dass der Antragsteller seit dem … Januar 2017 an einem Abstinenzprogramm teilnehme, könne zu keiner anderen Entscheidung führen. Die Forderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens diene nicht dem Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung, sondern der Klärung der Frage, ob der Antragsteller seine Fahreignung verloren habe. Die Beantwortung der zur klärenden Frage, ob er zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgrund mangelnden Trennungsvermögens noch geeignet sei, hänge deshalb auch nicht davon ab, ob für eine gewisse Zeit Drogenabstinenz nachgewiesen sei. Die eingeräumte Zeitdauer von zwei Monaten sei damit ausreichend. Das Gutachten der amtlich anerkannten Begutachtungsstelle solle daher die Frage klären, „ob insbesondere nicht zu erwarten [sei], dass Herr … zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen führen wird (Fähigkeit zum Trennen von Konsum und Verkehrsteilnahme)“. Auf die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 FeV wurde hingewiesen, nicht jedoch auf die Möglichkeit der Einsichtnahme nach § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV.

Mit Erklärung vom … Oktober 2017 wählte der Antragsteller eine Begutachtungsstelle aus, an die der Antragsgegner die Behördenakte übersandte. Mit Schreiben vom … Dezember 2017 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers Fristverlängerung bis zum … Februar 2018. Mit Schreiben vom … Dezember 2017 unterrichtete die Begutachtungsstelle den Antragsgegner darüber, dass es aufgrund einer verspäteten Einzahlung zu einer Verzögerung komme. Mit Schreiben vom … Januar 2018 übermittelte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers eine Terminbestätigung der Begutachtungsstelle für den … Januar 2018. Die Begutachtungsstelle sandte mit Schreiben vom … Februar 2018 die Behördenakte zurück. Mit Schreiben vom … März 2018 beantragte der Prozessbevollmächtigte, die Frist zur Gutachtensvorlage zu verlängern und die Behördenakte einer anderen Begutachtungsstelle zu überlassen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es dem Antragssteller aufgrund seiner Gesellenprüfung nicht möglich gewesen sei, das Gutachten vorzulegen. Mit Schreiben vom 13. März 2018 teilte der Antragsgegner mit, dass keine weitere Verlängerung eingeräumt werde und hörte zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an.

Mit Schreiben vom … März 2018 führte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers aus, dass im Hinblick auf die Eingriffsintensität die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens als milderes Mittel vor einer MPU vorrangig sei, was auch aus § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FeV folge. Dies habe das VG Regensburg in seinem Beschluss vom 22. Februar 2018 festgestellt (RN 8 S 17.2026). Die bisherige Fristsetzung sei nicht verhältnismäßig gewesen, auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs vom 20. Oktober 2017 werde verwiesen (Az. 11 B 17.1080).

Mit Bescheid vom 17. April 2018 entzog der Antragsgegner (zugestellt am 19. April 2018) dem Antragssteller die Fahrerlaubnis (Nr. 1), forderte ihn zur Abgabe des Führerscheins innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids auf (Nr. 2), drohte ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € an, falls der Verpflichtung zur Abgabe nicht innerhalb einer Woche nachgekommen werde (Nr. 3), ordnete die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids an (Nr. 4) und entschied über die Kosten (Nrn. 5 und 6).

Die Entziehung wurde damit begründet, dass der Antragsteller gemäß § 11 Abs. 8 FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sei, sodass ihm gemäß § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz - StVG - i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen sei. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete der Antragsgegner unter Bezugnahme auf die Cannabis-Fahrt vom … Juli 2016 mit den erheblichen Gefahren, die die weitere Teilnahme des Antragstellers für die übrigen Verkehrsteilnehmer mit sich bringen könnte. Hinsichtlich der Anordnung des Sofortvollzugs in Bezug auf die Abgabe des Führerscheins wurde ausgeführt, dass ein Rechtschein einer bestehenden Fahrerlaubnis beseitigt und damit einer missbräuchlichen Verwendung des Führerscheins vorgebeugt werden solle.

Der Antragsteller gab den Führerschein am … April 2018 beim Antragsgegner ab.

Mit Schriftsatz vom … Mai 2018, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am 17. Mai 2018, ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners erheben und beantragte mit Schreiben vom … Juli 2018, den Bescheid des Landratsamtes Freising vom 17. April 2018 aufzuheben.

Mit Schriftsatz vom … Juni 2018 ließ der Antragsteller außerdem beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 wiederherzustellen.

Zur Begründung wiederholte der Antragsteller sein bisheriges Vorbringen.

Der Antragsgegner legte die Akten vor und beantragte mit Schreiben vom 13. Juni 2018, den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Frage des künftigen Trennungsvermögens des Klägers sei eine psychologische Fragestellung und können nicht mittels ärztlichen Gutachtens geklärt werden. Außerdem seien keine hinreichenden Gründe für eine Fristverlängerung vorgebracht worden.

Der Rechtsstreit wurde am 25. Juli 2018 mündlich verhandelt. Auf gerichtliche Nachfrage gab der Prozessbevollmächtigte an, im Herbst 2016 Akteneinsicht genommen zu haben. In der Verhandlung wies der Antragsgegner darauf hin, dass der Prozessbevollmächtigte des Antragsstellers außerdem im vorangegangenen Klageverfahren mit Schreiben vom … Februar 2017 um Übersendung der Behördenakte bat.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die Gerichtsakte - auch in den Verfahren M 6 S 17.141, M 6 K 17.76 und M 6 K 18.2336 -, die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen (§ 117 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

II.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, aber unbegründet und daher insgesamt ohne Erfolg. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 16. Mai 2018 gegen den Bescheid vom 17. April 2018 war hinsichtlich der Nrn. 1 und 2 des Bescheids nicht wiederherzustellen, auch nicht unter Auflagen.

1. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 4 des Bescheids vom 17. April 2018 genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in: Eyermann, VwGO - Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43).

Dem genügt die Begründung des Bescheids. Die Fahrerlaubnisbehörde hat dort dargelegt, warum sie konkret im Fall des Antragstellers im Interesse der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs die sofortige Vollziehung anordnet. Sie hat auf den vorliegenden Einzelfall bezogen ausgeführt, dass aus der Weigerung des Antragstellers, das geforderte Gutachten beizubringen, geschlossen werden könne, dass dieser einen Eignungsmangel verbergen wolle. Im Hinblick auf die Cannabis-Fahrt vom … Juli 2016 liege der Schluss nahe, dass der Eignungsmangel im Zusammenhang mit der erneuten bzw. der fortgesetzten Einnahme von Cannabis stehen könne. Unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Cannabiskonsums bei der Teilnahme am Straßenverkehr könne die weitere Teilnahme des Antragstellers erheblich Gefahren für die übrigen Verkehrsteilnehmer mit sich bringen, sodass das besondere öffentliche Interesse des Schutzes von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer das private oder berufliche Interesse des Antragstellers am weiteren Gebrauch der Fahrerlaubnis überwiege. Im Übrigen ergibt sich das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im Bereich des Sicherheitsrechts regelmäßig - so auch hier - gerade aus den Gesichtspunkten, die für den Erlass des Verwaltungsakts selbst maßgebend waren.

2. Hinsichtlich der in Nr. 4 des Bescheids vom 17. April 2018 angeordneten sofortigen Vollziehung war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 10. April 2017 bezüglich der Nrn. 1 und 2 nicht wiederherzustellen.

2.1 Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.

2.2 Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war der Antrag abzulehnen, weil sich der Ausgang des Hauptsacheverfahrens hinsichtlich der in Nr. 1 des Bescheids vom 17. April 2018 enthaltenen Entziehung der Fahrerlaubnis aller Klassen nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung - ungeachtet des klageabweisenden Urteils vom 25. Juli 2018 im Verfahren M 6 K 18.2336 - als offen darstellt, aber die Interessenabwägung zulasten des Antragstellers ausfällt. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vorliegend wegen der unmittelbaren Klageerhebung derjenige der Zustellung des streitgegenständlichen Bescheids vom 17. April 2018 am 19. April 2018.

2.2.1 Gem. § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz - StVG - i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 der FeV ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach Ansicht der Kammer sprechen gute Gründe dafür, dass die Ungeeignetheit des Antragstellers bereits gem. § 11 Abs. 7 FeV feststeht. Dem steht jedoch die neuere Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entgegen, gegen die wiederum Revisionsverfahren anhängig sind, so dass ungeachtet der Klageabweisung im Hauptsacheverfahren von offenen Erfolgsaussichten auszugehen ist. Gleiches gilt für die Schlussfolgerung aus § 11 Abs. 8 FeV, da es der Antragsgegner unterlassen hat, den Antragsteller gem. § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Verwaltungsakte hinzuweisen und auch die Fragestellung möglicherweise zu weit formuliert ist. Ob dies die Rechtswidrigkeit der Gutachtensanordnung nach sich zieht, sieht die Kammer als offen an. Mangels Entscheidungserheblichkeit war darüber auch im Hauptsacheverfahren nicht zu entscheiden (vgl. VG München, U.v. 25.7.2018 - M 6 K 18.2336 unter Ziffer 1.2)

2.2.2 Die Fahrerlaubnisbehörde darf gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die fehlende Fahreignung schließen, wenn der Betroffene ein von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. §§ 11 - 14 FeV angeordnetes Gutachten nicht vorgelegt hat. Diese Regelung beruht auf der Überlegung, dass bei grundloser Weigerung die Vermutung berechtigt ist, der Betroffene wolle einen ihm bekannten Eignungsmangel verbergen. Dabei ist ein Schluss auf die Nichteignung jedoch nur dann zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig ist (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2005 - 3 C 25.04 - NJW 2005, 3081). Daran hat die Kammer allerdings aus zwei Gründen Zweifel.

Gegen die Rechtmäßigkeit der Gutachtensaufforderung spricht vorliegend einerseits, dass es der Antragsgegner unterlassen hat, den Antragsteller gem. § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Verwaltungsakte hinzuweisen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 17.11.2016 - 3 C 20/15 - BVerwGE 156, 293 = NJW 2017, 1765) handelt es sich bei der dort normierten Mitteilungspflicht nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Verletzung ohne Rechtsfolgen bliebe. Allerdings führe die Verletzung der Hinweispflicht nicht stets dazu, dass die auf eine solchermaßen fehlerhafte Beibringungsaufforderung gestützte Behördenentscheidung aufzuheben sei. Die jeweils mit § 46 VwVfG übereinstimmenden Landesregelungen fänden auch in diesem Zusammenhang Anwendung. Sei offensichtlich, dass der versäumte Hinweis auf die Möglichkeit, die dem Gutachter zu übersendenden Unterlagen einzusehen, die Weigerung des Betroffenen, sich einer Begutachtung zu unterziehen, nicht beeinflusst habe, so sei er auch ohne Einfluss auf die Berechtigung [der Fahrerlaubnisbehörde], aus der unterlassenen Begutachtung auf die Nichteignung zu schließen. Der auch vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, B.v. 27.11.2012 - 11 ZB 12.1596 - juris) herangezogenen Argumentation, eine Kausalität können schon dann ausgeschlossen werden, wenn der (entscheidungserhebliche) Inhalt der Behördenakte in der Gutachtensaufforderung wiedergegeben sei, hat sich das BVerwG in der o.g. Entscheidung ausdrücklich nicht angeschlossen. Da sich die angenommenen Kenntnisse nicht mit einer erfolgten Akteneinsicht gleichsetzen ließen, entbehre diese Schlussfolgerung einer verlässlichen Grundlage. Eine offensichtlich fehlende Kausalität könne etwa dann angenommen werden, wenn der Betroffene in die zu übersendenden Unterlagen Einsicht genommen habe (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 3 C 20/15 - juris Rn. 32 = BVerwGE 156, 293 = NJW 2017, 1765).

Im vorliegenden Fall spricht nach Ansicht der Kammer manches dafür, dass es wegen der vom Prozessbevollmächtigten am … Oktober 2016 (Bl. 20 der Behördenakte) und … Februar 2017 (Bl. 30 der Gerichtsakte im Verfahren M 6 K 17.76) genommenen Akteneinsicht (jeweils durch Übersendung der Behördenakte) ausgeschlossen ist, dass der versäumte Hinweis auf die Möglichkeit der Einsichtnahme die Weigerung des Antragstellers, sich einer Begutachtung zu unterziehen, beeinflusst hat. Dem steht nicht entgegen, dass die Einsichtnahme mehr als acht Monate vor der Gutachtensaufforderung erfolgt ist und damit nicht die gesamte Behördenakte eingesehen werden konnte, die nachfolgend an die Begutachtungsstelle übersandt wurde. Der einzig für die Beurteilung maßgebliche Sachverhalt - die polizeilich dokumentierte Fahrt unter Cannabiseinfluss - findet sich zu Beginn der Behördenakte und wurde vom Prozessbevollmächtigten eingesehen. Im weiteren Verlauf besteht die Behördenakte nur aus Schriftsätzen der Prozessbeteiligten und des Gerichts, die (zumindest) dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers bereits anderweitig zugestellt wurden. Da der streitgegenständliche Sachverhalt aber von bisher zu § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV entschiedenen Konstellationen abweicht, können die Erfolgsaussichten (auch in weiteren Instanzen) nicht abschließend, insbesondere nicht im Sinne einer offensichtlichen Erfolglosigkeit des Hauptsacherechtsbehelfs eingeschätzt werden, so dass die Kammer insoweit von offenen Erfolgsaussichten ausgeht.

Zu kritisieren ist ferner die Fragestellung insoweit, als dort formuliert wurde, das Gutachten solle „insbesondere“ zum Trennungsvermögen des Antragstellers Stellung nehmen. Dies wirft Fragen hinsichtlich der ausreichenden Bestimmtheit der Fragestellung auf. Der Ausdruck „insbesondere“ bringt grundsätzlich zum Ausdruck, dass in dem Gutachten noch weitere Fragen beantwortet werden sollen, ohne dass der Inhalt von der Fahrerlaubnisbehörde aber näher spezifiziert wurde. Sollte die Passage so zu verstehen sein, dass in dem Gutachten - beispielsweise - auch zum Konsum harter Drogen Stellung genommen werden soll, würde dies zudem Zweifel hinsichtlich der Anlassbezogenheit der Fragestellung aufwerfen. Ob aus der Begründung der Gutachtensaufforderung wiederum hinreichend deutlich hervorgeht, dass der Antragsgegner über das Trennungsvermögen hinaus keine weiteren Fragen aufklären wollte - und es sich damit um eine rein sprachlich, überflüssige Floskel handelt, wie vom Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung dargelegt - liegt nicht ohne weiteres auf der Hand.

Unbeschadet der daraus folgenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit vermag die Kammer den Einwänden des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers nicht zu folgen, soweit geltend gemacht wird, der Antragsgegner hätte dem Antragsteller gem. Art. 31 Abs. 7 BayVwVfG eine (weitere) Fristverlängerung gewähren müssen, so dass der Schluss auf die fehlende Eignung des Antragstellers gem. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auch aus diesem Grund nicht berechtigt gewesen sei. Das Gericht folgt insoweit der zutreffenden Begründung des Bescheids und sieht von einer weiteren Darstellung ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). Unzutreffend ist auch der Einwand des Antragstellers, der Antragsgegner hätte mittels ärztlicher Gutachten weiter aufklären müssen. Die Frage des künftigen Trennungsvermögens ist eine psychologische Fragestellung, die - ihre Notwendigkeit unterstellt, dazu sogleich unter 2.2.3 - mit Hilfe eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzuklären ist, dessen Anordnung der Antragsgegner zutreffend auf § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gestützt hat. Die Frage der Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums war gerade nicht mehr zu klären (dazu ebenfalls sogleich).

2.2.3 Die erkennende Kammer geht allerdings davon aus, dass die Fahrerlaubnis des Antragstellers schon gem. § 11 Abs. 7 FeV zu entziehen gewesen wäre, da der Antragsteller ausweislich seiner eigenen Einlassungen als gelegentlicher Cannabiskonsument anzusehen ist. Die Kammer verweist im Hinblick auf die Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im vorangegangenen Verfahren (B.v. 10.7.2017 - 11 CS 17.1058 - juris):

„Der Antragsteller hat in mindestens zwei selbstständigen Konsumvorgängen, die einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen, Cannabis zu sich genommen und damit […] gelegentlich Cannabis konsumiert. Zum einen hat er sich bei der Verkehrskontrolle zuerst dahingehend eingelassen, dass er ca. zwei Wochen zuvor Marihuana konsumiert habe. Dann hat er angegeben, am … Juli 2016 gegen 23.00 Uhr einen Joint konsumiert zu haben. Zum anderen muss der Fahrt am … Juli 2016 ein weiterer Konsum vorausgegangen sein. Dies ergibt sich aus dem in der Untersuchung der Blutprobe festgestellten THC-Wert von 1,4 ng/ml. Aufgrund des Abbauverhaltens von THC und dem ebenfalls festgestellten THC-COOH-Wert von 29,9 ng/ml, der nicht auf einen häufigen oder regelmäßigen Konsum über einen längeren Zeitraum schließen lässt, erscheint äußerst unwahrscheinlich, dass der THC-Wert von 1,4 ng/ml noch auf einen Konsum zwei Wochen vor der Blutentnahme oder am Abend des … Juli 2016 zurückgeht. In dem toxikologischen Gutachten wird auch festgestellt, dass ein akuter Konsum von Cannabisprodukten stattgefunden habe. Da der Antragsteller auch keine plausible Erklärung für einen lediglich einmaligen Probierkonsum geliefert hat, ist in einem Akt der Beweiswürdigung vor dem Hintergrund des äußerst seltenen Falls, dass jemand nach einem einmaligen Konsum zum einen bereits kurz darauf ein Kraftfahrzeug führt und zum anderen dann auch noch trotz der geringen Dichte der polizeilichen Verkehrsüberwachung in eine Verkehrskontrolle gerät und die Polizei einen Drogentest veranlasst, die Annahme gerechtfertigt, dass der Antragsteller mehrfach Cannabis konsumiert hat.“

Die Kammer folgt dabei der Ansicht des Antragsgegners, dass das vom Antragsteller nach eigenen Angaben seit dem … Januar 2017 durchgeführte Abstinenzprogramm nichts daran ändert, dass er sowohl im Zeitpunkt der Gutachtensaufforderung im Oktober 2017 als auch der Zustellung des Entziehungsbescheids am 19. April 2018 noch als gelegentlicher Konsument anzusehen war. Richtig ist zwar, dass nicht jeder beliebig weit in der Vergangenheit zurückliegende Drogenkonsum als Grundlage für die Annahme eines gelegentlichen Cannabiskonsums herangezogen werden kann (vgl. OVG Thüringen, B.v. 20.12.2017 - 2 EO 303/16 - juris). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 20. November 2006 (11 CS 06.118) Gelegentlichkeit bei fünfjährigem Abstand zwischen zwei Konsumakten aber noch bejaht. Überdies hat der Antragsteller weder dem Antragsgegner noch dem Gericht entsprechende Abstinenznachweise vorgelegt. Auf das Schreiben vom 15. September 2017, mit dem der Antragsgegner den Antragsteller zum Konsumverhalten befragt hat, erfolgte dazu ebenfalls keine Stellungnahme, obwohl sich die Übermittlung entsprechender Nachweise zu diesem Zeitpunkt aufgedrängt hätte.

Da der Antragsteller ausweislich der polizeilichen Kontrolle am … Juli 2016 zumindest in diesem Fall nicht zwischen Konsum und Teilnahme am Straßenverkehr getrennt hat, ist er nach Ansicht der Kammer ab diesem Zeitpunkt als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen (vgl. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV). Der von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 - juris) abweichenden neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, U.v. 25.4.2017 - 11 BV 17.33 - juris), derzufolge bei dieser Sachlage weitere Aufklärungsmaßnahmen zur Klärung des künftigen Trennungsvermögens geboten sind, folgt die erkennende Kammer ausdrücklich nicht (vgl. VG München, U.v. 11.4.2018 - M 6 K 17.1389; U.v. 4.10.2017 - M 6 K 16.5419 - juris; U.v. 5.4.2017 - M 6 K 17.762 - juris), sondern schließt sich der Judikatur der übrigen Obergerichte an (vgl. OVG SH, B.v. 27.6.2018 - 4 MB 45/18 - juris; OVG RhPf, B.v. 1.3.2018 - 10 B 10060/18 - juris; OVG SA, B.v. 6.9. 2017 - 3 M 171/17 - juris; SächsOVG, B.v. 18.7.2017 - 3 B 147/179 - juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 28.6.2017 - OVG 1 S 27.17 - juris; NdsOVG B.v. 7.4.2017 - 12 ME 49/17 - juris; OVG NW, U.v. 15.3.2017 - 16 A 432/16 - juris; VGH BW, B.v. 7.3.2017 - 10 S 328/17 - juris). Angesichts der entgegenstehenden Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und der hierzu anhängigen Revisionsverfahren geht die Kammer aber für das Eilverfahren auch insoweit von offenen Erfolgsaussichten aus.

2.2.4 Da die Ungeeignetheit des Antragstellers somit weder gemäß § 11 Abs. 7 FeV noch gemäß § 11 Abs. 8 FeV in einer Weise feststeht, die zur offenkundigen Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids führen würde, ist auf Basis einer Interessenabwägung zu entscheiden, die zu Lasten des Antragstellers ausfällt.

In den Fällen, in denen die Kammer abweichend von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof keine Notwendigkeit für weitere Aufklärungsmaßnahmen hinsichtlich des Trennungsvermögens gesehen hat, hat es bisher dennoch die aufschiebende Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs wieder hergestellt, um die jeweiligen Antragsteller nicht quasi in das Rechtsmittel der Beschwerde zu zwingen, bei dem die Antragsteller dann obsiegt hätten. Ein solches Vorgehen widerspricht nach Ansicht der Kammer dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes und des fairen Verfahrens (vgl. VG München, B.v. 13.6.2017 - M 6 S 17.77). Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass der Bescheid auch auf § 11 Abs. 8 FeV gestützt wurde und die Kammer die Erfolgsaussichten auch insoweit für offen hält. Aus diesem Grund stellt die Kammer bei der Interessensabwägung auf die allgemeinen Erwägungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ab, der stets darauf bedacht ist, dass von dem Betreffenden aktuell keine höhere Gefahr für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs ausgeht als von anderen Verkehrsteilnehmern (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2016 - 11 CS 16.1467 - juris Rn. 25).

Über die in diesem Verfahren nicht weiter belegten Abstinenzbehauptungen hinaus hat der Antragsteller bisher aber nichts vorgetragen, was diese Einschätzung tragen könnte. Nachweise für die Teilnahme an dem Drogenkontrollprogramm hat er ebenso wenig vorgelegt wie in diesem Rahmen durchgeführte Abstinenznachweise in Form von Blutproben, Urinproben oder Haaranalysen. Warum er trotz der eingereichten Terminbestätigung der Begutachtungsstelle nach diesem Termin um weitere Fristverlängerung und die Übersendung der Unterlagen an eine andere Begutachtungsstelle gebeten hat, hat er ebenfalls nicht näher dargelegt. Der Hinweis auf die Gesellenprüfung kann dies nicht erklären. Wie schon der Antragsgegner im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt hat, legt dies eher nahe, dass das eingeholte Gutachten nicht im Sinne des Antragstellers ausgefallen ist. Im Ergebnis hat der Antragsteller jedenfalls nicht dargelegt, dass von ihm im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und der Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrzeugführer keine größere Gefahr ausginge, als mit der Zulassung von Personen als Fahrzeugführer generell verbunden ist. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Nr. 1 des Bescheids vom 17. April 2018 war daher abzulehnen.

2.2.5 Da somit die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der summarischen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein abzuliefern. Diese - im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte - Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV. Bedenken gegen deren Rechtmäßigkeit sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - i.V.m. den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.2 sowie 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 25. Juli 2018 - M 6 S 18.2698

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 25. Juli 2018 - M 6 S 18.2698

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Verwaltungsgericht München Beschluss, 25. Juli 2018 - M 6 S 18.2698 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 11 Eignung


(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Ei

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 3 Entziehung der Fahrerlaubnis


(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorsc

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 46 Entziehung, Beschränkung, Auflagen


(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorlie

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 14 Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel


(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizu

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 46 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern


Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn of

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 47 Verfahrensregelungen


(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zu

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht München Beschluss, 25. Juli 2018 - M 6 S 18.2698 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 25. Juli 2018 - M 6 S 18.2698 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Juli 2017 - 11 CS 17.1058

bei uns veröffentlicht am 10.07.2017

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 4. Mai 2017 wird in Nr. I aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheids des Landratsamts Freising vom 9. Dezember 2016 wird w

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Sept. 2016 - 11 CS 16.1467

bei uns veröffentlicht am 14.09.2016

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 28. Juni 2016 wird in Nr. I abgeändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 17. Mai 2016 wird hinsichtlich der Nummern 1 un

Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Mai 2017 - M 6 S 17.141

bei uns veröffentlicht am 04.05.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf EUR 3.750,- festgesetzt. Gründe I. Der 19... geborene Antragsteller

Verwaltungsgericht München Urteil, 05. Apr. 2017 - M 6 K 17.762

bei uns veröffentlicht am 05.04.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinte

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2017 - 11 BV 17.33

bei uns veröffentlicht am 25.04.2017

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. November 2016 (M 26 K 15.1494) und der Bescheid des Landratsamts Starnberg vom 4. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 18. März

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 27. Juni 2018 - 4 MB 45/18

bei uns veröffentlicht am 27.06.2018

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 3. Kammer - vom 16. Februar 2018 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 01. März 2018 - 10 B 10060/18

bei uns veröffentlicht am 01.03.2018

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 1. Dezember 2017 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Besc

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 06. Sept. 2017 - 3 M 171/17

bei uns veröffentlicht am 06.09.2017

Gründe 1 I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle - 7. Kammer - vom 15. Juni 2017, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, bleibt ohne Erfolg.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 07. März 2017 - 10 S 328/17

bei uns veröffentlicht am 07.03.2017

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Januar 2017 - 1 K 6154/16 - wird verworfen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 17. Nov. 2016 - 3 C 20/15

bei uns veröffentlicht am 17.11.2016

Tatbestand 1 Der Kläger begehrt die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B. 2

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Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf EUR 3.750,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der 19... geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit eines Bescheids zur Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1, B, L.

Am … Juli 2016 gegen 7:30 Uhr wurde der Antragsteller als Führer eines PKW einer polizeilichen Verkehrskontrolle unterzogen. Den Beamten fielen beim Antragsteller drogentypische Auffälligkeiten in Form von geröteten, glasigen Augen, Mundtrockenheit, Kauzwang sowie eine nervöse Grundstimmung auf. Daraufhin wurde der Antragsteller auf den Verdacht des Drogenkonsums angesprochen. Er gab an, vor etwa 2 Wochen Marihuana in Form von Joints konsumiert zu haben. Nach einem freiwilligen Drogenvortest mit positiver Reaktion auf Tetrahydrocannabinol (THC) erfolgte mit Einverständnis des Antragstellers um 8:00 Uhr eine Blutentnahme. In der Blutprobe wurden laut Gutachten des … … Centrums … A … vom … Juli 2016 folgende Substanzen festgestellt: 1,4 ng/ml THC, 1,0 ng/ml Hydroxy-THC, 29,9 ng/ml THC-Carbonsäure. Das Gutachten kam zu der Beurteilung, dass durch die vorgenommenen chemisch-toxikologischen Untersuchungen nachgewiesen sei, dass beim Antragsteller ein akuter Konsum von Cannabisprodukten stattgefunden habe. In der Serumsprobe seien THC und Hydroxy-THC in Konzentrationen aufgefunden worden, die dafür sprächen, dass zum Zeitpunkt der Blutentnahme von einer akuten Wirkung auszugehen sei. Aufgrund der Befunde könne davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Blutentnahme eine Überschreitung sogenannter „analytischer Grenzwerte“ im Sinne einer anzunehmenden Wirkung gemäß § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) gewesen sei.

Mit Bußgeldbescheid vom … September 2016, rechtskräftig seit … September 2016 verhängte das bayerische Polizeiverwaltungsamt wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG ein Bußgeld sowie ein einmonatiges Fahrverbot.

Mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 wurde der Antragsteller vom Antragsgegner zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis angehört. Der Bevollmächtigte des Antragstellers äußerten mit Schriftsatz vom 7. November 2016 (nach erfolgter Akteneinsicht), dass, selbst wenn gelegentlicher Konsum von Cannabis vorliegen würde, dies nicht rechtfertigen würde, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Nach der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei bei einer einzelnen Fahrt unter Cannabiseinfluss nicht per se von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen. Es werde darauf hingewiesen, dass der Antragsteller existenziell auf die Fahrerlaubnis angewiesen sei.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2016, zugestellt am 10. Dezember 2016, entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids), verlangte die Ablieferung des Führerscheins bis spätestens 7 Tage nach Zustellung des Bescheids (Nr. 2), drohte für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins ein Zwangsgeld in Höhe von 500 EUR an (Nr. 3) und ordnete die sofortige Vollziehung der in Nr. 1 und 2 getroffenen Regelungen an (Nr. 4). Die Nrn. 5 und 6 enthalten Festsetzungen zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) wurde mit dem Verlust der Fahreignung des Antragstellers nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV begründet. Es wurde unter anderem darauf verwiesen, dass die in der Anhörung zitierten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht im Einklang mit der jahrelang gefestigten Rechtsprechung zahlreicher Oberverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 23.10.2014, Az. 3 C 3.13) stünden.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde auf Seite 4 des Bescheids insbesondere damit begründet, dass der Antragsteller als jedenfalls gelegentlicher Konsument von Cannabisprodukten ein Kraftfahrzeug unter THC-Einwirkung im Straßenverkehr geführt und damit seine Fahreignung verloren habe. Unter dem Einfluss von Cannabis könnten psycho-physische Leistungseinbußen, wie z.B. Fehleinschätzungen von Geschwindigkeiten und Entfernungen bei Fahrzeugen, erhöhte Risikobereitschaft, gestörte oder verzerrte Wahrnehmung visueller und akustischer Reize sowie Desorientiertheit und Bewegungsunsicherheiten auftreten. Weiterhin komme es zu Defiziten in der Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit, die Ablenkbarkeit sei erhöht und die Kritikfähigkeit vermindert. Angesichts der Gefahren für Leib und Leben Dritter, die demnach von der motorisierten Verkehrsteilnahme eines Cannabiskonsumenten, der seine Fahreignung noch nicht wieder erlangt habe, ausgingen, überwiege das besondere öffentliche Interesse - unter dem Aspekt des Schutzes von Leben und Gesundheit der anderen Verkehrsteilnehmer - das private oder berufliche Interesse des Antragstellers am weiteren Gebrauch der Fahrerlaubnis. Das besondere öffentliche Interesse verlange es, dass zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignete Personen sofort an der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr gehindert würden.

Der Antragsteller gab seinen Führerschein am … Dezember 2016 bei der Fahrerlaubnisbehörde ab.

Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2017, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München per Telefax eingegangen am gleichen Tag, erhob der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts Freising vom 9. Dezember 2016 Klage (M 6 K 17.76), zunächst ohne einen Antrag zu stellen. Mit weiterem Schriftsatz vom 30. Januar 2017 beantragte der Prozessbevollmächtigt den Bescheid des Landratsamts Freising vom 9. Dezember 2016 aufzuheben, hilfsweise die Berufung zuzulassen.

Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2017, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am 12. Januar 2017, beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers für diesen,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Landratsamts Freising vom 9. Dezember 2016 hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 des Bescheids unter Auflagen, die in das Ermessen des Gerichts gestellt werden, wiederherzustellen und hinsichtlich Ziffer 3 anzuordnen.

Ausweislich der aktuellen Rechtsprechung des BayVGH sei jedenfalls offen, ob bereits bei einer einzelnen Fahrt unter Cannabiseinfluss, selbst wenn gelegentlicher Konsum angenommen werde, von einer Ungeeignetheit nach § 11 Abs. 7 FeV in Verbindung mit Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ausgegangen werden könne oder ob nicht entsprechend dem Vorgehen bei fahrerlaubnisrechtlichem Alkoholkonsum (der nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führe und bei dem nach § 13 Satz 1 Nr. 2 b FeV erst bei der 2. Zuwiderhandlung die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen ist) bei der ersten Zuwiderhandlung zunächst ein Fahreignungsgutachten im Ermessenswege nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV angeordnet werden könne und erst bei der 2. Zuwiderhandlung nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV zwingend ein Fahreignungsgutachten angeordnet werden müsse. Jedenfalls sei die Möglichkeit der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege zu prüfen bzw. anzuordnen gewesen. Eine Interessenabwägung gehe selbst bei offenen Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage zugunsten des Antragstellers aus. Der Antragsteller konsumiere Cannabis nicht mehr. Es liege ein stabiles und motivational gefestigtes Trennungsvermögen vor, sodass der Antragsteller als geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen werden könne. Der Antragsteller erkläre sich ausdrücklich mit den in den genannten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vorgesehenen Auflagen einverstanden.

Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2017 beantragte der Antragsgegner die Abweisung der Klage. Er legte im Antragsverfahren am 7. Februar 2017 seine Behördenakte vor und beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller habe als zumindest gelegentlicher Cannabiskonsument Konsum und die Teilnahme am Kraftfahrzeugverkehr nicht getrennt und gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV seine Fahreignung verloren. An diesem Ergebnis ändere auch die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 29. August 2016 (Az. 11 CS 16.1460) angedeutete Rechtsauffassung nichts, denn in dieser Entscheidung habe sich der Senat noch nicht festgelegt.

Mit einem weiterem Schriftsatz vom 28. April 2017 wies der Bevollmächtigte des Antragstellers auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. April 2017 hin, in dem entschieden worden sei, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis bei einer einmaligen Fahrt unter Cannabiseinfluss bei gelegentlichem Konsum eine Fahrerlaubnisentziehung nicht rechtfertige. Auch wenn laut der Pressemitteilung zu diesem Urteil die Revision zugelassen worden sei, sei deshalb zum jetzigen Zeitpunkt die Aussetzung des Sofortvollzugs angezeigt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakten im Klage- und Antragsverfahren, sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ist teilweise bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet und daher insgesamt ohne Erfolg. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 9. Januar 2017 gegen den Bescheid vom 9. Dezember 2016 war hinsichtlich der Nrn. 1 und 2 des Bescheids nicht wiederherzustellen, auch nicht unter Auflagen.

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids unzulässig, weil ihm das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt (BayVGH, B.v. 12.2.2014 - 11 CS 13.2281 - juris). Die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids ist erfüllt, denn der Antragsteller hat seinen Führerschein bereits bei der Fahrerlaubnisbehörde abgegeben. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Fahrerlaubnisbehörde das in Nr. 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG - gleichwohl noch beitreiben wird.

Nicht erledigt hingegen hat sich durch die Abgabe des Führerscheins die Verpflichtung hierzu in Nr. 2 des Bescheids, denn sie stellt den Rechtsgrund für das vorläufige behalten dürfen dieses Dokuments für die Fahrerlaubnisbehörde dar (BayVGH, B.v. 12.2.2014 - 11 CS 13.2281 - juris).

2. Im Übrigen ist der Antrag zulässig, aber unbegründet.

2.1 Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 4 des Bescheids vom 9. Dezember 2017 genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in: Eyermann, VwGO - Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43).

Dem genügt die Begründung auf den Seite 4 im Bescheid vom 9. Dezember 2017. Die Fahrerlaubnisbehörde hat dort dargelegt, warum sie konkret im Fall des Antragstellers im Interesse der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs die sofortige Vollziehung anordnet. Sie hat dies auf den vorliegenden Einzelfall bezogen, dass der Antragsteller bereits einmal unter Cannabiseinfluss am Straßenverkehr teilgenommen hat und zum Schutz für Leib und Leben Dritter sofort an der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr gehindert werden muss.

Im Übrigen ergibt sich das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im Bereich des Sicherheitsrechts regelmäßig - so auch hier - gerade aus den Gesichtspunkten, die für den Erlass des Verwaltungsakts selbst maßgebend waren.

2.2 Hinsichtlich der in Nr. 4 des Bescheids vom 9. Dezember 2017 angeordneten sofortigen Vollziehung war die aufschiebende Wirkung der Klage vom 9. Januar 2017 bezüglich der Nrn. 1 und 2 nicht wiederherzustellen.

2.2.1 Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.

2.2.2 Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war der Antrag abzulehnen, weil sich der Ausgang des Hauptsacheverfahrens hinsichtlich der in Nr. 1 des Bescheids vom 9. Dezember 2017 enthaltenen Entziehung der Fahrerlaubnis aller Klassen nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als offen darstellt und die Interessenabwägung zulasten des Antragstellers ausgeht.

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vorliegend, wegen der unmittelbaren Klageerhebung, derjenige der Zustellung des streitgegenständlichen Bescheids vom 9. Dezember 2017 am 10. Dezember 2017 (BayVGH, B.v. 4.12.2012 - 11 ZB 12.2667 - juris).

Mit dieser Maßgabe ist festzustellen, dass im Ergebnis offen ist, ob die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz - StVG - und § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV - rechtlich zu beanstanden ist. Hat sich der Antragsteller als fahrungeeignet im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV erwiesen, weil er als gelegentlicher Konsument von Cannabis den Konsum vom Fahren nicht getrennt hat, so durfte die Fahrerlaubnisbehörde ohne vorherige Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zu seinen Konsumgewohnheiten oder einer medizinisch-psychologischen Begutachtung von der Nichteignung des Antragstellers ausgehen, § 11 Abs. 7 FeV (bislang st. Rspr., z.B. BayVGH, B.v. 18.4.2016 - 11 ZB 16.285 - juris Rn. 10 und Rn. 15 a.E. [unter Verweis auf BVerwG, U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13]).

Dass der Antragsteller bis zum Vorfall am … Juli 2016 gelegentlich, d.h. mindestens zwei Mal, Cannabis eingenommen hat steht zur Überzeugung der erkennenden Kammer, aufgrund seiner Angaben im Rahmen der Verkehrskontrolle, er habe vor etwa 2 Wochen Marihuana in Form von Joints konsumiert, in Verbindung mit den Ergebnissen des toxikologischen Gutachtens vom … Juli 2016 und den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Nachweisbarkeit bzw. zur Abbaugeschwindigkeit von Tetrahydrocannabinol - THC - (aktiver Wirkstoff des Cannabis), fest.

Das toxikologische Gutachten weist hinsichtlich THC einen Wert von 1,4 ng/ml aus. Somit muss der Antragsteller zwischen den von ihm eingeräumten Joints etwa 2 Wochen vor der Verkehrskontrolle und seiner Verkehrsteilnahme am … Juli 2016 mindestens ein weiteres Mal und somit insgesamt mindestens zwei Mal Cannabis konsumiert haben. Diese Annahme deckt sich mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. So führt Toennes et alia „Beweismittelverlust bei verzögerter Blutentnahme“ (Arch. Kriminol. 235, 73 bis 79) unter Bezug auf Studien aus den Jahren 2007 und 2009 aus, bei erstmaligem oder nur gelegentlichem Cannabiskonsum sei bei 95% aller Probanden nach 6 bis 8 Stunden THC nur noch in Konzentrationen < 1 ng/ml nachweisbar, nach 11 Stunden liege der Wert unter der Nachweisgrenze (aktuell 0,3 ng/ml). Hiervon geht auch die Grenzwertkommission aus, die Vorschläge für die in der Anlage zu § 24a StVG enthaltenen bzw. aufzunehmenden Stoffe auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse gegenüber dem Bundesminister für Verkehr unterbreitet (Naturwissenschaftliche Grundlagen der Fahrlässigkeit - Zeitspanne der Nachweisbarkeit - Zuverlässigkeit von Drogenvortests, Blutalkohol 4/8/2011).

Ein gelegentlicher Konsum von Cannabis i. S. d. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist bereits bei zwei selbständigen Konsumvorgängen in einem gewissen auch zeitlichen Zusammenhang gegeben. Ein nur einmaliger Konsum wurde vom Antragsteller am … Juli 2016 auch nicht gegenüber der Polizei behauptet.

Der Antragsteller hat zudem den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht getrennt. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 - juris; vgl. auch z.B. BayVGH, B.v. 27.10.2016 - 11 CS 16.1388 - juris Rn. 5) trennt ein Konsument von Cannabis bereits dann nicht, wenn er fährt, obwohl wegen des Cannabiseinflusses auf ihn eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist. Dabei kommt es nicht auf sein Empfinden an, sondern auf einen objektiv festgestellten Wert von 1,0 ng/ml THC oder mehr im Blut. Beim Antragsteller lag der THC-Wert um 8:00 Uhr - 30 Minuten nach der Anhaltung durch die Polizei gegen 7:30 Uhr - mit 1,4 ng/ml noch darüber. Dieser Sachverhalt steht fest durch den am … September 2016 rechtskräftig gewordenen Bußgeldbescheid vom … September 2016 (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2016 - 11 CS 16.1467 - juris Rn. 19; B.v. 29.8.2016 - 11 CS 16.1460 - juris Rn. 15).

Das Vorbringen des Antragstellers führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.

Der Bevollmächtigte des Antragstellers weist zwar zutreffend auf die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes vom 29. August 2016 (11 CS 16.1460 - juris Rn. 16 f.) und 14. September 2016 (11 CS 16.1467 - juris Rn. 15, 20 f.) hin, allerdings handelte es sich hierbei zunächst um Eilentscheidungen. Laut einer Pressemitteilung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat dieser mit Urteil vom 25. April 2017 unter Abänderung einer erstinstanzlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 21. November 2016 einen Fahrerlaubnisentzug aufgehoben, den das Landratsamt Starnberg ausgesprochen hatte. Dem Führerscheinentzug soll eine einmalige Autofahrt des Klägers unter Cannabiseinfluss vorausgegangen sein. Die Urteilsgründe dieser Entscheidung liegen der erkennenden Kammer noch nicht vor.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Erfolgsaussichten in der Hauptsache im Ergebnis als offen anzusehen sind. Zwar wird der Kläger in der Hauptsache im Berufungsverfahren mutmaßlich obsiegen, mit Blick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2014 (Az. 3 C 3.13) und die nunmehr uneinheitliche Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 2.3.2011 - 10 B 11400/10 - juris; VGH Baden-Württemberg, B.v. 7.3.2017 - 10 S 328/17 - juris) kann jedoch gleichwohl von offenen Erfolgsaussichten ausgegangen werden. Dementsprechend hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem oben genannten Urteil vom 25. April 2017 die Revision zugelassen.

Aufgrund der nach wie vor offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache ist eine Interessenabwägung veranlasst, die jedoch zulasten des Antragstellers ausgeht.

Zunächst ist festzustellen, dass auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stets darauf bedacht ist, dass von dem Betreffenden aktuell keine höhere Gefahr für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs ausgeht als von anderen Verkehrsteilnehmern (B.v. 14.9.2016 - 11 CS 16.1467 - juris Rn. 25). Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 23. Oktober 2014 (3 C 3/13 - juris Rn. 52) explizit ausgeführt hat, dass die Ungleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum auf der unterschiedlichen Bewertung des mit dem jeweiligen Konsum verbundenen Gefährdungspotenzials in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung beruhe, die den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wiedergebe.

Gegen den Antragsteller spricht, dass er gegenüber den Polizeibeamten eindeutig wahrheitswidrige Angaben zu seinem zurückliegenden Cannabiskonsum gemacht hat. Die von ihm eingeräumten Joints, die er vor etwa 2 Wochen geraucht haben will, können unmöglich zu der THC Konzentration im Blut von 1,4 ng/ml am Tattag geführt haben. Zwar muss sich ein Kfz-Fahrzeugführer gegenüber der Polizei nicht selbst belasten, er darf jedoch auch keine unwahren Angaben machen. Das Vorbringen von Ausflüchten bzw. Lügen spricht für gewisse charakterliche Mängel des Antragstellers und somit für eine negative Prognose im Hinblick darauf, dass er künftig Cannabiskonsum und das Führen eines Kfz im Straßenverkehr trennen wird.

Soweit sich der Antragsteller mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung unter Auflagen einverstanden erklärt, können die Erfahrungen der Kammer aus einer Reihe ähnlich gelagerter Fälle nicht unerwähnt bleiben. Häufig werden Drogenkontrollprogramme unterbrochen und Urinabgaben abgesagt oder deren Versäumung nachträglich gerechtfertigt, etwa weil der Betroffene sich im Ausland befunden habe, der Handy Akku leer gewesen oder er spontan im Urlaub gewesen sei. Doch selbst während einer, der Untersuchungsstelle angekündigten, Abwesenheit (z.B. zwecks Montageeinsatz im Ausland oder mehrwöchigem Urlaub) bieten sich hinreichend Gelegenheiten für nachher nicht feststellbaren Cannabiskonsum. Die Annahme, solche Screenings könnten der Gefahr weiterer Drogeneinnahme wirksam entgegenwirken, lässt sich aus Sicht der Kammer daher nicht bestätigen. Hierin liegt das Risiko, Personen, die sich wegen einer Verkehrsteilnahme unter fahreignungsrelevantem Einfluss dieser Droge als fahrungeeignet erwiesen haben, weiterhin die Verkehrsteilnahme zu erlauben, noch bevor geklärt ist, ob sie tatsächlich ihre Fahreignung wiedererlangt haben. Zu einem fortlaufenden Drogenscreening hat sich der Antragsteller bislang auch nicht explizit bereit erklärt.

In Erwägung all dessen müssen die persönlichen Interessen des Antragstellers - auch solche beruflicher Art - hinter den Interessen der Allgemeinheit - hier insbesondere an der Sicherheit des Straßenverkehrs - zurücktreten.

2.2.3 Da somit die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der summarischen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein abzuliefern. Diese - im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte - Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - i.V.m. den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.2 sowie 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 4. Mai 2017 wird in Nr. I aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheids des Landratsamts Freising vom 9. Dezember 2016 wird wiederhergestellt. Der Antragsgegner wird angewiesen, dem Antragsteller den Führerschein bis zur Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache wieder auszuhändigen oder ihm im Falle der Unbrauchbarmachung des Führerscheins ein vorläufiges Ersatzdokument auszustellen.

II. Unter Abänderung der Nr. II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts trägt der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1, B und L.

Mit Bußgeldbescheid vom 9. September 2016, rechtskräftig seit 28. September 2016, verhängte das Bayerische Polizeiverwaltungsamt wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG ein Bußgeld sowie ein einmonatiges Fahrverbot gegen den Antragsteller. Dem lag zu Grunde, dass der Antragsteller gemäß dem Gutachten des Forensisch T. C. GmbH München vom 31. Juli 2016 am 8. Juli 2016 mit einer Konzentration von 1,4 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), 1,0 ng/ml Hydroxy-THC und 29,9 ng/ml THC-Carbonsäure mit einem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen hatte.

Nach Anhörung entzog das Landratsamt Freising (im Folgenden: Landratsamt) dem Antragsteller mit Bescheid vom 9. Dezember 2016 die Fahrerlaubnis aller Klassen, ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Ablieferung des Führerscheins innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids sowie die sofortige Vollziehung an. Der Antragsteller sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV, da er gelegentlich Cannabis konsumiere und den Konsum nicht von der Teilnahme am Straßenverkehr trennen könne. Am 20. Dezember 2016 hat der Antragsteller den Führerschein beim Landratsamt abgegeben.

Über die gegen den Bescheid vom 9. Dezember 2016 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München nach Aktenlage noch nicht entschieden (M 6 K 17.76). Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. Mai 2017 abgelehnt. Die Erfolgsaussichten der Klage seien offen, da in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Frage bestünden, ob einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten schon beim ersten Verstoß gegen das Trennungsgebot im Rahmen einer Ordnungswidrigkeit die Fahrerlaubnis entzogen werden könne. Die Interessenabwägung falle zu Lasten des Antragstellers aus, da er gegenüber dem kontrollierenden Polizeibeamten angegeben habe, er habe zwei Wochen vor der Verkehrskontrolle einen Joint geraucht. Dies könne nicht zutreffen, da damit die im Blut gefundenen THC-Konzentrationen nicht erklärbar seien. Diese Ausflüchte sprächen für charakterliche Mängel des Antragstellers. Auch die Anordnung von Auflagen komme nicht in Betracht, da die Kammer schlechte Erfahrungen mit solchen Auflagen gemacht habe.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt. Der Antragsteller macht geltend, nach der neueren Rechtsprechung des Senats könne bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach der ersten Verkehrsordnungswidrigkeit unter Cannabiseinfluss nicht nach § 11 Abs. 7 FeV von Ungeeignetheit ausgegangen werden. Es sei ggf. ein medizinisch-psychologisches Gutachten nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV anzuordnen. Der Antragsteller habe mit vertraglicher Vereinbarung vom 18. Januar 2017 die BAD Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH mit der Durchführung eines einjährigen Drogenabstinenzprogramms beauftragt. Bei beiden bisher durchgeführten Probenahmen vom 16. Februar 2017 und 5. April 2017 seien keine Rückstände von Drogen gefunden worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet und die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 9. Dezember 2016 wiederherzustellen. Die Voraussetzungen für eine Entziehung der Fahrerlaubnis ohne vorherige Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung waren nicht gegeben.

1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juni 2017 (BGBl I S. 1822), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-VerordnungFeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. Mai 2017 (BGBl I S. 1282), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).

Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt Kraftfahreignung bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis vor, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden können, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psycho-logischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen wurden. Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt nach § 11 Abs. 7 FeV die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens.

2. Der Antragsteller hat in mindestens zwei selbstständigen Konsumvorgängen, die einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen, Cannabis zu sich genommen und damit im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gelegentlich Cannabis konsumiert. Zum einen hat er sich bei der Verkehrskontrolle zuerst dahingehend eingelassen, dass er ca. zwei Wochen zuvor Marihuana konsumiert habe. Dann hat er angegeben, am 6. Juli 2016 gegen 23.00 Uhr einen Joint konsumiert zu haben. Zum anderen muss der Fahrt am 8. Juli 2016 ein weiterer Konsum vorausgegangen sein. Dies ergibt sich aus dem in der Untersuchung der Blutprobe festgestellten THC-Wert von 1,4 ng/ml. Aufgrund des Abbauverhaltens von THC und dem ebenfalls festgestellten THC-COOH-Wert von 29,9 ng/ml, der nicht auf einen häufigen oder regelmäßigen Konsum über einen längeren Zeitraum schließen lässt, erscheint äußerst unwahrscheinlich, dass der THC-Wert von 1,4 ng/ml noch auf einen Konsum zwei Wochen vor der Blutentnahme oder am Abend des 6. Juli 2016 zurückgeht. In dem toxikologischen Gutachten wird auch festgestellt, dass ein akuter Konsum von Cannabisprodukten stattgefunden habe. Da der Antragsteller auch keine plausible Erklärung für einen lediglich einmaligen Probierkonsum geliefert hat, ist in einem Akt der Beweiswürdigung vor dem Hintergrund des äußerst seltenen Falls, dass jemand nach einem einmaligen Konsum zum einen bereits kurz darauf ein Kraftfahrzeug führt und zum anderen dann auch noch trotz der geringen Dichte der polizeilichen Verkehrsüberwachung in eine Verkehrskontrolle gerät und die Polizei einen Drogentest veranlasst, die Annahme gerechtfertigt, dass der Antragsteller mehrfach Cannabis konsumiert hat.

3. Der Antragsteller hat auch unbestritten am 8. Juli 2016 unter der Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt und damit gegen das Trennungsgebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen. Gemäß dem Gutachten des Forensisch Toxikologischen Centrums GmbH München vom 31. Juli 2016 hat er mit einer Konzentration von 1,4 ng/ml THC im Blut am Straßenverkehr teilgenommen. Dabei war eine durch den Drogeneinfluss bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – NJW 2015, 2439 Rn. 28 ff.). Gleichwohl steht damit jedoch noch nicht i.S.d. § 11 Abs. 7 FeV fest, dass der Antragsteller ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen. Vielmehr sieht § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV hierfür die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor (vgl. U.v. 25.4.2017 – 11 BV 17.33 – juris). Das Landratsamt hätte daher zuerst von den Aufklärungsmöglichkeiten des nach § 46 Abs. 3 FeV im Entziehungsverfahren entsprechend anzuwendenden § 14 FeV Gebrauch machen und im Ermessenswege darüber entscheiden müssen, ob es nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV eine medizinisch-psychologische Untersuchung anordnet (vgl. BayVGH, U.v. 25.4.2017 a.a.O.). An dieser Rechtsauffassung hält der Senat trotz der noch ausstehenden Entscheidung über die vom Antragsgegner eingelegte Revision gegen das Urteil weiterhin fest.

4. Der Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Herausgabe des vom Antragsteller abgegebenen Führerscheins bzw. zur Ausstellung eines Ersatzdokuments beruht auf § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.2 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass

1.
Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Mai 2011 (BGBl. I S. 821) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen,
2.
Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder
3.
missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen
vorliegt. Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.

(2) Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn

1.
die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war,
2.
zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin die in Absatz 1 genannten Mittel oder Stoffe einnimmt, oder
3.
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. § 13 Nummer 2 Buchstabe b bleibt unberührt.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf EUR 3.750,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der 19... geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit eines Bescheids zur Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1, B, L.

Am … Juli 2016 gegen 7:30 Uhr wurde der Antragsteller als Führer eines PKW einer polizeilichen Verkehrskontrolle unterzogen. Den Beamten fielen beim Antragsteller drogentypische Auffälligkeiten in Form von geröteten, glasigen Augen, Mundtrockenheit, Kauzwang sowie eine nervöse Grundstimmung auf. Daraufhin wurde der Antragsteller auf den Verdacht des Drogenkonsums angesprochen. Er gab an, vor etwa 2 Wochen Marihuana in Form von Joints konsumiert zu haben. Nach einem freiwilligen Drogenvortest mit positiver Reaktion auf Tetrahydrocannabinol (THC) erfolgte mit Einverständnis des Antragstellers um 8:00 Uhr eine Blutentnahme. In der Blutprobe wurden laut Gutachten des … … Centrums … A … vom … Juli 2016 folgende Substanzen festgestellt: 1,4 ng/ml THC, 1,0 ng/ml Hydroxy-THC, 29,9 ng/ml THC-Carbonsäure. Das Gutachten kam zu der Beurteilung, dass durch die vorgenommenen chemisch-toxikologischen Untersuchungen nachgewiesen sei, dass beim Antragsteller ein akuter Konsum von Cannabisprodukten stattgefunden habe. In der Serumsprobe seien THC und Hydroxy-THC in Konzentrationen aufgefunden worden, die dafür sprächen, dass zum Zeitpunkt der Blutentnahme von einer akuten Wirkung auszugehen sei. Aufgrund der Befunde könne davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Blutentnahme eine Überschreitung sogenannter „analytischer Grenzwerte“ im Sinne einer anzunehmenden Wirkung gemäß § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) gewesen sei.

Mit Bußgeldbescheid vom … September 2016, rechtskräftig seit … September 2016 verhängte das bayerische Polizeiverwaltungsamt wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG ein Bußgeld sowie ein einmonatiges Fahrverbot.

Mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 wurde der Antragsteller vom Antragsgegner zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis angehört. Der Bevollmächtigte des Antragstellers äußerten mit Schriftsatz vom 7. November 2016 (nach erfolgter Akteneinsicht), dass, selbst wenn gelegentlicher Konsum von Cannabis vorliegen würde, dies nicht rechtfertigen würde, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Nach der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei bei einer einzelnen Fahrt unter Cannabiseinfluss nicht per se von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen. Es werde darauf hingewiesen, dass der Antragsteller existenziell auf die Fahrerlaubnis angewiesen sei.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2016, zugestellt am 10. Dezember 2016, entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids), verlangte die Ablieferung des Führerscheins bis spätestens 7 Tage nach Zustellung des Bescheids (Nr. 2), drohte für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins ein Zwangsgeld in Höhe von 500 EUR an (Nr. 3) und ordnete die sofortige Vollziehung der in Nr. 1 und 2 getroffenen Regelungen an (Nr. 4). Die Nrn. 5 und 6 enthalten Festsetzungen zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) wurde mit dem Verlust der Fahreignung des Antragstellers nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV begründet. Es wurde unter anderem darauf verwiesen, dass die in der Anhörung zitierten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht im Einklang mit der jahrelang gefestigten Rechtsprechung zahlreicher Oberverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 23.10.2014, Az. 3 C 3.13) stünden.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde auf Seite 4 des Bescheids insbesondere damit begründet, dass der Antragsteller als jedenfalls gelegentlicher Konsument von Cannabisprodukten ein Kraftfahrzeug unter THC-Einwirkung im Straßenverkehr geführt und damit seine Fahreignung verloren habe. Unter dem Einfluss von Cannabis könnten psycho-physische Leistungseinbußen, wie z.B. Fehleinschätzungen von Geschwindigkeiten und Entfernungen bei Fahrzeugen, erhöhte Risikobereitschaft, gestörte oder verzerrte Wahrnehmung visueller und akustischer Reize sowie Desorientiertheit und Bewegungsunsicherheiten auftreten. Weiterhin komme es zu Defiziten in der Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit, die Ablenkbarkeit sei erhöht und die Kritikfähigkeit vermindert. Angesichts der Gefahren für Leib und Leben Dritter, die demnach von der motorisierten Verkehrsteilnahme eines Cannabiskonsumenten, der seine Fahreignung noch nicht wieder erlangt habe, ausgingen, überwiege das besondere öffentliche Interesse - unter dem Aspekt des Schutzes von Leben und Gesundheit der anderen Verkehrsteilnehmer - das private oder berufliche Interesse des Antragstellers am weiteren Gebrauch der Fahrerlaubnis. Das besondere öffentliche Interesse verlange es, dass zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignete Personen sofort an der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr gehindert würden.

Der Antragsteller gab seinen Führerschein am … Dezember 2016 bei der Fahrerlaubnisbehörde ab.

Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2017, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München per Telefax eingegangen am gleichen Tag, erhob der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts Freising vom 9. Dezember 2016 Klage (M 6 K 17.76), zunächst ohne einen Antrag zu stellen. Mit weiterem Schriftsatz vom 30. Januar 2017 beantragte der Prozessbevollmächtigt den Bescheid des Landratsamts Freising vom 9. Dezember 2016 aufzuheben, hilfsweise die Berufung zuzulassen.

Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2017, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am 12. Januar 2017, beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers für diesen,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Landratsamts Freising vom 9. Dezember 2016 hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 des Bescheids unter Auflagen, die in das Ermessen des Gerichts gestellt werden, wiederherzustellen und hinsichtlich Ziffer 3 anzuordnen.

Ausweislich der aktuellen Rechtsprechung des BayVGH sei jedenfalls offen, ob bereits bei einer einzelnen Fahrt unter Cannabiseinfluss, selbst wenn gelegentlicher Konsum angenommen werde, von einer Ungeeignetheit nach § 11 Abs. 7 FeV in Verbindung mit Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ausgegangen werden könne oder ob nicht entsprechend dem Vorgehen bei fahrerlaubnisrechtlichem Alkoholkonsum (der nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führe und bei dem nach § 13 Satz 1 Nr. 2 b FeV erst bei der 2. Zuwiderhandlung die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen ist) bei der ersten Zuwiderhandlung zunächst ein Fahreignungsgutachten im Ermessenswege nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV angeordnet werden könne und erst bei der 2. Zuwiderhandlung nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV zwingend ein Fahreignungsgutachten angeordnet werden müsse. Jedenfalls sei die Möglichkeit der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege zu prüfen bzw. anzuordnen gewesen. Eine Interessenabwägung gehe selbst bei offenen Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage zugunsten des Antragstellers aus. Der Antragsteller konsumiere Cannabis nicht mehr. Es liege ein stabiles und motivational gefestigtes Trennungsvermögen vor, sodass der Antragsteller als geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen werden könne. Der Antragsteller erkläre sich ausdrücklich mit den in den genannten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vorgesehenen Auflagen einverstanden.

Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2017 beantragte der Antragsgegner die Abweisung der Klage. Er legte im Antragsverfahren am 7. Februar 2017 seine Behördenakte vor und beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller habe als zumindest gelegentlicher Cannabiskonsument Konsum und die Teilnahme am Kraftfahrzeugverkehr nicht getrennt und gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV seine Fahreignung verloren. An diesem Ergebnis ändere auch die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 29. August 2016 (Az. 11 CS 16.1460) angedeutete Rechtsauffassung nichts, denn in dieser Entscheidung habe sich der Senat noch nicht festgelegt.

Mit einem weiterem Schriftsatz vom 28. April 2017 wies der Bevollmächtigte des Antragstellers auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. April 2017 hin, in dem entschieden worden sei, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis bei einer einmaligen Fahrt unter Cannabiseinfluss bei gelegentlichem Konsum eine Fahrerlaubnisentziehung nicht rechtfertige. Auch wenn laut der Pressemitteilung zu diesem Urteil die Revision zugelassen worden sei, sei deshalb zum jetzigen Zeitpunkt die Aussetzung des Sofortvollzugs angezeigt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakten im Klage- und Antragsverfahren, sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ist teilweise bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet und daher insgesamt ohne Erfolg. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 9. Januar 2017 gegen den Bescheid vom 9. Dezember 2016 war hinsichtlich der Nrn. 1 und 2 des Bescheids nicht wiederherzustellen, auch nicht unter Auflagen.

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids unzulässig, weil ihm das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt (BayVGH, B.v. 12.2.2014 - 11 CS 13.2281 - juris). Die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids ist erfüllt, denn der Antragsteller hat seinen Führerschein bereits bei der Fahrerlaubnisbehörde abgegeben. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Fahrerlaubnisbehörde das in Nr. 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG - gleichwohl noch beitreiben wird.

Nicht erledigt hingegen hat sich durch die Abgabe des Führerscheins die Verpflichtung hierzu in Nr. 2 des Bescheids, denn sie stellt den Rechtsgrund für das vorläufige behalten dürfen dieses Dokuments für die Fahrerlaubnisbehörde dar (BayVGH, B.v. 12.2.2014 - 11 CS 13.2281 - juris).

2. Im Übrigen ist der Antrag zulässig, aber unbegründet.

2.1 Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 4 des Bescheids vom 9. Dezember 2017 genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in: Eyermann, VwGO - Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43).

Dem genügt die Begründung auf den Seite 4 im Bescheid vom 9. Dezember 2017. Die Fahrerlaubnisbehörde hat dort dargelegt, warum sie konkret im Fall des Antragstellers im Interesse der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs die sofortige Vollziehung anordnet. Sie hat dies auf den vorliegenden Einzelfall bezogen, dass der Antragsteller bereits einmal unter Cannabiseinfluss am Straßenverkehr teilgenommen hat und zum Schutz für Leib und Leben Dritter sofort an der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr gehindert werden muss.

Im Übrigen ergibt sich das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im Bereich des Sicherheitsrechts regelmäßig - so auch hier - gerade aus den Gesichtspunkten, die für den Erlass des Verwaltungsakts selbst maßgebend waren.

2.2 Hinsichtlich der in Nr. 4 des Bescheids vom 9. Dezember 2017 angeordneten sofortigen Vollziehung war die aufschiebende Wirkung der Klage vom 9. Januar 2017 bezüglich der Nrn. 1 und 2 nicht wiederherzustellen.

2.2.1 Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.

2.2.2 Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war der Antrag abzulehnen, weil sich der Ausgang des Hauptsacheverfahrens hinsichtlich der in Nr. 1 des Bescheids vom 9. Dezember 2017 enthaltenen Entziehung der Fahrerlaubnis aller Klassen nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als offen darstellt und die Interessenabwägung zulasten des Antragstellers ausgeht.

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vorliegend, wegen der unmittelbaren Klageerhebung, derjenige der Zustellung des streitgegenständlichen Bescheids vom 9. Dezember 2017 am 10. Dezember 2017 (BayVGH, B.v. 4.12.2012 - 11 ZB 12.2667 - juris).

Mit dieser Maßgabe ist festzustellen, dass im Ergebnis offen ist, ob die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz - StVG - und § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV - rechtlich zu beanstanden ist. Hat sich der Antragsteller als fahrungeeignet im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV erwiesen, weil er als gelegentlicher Konsument von Cannabis den Konsum vom Fahren nicht getrennt hat, so durfte die Fahrerlaubnisbehörde ohne vorherige Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zu seinen Konsumgewohnheiten oder einer medizinisch-psychologischen Begutachtung von der Nichteignung des Antragstellers ausgehen, § 11 Abs. 7 FeV (bislang st. Rspr., z.B. BayVGH, B.v. 18.4.2016 - 11 ZB 16.285 - juris Rn. 10 und Rn. 15 a.E. [unter Verweis auf BVerwG, U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13]).

Dass der Antragsteller bis zum Vorfall am … Juli 2016 gelegentlich, d.h. mindestens zwei Mal, Cannabis eingenommen hat steht zur Überzeugung der erkennenden Kammer, aufgrund seiner Angaben im Rahmen der Verkehrskontrolle, er habe vor etwa 2 Wochen Marihuana in Form von Joints konsumiert, in Verbindung mit den Ergebnissen des toxikologischen Gutachtens vom … Juli 2016 und den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Nachweisbarkeit bzw. zur Abbaugeschwindigkeit von Tetrahydrocannabinol - THC - (aktiver Wirkstoff des Cannabis), fest.

Das toxikologische Gutachten weist hinsichtlich THC einen Wert von 1,4 ng/ml aus. Somit muss der Antragsteller zwischen den von ihm eingeräumten Joints etwa 2 Wochen vor der Verkehrskontrolle und seiner Verkehrsteilnahme am … Juli 2016 mindestens ein weiteres Mal und somit insgesamt mindestens zwei Mal Cannabis konsumiert haben. Diese Annahme deckt sich mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. So führt Toennes et alia „Beweismittelverlust bei verzögerter Blutentnahme“ (Arch. Kriminol. 235, 73 bis 79) unter Bezug auf Studien aus den Jahren 2007 und 2009 aus, bei erstmaligem oder nur gelegentlichem Cannabiskonsum sei bei 95% aller Probanden nach 6 bis 8 Stunden THC nur noch in Konzentrationen < 1 ng/ml nachweisbar, nach 11 Stunden liege der Wert unter der Nachweisgrenze (aktuell 0,3 ng/ml). Hiervon geht auch die Grenzwertkommission aus, die Vorschläge für die in der Anlage zu § 24a StVG enthaltenen bzw. aufzunehmenden Stoffe auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse gegenüber dem Bundesminister für Verkehr unterbreitet (Naturwissenschaftliche Grundlagen der Fahrlässigkeit - Zeitspanne der Nachweisbarkeit - Zuverlässigkeit von Drogenvortests, Blutalkohol 4/8/2011).

Ein gelegentlicher Konsum von Cannabis i. S. d. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist bereits bei zwei selbständigen Konsumvorgängen in einem gewissen auch zeitlichen Zusammenhang gegeben. Ein nur einmaliger Konsum wurde vom Antragsteller am … Juli 2016 auch nicht gegenüber der Polizei behauptet.

Der Antragsteller hat zudem den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht getrennt. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 - juris; vgl. auch z.B. BayVGH, B.v. 27.10.2016 - 11 CS 16.1388 - juris Rn. 5) trennt ein Konsument von Cannabis bereits dann nicht, wenn er fährt, obwohl wegen des Cannabiseinflusses auf ihn eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist. Dabei kommt es nicht auf sein Empfinden an, sondern auf einen objektiv festgestellten Wert von 1,0 ng/ml THC oder mehr im Blut. Beim Antragsteller lag der THC-Wert um 8:00 Uhr - 30 Minuten nach der Anhaltung durch die Polizei gegen 7:30 Uhr - mit 1,4 ng/ml noch darüber. Dieser Sachverhalt steht fest durch den am … September 2016 rechtskräftig gewordenen Bußgeldbescheid vom … September 2016 (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2016 - 11 CS 16.1467 - juris Rn. 19; B.v. 29.8.2016 - 11 CS 16.1460 - juris Rn. 15).

Das Vorbringen des Antragstellers führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.

Der Bevollmächtigte des Antragstellers weist zwar zutreffend auf die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes vom 29. August 2016 (11 CS 16.1460 - juris Rn. 16 f.) und 14. September 2016 (11 CS 16.1467 - juris Rn. 15, 20 f.) hin, allerdings handelte es sich hierbei zunächst um Eilentscheidungen. Laut einer Pressemitteilung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat dieser mit Urteil vom 25. April 2017 unter Abänderung einer erstinstanzlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 21. November 2016 einen Fahrerlaubnisentzug aufgehoben, den das Landratsamt Starnberg ausgesprochen hatte. Dem Führerscheinentzug soll eine einmalige Autofahrt des Klägers unter Cannabiseinfluss vorausgegangen sein. Die Urteilsgründe dieser Entscheidung liegen der erkennenden Kammer noch nicht vor.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Erfolgsaussichten in der Hauptsache im Ergebnis als offen anzusehen sind. Zwar wird der Kläger in der Hauptsache im Berufungsverfahren mutmaßlich obsiegen, mit Blick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2014 (Az. 3 C 3.13) und die nunmehr uneinheitliche Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 2.3.2011 - 10 B 11400/10 - juris; VGH Baden-Württemberg, B.v. 7.3.2017 - 10 S 328/17 - juris) kann jedoch gleichwohl von offenen Erfolgsaussichten ausgegangen werden. Dementsprechend hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem oben genannten Urteil vom 25. April 2017 die Revision zugelassen.

Aufgrund der nach wie vor offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache ist eine Interessenabwägung veranlasst, die jedoch zulasten des Antragstellers ausgeht.

Zunächst ist festzustellen, dass auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stets darauf bedacht ist, dass von dem Betreffenden aktuell keine höhere Gefahr für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs ausgeht als von anderen Verkehrsteilnehmern (B.v. 14.9.2016 - 11 CS 16.1467 - juris Rn. 25). Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 23. Oktober 2014 (3 C 3/13 - juris Rn. 52) explizit ausgeführt hat, dass die Ungleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum auf der unterschiedlichen Bewertung des mit dem jeweiligen Konsum verbundenen Gefährdungspotenzials in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung beruhe, die den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wiedergebe.

Gegen den Antragsteller spricht, dass er gegenüber den Polizeibeamten eindeutig wahrheitswidrige Angaben zu seinem zurückliegenden Cannabiskonsum gemacht hat. Die von ihm eingeräumten Joints, die er vor etwa 2 Wochen geraucht haben will, können unmöglich zu der THC Konzentration im Blut von 1,4 ng/ml am Tattag geführt haben. Zwar muss sich ein Kfz-Fahrzeugführer gegenüber der Polizei nicht selbst belasten, er darf jedoch auch keine unwahren Angaben machen. Das Vorbringen von Ausflüchten bzw. Lügen spricht für gewisse charakterliche Mängel des Antragstellers und somit für eine negative Prognose im Hinblick darauf, dass er künftig Cannabiskonsum und das Führen eines Kfz im Straßenverkehr trennen wird.

Soweit sich der Antragsteller mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung unter Auflagen einverstanden erklärt, können die Erfahrungen der Kammer aus einer Reihe ähnlich gelagerter Fälle nicht unerwähnt bleiben. Häufig werden Drogenkontrollprogramme unterbrochen und Urinabgaben abgesagt oder deren Versäumung nachträglich gerechtfertigt, etwa weil der Betroffene sich im Ausland befunden habe, der Handy Akku leer gewesen oder er spontan im Urlaub gewesen sei. Doch selbst während einer, der Untersuchungsstelle angekündigten, Abwesenheit (z.B. zwecks Montageeinsatz im Ausland oder mehrwöchigem Urlaub) bieten sich hinreichend Gelegenheiten für nachher nicht feststellbaren Cannabiskonsum. Die Annahme, solche Screenings könnten der Gefahr weiterer Drogeneinnahme wirksam entgegenwirken, lässt sich aus Sicht der Kammer daher nicht bestätigen. Hierin liegt das Risiko, Personen, die sich wegen einer Verkehrsteilnahme unter fahreignungsrelevantem Einfluss dieser Droge als fahrungeeignet erwiesen haben, weiterhin die Verkehrsteilnahme zu erlauben, noch bevor geklärt ist, ob sie tatsächlich ihre Fahreignung wiedererlangt haben. Zu einem fortlaufenden Drogenscreening hat sich der Antragsteller bislang auch nicht explizit bereit erklärt.

In Erwägung all dessen müssen die persönlichen Interessen des Antragstellers - auch solche beruflicher Art - hinter den Interessen der Allgemeinheit - hier insbesondere an der Sicherheit des Straßenverkehrs - zurücktreten.

2.2.3 Da somit die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der summarischen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein abzuliefern. Diese - im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte - Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - i.V.m. den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.2 sowie 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B.

2

Der 1982 geborene Kläger beging im Zeitraum von November 1998 bis Oktober 2005 wiederholt Verkehrsverstöße. Mit Urteil vom 8. Juli 1999 erteilte ihm das Amtsgericht M. eine jugendgerichtliche Verwarnung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholkonzentration - BAK - von 1,15 Promille) in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis (Tattag: 18. November 1998). Am 23. Januar 2003 verurteilte ihn das Amtsgericht M. (Jugendgericht) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in vier Fällen (Tattage: 20. und 21. März 2002 sowie 14. Oktober 2002), in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung, zu einem Dauerarrest von zwei Wochen, setzte die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe auf zwei Jahre zur Bewährung aus und ordnete eine zweijährige Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis an. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts M. vom 10. März 2005 wurde der Kläger wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Tattag: 22. Januar 2005) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Am 3. Juli 2006 erfolgte eine weitere Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Tattag: 5. Oktober 2005).

3

Am 18. Oktober 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B. Sie forderte ihn daraufhin mit Schreiben vom 30. November 2011 gestützt auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auf, bis zum 1. März 2012 das Gutachten einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle zu der Fragestellung beizubringen, ob zu erwarten sei, dass er auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Bei einer Weigerung dürfe gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf seine Nichteignung geschlossen werden. Zur Begründung verwies sie darauf, dass er in mehreren Fällen ohne Fahrerlaubnis ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt habe, und listete die oben genannten Verkehrsverstöße unter Angabe des Datums auf. Daher müsse von ihm die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gefordert werden. Die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV erforderliche Mitteilung, dass der Kläger die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen könne, enthielt das Schreiben nicht. Der Kläger weigerte sich, ein solches Gutachten beizubringen, und verwies darauf, dass die ihm vorgehaltenen Verkehrsverstöße bereits mehr als sieben Jahre zurücklägen. Die Anordnung eines Gutachtens sei daher nicht angemessen.

4

Mit Bescheid vom 21. März 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Fahrerlaubniserteilung ab. Wegen wiederholter Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften bestünden Zweifel an der Fahreignung des Klägers. Deshalb sei es gemäß § 11 Abs. 3 FeV erforderlich gewesen, ihm die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens aufzugeben. Dieses Gutachten habe der Kläger nicht vorgelegt. Da die Eignungsbedenken nicht ausgeräumt worden seien, habe die Fahrerlaubnis nicht erteilt werden dürfen.

5

Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium K. zurück. Weil sich der Kläger geweigert habe, das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten beizubringen, sei nach § 11 Abs. 8 FeV von seiner Nichteignung auszugehen. Die Beibringensanordnung genüge den formellen und materiell-rechtlichen Anforderungen. Sie enthalte die konkreten Gründe für die Eignungszweifel. Die Voraussetzung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV, wonach bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften die Beibringung eines Gutachtens angeordnet werden könne, sei erfüllt. Die Fahrerlaubnisbehörde habe das ihr eingeräumte Ermessen erkannt. Angesichts der noch nicht abgelaufenen Tilgungsfristen nach § 29 des Straßenverkehrs-Gesetzes (StVG) könne sich der Kläger nicht darauf berufen, dass seine Verkehrsverstöße bereits mehrere Jahre zurücklägen.

6

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat die Beklagte mit Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18. September 2013 den Hinweis auf die Einsichtnahmemöglichkeit in die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen nachträglich erteilt.

7

Das Verwaltungsgericht hat die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung heißt es: Die Ablehnung des Antrags könne nicht auf § 11 Abs. 8 FeV gestützt werden; das setze eine vollständig rechtmäßige Gutachtensanordnung voraus. Die Anordnung der Beklagten vom 30. November 2011 enthalte jedoch nicht die Mitteilung nach § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV, dass der Betroffene die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen könne. Bei dieser Regelung handele es sich nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift. Nur bei genauer Kenntnis der Fragestellung und des Inhalts dieser Unterlagen könne sich der Betroffene darüber schlüssig werden, ob er sich der Begutachtung aussetzen wolle. Für eine analoge Anwendung von § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG sei wegen fehlender Vergleichbarkeit kein Raum. Andererseits bestünden Zweifel an der Fahreignung des Klägers, die die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigten. Daher habe der Kläger nur einen Anspruch darauf, dass die Fahrerlaubnisbehörde nach ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens nach § 11 FeV erneut über seinen Antrag entscheide.

8

Dieses Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof auf die Berufung der Beklagten geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Aufforderung an den Kläger, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, genüge nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV, da der Hinweis auf die Möglichkeit fehle, Einsicht in die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen zu nehmen. Bei § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV handle es sich nicht, wie Teile der Rechtsprechung annähmen, um eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Verletzung in jedem Fall ohne Bedeutung sei. Gegen diese Auffassung sprächen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte sowie die systematische und teleologische Auslegung der Vorschrift. Doch begründe ein Verstoß gegen diese Mitteilungspflicht auch keinen absoluten Verfahrensfehler, der ausnahmslos und ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zur Rechtswidrigkeit der anschließenden fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahme führe. Entscheidend sei im Hinblick auf die Schutzfunktion der Regelung, ob sich der Verstoß gegen § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV im konkreten Einzelfall auf die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen ausgewirkt haben könne. Insoweit sei das Beruhenskriterium des § 46 LVwVfG zu modifizieren. Damit werde zugleich verhindert, dass der in § 11 Abs. 8 FeV normierte Schluss auf die mangelnde Fahreignung auch in Fällen verwehrt sei, in denen die Verletzung der Hinweispflicht für die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen ohne Belang gewesen sei. Im vorliegenden Fall könne sich das Unterlassen des Hinweises nicht auf die Entschließungsfreiheit des Klägers ausgewirkt haben. Die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen hätten aus Kopien der Entscheidungen des Amtsgerichts M. bestanden, mit denen die Verkehrsverstöße des Klägers geahndet worden seien, sowie aus Auszügen aus den Strafverfahrensakten. Diese Verkehrsverstöße würden in der Beibringensanordnung mit dem Datum des Tattages aufgeführt. Es könne davon ausgegangen werden, dass dem Kläger der Inhalt der gegen ihn ergangenen Verurteilungen bekannt sei. Das zeige auch die Reaktion seines Prozessbevollmächtigten auf die Beibringungsaufforderung; er habe nur geltend gemacht, dass die Verkehrsverstöße bereits sieben Jahre zurücklägen. Damit werde deutlich, dass der unterlassene Hinweis weder auf die Entscheidungsfindung des Klägers noch auf seine Rechtsverteidigung Einfluss gehabt habe. Zutreffend sei die Annahme, dass die Fahreignung des Klägers durch eine medizinisch-psychologische Begutachtung zu klären gewesen sei. Die Gutachtensanordnung habe auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV gestützt werden können. Wegen der erst im Jahr 2018 ablaufenden Tilgungsfristen könne sich der Kläger nicht darauf berufen, dass ihm seine Verkehrsverstöße aus zeitlichen Gründen nicht mehr vorgehalten werden dürften. Die gesetzlichen Tilgungsfristen könnten auch nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zur Seite geschoben oder relativiert werden. Ebenso wenig dringe der Kläger mit dem Einwand durch, die Beklagte habe beim Erlass der Gutachtensanordnung kein Ermessen ausgeübt. Die Fahrerlaubnisbehörde habe unter Wiedergabe der von ihm begangenen Verkehrsverstöße ausgeführt, die einschlägigen Verurteilungen legten nahe, der Kläger werde auch in Zukunft mit Straßenverkehrsdelikten auffällig werden. Bei der Ermessensausübung sei die Beklagte nicht gehalten gewesen, auf den erheblichen zeitlichen Abstand zwischen den die Eignungsbedenken begründenden Verkehrsverstößen und dem Erlass der Gutachtensanordnung einzugehen. Die Frage, wie lange der betreffende Sachverhalt zum Anlass für die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens gemacht werden dürfe, beantworte sich grundsätzlich nach den einschlägigen Tilgungs- und Verwertungsvorschriften. Solange danach der anlassgebende Sachverhalt noch verwertbar sei, bestehe für eine weitere einzelfallbezogene Prüfung, ob diese Verdachtsmomente noch einen Gefahrenverdacht begründeten, grundsätzlich kein Raum mehr; auf diesen Umstand sei deshalb auch im Rahmen der Ermessensausübung regelmäßig nicht ausdrücklich einzugehen.

9

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Die Aufforderung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, sei schon deshalb rechtswidrig, weil er dort nicht auf die Möglichkeit der Akteneinsicht hingewiesen worden sei. § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV sei zwingendes Recht. Die aufgeführte Fragestellung sei zu unbestimmt gewesen; er habe nicht erkennen können, warum die Untersuchung stattfinden solle. Außerdem sei unberücksichtigt geblieben, dass die ihm vorgeworfenen Verkehrsverstöße lange zurückgelegen hätten und er sich seitdem straffrei geführt habe. Die Ausübung von Ermessen sei nicht zu erkennen.

10

Die Beklagte tritt der Revision entgegen: § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV könne als bloße Ordnungsvorschrift eingestuft werden. Das Recht, die Behördenakte und die dem Gutachter zu übersendenden Unterlagen einzusehen, habe der Betroffene bereits nach § 29 LVwVfG. § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV solle nur dafür sorgen, dass dem Betroffenen das ihm ohnehin zustehende Akteneinsichtsrecht nochmals vor Augen geführt werde. Keinesfalls sei bei einem Verstoß ein absoluter Verfahrensfehler anzunehmen. Die Einsichtnahme in die Unterlagen könne die Entscheidung des Betroffenen nur dann beeinflussen, wenn er dadurch - anders als das hier der Fall sei - von neuen Tatsachen oder Überlegungen der Behörde erfahre, die ihm bislang unbekannt oder so nicht bewusst gewesen seien. Unzutreffend sei der Vorwurf, sie habe nicht bemerkt, dass es sich bei der Anforderung des Fahreignungsgutachtens um eine Ermessensentscheidung gehandelt habe.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Auffassung, § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV sei keine bloße Ordnungsvorschrift. Die Vorschrift könne ihre Wirkung nur erreichen, wenn das Kriterium des Beruhens in § 46 VwVfG dahin modifiziert werde, dass es dabei auf die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen und nicht auf die Behördenentscheidung ankomme.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung von § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV i.V.m. § 46 LVwVfG und § 11 Abs. 3 FeV137 Abs. 1 VwGO). Das Berufungsgericht geht zwar zu Recht davon aus, dass die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Fahrerlaubnisbewerbers grundsätzlich nur schließen darf, wenn die Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens auch formell rechtmäßig ist (1. und 2.), und dass es sich bei der Mitteilungspflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt (3.). Die Annahme, das Fehlen der Mitteilung führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Beibringungsaufforderung, wenn es sich auf die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen nicht ausgewirkt habe, ist jedoch nicht in jeder Hinsicht mit Bundesrecht vereinbar; unbeachtlich für die Entscheidung über den Fahrerlaubnisantrag könnte der Verfahrensfehler nur gemäß § 46 LVwVfG sein, dessen Voraussetzungen hier nicht gegeben sind (4.). Der von der Beklagten herangezogene § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV kann - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - Rechtsgrundlage der Beibringungsaufforderung sein; die zur Begutachtung gestellte Frage ist auch hinreichend bestimmt (5.). Nicht mit Bundesrecht in Einklang steht jedoch die Auffassung, dass, solange die Tilgungs- und Verwertungsfristen in Bezug auf die Verkehrsverstöße nicht abgelaufen sind, grundsätzlich kein Raum für eine einzelfallbezogene Prüfung bestehe, ob die Verkehrsverstöße die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens noch rechtfertigen, und deshalb im Rahmen des Ermessens auf den Zeitablauf seit dem letzten Verkehrsverstoß (hier: sechs Jahre) nicht eingegangen werden müsse (6.). Entsprechende Erwägungen der Beklagten fehlen hier (7.). Danach führt die Revision des Klägers zur Änderung der vorinstanzlichen Urteile und - unter Aufrechterhaltung der bereits erstinstanzlich ausgesprochenen Aufhebung der angegriffenen Bescheide - zur Verpflichtung der Beklagten, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts neu zu entscheiden.

13

1. Maßgeblich für die Beurteilung des auf Neubescheidung gerichteten Klagebegehrens ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung; Anwendung finden dabei die rechtlichen Regelungen, die auch das Berufungsgericht zugrunde zu legen hätte, wenn es zum Zeitpunkt des revisionsgerichtlichen Urteils entschiede (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 - 3 C 1.13 - BVerwGE 149, 74 Rn. 13 m.w.N.). Anzuwenden sind danach das Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.d.F. vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310), zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes vom 24. Mai 2016 (BGBl. I S. 1217), sowie die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1980), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 2. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1674).

14

Dabei ist, nachdem die Beklagte die Ablehnung des Fahrerlaubnisantrags auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gestützt hat, zu beachten, dass, soweit es für die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung darauf ankommt, ob die vorausgegangene Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens zu Recht erfolgt ist, dies nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihres Ergehens zu beurteilen ist (so im Hinblick auf die Verwertbarkeit von Verkehrsstraftaten: BVerwG, Beschluss vom 21. Mai 2012 - 3 B 65.11 - Buchholz 442.10 § 65 StVG Nr. 2 Rn. 7; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 11 FeV Rn. 55).

15

2. Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ist die Fahreignung des Bewerbers (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG). Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV müssen die Bewerber die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV sind die Anforderungen insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird (§ 11 Abs. 1 Satz 3 FeV).

16

a) Gemäß § 2 Abs. 8 StVG i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, zur Vorbereitung der Entscheidung über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 FeV kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) unter anderem angeordnet werden, 4. und bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, 5. bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen.

17

b) Nach ständiger Rechtsprechung ist eine solche von der Fahrerlaubnisbehörde an den Betroffenen gerichtete Aufforderung, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, nicht selbstständig rechtlich anfechtbar; sie ist kein Verwaltungsakt, sondern nur eine der eigentlichen Entscheidung vorausgehende und diese vorbereitende Maßnahme zur Sachverhaltsaufklärung (so zur Vorgängerregelung in § 3 Abs. 2 StVZO a.F. BVerwG, Urteil vom 28. November 1969 - 7 C 18.69 - BVerwGE 34, 248 <250>; ebenso zu § 15b StVZO a.F.: BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 1994 - 11 B 157.93 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 23 S. 3; VGH Mannheim, Beschluss vom 24. Juni 2002 - 10 S 985/02 - VRS 103, 224 <227>; OVG Münster, Beschluss vom 22. Januar 2001 - 19 B 1757/00 - NJW 2001, 3427 <3427 f.>; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 11 FeV Rn. 43 m.w.N.).

18

c) Die Rechtmäßigkeit einer Beibringensaufforderung wird jedoch inzident gerichtlich überprüft, wenn der Betroffene ihr nicht Folge leistet und die Fahrerlaubnisbehörde deshalb gestützt auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV von dessen mangelnder Fahreignung ausgeht und die Erteilung der beantragten Fahrerlaubnis ablehnt oder - falls eine Fahrerlaubnis bereits erteilt war - die Fahrerlaubnis entzieht (§ 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV).

19

Gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung schließen, wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Mit dieser Bestimmung hat der Verordnungsgeber ausdrücklich normiert, was zuvor richterrechtlich anerkannt war. Der Schluss auf die Nichteignung ist nur zulässig, wenn die Anordnung der Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 6 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 14 m.w.N.).

20

d) Die formellen Anforderungen, denen eine solche Beibringensaufforderung genügen muss, sind unter anderem in § 11 Abs. 6 FeV geregelt. Nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FeV teilt die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat. Außerdem ist ihm mitzuteilen, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (§ 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV).

21

Diese formellen Anforderungen an den Inhalt einer Beibringensaufforderung sollen es dem Betroffenen ermöglichen, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er sich der geforderten Begutachtung unterziehen will oder nicht. Das ist für ihn wegen der sich aus § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV ergebenden Rechtsfolgen von besonderer Bedeutung. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Aufforderung im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein muss. Der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das dort Mitgeteilte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung rechtfertigen kann. Ebenso ist geklärt, dass eine mangelhafte Aufforderung zur Gutachtensbeibringung nicht dadurch "geheilt" werden kann, dass die Behörde nachträglich - etwa im Gerichtsverfahren - darlegt, objektiv hätten seinerzeit Umstände vorgelegen, die Anlass zu Zweifeln an der Fahreignung hätten geben können (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 4 f.).

22

3. Die an den Kläger gerichtete Beibringensaufforderung vom 30. November 2011 genügt nicht der Vorgabe des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV, wonach die Fahrerlaubnisbehörde dem Betroffenen mitteilt, dass er die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen kann.

23

Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV nicht als bloße Ordnungsvorschrift einzustufen ist. Das wird in Teilen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung angenommen und aus dieser Einordnung im Verbindung mit § 46 LVwVfG hergeleitet, dass das Unterbleiben des dort geforderten Hinweises nicht zur Aufhebung einer auf die Nichtvorlage des Gutachtens gestützten, ansonsten rechtmäßigen Fahrerlaubnisentziehung führe (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 26. Mai 2011 - 2 B 550/11 - ESVGH 61, 243 <244>; VG Düsseldorf, Beschluss vom 26. April 2012 - 6 L 488/12 - juris Rn. 35; VG Ansbach, Beschluss vom 25. Januar 2012 - AN 10 S 12.00029 - juris Rn. 26; offengelassen von OVG Lüneburg, Urteil vom 15. April 2014 - 12 LB 64/13 - DAR 2014, 475 <477> m.w.N.; VGH München, Beschluss vom 27. November 2012 - 11 ZB 12.1596 - ZfS 2013, 177 <178>; a.A. VG Osnabrück, Beschluss vom 7. März 2011 - 6 B 19/11 - NJW 2011, 2986 <2987> m.w.N.).

24

Die Annahme, bei der Regelung handele es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Verletzung folgenlos bleibt, findet im Gesetz keine Grundlage. Nach Wortlaut und systematischer Stellung ist ihr verpflichtender Charakter nicht zweifelhaft. Sie wurde durch Art. 1 Nr. 6 Buchst. b der Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 7. August 2002 (BGBI. I S. 3267) den bereits bestehenden Mitteilungs- und Darlegungspflichten des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV angefügt, deren Verletzung anerkanntermaßen zur Nichtanwendbarkeit von § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV führt (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 4 f. - noch zu § 15b StVZO - und vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 6 f.). Dem entsprechen Sinn und Zweck der Regelung. Mit ihr soll einem weniger rechtskundigen Bürger deutlich gemacht werden, dass die Fahrerlaubnisbehörde zwar bestimmt, welche Unterlagen dem Gutachter übersandt werden, er aber Gelegenheit erhält, sich über diese zu informieren, bevor er seine Entscheidung über die Begutachtung trifft (vgl. BR-Drs. 497/02 S. 63). Mit diesem spezifischen Zweck, der auch für die informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen bedeutsam ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 3 f.), greift die Mitteilungspflicht in ihrer Tragweite und Bedeutung über einen Hinweis auf das allgemeine Akteneinsichtsrecht (§ 29 LVwVfG) hinaus; er würde verfehlt, bliebe ein Verstoß von vornherein folgenlos.

25

Die Beklagte konnte den Verfahrensfehler der versäumten Mitteilung nicht durch ihr Schreiben vom 18. September 2013 ausräumen. Zwar kann eine erforderliche Anhörung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG nachgeholt und ein damit verbundener Verfahrensfehler geheilt werden (BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1983 - 1 C 13.81 - Buchholz 316 § 67 VwVfG Nr. 1 S. 2). Das kommt hier aber schon deshalb nicht in Betracht, weil die Mitteilungspflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV in den mit einer Fristsetzung verbundenen Mechanismus der Beibringungsaufforderung eingebunden ist und deshalb nachträglich ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 5).

26

4. Das Berufungsgericht hat jedoch angenommen, eine Verletzung der Hinweispflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV führe gemäß seiner Funktion nicht stets zur Rechtswidrigkeit der Beibringungsaufforderung; vielmehr komme es entsprechend dem gebotenen Kausalitätserfordernis, das auch § 46 LVwVfG zugrunde liege, darauf an, ob sich der Verfahrensfehler auf die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen ausgewirkt haben könne, was hier zu verneinen sei. Dieser rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts steht nicht in jeder Hinsicht im Einklang mit Bundesrecht. Auch im Ergebnis hätte das Berufungsgericht die Beachtlichkeit des Verfahrensfehlers nicht verneinen dürfen.

27

a) Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist insoweit zutreffend, als die Verletzung der Hinweispflicht nicht stets dazu führt, dass die auf eine solchermaßen fehlerhafte Beibringungsaufforderung gestützte Behördenentscheidung aufzuheben ist. § 46 LVwVfG, der mit § 46 VwVfG übereinstimmt, findet auch in diesem Zusammenhang Anwendung.

28

Nach § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Der Anwendung dieser Vorschrift steht nicht entgegen, dass sie sich auf die Aufhebung eines Verwaltungsakts und damit auf eine Anfechtungssituation bezieht. Mit diesem Anwendungsbereich erfasst § 46 VwVfG den Fall einer auf eine Beibringungsaufforderung gestützten Fahrerlaubnisentziehung, nicht ohne Weiteres hingegen den Fall der Versagung der Erteilung einer Fahrerlaubnis. Mit der Beibringungsaufforderung ist jedoch ein Verfahren geschaffen, das, wenn der Betroffene der Aufforderung nicht nachkommt, zur Fiktion der Nichteignung gemäß § 11 Abs. 8 FeV führt und damit im weiteren Verfahren gleich einem belastenden Verwaltungsakt wirkt, einerlei ob es um die Entziehung oder Erteilung einer Fahrerlaubnis geht. Das rechtfertigt jedenfalls in der hier gegebenen Verpflichtungssituation die analoge Anwendung von § 46 VwVfG.

29

Ist offensichtlich, dass der versäumte Hinweis auf die Möglichkeit, die dem Gutachter zu übersendenden Unterlagen einzusehen, die Weigerung des Betroffenen, sich einer Begutachtung zu unterziehen, nicht beeinflusst hat, so ist er auch ohne Einfluss auf die Berechtigung, aus der unterlassenen Begutachtung auf die Nichteignung zu schließen, und damit auf die darauf gestützte Behördenentscheidung. Der Umstand, dass die Beibringungsaufforderung als vorbereitende Maßnahme der abschließenden Behördenentscheidung vorausgeht, steht dieser Betrachtung nicht entgegen. Anderenfalls würde § 46 VwVfG in seiner Anwendung hinsichtlich nicht selbstständig anfechtbarer Grundlagen eines zur Prüfung stehenden Verwaltungsakts beschränkt, wofür kein Grund ersichtlich ist. Dem entsprechend ist die Aussage, dass der Schluss auf die Nichteignung nur zulässig ist, wenn die Anordnung der Untersuchung rechtmäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 6 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 14 m.w.N.), um den Vorbehalt der Anwendung von § 46 VwVfG zu ergänzen.

30

Jenseits einer Anwendung von § 46 VwVfG ist in § 11 Abs. 6 und 8 FeV eine Begrenzung der Folgen von Verfahrensfehlern nicht angelegt. Namentlich können die Anforderungen an eine formell und materiellrechtmäßige Aufforderung nicht durch Überlegungen des Inhalts relativiert werden, der Betroffene werde schon wissen, worum es gehe (BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 5).

31

b) Ausgehend hiervon war das Fehlen des gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV erforderlichen Hinweises ein beachtlicher Verfahrensfehler. Dass dieser Fehler die Entscheidung über den Fahrerlaubnisantrag des Klägers in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst hat, lässt sich nicht feststellen.

32

Mit Blick auf die Bedeutung des Hinweises gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV ist ein strenger Maßstab für die Anwendung von § 46 VwVfG geboten. Eine offensichtlich fehlende Kausalität kann etwa dann angenommen werden, wenn der Betroffene ungeachtet eines fehlenden Hinweises in die zu übersendenden Unterlagen Einsicht genommen hat. Das Berufungsgericht hat hingegen eine Auswirkung auf die Willensentschließungsfreiheit des Klägers mit der Begründung verneint, die Beibringungsaufforderung gebe mit den von ihr benannten Verkehrsverstößen den Inhalt der zu übersendenden Unterlagen ausreichend wieder; die entsprechenden Verurteilungen seien dem Kläger bekannt. Abgesehen davon, dass zu den in den Akten befindlichen, der Beibringungsaufforderung vorblattierten strafrichterlichen Urteilen auch eine nicht benannte Verurteilung wegen Betrugs gehört, lassen sich diese angenommenen Kenntnisse nicht mit einer erfolgten Akteneinsicht gleichsetzen. Die Annahme, dass der Kläger das Gutachten selbst nach Einsicht in die Unterlagen nicht beigebracht hätte, entbehrt einer verlässlichen Grundlage. Auch der ergänzende Hinweis auf die Einlassung des Prozessbevollmächtigten trägt den Schluss auf die Offensichtlichkeit fehlender Kausalität nicht.

33

5. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht nimmt das Berufungsgericht an, die Beklagte habe die Beibringungsaufforderung auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV stützen dürfen. Danach kann die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften angeordnet werden. Zwar ist dieser Tatbestand in § 11 Abs. 3 FeV eingefügt worden, weil nach Einschätzung des Verordnungsgebers eine Regelung fehlte, die die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung erlaubt, wenn auf Grund von Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, die keine Straftaten darstellten, Eignungszweifel bestehen (vgl. BR-Drs. 305/04 Beschluss). Das schließt angesichts des offenen Wortlauts jedoch nicht aus, § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV auch bei Verkehrsverstößen heranzuziehen, die Straftaten sind, wenngleich die Beibringungsaufforderung insoweit auch auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV gestützt werden kann. Die nach der Beibringungsaufforderung vom Gutachter zu beantwortende Frage war - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - auch hinreichend bestimmt. Ebenso war für den Kläger durch die dort enthaltene Auflistung der von ihm begangenen Verkehrsverstöße ohne Weiteres erkennbar, woraus die Beklagte ihre Eignungszweifel herleitete.

34

6. Die Annahme des Berufungsgerichts, solange die Tilgungs- und Verwertungsfristen in Bezug auf die vom Betroffenen begangenen Verkehrsverstöße nicht abgelaufen seien, bestehe für eine weitere einzelfallbezogene Prüfung, ob die Verdachtsmomente noch einen Gefahrenverdacht begründeten, grundsätzlich kein Raum mehr und müsse auf diesen Umstand im Rahmen der Ermessensausübung regelmäßig nicht ausdrücklich eingegangen werden (UA S. 22 f.), steht ebenfalls nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

35

a) Aus dem Wortlaut von § 11 Abs. 3 FeV ("kann... angeordnet werden") ergibt sich, dass die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens in den dort in den Nummern 1 bis 9 aufgeführten Fällen im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde steht. Das bestätigt auch der Vergleich dieser Regelung mit § 13 FeV (Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik) und § 14 FeV (Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel), wo die Anforderung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens bindend vorgegeben ist ("ordnet an"; "ist anzuordnen").

36

Dass Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften im Fahreignungs-Register zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beibringensaufforderung noch nicht getilgt und damit verwertbar sind, ist Grundvoraussetzung dafür, dass aus diesem zurückliegenden Fehlverhalten noch das künftige Verkehrsverhalten betreffende Eignungszweifel hergeleitet werden dürfen; nach Ablauf der gesetzlichen Fristen unterliegen entsprechende Taten einem Verwertungsverbot (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 7). Die gesetzlich festgelegten Fristen können nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beiseitegeschoben oder relativiert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 11). Daraus folgt jedoch nicht, dass in den Fällen des § 11 FeV eine Ermessensbetätigung der Fahrerlaubnisbehörde - wie das Berufungsgericht meint - auch bei bereits mehrere Jahre zurückliegenden Verkehrsverstößen grundsätzlich entbehrlich ist. Es liegt auf der Hand, dass es für die Frage von Eignungszweifeln und - in den Fällen des § 11 FeV, der die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens in das Ermessen der Behörde stellt - ebenso für die anschließende Ermessensausübung einen Unterschied macht, ob eine fahreignungsrelevante Zuwiderhandlung erst kurze Zeit oder aber bereits mehrere Jahre zurückliegt, selbst wenn sie nach den maßgeblichen Tilgungsvorschriften noch verwertbar ist. Im Fall des Klägers geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Tilgungsfristen für die von ihm im Zeitraum bis 2005 begangenen Verkehrsverstöße aufgrund der zehnjährigen Tilgungsfrist gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StVG i.V.m. Nr. 2a StVG a.F. unter Berücksichtigung der Anlaufhemmung (§ 29 Abs. 5 StVG a.F.) und der Ablaufhemmung (§ 29 Abs. 6 Satz 1 StVG a.F.) erst im Jahr 2018 ablaufen werden. Im Hinblick auf diese langen Tilgungsfristen insbesondere nach dem vor dem 1. Mai 2014 geltenden und auf "Altfälle" weiterhin anzuwendenden Recht, ist, je länger die betreffenden Zuwiderhandlungen zurückliegen, auch eine diesem Umstand Rechnung tragende Betätigung des der Fahrerlaubnisbehörde eingeräumten Ermessens dazu geboten, ob diese Verkehrsverstöße nach wie vor die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen. Die Fahrerlaubnisbehörde wird bei mehrere Jahre zurückliegenden Verkehrsverstößen mit Blick auf deren Art, Zahl und Erheblichkeit insbesondere zu erwägen haben, ob verbleibende Eignungszweifel ohne Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ausgeräumt werden können, z.B. durch Vorlage von Zeugnissen, Berichten eines Bewährungshelfers oder anderen geeigneten Beweismitteln. Wenn dies in Betracht kommt, wird sie dem Fahrerlaubnisbewerber hierzu Gelegenheit geben müssen. Die Ermessenserwägungen sind, wenn sie zum Erlass einer Beibringensaufforderung führen, in der an den Betroffenen gerichteten Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens auch offenzulegen, damit dem Sinn und Zweck der in § 11 Abs. 6 FeV angeordneten Mitteilungspflichten Genüge getan ist.

37

b) Ebenso wenig kann der Wertung des Berufungsgerichts gefolgt werden, gerade die Funktion der medizinisch-psychologischen Begutachtung als Gefahrerforschungsmaßnahme, die in ihrer Eingriffsintensität für den Betroffenen hinter einer abschließenden Entscheidung wie der Entziehung der Fahrerlaubnis oder deren Versagung zurückbleibe, spreche dafür, die Anforderungen an die Ermessensbetätigung und die Begründung der maßgeblichen Erwägungen nicht zu hoch anzusetzen (UA S. 21 a.E.). Das lässt außer Acht, dass es für den Betroffenen durchaus mit nicht unbeträchtlichen Belastungen verbunden ist, wenn er sich einer medizinisch-psychologischen Begutachtung unterzieht (in diesem Sinne auch bei einem ärztlichen Gutachten: BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 4). Deshalb soll ihm die Begründung der Beibringensaufforderung eine fundierte Entscheidung darüber ermöglichen, ob er dieser Aufforderung nachkommt. Abgesehen davon stehen die Beibringensaufforderung der Fahrerlaubnisbehörde, die Reaktion des Betroffenen hierauf und eine abschließende Entscheidung der Behörde auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV in engem Zusammenhang. Mit der Entscheidung des Betroffenen, ein von ihm gefordertes Fahreignungsgutachten nicht vorzulegen, ist auch bereits die Entscheidung über seinen Antrag auf Fahrerlaubniserteilung oder aber über eine Entziehung der Fahrerlaubnis vorgezeichnet (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 5).

38

7. Gemessen daran lässt die Beibringensaufforderung vom 30. November 2011 keine hinreichende Ermessensausübung durch die Beklagte erkennen. Die dort für die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens gegebene Begründung beschränkt sich darauf, in tabellarischer Form die vom Kläger begangenen und rechtskräftig geahndeten Verkehrsstraftaten mit den entsprechenden Tattagen aufzulisten. Daran schließt sich der Satz an, dass daher die Beibringung eines Gutachtens gefordert werden müsse. Selbst wenn man dem Berufungsgericht darin folgte, dass nicht bereits aus dieser Formulierung zu schließen ist, eine Ermessensausübung sei gänzlich unterblieben (UA S. 23), so fehlt es im Aufforderungsschreiben der Beklagten doch an jeglichen Darlegungen dazu, weshalb sie ihr Ermessen trotz des zeitlichen Abstandes der vom Kläger begangenen Verkehrsverstöße dahin ausgeübt hat, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu fordern. Dass, wie es im Berufungsurteil heißt, die Behörde "ausgeführt" habe, die einschlägigen Verurteilungen legten nahe, der Kläger werde auch in Zukunft mit Straßenverkehrsdelikten auffällig werden (UA S. 22), ist unzutreffend. Mehr als die Auflistung der Verkehrsstraftaten und die vom Gutachter zu beantwortende Frage findet sich dort nicht. Aus diesem Grund kann auf die Offenlegung der von der Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen der Ermessensausübung angestellten Überlegungen auch nicht im Hinblick auf die - im Grundsatz durchaus zutreffende - Erwägung des Berufungsgerichts verzichtet werden, dass sich die Gesichtspunkte, die auf der Tatbestandsseite zur Annahme von Eignungszweifeln führen und die Gesichtspunkte, die im Rahmen von § 11 FeV die Ermessensausübung steuern, regelmäßig decken. Hier fehlen Darlegungen der Fahrerlaubnisbehörde sowohl zum einen wie zum anderen.

39

Diese Mängel sind auch nicht deshalb unerheblich, weil die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null vorgelegen hätten. Dem steht entgegen, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Beibringensaufforderung auch die letzte der von der Beklagten herangezogenen Verkehrsstraftaten - ein erneutes Fahren ohne Fahrerlaubnis - schon mehr als sechs Jahre zurücklag. Die Verkehrsverstöße waren zwar insbesondere im Hinblick auf ihre Häufung und die Länge des Begehenszeitraums (1998 bis 2005) von erheblichem Gewicht; der Kläger war aber bei Tatbegehung - mit Ausnahme der beiden in 2005 begangenen Taten (Fahren ohne Fahrerlaubnis) - noch Heranwachsender. Eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis wurde nur in einem Fall verhängt und auf zwei Jahre befristet. Unter Berücksichtigung dieser Umstände war es nicht von vornherein ausgeschlossen, dem Kläger mehr als sechs Jahre nach der letzten zu berücksichtigenden Tat auch ohne Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Fahrerlaubnis erteilen zu können, weil sich verbleibende Eignungszweifel durch andere geeignete Beweismittel ausräumen ließen.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B.

2

Der 1982 geborene Kläger beging im Zeitraum von November 1998 bis Oktober 2005 wiederholt Verkehrsverstöße. Mit Urteil vom 8. Juli 1999 erteilte ihm das Amtsgericht M. eine jugendgerichtliche Verwarnung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholkonzentration - BAK - von 1,15 Promille) in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis (Tattag: 18. November 1998). Am 23. Januar 2003 verurteilte ihn das Amtsgericht M. (Jugendgericht) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in vier Fällen (Tattage: 20. und 21. März 2002 sowie 14. Oktober 2002), in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung, zu einem Dauerarrest von zwei Wochen, setzte die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe auf zwei Jahre zur Bewährung aus und ordnete eine zweijährige Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis an. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts M. vom 10. März 2005 wurde der Kläger wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Tattag: 22. Januar 2005) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Am 3. Juli 2006 erfolgte eine weitere Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Tattag: 5. Oktober 2005).

3

Am 18. Oktober 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B. Sie forderte ihn daraufhin mit Schreiben vom 30. November 2011 gestützt auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auf, bis zum 1. März 2012 das Gutachten einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle zu der Fragestellung beizubringen, ob zu erwarten sei, dass er auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Bei einer Weigerung dürfe gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf seine Nichteignung geschlossen werden. Zur Begründung verwies sie darauf, dass er in mehreren Fällen ohne Fahrerlaubnis ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt habe, und listete die oben genannten Verkehrsverstöße unter Angabe des Datums auf. Daher müsse von ihm die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gefordert werden. Die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV erforderliche Mitteilung, dass der Kläger die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen könne, enthielt das Schreiben nicht. Der Kläger weigerte sich, ein solches Gutachten beizubringen, und verwies darauf, dass die ihm vorgehaltenen Verkehrsverstöße bereits mehr als sieben Jahre zurücklägen. Die Anordnung eines Gutachtens sei daher nicht angemessen.

4

Mit Bescheid vom 21. März 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Fahrerlaubniserteilung ab. Wegen wiederholter Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften bestünden Zweifel an der Fahreignung des Klägers. Deshalb sei es gemäß § 11 Abs. 3 FeV erforderlich gewesen, ihm die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens aufzugeben. Dieses Gutachten habe der Kläger nicht vorgelegt. Da die Eignungsbedenken nicht ausgeräumt worden seien, habe die Fahrerlaubnis nicht erteilt werden dürfen.

5

Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium K. zurück. Weil sich der Kläger geweigert habe, das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten beizubringen, sei nach § 11 Abs. 8 FeV von seiner Nichteignung auszugehen. Die Beibringensanordnung genüge den formellen und materiell-rechtlichen Anforderungen. Sie enthalte die konkreten Gründe für die Eignungszweifel. Die Voraussetzung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV, wonach bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften die Beibringung eines Gutachtens angeordnet werden könne, sei erfüllt. Die Fahrerlaubnisbehörde habe das ihr eingeräumte Ermessen erkannt. Angesichts der noch nicht abgelaufenen Tilgungsfristen nach § 29 des Straßenverkehrs-Gesetzes (StVG) könne sich der Kläger nicht darauf berufen, dass seine Verkehrsverstöße bereits mehrere Jahre zurücklägen.

6

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat die Beklagte mit Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18. September 2013 den Hinweis auf die Einsichtnahmemöglichkeit in die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen nachträglich erteilt.

7

Das Verwaltungsgericht hat die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung heißt es: Die Ablehnung des Antrags könne nicht auf § 11 Abs. 8 FeV gestützt werden; das setze eine vollständig rechtmäßige Gutachtensanordnung voraus. Die Anordnung der Beklagten vom 30. November 2011 enthalte jedoch nicht die Mitteilung nach § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV, dass der Betroffene die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen könne. Bei dieser Regelung handele es sich nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift. Nur bei genauer Kenntnis der Fragestellung und des Inhalts dieser Unterlagen könne sich der Betroffene darüber schlüssig werden, ob er sich der Begutachtung aussetzen wolle. Für eine analoge Anwendung von § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG sei wegen fehlender Vergleichbarkeit kein Raum. Andererseits bestünden Zweifel an der Fahreignung des Klägers, die die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigten. Daher habe der Kläger nur einen Anspruch darauf, dass die Fahrerlaubnisbehörde nach ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens nach § 11 FeV erneut über seinen Antrag entscheide.

8

Dieses Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof auf die Berufung der Beklagten geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Aufforderung an den Kläger, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, genüge nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV, da der Hinweis auf die Möglichkeit fehle, Einsicht in die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen zu nehmen. Bei § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV handle es sich nicht, wie Teile der Rechtsprechung annähmen, um eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Verletzung in jedem Fall ohne Bedeutung sei. Gegen diese Auffassung sprächen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte sowie die systematische und teleologische Auslegung der Vorschrift. Doch begründe ein Verstoß gegen diese Mitteilungspflicht auch keinen absoluten Verfahrensfehler, der ausnahmslos und ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zur Rechtswidrigkeit der anschließenden fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahme führe. Entscheidend sei im Hinblick auf die Schutzfunktion der Regelung, ob sich der Verstoß gegen § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV im konkreten Einzelfall auf die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen ausgewirkt haben könne. Insoweit sei das Beruhenskriterium des § 46 LVwVfG zu modifizieren. Damit werde zugleich verhindert, dass der in § 11 Abs. 8 FeV normierte Schluss auf die mangelnde Fahreignung auch in Fällen verwehrt sei, in denen die Verletzung der Hinweispflicht für die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen ohne Belang gewesen sei. Im vorliegenden Fall könne sich das Unterlassen des Hinweises nicht auf die Entschließungsfreiheit des Klägers ausgewirkt haben. Die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen hätten aus Kopien der Entscheidungen des Amtsgerichts M. bestanden, mit denen die Verkehrsverstöße des Klägers geahndet worden seien, sowie aus Auszügen aus den Strafverfahrensakten. Diese Verkehrsverstöße würden in der Beibringensanordnung mit dem Datum des Tattages aufgeführt. Es könne davon ausgegangen werden, dass dem Kläger der Inhalt der gegen ihn ergangenen Verurteilungen bekannt sei. Das zeige auch die Reaktion seines Prozessbevollmächtigten auf die Beibringungsaufforderung; er habe nur geltend gemacht, dass die Verkehrsverstöße bereits sieben Jahre zurücklägen. Damit werde deutlich, dass der unterlassene Hinweis weder auf die Entscheidungsfindung des Klägers noch auf seine Rechtsverteidigung Einfluss gehabt habe. Zutreffend sei die Annahme, dass die Fahreignung des Klägers durch eine medizinisch-psychologische Begutachtung zu klären gewesen sei. Die Gutachtensanordnung habe auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV gestützt werden können. Wegen der erst im Jahr 2018 ablaufenden Tilgungsfristen könne sich der Kläger nicht darauf berufen, dass ihm seine Verkehrsverstöße aus zeitlichen Gründen nicht mehr vorgehalten werden dürften. Die gesetzlichen Tilgungsfristen könnten auch nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zur Seite geschoben oder relativiert werden. Ebenso wenig dringe der Kläger mit dem Einwand durch, die Beklagte habe beim Erlass der Gutachtensanordnung kein Ermessen ausgeübt. Die Fahrerlaubnisbehörde habe unter Wiedergabe der von ihm begangenen Verkehrsverstöße ausgeführt, die einschlägigen Verurteilungen legten nahe, der Kläger werde auch in Zukunft mit Straßenverkehrsdelikten auffällig werden. Bei der Ermessensausübung sei die Beklagte nicht gehalten gewesen, auf den erheblichen zeitlichen Abstand zwischen den die Eignungsbedenken begründenden Verkehrsverstößen und dem Erlass der Gutachtensanordnung einzugehen. Die Frage, wie lange der betreffende Sachverhalt zum Anlass für die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens gemacht werden dürfe, beantworte sich grundsätzlich nach den einschlägigen Tilgungs- und Verwertungsvorschriften. Solange danach der anlassgebende Sachverhalt noch verwertbar sei, bestehe für eine weitere einzelfallbezogene Prüfung, ob diese Verdachtsmomente noch einen Gefahrenverdacht begründeten, grundsätzlich kein Raum mehr; auf diesen Umstand sei deshalb auch im Rahmen der Ermessensausübung regelmäßig nicht ausdrücklich einzugehen.

9

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Die Aufforderung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, sei schon deshalb rechtswidrig, weil er dort nicht auf die Möglichkeit der Akteneinsicht hingewiesen worden sei. § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV sei zwingendes Recht. Die aufgeführte Fragestellung sei zu unbestimmt gewesen; er habe nicht erkennen können, warum die Untersuchung stattfinden solle. Außerdem sei unberücksichtigt geblieben, dass die ihm vorgeworfenen Verkehrsverstöße lange zurückgelegen hätten und er sich seitdem straffrei geführt habe. Die Ausübung von Ermessen sei nicht zu erkennen.

10

Die Beklagte tritt der Revision entgegen: § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV könne als bloße Ordnungsvorschrift eingestuft werden. Das Recht, die Behördenakte und die dem Gutachter zu übersendenden Unterlagen einzusehen, habe der Betroffene bereits nach § 29 LVwVfG. § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV solle nur dafür sorgen, dass dem Betroffenen das ihm ohnehin zustehende Akteneinsichtsrecht nochmals vor Augen geführt werde. Keinesfalls sei bei einem Verstoß ein absoluter Verfahrensfehler anzunehmen. Die Einsichtnahme in die Unterlagen könne die Entscheidung des Betroffenen nur dann beeinflussen, wenn er dadurch - anders als das hier der Fall sei - von neuen Tatsachen oder Überlegungen der Behörde erfahre, die ihm bislang unbekannt oder so nicht bewusst gewesen seien. Unzutreffend sei der Vorwurf, sie habe nicht bemerkt, dass es sich bei der Anforderung des Fahreignungsgutachtens um eine Ermessensentscheidung gehandelt habe.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Auffassung, § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV sei keine bloße Ordnungsvorschrift. Die Vorschrift könne ihre Wirkung nur erreichen, wenn das Kriterium des Beruhens in § 46 VwVfG dahin modifiziert werde, dass es dabei auf die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen und nicht auf die Behördenentscheidung ankomme.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung von § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV i.V.m. § 46 LVwVfG und § 11 Abs. 3 FeV137 Abs. 1 VwGO). Das Berufungsgericht geht zwar zu Recht davon aus, dass die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Fahrerlaubnisbewerbers grundsätzlich nur schließen darf, wenn die Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens auch formell rechtmäßig ist (1. und 2.), und dass es sich bei der Mitteilungspflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt (3.). Die Annahme, das Fehlen der Mitteilung führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Beibringungsaufforderung, wenn es sich auf die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen nicht ausgewirkt habe, ist jedoch nicht in jeder Hinsicht mit Bundesrecht vereinbar; unbeachtlich für die Entscheidung über den Fahrerlaubnisantrag könnte der Verfahrensfehler nur gemäß § 46 LVwVfG sein, dessen Voraussetzungen hier nicht gegeben sind (4.). Der von der Beklagten herangezogene § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV kann - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - Rechtsgrundlage der Beibringungsaufforderung sein; die zur Begutachtung gestellte Frage ist auch hinreichend bestimmt (5.). Nicht mit Bundesrecht in Einklang steht jedoch die Auffassung, dass, solange die Tilgungs- und Verwertungsfristen in Bezug auf die Verkehrsverstöße nicht abgelaufen sind, grundsätzlich kein Raum für eine einzelfallbezogene Prüfung bestehe, ob die Verkehrsverstöße die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens noch rechtfertigen, und deshalb im Rahmen des Ermessens auf den Zeitablauf seit dem letzten Verkehrsverstoß (hier: sechs Jahre) nicht eingegangen werden müsse (6.). Entsprechende Erwägungen der Beklagten fehlen hier (7.). Danach führt die Revision des Klägers zur Änderung der vorinstanzlichen Urteile und - unter Aufrechterhaltung der bereits erstinstanzlich ausgesprochenen Aufhebung der angegriffenen Bescheide - zur Verpflichtung der Beklagten, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts neu zu entscheiden.

13

1. Maßgeblich für die Beurteilung des auf Neubescheidung gerichteten Klagebegehrens ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung; Anwendung finden dabei die rechtlichen Regelungen, die auch das Berufungsgericht zugrunde zu legen hätte, wenn es zum Zeitpunkt des revisionsgerichtlichen Urteils entschiede (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 - 3 C 1.13 - BVerwGE 149, 74 Rn. 13 m.w.N.). Anzuwenden sind danach das Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.d.F. vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310), zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes vom 24. Mai 2016 (BGBl. I S. 1217), sowie die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1980), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 2. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1674).

14

Dabei ist, nachdem die Beklagte die Ablehnung des Fahrerlaubnisantrags auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gestützt hat, zu beachten, dass, soweit es für die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung darauf ankommt, ob die vorausgegangene Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens zu Recht erfolgt ist, dies nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihres Ergehens zu beurteilen ist (so im Hinblick auf die Verwertbarkeit von Verkehrsstraftaten: BVerwG, Beschluss vom 21. Mai 2012 - 3 B 65.11 - Buchholz 442.10 § 65 StVG Nr. 2 Rn. 7; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 11 FeV Rn. 55).

15

2. Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ist die Fahreignung des Bewerbers (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG). Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV müssen die Bewerber die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV sind die Anforderungen insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird (§ 11 Abs. 1 Satz 3 FeV).

16

a) Gemäß § 2 Abs. 8 StVG i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, zur Vorbereitung der Entscheidung über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 FeV kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) unter anderem angeordnet werden, 4. und bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, 5. bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen.

17

b) Nach ständiger Rechtsprechung ist eine solche von der Fahrerlaubnisbehörde an den Betroffenen gerichtete Aufforderung, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, nicht selbstständig rechtlich anfechtbar; sie ist kein Verwaltungsakt, sondern nur eine der eigentlichen Entscheidung vorausgehende und diese vorbereitende Maßnahme zur Sachverhaltsaufklärung (so zur Vorgängerregelung in § 3 Abs. 2 StVZO a.F. BVerwG, Urteil vom 28. November 1969 - 7 C 18.69 - BVerwGE 34, 248 <250>; ebenso zu § 15b StVZO a.F.: BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 1994 - 11 B 157.93 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 23 S. 3; VGH Mannheim, Beschluss vom 24. Juni 2002 - 10 S 985/02 - VRS 103, 224 <227>; OVG Münster, Beschluss vom 22. Januar 2001 - 19 B 1757/00 - NJW 2001, 3427 <3427 f.>; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 11 FeV Rn. 43 m.w.N.).

18

c) Die Rechtmäßigkeit einer Beibringensaufforderung wird jedoch inzident gerichtlich überprüft, wenn der Betroffene ihr nicht Folge leistet und die Fahrerlaubnisbehörde deshalb gestützt auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV von dessen mangelnder Fahreignung ausgeht und die Erteilung der beantragten Fahrerlaubnis ablehnt oder - falls eine Fahrerlaubnis bereits erteilt war - die Fahrerlaubnis entzieht (§ 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV).

19

Gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung schließen, wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Mit dieser Bestimmung hat der Verordnungsgeber ausdrücklich normiert, was zuvor richterrechtlich anerkannt war. Der Schluss auf die Nichteignung ist nur zulässig, wenn die Anordnung der Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 6 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 14 m.w.N.).

20

d) Die formellen Anforderungen, denen eine solche Beibringensaufforderung genügen muss, sind unter anderem in § 11 Abs. 6 FeV geregelt. Nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FeV teilt die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat. Außerdem ist ihm mitzuteilen, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (§ 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV).

21

Diese formellen Anforderungen an den Inhalt einer Beibringensaufforderung sollen es dem Betroffenen ermöglichen, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er sich der geforderten Begutachtung unterziehen will oder nicht. Das ist für ihn wegen der sich aus § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV ergebenden Rechtsfolgen von besonderer Bedeutung. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Aufforderung im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein muss. Der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das dort Mitgeteilte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung rechtfertigen kann. Ebenso ist geklärt, dass eine mangelhafte Aufforderung zur Gutachtensbeibringung nicht dadurch "geheilt" werden kann, dass die Behörde nachträglich - etwa im Gerichtsverfahren - darlegt, objektiv hätten seinerzeit Umstände vorgelegen, die Anlass zu Zweifeln an der Fahreignung hätten geben können (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 4 f.).

22

3. Die an den Kläger gerichtete Beibringensaufforderung vom 30. November 2011 genügt nicht der Vorgabe des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV, wonach die Fahrerlaubnisbehörde dem Betroffenen mitteilt, dass er die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen kann.

23

Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV nicht als bloße Ordnungsvorschrift einzustufen ist. Das wird in Teilen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung angenommen und aus dieser Einordnung im Verbindung mit § 46 LVwVfG hergeleitet, dass das Unterbleiben des dort geforderten Hinweises nicht zur Aufhebung einer auf die Nichtvorlage des Gutachtens gestützten, ansonsten rechtmäßigen Fahrerlaubnisentziehung führe (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 26. Mai 2011 - 2 B 550/11 - ESVGH 61, 243 <244>; VG Düsseldorf, Beschluss vom 26. April 2012 - 6 L 488/12 - juris Rn. 35; VG Ansbach, Beschluss vom 25. Januar 2012 - AN 10 S 12.00029 - juris Rn. 26; offengelassen von OVG Lüneburg, Urteil vom 15. April 2014 - 12 LB 64/13 - DAR 2014, 475 <477> m.w.N.; VGH München, Beschluss vom 27. November 2012 - 11 ZB 12.1596 - ZfS 2013, 177 <178>; a.A. VG Osnabrück, Beschluss vom 7. März 2011 - 6 B 19/11 - NJW 2011, 2986 <2987> m.w.N.).

24

Die Annahme, bei der Regelung handele es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Verletzung folgenlos bleibt, findet im Gesetz keine Grundlage. Nach Wortlaut und systematischer Stellung ist ihr verpflichtender Charakter nicht zweifelhaft. Sie wurde durch Art. 1 Nr. 6 Buchst. b der Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 7. August 2002 (BGBI. I S. 3267) den bereits bestehenden Mitteilungs- und Darlegungspflichten des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV angefügt, deren Verletzung anerkanntermaßen zur Nichtanwendbarkeit von § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV führt (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 4 f. - noch zu § 15b StVZO - und vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 6 f.). Dem entsprechen Sinn und Zweck der Regelung. Mit ihr soll einem weniger rechtskundigen Bürger deutlich gemacht werden, dass die Fahrerlaubnisbehörde zwar bestimmt, welche Unterlagen dem Gutachter übersandt werden, er aber Gelegenheit erhält, sich über diese zu informieren, bevor er seine Entscheidung über die Begutachtung trifft (vgl. BR-Drs. 497/02 S. 63). Mit diesem spezifischen Zweck, der auch für die informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen bedeutsam ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 3 f.), greift die Mitteilungspflicht in ihrer Tragweite und Bedeutung über einen Hinweis auf das allgemeine Akteneinsichtsrecht (§ 29 LVwVfG) hinaus; er würde verfehlt, bliebe ein Verstoß von vornherein folgenlos.

25

Die Beklagte konnte den Verfahrensfehler der versäumten Mitteilung nicht durch ihr Schreiben vom 18. September 2013 ausräumen. Zwar kann eine erforderliche Anhörung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG nachgeholt und ein damit verbundener Verfahrensfehler geheilt werden (BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1983 - 1 C 13.81 - Buchholz 316 § 67 VwVfG Nr. 1 S. 2). Das kommt hier aber schon deshalb nicht in Betracht, weil die Mitteilungspflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV in den mit einer Fristsetzung verbundenen Mechanismus der Beibringungsaufforderung eingebunden ist und deshalb nachträglich ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 5).

26

4. Das Berufungsgericht hat jedoch angenommen, eine Verletzung der Hinweispflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV führe gemäß seiner Funktion nicht stets zur Rechtswidrigkeit der Beibringungsaufforderung; vielmehr komme es entsprechend dem gebotenen Kausalitätserfordernis, das auch § 46 LVwVfG zugrunde liege, darauf an, ob sich der Verfahrensfehler auf die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen ausgewirkt haben könne, was hier zu verneinen sei. Dieser rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts steht nicht in jeder Hinsicht im Einklang mit Bundesrecht. Auch im Ergebnis hätte das Berufungsgericht die Beachtlichkeit des Verfahrensfehlers nicht verneinen dürfen.

27

a) Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist insoweit zutreffend, als die Verletzung der Hinweispflicht nicht stets dazu führt, dass die auf eine solchermaßen fehlerhafte Beibringungsaufforderung gestützte Behördenentscheidung aufzuheben ist. § 46 LVwVfG, der mit § 46 VwVfG übereinstimmt, findet auch in diesem Zusammenhang Anwendung.

28

Nach § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Der Anwendung dieser Vorschrift steht nicht entgegen, dass sie sich auf die Aufhebung eines Verwaltungsakts und damit auf eine Anfechtungssituation bezieht. Mit diesem Anwendungsbereich erfasst § 46 VwVfG den Fall einer auf eine Beibringungsaufforderung gestützten Fahrerlaubnisentziehung, nicht ohne Weiteres hingegen den Fall der Versagung der Erteilung einer Fahrerlaubnis. Mit der Beibringungsaufforderung ist jedoch ein Verfahren geschaffen, das, wenn der Betroffene der Aufforderung nicht nachkommt, zur Fiktion der Nichteignung gemäß § 11 Abs. 8 FeV führt und damit im weiteren Verfahren gleich einem belastenden Verwaltungsakt wirkt, einerlei ob es um die Entziehung oder Erteilung einer Fahrerlaubnis geht. Das rechtfertigt jedenfalls in der hier gegebenen Verpflichtungssituation die analoge Anwendung von § 46 VwVfG.

29

Ist offensichtlich, dass der versäumte Hinweis auf die Möglichkeit, die dem Gutachter zu übersendenden Unterlagen einzusehen, die Weigerung des Betroffenen, sich einer Begutachtung zu unterziehen, nicht beeinflusst hat, so ist er auch ohne Einfluss auf die Berechtigung, aus der unterlassenen Begutachtung auf die Nichteignung zu schließen, und damit auf die darauf gestützte Behördenentscheidung. Der Umstand, dass die Beibringungsaufforderung als vorbereitende Maßnahme der abschließenden Behördenentscheidung vorausgeht, steht dieser Betrachtung nicht entgegen. Anderenfalls würde § 46 VwVfG in seiner Anwendung hinsichtlich nicht selbstständig anfechtbarer Grundlagen eines zur Prüfung stehenden Verwaltungsakts beschränkt, wofür kein Grund ersichtlich ist. Dem entsprechend ist die Aussage, dass der Schluss auf die Nichteignung nur zulässig ist, wenn die Anordnung der Untersuchung rechtmäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 6 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 14 m.w.N.), um den Vorbehalt der Anwendung von § 46 VwVfG zu ergänzen.

30

Jenseits einer Anwendung von § 46 VwVfG ist in § 11 Abs. 6 und 8 FeV eine Begrenzung der Folgen von Verfahrensfehlern nicht angelegt. Namentlich können die Anforderungen an eine formell und materiellrechtmäßige Aufforderung nicht durch Überlegungen des Inhalts relativiert werden, der Betroffene werde schon wissen, worum es gehe (BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 5).

31

b) Ausgehend hiervon war das Fehlen des gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV erforderlichen Hinweises ein beachtlicher Verfahrensfehler. Dass dieser Fehler die Entscheidung über den Fahrerlaubnisantrag des Klägers in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst hat, lässt sich nicht feststellen.

32

Mit Blick auf die Bedeutung des Hinweises gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV ist ein strenger Maßstab für die Anwendung von § 46 VwVfG geboten. Eine offensichtlich fehlende Kausalität kann etwa dann angenommen werden, wenn der Betroffene ungeachtet eines fehlenden Hinweises in die zu übersendenden Unterlagen Einsicht genommen hat. Das Berufungsgericht hat hingegen eine Auswirkung auf die Willensentschließungsfreiheit des Klägers mit der Begründung verneint, die Beibringungsaufforderung gebe mit den von ihr benannten Verkehrsverstößen den Inhalt der zu übersendenden Unterlagen ausreichend wieder; die entsprechenden Verurteilungen seien dem Kläger bekannt. Abgesehen davon, dass zu den in den Akten befindlichen, der Beibringungsaufforderung vorblattierten strafrichterlichen Urteilen auch eine nicht benannte Verurteilung wegen Betrugs gehört, lassen sich diese angenommenen Kenntnisse nicht mit einer erfolgten Akteneinsicht gleichsetzen. Die Annahme, dass der Kläger das Gutachten selbst nach Einsicht in die Unterlagen nicht beigebracht hätte, entbehrt einer verlässlichen Grundlage. Auch der ergänzende Hinweis auf die Einlassung des Prozessbevollmächtigten trägt den Schluss auf die Offensichtlichkeit fehlender Kausalität nicht.

33

5. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht nimmt das Berufungsgericht an, die Beklagte habe die Beibringungsaufforderung auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV stützen dürfen. Danach kann die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften angeordnet werden. Zwar ist dieser Tatbestand in § 11 Abs. 3 FeV eingefügt worden, weil nach Einschätzung des Verordnungsgebers eine Regelung fehlte, die die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung erlaubt, wenn auf Grund von Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, die keine Straftaten darstellten, Eignungszweifel bestehen (vgl. BR-Drs. 305/04 Beschluss). Das schließt angesichts des offenen Wortlauts jedoch nicht aus, § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV auch bei Verkehrsverstößen heranzuziehen, die Straftaten sind, wenngleich die Beibringungsaufforderung insoweit auch auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV gestützt werden kann. Die nach der Beibringungsaufforderung vom Gutachter zu beantwortende Frage war - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - auch hinreichend bestimmt. Ebenso war für den Kläger durch die dort enthaltene Auflistung der von ihm begangenen Verkehrsverstöße ohne Weiteres erkennbar, woraus die Beklagte ihre Eignungszweifel herleitete.

34

6. Die Annahme des Berufungsgerichts, solange die Tilgungs- und Verwertungsfristen in Bezug auf die vom Betroffenen begangenen Verkehrsverstöße nicht abgelaufen seien, bestehe für eine weitere einzelfallbezogene Prüfung, ob die Verdachtsmomente noch einen Gefahrenverdacht begründeten, grundsätzlich kein Raum mehr und müsse auf diesen Umstand im Rahmen der Ermessensausübung regelmäßig nicht ausdrücklich eingegangen werden (UA S. 22 f.), steht ebenfalls nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

35

a) Aus dem Wortlaut von § 11 Abs. 3 FeV ("kann... angeordnet werden") ergibt sich, dass die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens in den dort in den Nummern 1 bis 9 aufgeführten Fällen im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde steht. Das bestätigt auch der Vergleich dieser Regelung mit § 13 FeV (Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik) und § 14 FeV (Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel), wo die Anforderung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens bindend vorgegeben ist ("ordnet an"; "ist anzuordnen").

36

Dass Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften im Fahreignungs-Register zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beibringensaufforderung noch nicht getilgt und damit verwertbar sind, ist Grundvoraussetzung dafür, dass aus diesem zurückliegenden Fehlverhalten noch das künftige Verkehrsverhalten betreffende Eignungszweifel hergeleitet werden dürfen; nach Ablauf der gesetzlichen Fristen unterliegen entsprechende Taten einem Verwertungsverbot (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 7). Die gesetzlich festgelegten Fristen können nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beiseitegeschoben oder relativiert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 11). Daraus folgt jedoch nicht, dass in den Fällen des § 11 FeV eine Ermessensbetätigung der Fahrerlaubnisbehörde - wie das Berufungsgericht meint - auch bei bereits mehrere Jahre zurückliegenden Verkehrsverstößen grundsätzlich entbehrlich ist. Es liegt auf der Hand, dass es für die Frage von Eignungszweifeln und - in den Fällen des § 11 FeV, der die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens in das Ermessen der Behörde stellt - ebenso für die anschließende Ermessensausübung einen Unterschied macht, ob eine fahreignungsrelevante Zuwiderhandlung erst kurze Zeit oder aber bereits mehrere Jahre zurückliegt, selbst wenn sie nach den maßgeblichen Tilgungsvorschriften noch verwertbar ist. Im Fall des Klägers geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Tilgungsfristen für die von ihm im Zeitraum bis 2005 begangenen Verkehrsverstöße aufgrund der zehnjährigen Tilgungsfrist gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StVG i.V.m. Nr. 2a StVG a.F. unter Berücksichtigung der Anlaufhemmung (§ 29 Abs. 5 StVG a.F.) und der Ablaufhemmung (§ 29 Abs. 6 Satz 1 StVG a.F.) erst im Jahr 2018 ablaufen werden. Im Hinblick auf diese langen Tilgungsfristen insbesondere nach dem vor dem 1. Mai 2014 geltenden und auf "Altfälle" weiterhin anzuwendenden Recht, ist, je länger die betreffenden Zuwiderhandlungen zurückliegen, auch eine diesem Umstand Rechnung tragende Betätigung des der Fahrerlaubnisbehörde eingeräumten Ermessens dazu geboten, ob diese Verkehrsverstöße nach wie vor die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen. Die Fahrerlaubnisbehörde wird bei mehrere Jahre zurückliegenden Verkehrsverstößen mit Blick auf deren Art, Zahl und Erheblichkeit insbesondere zu erwägen haben, ob verbleibende Eignungszweifel ohne Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ausgeräumt werden können, z.B. durch Vorlage von Zeugnissen, Berichten eines Bewährungshelfers oder anderen geeigneten Beweismitteln. Wenn dies in Betracht kommt, wird sie dem Fahrerlaubnisbewerber hierzu Gelegenheit geben müssen. Die Ermessenserwägungen sind, wenn sie zum Erlass einer Beibringensaufforderung führen, in der an den Betroffenen gerichteten Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens auch offenzulegen, damit dem Sinn und Zweck der in § 11 Abs. 6 FeV angeordneten Mitteilungspflichten Genüge getan ist.

37

b) Ebenso wenig kann der Wertung des Berufungsgerichts gefolgt werden, gerade die Funktion der medizinisch-psychologischen Begutachtung als Gefahrerforschungsmaßnahme, die in ihrer Eingriffsintensität für den Betroffenen hinter einer abschließenden Entscheidung wie der Entziehung der Fahrerlaubnis oder deren Versagung zurückbleibe, spreche dafür, die Anforderungen an die Ermessensbetätigung und die Begründung der maßgeblichen Erwägungen nicht zu hoch anzusetzen (UA S. 21 a.E.). Das lässt außer Acht, dass es für den Betroffenen durchaus mit nicht unbeträchtlichen Belastungen verbunden ist, wenn er sich einer medizinisch-psychologischen Begutachtung unterzieht (in diesem Sinne auch bei einem ärztlichen Gutachten: BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 4). Deshalb soll ihm die Begründung der Beibringensaufforderung eine fundierte Entscheidung darüber ermöglichen, ob er dieser Aufforderung nachkommt. Abgesehen davon stehen die Beibringensaufforderung der Fahrerlaubnisbehörde, die Reaktion des Betroffenen hierauf und eine abschließende Entscheidung der Behörde auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV in engem Zusammenhang. Mit der Entscheidung des Betroffenen, ein von ihm gefordertes Fahreignungsgutachten nicht vorzulegen, ist auch bereits die Entscheidung über seinen Antrag auf Fahrerlaubniserteilung oder aber über eine Entziehung der Fahrerlaubnis vorgezeichnet (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 5).

38

7. Gemessen daran lässt die Beibringensaufforderung vom 30. November 2011 keine hinreichende Ermessensausübung durch die Beklagte erkennen. Die dort für die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens gegebene Begründung beschränkt sich darauf, in tabellarischer Form die vom Kläger begangenen und rechtskräftig geahndeten Verkehrsstraftaten mit den entsprechenden Tattagen aufzulisten. Daran schließt sich der Satz an, dass daher die Beibringung eines Gutachtens gefordert werden müsse. Selbst wenn man dem Berufungsgericht darin folgte, dass nicht bereits aus dieser Formulierung zu schließen ist, eine Ermessensausübung sei gänzlich unterblieben (UA S. 23), so fehlt es im Aufforderungsschreiben der Beklagten doch an jeglichen Darlegungen dazu, weshalb sie ihr Ermessen trotz des zeitlichen Abstandes der vom Kläger begangenen Verkehrsverstöße dahin ausgeübt hat, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu fordern. Dass, wie es im Berufungsurteil heißt, die Behörde "ausgeführt" habe, die einschlägigen Verurteilungen legten nahe, der Kläger werde auch in Zukunft mit Straßenverkehrsdelikten auffällig werden (UA S. 22), ist unzutreffend. Mehr als die Auflistung der Verkehrsstraftaten und die vom Gutachter zu beantwortende Frage findet sich dort nicht. Aus diesem Grund kann auf die Offenlegung der von der Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen der Ermessensausübung angestellten Überlegungen auch nicht im Hinblick auf die - im Grundsatz durchaus zutreffende - Erwägung des Berufungsgerichts verzichtet werden, dass sich die Gesichtspunkte, die auf der Tatbestandsseite zur Annahme von Eignungszweifeln führen und die Gesichtspunkte, die im Rahmen von § 11 FeV die Ermessensausübung steuern, regelmäßig decken. Hier fehlen Darlegungen der Fahrerlaubnisbehörde sowohl zum einen wie zum anderen.

39

Diese Mängel sind auch nicht deshalb unerheblich, weil die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null vorgelegen hätten. Dem steht entgegen, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Beibringensaufforderung auch die letzte der von der Beklagten herangezogenen Verkehrsstraftaten - ein erneutes Fahren ohne Fahrerlaubnis - schon mehr als sechs Jahre zurücklag. Die Verkehrsverstöße waren zwar insbesondere im Hinblick auf ihre Häufung und die Länge des Begehenszeitraums (1998 bis 2005) von erheblichem Gewicht; der Kläger war aber bei Tatbegehung - mit Ausnahme der beiden in 2005 begangenen Taten (Fahren ohne Fahrerlaubnis) - noch Heranwachsender. Eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis wurde nur in einem Fall verhängt und auf zwei Jahre befristet. Unter Berücksichtigung dieser Umstände war es nicht von vornherein ausgeschlossen, dem Kläger mehr als sechs Jahre nach der letzten zu berücksichtigenden Tat auch ohne Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Fahrerlaubnis erteilen zu können, weil sich verbleibende Eignungszweifel durch andere geeignete Beweismittel ausräumen ließen.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass

1.
Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Mai 2011 (BGBl. I S. 821) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen,
2.
Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder
3.
missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen
vorliegt. Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.

(2) Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn

1.
die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war,
2.
zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin die in Absatz 1 genannten Mittel oder Stoffe einnimmt, oder
3.
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. § 13 Nummer 2 Buchstabe b bleibt unberührt.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 4. Mai 2017 wird in Nr. I aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheids des Landratsamts Freising vom 9. Dezember 2016 wird wiederhergestellt. Der Antragsgegner wird angewiesen, dem Antragsteller den Führerschein bis zur Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache wieder auszuhändigen oder ihm im Falle der Unbrauchbarmachung des Führerscheins ein vorläufiges Ersatzdokument auszustellen.

II. Unter Abänderung der Nr. II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts trägt der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1, B und L.

Mit Bußgeldbescheid vom 9. September 2016, rechtskräftig seit 28. September 2016, verhängte das Bayerische Polizeiverwaltungsamt wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG ein Bußgeld sowie ein einmonatiges Fahrverbot gegen den Antragsteller. Dem lag zu Grunde, dass der Antragsteller gemäß dem Gutachten des Forensisch T. C. GmbH München vom 31. Juli 2016 am 8. Juli 2016 mit einer Konzentration von 1,4 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), 1,0 ng/ml Hydroxy-THC und 29,9 ng/ml THC-Carbonsäure mit einem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen hatte.

Nach Anhörung entzog das Landratsamt Freising (im Folgenden: Landratsamt) dem Antragsteller mit Bescheid vom 9. Dezember 2016 die Fahrerlaubnis aller Klassen, ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Ablieferung des Führerscheins innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids sowie die sofortige Vollziehung an. Der Antragsteller sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV, da er gelegentlich Cannabis konsumiere und den Konsum nicht von der Teilnahme am Straßenverkehr trennen könne. Am 20. Dezember 2016 hat der Antragsteller den Führerschein beim Landratsamt abgegeben.

Über die gegen den Bescheid vom 9. Dezember 2016 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München nach Aktenlage noch nicht entschieden (M 6 K 17.76). Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. Mai 2017 abgelehnt. Die Erfolgsaussichten der Klage seien offen, da in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Frage bestünden, ob einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten schon beim ersten Verstoß gegen das Trennungsgebot im Rahmen einer Ordnungswidrigkeit die Fahrerlaubnis entzogen werden könne. Die Interessenabwägung falle zu Lasten des Antragstellers aus, da er gegenüber dem kontrollierenden Polizeibeamten angegeben habe, er habe zwei Wochen vor der Verkehrskontrolle einen Joint geraucht. Dies könne nicht zutreffen, da damit die im Blut gefundenen THC-Konzentrationen nicht erklärbar seien. Diese Ausflüchte sprächen für charakterliche Mängel des Antragstellers. Auch die Anordnung von Auflagen komme nicht in Betracht, da die Kammer schlechte Erfahrungen mit solchen Auflagen gemacht habe.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt. Der Antragsteller macht geltend, nach der neueren Rechtsprechung des Senats könne bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach der ersten Verkehrsordnungswidrigkeit unter Cannabiseinfluss nicht nach § 11 Abs. 7 FeV von Ungeeignetheit ausgegangen werden. Es sei ggf. ein medizinisch-psychologisches Gutachten nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV anzuordnen. Der Antragsteller habe mit vertraglicher Vereinbarung vom 18. Januar 2017 die BAD Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH mit der Durchführung eines einjährigen Drogenabstinenzprogramms beauftragt. Bei beiden bisher durchgeführten Probenahmen vom 16. Februar 2017 und 5. April 2017 seien keine Rückstände von Drogen gefunden worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet und die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 9. Dezember 2016 wiederherzustellen. Die Voraussetzungen für eine Entziehung der Fahrerlaubnis ohne vorherige Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung waren nicht gegeben.

1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juni 2017 (BGBl I S. 1822), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-VerordnungFeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. Mai 2017 (BGBl I S. 1282), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).

Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt Kraftfahreignung bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis vor, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden können, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psycho-logischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen wurden. Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt nach § 11 Abs. 7 FeV die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens.

2. Der Antragsteller hat in mindestens zwei selbstständigen Konsumvorgängen, die einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen, Cannabis zu sich genommen und damit im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gelegentlich Cannabis konsumiert. Zum einen hat er sich bei der Verkehrskontrolle zuerst dahingehend eingelassen, dass er ca. zwei Wochen zuvor Marihuana konsumiert habe. Dann hat er angegeben, am 6. Juli 2016 gegen 23.00 Uhr einen Joint konsumiert zu haben. Zum anderen muss der Fahrt am 8. Juli 2016 ein weiterer Konsum vorausgegangen sein. Dies ergibt sich aus dem in der Untersuchung der Blutprobe festgestellten THC-Wert von 1,4 ng/ml. Aufgrund des Abbauverhaltens von THC und dem ebenfalls festgestellten THC-COOH-Wert von 29,9 ng/ml, der nicht auf einen häufigen oder regelmäßigen Konsum über einen längeren Zeitraum schließen lässt, erscheint äußerst unwahrscheinlich, dass der THC-Wert von 1,4 ng/ml noch auf einen Konsum zwei Wochen vor der Blutentnahme oder am Abend des 6. Juli 2016 zurückgeht. In dem toxikologischen Gutachten wird auch festgestellt, dass ein akuter Konsum von Cannabisprodukten stattgefunden habe. Da der Antragsteller auch keine plausible Erklärung für einen lediglich einmaligen Probierkonsum geliefert hat, ist in einem Akt der Beweiswürdigung vor dem Hintergrund des äußerst seltenen Falls, dass jemand nach einem einmaligen Konsum zum einen bereits kurz darauf ein Kraftfahrzeug führt und zum anderen dann auch noch trotz der geringen Dichte der polizeilichen Verkehrsüberwachung in eine Verkehrskontrolle gerät und die Polizei einen Drogentest veranlasst, die Annahme gerechtfertigt, dass der Antragsteller mehrfach Cannabis konsumiert hat.

3. Der Antragsteller hat auch unbestritten am 8. Juli 2016 unter der Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt und damit gegen das Trennungsgebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen. Gemäß dem Gutachten des Forensisch Toxikologischen Centrums GmbH München vom 31. Juli 2016 hat er mit einer Konzentration von 1,4 ng/ml THC im Blut am Straßenverkehr teilgenommen. Dabei war eine durch den Drogeneinfluss bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – NJW 2015, 2439 Rn. 28 ff.). Gleichwohl steht damit jedoch noch nicht i.S.d. § 11 Abs. 7 FeV fest, dass der Antragsteller ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen. Vielmehr sieht § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV hierfür die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor (vgl. U.v. 25.4.2017 – 11 BV 17.33 – juris). Das Landratsamt hätte daher zuerst von den Aufklärungsmöglichkeiten des nach § 46 Abs. 3 FeV im Entziehungsverfahren entsprechend anzuwendenden § 14 FeV Gebrauch machen und im Ermessenswege darüber entscheiden müssen, ob es nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV eine medizinisch-psychologische Untersuchung anordnet (vgl. BayVGH, U.v. 25.4.2017 a.a.O.). An dieser Rechtsauffassung hält der Senat trotz der noch ausstehenden Entscheidung über die vom Antragsgegner eingelegte Revision gegen das Urteil weiterhin fest.

4. Der Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Herausgabe des vom Antragsteller abgegebenen Führerscheins bzw. zur Ausstellung eines Ersatzdokuments beruht auf § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.2 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. November 2016 (M 26 K 15.1494) und der Bescheid des Landratsamts Starnberg vom 4. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 18. März 2015 werden aufgehoben.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

IV. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der 1994 geborene Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A1, AM, B und L.

Am 28. April 2014 gegen 18.00 Uhr stellte die Polizei bei einer Verkehrskontrolle fest, dass der Kläger, der das Kraftfahrzeug führte, 1,7 Gramm Marihuana bei sich trug. Er gab an, er habe ca. 45 Minuten zuvor mit zwei Freunden einen kleinen Joint geraucht. Das Institut für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Ulm stellte mit Gutachten vom 9. Mai 2014 in der entnommenen Blutprobe 3,7 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), 55,2 ng/ml THC-Carbonsäure (TCH-COOH) und 1,9 ng/ml 11-Hydroxy-THC (11-OH-THC) fest.

Mit Bußgeldbescheid vom 23. Mai 2014, rechtskräftig seit 11. Juni 2014, verhängte die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt gegen den Kläger wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG eine Geldbuße und ein Fahrverbot von einem Monat. Von der Verfolgung des Vergehens nach § 29 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) sah die Staatsanwaltschaft München II mit Verfügung vom 3. November 2014 nach § 45 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) i.V.m. § 109 Abs. 2 JGG ab.

Nach Anhörung entzog das Landratsamt Starnberg (im Folgenden: Landratsamt) dem Kläger mit Bescheid vom 4. Dezember 2014 die Fahrerlaubnis aller Klassen und ordnete die Vorlage des Führerscheins innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids an. Zur Begründung führte das Landratsamt aus, der Kläger sei nach § 11 Abs. 7 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da er gemäß Nr. 9.2.1 und 9.2.2 der Anlage 4 nicht in der Lage sei, den Konsum von Cannabis vom Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen. Am 5. Dezember 2014 gab der Kläger seinen Führerschein ab.

Den gegen den Bescheid vom 4. Dezember 2014 erhobenen Widerspruch wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2015 zurück. Der Kläger sei gelegentlicher Cannabiskonsument und habe unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug geführt. Er sei daher nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Er habe seine Fahreignung auch nicht wiedererlangt. Dafür sei nach Nr. 9.5 der Anlage 4 der Nachweis einer einjährigen Abstinenz oder zumindest der Übergang zu einem für die Fahreignung nicht mehr relevanten Konsum erforderlich.

Die gegen den Bescheid vom 4. Dezember 2014 und den Widerspruchsbescheid vom 18. März 2015 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 21. November 2016 abgewiesen. Der Kläger sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei daher rechtmäßig.

Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung, der der Beklagte entgegentritt, macht der Kläger geltend, er sei nicht ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Er habe zwar vor der Fahrt unter Cannabiseinfluss schon einmal Cannabis eingenommen. § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV sei aber nicht einschlägig, da er nur eine Verkehrsordnungswidrigkeit begangen habe. Er müsse genauso behandelt werden wie Kraftfahrer, die unter dem Einfluss von Alkohol ein Kraftfahrzeug führten. Dort werde erst bei der zweiten Ordnungswidrigkeit ein medizinisch-psychologisches Gutachten angefordert. Der Gleichheitssatz sei verletzt.

Er beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. November 2016 und den Bescheid des Landratsamts Starnberg vom 4. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 18. März 2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Angesichts der unterschiedlichen Wirkungsweise von Alkohol und Cannabis sei es gerechtfertigt, schon nach der ersten Fahrt unter Cannabiseinfluss die Fahrerlaubnis zu entziehen. Der Verordnungsgeber habe mit der Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung im Jahr 2008 nur eine Gleichbehandlung von wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss und unter Betäubungsmitteleinfluss herstellen wollen. § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV habe auch weiterhin einen Anwendungsbereich, wenn eine Verkehrsordnungswidrigkeit unter Alkoholeinfluss und eine Verkehrsordnungswidrigkeit unter Cannabiseinfluss im Rahmen eines einmaligen Probierkonsums zusammentreffen würden. Bei § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV handele es sich auch nicht um eine Ermessensvorschrift, sondern es sei zwingend eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen, da nicht erkennbar sei, welcher Entscheidungsspielraum der Behörde zustehen könnte. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 23. Oktober 2014 (3 C 3.13) zwar die Frage nach dem Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nicht unmittelbar beantwortet. Es sei aber davon ausgegangen, dass schon bei einem erstmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot Ungeeignetheit nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 vorliege.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist begründet. Der Bescheid vom 4. Dezember 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger ist zwar gelegentlicher Cannabiskonsument und hat den Konsum von Cannabis einmal nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Damit steht aber nicht fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Behördenentscheidungen sind daher aufzuheben.

1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (BVerwG, U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 - NJW 2015, 2439 Rn. 13). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. März 2015 (BGBl I S. 186), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. Dezember 2014 (BGBl I S. 2213), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV).

Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt Kraftfahreignung bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis vor, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen wurden. Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt nach § 11 Abs. 7 FeV die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens.

2. Der Kläger ist gelegentlicher Cannabiskonsument i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4. Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, zuletzt BVerwG, U.v. 23.10.2014 a.a.O. Rn. 20 ff.; BayVGH, B.v. 18.4.2016 - 11 ZB 16.285 - juris Rn. 11). Der Kläger hat zugestanden, dass er in zeitlichem Zusammenhang zu der Fahrt unter Cannabiseinfluss ein weiteres Mal Cannabis eingenommen hatte.

3. Der Kläger hat auch einmal gegen das Trennungsgebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen. Gemäß dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Ulm vom 9. Mai 2014 hat er mit einer Konzentration von 3,7 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), 55,2 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH) und 1,9 ng/ml 11-Hydroxy-THC (11-OH-THC) im Blut am Straßenverkehr teilgenommen. Dabei war eine durch den Drogeneinfluss bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2014 a.a.O. Rn. 28 ff.). Dieser Sachverhalt steht aufgrund der rechtskräftigen Bußgeldentscheidung vom 23. Mai 2014 fest und der Kläger muss die Feststellungen im Bußgeldverfahren gegen sich gelten lassen (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 3 StVG Rn. 56).

4. Es steht damit jedoch nicht i.S.d. § 11 Abs. 7 FeV fest, dass der Kläger ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Das Landratsamt war nicht berechtigt, dem Kläger nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen die Fahrerlaubnis zu entziehen. Es hätte zuerst von den Aufklärungsmöglichkeiten des nach § 46 Abs. 3 FeV im Entziehungsverfahren entsprechend anzuwendenden § 14 FeV Gebrauch machen und im Ermessenswege darüber entscheiden müssen, ob es nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV eine medizinisch-psychologische Untersuchung anordnet.

Die anlassbezogene Überprüfung der Kraftfahreignung ist zwar ebenso wie die Entziehung der Fahrerlaubnis eine (präventive) Sicherungsmaßnahme, die dazu dient, die Allgemeinheit vor Gefährdungen durch ungeeignete Kraftfahrer zu schützen. Da der Straßenverkehr hohe Risiken für Leben, Gesundheit und Eigentum der Verkehrsteilnehmer in sich birgt, müssen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen hohe Anforderungen gestellt werden. Um dies sicherzustellen, ist eine präventive Kontrolle von Kraftfahrern verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich (vgl. BVerfG, B.v. 20.6.2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 und 24.6.1993 - 1 BvR 689/92 - BVerfGE 89, 69; BVerwG, U.v. 27.9.1995 - 11 C 34.94 - BVerwGE 99, 249). Gleichwohl lagen hier die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis ohne Aufklärungsmaßnahmen nicht vor.

4.1. Nach dem Wortlaut des § 14 FeV mit der amtlichen Überschrift „Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel“ begründen die dort genannten Umstände Eignungszweifel, bei denen die vorgesehenen Aufklärungsmaßnahmen zu ergreifen sind. § 14 FeV betrifft damit keine Sachverhalte, bei denen ohne weiteres von Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen und die Fahrerlaubnis entzogen werden kann.

Begründen Tatsachen die Annahme, dass Betäubungsmittelabhängigkeit, Betäubungsmitteleinnahme oder missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt, ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 FeV zur Vorbereitung der zu treffenden Entscheidung im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung aufzuklären, ob tatsächlich Abhängigkeit oder Einnahme der genannten Substanzen besteht. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV kann die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Bei Verwirklichung der in § 14 Abs. 2 FeV aufgeführten Tatbestände steht nach dem Wortlaut der Vorschrift ebenfalls nicht fest, dass der Betreffende ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, sondern es ist eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen. Darüber hinaus kann nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet werden, wenn weitere Umstände Zweifel an der Eignung begründen.

Hiervon ausgehend liegt hier ein Fall des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV vor, denn der Kläger ist gelegentlicher Cannabiskonsument und ist am 28. April 2014 einmal bei der Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss aufgefallen, wodurch Zweifel an seiner Eignung begründet sind, die mit der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege aufgeklärt werden können. Erst bei einer zweiten Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG ist nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zwingend.

4.2 Auch die Entstehungsgeschichte des § 14 FeV spricht dafür, § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Bei §§ 13 und 14 FeV handelt es sich um Spezialvorschriften zu § 11 FeV, die der Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik und im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel dienen (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 256). Mit §§ 13 und 14 FeV wollte der Verordnungsgeber die Anlässe für eine Eignungsbegutachtung verbindlich festlegen (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 2) und normieren, welche Aufklärungsmaßnahmen in diesen Fällen zu ergreifen sind (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 260 und 262). Nach der Verordnungsbegründung zu § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV können weitere Umstände z.B. dann gegeben sein, wenn der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgte, wenn Kontrollverlust oder Störungen der Persönlichkeit vorliegen oder wenn zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 262 f.). Die Verordnungsbegründung bietet demgegenüber keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Verordnungsgeber bereits bei der ersten Verkehrsordnungswidrigkeit unter Cannabiseinfluss von feststehender Ungeeignetheit i.S.d. § 11 Abs. 7 FeV ausgegangen ist, sondern spricht vielmehr dafür, dass bei solchen Fällen die Fahreignung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten abgeklärt werden kann.

Eine verbindliche Regelung, in welchen Fällen welche Aufklärungsmaßnahmen zu ergreifen sind, war zum Zeitpunkt des Erlasses der Fahrerlaubnis-Verordnung veranlasst, da unter der Geltung der Vorgängerregelung des § 15b der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO) erhebliche Unsicherheiten insbesondere hinsichtlich der zulässigen Aufklärungsmaßnahmen bei Cannabisbesitz und -konsum aufgetreten waren (vgl. z.B. zu § 15b StVZO BVerfG, B.v. 20.6.2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378; B.v. 30.1.2003 - 1 BvR 866/00 - Blutalkohol 41, 459 und B.v. 24.6.1993 - 1 BvR 689/92 - BVerfGE 89, 69). Die Rechtsprechung vertrat zu § 15b StVZO zum Teil die Auffassung, nur bei konkreten Anhaltspunkten für fehlendes Vermögen eines Cannabiskonsumenten, Konsum und Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen, sei die Behörde zur Aufklärung der dadurch hervorgerufenen Eignungszweifel berechtigt, ein Fahreignungsgutachten anzufordern (BVerwG, U.v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 - NJW 2002, 78; BayVGH, U.v. 12.10.2000 - 11 B 98.632 - juris; B.v. 10.12.1997 - 11 CS 97.3062 - ZfSch 1998, 156). Andererseits wurde aber auch die Auffassung vertreten, schon der bloße Besitz oder Konsum von Cannabis rechtfertige die Anordnung von Aufklärungsmaßnahmen.

4.3. Für eine Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV auf den vorliegenden Fall spricht auch die Systematik der §§ 11, 13 und 14 FeV i.V.m. Anlage 4.

Als Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis wird in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 StVG, § 11 FeV die erforderliche Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers definiert und abschließend festgelegt, in welchen Fällen zur Klärung von Eignungszweifeln ein ärztliches Gutachten (§ 11 Abs. 2 FeV), ein medizinisch-psycho-logisches Gutachten (§ 11 Abs. 3 FeV) oder ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr (§ 11 Abs. 4 FeV) gefordert werden kann (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, § 11 FeV Rn. 24, 28).

Nach § 11 Abs. 3 Satz 2 FeV bleiben medizinisch-psychologische Untersuchungen nach §§ 13 und 14 FeV unberührt. Bei §§ 13 und 14 FeV handelt es sich hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anordnung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens um abschließende Spezialvorschriften zu § 11 FeV (Dauer a.a.O. § 11 FeV Rn. 35, § 13 FeV Rn. 15, 17, § 14 FeV Rn. 10).

4.3.1 Mit §§ 13 und 14 FeV wird geregelt, in welchen Fällen bei einer Alkohol- oder Drogenproblematik Zweifel an der Fahreignung vorliegen und welche Aufklärungsmaßnahmen jeweils zu ergreifen sind. Dabei sind die Vorschriften vergleichbar aufgebaut. Bei Eignungszweifeln, die nur einer medizinischen Abklärung bedürfen (Alkohol- und Drogenabhängigkeit, Einnahme von anderen Betäubungsmitteln außer Cannabis, Abklärung des Konsumverhaltens bei Cannabisgebrauch), muss die Behörde nach § 13 Satz 1 Nr. 1 und § 14 Abs. 1 Satz 1 FeV ein ärztliches Gutachten anordnen. Bei Eignungszweifeln, die auch einer psychologischen Begutachtung bedürfen, ist nach § 13 Satz 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 2 FeV in den dort geregelten Fällen zwingend ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen.

Angesichts des unterschiedlichen Gefahrenmaßstabs bei Fahrten unter Einfluss von Drogen und Alkohol (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 - NJW 2015, 2439 Rn. 33 ff.) wird der Fahrerlaubnisbehörde in § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV darüber hinaus die Möglichkeit eröffnet, bei widerrechtlichem Betäubungsmittelbesitz im Ermessenswege ein ärztliches Gutachten anzuordnen, um zu klären, ob der Betreffende Betäubungsmittel einnimmt. Des Weiteren kann bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten schon bei Vorliegen weiterer Tatsachen, die Zweifel an der Eignung begründen, nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege erfolgen.

4.3.2 Bei der Aufklärung der Eignungszweifel nach § 13 Satz 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 FeV ist anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betreffenden prognostisch zu untersuchen, ob eine Wiederholungsgefahr besteht, und daher in Zukunft mit weiteren entsprechenden Verkehrsverstößen zu rechnen ist (vgl. Nr. 1 Buchst. f der Anlage 4a und Fragenkatalog in den Beurteilungskriterien - Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung, Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 27.1.2014 [VkBl 2014, 132] als aktueller Stand der Wissenschaft eingeführt, S. 62 f.). In den Beurteilungskriterien wird als Fragestellung des § 14 Abs. 1 FeV bei gelegentlichem Cannabiskonsum und zusätzlichen Eignungszweifeln in Form eines Verstoßes nach § 24a StVG formuliert: „Kann Herr/Frau … trotz der Hinweise auf gelegentlichen Cannabiskonsum sowie der bekannten Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1/2 sicher führen?“ (Beurteilungskriterien, S. 63). Diese Fragestellung impliziert, dass in diesem Fall eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet und nicht nach § 11 Abs. 7 FeV von Ungeeignetheit ausgegangen wird. Die Entscheidung, ob in diesen Fällen Eignung vorliegt, kann die Fahrerlaubnisbehörde regelmäßig nicht aus eigener Sachkenntnis, sondern nur auf der Grundlage einer medizinisch-psychologischen Begutachtung treffen.

Nach § 11 Abs. 7 FeV kann demgegenüber nur dann auf Aufklärungsmaßnahmen verzichtet werden, wenn die Fahrerlaubnisbehörde aus schon vorliegenden Erkenntnissen die Fahrungeeignetheit selbst feststellen kann. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn Drogen- oder Alkoholabhängigkeit (Nrn. 8.3 und 9.3 der Anlage 4) bereits ärztlich diagnostiziert worden ist (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2017 - 11 CS 17.23, B.v. 16.11.2016 - 11 CS 16.1957 - beide juris) oder wenn die Einnahme harter Drogen, die ohne weiteres nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Ungeeignetheit führt, sicher festgestellt oder von dem Betreffenden zugestanden worden ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 - 11 CS 16.1649, B.v. 13.9.2016 - 11 ZB 16.1565 - beide juris).

4.3.3 Aus Anlage 4 ergibt sich keine andere Beurteilung. Mit dieser Anlage wurde der frühere Mängelkatalog in die Fahrerlaubnis-Verordnung übernommen (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.1995 - 11 C 34.94 - BVerwGE 99, 249). Sie enthält eine Auflistung verschiedener Erkrankungen und Mängel, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können (vgl. Nr. 1 der Vorbemerkung zur Anlage 4) und gibt Hilfestellung bei der Frage, ob ein Anlass zur Begutachtung gegeben ist, da die Fahrerlaubnisbehörde in aller Regel nicht die notwendigen Fachkenntnisse bei der Eignungsbeurteilung hat (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 254). Nach Nr. 2 der Vorbemerkung zur Anlage 4 ist Grundlage der im Rahmen der §§ 11, 13 oder 14 FeV vorzunehmenden Beurteilung, ob im Einzelfall Eignung oder bedingte Eignung vorliegt, in der Regel ein ärztliches oder medizinisch-psychologisches Gutachten oder ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr.

Die Nr. 9.2.2 und Nr. 8.1 der Anlage 4 legen keine Grenzwerte fest, bei denen automatisch von Ungeeignetheit wegen fehlenden Trennungsvermögens auszugehen ist, sondern es bedarf stets einer psychologischen Beurteilung, ob aus dem bekannt gewordenen Verhalten des Betreffenden prognostisch der Schluss gezogen werden kann, dass auch in Zukunft keine Trennungsbereitschaft besteht (vgl. Nr. 1 Buchst. f der Anlage 4a). Nr. 9.2.2 der Anlage 4 bestimmt zwar, dass nur derjenige zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, der zwischen Cannabiskonsum und Fahren trennt, legt aber nicht fest, dass bereits ein einmaliger Verstoß zur Ungeeignetheit führt. Vielmehr ergibt sich aus der Regelungssystematik des § 14 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 3 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 und der Vorbemerkung Nr. 2 der Anlage 4, dass dieser Frage im Regelfall durch die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nachzugehen ist (vgl. auch § 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 7, Abs. 8 StVG).

4.3.4 Auch aus den unterschiedlichen Formulierungen in Nr. 8.1 und Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ergibt sich nicht, dass einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten bereits beim ersten Verstoß gegen das Trennungsgebot die Fahrerlaubnis zu entziehen wäre. Zwar fällt auf, dass Nr. 8.1 der Anlage 4 eine Definition des fahrerlaubnisrechtlichen Alkoholmissbrauchs enthält und für diesen Fall die Fahreignung für Fahrzeuge der Gruppen 1 und 2 verneint, während Nr. 9.2.2 der Anlage 4 bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis grundsätzlich Fahreignung bejaht, wenn der Betreffende Konsum und Fahren trennt und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol erfolgt. Ein Grund für diese abweichenden Formulierungen ist der Verordnungsbegründung nicht zu entnehmen. Dass damit unterschiedliche Anforderungen gestellt werden und deshalb im Falle von einmalig fehlendem Trennen von Cannabiskonsum und Fahren anders als bei Anhaltspunkten für fehlende Trennungsbereitschaft bei Alkoholkonsum ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen Ungeeignetheit angenommen werden soll, ist aber nicht ersichtlich.

4.3.5 Bei diesem Normverständnis verbleibt auch für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ein sinnvoller Anwendungsbereich, wenn zwei Ordnungswidrigkeiten nach § 24a Abs. 2 StVG unter Cannabiseinfluss oder je eine Verkehrsordnungswidrigkeit unter Alkohol- und Cannabiseinfluss begangen worden sind. Würde demgegenüber bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten stets bei dem ersten Verstoß gegen das Trennungsgebot von Fahrungeeignetheit ausgegangen und die Fahrerlaubnis entzogen, wären kaum Fallgestaltungen denkbar, in denen § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV überhaupt Anwendung finden könnte.

Die Entstehungsgeschichte des § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV spricht dafür, dass diese Vorschrift einen breiteren Anwendungsbereich haben sollte. Bei der Einführung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV mit der Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl I S. 1338) wurden verschiedene Änderungen an der Fahrerlaubnis-Verordnung vorgenommen, um eine Gleichbehandlung von Alkohol- und Drogenkonsumenten zu erreichen. Zum einen wurden die Vorschriften bei Alkohol- und Drogenabhängigkeit angeglichen. Dies erfolgte nach der Verordnungsbegründung, um die nach der damaligen Rechtslage unterschiedliche Handhabung bei der Beurteilung von früherer Alkoholabhängigkeit und früherer Drogenabhängigkeit einheitlich zu regeln, da es im Hinblick auf die Verkehrssicherheit nicht ersichtlich sei, aus welchem Grund diese unterschiedliche Beurteilung gerechtfertigt erscheint (vgl. BR-Drs. 302/08, S. 62). Zum anderen wurde eine Gleichbehandlung bei fehlendem Trennungsvermögen zwischen Fahren und Konsum von Alkohol oder Cannabis hergestellt, indem in beiden Fällen beim zweiten Verstoß zwingend eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen ist (vgl. BR-Drs. 302/08, S. 57 f., 63). Daraus ergibt sich, dass der Verordnungsgeber eine bestehende Ungleichbehandlung bei mehrfachen Alkohol- oder Cannabisverstößen gesehen hat und diese beseitigen wollte. Hätte sich aus der damals schon wortgleich gefassten Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ergeben, dass bei der ersten Fahrt eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten unter Cannabiseinfluss die Fahrerlaubnis ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen zu entziehen ist, hätte die Einführung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV nicht zu der beabsichtigten Gleichbehandlung bei dem zweiten Verstoß führen können. Dass der Verordnungsgeber im Jahr 2008 eine Vorschrift einführen wollte, die nur sehr selten anzutreffende Fallgestaltungen betrifft, ist nicht anzunehmen und ergibt sich auch nicht aus der Verordnungsbegründung.

4.3.6 Der dargelegten Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 3 FeV steht auch nicht die Annahme entgegen, dass § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV auch auf Fälle des Konsums anderer Drogen als Cannabis anzuwenden wäre.

§ 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV kann trotz seines allgemeinen Verweises auf § 24a StVG, der auch andere berauschende Mittel und Substanzen erfasst, nur bei Cannabiskonsumenten angewendet werden, denn bei der Einnahme von anderen Betäubungsmitteln nach dem Betäubungsmittelgesetz besteht nach Nr. 9.1 der Anlage 4 ohnehin Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 262 unten). Dass dies aus der Verordnungsbegründung zu der Vierten Änderungsverordnung nicht explizit hervorgeht, ist unschädlich. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber von der Annahme der Ungeeignetheit bei Einnahme von Betäubungsmitteln außer Cannabis mit der Vierten Änderungsverordnung abrücken wollte.

4.3.7 Ob die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung auch bei der Teilnahme am Straßenverkehr kurz nach dem Konsum von Cannabis und mit hohen THC-Konzentrationen im Blut, die nur als Ordnungswidrigkeit geahndet worden ist, noch einer Ermessensausübung der Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV bedarf oder ob in solchen Fällen eine Ermessenreduzierung in Betracht kommt, sodass dann regelmäßig eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet werden muss, bedarf hier keiner Entscheidung. Insoweit bleibt es dem Normgeber überlassen, zum Schutz der Sicherheit im Straßenverkehr etwaige Grenzwerte und deren fahrerlaubnis- oder strafrechtliche Relevanz festzulegen.

4.4 Auch Sinn und Zweck der Vorschrift legen die oben dargelegte Auslegung des § 14 FeV nahe. §§ 11 bis 14 FeV dienen der Aufklärung von Eignungszweifeln. Damit soll die Sicherheit des Straßenverkehrs gewahrt werden, indem ungeeignete Kraftfahrer von der Teilnahme am motorisierten Verkehr ausgeschlossen und damit zukünftige Gefahren für die übrigen Verkehrsteilnehmer verhindert werden. Darüber hinaus dienen sie angesichts der nicht unbeträchtlichen Belastungen, die für den Betroffenen mit der Begutachtung verbunden sind (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 3 C 20.15 - juris Rn. 37), aber auch der Gleichbehandlung der Fahrerlaubnisbewerber und -inhaber.

Orientiert an diesen Zwecken erscheint es nicht gerechtfertigt, im Falle eines erstmalig fehlenden Trennens zwischen Cannabiskonsum und Teilnahme am Straßenverkehr in Form einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2, Abs. 3 StVG keine Aufklärungsmaßnahmen anzuordnen, sondern unmittelbar die Fahrerlaubnis zu entziehen. Es ist nicht ersichtlich, dass gelegentliche Cannabiskonsumenten, die erstmals gegen das Trennungsgebot verstoßen und hierdurch den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt haben, eine größere Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen als Alkoholkonsumenten, die das Trennungsgebot im Rahmen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis d FeV nicht beachtet haben und dann „nur“ eine medizinisch-psychologische Begutachtung durchführen lassen müssen. Im Übrigen sieht die Fahrerlaubnis-Verordnung bei einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt, die den Tatbestand des § 24a Abs. 1, Abs. 3 StVG erfüllt, im Unterschied zu § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nicht vor. Insoweit erweisen sich die Regelungen bei gelegentlichem Cannabiskonsum auch in der hier dargelegten Auslegung im Vergleich zu Trunkenheitsfahrten als „strenger“.

4.5 Gegen die gefundene Auslegung spricht auch nicht, dass der Verordnungsgeber nicht eine der in letzter Zeit erfolgten Änderungen der Fahrerlaubnis-Verordnung zum Anlass genommen hat, insoweit korrigierend oder klarstellend tätig zu werden (so aber VGH BW, B.v. 7.3.2017 - 10 S 328/17 - juris Rn. 4).

Nachdem die Auslegung des § 14 FeV anhand seines Wortlauts, seiner Entstehungsgeschichte, der Systematik der §§ 11 bis 14 FeV und seines Sinn und Zwecks ergibt, dass bei dem erstmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV einschlägig ist, ist nicht ersichtlich, welche Änderungen oder Klarstellungen der Verordnungsgeber hätte vornehmen sollen, um dieses Ergebnis zu stützen.

4.6 Schließlich fügt sich das dargelegte Verständnis des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV auch in das System der ordnungs- und sicherheitsrechtlichen Maßnahmen sinnvoll ein.

Das Fahrerlaubnisrecht als Sicherheitsrecht hat die Aufgabe, Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs zu verhindern. Damit unter Sicherheitsgesichtspunkten ein Einschreiten geboten ist, müssen aus dem bekannt gewordenen Verhalten eines Fahrerlaubnisinhabers zukünftige Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs drohen, die die Gefahren nennenswert übersteigen, die von jedem Teilnehmer am motorisierten Straßenverkehr ausgehen.

Dabei nimmt es der Normgeber grundsätzlich hin, dass Verkehrsteilnehmer in gewissem Umfang Verkehrsordnungswidrigkeiten begehen, ohne dass ihnen sofort die Fahrerlaubnis entzogen wird. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis im Rahmen der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach §§ 24, 24a StVG ist nicht vorgesehen, sondern es kommt nach § 25 StVG nur die Verhängung eines Fahrverbots in Betracht. Regelmäßig ist auch erst bei Erreichen von acht Punkten im Rahmen des Fahreignungs-Bewertungssystems (§ 4 StVG) zwingend von Fahrungeeignetheit aus charakterlichen Gründen auszugehen und die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nach § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG nur dann nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 StVG oder einer auf Grund § 6 Abs. 1 Nr. 1 StVG erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Auch dann bedarf es jedoch zunächst der Abklärung der Fahreignung im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 bis 7 FeV).

Die erstmalige, ggf. nur fahrlässige Übertretung ordnungsrechtlicher Vorschriften, die bei einer Verkehrsteilnahme ab dem von der Grenzwertkommission empfohlenen analytischen Grenzwert von 1 ng/ml THC-Konzentration im Blut regelmäßig auch bei länger zurückliegendem Konsum gegeben ist (vgl. BGH, B.v. 14.2.2017 - 4 StR 422/15 - juris), trägt aber nicht zwingend eine Wiederholungsgefahr in sich, die zu einer Gefahrerhöhung für die anderen Verkehrsteilnehmer führt und deshalb die Annahme der Ungeeignetheit gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärung rechtfertigt. Die Geldbuße ist in der Regel eine Antwort auf „Bagatellunrecht“ und mahnt zur künftigen Beachtung der Vorschriften (König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 24 StVG Rn. 42). Sowohl für einen ersten Verstoß gegen § 24a Abs. 1 StVG als auch gegen § 24a Abs. 2 StVG ist nach Nrn. 241 und 242 der Anlage zur Bußgeldkatalog-Verordnung (Bußgeldkatalog - BKat) ein Bußgeld von 500 Euro und ein Monat Fahrverbot vorgesehen. Es erscheint deshalb auch bei der ersten Verkehrsordnungswidrigkeit unter Cannabiseinfluss nicht ausgeschlossen, dass dies zur Warnung ausreicht und eine Verhaltensänderung hervorruft.

Die Annahme des Verordnungsgebers, Verkehrsordnungswidrigkeiten unter Alkohol- oder Cannabiseinfluss regelmäßig nur als Tatsachen anzusehen, die Bedenken gegen die Eignung i.S.d. § 2 Abs. 8 StVG i.V.m. §§ 13 und 14 FeV begründen und Ordnungswidrigkeiten ansonsten grundsätzlich nur im Rahmen des Fahreignungsbewertungssystems nach § 4 StVG bei Erreichen von acht Punkten als unmittelbaren Anlass zur Entziehung der Fahrerlaubnis zu verwenden, spricht daher ebenfalls für das dargelegte Normverständnis.

Dem steht auch nicht entgegen, dass bei Fahrten mit sehr hohen THC-Konzentrationen im Blut und unmittelbar nach dem Konsum von Cannabis ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine Straftat i.S.v. §§ 315c, 316 StGB, sondern nur eine Ordnungswidrigkeit vorliegt und deshalb eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB nicht in Betracht kommt, obwohl sich schon ab einer THC-Serumkonzentration von 4 ng/ml ein erhöhtes Unfallrisiko findet (vgl. Tönnes/Auwärter/Knoche/Skopp, Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Feststellung einer mangelhaften Trennung von Cannabiskonsum und Fahren anhand der Konzentration von Tetrahydrocannabinol [THC] im Blutserum, Blutalkohol 53/2016, S. 409). Die von der Rechtsprechung zu den §§ 315c, 316 StGB entwickelten Grenzwerte für relative und absolute Fahrunsicherheit nach Alkoholkonsum finden bisher keine Entsprechung bei Fahrten unter Cannabiseinfluss. Das Fehlen solcher Grenzwerte kann jedoch nicht dazu führen, dass entgegen der abschließenden Festlegung von Anlässen für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung in § 14 FeV Grenzwerte definiert werden, die bei nur ordnungswidrigem Verhalten zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis führen. Vorrangig wären dann zuerst Grenzwerte zu bestimmen, bei denen eine relative und absolute Fahrunsicherheit anzunehmen und damit Strafbarkeit gegeben ist und die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB entzogen werden könnte.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war angesichts der schwierigen Rechtsfragen und des dadurch entstandenen Beratungsbedarf für den rechtsunkundigen Kläger notwendig (Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG).

6. Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Es ist klärungsbedürftig, ob einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten schon nach der ersten Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2, Abs. 3 StVG unter Cannabiseinfluss ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen die Fahrerlaubnis entzogen werden muss.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der 19... geborene Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L.

Am … November 2016 wurde der Kläger gegen 20:45 Uhr als Führer eines PKW einer polizeilichen Verkehrskontrolle unterzogen. Nach freiwilligem Drogenvortest mit positiver Reaktion auf THC erfolgte mit seinem Einverständnis um 21:33 Uhr eine Blutentnahme. In der Blutprobe wurden lt. Gutachten des Instituts A… vom … Dezember 2016 folgende Substanzen festgestellt: 4,0 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), 20,6 ng/ml Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure (THC-COOH) und 1,5 ng/ml 11-Hydroxy-Tetrahydrocannabinol (11-OH-THC). THC-COOH und 11-OH-THC seien Abbauprodukte von THC. Danach sei von einer vorherigen Cannabis-Aufnahme auszugehen. Der Messwert für THC von 4,0 ng/ml liege oberhalb des für eine Ahndung nach § 24a (StVG) empfohlenen Grenzwertes (1 ng/ml).

Mit Bußgeldbescheid vom 19. Dezember 2016, rechtskräftig seit 5. Januar 2017, verhängte das Bayerische Polizeiverwaltungsamt wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG ein Bußgeld sowie ein einmonatiges Fahrverbot.

Der Kläger teilte dem Landratsamt Pfaffenhofen a.d. Ilm als Fahrerlaubnisbehörde des Beklagten mit dort am 5. Januar 2017 eingegangener schriftlicher Erklärung vom … Januar 2017 (Bl. 33 der Behördenakte [BA]) mit, dass er seit dem … Dezember 2016 keine Drogen mehr konsumiere. Bis zu seiner Abstinenz habe er Cannabis konsumiert: Zur Häufigkeit des Konsums gab er an: „Manchmal eine Zigarette geraucht, nicht regelmäßig, oft Abstand von mehreren Wochen.“

Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis trug der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 1. Februar 2017 vor, dass es nicht gerechtfertigt wäre, dem Kläger die Fahrerlaubnis zu entziehen, selbst wenn gelegentlicher Konsum vorliegen würde. Nach den neuesten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschlüsse vom 29.8.2016 [11 CS 16.1460] und 14.9.2016 [11 CS 16.1467]) könne bei einer einzelnen Fahrt unter Cannabis-Einfluss nicht per se von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden. Dies ergebe sich daraus, dass die Vorschriften hinsichtlich Alkohol- und Cannabiskonsum nach der Verordnungsbegründung ausdrücklich angeglichen werden sollten, so dass jedenfalls nicht bei einer ersten Zuwiderhandlung die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV angeordnet werden müsse. Mithin könne schon gar nicht eine Entziehung der Fahrerlaubnis ausgesprochen werden.

Mit Bescheid vom 6. Februar 2017, zugestellt am 8. Februar 2017, entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Kläger die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids), verlangte die Ablieferung des Führerscheins bis spätestens eine Woche nach Zustellung des Bescheids (Nr. 2), ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheids an (Nr. 3) und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- EUR an (Nr. 4). Die Nrn. 5 und 6 enthalten Festsetzungen zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV wurde unter Verweis insbesondere auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2014 (3 C 3.13) mit dem Verlust der Fahreignung des Klägers nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV begründet, weil bei ihm gelegentlicher Cannabiskonsum und fehlendes Trennvermögen vorgelegen habe. Die gelegentliche Einnahme von Cannabis habe sich aus den eigenen freiwilligen Angaben des Klägers vom … Januar 2017 ergeben. Der in der Blutprobe vom … November 2016 festgestellte THC-Wert von 4,0 ng/ml beweise, dass er den Cannabiskonsum und das Führen von Kraftfahrzeugen nicht habe trennen können.

Am … Februar 2017 gab der Kläger seinen Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde ab (Bl. 57 BA).

Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2017, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am 24. Februar 2017, erhob der Bevollmächtigte des Klägers für diesen Klage gegen den Bescheid vom 6. Februar 2017. Begründung und Antragstellung blieben einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten.

Mit weiterem Schriftsatz vom 23. Februar 2017 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers (M 6 S. 17.759), die aufschiebende Wirkung dieser Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Landratsamts Pfaffenhofen a.d. Ilm vom 6. Februar 2017 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Ausweislich der aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die die Fahrerlaubnisbehörde in Ihrem Bescheid unberücksichtigt gelassen habe, sei es offen, ob bereits bei einer einzelnen Fahrt unter Cannabiseinfluss - wie hier - selbst wenn gelegentlicher Cannabiskonsum angenommen werde, von einer Ungeeignetheit nach § 11 Abs. 7 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ausgegangen werden könne oder ob nicht entsprechend dem Vorgehen bei fahrerlaubnisrechtlichem Alkoholmissbrauch (der nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führe und bei dem nach § 13 Satz 1 Nr. 2 b FeV erst bei der zweiten Zuwiderhandlung die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen sei) auch bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei der ersten Zuwiderhandlung zunächst ein Fahreignungsgutachten im Ermessenswege nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV angeordnet werden könne und erst bei der zweiten Zuwiderhandlung nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV zwingend ein Fahreignungsgutachten angeordnet werden müsse.

Die Vorschriften der §§ 13 und 14 FeV seien sehr ähnlich strukturiert. Darüber hinaus habe der Verordnungsgeber bei der Änderung des § 13 Satz 1 Nr. 2 e FeV und des § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV im Jahr 2008 die Vorschriften hinsichtlich Alkohol- und Cannabiskonsum nach der Verordnungsbegründung ausdrücklich angleichen wollen, da ihm aus Aspekten der Verkehrssicherheit eine Gleichbehandlung geboten erschienen sei. Auch bleibe für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV keinerlei Anwendungsbereich, wenn der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot bei gelegentlichem Cannabiskonsum nach § 11 Abs. 7 FeV zur sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis führen würde (BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 11 CS 16.1460 - Rn. 17).

Als Anlage war eine vom Kläger am … Januar 2017 unterschriebene „Einverständniserklärung zur Durchführung des Beleges von Alkohol- und/oder Drogenabstinenz“ gegenüber der TÜV … GmbH B… beigegeben.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragte zuletzt,

den Bescheid des Landratsamts Pfaffenhofen a.d. Ilm vom 6. Februar 2017 aufzuheben.

Der Beklagte legte mit Schriftsätzen vom 6. März 2017 seine Behördenakte vor und beantragte, den Antrag abzulehnen und die Klage abzuweisen.

Unter Verweis auf die Gründe des Bescheids führte er insbesondere aus, dass darin auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Januar 2006 (11 CS 05.1453) hingewiesen worden sei. Bei einem gelegentlichen Cannabiskonsum genüge für einen Eignungsausschluss nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV bereits eine einmalige Fahrt unter Drogeneinfluss, wenn ein fehlendes Trennvermögen vorliege. Nach den Bewertungen der Anlage 4 zur FeV sei der Kläger demnach als fahrungeeignet anzusehen.

Der Bevollmächtigte des Klägers übergab in der mündlichen Verhandlung am 5. April 2017 ein Schreiben der TÜV … GmbH vom 4. April 2017 mit einem Befundbericht vom … März 2017 und einem Untersuchungsbericht vom … Februar 2017 über die erste von insgesamt sechs Kontrollen am … Februar 2017 mit dem Ergebnis, dass im Urin des Klägers keine Drogensubstanzen / Ausweichmedikamente nachweisbar gewesen seien.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakten im Klage- und Antragsverfahren, auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 5. April 2017 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist teilweise bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet und daher insgesamt ohne Erfolg.

1. Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids vom 6. Februar 2017 ist die Klage unzulässig, weil ihr das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids ist erfüllt, denn der Kläger hat seinen Führerschein bereits bei der Fahrerlaubnisbehörde abgegeben. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Fahrerlaubnisbehörde das in Nr. 4 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG - gleichwohl noch beitreiben wird.

2. Hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis aller Klassen in Nr. 1 des Bescheids vom 6. Februar 2017 ist die Anfechtungsklage vom 23. Februar 2017 zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid ist - auch in seinen Nrn. 2 sowie 5 und 6 - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vorliegend wegen der unmittelbaren Klageerhebung derjenige der Zustellung des streitgegenständlichen Bescheids vom 6. Februar 2017 an den Bevollmächtigten des Klägers am 8. Februar 2017 (BayVGH, B.v. 4.12.2012 - 11 ZB 12.2667 - juris). Der in der mündlichen Verhandlung am 5. April 2017 vorgelegte Befundbericht der TÜV … GmbH vom … März 2017 zur Urinkontrolle am … Februar 2017 kann daher bei der vorliegenden Entscheidung keine Berücksichtigung finden.

2.2 Mit dieser Maßgabe ist festzustellen, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz - StVG - und § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV - rechtlich nicht zu beanstanden ist. Der Kläger hat sich als fahrungeeignet im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV erwiesen, weil er als gelegentlicher Konsument von Cannabis den Konsum vom Fahren nicht getrennt hat. Einer vorherigen Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zu seinen Konsumgewohnheiten oder einer medizinisch-psychologischen Begutachtung bedurfte es nicht, denn die Fahrerlaubnisbehörde durfte aufgrund der Sachlage zur Überzeugung von der Nichteignung des Klägers kommen, § 11 Abs. 7 FeV (bislang st. Rspr., z.B. BayVGH, B.v. 18.4.2016 - 11 ZB 16.285 - juris Rn. 10 und Rn. 15 a.E. [unter Verweis auf BVerwG, U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13]; so dem Grunde nach auch der von der Fahrerlaubnisbehörde genannte B.v. 25.1.2006 - 11 CS 05.1453 - juris Rn. 19).

2.2.1 Dass der Kläger bis zum Vorfall am … November 2016 gelegentlich, d.h. mindestens zwei Mal, Cannabis eingenommen hat ergibt sich aus seiner schriftlichen Erklärung vom … Januar 2017 gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde und wurde im Übrigen von ihm auch nachträglich nicht bestritten.

2.2.2 Der Kläger hat zudem den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht getrennt. Denn nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 - juris; vgl. auch z.B. BayVGH, B.v. 27.10.2016 - 11 CS 16.1388 - juris Rn. 5) trennt ein Konsument von Cannabis bereits dann nicht, wenn er fährt, obwohl wegen des Cannabis-Einflusses auf ihn eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist. Dabei kommt es nicht auf sein Empfinden an, sondern auf einen objektiv festgestellten Wert von 1,0 ng/ml THC oder mehr im Blut. Beim Kläger lag der THC-Wert um 21:33 Uhr - 48 Minuten nach der Anhaltung durch die Polizei gegen 20:45 Uhr - mit 4,0 ng/ml immer noch weit darüber. Dieser Sachverhalt steht fest durch den am 5. Januar 2017 rechtskräftig gewordenen Bußgeldbescheid vom 19. Dezember 2016 (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2016 - 11 CS 16.1467 - juris Rn. 19; B.v. 29.8.2016 - 11 CS 16.1460 - juris Rn. 15).

2.3 Das vorliegende Klage- und damit Hauptsacheverfahren bietet Anlass und Gelegenheit klarzustellen, dass die erkennende Kammer keine durchgreifenden Gründe erkennen kann, weshalb die unter Nr. 2.2 dargestellte Rechtsauffassung unzutreffend sein sollte.

2.3.1 Zunächst ist die Ansicht der Klagepartei zutreffend, dass die Vorschriften über Alkohol und Betäubungsmittel (und andere psychoaktiv wirkende Stoffe und Arzneimittel) ähnlich strukturiert sind. Die grundsätzlichen Regelungen hinsichtlich der Fahreignung sind für Alkohol in Nr. 8 der Anlage 4 zur FeV enthalten. Diese werden durch § 13 FeV ergänzt. Im Fall von Cannabis (aber auch bei anderen Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes) tritt § 14 FeV ergänzend zu Nr. 9 der Anlage 4 zur FeV hinzu, bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis zu Nr. 9.2.2.

Bereits an dieser Stelle ist jedoch festzuhalten, dass die §§ 11 bis 14 FeV unmittelbar nur die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis (2. Abschnitt im Kapitel II. der FeV), nach § 20 Abs. 1 Satz 1 FeV auch für die Neuerteilung nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht, bestimmen. Sie finden nach § 46 Abs. 3 FeV nur entsprechend Anwendung, wenn Tatsachen Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet oder bedingt geeignet ist, sich der Inhaber also nicht bereits als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat, § 46 Abs. 1 Satz 1 und 2 FeV i.V.m. u.a. der Anlage 4 zur FeV. Bei jeder Regelung der §§ 11 bis 14 FeV ist daher zu prüfen, inwieweit eine entsprechende Anwendung erfolgen kann.

2.3.1.1 Der fahrerlaubnisrechtliche Alkoholmissbrauch ist in Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV geregelt. Wurde das Führen von Fahrzeugen (nicht nur Kraftfahrzeugen) und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt, so ist an sich eine Fahreignung des Betreffenden nicht gegeben.

Ergänzend ist den Regelungen in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) und c) FeV zu entnehmen, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden, also durch den Führer eines Kraftfahrzeugs mindestens zwei Mal gegen § 24a Abs. 1, Abs. 3 StVG verstoßen wurde, oder wenn ein Fahrzeug (nicht nur ein Kraftfahrzeug) im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr geführt wurde.

Diese Regelungen werden bislang in ständiger Rechtsprechung über § 46 Abs. 3 FeV auch im Entziehungsverfahren für anwendbar gehalten, d.h. vor einer Entziehung der Fahrerlaubnis durch eine Fahrerlaubnisbehörde hätte eine Gutachtensaufforderung zu ergehen.

Beim Führen eines Kraftfahrzeugs mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr wird es allerdings in der Regel zur Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Strafgericht gekommen sein, so dass die Regelung unter Buchst. c) regelmäßig nur für ein (Neu-) Erteilungsverfahren Bedeutung haben dürfte.

2.3.1.2 Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist eine Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV dann gegeben, wenn Trennung von Konsum und Fahren stattfindet und zudem kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen (sog. Mischkonsum), keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorlagen.

Ergänzend regelt § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV, dass ein ärztliches Gutachten beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass eine Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, also auch von Cannabis, vorliegt, mithin das konkrete individuelle Konsumverhalten im Hinblick auf die oben dargestellten Voraussetzungen für eine Fahreignung erst aufgeklärt werden muss. Sowohl die Frage einer Einnahme von Cannabis überhaupt, als auch die Frage, ob diese regelmäßig (dann Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV) oder gelegentlich erfolgte, sowie die Fragen eines Mischkonsums, einer Störung der Persönlichkeit und eines Kontrollverlustes sind einer ärztlichen Feststellung grundsätzlich zugänglich.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV kann die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat, um aufzuklären, ob und ggf. in welcher Weise er selbst konsumiert und ob weitere Feststellungen im obigen Sinne getroffen werden können.

Steht eine gelegentliche Einnahme von Cannabis bereits fest, ist kein Raum für eine dahingehende Aufklärungsmaßnahme in Form der Anordnung eines ärztlichen Gutachtens. Vielmehr gibt § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde dann die Möglichkeit, nach Ermessen die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.

Bestehen diese Tatsachen darin, dass der Betroffene bewiesenermaßen den Konsum und das Fahren nicht getrennt hat, so ist bisher die ständige Rechtsprechung davon ausgegangen, dass nach § 11 Abs. 7 FeV die Nichteignung des Betroffenen feststeht, die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens also zu unterbleiben hat und die Fahrerlaubnis unmittelbar sofort wegen Vorliegens der Voraussetzungen der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu entziehen ist.

Das wird nunmehr vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit der Überlegung in Frage gestellt, dass eine Eignungszweifel begründende Tatsache auch in einer erstmaligen Fahrt eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten unter relevantem Cannabiseinfluss liegen könnte. Dann sei eben nicht sofort nach § 11 Abs. 7 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen, sondern es könnte - unter Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens - allenfalls eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet werden.

2.3.1.3 Seit dem 30. Oktober 2008 besteht zudem eine weitere Regelung in § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV. Danach ist für die Zwecke nach Absatz 1 die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen wurden (Satz 1). § 13 (Satz 1) Nr. 2 Buchst. b) bleibt unberührt (Satz 2).

Ihr Anwendungsbereich umfasst damit dem Wortlaut nach sowohl wiederholte, also mindestens zwei, Zuwiderhandlungen nach § 24a Abs. 2 StVG (berauschende Mittel nach der Anlage hierzu, darunter auch Cannabis) als auch eine Kombination einer Zuwiderhandlung nach § 24a Abs. 2 StVG und einer nach § 24a Abs. 1 StVG (Alkohol). Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 FeV sollen wiederholte Zuwiderhandlungen nach § 24a Abs. 1 StVG nur von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) FeV erfasst sein.

Für ein (Neu-) Erteilungsverfahren ist es nun ohne weiteres vorstellbar, dass in der Vergangenheit - aber noch verwertbar - eine der beiden oben dargestellten Konstellationen vorgelegen hat. So könnten eine Fahrt mit einem Kraftfahrzeug mit 0,5 Promille oder mehr, die zu einem Bußgeld, aber nicht zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Strafgericht geführt hat, und eine weitere Fahrt mit 1,0 ng/ml THC oder mehr vorgelegen haben, wobei letztere, falls gelegentlicher Cannabiskonsum vorlag, zur Entziehung der Fahrerlaubnis geführt haben könnte, die das Neuerteilungsverfahren überhaupt erst erforderlich machen würde.

Allerdings stellt sich durchaus die Frage nach einer entsprechenden Anwendung dieser Norm in einem Entziehungsverfahren (§ 46 Abs. 3 FeV), wenn der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot bei gelegentlichem Cannabiskonsum nach § 11 Abs. 7 FeV zur sofortigen Entziehung des Fahrerlaubnis führen müsste.

2.3.2 Trotz dieser seit dem 30. Oktober 2008 gültigen Rechtslage hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 23. Oktober 2014 (3 C 3.13) keine Zweifel daran gelassen, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV eine Entziehung der Fahrerlaubnis zu erfolgen hatte, ohne dass vorher noch ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen gewesen wäre (§ 11 Abs. 7 FeV) (Rn. 15 und 36 nach juris). In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Betroffene 2001 mit einer Blutkonzentration von 2,0 ng/ml THC am Straßenverkehr teilgenommen. Nach positivem Fahreignungsgutachten nahm er 2008 erneut unter Cannabiseinfluss am Straßenverkehr teil (1,3 ng/ml THC). Der Entziehungsbescheid datierte auf den 28. Oktober 2008. Nachfolgend wurde der Widerspruch dagegen mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2009 zurückgewiesen. Der für die Beurteilung des Sach- und Rechtslage maßgebliche Zeitpunkt lag also nach der o.g. Rechtsänderung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Urteil auch explizit ausgeführt (Rn. 52 nach juris), dass die Ungleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum auf der unterschiedlichen Bewertung des mit dem jeweiligen Konsum verbundenen Gefährdungspotenzials in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung beruhe, die den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wiedergäben In seinen Beschlüssen vom 29. August 2016 (juris Rn. 17) und 14. September 2016 (juris Rn. 21) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof dennoch erneut die Fragen aufgeworfen, ob eine Ungleichbehandlung eines fehlenden Trennungsvermögens bei Alkohol- und Cannabiskonsum angesichts der unterschiedlichen Wirkungsweisen der Substanzen gerechtfertigt sei und ob mit der Möglichkeit der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV diesen Unterschieden ausreichend Rechnung getragen werde.

2.3.3 Die erkennende Kammer vermag im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts der Verordnungsbegründung (BR-Drs. 302/08) nichts Gegenteiliges zu entnehmen.

2.3.3.1 Auf Seite 3 unter „b) Bürokratiekosten für den Bürger“ findet sich zur Nr. 7 a) b) unter „geänderte Informationspflicht für den Bürger“ der Text: „Rechtliche Gleichbehandlung von „früherer Drogenabhängigkeit“ und „früherer Alkoholabhängigkeit“ (Unterstreichungen durch die Kammer) bei der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Nr. 7 a) und b) enthielten Änderungen in § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV (Streichung der Wörter „oder die Fahrerlaubnis wegen Alkoholabhängigkeit entzogen war oder sonst zu klären ist, ob Abhängigkeit nicht mehr besteht“) und § 13 Satz 2 Buchst. e) FeV (Einfügung der Worte „oder Alkoholabhängigkeit“).

Zu Nr. 8 c) (In Absatz 2 [Anm.: von § 14 FeV] wird nach Nummer 2 folgende Nummer 3 angefügt: „3. wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen wurden. § 13 Nr. 2 Buchstabe b bleibt unberührt.“) findet sich auf Seite 3 der Text: „Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bei wiederholten Verkehrszuwiderhandlungen unter Betäubungsmitteleinfluss, um Gleichbehandlung mit entsprechenden Handlungen unter Alkoholeinfluss herzustellen.“

In der Begründung heißt es hierzu auf Seite 57 f. unter „bb) Geänderte Informationspflichten“:

„Nach der derzeitigen Rechtslage wird bei der Eignungsüberprüfung bei einer früheren Drogenabhängigkeit ein medizinisch-psychologisches Gutachten für erforderlich gehalten, bei früherer Alkoholabhängigkeit dagegen nicht. Dies ist fachlich nicht zu begründen, so dass nunmehr unter Nr. 6 Buchstaben a bis c bei der Eignungsüberprüfung eine rechtliche Gleichbehandlung bei der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens in den o.g. Fällen erfolgt.

Um eine Gleichbehandlung von wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss und unter Betäubungsmitteln herzustellen, ist in Nr. 7 [Anm.: es müsste wohl Nr. 8 heißen] die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bei wiederholten Zuwiderhandlungen unter Betäubungsmitteln ebenso anzuordnen wie bei wiederholten Zuwiderhandlungen unter Alkoholeinfluss.“

Und auf Seite 63 oben („zu b) bb)“) heißt es weiter:

„Die wiederholte Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss ist in § 13 Nr. 2 Buchstabe b eindeutig geregelt. Die vorliegende Änderung ist erforderlich, um auch die Fälle einer wiederholten Verkehrszuwiderhandlung unter Einfluss berauschender Mittel zu regeln. Auch der Fallkonstellation, dass neben einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG (Alkohol) eine weitere Verkehrszuwiderhandlung unter Einfluss berauschender Mittel (§ 24a Abs. 2 StVG) begangen wurde, wird hier Rechnung getragen. Eine gebundene Entscheidung ist deshalb gerechtfertigt, da in allen Fällen zwischen Konsum von Drogen und/oder Alkohol (Anm: es fehlt wohl: „und einer Verkehrsteilnahme“) nicht getrennt werden konnte.“

2.3.3.2 Hieraus wird (trotz sprachlicher Unschärfe im letzten zitierten Satz) ersichtlich, dass die Vorschriften hinsichtlich Alkohol und Betäubungsmitteln / Drogen wechselseitig aneinander angeglichen wurden, jeweils mit dem Ziel einer Verschärfung, nicht einer Erleichterung. So war nach Beendigung einer fahrerlaubnisrechtlichen Alkoholabhängigkeit nach Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV zuvor nur ein ärztliches Gutachten nötig, um die Wiedererlangung der Fahreignung nachzuweisen. Mit der Änderung wurde auch hier wie bisher schon bei Drogenabhängigkeit eine medizinisch-psychologische Begutachtung erforderlich. Sinn und Zweck der Regelung ist somit klar erkennbar: Auch hier sollte zum einen eine Leistungstestung stattfinden, für den Fall dass der frühere Alkoholkonsum zu medizinischen Folgen geführt haben sollte, die die Leistungsfähigkeit unter das erforderliche Maß haben absinken lassen. Zum anderen sollten ein motivational gefestigter Einstellungs- und Verhaltenswandel und damit eine stabile Alkoholabstinenz nachgewiesen werden, was eine psychologische Begutachtung erforderlich macht.

2.3.3.3 An keiner Stelle jedoch ist ersichtlich, dass der Verordnungsgeber die Vorschriften hinsichtlich Alkohol- und Cannabiskonsums nach der Verordnungsbegründung „ausdrücklich“ hat angleichen wollen, „da ihm aus Aspekten der Verkehrssicherheit eine Gleichbehandlung geboten erschien“ (so aber BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 11 CS 16.1460 - juris Rn. 17; B.v. 14.9.2016 - 11 CS 16.1467 - juris Rn. 21). In der der Kammer vorliegenden BR-Drucksache ist durchgängig von „Betäubungsmitteln“ oder „Drogen“ die Rede, an keiner der zitierten Stellen (S. 57 f. und 62 f.) findet sich überhaupt der Begriff „Cannabis“. Es ist auch nicht erkennbar, inwiefern es der Verkehrssicherheit besser dienen sollte, wenn gelegentliche Cannabiskonsumenten nach der Rechtsänderung weniger strengen Regelungen unterworfen sein sollten als zuvor.

2.3.3.4 Die Auslegung einer Norm anhand deren Begründung durch den Normgeber findet ohnehin ihre Grenze am Wortlaut der Norm selbst. Dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV kann keine Differenzierung hinsichtlich des § 24a StVG nach Cannabis einerseits und den sonstigen „berauschenden Mitteln“ (nach der Anlage hierzu derzeit: Heroin, Morphin, Cocain, Amfetamin, Designer-Amfetamin [MDA, MDE und MDMA] sowie Metamfetamin) entnommen werden.

2.3.3.5 Es ist wiederum nicht anzunehmen, dass der Verordnungsgeber auch bei den anderen „berauschenden Mitteln“ nach der Anlage zu § 24a StVG, die Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes und solche nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV darstellen, eine ähnliche Vorgehensweise zulassen wollte, wie sie jetzt vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bei Cannabis für möglich gehalten wird. Das ist auch deshalb nicht anzunehmen, weil es eine dem § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV entsprechende Regelung für Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes und der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV nicht gibt. Es erschiene widersprüchlich, wenn bei einer erstmaligen Fahrt unter Cannabiseinfluss nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach Ermessen eine medizinisch-psychologische Begutachtung angeordnet werden könnte, bei sog. harten Drogen jedoch nicht und man bei diesen eine zweite Zuwiderhandlung abwarten müsste, um dann erst § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV anwenden zu können. Ob die Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV hier einen Ausweg bieten könnte, wurde bislang vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof nicht erwogen. Doch selbst dann wäre eine sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis in Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV sogar bei „harten Drogen“ nicht möglich.

2.3.3.6 Weiter stellte sich die Frage, was bei Anwendung der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verlautbarten Rechtsgedanken eigentlich für diejenigen Betäubungsmittel im Sinne der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV gelten sollte, die nicht in der Anlage zu § 24a StVG genannt sind, z.B. LSD oder Khat. Es erscheint schwer vorstellbar, dass deren Konsum künftig rein fahrerlaubnisrechtlich keine Konsequenzen mehr nach sich zieht.

2.3.3.7 Schließlich würde die gesamte bisherige einheitliche ständige Rechtsprechung auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in Frage gestellt, nach der die Fahreignung schon bei einmaligem Konsum sog. „harter Drogen“ im Sinne der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV unmittelbar verloren geht, und das unabhängig von einer Verkehrsteilnahme.

2.3.4 Es trifft nach Ansicht der Kammer auch nicht zu, dass für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV im Entziehungsverfahren keinerlei (entsprechender - § 46 Abs. 3 FeV) Anwendungsbereich verbliebe.

2.3.4.1 Ein mehr theoretischer, aber nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs rechtlich nicht auszuschließender Anwendungsfall läge vor, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber zunächst eine Verkehrszuwiderhandlung nach § 24a Abs. 2 StVG unter Cannabiseinfluss begehen würde und danach eine nach § 24a Abs. 1 StVG unter Alkoholeinfluss (oder umgekehrt), vorausgesetzt, er hätte substantiiert und unwiderlegbar behaupten können, es habe sich bei dem Konsum von Cannabis vor der Verkehrsteilnahme um einen erst- und einmaligen Probierkonsum gehandelt. Denn dann würde die Fahrt unter Cannabiseinfluss mangels gelegentlicher Einnahme dieser Droge weder zu einer sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 46 Abs. 1, § 11 Abs. 7 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV führen können, noch zu einer Gutachtensaufforderung nach Ermessen nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV.

2.3.4.2 Eine weitere Konstellation, die derzeit bei der Kammer als Rechtssache tatsächlich anhängig ist, besteht darin, dass ein Fahrerlaubnisinhaber und zumindest früher gelegentlicher Cannabiskonsument nach einer Entziehung seiner Fahrerlaubnis wegen einer Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss eine Fahrerlaubnis nach positiver medizinisch-psychologischer Begutachtung neu erteilt bekommen und nunmehr eine Verkehrszuwiderhandlung nach § 24a Abs. 1 StVG unter Alkoholeinfluss begangen hat, weswegen er von der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde nunmehr nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV zu einer medizinisch-psychologischen Begutachtung aufgefordert wurde. Da er sich dieser jedoch nicht unterziehen möchte, klagt er gegen die Kostenfestsetzung zur Gutachtensaufforderung.

2.3.5 Schließlich sollte es, insbesondere im Hinblick auf einen möglichst einheitlichen und problemlosen Normvollzug durch die Fahrerlaubnisbehörden, auch vermieden werden, im Wege richterlicher Rechtsfortbildung unterschiedlich zu handhabende Untergruppen der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu schaffen. Denn dort ist nicht nur der Fall fehlender Trennung von Cannabiskonsum und Fahren geregelt, der eine tatsächliche Verkehrsteilnahme voraussetzt. Vielmehr finden sich dort - unabhängig von der Frage einer Verkehrsteilnahme - noch die weiteren Konstellationen eines gelegentlichen Cannabiskonsums als Mischkonsum, mit einer Störung der Persönlichkeit und eines Kontrollverlustes.

3. Da somit die Entziehung der Fahrerlaubnis der gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein abzuliefern. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV.

4. Rechtliche Bedenken gegen die in den Nrn. 5 und 6 des Bescheids enthaltenen Festsetzungen zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens wurden weder vorgetragen, noch sind solche sonst ersichtlich.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

7. Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache hinsichtlich der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof aufgeworfenen und als klärungsbedürftig bezeichneten Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 3. Kammer - vom 16. Februar 2018 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf15.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16. Februar 2018 ist unbegründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

2

Die im Rahmen eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende summarische Überprüfung führt, wie schon das Verwaltungsgericht angenommen hat, dazu, dass der streitige Bescheid offensichtlich rechtmäßig ist.

3

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis u.a. dann zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist sich nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 und Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV insbesondere, wer gelegentlich Cannabis einnimmt und Konsum und Fahren nicht trennt.

4

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller konsumiere gelegentlich Cannabis, wird von der Beschwerde nicht angegriffen.

5

Entgegen den Ausführungen der Beschwerde führt der beim Antragsteller festgestellte THC-Wert von 1,5 ng/ml im Blutserum zu der Annahme, dass er nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeuges trennen kann. Die vom Antragsteller angeführten Empfehlungen der Grenzwertkommission vom September 2015 und des 56. Deutschen Verkehrsgerichtstags vom Januar 2018 zur Heraufsetzung des maßgeblichen Grenzwerts von 1,0 ng/ml im Blutserum auf 3,0 ng/ml im Blutserum führen zu keiner anderen Bewertung (1). Gleiches gilt für die Überlegungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 29.08.2016 - 11 CS 16.1460 -, ZfSch 2016, 595) und des EU-Projekts DRUID zu einer Gleichbehandlung von Drogen- und Alkoholkonsum (2).

6

1) Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass ab einem THC-Wert von 1,0 ng/ml davon auszugehen ist, dass der Betroffene nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen kann (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 -, NJW 2015, 2439; BVerfG, Beschl. v. 21.12.2004 - 1 BvR 2652/03 -, NJW 2005, 349, Rn. 29 f. bei juris; OVG Schleswig, Beschl. v. 22.12.2014 - 2 O 19/14 -, NJW 2015, 2202, Rn. 6 bei juris; OVG Schleswig, Beschl. v. 23.01.2017 - 4 MB 2/17 -; Rn. 11 bei juris, VGH Kassel, Beschl. v. 17.08.2017 - 2 B 1213/17 -, VerkMitt 2018 Nr. 3).

7

Die Empfehlung der Grenzwertkommission für die Konzentration von THC im Blutserum zur Feststellung des Trennungsvermögens von Cannabiskonsum und Fahren (abgedruckt in: Blutalkohol Vol. 52/2015, S. 322 – 323), erst bei Feststellung einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu verneinen, bietet keinen Anlass zu einer Heraufsetzung des Grenzwerts (OVG Schleswig, Beschl. v. 08.09.2016 - 3 MB 36/16 - unter Bezugnahme auf VGH München, Beschl. v. 23.05.2016 - 11 CS 16.690 -, Rn. 16 – 18 bei juris; OVG Münster, Urt. v. 15.03.2017 - 16 A 432/16 -; VG Schleswig, Beschl. v. 21.03.2017 - 3 B 24/17 -).

8

Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 -, NJW 2015, 2439) hat entschieden, dass die Frage, auf welchen THC-Wert abzustellen ist, auf mehrere Unterfragen führt. Die Frage nach dem Gefährdungsmaßstab, das heißt die Frage, wie wahrscheinlich die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch die Einnahme von Cannabis sein muss, ist danach eine der revisionsgerichtlichen Überprüfung in vollem Umfang zugängliche Rechtsfrage. Dagegen ist die Frage nach dem maßgeblichen Grenzwert, das heißt die Frage, bei welchem THC-Wert von verkehrssicherheitsrelevanten Beeinträchtigungen im Sinne des Gefährdungsmaßstabs auszugehen ist oder - anknüpfend an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - solche Beeinträchtigungen jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können, keine Rechtsfrage, sondern im Wesentlichen tatsächlicher, nämlich medizinisch-toxikologischer Natur und gegebenenfalls mit einem Sachverständigengutachten zum aktuellen naturwissenschaftlichen Erkenntnisstand zu klären (BVerwG, a.a.O., Rn. 31 bei juris). Die Rechtsfrage nach dem Gefährdungsmaßstab hat das Bundesverwaltungsgericht dahin entschieden, dass die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit ausgeschlossen sein muss. Die Grenze eines hinnehmbaren Cannabiskonsums ist nicht erst dann überschritten, wenn mit Gewissheit eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit anzunehmen ist oder es zu einer signifikanten Erhöhung des Unfallrisikos kommt, sondern bereits dann, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht (BVerwG, a.a.O., Rn. 32 f. bei juris).

9

Es entspricht weiterhin dem Stand der Wissenschaft, dass bereits bei einem THC-Wert von 1,0 ng/ml die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht. Das Institut für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München ist in der Untersuchung „Unfälle und reale Gefährdung des Straßenverkehrs und der Cannabis-Wirkung“ (abgedruckt in: Blutalkohol Vol. 43/2006, S. 441 – 450) in ausdrücklicher Abgrenzung zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 21.12.2004 - 1 BvR 2652/03 -, NJW 2005, 349, Grenzwert 1,0 ng/ml) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 25.01.2006 - 11 CS 05.1711 -, ZfSch 2006, 236, Grenzwert 2,0 ng/ml) zu dem Ergebnis gekommen, dass eine abstrakte Gefährdung sogar bei einem Wert von weniger als 1,0 ng/ml besteht. Die Grenzwertkommission hat noch 2007 (abgedruckt in: Blutalkohol Vol. 44/2007, S. 311) einstimmig einen Grenzwert von 1,0 ng/ml Serum empfohlen. Die abweichende Empfehlung aus dem Jahr 2015 beruht nicht auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung, sondern auf der Zugrundelegung eines von der Rechtsprechung abweichenden Gefährdungsmaßstabs. Die Bestimmung des Gefährdungsmaßstabs ist aber nicht Aufgabe der Wissenschaft, sondern der Gerichte. Die Empfehlung (abgedruckt in Blutalkohol Vol. 52/2015, S. 322 f.) beruht ausdrücklich darauf, dass sich eine Leistungseinbuße in experimentellen Studien frühestens ab 2 ng/ml Serum nachweisen lasse, weil nur dann davon auszugehen sei, dass der letzte Konsum innerhalb weniger Stunden vor der Blutentnahme stattgefunden habe. Wissenschaftliche Untersuchungen unter Einbeziehung chronischer Cannabiskonsumenten hätten gezeigt, dass erhöhte THC-Konzentrationen im Serum auch noch einige Tage nach dem letzten Konsum feststellbar sein könnten, also zu einem Zeitpunkt, an dem sicher keine akute Beeinflussung der Leistungsfähigkeit mehr vorliege, weil sich bei chronischem Konsum THC im Körper der Teilnehmer anreichere und über viele Tage hinweg langsam an das Blut abgegeben werde mit der Folge, dass bei diesem Konsumentenkollektiv ein zeitnaher Konsum nicht sicher belegt werden könne. Dass die Grenzwertkommission eine cannabisbedingte Beeinträchtigung der Fahrsicherheit bei 1,0 ng/ml aber selbst weiterhin für möglich hält, folgt daraus, dass eine Neubewertung des analytischen Grenzwertes von THC (1,0 ng/ml) gemäß der Empfehlung der Grenzwertkommission zur Anlage des § 24a Abs. 2 StVG ausdrücklich als nicht veranlasst angesehen wird. Die Annahme einer Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 24a Abs. 2 StVG beim Führen eines Kraftfahrzeugs mit 1,0 ng/ml THC im Blutserum setzt aber die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit gerade voraus.

10

Diese Auslegung der Empfehlung der Grenzwertkommission wird bestätigt durch Ausführungen von Mitgliedern der Grenzwertkommission im Jahre 2016 zur Frage „Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Feststellung einer mangelhaften Trennung von Cannabiskonsum und Fahren anhand der Konzentration von THC im Blutserum“ (abgedruckt in: Blutalkohol Vol. 53/2016, S. 409 – 314). Dort heißt es ausdrücklich, dass aus wissenschaftlicher Sicht eine Konzentration von 1,0 ng THC pro ml Serum (ausgehend von 0,5 ng THC/ml Serum inklusive eines Zuschlags von 100 % für die Messunsicherheit) als Grenzwert zu begründen sei, ab dem eine Cannabisbeeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden könne. Zusammenfassend wird ausgeführt, dass ab einer Konzentration des Cannabiswirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC) von 1,0 ng/ml im Blutserum das Vorliegen verkehrsmedizinisch relevanter Leistungsdefizite nicht ausgeschlossen werden könne; daher gelte ab diesem Wert der objektive Tatbestand des § 24a Abs. 2 StVG als erfüllt. In Abhängigkeit von der Konsumfrequenz könne es aber sein, dass eine derartige Konzentration auf einen Konsum zurückgehe, der mehr als 24 Stunden vor der Fahrt stattgefunden habe. Da in diesem Fall sicher keine relevante Cannabiswirkung mehr vorliege, seien THC-Konzentrationen, die nur wenig oberhalb von 1,0 ng/ml im Blutserum lägen, nicht als Beweis für eine mangelnde Trennung von Konsum und Fahren anzusehen und ein Direktentzug der Fahrerlaubnis erscheine nicht ohne Weiteres gerechtfertigt. Die Verfasser hielten es aber für geboten, an den Nachweis der Fahrungeeignetheit infolge Cannabiskonsums alleine auf der Grundlage einer THC-Blutserumkonzentration den Anspruch zu stellen, dass ein Grenzwert die Fahrungeeignetheit jenseits vernünftiger Zweifel beweise. Deshalb habe die Grenzwertkommission vorgeschlagen, erst ab einer Blutserumkonzentration an THC von 3,0 ng/ml regelmäßig davon auszugehen, dass Konsum und Fahren nicht ausreichend getrennt werden könne, was die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bedinge.

11

Darüber hinaus hat der Vorsitzende der Grenzwertkommission im Rahmen seiner gutachterlichen Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen auf Nachfrage des Gerichts eingeräumt, dass unter Zugrundelegung des Gefährdungsmaßstabs des Bundesverwaltungsgerichts auch nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft nicht ausgeschlossen werden könne, dass ab einem THC-Wert von 1,0 ng/ml im Blutserum die Möglichkeit einer Beeinträchtigung bestehe (zitiert nach VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 25.02.2016 - 7 L 30/16 -, Rn. 71 bei juris).

12

Nach alledem führen die Überlegungen der Grenzwertkommission auf der Grundlage des Gefährdungsmaßstabs des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu einer Erhöhung des Grenzwerts.

13

Gleiches gilt für die Empfehlung des Arbeitskreises V Cannabiskonsum und Fahreignung des 56. Deutschen Verkehrsgerichtstags vom 24. bis 26. Januar 2018 in Goslar. Der Arbeitskreis vertritt die Meinung, dass nicht bereits ab 1 ng/ml THC im Blutserum fehlendes Trennungsvermögen unterstellt werden dürfe. Er teilt die Feststellungen der Grenzwertkommission, wonach dies erst ab einem THC-Wert von 3 ng/ml Blutserum der Fall sei. Da die Empfehlung des Verkehrsgerichtstags sich allein auf die Empfehlung der Grenzwertkommission bezieht und nicht auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit beruht, führt auch sie nicht zu einer Änderung des Grenzwertes.

14

2) Die Beschwerde führt auch nicht zum Erfolg, soweit der Antragsteller geltend macht, dass die Bewertung von Cannabismissbrauch der Bewertung von Alkoholmissbrauch angepasst werden sollte und sich insoweit auf einen Beschluss des VGH München (a) und den Abschlussbericht eines EU-Projekts (b) beruft.

15

a) Der VGH München sieht in seinem Beschluss vom 29. August 2016 (- 11 CS 16.1460 -, BayVBl 2017, 278) als offen und deshalb in einem Hauptsacheverfahren zu klären die Frage an, ob bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten eine erstmalige Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss mit einer THC-Konzentration von 1 ng/ml oder mehr die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis nach § 11 Abs. 7 FeV entziehen muss oder ob entsprechend dem Vorgehen bei fahrerlaubnisrechtlichem Alkoholmissbrauch nur eine medizinisch-psychologische Untersuchung nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV angeordnet werden kann. Inzwischen hat der VGH München in einem Hauptsacheverfahren entschieden, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen, als Ordnungswidrigkeit geahndeten Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen darf (VGH München, Urt. v. 24.04.2017 - 11 BV 17.33 -, ZfSch 2017, 413). Dem folgt der Senat nicht (ebenso OVG Koblenz, Beschl. v. 01.03.2018 - 10 B 10060/18 -, VerkMitt 2018, Nr. 36; OVG Bautzen, Beschl. v. 26.01.2018 - 3 B 384/17 -, SächsVBl. 2018, 145; OVG B-Stadt, Beschl. v. 07.04.2017 - 12 ME 49/17 -, VerkMitt 2017, Nr. 41; VGH Mannheim, Beschl. v. 07.03.2017 - 10 S 328/17 -, zitiert nach juris; OVG Bremen, Urt. v. 30.04.2018 – 2 B 75/18 -, zitiert nach juris). Angesichts der unterschiedlichen Wirkungsweise von Alkohol und Cannabis unterscheiden die maßgeblichen Regelungen der Fahrerlaubnisverordnung eindeutig zwischen den Folgen von Alkohol- und Cannabiskonsum. Während gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV eine ausreichende Trennung nur dann anzunehmen ist, wenn der Betroffene Konsum und Fahren in jedem Fall in einer Weise trennt, dass durch die vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann, scheidet ein fahrerlaubnisrechtlicher Alkoholmissbrauch nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV schon dann aus, wenn eine hinreichend sichere Trennung von Konsum und Fahren vorgenommen wird (vgl. so OVG Koblenz, Beschl. v. 01.03.2018 - 10 B 10060/18 -, VerkMitt 2018, Nr. 36). Auch die Überlegung, dass bei einem solchen Verständnis die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV im Wesentlichen leer liefe, weil sich für sie kein sinnvoller Anwendungsbereich mehr finden ließe, überzeugt nicht. Denn ein medizinisch-psychologisches Gutachten ist etwa dann anzufertigen, wenn aufgrund der verstrichenen Zeit zwischen festgestelltem Konsum und beabsichtigtem Entzug der Fahrerlaubnis ein so großer Zeitraum liegt, dass zweifelhaft ist, ob der Konsument seine Eignung nicht zu diesem Zeitpunkt wiedererlangt hat (vgl. so OVG Bautzen, Beschl. v. 26.01.2018 - 3 B 384/17 -, SächsVBl. 2018, 145).

16

b) Im Abschlussbericht des EU-Projekts DRUID (Driving under the Influence of Drugs, Alcohol and Medicines) wird ausgeführt, dass der Risiko-Grenzwert für THC entsprechend einer BAK von 0,5 bei 3,8 ng/ml im Serum festgelegt werden sollte plus einem zusätzlichen Wert für Messfehler und Konfidenzintervall (S. 107 des Abschlussberichts). Der Studie lag die Überlegung zugrunde, dass in den meisten europäischen Ländern alkoholbeeinträchtigtes Fahren bis zu einer BAK von 0,5g/l toleriert wird. Das bedeute, so der Abschlussbericht, dass ein gewisses Risiko akzeptiert werde und dass dieser Ansatz, auch quantitativ, ebenso auf den Konsum illegaler Drogen Anwendung finden sollte. „Risiko-Grenzwerte“ werden dabei definiert als Konzentrationen im Blut, die ein gewisses Unfallrisiko oder Fahrbeeinträchtigung anzeigen (S. 104 des Abschlussberichts). Aus wissenschaftlicher Sicht sei es nur gerechtfertigt, dasselbe Risiko für alle psychoaktiven Substanzen einschließlich Alkohol zu akzeptieren (S. 105 des Abschlussberichts). Wie schon oben zu den Empfehlungen der Grenzwertkommission ausgeführt, gilt auch hier, dass die Studie einen eigenen Gefährdungsmaßstab angelegt hat, der von dem des Bundesverwaltungsgerichts abweicht. Es wird gerade nicht darauf abgestellt, ob bei einem THC-Wert von 3,8 ng/ml die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit ausgeschlossen ist.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG.

18

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 1. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. September 2017 zu Recht abgelehnt, weil sich die Entziehung der Fahrerlaubnis bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig erweist. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug. Zum Beschwerdevorbringen, auf welches sich die Prüfung des Senats nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, ist ergänzend auszuführen:

3

1. Das Verwaltungsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der Antragsteller gelegentlich Cannabis konsumiert und den Konsum sowie das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht getrennt hat. Soweit der Antragsteller die daraus gezogene Schlussfolgerung einer fehlenden Fahreignung in Frage stellt und eine gutachterliche Überprüfung derselben fordert, weil bei der Verkehrskontrolle lediglich eine THC-Intoxikation von 1,4 ng/ml festgestellt worden sei, aufgrund der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 aber erst ab einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml Serum von einem Cannabiseinfluss ausgegangen werden könne, führt dies nicht zu einer Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Vielmehr hält der Senat an seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung fest, wonach ein Verkehrsteilnehmer unter verkehrsrechtlich relevantem Cannabiseinfluss dann ein Fahrzeug führt, wenn sein Blut eine THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml Serum aufweist und beim Fahrer zusätzliche drogenbedingte Auffälligkeiten, wie zum Beispiel beim Antragsteller unter anderem Lidflattern und eine verzögerte Pupillenlichtreaktion, zutage treten. Denn unter diesen Umständen ist nicht ausgeschlossen, dass das Führen eines Kraftfahrzeuges Auswirkung auf die Sicherheit des Straßenverkehrs hat (vgl. den Beschluss des Senats vom 3. Mai 2017 - 10 B 10909/17.OVG -, juris, unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 7. April 2015 - 10 B 10297/15.OVG -).

4

Entgegen der Auffassung des Antragstellers rechtfertigt es die Stellungnahme der Grenzwertkommission vom September 2015 (Blutalkohol 52/2015, S. 322) nicht, erst ab einer THC-Konzentration von 3 ng/ml Serum und mehr vom fehlenden Trennungsvermögen des Drogenkonsumenten auszugehen. Diese Stellungnahme befasst sich zunächst damit, ab welcher THC-Konzentration eine Leistungseinbuße beim Führen eines Kraftfahrzeuges nachgewiesen werden kann. Hierauf kommt es jedoch für die Frage, wann ein gelegentlicher Cannabiskonsument Drogenkonsum und Fahren nicht trennen kann, nicht an. Dies ist vielmehr bereits dann zu bejahen, wenn der Konsument ein Fahrzeug führt, obwohl eine durch den Drogenkonsum bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist. Dieser Gefährdungsmaßstab zeigt, dass der Grenzwert für die Beurteilung des Trennungsvermögens ein „Risikogrenzwert“ ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3/13 -, juris, Rn. 32ff.). Insofern hat der Vorsitzende der Grenzwertkommission bei seiner Anhörung vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ausdrücklich festgestellt, dass bei einer THC-Konzentration von unter 2 ng/ml Serum eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens eines Kraftfahrers nicht ausgeschlossen ist (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20.  Januar 2016 - 9K 4303/15 -, juris, Rn. 70).

5

Des Weiteren hat sich die Grenzwertkommission damit befasst, ab welcher THC-Konzentration das Einhalten einer ausreichenden Wartezeit zwischen Konsum und Fahrantritt bei chronischen Cannabiskonsumenten zu verneinen ist und hiervon ausgehend angenommen, dass bei Feststellung einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung nicht gegeben ist. Damit hat die Grenzwertkommission allerdings nicht zum Ausdruck gebracht, dass unterhalb dieses Wertes Leistungseinbußen ausgeschlossen sind. Das Gegenteil ist der Fall. Denn auch insoweit hat der Vorsitzende der Grenzwertkommission vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen klarstellend darauf hingewiesen, dass die rein zeitliche Betrachtung in der Empfehlung vom September 2015 nichts daran ändert, dass es bereits bei 1 ng THC/ml Serum zu einer Verkehrsbeeinträchtigung kommen kann (vgl. VG Gelsenkirchen, a.a.O., Rn. 88). Deshalb hat die Grenzwertkommission am Ende ihrer Stellungnahme auch ausgeführt, dass eine Neubewertung des analytischen Grenzwerts von THC (1 ng/ml) gemäß der früheren Empfehlung zur Anlage des § 24a Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz nicht veranlasst ist.

6

Da somit mit Blick auf die Beurteilung des Trennungsvermögens von Cannabiskonsum und Fahren für die Bestimmung des Risikogrenzwerts aus juristischer Sicht allein die THC-Konzentration maßgeblich ist, bei welcher eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit möglich und damit das Unfallrisiko erhöht sein kann (BVerwG, a.a.O., Rn. 33), ist eine Erhöhung des bisherigen THC-Grenzwerts aufgrund der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 nicht gerechtfertigt. Einer gutachterlichen Feststellung des fehlenden Trennungsvermögens bedarf es vorliegend angesichts der Erfüllung des Risikogrenzwerts und der ärztlichen Feststellung von drogenbedingten Ausfallerscheinungen folglich nicht. Dabei führt die Diabeteserkrankung des Antragstellers erkennbar nicht zu einer anderen Einschätzung; den schlüssigen diesbezüglichen Darlegungen des Verwaltungsgerichts ist der Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten.

7

2. Weiterhin wird die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis nicht aufgrund der vom Antragsteller angeführten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, Urteil vom 25. April 2017 - 11 BV 16.33 -, juris) in Frage gestellt. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass bei einem einmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot nicht automatisch von der Fahrungeeignetheit ausgegangen werden dürfe. Vielmehr sei die Regelung für den Alkoholkonsum mit in den Blick zu nehmen: Dort sei erst bei einer wiederholten Verkehrsteilnahme unter verkehrsrechtlich relevantem Alkoholeinfluss eine medizinisch-psychologische Untersuchung durch den Normgeber angeordnet (vgl. § 13 Satz 1 Nr. 2b Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV -). Daher liege nahe, dass bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei der ersten Zuwiderhandlung ein Fahreignungsgutachten im Ermessenswege angeordnet werden könne (§ 14 Abs. 1 Satz 3 FeV) und bei einer zweiten Zuwiderhandlung auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV zwingend ein solches Gutachten anzuordnen sei (vgl. hierzu die Entscheidungsbesprechung von Zwerger, jurisPR-VerkR 18/2017 Anm. 1).

8

Dies vermag indessen nicht zu überzeugen. Vielmehr hält der Senat in Übereinstimmung mit der Judikatur weiterer Obergerichte (vgl. VGH BW, Beschluss vom 7. März 2017 - 10 S 328/17 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 15. März 2017 - 16 A 432/16 -, juris; OVG Nds, Beschluss vom 7. April 2017 - 12 ME 49/17 -, juris; OVG BB, Beschluss vom 28. Juni 2017 - OVG 1 S 27.17 -, juris; OVG SA, Beschluss vom 6. September 2017 - 3 M 171/17 –, juris) an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Danach sind Personen, die gelegentlich Cannabis konsumieren und zwischen dessen Konsum und dem Fahren von Kraftfahrzeugen nicht trennen können, nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV im Regelfall ohne Weiteres, insbesondere ohne medizinisch-psychologische Untersuchung, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, selbst wenn nur eine einzige Fahrt unter Cannabiseinfluss feststeht (vgl. z.B. den Beschluss des Senats vom 2. März 2011 – 10 B 11400/10 -, juris). Denn die maßgebliche Bestimmung in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist insoweit eindeutig. Eine ausreichende Trennung ist hiernach nur dann anzunehmen, wenn der Betroffene Konsum und Fahren in jedem Fall in einer Weise trennt, dass durch die vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 -, juris, Rn. 32). Ein fahrerlaubnisrechtlicher Alkoholmissbrauch scheidet hingegen nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV schon dann aus, wenn eine hinreichend sichere Trennung von Konsum und Fahren vorgenommen wird.

9

Soweit der BayVGH zur Begründung seiner Auffassung darauf verweist, dass für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV nur dann ein sinnvoller Anwendungsbereich verbleibe, wenn nicht bereits der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot bei gelegentlichem Cannabiskonsum zur sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis führe, verfängt dies ebenso wenig. Denn § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV nimmt insbesondere den Fall des (nicht gleichzeitigen) Zusammenfallens einer alkohol- und einer betäubungsmittelbezogenen Zuwiderhandlung in den Blick (vgl. Zwerger, a.a.O, Ziff. D; Begründung zu § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV, BR-Drs. 302/08, S. 63).

10

Eine andere Betrachtung ist schließlich auch nicht zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen der Behandlung von Alkoholverstößen und der Einnahme von Cannabis im Straßenverkehr angezeigt. Denn Intensität, Verlauf und Dauer einer Cannabisbeeinflussung sind deutlich schwieriger zu bestimmen, als dies bei Alkohol der Fall ist; es erweist sich bereits als weithin unmöglich, den einer sehr großen Spannbreite unterliegenden Wirkstoffgehalt erworbenen Haschischs oder Marihuanas zuverlässig einzuschätzen, wobei nicht einmal die Beimischung sonstiger Stimulantien gänzlich ausgeschlossen werden kann (vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom15. März 2017, a.a.O., Rn. 153, unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014, a.a.O., Rn. 51 f.). Hinzu kommt, dass - anders als bei Alkohol – die Auswirkungen von Cannabis bei den einzelnen Drogenkonsumenten höchst unterschiedlich sind (so die Ausführungen des Sachverständigen im Verfahren des OVG RP - 7 A 10206/03.OVG -, vgl. den Beschluss vom 13. Januar 2004, ESOVGRP). Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Einschätzung sind nicht ersichtlich und ergeben sich insbesondere nicht aus dem Vortrag des Antragstellers im Beschwerdeverfahren.

11

3. Darüber hinaus ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die vom Antragsteller nachgereichten Unterlagen über seine Drogenabstinenz letzten Endes nur eine Momentaufnahme begründen, die den dargestellten Entziehungstatbestand – und insbesondere den normativen Regelfall der Ziff.  9.2.2 der Anlage 4 zur FeV – nicht zu widerlegen vermag. Diese Unterlagen werden allenfalls in dem Verfahren der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis bei der Beurteilung der Frage, ob eine hinreichend stabile Verhaltensänderung stattgefunden hat, von Belang sein, berühren aber nicht die Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung und das hiernach bestehende vorrangige Vollzugsinteresse. Letzteres muss auch nicht ausnahmsweise hinter dem privaten Suspensivinteresse des Antragstellers zurücktreten. Dies gilt insbesondere, soweit der Antragsteller darauf verweist, aufgrund des Entzugs seiner Fahrerlaubnis seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen wird verwiesen.

12

4. Ungeachtet dessen – und ohne dass es noch darauf ankommt – ließen die vom Antragsteller gerügten Rechtsfehler die Erfolgsaussichten eines nachfolgenden Hauptsacheverfahrens zudem allenfalls als offen erscheinen. Wollte man solche offenen Erfolgsaussichten hier zugunsten des Antragstellers annehmen, so wäre die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Entziehungsbescheid gleichwohl nicht gerechtfertigt. Denn in diesem Fall ginge die dann gebotene allgemeine Folgenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass dem Schutz von Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer Vorrang gegenüber den Individualinteressen eines Fahrerlaubnisinhabers einzuräumen ist, dessen Fahreignung - wie hier - zumindest erheblichen Zweifeln unterliegt (vgl. nur den Beschluss des Senats vom 7. April 2015, vom 7. April 2015 - 10 B 10297/15.OVG -; wie OVG BB, Beschluss vom 28. Juni 2017, a.a.O., Rn. 12).

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

14

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 47, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz i.V.m. Nrn. 1.5, 46.1 und 46.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169). Maßgeblich ist hiernach, dass dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klasse B entzogen wurde, wobei die in diese inkludierten Fahrerlaubnisklassen außer Betracht bleiben.

Gründe

1

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle - 7. Kammer - vom 15. Juni 2017, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, bleibt ohne Erfolg. Die von dem Antragsteller vorgebrachten Einwendungen rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

2

Gemäß § 3 Abs. 1 StVG und §§ 46 Abs. 1, 11 Abs. 7 Fahrerlaubnisverordnung - FeV - hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Fahreignung (nur) dann gegeben, wenn zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Fahren getrennt wird, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet sowie keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen.

3

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass sich die streitgegenständliche Fahrerlaubnisentziehung bei summarischer Prüfung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV als rechtmäßig erweist, weil der Antragsteller gelegentlich Cannabis konsumiert und den Konsum sowie das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht getrennt hat.

4

1. Soweit der Antragsteller in seiner Beschwerdeschrift vorbringt, das Verwaltungsgericht sei trotz des festgestellten Tetrahydrocannabinol (THC)-Gehalts von 2,4 ng/ml zu Unrecht von einem mangelnden Trennungsvermögen ausgegangen, weil aufgrund der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 erst ab einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml im Blutserum von einem Verstoß gegen das Trennungsgebot ausgegangen werden könne, führt dies nicht zu einer Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses.

5

Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 1. Juni 2017 - 3 M 60/17 - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - BVerwG 3 C 3.13 -, juris Rn. 37 ff.) und des OVG Nordrhein-Westfalen (OVG NW, Urteil vom 15. März 2017 - 16 A 432/16 -, juris, m.w.N.) festgestellt, dass eine hinreichende Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs im Zusammenhang mit dem Konsum von Cannabis, d. h. ein mangelndes Trennungsvermögen zwischen dem (gelegentlichen) Cannabiskonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen, bei einem THC-Wert ab 1,0 ng/ml im Blutserum anzunehmen ist. Ausschlaggebend für diese Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts sowie des OVG Nordrhein-Westfalen und dem folgend des Senats war die Empfehlung der Gemeinsamen Arbeitsgruppe für Grenzwertfragen und Qualitätskontrolle (sog. Grenzwertkommission) vom 20. November 2002 - aktualisiert durch Beschluss vom 22. Mai 2007 (Blutalkohol 2007, 311) -, wonach der Grenzwert für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG für THC bei 1 ng/ml im Serum liegt.Diese für das Recht der Ordnungswidrigkeiten entwickelte Einschätzung ist nachfolgend auch in die rechtliche Praxis des Fahrerlaubnisrechts eingeflossen.

6

Entgegen der Auffassung des Antragstellers rechtfertigt es die anderslautende Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 (Blutalkohol 2015, 322 f.), erst ab einer THC-Konzentration von 3 ng/ml im Blutserum vom fehlenden Trennungsvermögen des Cannabiskonsumenten auszugehen, nicht, von dem bisher zugrunde gelegten Grenzwert von 1 ng/ml im Blutserum abzuweichen (so auch VGH BW, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 23. Mai 2016 - 11 CS 16.690 -, juris; OVG BB, Urteil vom 16. Juni 2016 - 1 B 37.14 -, juris; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 -, juris; OVG NW, Urteil vom 15. März 2017, a. a. O.). Denn aus der Empfehlung ergibt sich jedenfalls nicht, dass nicht auch unterhalb eines solchen Werts die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht.

7

Das Bundesverwaltungsgericht hat den insoweit zu Grunde zu legenden Gefährdungsmaßstab im Hinblick auf die staatliche Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, und die schwerwiegenden Gefahren, die von Kraftfahrzeugführern, die in ihrer Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt sind, für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen können, in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 24a StVG (BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 -, juris) dahingehend definiert, dass eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit durch den Cannabiskonsum sicher ausgeschlossen sein müsse. Nur dann, wenn eine solche Beeinträchtigung durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten könne, liege eine ausreichende und im Hinblick auf die Verkehrssicherheit noch hinnehmbare Trennung zwischen Konsum und Fahren vor (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014, a.a.O. Rn. 32 ff.). Eine derartige Feststellung trifft die Grenzwertkommission für unterhalb des Grenzwerts von 3,0 ng/ml festgestellte THC-Konzentrationen allerdings ausdrücklich nicht.

8

Dass die Grenzwertkommission auch nicht inzident davon ausgegangen ist, dass erst bei einer THC-Konzentration ab 3,0 ng/ml im Blutserum von einer möglichen Beeinträchtigung der Fahrsicherheit und damit fehlendem Trennungsvermögen auszugehen wäre, ergibt sich zudem aus dem Umstand, dass sich die Grenzwertkommission ausdrücklich nicht zu einer Neubewertung des von ihr am 20. November 2002 beschlossenen und durch weiteren Beschluss vom 22. Mai 2007 bekräftigten Grenzwerts von 1,0 ng/ml zu § 24a Abs. 2 StVG veranlasst gesehen hat (vgl. Blutalkohol 2015, 323). Denn anderenfalls hätte sie sich in Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Dezember 2004 (a.a.O., Rn. 29) gesetzt, wonach für eine Verurteilung nach § 24a Abs. 2 StVG eine THC-Konzentration festgestellt werden muss, die es als möglich erscheinen lässt, dass der Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war (BayVGH, Beschluss vom 23. Mai 2016 - 11 CS 16.690 -, juris Rn. 16). Schließlich hat die Grenzwertkommission ihre Empfehlung, bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen nach Teilnahme am Straßenverkehr und einer festgestellten THC-Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum eine Trennung von Konsum und Fahren zu verneinen, vor dem Hintergrund ausgesprochen, dass erhöhte THC-Konzentrationen bei chronischem Konsum „auch noch einige Tage nach dem letzten Konsum feststellbar sein können, also zu einem Zeitpunkt, an dem sicher keine akute Beeinflussung der Leistungsfähigkeit mehr vorliegt“ (Blutalkohol 2015, 323). Damit hat sie aber nicht zum Ausdruck gebracht, dass unterhalb einer solchen THC-Konzentration eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch den Cannabiskonsum stets ausgeschlossen ist.

9

Hält es der Senat damit für sachgerecht und geboten, den für den (objektiven) Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 24a Abs. 2 StVG geltenden Grenzwert auch für die Definition des mangelnden Trennens i. S. v. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV anzuwenden, hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die bei dem Antragsteller festgestellte THC-Konzentration von 2,4 ng/ml die Annahme des fehlenden Trennungsvermögens rechtfertigt.

10

2. Ohne Erfolg wendet der Antragsteller ein, es sei fraglich, ob ein Fahrerlaubnisinhaber nach § 11 Abs. 7 FeV i. V. m.Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV bereits bei einer einzelnen Fahrt unter Cannabiseinfluss mit einer THC-Konzentration von 1 ng/ml oder mehr, die nicht zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Strafgericht geführt habe, ohne weitere Aufklärung als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sei, oder ob von einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei der ersten Ordnungswidrigkeit nicht zunächst die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens im Ermessenwege nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV angeordnet werden könne und erst bei der zweiten Zuwiderhandlung nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV zwingend ein solches Fahreignungsgutachten angeordnet werden müsse.

11

Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zu Recht angenommen, dass Kraftfahrzeugführer, die gelegentlich Cannabis einnehmen, nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV in der Regel ohne weitere Aufklärung, insbesondere ohne vorherige medizinisch-psychologische Untersuchung auf ihr Trennungsvermögen, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sind, selbst wenn nur eine einzelne Fahrt unter Cannabiseinfluss feststeht (so auch BayVGH, Beschluss vom 3. Januar 2017 - 11 CS 16.2401 -, juris Rn. 20; VGH BW, Beschluss vom 7. März 2017 - 10 S 328/17 -, juris Rn. 4). Insoweit hat bereits das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 23. Oktober 2014, a. a. O., Rn. 32) entgegen der Auffassung des Antragstellers festgestellt, dass eine ausreichende Trennung, die eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Verkehrssicherheit noch als hinnehmbar erscheinen lässt, nur dann vorliegt, wenn der Betroffene Konsum und Fahren in jedem Fall in einer Weise trennt, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann.

12

Soweit der Antragsteller aus der ähnlichen Struktur der Bestimmungen des § 13 FeV(Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik) und des § 14 FeV (Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel) eine Parallelisierung des Vorgehens in den Fällen einer einzelnen Fahrt unter Cannabiseinfluss bei gelegentlichem Cannabiskonsum mit dem Vorgehen in den Fällen des Verdachts eines fahrerlaubnisrechtlichen Alkoholmissbrauchs herzuleiten sucht, ist dem nicht zu folgen (a.A. Bay VGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 - 11 CS 17.1058 -, juris). Denn während es zur Verneinung eines fahrerlaubnisrechtlichen Alkoholmissbrauchs genügt, dass das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum „hinreichend sicher“ getrennt werden können (vgl. Nr. 8.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV), erfordert die Fahreignung bei gelegentlichem Cannabiskonsum die „Trennung von Konsum und Fahren“ schlechthin (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11,13 und 14 FeV). Dafür, dass eine Ungleichbehandlung der beiden die Fahreignung beeinträchtigenden Substanzen Alkohol und Cannabis trotz unterschiedlicher Wirkungsweise nicht gerechtfertigt wäre, zeigt der Antragsteller mit seiner Beschwerdeschrift nicht auf.

13

3. Ohne Erfolg trägt der Antragsteller weiter vor, ein mehrmaliger Cannabiskonsum könne weder auf den Inhalt der polizeilichen Ermittlung, wie diese mit Schreiben der Polizeiinspektion C. dem Antragsgegner übersandt worden seien, noch aus dem Erklärungsverhalten des Antragsgegners noch auf sonstige Umstände, insbesondere nicht auf die Ergebnisse des rechtsmedizinischen Gutachtens der Universitätsklinikums (...) vom (…). Dezember 2016 gestützt werden.

14

Das Verwaltungsgericht ist unter Bezugnahme auf die protokollierten Berichte der Polizeiobermeisterin H. vom (…). November 2016 und vom 1(…). Januar 2017 zutreffend davon ausgegangen, dass zulasten des Antragstellers zumindest zwei Konsumvorgänge anzunehmen sind. Soweit der Antragsteller einwendet, der Bericht der Polizeiinspektion C. vom (…). Januar 2017 sei unzutreffend, soweit darin festgestellt werde, er habe zugegeben, drei Tage vor der Kontrolle Cannabis konsumiert zu haben, vielmehr habe er am (…). November 2016 gegenüber den Polizeibeamten keine Angaben zur Sache gemacht, überzeugt dies nicht. Zwar hat der Antragsteller sich im Rahmen der Betroffenenanhörung nicht zur Sache geäußert. Dies schließt allerdings spontane Äußerungen des Betroffenen im Rahmen der polizeilichen Kontrolle nicht von vornherein aus. Insoweit kommt dem polizeilichen Bericht - Drogen im Straßenverkehr - vom (…). November 2016, der die übereinstimmenden Feststellungen "BER gibt an 3 Tage zuvor Cannabiskonsum. zu haben" bzw. "Joint mit Cannabis 3 Tage zuvor" enthält, eine maßgebliche Bedeutung bei der Feststellung des Sachverhalts zu. Es ist nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass es sich bei dieser Eintragung oder bei den von der Polizeiobermeisterin H. protokollierten mündlichen Angaben des Antragstellers zu seinem Cannabiskonsum während der Verkehrskontrolle am (…). November 2016 um unzutreffende Angaben handelt. Es ist auch kein Grund ersichtlich, aus dem heraus bewusst falsche Angaben in den polizeilichen Bericht hätten aufgenommen werden sollen.

15

Soweit der Antragsteller auf die Aussagen der Zeugen H. und F. in der Hauptverhandlung vom 7. Juni 2017 verweist, die nicht hätten bestätigen können, dass der Antragsteller sich bei der Verkehrskontrolle in diesem Sinne geäußert habe, ergibt sich dies aus dem vorgelegten Protokoll der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Coburg vom 7. Juni 2017 nicht.

16

4. Der Antragsteller kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die von der Polizeiobermeisterin H. angeordnete Blutprobe sei unter Verletzung des Richtervorbehalts entnommen worden. Denn im Fahrerlaubnisrecht besteht ein ausdrückliches Beweisverwertungsverbot für Erkenntnisse, die ohne Einholung der gesetzlich vorgeschriebenen richterlichen Anordnung erlangt wurden, nicht (Beschluss des Senats vom 15. Juni 2017 - 3 M 100/17 -, juris Rn. 10). Auch wenn § 81a StPO ein Beweiserhebungsverbot darstellt, bedeutet das nicht, dass das Ergebnis der unter Verstoß gegen die Vorschrift erlangten Blutprobe in jedem Fall auch nicht verwertet werden darf (Beweisverwertungsverbot). Denn nicht jeder Verstoß gegen ein Beweiserhebungsverbot führt automatisch auch zu einem Beweisverwertungsverbot. Eine ausdrückliche Regelung, ob Beweise, die unter Verstoß gegen § 81a StPO erhoben sind, verwertet werden dürfen, fehlt im Strafprozessrecht ebenso wie im Fahrerlaubnisrecht. Ein allgemeiner Grundsatz, wonach jeder Verstoß gegen die Vorschriften über die Erhebung des Beweises das Verbot der Verwertung der so gewonnenen Erkenntnisse nach sich zieht, ist schon dem Strafverfahrensrecht fremd, so dass auch unter Verletzung strafverfahrensrechtlicher Maßstäbe gewonnene Beweismittel grundsätzlich verwendet werden dürfen (BVerfG, Beschluss vom 24. Februar 2011 - 2 BvR 1596, 2346/10 -, beck-online; Rebler: Die Bedeutung des § 81a II StPO im Fahrerlaubnisrecht, JA 2017, S. 59 beck-online). Erst recht gilt dies für das Fahrerlaubnisrecht.

17

Selbst wenn die Blutentnahme folglich zu Unrecht angeordnet worden wäre, weil eine Gefährdung des Untersuchungserfolgs nicht zu befürchten stand, was jedoch im Hinblick auf den Zeitpunkt der Blutentnahme im Hauptsacheverfahren zu klären ist, kann daher ihre präventivrechtliche Verwertung im Rahmen des Verfahrens zum Entzug der Fahrerlaubnis nach ganz herrschender Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls nach einer Interessenabwägung zulässig und ein Verwertungsverbot deshalb auch nur dann anzunehmen sein, wenn die Voraussetzungen von Gefahr in Verzug erkennbar willkürlich angenommen, der Richtervorbehalt bewusst und gezielt umgangen bzw. ignoriert wird oder wenn die den Richtervorbehalt begründende Rechtslage in ähnlicher Weise grob verkannt bzw. fehlerhaft beurteilt wird. Denn das Integritätsinteresse des Antragstellers muss hinter dem Interesse der Allgemeinheit am Schutz vor Fahrzeugführern unter Drogeneinfluss zurückstehen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 15. Juni 2017, a. a. O., Rn. 11 und vom 1. Juni 2017 - 3 M 60/17 - n. v.; OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2016 - 16 B 685/16 -; SächsOVG, Beschluss vom 6. Januar 2015 - 3 B 320714 -, beide juris).

18

5. Ist das Verwaltungsgericht mithin zu Recht nicht von einem einmaligen Cannabiskonsum ausgegangen, kommt es auch im Beschwerdeverfahren auf die Einwände des Antragstellers gegen das Ergebnis des rechtsmedizinischen Gutachtens des Universitätsklinikums (...) vom 23. Dezember 2016 namentlich mit Blick darauf, dass der bei ihm ermittelte THC-COOH-Wert 37,9 ng/ml betragen habe, nicht mehr entscheidungserheblich an.

19

6. Soweit der Antragsteller auf die Regelungen zur einjährigen Abstinenz in Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV und auf Nr. 3.14.1 der Begutachtungsrichtlinie zur Kraftfahreignung und auf die Möglichkeit der Einholung von anzuordnenden Haar- und Urinanalysen und der anschließenden medizinisch-psychologischen Untersuchung zum Vorhandensein eines stabilen und motivational gefestigten Trennungsvermögens hinweist, wird damit ein Grund für eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses schon deshalb nicht schlüssig dargetan, weil das Verwaltungsgericht seine Entscheidung darauf gestützt hat, dass beim Antragsteller angesichts der im Zusammenhang mit seiner Teilnahme am Straßenverkehr am (…). November 2016 festgestellten THC-Konzentration unabhängig von weiteren Aufklärungsmaßnahmen von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 FeV auszugehen ist. Diese tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts stellt die Beschwerde - wie oben ausgeführt - nicht in Frage.

20

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

21

III. Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 40, 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen der Nrn. 1.5, 46.2, 46.3 und 46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und entspricht der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

22

IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Januar 2017 - 1 K 6154/16 - wird verworfen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragstellers ist unzulässig, weil sie nicht dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ist erforderlich, dass die Beschwerdebegründung die Gründe darlegt, aus denen die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt. Die Beschwerdebegründung muss, um dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zu genügen, erkennen lassen, aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen die gerichtliche Ausgangsentscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss nicht nur die Punkte bezeichnen, in denen der Beschluss angegriffen werden soll, sondern auch angeben, aus welchen Gründen er die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt für unrichtig hält. Hierfür reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, außer in Fällen der Nichtberücksichtigung oder des Offenlassens des früheren Vortrags, grundsätzlich ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 08.11.2004 - 9 S 1536/04 - NVwZ-RR 2006, 74, vom 01.07.2002 - 11 S 1293/02 - NVwZ 2002, 1388 und vom 11.04.2002 - 1 S 705/02 - NVwZ-RR 2002, 797).
Das so verstandene Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO erfüllt die Beschwerdebegründung nicht. Die in dem Schriftsatz vom 08.02.2017 enthaltene Beschwerdebegründung wiederholt weitgehend lediglich das, was bereits gegenüber dem Verwaltungsgericht vorgetragen wurde, ohne dass dem erstinstanzlichen Vorbringen etwas Wesentliches hinzugefügt würde. Vor allem aber übergeht die Beschwerdebegründung die Argumentation des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Beschluss und setzt sich mit dieser nicht hinreichend auseinander. Die Rüge des Antragstellers, dass das Verwaltungsgericht seine Ausführungen auf S. 2 Ziff. 2 der Antragsbegründung vom 20.12.2016 unbeachtet gelassen habe, geht an dem angegriffenen Beschluss vom 19.01.2017 vorbei. Entgegen der erhobenen Rüge hat das Verwaltungsgericht den Beschluss des BayVGH vom 29.08.2016 - 11 CS 16.1460 - zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Es hat jedoch trotzdem daran festgehalten, dass im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats bereits bei einer einmaligen Fahrt mit einer nachgewiesenen THC-Konzentration ab 1,0 ng/ml die fehlende Fahreignung des Betroffenen feststeht, sofern von einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis auszugehen ist (BA S. 6 f.). Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht weiter festgestellt, dass der Fall, über den der BayVGH entschieden habe, nicht vergleichbar sei mit dem des Antragstellers, da es sich bei ihm nicht um eine einzelne Fahrt unter Cannabiseinfluss gehandelt habe, sondern um einen Wiederholungsfall, auch wenn bei der ersten Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss der THC-Grenzwert von 1,0 ng/ml nicht erreicht worden sei. Gleichwohl sei dieser Umstand bei der vorzunehmenden Interessenabwägung zu seinen Lasten einzustellen gewesen (BA S. 7; zu der die Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Interessenabwägung des BayVGH siehe dessen Beschluss vom 29.08.2016 - 11 CS 16.1460 - juris Rn. 4 und 18). Zu all diesen Ausführungen im angegriffenen Beschluss verhält sich die Beschwerdebegründung nicht weiter.
Unabhängig hiervon ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht jedenfalls im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes in der hier vorliegenden Konstellation an der ständigen Rechtsprechung des Senats festgehalten hat, wonach Personen, die gelegentlich Cannabis einnehmen und zwischen Konsum und Fahren nicht trennen können, nach Nummer 9.2.2 der Anlage 4 der FeV grundsätzlich ohne weiteres als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sind (zu den Einzelheiten vgl. nur Senatsurteil vom 22.11.2012 - 10 S 3174/11 - VBlBW 2013, 391, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 23.10.2014 - 3 C 3.13 - NJW 2015, 2439; ferner Senatsbeschluss vom 22.07.2016 - 10 S 738/16 - VBlBW 2016, 518). Zwar verlangt die am 30.10.2008 in Kraft getretene Regelung in § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV, dass die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen wurden. Das Hauptargument, das vom BayVGH für die von ihm geforderte Überprüfung der herrschenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu der Vorschrift in Nummer 9.2.2 der Anlage 4 der FeV angeführt wird, nämlich dass für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV keinerlei Anwendungsbereich bliebe, wenn bereits der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot bei gelegentlichem Cannabiskonsum zur sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis führe, vermag den Senat jedoch nicht zu überzeugen, da auch unter dieser Prämisse § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV Anwendungsfälle hat (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.07.2009 - 16 B 895/09 - DAR 2009, 598; allerdings zu § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.03.2012 - OVG 1 S 18.12 - Blutalkohol 49, 177). Gegen einen etwaigen der herrschenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu der Vorschrift in Nummer 9.2.2 der Anlage 4 der FeV entgegen gesetzten Willen des Verordnungsgebers spricht im Übrigen zumindest tendenziell, dass der Verordnungsgeber nicht eine der in letzter Zeit erfolgten Änderungen der FeV zum Anlass genommen hat, insoweit korrigierend oder klarstellend tätig zu werden (ausführlich zum Ganzen auch VG Augsburg, Beschlüsse vom 23.01.2017 - Au 7 S 16.1714 - juris und vom 11.01.2017 - Au 7 S 16.1592 - juris; VG Würzburg, Beschluss vom 09.11.2016 - W 6 S 16.1093 - juris; Koehl, DAR 2017, 66).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt z. B. in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, unter § 163).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 28. Juni 2016 wird in Nr. I abgeändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 17. Mai 2016 wird hinsichtlich der Nummern 1 und 2 unter folgenden Auflagen wiederhergestellt:

Der Antragsteller

1. legt dem Landratsamt Kelheim zum Nachweis seiner zurückliegenden Drogenfreiheit binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses ein Gutachten einer neutralen, qualitätsgesicherten Stelle (Einhaltung der CTU-Kriterien der Beurteilungskriterien) über eine Haaranalyse eines kopfhautnahen drei Zentimeter langen Haarstücks auf Cannabinoide vor,

2. legt dem Landratsamt Kelheim zum Nachweis seiner aktuellen Drogenfreiheit binnen sechs Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses ein Gutachten einer neutralen, qualitätsgesicherten Stelle (Einhaltung der CTU-Kriterien der Beurteilungskriterien) über eine unangekündigte Urinanalyse auf Tetrahydrocannabinol (THC) und THC-COOH-Glucuronid vor,

3. legt dem Landratsamt Kelheim binnen acht Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vor, mit dem geklärt wird, ob er trotz der Hinweise auf gelegentlichen Cannabiskonsum sowie der bekannten Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 (FE-Klasse B mit Unterklassen) sicher führen kann, insbesondere ob nicht zu erwarten ist, dass er auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis führen wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller baldmöglichst einen Ersatzführerschein auszustellen.

III.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen unter Abänderung der Nr. II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts der Antragsteller zu einem Drittel und der Antragsgegner zu zwei Dritteln.

IV.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis und der Verpflichtung zur Vorlage seines Führerscheins.

Mit Bußgeldbescheid vom 8. Oktober 2015, rechtskräftig seit 26. November 2015, verhängte die Zentrale Bußgeldstelle Viechtach wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG gegen den Antragsteller ein Bußgeld und ein Fahrverbot von einem Monat. Dem lag zugrunde, dass er am 12. Juli 2015 um 23.15 Uhr ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hatte, obwohl er unter dem Einfluss von Cannabis-Produkten stand. Die Blutanalyse des rechtsmedizinischen Instituts des Universitätsklinikums Bonn vom 31. Juli 2015 hatte eine Konzentration von 2,5 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), 0,5 ng/ml 11-Hydroxy-THC sowie 43,8 ng/ml THC-Carbonsäure ergeben.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2015 forderte die Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts Kelheim (im Folgenden: Landratsamt) den Antragsteller zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens einer anerkannten Begutachtungsstelle zur Klärung der Fragen auf, ob er Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes einnehme oder eingenommen habe, die die Fahreignung nach Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung in Frage stellen, und - falls der Antragsteller Cannabis oder Cannabisprodukte einnehme oder eingenommen habe - ob das Konsumverhalten als einmalige, gelegentliche oder regel- und gewohnheitsmäßige Einnahme zu bezeichnen sei.

Nach dem vom Antragsteller vorgelegten Gutachten der B. GmbH vom 9. März 2016 ergab eine Haaranalyse (Entnahme am 11.2.2016, Haarlänge 5 cm) keine Hinweise auf eine Einnahme von Cannabis oder anderen Suchtstoffen innerhalb der letzten fünf Monate, wobei einmaliger oder sehr seltener Konsum nicht sicher ausgeschlossen werden könne. Aufgrund des THC-Werts von 2,5 ng/ml und des THC-Carbonsäurewerts von 43,8 ng/ml am 12. Juli 2015 müsse von gelegentlichem Cannabiskonsum ausgegangen werden. Regelmäßiger bzw. gewohnheitsmäßiger Konsum von Cannabis sei aufgrund des THC-Carbonsäurewerts auszuschließen. Im Untersuchungsgespräch habe der Antragsteller angegeben, er habe mit 18 Jahren begonnen, Cannabis zu rauchen, und zwar „meistens nur in den Ferien“ (zwei bis drei Mal in der Woche ein bis zwei Joints), in der Schulzeit jedoch „fast nie“. Zuletzt habe er am 9. Oktober 2015 auf einer Party Cannabis geraucht. Seitdem lebe er drogenfrei.

Mit Bescheid vom 17. Mai 2016 entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klasse B mit Unterklassen und ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Vorlage des Führerscheins spätestens innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids sowie die sofortige Vollziehung an. Da ein nachgewiesener gelegentlicher Cannabiskonsum und eine Fahrt unter Cannabiseinfluss vorlägen, sei nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung keine Fahreignung mehr gegeben. Nachweise für eine Drogenabstinenz seit Oktober 2015 und eine glaubhafte Verhaltensänderung habe der Antragsteller nicht vorgelegt. Seit dem letzten Cannabiskonsum sei auch noch kein Jahr vergangen. Die Einholung eines weiteren Gutachtens sei nicht mehr erforderlich (§ 11 Abs. 7 FeV).

Der Antragsteller gab seinen Führerschein am 23. Mai 2016 beim Landratsamt ab.

Gegen den Bescheid vom 17. Mai 2016 ließ der Antragsteller durch seine Prozessbevollmächtigten am 23. Mai 2016 Widerspruch einlegen, über den die Widerspruchsbehörde - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden hat.

Den gleichzeitig beim Verwaltungsgericht Regensburg eingereichten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 28. Juni 2016 abgelehnt. Das Landratsamt habe das besondere Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs mit den nicht ausgeräumten Eignungszweifeln und der damit einhergehenden Gefährdung des Straßenverkehrs unter Abwägung mit den persönlichen Interessen des Antragstellers hinreichend begründet. Nach summarischer Prüfung spreche alles dafür, dass der Widerspruch gegen den Bescheid erfolglos bleiben werde. Der Antragsteller habe sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen, da er schon nach eigenen Angaben (zumindest) gelegentlich Cannabis konsumiert habe und - wie die Fahrt am 12. Juli 2015 mit einer festgestellten Tetrahydrocannabinol-Konzentration von 2,5 ng/ml gezeigt habe - nicht in der Lage sei, den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen. Besondere Umstände, die ausnahmsweise ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen würden, seien weder dargetan noch sonst ersichtlich. Der Antragsteller habe seine Fahreignung zwischenzeitlich auch nicht wieder erlangt. Hiervon könne frühestens nach einem Jahr nachgewiesener Abstinenz bei einer dauerhaften Verhaltensänderung, die eine psychologische Bewertung erfordere, ausgegangen werden.

Zur Begründung der hiergegen eingereichten Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, lässt der Antragsteller im Wesentlichen ausführen, das Landratsamt habe das gesteigerte öffentliche Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend unter Würdigung der persönlichen Situation des Antragstellers dargelegt. Er sei kurz nach Bestehen des Abiturs in besonderer Weise darauf angewiesen, mobil zu sein, um zu Bewerbungsgesprächen zu gelangen und bei Bewerbungen nicht benachteiligt zu sein. Die durch das ärztliche Attest belegte mehrmonatige Abstinenz rechtfertige ein Abweichen vom Regelfall. Außerdem sei der Zeitraum für die Wiedererlangung der Fahreignung bei nachgewiesener Abstinenz individuell zu bestimmen und müsse nicht zwingend ein Jahr betragen. Dies ergebe sich auch aus D 3.4 N der Beurteilungskriterien. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung könne bei gelegentlichem Cannabiskonsum nicht herangezogen werden. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei auch unverhältnismäßig, weil der Antragsteller den Cannabiskonsum eingestellt und sein Trennungsvermögen über einen mehrmonatigen Zeitraum gezeigt habe. Das Landratsamt habe sich in seinem Bescheid nicht oder nicht ausreichend mit dem vorgelegten Gutachten auseinandergesetzt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Zwar hat das Landratsamt die Anordnung des Sofortvollzugs den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend begründet. Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 17. Mai 2016 sind jedoch offen, weshalb es unter Abwägung der Interessen der Verfahrensbeteiligten gerechtfertigt erscheint, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich der Nummern 1 und 2 des Bescheids gemäß § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO unter Auflagen wiederherzustellen.

1. Die Anordnung des Sofortvollzugs genügt den formellen Anforderungen.

Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). Insbesondere bei Kraftfahrern, denen die erforderliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt, ist das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch (st. Rspr., zuletzt BayVGH, B.v. 16.12.2015 - 11 CS 15.2377 - juris Rn. 10; Schmidt, a. a. O. § 80 Rn. 36).

Gemessen daran hat sich das Landratsamt in seinem Bescheid ausreichend mit der persönlichen Situation des Antragstellers auseinandergesetzt und auch dessen Einlassung berücksichtigt, wonach er wegen der beabsichtigten Erwerbstätigkeit nach dem Abitur in besonderer Weise auf die Fahrerlaubnis angewiesen sei. Zu Recht weist das Landratsamt insoweit in seinem Bescheid darauf hin, dass das Interesse eines ungeeigneten Fahrzeugführers daran, trotz der Entziehung der Fahrerlaubnis bis zur Bestandskraft des Bescheids weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen zu können, grundsätzlich hinter dem Schutz der übrigen Verkehrsteilnehmer zurücktreten muss. Die vorliegende Fallgestaltung weist gegenüber sonstigen Entziehungsfällen keine Besonderheiten auf, die für das Landratsamt Anlass zu einer noch weitergehenden Begründung des angeordneten Sofortvollzugs hätten sein müssen.

2. Offen ist aber, ob bereits bei einer einzelnen Fahrt unter Cannabiseinfluss und gelegentlichem Cannabiskonsum von Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden kann oder ob die Frage des Trennungsvermögens zwischen dem Konsum und der Teilnahme am Straßenverkehr nicht zunächst im Wege einer medizinisch-psychologischen Untersuchung aufzuklären ist.

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Mai 2016 (BGBl I S. 1217), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2015 (BGBl I S. 1674), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).

Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt Kraftfahreignung bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis vor, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden können, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen wurden.

b) Der Antragsteller hat zumindest gelegentlich Cannabis konsumiert. Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (st. Rspr., zuletzt BVerwG, U.v. 23.10.2014 - 3 C 3.13 - NJW 2015, 2439; BayVGH, B.v. 18.4.2016 - 11 ZB 16.285 - juris Rn. 11). Der Antragsteller hat gegenüber dem ärztlichen Gutachter selbst zugestanden, seit seinem achtzehnten Lebensjahr gelegentlich Cannabis konsumiert zu haben.

c) Der Antragsteller hat auch zumindest einmal nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr getrennt. Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis trennt dann nicht in der gebotenen Weise zwischen diesem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs, wenn er fährt, obwohl angesichts des bei ihm festgestellten Tetrahydrocannabinol-Werts (THC) eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist. Die Fahrerlaubnisbehörde ist nach § 3 Abs. 4 Satz 2 StVG hinsichtlich der Feststellung des Sachverhalts und der Beurteilung der Schuldfrage an eine rechtskräftige Bußgeldentscheidung gebunden. Der gegen den Antragsteller ergangene Bußgeldbescheid vom 8. Oktober 2015 ist am 26. November 2015 rechtskräftig geworden. Damit steht fest, dass der Antragsteller unter Einfluss von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat.

d) Fraglich ist aber, ob der Inhaber einer Fahrerlaubnis bereits bei einer einzelnen Fahrt unter Cannabiseinfluss nach § 11 Abs. 7 FeV i. V. m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist oder ob nicht entsprechend dem Vorgehen bei fahrerlaubnisrechtlichem Alkoholmissbrauch, der nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führt und bei dem nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV erst bei der zweiten Zuwiderhandlung die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen ist, auch bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei der ersten Zuwiderhandlung zunächst ein Fahreignungsgutachten im Ermessenswege nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV angeordnet werden kann und erst bei der zweiten Zuwiderhandlung nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV zwingend ein Fahreignungsgutachten angeordnet werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 11 CS 16.1460). Dieser (vom Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 23.10.2014 - 3 C 3.13 - nicht erörterten) Frage wird im noch anhängigen Widerspruchsverfahren und in einem etwaigen anschließenden Klageverfahren nachzugehen sein.

Hierbei wird einerseits zu berücksichtigen sein, dass die Vorschriften der §§ 13 und 14 FeV sehr ähnlich strukturiert sind. Darüber hinaus hat der Verordnungsgeber bei der Änderung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV und des § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV im Jahr 2008 die Vorschriften hinsichtlich Alkohol- und Cannabiskonsums nach der Verordnungsbegründung ausdrücklich angleichen wollen, da ihm aus Aspekten der Verkehrssicherheit eine Gleichbehandlung geboten erschien (BR-Drs. 302/08, S. 57 f. und 62 f.). Auch bliebe für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV keinerlei Anwendungsbereich, wenn der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot bei gelegentlichem Cannabiskonsum nach § 11 Abs. 7 FeV zur sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis führt. Andererseits wird zu bedenken sein, ob eine Ungleichbehandlung eines fehlenden Trennungsvermögens bei Alkohol- und Cannabiskonsum angesichts der unterschiedlichen Wirkungsweisen der Substanzen gerechtfertigt ist und ob die Möglichkeit der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV diesen Unterschieden ausreichend Rechnung trägt.

e) Aufgrund der offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchsverfahrens erscheint es unter den gegebenen Umständen vertretbar, den Antragsteller unter den angeordneten Auflagen wieder am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen.

Zwar steht die Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen zum derzeitigen Zeitpunkt entgegen der Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht mit hinreichender Sicherheit fest, sondern bedarf der Überprüfung im Widerspruchsverfahren nach Maßgabe der angeordneten Auflagen, insbesondere im Rahmen einer auf Kosten des Antragstellers durchzuführenden medizinisch-psychologischen Untersuchung. Zugunsten des Antragstellers ist jedoch zu berücksichtigen, dass er nach Aktenlage durch die Ordnungswidrigkeit am 12. Juli 2015 - abgesehen von einer vorliegend nicht relevanten Geschwindigkeitsüberschreitung - erstmals im Straßenverkehr auffällig geworden ist. Der letzte von ihm eingeräumte Cannabiskonsum liegt nunmehr knapp ein Jahr zurück und die im Februar 2016 durchgeführte Haaranalyse hat keinen Hinweis auf Betäubungsmittelkonsum in den vorausgegangenen fünf Monaten ergeben. Wenn der Antragsteller nur gelegentlich Cannabis konsumiert hat, müsste er ohnehin keine Abstinenz einhalten, sofern er den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs ausreichend trennen kann. Hierfür reicht eine motivational gefestigte Änderung des Konsumverhaltens aus (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2016 - 11 CS 15.2480 - juris Rn. 20).

Im Übrigen weist die Beschwerde zu Recht darauf hin, dass sowohl Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV als auch Nr. 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Begutachtungsleitlinien - Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, gültig ab 1.5.2014, zuletzt geändert durch Erlass des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 3.3.2016 [VkBl 2016, 185]) das Erfordernis einer einjährigen Abstinenz nur nach Entgiftung und Entwöhnung vorsehen, die wiederum bei gelegentlichem Cannabiskonsum nicht erforderlich ist. Auch die mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 27. Januar 2014 (VkBl 2014, 132) als aktueller Stand der Wissenschaft eingeführte 3. Auflage von „Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung - Beurteilungskriterien“ (Beurteilungskriterien - Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie (DGVP)/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM), 2013) verlangt zwar bei überwundener Drogenabhängigkeit nach einer Entwöhnungstherapie oder vergleichbarer Problembewältigung eine Abstinenz von einem Jahr nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung (Kriterium D 1.3 N Nr. 4). Auch bei einer fortgeschrittenen Drogenproblematik, die sich im missbräuchlichen Konsum von Suchtstoffen, in einem polyvalenten Konsummuster oder auch im Konsum hoch suchtpotenter Drogen gezeigt hat, ist in der Regel eine mindestens einjährige Drogenabstinenz nach Abschluss spezifisch suchttherapeutischer Maßnahmen und einer Aufarbeitung der persönlichen Ursachen für den Drogenmissbrauch bei einer Drogenberatungsstelle oder innerhalb einer psychotherapeutischen Maßnahme erforderlich (Kriterium D 2.4 N Nr. 4). Allerdings kann die nachzuweisende Abstinenzdauer bei besonders günstig gelagerten Umständen auf ein halbes Jahr verkürzt werden (Kriterien D 1.3 N Nr. 5 und D 2.4 N Nr. 5). Bei einer Drogengefährdung ohne Anzeichen einer fortgeschrittenen Drogenproblematik beträgt die Mindestdauer des durch die Ergebnisse geeigneter polytoxikologischer Urin- oder Haaranalysen bestätigten Drogenverzichts ohnehin lediglich sechs Monate (Kriterium D 3.4 N Nrn. 1 und 3), sofern nicht über Jahre regelmäßiger Cannabiskonsum (Kriterium D 3.4 N Nr. 2) oder ein Rückfall nach Zeiten von längerem Drogenverzicht (Kriterium D 3.4 N Nr. 4) vorliegt.

Ob der Antragsteller noch Cannabis konsumiert, ob ein stabiles und motivational gefestigtes Trennungsvermögen vorliegt und ob er als (wieder) geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen werden kann, ist im Rahmen der angeordneten Haar- und Urinanalysen und der anschließenden medizinisch-psychologischen Untersuchung zu klären. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte kann jedoch bis auf weiteres angenommen werden, dass vom Antragsteller derzeit keine höhere Gefahr als von anderen Verkehrsteilnehmern ausgeht.

3. Der Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO teilweise stattzugeben. Da das Landratsamt den vom Antragsteller am 23. Mai 2016 abgegebenen Führerschein unbrauchbar gemacht hat, war der Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller baldmöglichst einen Ersatzführerschein auszustellen, ohne hierfür Kosten zu erheben (§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO, § 25 Abs. 4 FeV). Der Antragsteller wird allerdings darauf hingewiesen, dass der Senat seine Entscheidung bei einem Verstoß gegen eine oder mehrere der Auflagen, einer positiven Haar- oder Urinanalyse, einem negativen Fahreignungsgutachten oder einer nicht hinreichenden Mitwirkung des Antragstellers an der Klärung seiner Fahreignung jederzeit ändern oder aufheben kann (§ 80 Abs. 7 VwGO).

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins besteht auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.

(2) Nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Nach einer Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Dies soll in der Regel durch die Anbringung eines roten, schräg durchgestrichenen „D“ auf einem dafür geeigneten Feld des Führerscheins, im Falle eines EU-Kartenführerscheins im Feld 13, und bei internationalen Führerscheinen durch Ausfüllung des dafür vorgesehenen Vordrucks erfolgen. Im Falle von Beschränkungen oder Auflagen werden diese in den Führerschein eingetragen. Die entscheidende Behörde teilt die Aberkennung der Fahrberechtigung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, über das Kraftfahrt-Bundesamt mit. Erfolgt die Entziehung durch die erteilende oder eine sonstige zuständige ausländische Behörde, sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen und dort in Verwahrung zu nehmen. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine über das Kraftfahrt-Bundesamt an die entziehende Stelle zurück.

(3) Ist dem Betroffenen nach § 31 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt worden, ist er aber noch im Besitz des ausländischen Führerscheins, ist auf diesem die Entziehung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung zu vermerken. Der Betroffene ist verpflichtet, der Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein zur Eintragung vorzulegen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.