Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Juli 2016 - M 7 S 16.50425
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Die Antragsteller, ukrainische Eheleute und ihr am … geborener Sohn …, reisten am
Aufgrund der bei den Antragstellern gefundenen Einreisevisa für Polen, ausgestellt am
Mit Bescheid vom
Gegen den am
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom
Zur Begründung wurde unter Heranziehung von Rechtsprechung und Berichten vorgetragen, dass das Asylverfahren in Polen an systemischen Mängeln leide, ferner hätte das Bundesamt im Rahmen der Familienzusammenführung berücksichtigen müssen, dass der Sohn … in Deutschland ebenfalls ein Asylverfahren betreibe.
Mit Schreiben vom
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Entfaltet ein Rechtsbehelf wie hier von Gesetzes wegen (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylVfG) keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, wenn auch nicht das alleinige Indiz für und gegen die Begründetheit des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens sind.
Vorliegend überwiegt das öffentliche Interesse an der Vollziehung der Anordnung gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragsteller. Denn nach der gebotenen summarischen Prüfung auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ist davon auszugehen, dass die Antragsteller durch die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung nach Polen nicht in subjektiven Rechten verletzt werden.
Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylVfG ist in diesen Fällen der Asylantrag als unzulässig abzulehnen.
Nach den Regelungen der vorliegend anzuwendenden Dublin-III-Verordnung (vgl. Art. 49 Unterabs. 2 Satz 1 der VO (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Die Zuständigkeit Polens ergibt sich aus Art. 12 Abs. 2 und Abs. 4 Unterabs. 1 Dublin-III-VO. Nach diesen einschlägigen Normen zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats gilt, dass für die Prüfung des Asylantrags eines Antragstellers mit gültigem Visum der Mitgliedstaat zuständig ist, der das Visum erteilt hat. Besitzt der Asylbewerber ein Visum, das seit weniger als sechs Monaten abgelaufen ist, aufgrund dessen er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so bleibt der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Asylantrags zuständig, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat (Art. 12 Abs. 4 Unterabs. 1 i. V. m. Abs. 2 Dublin III-VO). So liegt der Fall hier.
Die Antragsgegnerin ist auch nicht nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig geworden, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gäbe, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in Polen systemische Schwachstellen aufwiesen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen würden.
Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. Es gilt grundsätzlich die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden. Allerdings hat nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat zur Folge, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert ist, den Antragsteller an diesen Mitgliedstaat zu überstellen. Nur wenn ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigenden Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (vgl. EUGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 75, 80, 82, 85 und 86). Diese vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätze sind nunmehr auch ausdrücklich in die Dublin-Verordnung aufgenommen worden. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asyl-bewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 9).
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der bislang ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. aus der Vielzahl einschlägiger Entscheidungen nur OVG Lüneburg, B.v. 1.4.2014 - 13 LA 22/1 - juris; VG München, B.v. 15. 12.2014 - M 11 S 14.50690 - juris; VG Ansbach, B.v. 11.1.2016 - AN 14 S 15.50496 - juris; VG Karlsruhe, U.v. 29.10.2013 - A 1 K 1565/13 - juris, das sich mit dem von den Antragstellern zitierten Bericht „Migration is not a crime“ der Helsinki Foundation for Human Rights vom 29.8.2013 auseinandersetzt; VG Gelsenkirchen, U.v.
Soweit der Bevollmächtigte der Antragsteller vorträgt, das Bundesamt hätte im Rahmen der Familienzusammenführung berücksichtigen müssen, dass der Sohn … in Deutschland ein Asylverfahren betreibe, ist dem nicht zu folgen. In Art. 7 ff Dublin-III-VO sind Kriterien zur Bestimmung des … Mitgliedstaats unter Berücksichtigung von familiären Belangen aufgestellt. Der Sohn … ist volljährig (geb. …), so dass der in der Dublin-III-VO enthaltene Minderjährigenschutz nicht greift. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 9 und 10 Dublin-III-VO oder nach Art. 11 Dublin-III-VO zur Durchführung eines Familienverfahrens liegen nicht vor. Die Anwendung der Zuständigkeitsbestimmungen der zitierten Artikel der Dublin-III-VO ist auf Familienangehörige im Sinne von Art. 2 lit. g Dublin-III-VO beschränkt und sie schließen erwachsene Kinder nicht mit ein.
Die Abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. Gem. § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor. Es bestehen weder zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote hinsichtlich Polens noch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bzw. Duldungsgründe, die im Rahmen des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG vom Bundesamt zu prüfen sind (BayVGH, B. v. 12. März 2014 - 10 CE 14.427- juris Ls).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Juli 2016 - M 7 S 16.50425
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Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Juli 2016 - M 7 S 16.50425 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist ukrainischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben über Polen mit einem polnischen Visum, gültig bis
Der Bevollmächtigte des Antragstellers beantragte mit Schreiben vom
Am
Mit Bescheid vom ... November 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung nach Polen an (Nr. 2 des Bescheids). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Asylantrag sei gem. § 27 a AsylVfG unzulässig, da Polen aufgrund des erteilten Visums gem. Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO seien nicht ersichtlich. Die Überstellung nach Polen sei innerhalb der in Art. 29 Abs. 1 bzw. 2 Dublin-III-VO festgesetzten Fristen durchzuführen. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34 a Abs. 1 S. 1 AsylVfG.
Am
Mit Telefax vom 27. November 2014 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamtes vom ... November 2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Asylverfahren durchzuführen (Klageverfahren M 11 K 14.50689). Gleichzeitig beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers im vorliegenden Eilverfahren,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung anzuordnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestünde ein inländisches Vollstreckungshindernis. Der Antragsteller sei reiseunfähig. Er leide an einer schweren depressiven Periode und einer posttraumatischen Belastungsstörung mit beachtlicher Suizidgefahr, die im Falle einer Abschiebung akut werde. Eine fachärztliche Stellungnahme werde nachgereicht. Das Gericht werde ersucht, hierfür eine Frist von nicht weniger als zwei Wochen zu gewähren.
Mit Schreiben vom
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids anzuordnen, bleibt ohne Erfolg. Der Antrag ist zulässig, insbesondere rechtzeitig binnen Wochenfrist gestellt (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG), jedoch nicht begründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem sich aus § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung; nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylVfG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Trier, B.v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR - juris; VG Göttingen, B. v. 9.12.2013 - 2 B 869/13 - juris, Rn. 16). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Nach der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Klage nach derzeitiger Einschätzung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG kommt es für den vorliegenden Beschluss im Eilverfahren, der ohne mündliche Verhandlung ergeht, maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung an.
Die Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsanordnung ist zulässig, insbesondere innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 74 Abs. 2 AsylVfG erhoben worden, aber aller Voraussicht nach unbegründet, da die Abschiebungsanordnung nach Polen nicht zu beanstanden ist.
Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 AsylVfG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
Im vorliegenden Fall ist gem. Art. 12 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Nach Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO ist, wenn der Antragsteller ein gültiges Visum besitzt, der Mitgliedsstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Dies gilt gem. Art. 12 Abs. 4 Satz 1 Dublin-III-VO auch dann, wenn das Visum, aufgrund dessen der Antragsteller in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, seit weniger als sechs Monaten abgelaufen ist, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten nicht verlassen hat. Der Regelung des Art. 12 Dublin-III-VO liegt das Verursacherprinzip zugrunde, wonach derjenige Staat, der durch die Erteilung von Aufenthaltstitel oder Visum eine Ursache für die Einreise des Schutzsuchenden gesetzt hat, auch für die Durchführung des Verfahrens zur Gewährung von internationalem Schutz zuständig ist.
Polen hat in Beantwortung des Aufnahmegesuchs des Bundesamts mit Schreiben vom
Die Antragsgegnerin war auch nicht nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO wegen systemischer Mängel im Aufnahmestaat gehalten, die Prüfung der in Kapitel III der Dublin-III-VO vorgesehenen Kriterien fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Es sind keine wesentlichen Gründe für die Annahme ersichtlich, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in Polen systemische Schwachstellen aufweisen würden, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikel 4 der EU-Grundrechtscharta (GRCh) mit sich brächten.
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der bislang ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. die umfangreichen Nachweise im angefochtenen Bescheid) ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass die Antragsteller in Polen aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. VG Bremen, B. v. 4.3.2014 - 1 V 220/14
Asylbewerber werden über den Ablauf des Asylverfahrens informiert und erhalten Unterkunft, Verpflegung, medizinische und psychologische Betreuung (siehe auch Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Wiesbaden
Asylbewerber haben in gleichem Umfang Anspruch auf - kostenlose - medizinische Versorgung wie polnische Staatsangehörige, wozu auch die psychologische Betreuung gehört (vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 25.9.2013, BT-Drs. 17/14795 S. 6f.). Damit sind in Polen auch posttraumatische Belastungsstörungen, an denen der Antragsteller leiden soll, behandelbar.
Der Abschiebung der Antragsteller stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG verpflichtet ist (vgl. BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris).
Eine Reiseunfähigkeit liegt dabei nur vor, wenn sich der Gesundheitszustand unmittelbar durch die Reise selbst oder als unmittelbare Folge hiervon voraussichtlich wesentlich verschlechtern würde (BayVGH, B. v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris RdNr. 6).
Die Reiseunfähigkeit wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung und Suizidgefahr wurde erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgetragen, aber nicht glaubhaft gemacht. Ein ärztliches Attest wurde trotz Ankündigung nicht vorgelegt.
Sollte die Suizidgefährdung konkret belegt werden, wäre die Abschiebung nach amtsärztlicher Abklärung ggf. unter (fach-) ärztlicher Aufsicht durchzuführen.
Der Antragsteller hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO wird abgelehnt.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Antragsverfahren unter Beiordnung der Rechtsanwältin ..., wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind ukrainischer Staatsangehörige und reisten eigenen Angaben zufolge am
Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) - polnische Visa - lagen Anhaltspunkte vor für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO).
Die Antragsgegnerin richtete am
Mit Bescheid vom
Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach
Im Wesentlichen berufen sich die Antragsteller auf die gesundheitliche Situation des Antragstellers zu 1). Hierzu wird ein ärztliches Attest vom 29. Oktober 2015 des Facharztes für Allgemeinmedizin, ..., vorgelegt, woraus sich ergibt, dass bei dem Antragsteller zu 1) eine posttraumatische Belastungsstörung nicht ausgeschlossen werden könne. Eine Therapie mit ... und ... sei eingeleitet worden. Daneben sei der Patient auf eine psychotherapeutische Betreuung angewiesen. Der Antragsteller zu 1) sei weiterhin reiseunfähig. Eine Abschiebung aus dem Lande könne eine Verschlechterung des Krankheitszustandes hervorrufen und würde aus medizinischer Sicht nicht für vertretbar gehalten werden.
Ergänzend wird mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom
Die Antragsteller stellen zudem den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der unterfertigten Rechtsanwältin ...
Die Antragsteller legen mit Schriftsatz vom
Mit weiterem Schreiben vom
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach
Die Antragsgegnerin beantragte,
den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung trägt die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 11. November 2015 vor, dass das Attest vom 29. Oktober 2015 von einem Allgemeinpraktiker, wenn auch insoweit Facharzt, erstellt worden sei. Im Hinblick auf die starken angeblichen Bezüge zu psychischen Problemen könnten Zweifel an der Aussagekraft laut werden. Insbesondere stehe erkennbar noch kein Rückführungsdatum fest bei längerer Restfrist.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hat keinen Erfolg. Die Sachlage hat sich nicht zugunsten der Antragsteller geändert.
Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 und Satz 2 VwGO kann das Gericht in der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben; jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient der Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab für die Entscheidung ist, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (vgl. BVerwG, B. v. 25.8.2008 - 2 VR 1/08 - juris; VGH BW, B. v. 16.12.2001 - 13 S 1824/01 - juris; OVG NRW, B. v. 7.2.2012 - 18 B 14/12 - juris).
Das Vorbringen der Antragsteller ist nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesamtes, die Antragsteller im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Polen zu überstellen, in Zweifel zu ziehen und eine Änderung des Beschlusses des VG Ansbach
Nach der Rechtsprechung der Kammer und der meisten anderen Verwaltungsgerichte bestehen derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte für entsprechende „systemische Mängel“ bei der Behandlung von Asylbewerbern in Polen, (vgl. aus der Vielzahl einschlägiger Entscheidungen nur VG Düsseldorf, Beschlüsse
Die aktuell vorliegenden Erkenntnisse über die Situation von Asylbewerbern in Polen belegen insgesamt, dass die Aufnahmebedingungen in Polen im Allgemeinen den grund- und menschenrechtlichen Standards genügen. Dies gilt auch hinsichtlich der medizinischen Versorgung. So wird etwa in der von der Association for Legal Intervention und von der Helsinki Foundation for Human Rights im Jahre 2013 publizierten Studie „Migration Is Not a Crime - Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners“ ausgeführt, dass in den polnischen Aufnahmeeinrichtungen die regelmäßige Anwesenheit eines Arztes sichergestellt ist und dass bei gesundheitlichen Problemen, die eine fachärztliche Behandlung notwendig machen, auch das Aufsuchen eines Facharztes außerhalb der Einrichtung gewährleistet wird (Seite 23 ff. der Stu-die). Auch dem „National Country Report: Poland“ von 2013 der vom Europäischen Flüchtlings-rat getragenen „aida“-Datenbank ist zu entnehmen, dass eine kostenlose medizinische Versorgung Asylsuchender grundsätzlich gewährleistet ist (dort Seite 38 f.). Dass die medizinische Versorgung nicht in allen Aufnahmeeinrichtungen von gleicher Qualität ist und es im Einzelfall Schwierigkeiten bei der zeitnahen fachärztlichen Versorgung geben kann, führt nicht dazu, dass „systemische Bedenken“ anzunehmen wären. Die in beiden Studien hervorgehobenen Probleme bei der sprachlichen Verständigung zwischen Ärzten und Asylbewerbern dürften in Deutschland in ähnlicher Weise bestehen. Den in den genannten Quellen niedergelegten Erkenntnissen entsprechen schließlich auch die Angaben in der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Wiesbaden
Der Abschiebung stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen. Die von dem Antragsteller zu 1) geltend gemachte Reiseunfähigkeit vermag das Gericht weder in dem Sachvortrag noch in den beigefügten ärztlichen Schreiben bzw. Attesten zu erkennen. Aus der beigefügten ärztlichen Stellungnahme der Gemeinschaftspraxis Dr. med. ... und Dr. med. ... vom 3. November 2015 ergibt sich, dass hinsichtlich der ausgeprägten Angstsymptomatik der Antragsteller zu 1) Medikamente einzunehmen habe. Das EEG war unauffällig und eine Suizidgefahr konnte zudem ausgeschlossen werden. Eine weitere psychiatrische Weiterbehandlung sei laut den Ärzten dringend erforderlich. Diese kann nach Auffassung des Gerichts und mit den oben angeführten Hinweisen zu den einzelnen medizinischen Versorgungsmöglichkeiten in Polen dort durchgeführt werden. Es liegen auch dem Gericht keinerlei Hinweise dahingehend vor, dass die einzunehmenden Medikamente nicht auch in Polen erhältlich wären. Als Asylbewerber stehen dem Antragsteller zu 1) bei Bedarf insbesondere auch Fachärzte zur Verfügung. In der ärztlichen Stellungnahme der Gemeinschaftspraxis vom 3. November 2015 ergeben sich darüber hinaus keinerlei Hinweise zu einer möglichen Reise- bzw. Transportunfähigkeit des Antragstellers zu 1).
Lediglich in den beiden gleich lautenden ärztlichen Attesten des Facharztes für Allgemeinmedizin, ..., vom 29. Oktober 2015 bzw. vom 26. November 2015 findet sich pauschal der Hinweis ohne nähere Begründung, dass der Antragsteller zu 1) „weiterhin reiseunfähig“ sei.
Eine Reiseunfähigkeit ist nur dann anzunehmen, wenn sich der Gesundheitszustand der Asylbewerberin unmittelbar durch die Ausreise oder als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich oder lebensbedrohlich verschlechtern würde. Dafür liegen mangels konkreter Angaben in den ärztlichen Attesten des Facharztes für Allgemeinmedizin keine näheren Anhaltspunkte vor. Es wurde weder vorgetragen, welche konkrete Therapie bei dem Antragsteller bevorsteht noch um welche medizinische Versorgung es sich handelt, die nicht gleichermaßen auch in Polen medizinisch behandelbar wäre. Die Einnahme der Medikamente als medikamentöse Therapie ist - wie oben bereits dargestellt - ohne weiteres auch in Polen möglich.
Seitens der Antragsteller wurde darüber hinaus nicht vorgetragen, dass der Antragsteller zu 1) die vom Facharzt ... sowie seitens der Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie, Dr. med. ..., vorgeschlagene psychotherapeutische Betreuung bzw. Weiterbehandlung bereits angefangen bzw. wahrgenommen hat.
Von einer Reise- bzw. Transportunfähigkeit des Antragstellers zu 1) ist daher nach Überzeugung der Einzelrichterin nicht auszugehen.
Aufgrund dessen ist keine Änderung zugunsten der Antragsteller hierin zu erkennen.
Mangels Erfolgsaussichten des vorliegenden Antragsverfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO ist auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin..., abzulehnen, § 166 VwGO, § 114 ZPO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 8. September 1964 geborene Kläger zu 1. und die am 12. Januar 1965 geborene Klägerin zu 2. sind georgische Staatsangehörige christlich-orthodoxen Glaubens. Sie sind miteinander verheiratet und haben zwei Kinder.
3Im September 2013 verließen die Kläger nach eigenen Angaben Georgien und reisten nach Polen ein. Dort stellten sie ausweislich der EURODAC-Datenbank am 6. September 2013 einen Asylantrag. Am 5. März 2014 reisten die Kläger in die Bundesrepublik ein und stellten hier am 14. März 2014 einen weiteren Asylantrag.
4Bei der – auf die Frage der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats beschränkten – Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 14. März 2014 gaben die Kläger an, sie hätten bereits in Polen Asyl beantragt. Sie wollten nicht, dass ihr Antrag in einem anderen Staat als Deutschland geprüft werde. In Polen habe man ihnen keine Aufmerksamkeit geschenkt und ihnen trotz der Erkrankungen des Klägers zu 1. keine medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt.
5Am 28. Mai 2014 wandte die Beklagte sich an die polnischen Behörden und ersuchte um die Übernahme der Kläger auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 („Dublin III“). Mit Schreiben vom 30. Mai 2014 stimmte die Ausländerbehörde der Republik Polen – Abteilung für Flüchtlingsverfahren – der Rücküberstellung zu.
6Mit Bescheid vom 10. Juli 2014 lehnte die Beklagte den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Polen an. Zur Begründung wies die Beklagte auf die Regelungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 hin, aufgrund derer Polen für das Asylverfahren zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die Veranlassung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts geben könnten, seien nicht erkennbar. Der Bescheid wurde den Klägern am 13. August 2014 zugestellt.
7Am 18. August 2014 haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führen sie aus: Der Kläger zu 1. leide an Hepatitis C, die Klägerin zu 2. an einer Anämie unklarer Genese. Diese Krankheiten seien während ihres Aufenthalts in Polen festgestellt worden; eine Behandlung habe aber – trotz mehrfacher Nachfrage – nicht stattgefunden. Daher seien sie in die Bundesrepublik weitergereist. Es lägen systemische Mängel des Asylverfahrens in Polen vor; die dortigen Bedingungen genügten nicht dem europaweit vereinbarten Mindeststandard.
8Die Kläger beantragen (schriftsätzlich),
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Juli 2014 zu verpflichten, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen, ein Asylverfahren durchzuführen, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Flüchtlingseigenschaft aus § 3 bis 3e AsylvfG vorliegt,hilfsweise, die subsidiäre Schutzberechtigung aus § 4 AsylVfG und § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen.
10Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
11die Klage abzuweisen.
12Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid.
13Die Kammer hat einen Antrag der Kläger auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 18. August 2014 (6a L 1234/14.A) abgelehnt.
14Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2015 hat das Bundesamt mitgeteilt, dass die Kläger sich der beabsichtigten Überstellung durch Untertauchen entzogen hätten.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Das Gericht kann gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) trotz des Ausbleibens der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden sind.
18Die Klage ist sowohl unzulässig als auch unbegründet.
19Die Klage ist unzulässig, weil ein Rechtsschutzbedürfnis der Kläger nicht festgestellt werden kann. Das geltend gemachte Klagebegehren setzt voraus, dass die Kläger am Fort- und Ausgang ihres Verfahrens ernsthaft interessiert sind. Dieses Interesse haben die Kläger offensichtlich nicht (mehr). Ihr Aufenthaltsort ist unbekannt. Eine aktuelle ladungsfähige Anschrift haben sie nicht, auch nicht bei ihren Bevollmächtigten, hinterlassen. Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift dient dem Zweck, den Kläger zu individualisieren und dessen Erreichbarkeit für das Gericht sicherzustellen. § 10 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) sieht daher ausdrücklich vor, dass der Asylbewerber für die angerufenen Gerichte stets erreichbar sein muss und er jeden Wechsel seiner Anschrift mitzuteilen hat. Kommt der Asylbewerber dieser Pflicht nicht nach, deutet dies regelmäßig darauf hin, dass er am Fortgang seines Verfahrens nicht interessiert ist.
20Vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 6. August 1996 - 9 C 169.95 -, BVerwGE 101, 323; OVG NRW, Urteil vom 17. März 1998 - 18 A 4002/96 - und Beschluss vom 1. Februar 2002 - 21 A 1550/01.A -; BayVGH, Beschluss vom 10. September 2001 - 21 B 00.31685 -; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30. Mai 2007 - 2 M 153/07 -, alle bei juris veröffentlicht.
21Die Kammer hat die Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Verfügungen vom 8. Januar 2015 und vom 13. Januar 2015 aufgefordert, eine aktuelle Anschrift der Kläger mitzuteilen. Die Prozessbevollmächtigten haben indessen unter dem 13. Januar 2015 und unter dem 3. Februar 2015 mitgeteilt, dass kein Kontakt mehr zu den Klägern bestehe und deren Aufenthaltsort auch ihnen – den Prozessbevollmächtigten – unbekannt sei.
22Die Klage wäre zudem mit den gestellten Anträgen, soweit sie über die Aufhebung des Bescheides vom 10. Juli 2014 hinausgehen, auch deshalb unzulässig, weil nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer nur die (isolierte) Aufhebung des Bescheides gemäß § 34a AsylVfG zulässiges Klageziel ist. Im Falle der Aufhebung ist zunächst das Bundesamt zur Durchführung des Asylverfahrens verpflichtet. Ein „Durchentscheiden“ des Gerichts kommt in derartigen Fällen nicht in Betracht.
23Die Klage ist im Übrigen auch unbegründet.
24Der Bescheid des Bundesamtes vom 10. Juli 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Das Bundesamt hat den Asylantrag der Kläger zu Recht als unzulässig abgelehnt. Die Kammer hat dazu in ihrem Beschluss vom 26. August 2014 (6a L 1234/14.A) betreffend das Eilverfahren der Kläger ausgeführt:
25„Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
26Vorliegend ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, vom 26. Juni 2013 (sog. „Dublin III-Verordnung“) die Republik Polen der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Da die Antragsteller nach eigenen Angaben und ausweislich der EURODAC-Datenbank in Polen den ersten Asylantrag gestellt haben und aus Polen in das Bundesgebiet eingereist sind, ist gemäß Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 7 Abs. 1 und Art. 13 der VO (EU) Nr. 604/2013 dieser Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig und hat gemäß Art. 18 der VO (EU) Nr. 604/2013 die Antragsteller wieder aufzunehmen. Diese Verpflichtung hat die Republik Polen mit Schreiben an das Bundesamt vom 30. Mai 2014 auch anerkannt. Die Antragsteller haben keine Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten.
27Die Antragsgegnerin ist auch nicht etwa gemäß Art. 3 Abs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013 verpflichtet, den Antrag selbst zu prüfen, weil Flüchtlingen in Polen in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt würde. Auszugehen ist insoweit von der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Diese Vermutung ist nur widerlegt, wenn „systemische Schwachstellen“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestehen, also Defizite, die im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus.
28Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, NVwZ 2014, 1039 f., unter Bezugnahme (insbesondere) auf EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 -, NVwZ 2012, 417.
29Nach der Rechtsprechung der Kammer und der meisten anderen Verwaltungsgerichte bestehen derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte für entsprechende „systemische Mängel“ bei der Behandlung von Asylbewerbern in Polen.
30Vgl. (aus der Vielzahl einschlägiger Entscheidungen) nur VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 6. August 2013 - 17 L 1406/13.A - und vom 19. November 2013 - 25 L 2154/13.A -; VG Köln, Gerichtsbescheid vom 27. März 2014 - 1 K 8004/13.A -, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 1. April 2014 - 13 LA 22/14 -, juris, jeweils mit weiteren Nachweisen.
31Die aktuell vorliegenden Erkenntnisse über die Situation von Asylbewerbern in Polen belegen insgesamt, dass die Aufnahmebedingungen in Polen im Allgemeinen den grund- und menschenrechtlichen Standards genügen. Dies gilt auch hinsichtlich der medizinischen Versorgung. So wird etwa in der von der Association for Legal Intervention und von der Helsinki Foundation for Human Rights im Jahre 2013 publizierten Studie “Migration Is Not a Crime - Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners“ ausgeführt, dass in den polnischen Aufnahmeeinrichtungen die regelmäßige Anwesenheit eines Arztes sichergestellt ist und dass bei gesundheitlichen Problemen, die eine fachärztliche Versorgung notwendig machen, auch das Aufsuchen eines Facharztes außerhalb der Einrichtung gewährleistet wird (Seite 23 ff. der Studie). Auch dem „National Country Report: Poland“ von 2013 der vom Europäischen Flüchtlingsrat getragenen „aida“-Datenbank ist zu entnehmen, dass eine kostenlose medizinische Versorgung Asylsuchender grundsätzlich gewährleistet ist (dort Seite 38 f.). Dass die medizinische Versorgung nicht in allen Aufnahmeeinrichtungen von gleicher Qualität ist und es im Einzelfall Schwierigkeiten bei der zeitnahen fachärztlichen Versorgung geben kann, führt nicht dazu, dass „systemische Bedenken“ im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung anzunehmen wären. Die in beiden Studien hervorgehobenen Probleme bei der sprachlichen Verständigung zwischen Ärzten und Asylbewerbern dürften in Deutschland in ähnlicher Weise bestehen. Den in den genannten Quellen niedergelegten Erkenntnissen entsprechen schließlich auch die Angaben in der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 6. Dezember 2013 betreffend die Rücküberstellung nach Polen im Rahmen des Dublin II-Verfahrens und in der Antwort der Bundesregierung vom 25. September 2013 auf eine Kleine Anfrage mehrerer Bundestagsabgeordneter zur asylrelevanten Lage in Tschetschenien, die sich auf den Seiten 5 ff. mit der Behandlung von Asylbewerbern in Polen, namentlich mit deren medizinischer Behandlung, befasst (Bundestags-Drucksache 17/14795).
32Soweit die Antragsteller sich auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 26. April 2013 (8 E 20075/13 Me) beziehen, ist festzustellen, dass die Frage systemischer Mängel in Bezug auf das polnische Asylsystem in diesem Beschluss lediglich als „offen“ bezeichnet worden ist. Auch das Verwaltungsgericht Meiningen hat sich im Übrigen zur Begründung in erster Linie auf die oben erwähnte Studie „Migration is not a crime“ der Helsinki Foundation berufen, also offenbar nicht über andere Anhaltspunkte für systemische Schwachstellen verfügt.
33Hinsichtlich des von den Antragstellern angeführten Beschlusses des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 10. September 2013 (5 L 652/13.WI.A), in dem die aufschiebende Wirkung einer entsprechenden Klage wegen der Notwendigkeit der näheren Beschäftigung mit der Frage der systemischen Mängel angeordnet worden ist, ist festzustellen, dass die betreffende Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden inzwischen im zugehörigen Hauptsacheverfahren – nach Einholung der oben angeführten Auskunft des Auswärtigen Amtes – die Klage mit der Begründung abgewiesen hat, systemische Mängel seien nicht festzustellen.
34Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Februar 2014 - 5 K 651/13.WI.A -, juris.
35Sonstige Umstände, aufgrund derer die Antragsgegnerin zu Gunsten der Antragsteller ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 der VO (EU) Nr. 604/2013 hätte ausüben müssen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.“
36An diesen Überlegungen hält die Kammer nach nochmaliger Überprüfung fest.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Tatbestand
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Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.
Gründe
die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.