Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Juli 2016 - M 7 S 16.50425

bei uns veröffentlicht am13.07.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsteller, ukrainische Eheleute und ihr am … geborener Sohn …, reisten am 1. März 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 11. April 2016 Asylanträge. Zu ihrem Reiseweg konnten sie bei den Gesprächen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 11. April 2016 keine Angaben machen, außer, dass sie etwa 30 Stunden unterwegs waren und mit einem Mini-Bus gereist sind. Sie seien im Besitz eines Schengen-Visums. Weiter erklärten sie, ihr Sohn …, geboren am …, sei in der Nähe von Nürnberg und betreibe dort ein Asylverfahren.

Aufgrund der bei den Antragstellern gefundenen Einreisevisa für Polen, ausgestellt am 11. Februar 2016 und gültig bis 15. April 2016, stellte das Bundesamt am 31. Mai 2016 ein Übernahmeersuchen an Polen, das mit Schreiben vom 10. Juni 2016 seine Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge nach der Dublin-III-Verordnung erklärte.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2016 lehnte das Bundesamt die Asylanträge nach § 27 a AsylG als unzulässig ab (Nummer 1) und ordnete gemäß § 34 a Abs. 1 AsylG die Abschiebung nach Polen an (Nummer 2), da Polen aufgrund der erteilten Visa nach Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Ferner wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nummer 3). Außergewöhnlich humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich.

Gegen den am 21. Juni 2016 zugestellten Bescheid erhoben die Antragsteller durch einen Bevollmächtigten am 23. Juni 2016 Klage und beantragten zugleich,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 16. Juni 2016 enthaltene Abschiebeanordnung anzuordnen.

Zur Begründung wurde unter Heranziehung von Rechtsprechung und Berichten vorgetragen, dass das Asylverfahren in Polen an systemischen Mängeln leide, ferner hätte das Bundesamt im Rahmen der Familienzusammenführung berücksichtigen müssen, dass der Sohn … in Deutschland ebenfalls ein Asylverfahren betreibe.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2016 übersandte das Bundesamt die Behördenakten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 16. Juni 2016 verfügte Abschiebungsanordnung nach Polen ist zulässig. Er wurde insbesondere gem. § 34 a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG, § 222 Abs. 2 ZPO fristgerecht innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheids gestellt.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Entfaltet ein Rechtsbehelf wie hier von Gesetzes wegen (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylVfG) keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, wenn auch nicht das alleinige Indiz für und gegen die Begründetheit des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens sind.

Vorliegend überwiegt das öffentliche Interesse an der Vollziehung der Anordnung gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragsteller. Denn nach der gebotenen summarischen Prüfung auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ist davon auszugehen, dass die Antragsteller durch die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung nach Polen nicht in subjektiven Rechten verletzt werden.

Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylVfG ist in diesen Fällen der Asylantrag als unzulässig abzulehnen.

Nach den Regelungen der vorliegend anzuwendenden Dublin-III-Verordnung (vgl. Art. 49 Unterabs. 2 Satz 1 der VO (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, sog. Dublin-III-VO) ist grundsätzlich nur ein einziger Mitglied-staat der Europäischen Union für die Prüfung eines Asylantrags zuständig (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO). Dies ist hier Polen, da die Antragsteller im Besitz von Einreisevisa für Polen sind, die am 11. Februar 2016 ausgestellt wurden und bis 15. April 2016 gültig waren.

Die Zuständigkeit Polens ergibt sich aus Art. 12 Abs. 2 und Abs. 4 Unterabs. 1 Dublin-III-VO. Nach diesen einschlägigen Normen zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats gilt, dass für die Prüfung des Asylantrags eines Antragstellers mit gültigem Visum der Mitgliedstaat zuständig ist, der das Visum erteilt hat. Besitzt der Asylbewerber ein Visum, das seit weniger als sechs Monaten abgelaufen ist, aufgrund dessen er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so bleibt der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Asylantrags zuständig, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat (Art. 12 Abs. 4 Unterabs. 1 i. V. m. Abs. 2 Dublin III-VO). So liegt der Fall hier.

Die Antragsgegnerin ist auch nicht nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig geworden, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gäbe, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in Polen systemische Schwachstellen aufwiesen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen würden.

Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. Es gilt grundsätzlich die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden. Allerdings hat nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat zur Folge, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert ist, den Antragsteller an diesen Mitgliedstaat zu überstellen. Nur wenn ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigenden Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (vgl. EUGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 75, 80, 82, 85 und 86). Diese vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätze sind nunmehr auch ausdrücklich in die Dublin-Verordnung aufgenommen worden. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asyl-bewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 9).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der bislang ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. aus der Vielzahl einschlägiger Entscheidungen nur OVG Lüneburg, B.v. 1.4.2014 - 13 LA 22/1 - juris; VG München, B.v. 15. 12.2014 - M 11 S 14.50690 - juris; VG Ansbach, B.v. 11.1.2016 - AN 14 S 15.50496 - juris; VG Karlsruhe, U.v. 29.10.2013 - A 1 K 1565/13 - juris, das sich mit dem von den Antragstellern zitierten Bericht „Migration is not a crime“ der Helsinki Foundation for Human Rights vom 29.8.2013 auseinandersetzt; VG Gelsenkirchen, U.v.10.3.2015 - 6a K 3687/14.A - juris) ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass die Antragsteller in Polen aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Die aktuell vorliegenden Erkenntnisse über die Situation von Asylbewerbern in Polen belegen vielmehr, dass die Aufnahmebedingungen dort den grund- und menschenrechtlichen Standards genügen. Die Asylverfahren werden geordnet geführt und im jeweiligen Einzelfall entschieden; während der Dauer des Asylverfahrens werden dem Asylbewerber in ausreichendem Umfang Unterkunft und Verpflegung gewährt. Soweit der Bevollmächtigte der Antragsteller rügt, dass Asylbewerber in bewachten Zentren untergebracht und überwacht würden, ist diese Art der Regulierung des Aufenthalts zwar im Vergleich zu Deutschland restriktiver, erreicht aber nicht die Qualität einer Inhaftierung (vgl. VG Karlsruhe, U.v. 29.10.2013 - A 1 K 1565/13 - juris Rn. 35).

Soweit der Bevollmächtigte der Antragsteller vorträgt, das Bundesamt hätte im Rahmen der Familienzusammenführung berücksichtigen müssen, dass der Sohn … in Deutschland ein Asylverfahren betreibe, ist dem nicht zu folgen. In Art. 7 ff Dublin-III-VO sind Kriterien zur Bestimmung des … Mitgliedstaats unter Berücksichtigung von familiären Belangen aufgestellt. Der Sohn … ist volljährig (geb. …), so dass der in der Dublin-III-VO enthaltene Minderjährigenschutz nicht greift. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 9 und 10 Dublin-III-VO oder nach Art. 11 Dublin-III-VO zur Durchführung eines Familienverfahrens liegen nicht vor. Die Anwendung der Zuständigkeitsbestimmungen der zitierten Artikel der Dublin-III-VO ist auf Familienangehörige im Sinne von Art. 2 lit. g Dublin-III-VO beschränkt und sie schließen erwachsene Kinder nicht mit ein.

Die Abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. Gem. § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor. Es bestehen weder zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote hinsichtlich Polens noch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bzw. Duldungsgründe, die im Rahmen des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG vom Bundesamt zu prüfen sind (BayVGH, B. v. 12. März 2014 - 10 CE 14.427- juris Ls).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Juli 2016 - M 7 S 16.50425

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache
Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Juli 2016 - M 7 S 16.50425 zitiert 6 §§.

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(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist ukrainischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben über Polen mit einem polnischen Visum, gültig bis 1. August 2014, auf dem Landweg am 07. April 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 26. Juni 2014 beim Bundesamt ... (im Folgenden Bundesamt) einen Asylantrag.

Der Bevollmächtigte des Antragstellers beantragte mit Schreiben vom 04. Juni 2014 und 7. Juli 2014 eine Verlassenserlaubnis, da er zu seiner Schwester, die Ärztin sei, nach ... (Deutschland) reisen wolle. Er sei bei Übergriffen in seiner Heimat misshandelt worden. Er habe ein Schädel-Hirntrauma und leide an Bewusstseinsstörungen. Atteste wurden nicht vorgelegt.

Am 24. Juli 2014 richtete das Bundesamt ein Aufnahmeersuchen an die Republik Polen unter Bezugnahme auf das erteilte Visum. Die zuständige polnische Behörde erklärte mit Schreiben vom 30. Juli 2014 ihre Bereitschaft für die Aufnahme des Antragstellers gem. Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO).

Mit Bescheid vom ... November 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung nach Polen an (Nr. 2 des Bescheids). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Asylantrag sei gem. § 27 a AsylVfG unzulässig, da Polen aufgrund des erteilten Visums gem. Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO seien nicht ersichtlich. Die Überstellung nach Polen sei innerhalb der in Art. 29 Abs. 1 bzw. 2 Dublin-III-VO festgesetzten Fristen durchzuführen. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34 a Abs. 1 S. 1 AsylVfG.

Am 19. November 2014 wurde der Bescheid mit Einschreiben zur Post gegeben.

Mit Telefax vom 27. November 2014 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamtes vom ... November 2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Asylverfahren durchzuführen (Klageverfahren M 11 K 14.50689). Gleichzeitig beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers im vorliegenden Eilverfahren,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung anzuordnen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestünde ein inländisches Vollstreckungshindernis. Der Antragsteller sei reiseunfähig. Er leide an einer schweren depressiven Periode und einer posttraumatischen Belastungsstörung mit beachtlicher Suizidgefahr, die im Falle einer Abschiebung akut werde. Eine fachärztliche Stellungnahme werde nachgereicht. Das Gericht werde ersucht, hierfür eine Frist von nicht weniger als zwei Wochen zu gewähren.

Mit Schreiben vom 21. November 2014 legte die Antragsgegnerin die Verwaltungsakte vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids anzuordnen, bleibt ohne Erfolg. Der Antrag ist zulässig, insbesondere rechtzeitig binnen Wochenfrist gestellt (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG), jedoch nicht begründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem sich aus § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung; nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylVfG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Trier, B.v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR - juris; VG Göttingen, B. v. 9.12.2013 - 2 B 869/13 - juris, Rn. 16). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Nach der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Klage nach derzeitiger Einschätzung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG kommt es für den vorliegenden Beschluss im Eilverfahren, der ohne mündliche Verhandlung ergeht, maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung an.

Die Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsanordnung ist zulässig, insbesondere innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 74 Abs. 2 AsylVfG erhoben worden, aber aller Voraussicht nach unbegründet, da die Abschiebungsanordnung nach Polen nicht zu beanstanden ist.

Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 AsylVfG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Im vorliegenden Fall ist gem. Art. 12 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) die Republik Polen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Nach Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO ist, wenn der Antragsteller ein gültiges Visum besitzt, der Mitgliedsstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Dies gilt gem. Art. 12 Abs. 4 Satz 1 Dublin-III-VO auch dann, wenn das Visum, aufgrund dessen der Antragsteller in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, seit weniger als sechs Monaten abgelaufen ist, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten nicht verlassen hat. Der Regelung des Art. 12 Dublin-III-VO liegt das Verursacherprinzip zugrunde, wonach derjenige Staat, der durch die Erteilung von Aufenthaltstitel oder Visum eine Ursache für die Einreise des Schutzsuchenden gesetzt hat, auch für die Durchführung des Verfahrens zur Gewährung von internationalem Schutz zuständig ist.

Polen hat in Beantwortung des Aufnahmegesuchs des Bundesamts mit Schreiben vom 30. Juli 2014 seine Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers bestätigt.

Die Antragsgegnerin war auch nicht nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO wegen systemischer Mängel im Aufnahmestaat gehalten, die Prüfung der in Kapitel III der Dublin-III-VO vorgesehenen Kriterien fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Es sind keine wesentlichen Gründe für die Annahme ersichtlich, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in Polen systemische Schwachstellen aufweisen würden, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikel 4 der EU-Grundrechtscharta (GRCh) mit sich brächten.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der EU den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte i. S. v. Art. 6 Abs. 1 EUV entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH v. 21.12.2011 a. a. O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der bislang ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. die umfangreichen Nachweise im angefochtenen Bescheid) ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass die Antragsteller in Polen aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. VG Bremen, B. v. 4.3.2014 - 1 V 220/14 - juris, m. w. N.). Die aktuell vorliegenden Erkenntnisse über die Situation von Asylbewerbern in Polen belegen vielmehr, dass die Aufnahmebedingungen in Polen den grund- und menschenrechtlichen Standards genügen (vgl. VG Karlsruhe, U. v. 29.10.2013 - A 1 K 1565/13 - juris, m. w. N.).

Asylbewerber werden über den Ablauf des Asylverfahrens informiert und erhalten Unterkunft, Verpflegung, medizinische und psychologische Betreuung (siehe auch Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Wiesbaden vom 6.12.2013, zitiert in VG Wiesbaden, U. v. 19.2.2014 - 5 K 651/13.WI.A -, juris Rn. 24).

Asylbewerber haben in gleichem Umfang Anspruch auf - kostenlose - medizinische Versorgung wie polnische Staatsangehörige, wozu auch die psychologische Betreuung gehört (vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 25.9.2013, BT-Drs. 17/14795 S. 6f.). Damit sind in Polen auch posttraumatische Belastungsstörungen, an denen der Antragsteller leiden soll, behandelbar.

Der Abschiebung der Antragsteller stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG verpflichtet ist (vgl. BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris).

Eine Reiseunfähigkeit liegt dabei nur vor, wenn sich der Gesundheitszustand unmittelbar durch die Reise selbst oder als unmittelbare Folge hiervon voraussichtlich wesentlich verschlechtern würde (BayVGH, B. v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris RdNr. 6).

Die Reiseunfähigkeit wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung und Suizidgefahr wurde erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgetragen, aber nicht glaubhaft gemacht. Ein ärztliches Attest wurde trotz Ankündigung nicht vorgelegt.

Sollte die Suizidgefährdung konkret belegt werden, wäre die Abschiebung nach amtsärztlicher Abklärung ggf. unter (fach-) ärztlicher Aufsicht durchzuführen.

Der Antragsteller hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Tenor

1. Der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO wird abgelehnt.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Antragsverfahren unter Beiordnung der Rechtsanwältin ..., wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind ukrainischer Staatsangehörige und reisten eigenen Angaben zufolge am 16. April 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 11. Juni 2015 stellten sie Asylanträge.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) - polnische Visa - lagen Anhaltspunkte vor für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO).

Die Antragsgegnerin richtete am 9. September 2015 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Polen. Die polnischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 21. September 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO.

Mit Bescheid vom 24. September 2015, zugestellt den Antragstellern am 2. Oktober 2015, wurden die Asylanträge als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1) und die Abschiebung der Antragsteller nach Polen angeordnet (Ziffer 2).

Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2015 Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. September 2015 aufzuheben.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. Oktober 2015 wurde der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO (Az. 14 S 15.50449) abgelehnt.

Im Wesentlichen berufen sich die Antragsteller auf die gesundheitliche Situation des Antragstellers zu 1). Hierzu wird ein ärztliches Attest vom 29. Oktober 2015 des Facharztes für Allgemeinmedizin, ..., vorgelegt, woraus sich ergibt, dass bei dem Antragsteller zu 1) eine posttraumatische Belastungsstörung nicht ausgeschlossen werden könne. Eine Therapie mit ... und ... sei eingeleitet worden. Daneben sei der Patient auf eine psychotherapeutische Betreuung angewiesen. Der Antragsteller zu 1) sei weiterhin reiseunfähig. Eine Abschiebung aus dem Lande könne eine Verschlechterung des Krankheitszustandes hervorrufen und würde aus medizinischer Sicht nicht für vertretbar gehalten werden.

Ergänzend wird mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 6. November 2015 vorgetragen, dass das Risiko eines erneuten Schlaganfalles bei dem Antragsteller zu 1) bestehe. Bereits im April 2015 hätte er einen Insult erlitten. Darüber hinaus wird vorgetragen, dass der Antragsteller zu 1) als Asylbewerber einen erschwerten Zugang zum Gesundheits- und Sozialsystem in Polen hätte.

Die Antragsteller stellen zudem den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der unterfertigten Rechtsanwältin ...

Die Antragsteller legen mit Schriftsatz vom 11. November 2015 eine ärztliche Stellungnahme der Gemeinschaftspraxis Dr. med. ..., vom 3. November 2015 vor. Als Diagnosen wurde eine Depression sowie Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung gestellt. Das durchgeführte EEG war unauffällig. Zusammenfassend beurteilten die behandelnden Ärzte, dass eine ausgeprägte Angstsymptomatik vorläge, die dringend psychiatrisch weiterbehandelt werden sollte und verordneten die Einnahme von Medikamenten (...).

Mit weiterem Schreiben vom 30. November 2015 wird ein ärztliches Attest wiederum des Facharztes für Allgemeinmedizin vom 26. November 2015 hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Antragstellers zu 1) vorgelegt. Das nunmehr vorgelegte ärztliche Attest hat den gleichen Wortlaut bzw. Inhalt wie das vormals eingereichte ärztliche Attest vom 29. Oktober 2015 verbunden mit der Aussage, dass der Antragsteller zu 1) weiterhin reiseunfähig sei.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. Oktober 2015 (Az. 14 S 15.50449) abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen bzw. wieder herzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragte,

den Antrag abzuweisen.

Zur Begründung trägt die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 11. November 2015 vor, dass das Attest vom 29. Oktober 2015 von einem Allgemeinpraktiker, wenn auch insoweit Facharzt, erstellt worden sei. Im Hinblick auf die starken angeblichen Bezüge zu psychischen Problemen könnten Zweifel an der Aussagekraft laut werden. Insbesondere stehe erkennbar noch kein Rückführungsdatum fest bei längerer Restfrist.

Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hat keinen Erfolg. Die Sachlage hat sich nicht zugunsten der Antragsteller geändert.

Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 und Satz 2 VwGO kann das Gericht in der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben; jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient der Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab für die Entscheidung ist, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (vgl. BVerwG, B. v. 25.8.2008 - 2 VR 1/08 - juris; VGH BW, B. v. 16.12.2001 - 13 S 1824/01 - juris; OVG NRW, B. v. 7.2.2012 - 18 B 14/12 - juris).

Das Vorbringen der Antragsteller ist nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesamtes, die Antragsteller im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Polen zu überstellen, in Zweifel zu ziehen und eine Änderung des Beschlusses des VG Ansbach vom 19. Oktober 2015 zu rechtfertigen, denn es steht mit hinreichender Sicherheit im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG fest, dass die Abschiebung der Antragsteller durchgeführt werden kann.

Nach der Rechtsprechung der Kammer und der meisten anderen Verwaltungsgerichte bestehen derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte für entsprechende „systemische Mängel“ bei der Behandlung von Asylbewerbern in Polen, (vgl. aus der Vielzahl einschlägiger Entscheidungen nur VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 6. August 2013 - 17 L 1406/13.A - und vom 19. November 2013 - 25 L 2154/13.A -; VG Köln, Gerichtsbescheid vom 27. März 2014 - 1 K 8004/13.A; OVG Lüneburg, Beschluss vom 1. April 2014 - 13 LA 22/14; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. März 2015, 6a K 3687/14.A; VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Februar 2014 - 5 K 651/13.WI.A; alle juris.).

Die aktuell vorliegenden Erkenntnisse über die Situation von Asylbewerbern in Polen belegen insgesamt, dass die Aufnahmebedingungen in Polen im Allgemeinen den grund- und menschenrechtlichen Standards genügen. Dies gilt auch hinsichtlich der medizinischen Versorgung. So wird etwa in der von der Association for Legal Intervention und von der Helsinki Foundation for Human Rights im Jahre 2013 publizierten Studie „Migration Is Not a Crime - Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners“ ausgeführt, dass in den polnischen Aufnahmeeinrichtungen die regelmäßige Anwesenheit eines Arztes sichergestellt ist und dass bei gesundheitlichen Problemen, die eine fachärztliche Behandlung notwendig machen, auch das Aufsuchen eines Facharztes außerhalb der Einrichtung gewährleistet wird (Seite 23 ff. der Stu-die). Auch dem „National Country Report: Poland“ von 2013 der vom Europäischen Flüchtlings-rat getragenen „aida“-Datenbank ist zu entnehmen, dass eine kostenlose medizinische Versorgung Asylsuchender grundsätzlich gewährleistet ist (dort Seite 38 f.). Dass die medizinische Versorgung nicht in allen Aufnahmeeinrichtungen von gleicher Qualität ist und es im Einzelfall Schwierigkeiten bei der zeitnahen fachärztlichen Versorgung geben kann, führt nicht dazu, dass „systemische Bedenken“ anzunehmen wären. Die in beiden Studien hervorgehobenen Probleme bei der sprachlichen Verständigung zwischen Ärzten und Asylbewerbern dürften in Deutschland in ähnlicher Weise bestehen. Den in den genannten Quellen niedergelegten Erkenntnissen entsprechen schließlich auch die Angaben in der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 6. Dezember 2013 betreffend die Rücküberstellung nach Polen im Rahmen des Dublin II-Verfahrens und in der Antwort der Bundesregierung vom 25. September 2013 auf eine Kleine Anfrage mehrerer Bundestagsabgeordneter zur asylrelevanten Lage in Tschetschenien, die sich auf den Seiten 5 ff. mit der Behandlung von Asylbewerbern in Polen, namentlich mit deren medizinischer Behandlung, befasst (Bundestags-Drucksache 17/14795).

Der Abschiebung stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen. Die von dem Antragsteller zu 1) geltend gemachte Reiseunfähigkeit vermag das Gericht weder in dem Sachvortrag noch in den beigefügten ärztlichen Schreiben bzw. Attesten zu erkennen. Aus der beigefügten ärztlichen Stellungnahme der Gemeinschaftspraxis Dr. med. ... und Dr. med. ... vom 3. November 2015 ergibt sich, dass hinsichtlich der ausgeprägten Angstsymptomatik der Antragsteller zu 1) Medikamente einzunehmen habe. Das EEG war unauffällig und eine Suizidgefahr konnte zudem ausgeschlossen werden. Eine weitere psychiatrische Weiterbehandlung sei laut den Ärzten dringend erforderlich. Diese kann nach Auffassung des Gerichts und mit den oben angeführten Hinweisen zu den einzelnen medizinischen Versorgungsmöglichkeiten in Polen dort durchgeführt werden. Es liegen auch dem Gericht keinerlei Hinweise dahingehend vor, dass die einzunehmenden Medikamente nicht auch in Polen erhältlich wären. Als Asylbewerber stehen dem Antragsteller zu 1) bei Bedarf insbesondere auch Fachärzte zur Verfügung. In der ärztlichen Stellungnahme der Gemeinschaftspraxis vom 3. November 2015 ergeben sich darüber hinaus keinerlei Hinweise zu einer möglichen Reise- bzw. Transportunfähigkeit des Antragstellers zu 1).

Lediglich in den beiden gleich lautenden ärztlichen Attesten des Facharztes für Allgemeinmedizin, ..., vom 29. Oktober 2015 bzw. vom 26. November 2015 findet sich pauschal der Hinweis ohne nähere Begründung, dass der Antragsteller zu 1) „weiterhin reiseunfähig“ sei.

Eine Reiseunfähigkeit ist nur dann anzunehmen, wenn sich der Gesundheitszustand der Asylbewerberin unmittelbar durch die Ausreise oder als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich oder lebensbedrohlich verschlechtern würde. Dafür liegen mangels konkreter Angaben in den ärztlichen Attesten des Facharztes für Allgemeinmedizin keine näheren Anhaltspunkte vor. Es wurde weder vorgetragen, welche konkrete Therapie bei dem Antragsteller bevorsteht noch um welche medizinische Versorgung es sich handelt, die nicht gleichermaßen auch in Polen medizinisch behandelbar wäre. Die Einnahme der Medikamente als medikamentöse Therapie ist - wie oben bereits dargestellt - ohne weiteres auch in Polen möglich.

Seitens der Antragsteller wurde darüber hinaus nicht vorgetragen, dass der Antragsteller zu 1) die vom Facharzt ... sowie seitens der Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie, Dr. med. ..., vorgeschlagene psychotherapeutische Betreuung bzw. Weiterbehandlung bereits angefangen bzw. wahrgenommen hat.

Von einer Reise- bzw. Transportunfähigkeit des Antragstellers zu 1) ist daher nach Überzeugung der Einzelrichterin nicht auszugehen.

Aufgrund dessen ist keine Änderung zugunsten der Antragsteller hierin zu erkennen.

Mangels Erfolgsaussichten des vorliegenden Antragsverfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO ist auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin..., abzulehnen, § 166 VwGO, § 114 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger, ein Ehepaar und seine vier Kinder, sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit.
Sie reisten am 23.12.2012 in das Bundesgebiet ein und beantragten am 25.01.2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Bei einer Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 20.02.2013 gaben der Kläger zu Ziff. 1) und die Klägerin zu Ziff. 2) an, sie hätten am 24.10.2012 in Polen einen Asylantrag gestellt. Sie seien dort erkennungsdienstlich behandelt worden und hätten die Adresse von einem Lager erhalten. Sie seien dann aber nicht ins Lager sondern nach Warschau gefahren. Am Bahnhof hätten sie eine tschetschenische Familie kennengelernt, die ihnen angeboten habe, eine Woche bei ihnen zu bleiben. Der Kläger zu Ziff. 1) habe in der Wohnung Renovierungsarbeiten vorgenommen, so seien aus einer Woche zwei Monate geworden. Da ihnen das Geld ausgegangen sei, hätten sie sich entschlossen, nach Deutschland weiterzufahren.
Mit Schreiben vom 29.04.2013 und vom 02.05.2013 erkannten die polnischen Behörden ihre Zuständigkeit für die Behandlung der Asylanträge an.
Mit Bescheid vom 03.06.2013 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanträge als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Polen an.
Am 27.06.2013 haben die Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben, zu deren Begründung sie auf den Gesundheitszustand ihrer Kinder abheben.
Sie beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 03.06.2013 zu verpflichten, ihnen in die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
hilfsweise: zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 S. 2 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Klagen abzuweisen.
11 
Sie ist der Auffassung, einer Rückführung nach Polen stünden keine Gründe entgegen.
12 
Dem Gericht lag die einschlägige Akte des Bundesamtes vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Akte sowie auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn sie ist in der Ladung auf diese Rechtsfolge ihres Ausbleibens hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14 
Die zulässigen Klagen sind in Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet.
15 
Ziffer 1 des angegriffen Bescheids ist rechtmäßig. Denn die Asylanträge sind im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da die polnische Republik gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 für die Behandlung der Asylanträge zu diesem Zeitpunkt noch für die Behandlung der Asylanträge zuständig war.
16 
Auch die Abschiebungsandrohungen im angegriffenen Bescheid sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG, dessen tatbestandliche Voraussetzungen vorliegen.
17 
Auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse können sich die Antragssteller nicht berufen.
18 
Die Regelungen in § 26a, § 27a AsylVfG sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 = NJW 1996, 1665 = DÖV 1996, 647) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Regelungen in Art. 16a GG und im Asylverfahrensgesetzkann der Ausländer, der in den Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden soll, den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat - entgegen seiner sonstigen Praxis - Schutz verweigern. Der Ausländer kann sich auch nicht darauf berufen, ein - niemals völlig auszuschließendes - Fehlverhalten der Behörden im Drittstaat könne in seinem Fall zu einer Weiterschiebung in den Herkunftsstaat führen.Die Bundesrepublik Deutschland hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 oder § 53 AuslG (nunmehr § 60 AufenthG) durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. So kann sich im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EMRK, wonach die Todesstrafe nicht konventionswidrig ist, ein Ausländer gegenüber einer Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat auf das Abschiebungshindernis des § 60 Abs. 3 AufenthG berufen, wenn ihm dort die Todesstrafe drohen sollte. Weiterhin kann er einer Abschiebung in den Drittstaat § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG etwa dann entgegenhalten, wenn er eine erhebliche konkrete Gefahr dafür aufzeigt, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat dort Opfer eines Verbrechens werde, welches zu verhindern nicht in der Macht des Drittstaates steht. Ferner kommt der Fall in Betracht, dass sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG, der sich allerdings nur auf die in Anlage I zum AsylVfG bezeichneten Staaten, nicht jedoch auch auf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften bezieht, hierauf noch aussteht. Nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz für Flüchtlinge durch den Drittstaat sind auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird. Schließlich kann sich - im seltenen Ausnahmefall - aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich - etwa aus Gründen besonderer politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat - von seinen mit dem Beitritt zu den beiden Konventionen eingegangenen und von ihm generell auch eingehaltenen Verpflichtungen löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die ihn begründenden Umstände sich schon im Kontakt zwischen deutschen Behörden und Behörden des Drittstaates ausräumen lassen. Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer freilich nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der soeben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen.
19 
Auch Gemeinschaftsrecht gebietet es nicht, von einer Überstellung der Kläger nach Polen abzusehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - , InfAuslR 2012, 108 = AuAS 2012, 56 = NVwZ 2012, 417) ist Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Verordnung Nr. 343/2003 zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden. Nach dieser Entscheidung wäre es jedoch auch nicht mit den Zielen und dem System der Verordnung Nr. 343/2003 vereinbar, wenn der geringste Verstoß gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen würde, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Mit der Verordnung Nr. 343/2003 soll nämlich, ausgehend von der Vermutung, dass die Grundrechte des Asylbewerbers in dem normalerweise für die Entscheidung über seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat beachtet werden, eine klare und praktikable Methode eingerichtet werden, mit der rasch bestimmt werden kann, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. Zu diesem Zweck sieht die Verordnung Nr. 343/2003 vor, dass für die Entscheidung über in einem Land der Union gestellte Asylanträge nur ein Mitgliedstaat zuständig ist, der auf der Grundlage objektiver Kriterien bestimmt wird. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Verordnung Nr. 343/2003 genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar.
20 
Die Kläger sind weder von einem der oben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen noch weist das Asylverfahren in Polen systemische Mängel auf.Durchgreifende Anhaltspunkte für erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen bestehen nach aktueller Rechtsprechung nicht (vgl. etwa: VG Lüneburg, Beschlüsse vom 25.10.2013 – 2 B 48/13 - und 10.10.2013 – 2 B 47/13 -; VG Berlin, Beschluss vom 24.10.2013 – 33 L 450.13 A - ;VG Regensburg vom 16.10.2013 – RN 9 S 13.30520 - ; VG Stade, Beschluss v. 02.10.2013 – 3 B 3029/13 -; VG Kassel, Beschluss v. 27.08.2013 – 9 L 984/13.K.S.A - ; VG Schleswig, Beschluss v. 27.08.2013 – 1 B 43/13 -; VG Osnabrück, Beschluss v. 26.09.2013 – 5 B 133/13 -; VG Hannover, Beschluss v. 30.08.2013 – 1 B 6140/13 - ; VG Oldenburg, Beschluss v. 16.08.2013 - 3 A 5177/13 - ; VG Braunschweig, Beschluss v. 29.07.2013 – 8 B 434/13 - ; VG Saarbrücken, Beschluss vom 24.06.2013 - 6 L 839/13 -;). Nach dieser Rechtsprechung, die das erkennende Gericht teilt, hat Polen die rechtlichen Regelungen des vergemeinschafteten Asyl- und Flüchtlingsrechts der europäischen Union in den wesentlichen Grundzügen in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt (UNHCR, Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees for the Office of the High Commissioner for Human Rights‘ Compilation Report - Universal Periodic Review: Poland, vom November 2011, abrufbar unter www.refword.org).
21 
Die Entscheidungen in Asylverfahren sollen innerhalb von 6 Monaten getroffen werden; im Schnitt dauert ein Asylverfahren 18 Monate (Dublin Transnational Project, General information on asylum and Dublin in Poland, www.dublin-project.eu/dublin/Poland).Im Jahr 2012 wurden die Asylanträge von 2.435 Asylbewerbern beschieden. In 3,5% der Fälle wurde Flüchtlingsschutz, in 5,7% der Fälle wurde subsidiärer Schutz und in 10,3% der Fälle wurde humanitärer Schutz gewährt (insgesamt 19,5% Schutzgewährungen; zum Vergleich: das Bundesamt hat in 14,9% der Fälle Flüchtlingsschutz gewährt, in 11,9% der Fälle subsidiären Schutz und in 2,4 % der Fälle humanitären Schutz, insgesamt in 29,2% der Fälle Schutzgewährungen; vgl. zu all diesen Zahlen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge , Das Bundesamt in Zahlen 2012, www.bamf.de). Auf Asylbewerber aus der Russischen Föderation entfielen dabei 1072 entschiedene Asylanträge. 41 Asylbewerber aus der Russischen Föderation erhielten einen Flüchtlingsstatus (3,8%,), 104 subsidiären Schutz (9,7%) und 137 humanitären Schutz (12,7%), insgesamt also 26,2% einen Schutzstatus, wohingegen 790 Asylanträge abgelehnt wurden (UDSC, Polish Asylum Procedure, 2012, www.ekiba.de/download/Polish_Asylum_Procedure.pdf; zum Vergleich: das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat im Jahr 2012 in 1.208 Fällen über Asylanträge von Asylsuchenden aus der Russischen Föderation mit einer Schutzquote von 14,4% entschieden; dabei wurde in 0,9 % der Fälle eine Asylanerkennung ausgesprochen, in 10,4 % der Fälle die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und in 3,1 % der Fälle ein Abschiebungsverbot festgestellt ). Insgesamt lässt sich mit den Jahren der Zuwachs ablehnender Entscheidungen feststellen (Gesellschaft für bedrohte Völker , Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen, 2011, S. 8). In diesem Zusammenhang wird eine restriktive Auslegung und Handhabung der Flüchtlingsanerkennung beklagt (Comité Belge d‘Aide aux Refugiés , Polish asylum procedure and refugee status determination, 2011, S. 15 ff., 33). Schwierigkeiten macht der Zugang zur rechtlichen Beratung und Vertretung im Asylverfahren. Ein staatliches System der Rechtshilfe gibt es nicht. Allerdings sind in diesem Feld NGOs tätig, die aber den Bedarf nicht decken können. Dies gilt insbesondere für die Gewahrsamszentren (GfbV, Flüchtlinge in Polen. Mangelnder Schutz an EU-Außengrenze, progrom 2012, Heft 4, S. 41 f.; UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; insgesamt The Jusuit Refugee Service , Protection interrupted. The Dublin regulation’s impact on asylum seekers’ protection, 2013, abrufbar unter www.refworld.org). In diesem Zusammenhang ist auch problematisch, dass die Übersetzung durch qualifizierte Dolmetscher nur unzureichend gewährleistet ist. In vielen Fällen erfolgt eine Übertragung mit Hilfe informeller Kontakte (UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; Helsinki Foundation for Human Rights, Migration Is Not a Crime, 2013, S.19, www.intervencjaprawna.pl/wp.content/uploads/migration-is-not-a-crime.pdf).Insgesamt ist deshalb zur rechtlichen Regelung und der Praxis der Asylverfahren festzustellen, dass grundsätzlich von einem ordnungsgemäßen und nicht übermäßig langen Verfahren gesprochen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass der Einzelfall nicht geprüft wird, gibt es nicht. Insbesondere bei der Information der Asylantragsteller und bei der Ausgestaltung der rechtlichen Beratung gibt es aber Mängel.
22 
Was die Aufnahmebedingungen angeht, werden Asylbewerber in Polen entweder in einem der sog. Aufnahmezentren, in einer der geschlossenen Gewahrsamszentren oder in einem Abschiebezentrum aufgenommen. Dabei erfolgt die Aufnahme regelmäßig in einem der Aufnahmezentren (GfbV, Situation, a.a.O., S. 4). Dort wird den Asylbewerbern die erforderliche Verpflegung zur Verfügung gestellt, außerdem bekommen sie ein kleines Taschengeld und ggf. Reisegeld für erforderliche Fahrten. Kinder können die örtliche Schule besuchen; ihnen steht Schulmaterial kostenlos zur Verfügung (GfbV, Situation, a.a.O., S. 6, JRS, Protection, a.a.O., S. 186). Eine medizinische Basisversorgung war und ist in der Regel gewährleistet. Schwierigkeiten machte in der Vergangenheit allerdings der Zugang zu einer zufriedenstellenden medizinischen Versorgung insbesondere für Kinder und traumatisierte Asylbewerber (GfbV, Situation, a.a.O., S., 5; Huma network, Access to healthcare and living conditions of asylum seekers and undocumented migrants in Cyprus, Malta, Poland and Romania, www.ec.europa.eu/ewsi/UDRW/-imgaes/items/doc_20498_605665099.pdf). Dies hat sich zwischenzeitlich gebessert. Denn nach der aktuelleren Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – BT-Drucksache 17/14713 – gestaltet sich die gesundheitliche Versorgung nunmehr wie folgt:
23 
Im Rahmen der Dublin-Verfahren und in gerichtlichen Eilverfahren vor den Verwaltungsgerichten von russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Volkszugehörigkeit, die über Polen nach Deutschland einreisen, werden sehr häufig gesundheitliche Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen vorgetragen.
24 
Nach aktueller Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen ist die medizinische Versorgung dort für Asylbewerber wie folgt sichergestellt:
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Die Behandlung von Asylbewerbern, die eine medizinische Versorgung und eine psychologische Betreuung in Anspruch nehmen müssen, ist in Polen kostenlos und erfolgt grundsätzlich durch qualifiziertes Personal. Die medizinische Versorgung während des Flüchtlingsverfahrens umfasst alle Ausländer (gemäß Artikel 73 des polnischen Flüchtlingsgesetzes), die einen Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt haben und sich bei der Sozialhilfe-Abteilung des Amtes für Ausländer registriert haben, unabhängig von ihrer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen oder außerhalb. Personen im Flüchtlingsverfahren haben den gleichen Anspruch auf den Umfang der medizinischen Versorgung wie polnische Staatsangehörige (ausgeschlossen sind lediglich Kurfahrten). Die medizinische Versorgung von Personen im Flüchtlingsverfahren in Polen koordiniert das Zentrale Krankenhaus des Innenministeriums in Warschau. Die medizinische Versorgung umfasst:
26 
- Durchführung sog. epidemiologische Untersuchungen – alle Ausländer, die zum ersten Mal einen Antrag auf Flüchtlingsschutz stellen, werden in der Aufnahmeeinrichtung in Biala Podlaska oder in Podkowa Lesna-Debak epidemiologisch untersucht. Die Untersuchung beinhaltet die Feststellung, ob der Ausländer an Infektionskrankheiten leidet (darunter Tuberkulose, Hepatitis B und C Typ, HIV, Geschlechtskrankheiten).
- In jeder Aufnahmeeinrichtung in Polen gibt es medizinische Behandlungs- räume, dort stehen Krankenschwestern, ein Arzt und ein Kinderarzt zur Verfügung.
- Kranke Personen, die spezielle Untersuchungen benötigen, werden ans Krankenhaus oder zu speziellen Untersuchungen überwiesen. Die Untersuchungen finden entweder im Zentralen Krankenhaus des Innen- und Verwaltungsministeriums statt oder auch in anderen Krankenhäusern, mit dem das Zentrale Krankenhaus eine Vereinbarung unterschrieben hat.
- Zahnbehandlungen.
- Psychologische Hilfe.
- Rehabilitation.
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Nach dem Bericht der Helsinki Foundation for Human Rights (Helsinki-Stiftung) „Migration is not a crime“ aus dem Jahr 2013 erhalten Ausländer schriftlich und mündlich alle erforderlichen Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische Betreuung zu erhalten. In allen Zentren können die Ausländer medizinische Hilfe erhalten, wobei es – wie auch in deutschen Unterkünften – Sprachschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal geben kann. Zudem können sich z. B. Opfer von Übergriffen innerhalb der Unterkünfte an die Polizei wenden.
28 
Behandelbarkeit von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) in Polen
29 
Laut Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen vom April 2013 wird gemäß Artikel 68 des polnischen Flüchtlingsschutzgesetzes vom 13. Mai 2003 jeder Ausländer, der in seinem Antrag auf Flüchtlingsschutz erklärt hat, dass er Opfer von psychischer oder physischer Gewalt ist, vor seiner Anhörung im Flüchtlingsverfahren an einen Psychologen verwiesen. Dieses Gespräch findet im Amt für Ausländer in Warschau statt. Während dieses Gesprächs ist neben dem Psychologen auch ein Dolmetscher anwesend, der ebenso wie der Psychologe vom Budget des Amtes für Ausländer bezahlt wird. Nach diesem Gespräch verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, ob bei dem Antragsteller ein Verdacht auf eine PTBS besteht und ob die Teilnahme eines Psychologen an der Anhörung erforderlich ist. Wenn der Psychologe festgestellt hat, dass seine Anwesenheit bei der Anhörung im Flüchtlingsverfahren erforderlich ist, nimmt er an der Anhörung teil. Er beobachtet das Verhalten und die Reaktionen des Antragstellers, er hat das Recht, Fragen zu stellen, und vom Anhörenden kann er verlangen, von bestimmten Fragen abzusehen. Nach der Anhörung verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, die Bestandteil der Akte im Flüchtlingsverfahren ist, auf die sich der Entscheider im Bescheid berufen muss. Sofern der Psychologe eine PTBS festgestellt hat, informiert er den Antragsteller über die Erforderlichkeit der Behandlung und die Kontaktaufnahme mit dem Psychologen in der Aufnahmeeinrichtung, in der der Antragsteller untergebracht ist. Der Zugang zum Psychologen ist kostenlos, und es gibt keine festgelegte Zahl an Gesprächen mit dem Psychologen (jeder Fall wird individuell behandelt). Wenn es erforderlich ist, verweist der Psychologe per Überweisungsschein an einen Psychiater zur weiteren Behandlung.
30 
Das polnische Amt für Ausländer arbeitet derzeit mit vier Psychologen zusammen (einer davon ist speziell für den Umgang mit Minderjährigen geschult), die Erstgespräche mit Antragstellern durchführen und auch an den Anhörungen teilnehmen. Darüber hinaus gibt es in jeder Aufnahmeeinrichtung Psychologen, die dort Dienst haben und zu denen Antragsteller uneingeschränkten Zugang haben.
31 
Antragsteller können sich sowohl an die Psychologen, mit denen das polnische Amt für Ausländer zusammenarbeitet, als auch an die Psychologen, die für nichtstaatliche Organisationen tätig sind, wenden. Die Informationen zum Zugang zum Psychologen erhalten Antragsteller in den Aufnahmeeinrichtungen, in denen sie untergebracht sind. Nach alledem ist davon auszugehen, dass für psychisch kranke Menschen systemische Mängel im in Polen praktizierten Asylverfahren nicht bestehen (so auch Verwaltungsgericht – VG – Saarland, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 L 961/13).
32 
Dass sich die Gesundheitsfürsorge in den letzten Jahren verbessert hat, ergibt sich aus einem chronologischen Abgleich der Jahresberichte von Amnesty International. Denn letztmals im Jahresbericht 2010 hat sich die Organisation darüber beklagt, dass Flüchtlinge und Asylsuchende sich beim Zugang zu Gesundheitsfürsorge und zum Arbeitsmarkt nach wie vor Schwierigkeiten ausgesetzt sähen. In den Folgejahren findet sich dies nicht mehr.
33 
Hinsichtlich der Aufnahmebedingungen in Polen führt die Bundesregierung in der o.g. Antwort anschließend aus:
34 
Der Bericht der Helsinki-Stiftung „Migration is not a crime“, der sich auf eine Überprüfung der sechs „Guarded Centres for Foreigners“ in Polen, also der sechs geschlossenen/bewachten Ausländereinrichtungen im Herbst 2012 beschränkte, rügt zwar im Einzelnen die Einweisungs- und Versorgungsbedingungen in dieser Art von Einrichtungen, hebt aber auch hervor, dass sie ziemlich unterschiedlich organisiert und ausgestattet sind (siehe Seite 36 des Berichts).
35 
Weiterhin ergibt sich aus dem Bericht der Helsinki-Stiftung zur Unterbringungssituation u. a., dass die Zentren offiziell für die Unterbringung von Ausländern umgebaut, zum Teil umfänglich renoviert wurden und sich in gutem Zustand befinden. Die umfangreiche Regulierung des Aufenthalts in diesen Unterkünften ist zwar verglichen mit den Verhältnissen in Deutschland erheblich restriktiver, erreicht aber nicht die Qualität einer Inhaftierung. Des Weiteren ist die Möglichkeit, mit der Welt außerhalb des jeweiligen Zentrums in Kontakt zu treten, sichergestellt; gleiches gilt für Besuche von Verwandten und die Möglichkeit, sich an internationale Organisationen zu wenden (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 b 185/13MD). Einem Bericht des U.S. Department of State zufolge hat die polnische Regierung zusätzlich zu den geschlossenen/bewachten Einrichtungen für Ausländer elf offene Zentren für Asyl- suchende initiiert, die sich in den Gebieten Warschau, Bialystok und Lublin befinden und ungefähr 2.000 Personen aufnehmen können.
36 
Insgesamt ergibt für Polen danach das Bild eines asylverfahrensrechtlichen Regimes und von Aufnahmebedingungen, das den Maßgaben der Genfer Flüchtlingskonvention und des asylrechtlichen System der Europäischen Union in den Grundlinien genügt. Das Refoulement-Verbot wird im Grundsatz eingehalten, es werden geordnete Asylverfahren geführt und in überschaubarer Zeit Entscheidungen getroffen, die Einzelfallentscheidungen darstellen und es werden den Asylbewerbern während des Asylverfahrens im Großen und Ganzen auch ausreichende Lebensgrundlagen (Unterkunft, Verpflegung, medizinische Hilfe) zur Verfügung gestellt. Allerdings gibt es, wie dargestellt, nach wie vor Mängel. Soweit vereinzelte Missstände oder Mängel beschrieben werden, lässt dies nicht den Schluss zu, dass systematisch gegen die Vorschriften der Richtlinie 2003/9/EG (Aufnahmerichtlinie) verstoßen werden würde oder menschenrechtswidrige Aufnahmebedingungen vorherrschten. Legt man die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgeführten Gründe für die Zuständigkeitsregelungen der Dublin II-VO und den sich daraus ergebenden strengen Maßstab an die Qualifizierung als systemische Mängel an, so stellen sich die aufgeführten Mängel im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen in Polen auch in der Summe nicht als systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dar.
37 
Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen somit nicht, insbesondere ist die medizinische und psychologische Versorgung für die Kläger in ausreichendem Maße sichergestellt.
38 
Der Abschiebung stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - anders als sonst in Asylverfahren - ausnahmsweise verpflichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris). Aus den von den Klägern zu 1) und 2) vorgelegten, ihre Kinder betreffenden Attesten ergibt sich insbesondere keine Reiseunfähigkeit.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, § 83b AsylVfG.

Gründe

 
13 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn sie ist in der Ladung auf diese Rechtsfolge ihres Ausbleibens hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14 
Die zulässigen Klagen sind in Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet.
15 
Ziffer 1 des angegriffen Bescheids ist rechtmäßig. Denn die Asylanträge sind im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da die polnische Republik gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 für die Behandlung der Asylanträge zu diesem Zeitpunkt noch für die Behandlung der Asylanträge zuständig war.
16 
Auch die Abschiebungsandrohungen im angegriffenen Bescheid sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG, dessen tatbestandliche Voraussetzungen vorliegen.
17 
Auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse können sich die Antragssteller nicht berufen.
18 
Die Regelungen in § 26a, § 27a AsylVfG sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 = NJW 1996, 1665 = DÖV 1996, 647) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Regelungen in Art. 16a GG und im Asylverfahrensgesetzkann der Ausländer, der in den Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden soll, den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat - entgegen seiner sonstigen Praxis - Schutz verweigern. Der Ausländer kann sich auch nicht darauf berufen, ein - niemals völlig auszuschließendes - Fehlverhalten der Behörden im Drittstaat könne in seinem Fall zu einer Weiterschiebung in den Herkunftsstaat führen.Die Bundesrepublik Deutschland hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 oder § 53 AuslG (nunmehr § 60 AufenthG) durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. So kann sich im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EMRK, wonach die Todesstrafe nicht konventionswidrig ist, ein Ausländer gegenüber einer Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat auf das Abschiebungshindernis des § 60 Abs. 3 AufenthG berufen, wenn ihm dort die Todesstrafe drohen sollte. Weiterhin kann er einer Abschiebung in den Drittstaat § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG etwa dann entgegenhalten, wenn er eine erhebliche konkrete Gefahr dafür aufzeigt, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat dort Opfer eines Verbrechens werde, welches zu verhindern nicht in der Macht des Drittstaates steht. Ferner kommt der Fall in Betracht, dass sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG, der sich allerdings nur auf die in Anlage I zum AsylVfG bezeichneten Staaten, nicht jedoch auch auf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften bezieht, hierauf noch aussteht. Nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz für Flüchtlinge durch den Drittstaat sind auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird. Schließlich kann sich - im seltenen Ausnahmefall - aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich - etwa aus Gründen besonderer politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat - von seinen mit dem Beitritt zu den beiden Konventionen eingegangenen und von ihm generell auch eingehaltenen Verpflichtungen löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die ihn begründenden Umstände sich schon im Kontakt zwischen deutschen Behörden und Behörden des Drittstaates ausräumen lassen. Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer freilich nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der soeben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen.
19 
Auch Gemeinschaftsrecht gebietet es nicht, von einer Überstellung der Kläger nach Polen abzusehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - , InfAuslR 2012, 108 = AuAS 2012, 56 = NVwZ 2012, 417) ist Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Verordnung Nr. 343/2003 zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden. Nach dieser Entscheidung wäre es jedoch auch nicht mit den Zielen und dem System der Verordnung Nr. 343/2003 vereinbar, wenn der geringste Verstoß gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen würde, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Mit der Verordnung Nr. 343/2003 soll nämlich, ausgehend von der Vermutung, dass die Grundrechte des Asylbewerbers in dem normalerweise für die Entscheidung über seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat beachtet werden, eine klare und praktikable Methode eingerichtet werden, mit der rasch bestimmt werden kann, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. Zu diesem Zweck sieht die Verordnung Nr. 343/2003 vor, dass für die Entscheidung über in einem Land der Union gestellte Asylanträge nur ein Mitgliedstaat zuständig ist, der auf der Grundlage objektiver Kriterien bestimmt wird. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Verordnung Nr. 343/2003 genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar.
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Die Kläger sind weder von einem der oben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen noch weist das Asylverfahren in Polen systemische Mängel auf.Durchgreifende Anhaltspunkte für erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen bestehen nach aktueller Rechtsprechung nicht (vgl. etwa: VG Lüneburg, Beschlüsse vom 25.10.2013 – 2 B 48/13 - und 10.10.2013 – 2 B 47/13 -; VG Berlin, Beschluss vom 24.10.2013 – 33 L 450.13 A - ;VG Regensburg vom 16.10.2013 – RN 9 S 13.30520 - ; VG Stade, Beschluss v. 02.10.2013 – 3 B 3029/13 -; VG Kassel, Beschluss v. 27.08.2013 – 9 L 984/13.K.S.A - ; VG Schleswig, Beschluss v. 27.08.2013 – 1 B 43/13 -; VG Osnabrück, Beschluss v. 26.09.2013 – 5 B 133/13 -; VG Hannover, Beschluss v. 30.08.2013 – 1 B 6140/13 - ; VG Oldenburg, Beschluss v. 16.08.2013 - 3 A 5177/13 - ; VG Braunschweig, Beschluss v. 29.07.2013 – 8 B 434/13 - ; VG Saarbrücken, Beschluss vom 24.06.2013 - 6 L 839/13 -;). Nach dieser Rechtsprechung, die das erkennende Gericht teilt, hat Polen die rechtlichen Regelungen des vergemeinschafteten Asyl- und Flüchtlingsrechts der europäischen Union in den wesentlichen Grundzügen in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt (UNHCR, Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees for the Office of the High Commissioner for Human Rights‘ Compilation Report - Universal Periodic Review: Poland, vom November 2011, abrufbar unter www.refword.org).
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Die Entscheidungen in Asylverfahren sollen innerhalb von 6 Monaten getroffen werden; im Schnitt dauert ein Asylverfahren 18 Monate (Dublin Transnational Project, General information on asylum and Dublin in Poland, www.dublin-project.eu/dublin/Poland).Im Jahr 2012 wurden die Asylanträge von 2.435 Asylbewerbern beschieden. In 3,5% der Fälle wurde Flüchtlingsschutz, in 5,7% der Fälle wurde subsidiärer Schutz und in 10,3% der Fälle wurde humanitärer Schutz gewährt (insgesamt 19,5% Schutzgewährungen; zum Vergleich: das Bundesamt hat in 14,9% der Fälle Flüchtlingsschutz gewährt, in 11,9% der Fälle subsidiären Schutz und in 2,4 % der Fälle humanitären Schutz, insgesamt in 29,2% der Fälle Schutzgewährungen; vgl. zu all diesen Zahlen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge , Das Bundesamt in Zahlen 2012, www.bamf.de). Auf Asylbewerber aus der Russischen Föderation entfielen dabei 1072 entschiedene Asylanträge. 41 Asylbewerber aus der Russischen Föderation erhielten einen Flüchtlingsstatus (3,8%,), 104 subsidiären Schutz (9,7%) und 137 humanitären Schutz (12,7%), insgesamt also 26,2% einen Schutzstatus, wohingegen 790 Asylanträge abgelehnt wurden (UDSC, Polish Asylum Procedure, 2012, www.ekiba.de/download/Polish_Asylum_Procedure.pdf; zum Vergleich: das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat im Jahr 2012 in 1.208 Fällen über Asylanträge von Asylsuchenden aus der Russischen Föderation mit einer Schutzquote von 14,4% entschieden; dabei wurde in 0,9 % der Fälle eine Asylanerkennung ausgesprochen, in 10,4 % der Fälle die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und in 3,1 % der Fälle ein Abschiebungsverbot festgestellt ). Insgesamt lässt sich mit den Jahren der Zuwachs ablehnender Entscheidungen feststellen (Gesellschaft für bedrohte Völker , Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen, 2011, S. 8). In diesem Zusammenhang wird eine restriktive Auslegung und Handhabung der Flüchtlingsanerkennung beklagt (Comité Belge d‘Aide aux Refugiés , Polish asylum procedure and refugee status determination, 2011, S. 15 ff., 33). Schwierigkeiten macht der Zugang zur rechtlichen Beratung und Vertretung im Asylverfahren. Ein staatliches System der Rechtshilfe gibt es nicht. Allerdings sind in diesem Feld NGOs tätig, die aber den Bedarf nicht decken können. Dies gilt insbesondere für die Gewahrsamszentren (GfbV, Flüchtlinge in Polen. Mangelnder Schutz an EU-Außengrenze, progrom 2012, Heft 4, S. 41 f.; UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; insgesamt The Jusuit Refugee Service , Protection interrupted. The Dublin regulation’s impact on asylum seekers’ protection, 2013, abrufbar unter www.refworld.org). In diesem Zusammenhang ist auch problematisch, dass die Übersetzung durch qualifizierte Dolmetscher nur unzureichend gewährleistet ist. In vielen Fällen erfolgt eine Übertragung mit Hilfe informeller Kontakte (UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; Helsinki Foundation for Human Rights, Migration Is Not a Crime, 2013, S.19, www.intervencjaprawna.pl/wp.content/uploads/migration-is-not-a-crime.pdf).Insgesamt ist deshalb zur rechtlichen Regelung und der Praxis der Asylverfahren festzustellen, dass grundsätzlich von einem ordnungsgemäßen und nicht übermäßig langen Verfahren gesprochen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass der Einzelfall nicht geprüft wird, gibt es nicht. Insbesondere bei der Information der Asylantragsteller und bei der Ausgestaltung der rechtlichen Beratung gibt es aber Mängel.
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Was die Aufnahmebedingungen angeht, werden Asylbewerber in Polen entweder in einem der sog. Aufnahmezentren, in einer der geschlossenen Gewahrsamszentren oder in einem Abschiebezentrum aufgenommen. Dabei erfolgt die Aufnahme regelmäßig in einem der Aufnahmezentren (GfbV, Situation, a.a.O., S. 4). Dort wird den Asylbewerbern die erforderliche Verpflegung zur Verfügung gestellt, außerdem bekommen sie ein kleines Taschengeld und ggf. Reisegeld für erforderliche Fahrten. Kinder können die örtliche Schule besuchen; ihnen steht Schulmaterial kostenlos zur Verfügung (GfbV, Situation, a.a.O., S. 6, JRS, Protection, a.a.O., S. 186). Eine medizinische Basisversorgung war und ist in der Regel gewährleistet. Schwierigkeiten machte in der Vergangenheit allerdings der Zugang zu einer zufriedenstellenden medizinischen Versorgung insbesondere für Kinder und traumatisierte Asylbewerber (GfbV, Situation, a.a.O., S., 5; Huma network, Access to healthcare and living conditions of asylum seekers and undocumented migrants in Cyprus, Malta, Poland and Romania, www.ec.europa.eu/ewsi/UDRW/-imgaes/items/doc_20498_605665099.pdf). Dies hat sich zwischenzeitlich gebessert. Denn nach der aktuelleren Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – BT-Drucksache 17/14713 – gestaltet sich die gesundheitliche Versorgung nunmehr wie folgt:
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Im Rahmen der Dublin-Verfahren und in gerichtlichen Eilverfahren vor den Verwaltungsgerichten von russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Volkszugehörigkeit, die über Polen nach Deutschland einreisen, werden sehr häufig gesundheitliche Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen vorgetragen.
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Nach aktueller Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen ist die medizinische Versorgung dort für Asylbewerber wie folgt sichergestellt:
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Die Behandlung von Asylbewerbern, die eine medizinische Versorgung und eine psychologische Betreuung in Anspruch nehmen müssen, ist in Polen kostenlos und erfolgt grundsätzlich durch qualifiziertes Personal. Die medizinische Versorgung während des Flüchtlingsverfahrens umfasst alle Ausländer (gemäß Artikel 73 des polnischen Flüchtlingsgesetzes), die einen Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt haben und sich bei der Sozialhilfe-Abteilung des Amtes für Ausländer registriert haben, unabhängig von ihrer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen oder außerhalb. Personen im Flüchtlingsverfahren haben den gleichen Anspruch auf den Umfang der medizinischen Versorgung wie polnische Staatsangehörige (ausgeschlossen sind lediglich Kurfahrten). Die medizinische Versorgung von Personen im Flüchtlingsverfahren in Polen koordiniert das Zentrale Krankenhaus des Innenministeriums in Warschau. Die medizinische Versorgung umfasst:
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- Durchführung sog. epidemiologische Untersuchungen – alle Ausländer, die zum ersten Mal einen Antrag auf Flüchtlingsschutz stellen, werden in der Aufnahmeeinrichtung in Biala Podlaska oder in Podkowa Lesna-Debak epidemiologisch untersucht. Die Untersuchung beinhaltet die Feststellung, ob der Ausländer an Infektionskrankheiten leidet (darunter Tuberkulose, Hepatitis B und C Typ, HIV, Geschlechtskrankheiten).
- In jeder Aufnahmeeinrichtung in Polen gibt es medizinische Behandlungs- räume, dort stehen Krankenschwestern, ein Arzt und ein Kinderarzt zur Verfügung.
- Kranke Personen, die spezielle Untersuchungen benötigen, werden ans Krankenhaus oder zu speziellen Untersuchungen überwiesen. Die Untersuchungen finden entweder im Zentralen Krankenhaus des Innen- und Verwaltungsministeriums statt oder auch in anderen Krankenhäusern, mit dem das Zentrale Krankenhaus eine Vereinbarung unterschrieben hat.
- Zahnbehandlungen.
- Psychologische Hilfe.
- Rehabilitation.
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Nach dem Bericht der Helsinki Foundation for Human Rights (Helsinki-Stiftung) „Migration is not a crime“ aus dem Jahr 2013 erhalten Ausländer schriftlich und mündlich alle erforderlichen Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische Betreuung zu erhalten. In allen Zentren können die Ausländer medizinische Hilfe erhalten, wobei es – wie auch in deutschen Unterkünften – Sprachschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal geben kann. Zudem können sich z. B. Opfer von Übergriffen innerhalb der Unterkünfte an die Polizei wenden.
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Behandelbarkeit von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) in Polen
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Laut Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen vom April 2013 wird gemäß Artikel 68 des polnischen Flüchtlingsschutzgesetzes vom 13. Mai 2003 jeder Ausländer, der in seinem Antrag auf Flüchtlingsschutz erklärt hat, dass er Opfer von psychischer oder physischer Gewalt ist, vor seiner Anhörung im Flüchtlingsverfahren an einen Psychologen verwiesen. Dieses Gespräch findet im Amt für Ausländer in Warschau statt. Während dieses Gesprächs ist neben dem Psychologen auch ein Dolmetscher anwesend, der ebenso wie der Psychologe vom Budget des Amtes für Ausländer bezahlt wird. Nach diesem Gespräch verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, ob bei dem Antragsteller ein Verdacht auf eine PTBS besteht und ob die Teilnahme eines Psychologen an der Anhörung erforderlich ist. Wenn der Psychologe festgestellt hat, dass seine Anwesenheit bei der Anhörung im Flüchtlingsverfahren erforderlich ist, nimmt er an der Anhörung teil. Er beobachtet das Verhalten und die Reaktionen des Antragstellers, er hat das Recht, Fragen zu stellen, und vom Anhörenden kann er verlangen, von bestimmten Fragen abzusehen. Nach der Anhörung verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, die Bestandteil der Akte im Flüchtlingsverfahren ist, auf die sich der Entscheider im Bescheid berufen muss. Sofern der Psychologe eine PTBS festgestellt hat, informiert er den Antragsteller über die Erforderlichkeit der Behandlung und die Kontaktaufnahme mit dem Psychologen in der Aufnahmeeinrichtung, in der der Antragsteller untergebracht ist. Der Zugang zum Psychologen ist kostenlos, und es gibt keine festgelegte Zahl an Gesprächen mit dem Psychologen (jeder Fall wird individuell behandelt). Wenn es erforderlich ist, verweist der Psychologe per Überweisungsschein an einen Psychiater zur weiteren Behandlung.
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Das polnische Amt für Ausländer arbeitet derzeit mit vier Psychologen zusammen (einer davon ist speziell für den Umgang mit Minderjährigen geschult), die Erstgespräche mit Antragstellern durchführen und auch an den Anhörungen teilnehmen. Darüber hinaus gibt es in jeder Aufnahmeeinrichtung Psychologen, die dort Dienst haben und zu denen Antragsteller uneingeschränkten Zugang haben.
31 
Antragsteller können sich sowohl an die Psychologen, mit denen das polnische Amt für Ausländer zusammenarbeitet, als auch an die Psychologen, die für nichtstaatliche Organisationen tätig sind, wenden. Die Informationen zum Zugang zum Psychologen erhalten Antragsteller in den Aufnahmeeinrichtungen, in denen sie untergebracht sind. Nach alledem ist davon auszugehen, dass für psychisch kranke Menschen systemische Mängel im in Polen praktizierten Asylverfahren nicht bestehen (so auch Verwaltungsgericht – VG – Saarland, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 L 961/13).
32 
Dass sich die Gesundheitsfürsorge in den letzten Jahren verbessert hat, ergibt sich aus einem chronologischen Abgleich der Jahresberichte von Amnesty International. Denn letztmals im Jahresbericht 2010 hat sich die Organisation darüber beklagt, dass Flüchtlinge und Asylsuchende sich beim Zugang zu Gesundheitsfürsorge und zum Arbeitsmarkt nach wie vor Schwierigkeiten ausgesetzt sähen. In den Folgejahren findet sich dies nicht mehr.
33 
Hinsichtlich der Aufnahmebedingungen in Polen führt die Bundesregierung in der o.g. Antwort anschließend aus:
34 
Der Bericht der Helsinki-Stiftung „Migration is not a crime“, der sich auf eine Überprüfung der sechs „Guarded Centres for Foreigners“ in Polen, also der sechs geschlossenen/bewachten Ausländereinrichtungen im Herbst 2012 beschränkte, rügt zwar im Einzelnen die Einweisungs- und Versorgungsbedingungen in dieser Art von Einrichtungen, hebt aber auch hervor, dass sie ziemlich unterschiedlich organisiert und ausgestattet sind (siehe Seite 36 des Berichts).
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Weiterhin ergibt sich aus dem Bericht der Helsinki-Stiftung zur Unterbringungssituation u. a., dass die Zentren offiziell für die Unterbringung von Ausländern umgebaut, zum Teil umfänglich renoviert wurden und sich in gutem Zustand befinden. Die umfangreiche Regulierung des Aufenthalts in diesen Unterkünften ist zwar verglichen mit den Verhältnissen in Deutschland erheblich restriktiver, erreicht aber nicht die Qualität einer Inhaftierung. Des Weiteren ist die Möglichkeit, mit der Welt außerhalb des jeweiligen Zentrums in Kontakt zu treten, sichergestellt; gleiches gilt für Besuche von Verwandten und die Möglichkeit, sich an internationale Organisationen zu wenden (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 b 185/13MD). Einem Bericht des U.S. Department of State zufolge hat die polnische Regierung zusätzlich zu den geschlossenen/bewachten Einrichtungen für Ausländer elf offene Zentren für Asyl- suchende initiiert, die sich in den Gebieten Warschau, Bialystok und Lublin befinden und ungefähr 2.000 Personen aufnehmen können.
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Insgesamt ergibt für Polen danach das Bild eines asylverfahrensrechtlichen Regimes und von Aufnahmebedingungen, das den Maßgaben der Genfer Flüchtlingskonvention und des asylrechtlichen System der Europäischen Union in den Grundlinien genügt. Das Refoulement-Verbot wird im Grundsatz eingehalten, es werden geordnete Asylverfahren geführt und in überschaubarer Zeit Entscheidungen getroffen, die Einzelfallentscheidungen darstellen und es werden den Asylbewerbern während des Asylverfahrens im Großen und Ganzen auch ausreichende Lebensgrundlagen (Unterkunft, Verpflegung, medizinische Hilfe) zur Verfügung gestellt. Allerdings gibt es, wie dargestellt, nach wie vor Mängel. Soweit vereinzelte Missstände oder Mängel beschrieben werden, lässt dies nicht den Schluss zu, dass systematisch gegen die Vorschriften der Richtlinie 2003/9/EG (Aufnahmerichtlinie) verstoßen werden würde oder menschenrechtswidrige Aufnahmebedingungen vorherrschten. Legt man die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgeführten Gründe für die Zuständigkeitsregelungen der Dublin II-VO und den sich daraus ergebenden strengen Maßstab an die Qualifizierung als systemische Mängel an, so stellen sich die aufgeführten Mängel im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen in Polen auch in der Summe nicht als systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dar.
37 
Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen somit nicht, insbesondere ist die medizinische und psychologische Versorgung für die Kläger in ausreichendem Maße sichergestellt.
38 
Der Abschiebung stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - anders als sonst in Asylverfahren - ausnahmsweise verpflichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris). Aus den von den Klägern zu 1) und 2) vorgelegten, ihre Kinder betreffenden Attesten ergibt sich insbesondere keine Reiseunfähigkeit.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, § 83b AsylVfG.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger, ein Ehepaar und seine vier Kinder, sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit.
Sie reisten am 23.12.2012 in das Bundesgebiet ein und beantragten am 25.01.2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Bei einer Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 20.02.2013 gaben der Kläger zu Ziff. 1) und die Klägerin zu Ziff. 2) an, sie hätten am 24.10.2012 in Polen einen Asylantrag gestellt. Sie seien dort erkennungsdienstlich behandelt worden und hätten die Adresse von einem Lager erhalten. Sie seien dann aber nicht ins Lager sondern nach Warschau gefahren. Am Bahnhof hätten sie eine tschetschenische Familie kennengelernt, die ihnen angeboten habe, eine Woche bei ihnen zu bleiben. Der Kläger zu Ziff. 1) habe in der Wohnung Renovierungsarbeiten vorgenommen, so seien aus einer Woche zwei Monate geworden. Da ihnen das Geld ausgegangen sei, hätten sie sich entschlossen, nach Deutschland weiterzufahren.
Mit Schreiben vom 29.04.2013 und vom 02.05.2013 erkannten die polnischen Behörden ihre Zuständigkeit für die Behandlung der Asylanträge an.
Mit Bescheid vom 03.06.2013 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanträge als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Polen an.
Am 27.06.2013 haben die Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben, zu deren Begründung sie auf den Gesundheitszustand ihrer Kinder abheben.
Sie beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 03.06.2013 zu verpflichten, ihnen in die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
hilfsweise: zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 S. 2 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
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die Klagen abzuweisen.
11 
Sie ist der Auffassung, einer Rückführung nach Polen stünden keine Gründe entgegen.
12 
Dem Gericht lag die einschlägige Akte des Bundesamtes vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Akte sowie auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn sie ist in der Ladung auf diese Rechtsfolge ihres Ausbleibens hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14 
Die zulässigen Klagen sind in Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet.
15 
Ziffer 1 des angegriffen Bescheids ist rechtmäßig. Denn die Asylanträge sind im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da die polnische Republik gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 für die Behandlung der Asylanträge zu diesem Zeitpunkt noch für die Behandlung der Asylanträge zuständig war.
16 
Auch die Abschiebungsandrohungen im angegriffenen Bescheid sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG, dessen tatbestandliche Voraussetzungen vorliegen.
17 
Auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse können sich die Antragssteller nicht berufen.
18 
Die Regelungen in § 26a, § 27a AsylVfG sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 = NJW 1996, 1665 = DÖV 1996, 647) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Regelungen in Art. 16a GG und im Asylverfahrensgesetzkann der Ausländer, der in den Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden soll, den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat - entgegen seiner sonstigen Praxis - Schutz verweigern. Der Ausländer kann sich auch nicht darauf berufen, ein - niemals völlig auszuschließendes - Fehlverhalten der Behörden im Drittstaat könne in seinem Fall zu einer Weiterschiebung in den Herkunftsstaat führen.Die Bundesrepublik Deutschland hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 oder § 53 AuslG (nunmehr § 60 AufenthG) durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. So kann sich im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EMRK, wonach die Todesstrafe nicht konventionswidrig ist, ein Ausländer gegenüber einer Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat auf das Abschiebungshindernis des § 60 Abs. 3 AufenthG berufen, wenn ihm dort die Todesstrafe drohen sollte. Weiterhin kann er einer Abschiebung in den Drittstaat § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG etwa dann entgegenhalten, wenn er eine erhebliche konkrete Gefahr dafür aufzeigt, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat dort Opfer eines Verbrechens werde, welches zu verhindern nicht in der Macht des Drittstaates steht. Ferner kommt der Fall in Betracht, dass sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG, der sich allerdings nur auf die in Anlage I zum AsylVfG bezeichneten Staaten, nicht jedoch auch auf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften bezieht, hierauf noch aussteht. Nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz für Flüchtlinge durch den Drittstaat sind auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird. Schließlich kann sich - im seltenen Ausnahmefall - aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich - etwa aus Gründen besonderer politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat - von seinen mit dem Beitritt zu den beiden Konventionen eingegangenen und von ihm generell auch eingehaltenen Verpflichtungen löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die ihn begründenden Umstände sich schon im Kontakt zwischen deutschen Behörden und Behörden des Drittstaates ausräumen lassen. Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer freilich nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der soeben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen.
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Auch Gemeinschaftsrecht gebietet es nicht, von einer Überstellung der Kläger nach Polen abzusehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - , InfAuslR 2012, 108 = AuAS 2012, 56 = NVwZ 2012, 417) ist Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Verordnung Nr. 343/2003 zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden. Nach dieser Entscheidung wäre es jedoch auch nicht mit den Zielen und dem System der Verordnung Nr. 343/2003 vereinbar, wenn der geringste Verstoß gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen würde, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Mit der Verordnung Nr. 343/2003 soll nämlich, ausgehend von der Vermutung, dass die Grundrechte des Asylbewerbers in dem normalerweise für die Entscheidung über seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat beachtet werden, eine klare und praktikable Methode eingerichtet werden, mit der rasch bestimmt werden kann, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. Zu diesem Zweck sieht die Verordnung Nr. 343/2003 vor, dass für die Entscheidung über in einem Land der Union gestellte Asylanträge nur ein Mitgliedstaat zuständig ist, der auf der Grundlage objektiver Kriterien bestimmt wird. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Verordnung Nr. 343/2003 genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar.
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Die Kläger sind weder von einem der oben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen noch weist das Asylverfahren in Polen systemische Mängel auf.Durchgreifende Anhaltspunkte für erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen bestehen nach aktueller Rechtsprechung nicht (vgl. etwa: VG Lüneburg, Beschlüsse vom 25.10.2013 – 2 B 48/13 - und 10.10.2013 – 2 B 47/13 -; VG Berlin, Beschluss vom 24.10.2013 – 33 L 450.13 A - ;VG Regensburg vom 16.10.2013 – RN 9 S 13.30520 - ; VG Stade, Beschluss v. 02.10.2013 – 3 B 3029/13 -; VG Kassel, Beschluss v. 27.08.2013 – 9 L 984/13.K.S.A - ; VG Schleswig, Beschluss v. 27.08.2013 – 1 B 43/13 -; VG Osnabrück, Beschluss v. 26.09.2013 – 5 B 133/13 -; VG Hannover, Beschluss v. 30.08.2013 – 1 B 6140/13 - ; VG Oldenburg, Beschluss v. 16.08.2013 - 3 A 5177/13 - ; VG Braunschweig, Beschluss v. 29.07.2013 – 8 B 434/13 - ; VG Saarbrücken, Beschluss vom 24.06.2013 - 6 L 839/13 -;). Nach dieser Rechtsprechung, die das erkennende Gericht teilt, hat Polen die rechtlichen Regelungen des vergemeinschafteten Asyl- und Flüchtlingsrechts der europäischen Union in den wesentlichen Grundzügen in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt (UNHCR, Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees for the Office of the High Commissioner for Human Rights‘ Compilation Report - Universal Periodic Review: Poland, vom November 2011, abrufbar unter www.refword.org).
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Die Entscheidungen in Asylverfahren sollen innerhalb von 6 Monaten getroffen werden; im Schnitt dauert ein Asylverfahren 18 Monate (Dublin Transnational Project, General information on asylum and Dublin in Poland, www.dublin-project.eu/dublin/Poland).Im Jahr 2012 wurden die Asylanträge von 2.435 Asylbewerbern beschieden. In 3,5% der Fälle wurde Flüchtlingsschutz, in 5,7% der Fälle wurde subsidiärer Schutz und in 10,3% der Fälle wurde humanitärer Schutz gewährt (insgesamt 19,5% Schutzgewährungen; zum Vergleich: das Bundesamt hat in 14,9% der Fälle Flüchtlingsschutz gewährt, in 11,9% der Fälle subsidiären Schutz und in 2,4 % der Fälle humanitären Schutz, insgesamt in 29,2% der Fälle Schutzgewährungen; vgl. zu all diesen Zahlen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge , Das Bundesamt in Zahlen 2012, www.bamf.de). Auf Asylbewerber aus der Russischen Föderation entfielen dabei 1072 entschiedene Asylanträge. 41 Asylbewerber aus der Russischen Föderation erhielten einen Flüchtlingsstatus (3,8%,), 104 subsidiären Schutz (9,7%) und 137 humanitären Schutz (12,7%), insgesamt also 26,2% einen Schutzstatus, wohingegen 790 Asylanträge abgelehnt wurden (UDSC, Polish Asylum Procedure, 2012, www.ekiba.de/download/Polish_Asylum_Procedure.pdf; zum Vergleich: das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat im Jahr 2012 in 1.208 Fällen über Asylanträge von Asylsuchenden aus der Russischen Föderation mit einer Schutzquote von 14,4% entschieden; dabei wurde in 0,9 % der Fälle eine Asylanerkennung ausgesprochen, in 10,4 % der Fälle die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und in 3,1 % der Fälle ein Abschiebungsverbot festgestellt ). Insgesamt lässt sich mit den Jahren der Zuwachs ablehnender Entscheidungen feststellen (Gesellschaft für bedrohte Völker , Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen, 2011, S. 8). In diesem Zusammenhang wird eine restriktive Auslegung und Handhabung der Flüchtlingsanerkennung beklagt (Comité Belge d‘Aide aux Refugiés , Polish asylum procedure and refugee status determination, 2011, S. 15 ff., 33). Schwierigkeiten macht der Zugang zur rechtlichen Beratung und Vertretung im Asylverfahren. Ein staatliches System der Rechtshilfe gibt es nicht. Allerdings sind in diesem Feld NGOs tätig, die aber den Bedarf nicht decken können. Dies gilt insbesondere für die Gewahrsamszentren (GfbV, Flüchtlinge in Polen. Mangelnder Schutz an EU-Außengrenze, progrom 2012, Heft 4, S. 41 f.; UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; insgesamt The Jusuit Refugee Service , Protection interrupted. The Dublin regulation’s impact on asylum seekers’ protection, 2013, abrufbar unter www.refworld.org). In diesem Zusammenhang ist auch problematisch, dass die Übersetzung durch qualifizierte Dolmetscher nur unzureichend gewährleistet ist. In vielen Fällen erfolgt eine Übertragung mit Hilfe informeller Kontakte (UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; Helsinki Foundation for Human Rights, Migration Is Not a Crime, 2013, S.19, www.intervencjaprawna.pl/wp.content/uploads/migration-is-not-a-crime.pdf).Insgesamt ist deshalb zur rechtlichen Regelung und der Praxis der Asylverfahren festzustellen, dass grundsätzlich von einem ordnungsgemäßen und nicht übermäßig langen Verfahren gesprochen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass der Einzelfall nicht geprüft wird, gibt es nicht. Insbesondere bei der Information der Asylantragsteller und bei der Ausgestaltung der rechtlichen Beratung gibt es aber Mängel.
22 
Was die Aufnahmebedingungen angeht, werden Asylbewerber in Polen entweder in einem der sog. Aufnahmezentren, in einer der geschlossenen Gewahrsamszentren oder in einem Abschiebezentrum aufgenommen. Dabei erfolgt die Aufnahme regelmäßig in einem der Aufnahmezentren (GfbV, Situation, a.a.O., S. 4). Dort wird den Asylbewerbern die erforderliche Verpflegung zur Verfügung gestellt, außerdem bekommen sie ein kleines Taschengeld und ggf. Reisegeld für erforderliche Fahrten. Kinder können die örtliche Schule besuchen; ihnen steht Schulmaterial kostenlos zur Verfügung (GfbV, Situation, a.a.O., S. 6, JRS, Protection, a.a.O., S. 186). Eine medizinische Basisversorgung war und ist in der Regel gewährleistet. Schwierigkeiten machte in der Vergangenheit allerdings der Zugang zu einer zufriedenstellenden medizinischen Versorgung insbesondere für Kinder und traumatisierte Asylbewerber (GfbV, Situation, a.a.O., S., 5; Huma network, Access to healthcare and living conditions of asylum seekers and undocumented migrants in Cyprus, Malta, Poland and Romania, www.ec.europa.eu/ewsi/UDRW/-imgaes/items/doc_20498_605665099.pdf). Dies hat sich zwischenzeitlich gebessert. Denn nach der aktuelleren Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – BT-Drucksache 17/14713 – gestaltet sich die gesundheitliche Versorgung nunmehr wie folgt:
23 
Im Rahmen der Dublin-Verfahren und in gerichtlichen Eilverfahren vor den Verwaltungsgerichten von russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Volkszugehörigkeit, die über Polen nach Deutschland einreisen, werden sehr häufig gesundheitliche Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen vorgetragen.
24 
Nach aktueller Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen ist die medizinische Versorgung dort für Asylbewerber wie folgt sichergestellt:
25 
Die Behandlung von Asylbewerbern, die eine medizinische Versorgung und eine psychologische Betreuung in Anspruch nehmen müssen, ist in Polen kostenlos und erfolgt grundsätzlich durch qualifiziertes Personal. Die medizinische Versorgung während des Flüchtlingsverfahrens umfasst alle Ausländer (gemäß Artikel 73 des polnischen Flüchtlingsgesetzes), die einen Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt haben und sich bei der Sozialhilfe-Abteilung des Amtes für Ausländer registriert haben, unabhängig von ihrer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen oder außerhalb. Personen im Flüchtlingsverfahren haben den gleichen Anspruch auf den Umfang der medizinischen Versorgung wie polnische Staatsangehörige (ausgeschlossen sind lediglich Kurfahrten). Die medizinische Versorgung von Personen im Flüchtlingsverfahren in Polen koordiniert das Zentrale Krankenhaus des Innenministeriums in Warschau. Die medizinische Versorgung umfasst:
26 
- Durchführung sog. epidemiologische Untersuchungen – alle Ausländer, die zum ersten Mal einen Antrag auf Flüchtlingsschutz stellen, werden in der Aufnahmeeinrichtung in Biala Podlaska oder in Podkowa Lesna-Debak epidemiologisch untersucht. Die Untersuchung beinhaltet die Feststellung, ob der Ausländer an Infektionskrankheiten leidet (darunter Tuberkulose, Hepatitis B und C Typ, HIV, Geschlechtskrankheiten).
- In jeder Aufnahmeeinrichtung in Polen gibt es medizinische Behandlungs- räume, dort stehen Krankenschwestern, ein Arzt und ein Kinderarzt zur Verfügung.
- Kranke Personen, die spezielle Untersuchungen benötigen, werden ans Krankenhaus oder zu speziellen Untersuchungen überwiesen. Die Untersuchungen finden entweder im Zentralen Krankenhaus des Innen- und Verwaltungsministeriums statt oder auch in anderen Krankenhäusern, mit dem das Zentrale Krankenhaus eine Vereinbarung unterschrieben hat.
- Zahnbehandlungen.
- Psychologische Hilfe.
- Rehabilitation.
27 
Nach dem Bericht der Helsinki Foundation for Human Rights (Helsinki-Stiftung) „Migration is not a crime“ aus dem Jahr 2013 erhalten Ausländer schriftlich und mündlich alle erforderlichen Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische Betreuung zu erhalten. In allen Zentren können die Ausländer medizinische Hilfe erhalten, wobei es – wie auch in deutschen Unterkünften – Sprachschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal geben kann. Zudem können sich z. B. Opfer von Übergriffen innerhalb der Unterkünfte an die Polizei wenden.
28 
Behandelbarkeit von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) in Polen
29 
Laut Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen vom April 2013 wird gemäß Artikel 68 des polnischen Flüchtlingsschutzgesetzes vom 13. Mai 2003 jeder Ausländer, der in seinem Antrag auf Flüchtlingsschutz erklärt hat, dass er Opfer von psychischer oder physischer Gewalt ist, vor seiner Anhörung im Flüchtlingsverfahren an einen Psychologen verwiesen. Dieses Gespräch findet im Amt für Ausländer in Warschau statt. Während dieses Gesprächs ist neben dem Psychologen auch ein Dolmetscher anwesend, der ebenso wie der Psychologe vom Budget des Amtes für Ausländer bezahlt wird. Nach diesem Gespräch verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, ob bei dem Antragsteller ein Verdacht auf eine PTBS besteht und ob die Teilnahme eines Psychologen an der Anhörung erforderlich ist. Wenn der Psychologe festgestellt hat, dass seine Anwesenheit bei der Anhörung im Flüchtlingsverfahren erforderlich ist, nimmt er an der Anhörung teil. Er beobachtet das Verhalten und die Reaktionen des Antragstellers, er hat das Recht, Fragen zu stellen, und vom Anhörenden kann er verlangen, von bestimmten Fragen abzusehen. Nach der Anhörung verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, die Bestandteil der Akte im Flüchtlingsverfahren ist, auf die sich der Entscheider im Bescheid berufen muss. Sofern der Psychologe eine PTBS festgestellt hat, informiert er den Antragsteller über die Erforderlichkeit der Behandlung und die Kontaktaufnahme mit dem Psychologen in der Aufnahmeeinrichtung, in der der Antragsteller untergebracht ist. Der Zugang zum Psychologen ist kostenlos, und es gibt keine festgelegte Zahl an Gesprächen mit dem Psychologen (jeder Fall wird individuell behandelt). Wenn es erforderlich ist, verweist der Psychologe per Überweisungsschein an einen Psychiater zur weiteren Behandlung.
30 
Das polnische Amt für Ausländer arbeitet derzeit mit vier Psychologen zusammen (einer davon ist speziell für den Umgang mit Minderjährigen geschult), die Erstgespräche mit Antragstellern durchführen und auch an den Anhörungen teilnehmen. Darüber hinaus gibt es in jeder Aufnahmeeinrichtung Psychologen, die dort Dienst haben und zu denen Antragsteller uneingeschränkten Zugang haben.
31 
Antragsteller können sich sowohl an die Psychologen, mit denen das polnische Amt für Ausländer zusammenarbeitet, als auch an die Psychologen, die für nichtstaatliche Organisationen tätig sind, wenden. Die Informationen zum Zugang zum Psychologen erhalten Antragsteller in den Aufnahmeeinrichtungen, in denen sie untergebracht sind. Nach alledem ist davon auszugehen, dass für psychisch kranke Menschen systemische Mängel im in Polen praktizierten Asylverfahren nicht bestehen (so auch Verwaltungsgericht – VG – Saarland, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 L 961/13).
32 
Dass sich die Gesundheitsfürsorge in den letzten Jahren verbessert hat, ergibt sich aus einem chronologischen Abgleich der Jahresberichte von Amnesty International. Denn letztmals im Jahresbericht 2010 hat sich die Organisation darüber beklagt, dass Flüchtlinge und Asylsuchende sich beim Zugang zu Gesundheitsfürsorge und zum Arbeitsmarkt nach wie vor Schwierigkeiten ausgesetzt sähen. In den Folgejahren findet sich dies nicht mehr.
33 
Hinsichtlich der Aufnahmebedingungen in Polen führt die Bundesregierung in der o.g. Antwort anschließend aus:
34 
Der Bericht der Helsinki-Stiftung „Migration is not a crime“, der sich auf eine Überprüfung der sechs „Guarded Centres for Foreigners“ in Polen, also der sechs geschlossenen/bewachten Ausländereinrichtungen im Herbst 2012 beschränkte, rügt zwar im Einzelnen die Einweisungs- und Versorgungsbedingungen in dieser Art von Einrichtungen, hebt aber auch hervor, dass sie ziemlich unterschiedlich organisiert und ausgestattet sind (siehe Seite 36 des Berichts).
35 
Weiterhin ergibt sich aus dem Bericht der Helsinki-Stiftung zur Unterbringungssituation u. a., dass die Zentren offiziell für die Unterbringung von Ausländern umgebaut, zum Teil umfänglich renoviert wurden und sich in gutem Zustand befinden. Die umfangreiche Regulierung des Aufenthalts in diesen Unterkünften ist zwar verglichen mit den Verhältnissen in Deutschland erheblich restriktiver, erreicht aber nicht die Qualität einer Inhaftierung. Des Weiteren ist die Möglichkeit, mit der Welt außerhalb des jeweiligen Zentrums in Kontakt zu treten, sichergestellt; gleiches gilt für Besuche von Verwandten und die Möglichkeit, sich an internationale Organisationen zu wenden (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 b 185/13MD). Einem Bericht des U.S. Department of State zufolge hat die polnische Regierung zusätzlich zu den geschlossenen/bewachten Einrichtungen für Ausländer elf offene Zentren für Asyl- suchende initiiert, die sich in den Gebieten Warschau, Bialystok und Lublin befinden und ungefähr 2.000 Personen aufnehmen können.
36 
Insgesamt ergibt für Polen danach das Bild eines asylverfahrensrechtlichen Regimes und von Aufnahmebedingungen, das den Maßgaben der Genfer Flüchtlingskonvention und des asylrechtlichen System der Europäischen Union in den Grundlinien genügt. Das Refoulement-Verbot wird im Grundsatz eingehalten, es werden geordnete Asylverfahren geführt und in überschaubarer Zeit Entscheidungen getroffen, die Einzelfallentscheidungen darstellen und es werden den Asylbewerbern während des Asylverfahrens im Großen und Ganzen auch ausreichende Lebensgrundlagen (Unterkunft, Verpflegung, medizinische Hilfe) zur Verfügung gestellt. Allerdings gibt es, wie dargestellt, nach wie vor Mängel. Soweit vereinzelte Missstände oder Mängel beschrieben werden, lässt dies nicht den Schluss zu, dass systematisch gegen die Vorschriften der Richtlinie 2003/9/EG (Aufnahmerichtlinie) verstoßen werden würde oder menschenrechtswidrige Aufnahmebedingungen vorherrschten. Legt man die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgeführten Gründe für die Zuständigkeitsregelungen der Dublin II-VO und den sich daraus ergebenden strengen Maßstab an die Qualifizierung als systemische Mängel an, so stellen sich die aufgeführten Mängel im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen in Polen auch in der Summe nicht als systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dar.
37 
Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen somit nicht, insbesondere ist die medizinische und psychologische Versorgung für die Kläger in ausreichendem Maße sichergestellt.
38 
Der Abschiebung stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - anders als sonst in Asylverfahren - ausnahmsweise verpflichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris). Aus den von den Klägern zu 1) und 2) vorgelegten, ihre Kinder betreffenden Attesten ergibt sich insbesondere keine Reiseunfähigkeit.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, § 83b AsylVfG.

Gründe

 
13 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn sie ist in der Ladung auf diese Rechtsfolge ihres Ausbleibens hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14 
Die zulässigen Klagen sind in Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet.
15 
Ziffer 1 des angegriffen Bescheids ist rechtmäßig. Denn die Asylanträge sind im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da die polnische Republik gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 für die Behandlung der Asylanträge zu diesem Zeitpunkt noch für die Behandlung der Asylanträge zuständig war.
16 
Auch die Abschiebungsandrohungen im angegriffenen Bescheid sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG, dessen tatbestandliche Voraussetzungen vorliegen.
17 
Auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse können sich die Antragssteller nicht berufen.
18 
Die Regelungen in § 26a, § 27a AsylVfG sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 = NJW 1996, 1665 = DÖV 1996, 647) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Regelungen in Art. 16a GG und im Asylverfahrensgesetzkann der Ausländer, der in den Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden soll, den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat - entgegen seiner sonstigen Praxis - Schutz verweigern. Der Ausländer kann sich auch nicht darauf berufen, ein - niemals völlig auszuschließendes - Fehlverhalten der Behörden im Drittstaat könne in seinem Fall zu einer Weiterschiebung in den Herkunftsstaat führen.Die Bundesrepublik Deutschland hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 oder § 53 AuslG (nunmehr § 60 AufenthG) durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. So kann sich im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EMRK, wonach die Todesstrafe nicht konventionswidrig ist, ein Ausländer gegenüber einer Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat auf das Abschiebungshindernis des § 60 Abs. 3 AufenthG berufen, wenn ihm dort die Todesstrafe drohen sollte. Weiterhin kann er einer Abschiebung in den Drittstaat § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG etwa dann entgegenhalten, wenn er eine erhebliche konkrete Gefahr dafür aufzeigt, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat dort Opfer eines Verbrechens werde, welches zu verhindern nicht in der Macht des Drittstaates steht. Ferner kommt der Fall in Betracht, dass sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG, der sich allerdings nur auf die in Anlage I zum AsylVfG bezeichneten Staaten, nicht jedoch auch auf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften bezieht, hierauf noch aussteht. Nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz für Flüchtlinge durch den Drittstaat sind auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird. Schließlich kann sich - im seltenen Ausnahmefall - aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich - etwa aus Gründen besonderer politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat - von seinen mit dem Beitritt zu den beiden Konventionen eingegangenen und von ihm generell auch eingehaltenen Verpflichtungen löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die ihn begründenden Umstände sich schon im Kontakt zwischen deutschen Behörden und Behörden des Drittstaates ausräumen lassen. Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer freilich nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der soeben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen.
19 
Auch Gemeinschaftsrecht gebietet es nicht, von einer Überstellung der Kläger nach Polen abzusehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - , InfAuslR 2012, 108 = AuAS 2012, 56 = NVwZ 2012, 417) ist Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Verordnung Nr. 343/2003 zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden. Nach dieser Entscheidung wäre es jedoch auch nicht mit den Zielen und dem System der Verordnung Nr. 343/2003 vereinbar, wenn der geringste Verstoß gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen würde, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Mit der Verordnung Nr. 343/2003 soll nämlich, ausgehend von der Vermutung, dass die Grundrechte des Asylbewerbers in dem normalerweise für die Entscheidung über seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat beachtet werden, eine klare und praktikable Methode eingerichtet werden, mit der rasch bestimmt werden kann, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. Zu diesem Zweck sieht die Verordnung Nr. 343/2003 vor, dass für die Entscheidung über in einem Land der Union gestellte Asylanträge nur ein Mitgliedstaat zuständig ist, der auf der Grundlage objektiver Kriterien bestimmt wird. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Verordnung Nr. 343/2003 genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar.
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Die Kläger sind weder von einem der oben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen noch weist das Asylverfahren in Polen systemische Mängel auf.Durchgreifende Anhaltspunkte für erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen bestehen nach aktueller Rechtsprechung nicht (vgl. etwa: VG Lüneburg, Beschlüsse vom 25.10.2013 – 2 B 48/13 - und 10.10.2013 – 2 B 47/13 -; VG Berlin, Beschluss vom 24.10.2013 – 33 L 450.13 A - ;VG Regensburg vom 16.10.2013 – RN 9 S 13.30520 - ; VG Stade, Beschluss v. 02.10.2013 – 3 B 3029/13 -; VG Kassel, Beschluss v. 27.08.2013 – 9 L 984/13.K.S.A - ; VG Schleswig, Beschluss v. 27.08.2013 – 1 B 43/13 -; VG Osnabrück, Beschluss v. 26.09.2013 – 5 B 133/13 -; VG Hannover, Beschluss v. 30.08.2013 – 1 B 6140/13 - ; VG Oldenburg, Beschluss v. 16.08.2013 - 3 A 5177/13 - ; VG Braunschweig, Beschluss v. 29.07.2013 – 8 B 434/13 - ; VG Saarbrücken, Beschluss vom 24.06.2013 - 6 L 839/13 -;). Nach dieser Rechtsprechung, die das erkennende Gericht teilt, hat Polen die rechtlichen Regelungen des vergemeinschafteten Asyl- und Flüchtlingsrechts der europäischen Union in den wesentlichen Grundzügen in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt (UNHCR, Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees for the Office of the High Commissioner for Human Rights‘ Compilation Report - Universal Periodic Review: Poland, vom November 2011, abrufbar unter www.refword.org).
21 
Die Entscheidungen in Asylverfahren sollen innerhalb von 6 Monaten getroffen werden; im Schnitt dauert ein Asylverfahren 18 Monate (Dublin Transnational Project, General information on asylum and Dublin in Poland, www.dublin-project.eu/dublin/Poland).Im Jahr 2012 wurden die Asylanträge von 2.435 Asylbewerbern beschieden. In 3,5% der Fälle wurde Flüchtlingsschutz, in 5,7% der Fälle wurde subsidiärer Schutz und in 10,3% der Fälle wurde humanitärer Schutz gewährt (insgesamt 19,5% Schutzgewährungen; zum Vergleich: das Bundesamt hat in 14,9% der Fälle Flüchtlingsschutz gewährt, in 11,9% der Fälle subsidiären Schutz und in 2,4 % der Fälle humanitären Schutz, insgesamt in 29,2% der Fälle Schutzgewährungen; vgl. zu all diesen Zahlen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge , Das Bundesamt in Zahlen 2012, www.bamf.de). Auf Asylbewerber aus der Russischen Föderation entfielen dabei 1072 entschiedene Asylanträge. 41 Asylbewerber aus der Russischen Föderation erhielten einen Flüchtlingsstatus (3,8%,), 104 subsidiären Schutz (9,7%) und 137 humanitären Schutz (12,7%), insgesamt also 26,2% einen Schutzstatus, wohingegen 790 Asylanträge abgelehnt wurden (UDSC, Polish Asylum Procedure, 2012, www.ekiba.de/download/Polish_Asylum_Procedure.pdf; zum Vergleich: das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat im Jahr 2012 in 1.208 Fällen über Asylanträge von Asylsuchenden aus der Russischen Föderation mit einer Schutzquote von 14,4% entschieden; dabei wurde in 0,9 % der Fälle eine Asylanerkennung ausgesprochen, in 10,4 % der Fälle die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und in 3,1 % der Fälle ein Abschiebungsverbot festgestellt ). Insgesamt lässt sich mit den Jahren der Zuwachs ablehnender Entscheidungen feststellen (Gesellschaft für bedrohte Völker , Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen, 2011, S. 8). In diesem Zusammenhang wird eine restriktive Auslegung und Handhabung der Flüchtlingsanerkennung beklagt (Comité Belge d‘Aide aux Refugiés , Polish asylum procedure and refugee status determination, 2011, S. 15 ff., 33). Schwierigkeiten macht der Zugang zur rechtlichen Beratung und Vertretung im Asylverfahren. Ein staatliches System der Rechtshilfe gibt es nicht. Allerdings sind in diesem Feld NGOs tätig, die aber den Bedarf nicht decken können. Dies gilt insbesondere für die Gewahrsamszentren (GfbV, Flüchtlinge in Polen. Mangelnder Schutz an EU-Außengrenze, progrom 2012, Heft 4, S. 41 f.; UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; insgesamt The Jusuit Refugee Service , Protection interrupted. The Dublin regulation’s impact on asylum seekers’ protection, 2013, abrufbar unter www.refworld.org). In diesem Zusammenhang ist auch problematisch, dass die Übersetzung durch qualifizierte Dolmetscher nur unzureichend gewährleistet ist. In vielen Fällen erfolgt eine Übertragung mit Hilfe informeller Kontakte (UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; Helsinki Foundation for Human Rights, Migration Is Not a Crime, 2013, S.19, www.intervencjaprawna.pl/wp.content/uploads/migration-is-not-a-crime.pdf).Insgesamt ist deshalb zur rechtlichen Regelung und der Praxis der Asylverfahren festzustellen, dass grundsätzlich von einem ordnungsgemäßen und nicht übermäßig langen Verfahren gesprochen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass der Einzelfall nicht geprüft wird, gibt es nicht. Insbesondere bei der Information der Asylantragsteller und bei der Ausgestaltung der rechtlichen Beratung gibt es aber Mängel.
22 
Was die Aufnahmebedingungen angeht, werden Asylbewerber in Polen entweder in einem der sog. Aufnahmezentren, in einer der geschlossenen Gewahrsamszentren oder in einem Abschiebezentrum aufgenommen. Dabei erfolgt die Aufnahme regelmäßig in einem der Aufnahmezentren (GfbV, Situation, a.a.O., S. 4). Dort wird den Asylbewerbern die erforderliche Verpflegung zur Verfügung gestellt, außerdem bekommen sie ein kleines Taschengeld und ggf. Reisegeld für erforderliche Fahrten. Kinder können die örtliche Schule besuchen; ihnen steht Schulmaterial kostenlos zur Verfügung (GfbV, Situation, a.a.O., S. 6, JRS, Protection, a.a.O., S. 186). Eine medizinische Basisversorgung war und ist in der Regel gewährleistet. Schwierigkeiten machte in der Vergangenheit allerdings der Zugang zu einer zufriedenstellenden medizinischen Versorgung insbesondere für Kinder und traumatisierte Asylbewerber (GfbV, Situation, a.a.O., S., 5; Huma network, Access to healthcare and living conditions of asylum seekers and undocumented migrants in Cyprus, Malta, Poland and Romania, www.ec.europa.eu/ewsi/UDRW/-imgaes/items/doc_20498_605665099.pdf). Dies hat sich zwischenzeitlich gebessert. Denn nach der aktuelleren Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – BT-Drucksache 17/14713 – gestaltet sich die gesundheitliche Versorgung nunmehr wie folgt:
23 
Im Rahmen der Dublin-Verfahren und in gerichtlichen Eilverfahren vor den Verwaltungsgerichten von russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Volkszugehörigkeit, die über Polen nach Deutschland einreisen, werden sehr häufig gesundheitliche Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen vorgetragen.
24 
Nach aktueller Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen ist die medizinische Versorgung dort für Asylbewerber wie folgt sichergestellt:
25 
Die Behandlung von Asylbewerbern, die eine medizinische Versorgung und eine psychologische Betreuung in Anspruch nehmen müssen, ist in Polen kostenlos und erfolgt grundsätzlich durch qualifiziertes Personal. Die medizinische Versorgung während des Flüchtlingsverfahrens umfasst alle Ausländer (gemäß Artikel 73 des polnischen Flüchtlingsgesetzes), die einen Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt haben und sich bei der Sozialhilfe-Abteilung des Amtes für Ausländer registriert haben, unabhängig von ihrer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen oder außerhalb. Personen im Flüchtlingsverfahren haben den gleichen Anspruch auf den Umfang der medizinischen Versorgung wie polnische Staatsangehörige (ausgeschlossen sind lediglich Kurfahrten). Die medizinische Versorgung von Personen im Flüchtlingsverfahren in Polen koordiniert das Zentrale Krankenhaus des Innenministeriums in Warschau. Die medizinische Versorgung umfasst:
26 
- Durchführung sog. epidemiologische Untersuchungen – alle Ausländer, die zum ersten Mal einen Antrag auf Flüchtlingsschutz stellen, werden in der Aufnahmeeinrichtung in Biala Podlaska oder in Podkowa Lesna-Debak epidemiologisch untersucht. Die Untersuchung beinhaltet die Feststellung, ob der Ausländer an Infektionskrankheiten leidet (darunter Tuberkulose, Hepatitis B und C Typ, HIV, Geschlechtskrankheiten).
- In jeder Aufnahmeeinrichtung in Polen gibt es medizinische Behandlungs- räume, dort stehen Krankenschwestern, ein Arzt und ein Kinderarzt zur Verfügung.
- Kranke Personen, die spezielle Untersuchungen benötigen, werden ans Krankenhaus oder zu speziellen Untersuchungen überwiesen. Die Untersuchungen finden entweder im Zentralen Krankenhaus des Innen- und Verwaltungsministeriums statt oder auch in anderen Krankenhäusern, mit dem das Zentrale Krankenhaus eine Vereinbarung unterschrieben hat.
- Zahnbehandlungen.
- Psychologische Hilfe.
- Rehabilitation.
27 
Nach dem Bericht der Helsinki Foundation for Human Rights (Helsinki-Stiftung) „Migration is not a crime“ aus dem Jahr 2013 erhalten Ausländer schriftlich und mündlich alle erforderlichen Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische Betreuung zu erhalten. In allen Zentren können die Ausländer medizinische Hilfe erhalten, wobei es – wie auch in deutschen Unterkünften – Sprachschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal geben kann. Zudem können sich z. B. Opfer von Übergriffen innerhalb der Unterkünfte an die Polizei wenden.
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Behandelbarkeit von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) in Polen
29 
Laut Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen vom April 2013 wird gemäß Artikel 68 des polnischen Flüchtlingsschutzgesetzes vom 13. Mai 2003 jeder Ausländer, der in seinem Antrag auf Flüchtlingsschutz erklärt hat, dass er Opfer von psychischer oder physischer Gewalt ist, vor seiner Anhörung im Flüchtlingsverfahren an einen Psychologen verwiesen. Dieses Gespräch findet im Amt für Ausländer in Warschau statt. Während dieses Gesprächs ist neben dem Psychologen auch ein Dolmetscher anwesend, der ebenso wie der Psychologe vom Budget des Amtes für Ausländer bezahlt wird. Nach diesem Gespräch verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, ob bei dem Antragsteller ein Verdacht auf eine PTBS besteht und ob die Teilnahme eines Psychologen an der Anhörung erforderlich ist. Wenn der Psychologe festgestellt hat, dass seine Anwesenheit bei der Anhörung im Flüchtlingsverfahren erforderlich ist, nimmt er an der Anhörung teil. Er beobachtet das Verhalten und die Reaktionen des Antragstellers, er hat das Recht, Fragen zu stellen, und vom Anhörenden kann er verlangen, von bestimmten Fragen abzusehen. Nach der Anhörung verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, die Bestandteil der Akte im Flüchtlingsverfahren ist, auf die sich der Entscheider im Bescheid berufen muss. Sofern der Psychologe eine PTBS festgestellt hat, informiert er den Antragsteller über die Erforderlichkeit der Behandlung und die Kontaktaufnahme mit dem Psychologen in der Aufnahmeeinrichtung, in der der Antragsteller untergebracht ist. Der Zugang zum Psychologen ist kostenlos, und es gibt keine festgelegte Zahl an Gesprächen mit dem Psychologen (jeder Fall wird individuell behandelt). Wenn es erforderlich ist, verweist der Psychologe per Überweisungsschein an einen Psychiater zur weiteren Behandlung.
30 
Das polnische Amt für Ausländer arbeitet derzeit mit vier Psychologen zusammen (einer davon ist speziell für den Umgang mit Minderjährigen geschult), die Erstgespräche mit Antragstellern durchführen und auch an den Anhörungen teilnehmen. Darüber hinaus gibt es in jeder Aufnahmeeinrichtung Psychologen, die dort Dienst haben und zu denen Antragsteller uneingeschränkten Zugang haben.
31 
Antragsteller können sich sowohl an die Psychologen, mit denen das polnische Amt für Ausländer zusammenarbeitet, als auch an die Psychologen, die für nichtstaatliche Organisationen tätig sind, wenden. Die Informationen zum Zugang zum Psychologen erhalten Antragsteller in den Aufnahmeeinrichtungen, in denen sie untergebracht sind. Nach alledem ist davon auszugehen, dass für psychisch kranke Menschen systemische Mängel im in Polen praktizierten Asylverfahren nicht bestehen (so auch Verwaltungsgericht – VG – Saarland, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 L 961/13).
32 
Dass sich die Gesundheitsfürsorge in den letzten Jahren verbessert hat, ergibt sich aus einem chronologischen Abgleich der Jahresberichte von Amnesty International. Denn letztmals im Jahresbericht 2010 hat sich die Organisation darüber beklagt, dass Flüchtlinge und Asylsuchende sich beim Zugang zu Gesundheitsfürsorge und zum Arbeitsmarkt nach wie vor Schwierigkeiten ausgesetzt sähen. In den Folgejahren findet sich dies nicht mehr.
33 
Hinsichtlich der Aufnahmebedingungen in Polen führt die Bundesregierung in der o.g. Antwort anschließend aus:
34 
Der Bericht der Helsinki-Stiftung „Migration is not a crime“, der sich auf eine Überprüfung der sechs „Guarded Centres for Foreigners“ in Polen, also der sechs geschlossenen/bewachten Ausländereinrichtungen im Herbst 2012 beschränkte, rügt zwar im Einzelnen die Einweisungs- und Versorgungsbedingungen in dieser Art von Einrichtungen, hebt aber auch hervor, dass sie ziemlich unterschiedlich organisiert und ausgestattet sind (siehe Seite 36 des Berichts).
35 
Weiterhin ergibt sich aus dem Bericht der Helsinki-Stiftung zur Unterbringungssituation u. a., dass die Zentren offiziell für die Unterbringung von Ausländern umgebaut, zum Teil umfänglich renoviert wurden und sich in gutem Zustand befinden. Die umfangreiche Regulierung des Aufenthalts in diesen Unterkünften ist zwar verglichen mit den Verhältnissen in Deutschland erheblich restriktiver, erreicht aber nicht die Qualität einer Inhaftierung. Des Weiteren ist die Möglichkeit, mit der Welt außerhalb des jeweiligen Zentrums in Kontakt zu treten, sichergestellt; gleiches gilt für Besuche von Verwandten und die Möglichkeit, sich an internationale Organisationen zu wenden (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 b 185/13MD). Einem Bericht des U.S. Department of State zufolge hat die polnische Regierung zusätzlich zu den geschlossenen/bewachten Einrichtungen für Ausländer elf offene Zentren für Asyl- suchende initiiert, die sich in den Gebieten Warschau, Bialystok und Lublin befinden und ungefähr 2.000 Personen aufnehmen können.
36 
Insgesamt ergibt für Polen danach das Bild eines asylverfahrensrechtlichen Regimes und von Aufnahmebedingungen, das den Maßgaben der Genfer Flüchtlingskonvention und des asylrechtlichen System der Europäischen Union in den Grundlinien genügt. Das Refoulement-Verbot wird im Grundsatz eingehalten, es werden geordnete Asylverfahren geführt und in überschaubarer Zeit Entscheidungen getroffen, die Einzelfallentscheidungen darstellen und es werden den Asylbewerbern während des Asylverfahrens im Großen und Ganzen auch ausreichende Lebensgrundlagen (Unterkunft, Verpflegung, medizinische Hilfe) zur Verfügung gestellt. Allerdings gibt es, wie dargestellt, nach wie vor Mängel. Soweit vereinzelte Missstände oder Mängel beschrieben werden, lässt dies nicht den Schluss zu, dass systematisch gegen die Vorschriften der Richtlinie 2003/9/EG (Aufnahmerichtlinie) verstoßen werden würde oder menschenrechtswidrige Aufnahmebedingungen vorherrschten. Legt man die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgeführten Gründe für die Zuständigkeitsregelungen der Dublin II-VO und den sich daraus ergebenden strengen Maßstab an die Qualifizierung als systemische Mängel an, so stellen sich die aufgeführten Mängel im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen in Polen auch in der Summe nicht als systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dar.
37 
Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen somit nicht, insbesondere ist die medizinische und psychologische Versorgung für die Kläger in ausreichendem Maße sichergestellt.
38 
Der Abschiebung stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - anders als sonst in Asylverfahren - ausnahmsweise verpflichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris). Aus den von den Klägern zu 1) und 2) vorgelegten, ihre Kinder betreffenden Attesten ergibt sich insbesondere keine Reiseunfähigkeit.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, § 83b AsylVfG.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegnerin vorläufig untersagt werden soll, Abschiebungsmaßnahmen aus dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Januar 2014 sowie aus der Zurückschiebungsverfügung der Bundespolizeiinspektion R. vom 2. Dezember 2013 bzw. Abschiebungsmaßnahmen gegen die Antragstellerin bis zur Entscheidung über diesen Antrag durchzuführen.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die zur Begründung der Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, weil sich aus ihrem Vorbringen nicht ergibt, dass der Antragstellerin der geltend gemachte Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung oder Zurückschiebung zusteht.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin die Vollziehung der Abschiebung aus der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 zu untersagen, bleibt ohne Erfolg. Insoweit ist

die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auf vorläufige Aussetzung der mit Bescheid vom 20. Januar 2014 angeordneten Abschiebung ist allerdings unzulässig. Für den vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG verweist § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG ausdrücklich auf das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist somit gemäß § 123 Abs. 5 VwGO nicht statthaft. Die Antragstellerin kann insoweit im noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO (Az. M 12 S7 14.30364) effektiven Rechtsschutz erlangen. In diesem Verfahren macht die Antragstellerin ebenfalls geltend, dass in ihrer Person sowohl inlandsbezogene als auch zielstaats-bezogene Abschiebungshindernisse vorliegen. Käme das Verwaltungsgericht in diesem Verfahren bei summarischer Prüfung zum Ergebnis, dass die geltend gemachten Abschiebungshindernisse vorlägen, so hätte es die aufschiebende Wirkung der Klage (M 12 K 14.30132) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 anzuordnen, so dass die Abschiebungsanordnung bis zu einer anderweitigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vollziehbar wäre. Damit hätte die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Vollzugsmaßnahmen aus der Abschiebungsanordnung vom 20. Januar 2014 zu unterlassen, vollständig erreicht.

Im Übrigen handelt es sich bei einer Rechtsstreitigkeit über die Entscheidung des Bundesamtes nach § 34a Abs. 1 AsylVfG um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit i. S. d. § 80 AsylVfG, die nicht mit der Beschwerde angefochten werden kann.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, Abschiebungsmaßnahmen aus der Zurückschiebungsverfügung vom 2. Dezember 2013 durchzuführen, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Für eine diesbezügliche einstweilige Anordnung fehlt (wohl schon) das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich die Zurückschiebungsverfügung durch die Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 auf andere Weise erledigt hat (s. § 43 Abs. 2 VwVfG).

Eine Zurückschiebungsanordnung auf der Grundlage von § 57 Abs. 2 Hs. 2 AufenthG stellt einen belastenden anfechtbaren Verwaltungsakt dar (Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum AufenthaltsG, Stand August 2013, § 57 Rn. 17), der durch die Stellung des Antrags auf internationalen Schutz am 13. Januar 2014 und die Entscheidung des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 obsolet geworden ist und sich deshalb dadurch erledigt hat. Rechtsgrundlage für eine mögliche Abschiebung der Antragstellerin nach Ungarn ist damit ausschließlich die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG.

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Zurückschiebungsanordnung noch Rechtswirkungen entfaltet, hätte es die Antragstellerin versäumt, gegen die Zurückschiebungsverfügung als belastenden Verwaltungsakt entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Rechtsmittel einzulegen, so dass die Zurückschiebungsverfügung bestandskräftig geworden wäre. Vorläufigen Rechtsschutz hätte die Antragstellerin im Übrigen auch nur im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zurückschiebungsverfügung erlangen können. Daher stünde auch § 123 Abs. 5 VwGO einem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO entgegen.

Soweit das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 20. Februar 2014 davon ausgegangen sein sollte, dass der Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Abschiebung unabhängig von der asylverfahrensrechtlichen Streitigkeit aus § 34a AsylVfG als (zusätzliche) ausländerrechtliche Streitigkeit auf Erteilung einer Duldung nach § 60a AufenthG zu behandeln sei, hilft auch dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass der auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG gerichtete Eilantrag in einem solchen Fall gegen den Rechtsträger der zuständigen Ausländerbehörde und nicht gegen die Antragsgegnerin zu richten gewesen wäre. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich daher jedenfalls im Ergebnis als zutreffend.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.