Verwaltungsgericht München Urteil, 27. Mai 2014 - 5 K 13.2058
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die am ... Mai 1973 geborene Klägerin steht als Beamtin auf Lebenszeit im Amt einer Polizeihauptmeisterin (Besoldungsgruppe A 9) in Diensten des Beklagten.
In der periodischen dienstlichen Beurteilung vom ... Juni 2011 (Beurteilungszeitraum ...6.2008 bis ...5.2011) wurde die Klägerin mit dem Gesamtergebnis von neun Punkten beurteilt. Diese Beurteilung wurde ihr am ... Juli 2011 eröffnet.
Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2013, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,
die dienstliche Beurteilung für die Klägerin vom ... Juni 2011 für den Beurteilungszeitraum ... Juni 2008 bis ... Mai 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin für die Zeit vom ... Juni 2008 bis ... Mai 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen sowie den Beklagten zu verurteilen, mit der periodischen Beurteilung für den Zeitraum ... Juni 2008 bis ... Mai 2011 über die Eignung der Klägerin für die modulare Qualifizierung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Es fehle eine Plausibilisierung der Bewertungen der dienstlichen Beurteilung sowie der Bewertung für die nicht zuerkannte modulare Qualifizierung. Das Klagerecht gegen die dienstliche Beurteilung sei auch nicht verwirkt. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim lege bei dienstlichen Beurteilungen grundsätzlich eine dreijährige Frist zugrunde, bevor von Verwirkung ausgegangen werden könne. Die Klägerin habe auch gegenüber ihren Vorgesetzten durchgängig angegeben, sie werde rechtlich gegen diese Beurteilung vorgehen, in der sie sich gegenüber der vorangegangenen um zwei Punkte verschlechtert habe.
Das Polizeipräsidium München hat für den Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin habe durch die längere Untätigkeit nach Eröffnung der dienstlichen Beurteilung das Klagerecht verwirkt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie die Niederschrift vom 27. Mai 2014 verwiesen.
Gründe
Die Klage ist abzuweisen, da sie unzulässig ist.
1. Die Klägerin hat das Recht auf gerichtliche Überprüfung der Beurteilung vom ... Juni 2011 verwirkt.
a) Die Verwirkung ist ein Hauptanwendungsfall des „venire contra factum proprium“. Sie bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches/BGB analog) erscheinen lassen. Das ist namentlich der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt würde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BayVGH, U. v. 7.8.2001 - 8 A 01.40004 - VGHE 54, 130 m. w. N. - juris Rn. 21). Die Verwirkung sowohl eines materiellen Rechts als auch des prozessualen Klagerechts kann im Beamtenrecht eintreten, wenn der anspruchstellende Beamte während eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Rechtswahrung unternommen zu werden pflegt, so dass beim Dienstherrn der Anschein erweckt worden ist, er werde bezüglich des Anspruchs nichts mehr unternehmen. Die Bemessung des Zeitraums hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (OVG NRW, B. v. 25.1.2012 - 6 A 681/11 - juris Rn. 9 zu einem geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz wegen zu Unrecht unterbliebener Beförderung; Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, vor §§ 40 - 53 Rn. 23; Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: April 2013, Vorbemerkung § 40 Rn. 103, 105).
Hinsichtlich einer dienstlichen Beurteilung tritt demnach eine Verwirkung des prozessualen Klagerechts ein, wenn der beurteilte Beamte während eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Rechtswahrung unternommen zu werden pflegt, so dass beim Dienstherrn der Anschein erweckt worden ist, er werde bezüglich der Beurteilung nichts mehr unternehmen (BVerwG, U. v. 13.11.1975 - 2 C 16.72 - BVerwGE 49, 351 - juris Rn. 34; BayVGH, B. v. 22.5.2014 - 3 ZB 14.284; OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 23.1.2014 - 1 L 138/13 - juris Rn. 11; OVG NRW, B. v. 20.12.2013 - 1 B 1329/13 - juris Rn. 15; NdsOVG, B. v. 6.12.2012 - 5 ME 258/12 - ZBR 2013, 209 - juris Rn. 6; VGH BW, B. v. 13.10.2010 - 4 S 213/09 - NVwZ-RR 2009, 967 - juris Rn. 9).
Der Zeitraum der Untätigkeit, um von einer Verwirkung ausgehen zu können, ist stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Da es sich bei einer dienstlichen Beurteilung nicht um einen Verwaltungsakt handelt, ist die für die Anfechtung eines Verwaltungsaktes geltende Jahresfrist nach §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht anwendbar (vgl. BVerwG, a. a. O., Rn. 32). Eine schematische Anwendung eines anderen Zeitraums - etwa den der Beurteilungsperiode (so: VGH BW, a. a. O.; OVG Sachsen-Anhalt, a. a. O.) - verbietet sich. Es kommt vielmehr neben einem längeren Zeitraum zusätzlich auf die während dieser Zeit hinzugetretenen Umstände an (BayVGH, a. a. O., Rn. 9; Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Dezember 2013, Art. 54 LlbG Rn. 17).
Dabei darf nicht aus dem Blick gelassen werden, dass das Beamtenverhältnis als besonderes Dienst- und Treueverhältnis Ausstrahlungswirkung auf das auf dem Grundsatz von Treu und Glauben beruhende Rechtsinstitut der Verwirkung hat, gerade auch hinsichtlich der Ausübung des Rechts, eine dienstliche Beurteilung einer rechtlichen Überprüfung zu unterziehen. Hinzu kommt, dass eine Nachprüfung einer dienstlichen Beurteilung umso schwieriger wird, je länger der seit deren Eröffnung verstrichene Zeitraum ist. Auch um Klarheit für beide Seiten zu schaffen, ist für den Regelfall zu fordern, dass die Anfechtung der dienstlichen Beurteilung alsbald erfolgt (so ausdrücklich: BVerwG, U. v. 13.11.1975 - 2 C 16.72 - BVerwGE 49, 351 - juris Rn. 36).
b) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin ihr Klagerecht gegen die ihr am ... Juli 2011 eröffnete dienstliche Beurteilung vom ... Juni 2011 verwirkt. Denn sie hat erst am 6. Mai 2013 hiergegen Klage erhoben. Während dieses 21 Monate umfassenden Zeitraums hat sie nichts unternommen, um die dienstliche Beurteilung einer rechtlichen Überprüfung zu unterziehen, obwohl sie mündlich wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, dass sie mit der streitgegenständlichen Beurteilung nicht einverstanden sei und diese rechtlich überprüfen lassen möchte (so ausdrücklich Schriftsatz vom 26.3.2014). Sie ist damit nach dem Umständen des vorliegenden Falls unter Verhältnissen untätig geblieben, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (BVerwG, a. a. O., Rn. 34).
Es ist äußerst widersprüchlich und stellt ein gegen die eigenen Verlautbarungen gerichtetes Verhalten dar, wenn die Klägerin einerseits nach ihrem eigenen Vortrag schon bei Eröffnung der dienstlichen Beurteilung und danach immer wieder vorgetragen habe, dass sie sich mit der dienstlichen Beurteilung nicht abfinde und gegen sie vorgehen wolle, gleichwohl über mehr als die Hälfte der Beurteilungsperiode von drei Jahren keine rechtliche Prüfung einleitet. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass die Anforderungen für die Auslösung einer rechtlichen Überprüfung einer dienstlichen Beurteilung gering sind und - jedenfalls nach dem im bayerischem Landesrecht statthaften Widerspruchsverfahren in beamtenrechtlichen Angelegenheiten (Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung/AGVwGO) - sich der Beamte dabei keinerlei Kostenrisiko aussetzen muss. Das gilt auch für das ebenfalls kostenfreie Einwendungsverfahren. Auch der Einwand der Klägerin, sie habe sich nach einem Dienststellenwechsel mit einer rechtlichen Überprüfung der Beurteilung nicht „gegen das System stellen“ oder auch nicht „ins Rampenlicht stellen“ wollen, ist dabei nicht nachvollziehbar. Denn nach ihrer eigenen Aussage sah sich die Beamtin durch eine frühere Dienststelle in ihren Leistungen nicht angemessen beurteilt. Die streitgegenständliche Beurteilung wurde von einer Dienststelle erstellt, an der die Beamtin seit ... Februar 2010 nicht mehr tätig war (Abordnungsverfügung vom ...1.2010); zu der von ihr für das (aus ihrer Sicht) unangemessene Beurteilungsergebnis im wesentlichen verantwortlichen Dienststelle hatte sie damit seit längerer Zeit keinen Bezug mehr. Die streitgegenständliche Beurteilung wurde ihr auch von der Dienststelle eröffnet, an der sie in diesem Zeitpunkt tatsächlich tätig war. Es ist nicht nachvollziehbar und entspricht nicht einem erkennbar vernünftigen Verhalten (BVerwG, a. a. O., Rn. 34, 36), dass die Klägerin angesichts des „aufgestauten Ärgers und der Wut der vergangenen Jahre“ sowie den ständigen Bekundungen gegenüber Vorgesetzten, sie werde sich mit dieser Beurteilung nicht abfinden und diese rechtlich überprüfen lassen, 21 Monate lang untätig geblieben ist und erst danach ein Rechtsmittel zu Prüfung der Beurteilung ergriffen hat. Das wird durch die Erwägung unterstrichen, dass für den Regelfall zu fordern ist, dass die Anfechtung einer dienstlichen Beurteilung alsbald erfolgt (so ausdrücklich: BVerwG, a. a. O., Rn. 36).
2. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung/ZPO.
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Verwaltungsgericht München Urteil, 27. Mai 2014 - 5 K 13.2058 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Tenor
I.
Dem Kläger wird wegen Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 13. November 2013 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
IV.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Gründe
- 1
Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 12. November 2013 hat in der Sache keinen Erfolg.
- 2
Die gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.
- 3
„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33).
- 4
Das Antragsvorbringen begründet im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der angefochtenen Entscheidung.
- 5
Das Verwaltungsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung selbständig tragend damit begründet, dass selbst im Falle der Rechtswidrigkeit der Regelbeurteilung des Klägers über den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. August 2007 nicht bereits ohne Weiteres der geltend gemachte Zulassungsanspruch bestehe. Dem tritt die Antrags-(begründungs)schrift nicht mit schlüssigen Argumenten entgegen. Träfe das Antragsvorbringen zur divergierenden Handhabung der Beurteilungsmaßstäbe im Geschäftsbereich des Beklagten zu, hätte dies - entgegen der Annahme des Klägers - nicht schon zwingend seine Zulassung zum (weiteren) Auswahlverfahren zur Folge. Vielmehr wäre für den Kläger - wie gegebenenfalls für andere Beamte - eine neue, rechtmäßige dienstliche Beurteilung zu fertigen. Dass diese den in § 22 Abs. 2 Nr. 2 PolLVO LSA geforderten laufbahnrechtlichen Anforderungen im Ergebnis genügte, steht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt - wegen des ausschließlich den zuständigen Beurteilern zustehenden Beurteilungsspielraumes derzeit jedenfalls nicht bereits unabänderlich fest. Träfe der weitere Einwand des Klägers zu, zugelassene Beamte seien rechtswidrig „zu gut“ beurteilt worden, führte dies ebenso wenig zur Zulassung des Klägers, sondern allenfalls dazu, dass die Zulassung dieser Beamten rechtswidrig sein könnte und gegebenenfalls für sie eine neue - rechtmäßige - dienstliche Beurteilung eingeholt werden muss.
- 6
Ob der Kläger - wie er geltend macht - besser beurteilt worden wäre, wenn der Beurteilungsstichtag abweichend von den seinerzeitigen Beurteilungsrichtlinien nicht für alle zu beurteilenden Beamten, d. h. allgemein nicht auf den 31. August 2007 vorgezogen worden wäre, kann dahinstehen. Denn die Bestimmung eines Beurteilungszeitraumes und damit zugleich eines Beurteilungsstichtages dient nicht den subjektiven Interessen oder Rechten des einzelnen Beamten, sondern - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - der Gewährleistung der möglichst optimalen Vergleichbarkeit dienstlicher Regelbeurteilungen. Es ist im Übrigen weder dargelegt noch erkennbar, dass der Dienstherr den Beurteilungszeitraum lediglich einzelner Gruppen von Beamten oder gar nur des Klägers verkürzt hätte. Unabhängig davon kommt es nicht auf den Wortlaut von Beurteilungsrichtlinien, bei denen es sich lediglich um Verwaltungsvorschriften handelt, an, sondern auf deren - gegebenenfalls vom Wortlaut der Vorschrift abweichende - gleichmäßige Handhabung (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 27. März 2006 - 1 L 1/06 -, juris [m. w. N.]).
- 7
Auf das weitere Antragsvorbringen kommt es nach alledem schon nicht mehr entscheidungserheblich an. Ungeachtet dessen begründet es keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.
- 8
Entgegen dem Antragsvorbringen hat das Verwaltungsgericht ergänzend zutreffend darauf abgestellt, dass § 22 Abs. 2 Nr. 2 PolLVO LSA gleichermaßen wie § 22 Abs. 1 Nr. 2 PolLVO LSA laufbahnrechtlichen Anforderungen formuliert, die die Bewerber erfüllen müssen, bevor in einem weiteren Verfahrensschritt eine Auswahlentscheidung zwischen den verbliebenen Bewerbern getroffen werden soll. Erst auf der letztgenannten Stufe findet eine nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG zu treffende Auswahlentscheidung statt. Hingegen dürfen Bewerber, die - wie der Kläger - schon die laufbahnrechtlichen Anforderungen nicht erfüllen, in diese Auswahlentscheidung gar nicht erst einbezogen werden. Ob die für die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen maßgeblichen dienstlichen Beurteilungen rechtmäßig sind, ist indes bereits auf der ersten Stufe, d. h. bei der Prüfung der laufbahnrechtlichen Voraussetzungen von der zuständigen Behörde zu prüfen.
- 9
Entgegen dem Antragsvorbringen ist der Kläger mit seinen jetzigen Einwendungen gegen die dienstliche Beurteilung über den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. August 2007 ausgeschlossen. Soweit er sich dagegen wendet, dass der Senat seine Einwendungen gegen die vorbezeichnete dienstliche Beurteilung in dem vorangegangenen Beschwerdeverfahren als verwirkt angesehen hat (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 3. Juli 2012 - 1 M 67/12 -, juris), ist dem nicht zu folgen.
- 10
Dienstliche Beurteilungen der Beamten stellen zwar keine Verwaltungsakte dar und können daher nicht in Bestandskraft erwachsen. Der Beamte ist ebenso wenig prinzipiell gezwungen, unmittelbar Einwendungen gegen seine Beurteilung vorzubringen, um zu verhindern, dass diese künftig bei Auswahlentscheidungen zu seinem Nachteil verwendet wird. Denn er kann seine Einwendungen grundsätzlich auch noch in einem entsprechenden Auswahlverfahren und einem sich etwaig anschließenden verwaltungsgerichtlichen Konkurrentenstreitverfahren anbringen, d. h. die Beurteilung auf diese Weise einer inzidenten Rechtsmäßigkeitsüberprüfung unterziehen (vgl.: OVG LSA, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 M 125/10 -, juris [m. w. N.].).
- 11
Indes ist eine Grenze durch den Grundsatz von Treu und Glauben, der auch im Beamtenrecht anwendbar ist (vgl. etwa: BVerwG, Urteil vom 29. August 1996 - 2 C 23.95 -, BVerwGE 102, 33 [m. w. N.]; OVG LSA Urteil vom 28. September 2006 - 1 L 9/06 - [rechtskräftig], juris) gezogen, und zwar hier in Form der Verwirkung. Eine Verwirkung sowohl des materiellen Rechtes auf Überprüfung und gegebenenfalls Änderung der dienstlichen Beurteilung als auch der prozessualen Rechte tritt dann ein, wenn der beurteilte Beamte während eines längeren Zeitraumes unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Rechtswahrung unternommen zu werden pflegt, so dass beim Dienstherrn der Anschein erweckt worden ist, er werde bezüglich der Beurteilung nichts mehr unternehmen (ebenso: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. Juni 2009 - 4 S 213/09 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Oktober 2010 - 6 B 1001/10 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 13. April 2010 - 3 ZB 08.1094 -, juris; HessVGH, Beschluss vom 12. März 1996 - 1 UE 2563/95 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 3. Dezember 1975 - III R 80/75 -, ZBR 1976, 87). Damit ist - entgegen dem Antragsvorbringen - auch das sogenannte Umstandsmoment verwirklicht. Das Dienst- und Treueverhältnis zwischen Dienstherrn und Beamten verlangt von Letzterem im der hier maßgeblichen Fallgestaltung zur Rechtswahrung ein positives Tun. Dies gilt umso mehr, als - wie der Kläger letztlich selbst einräumt - dienstliche Beurteilungen potentiell von entscheidender Bedeutung für Leistungsauswahlentscheidungen oder solcher laufbahnrechtlicher Natur sind. Ob der Verwirkung ihrerseits Grenzen gesetzt sind, wenn der Dienstherr in diesem Zusammenhang seinerseits treuwidrig oder gar rechtsmissbräuchlich handelt, bedarf vorliegend mangels entsprechender Darlegungen des Klägers keiner Entscheidung.
- 12
Daher verbleibt es dabei: Die Bemessung des Zeitraumes, bis wann der Beamte tätig geworden sein muss, hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Wesen und Zweck einer dienstlichen Beurteilung schließen die entsprechende Anwendung der Jahresfrist von §§ 58 Abs. 2, 70 VwGO jedenfalls im Allgemeinen aus, zumal dienstliche Beurteilungen sich nicht alsbald rechtlich verfestigen, sondern auch noch nach längerer Zeit überprüft und berichtigt werden können (vgl.: OVG LSA, Beschluss vom 4. Juli 2007 - 1 L 107/07 -, juris [m. w. N.]). Das Untätigbleiben während eines Jahres genügt daher in der Regel nicht, um von einer Verwirkung auszugehen (ebenso: VGH Baden-Württemberg, a. a. O.; HessVGH, a. a. O.). Demgegenüber stellt das Zeitintervall, in dem für den jeweils betroffenen Beamten eine Regelbeurteilung zu erstellen ist, den Maßstab dar, ab wann der Dienstherr üblicherweise nicht mehr mit Einwendungen gegen eine dienstliche Beurteilung zu rechnen braucht. Denn bei einem regelmäßigen Beurteilungsrhythmus darf die zur Entscheidung über Beförderungen berufene Behörde grundsätzlich davon ausgehen, dass der betroffene Beamte eine frühere Beurteilung hingenommen hat, wenn er hiergegen innerhalb des allgemeinen Regelbeurteilungszeitraumes keine rechtlichen Schritte unternommen hat (ebenso: VGH Baden-Württemberg, a. a. O.; OVG Saarland, a. a. O.).
- 13
Hiervon ausgehend hat der Kläger das Recht, erstmals in dem vorliegenden Auswahlverfahren gegen die ihm bereits am 12. November 2007 eröffnete dienstliche Regelbeurteilung vom 12./17. September 2007 vorzugehen und Einwendungen zu erheben, verwirkt. Der Kläger hat gegen diese Regelbeurteilung zuvor keine Einwände vorgebracht, sondern diese erstmals zur Verbesserung seiner Position im Rahmen des hier streitgegenständlichen, im Januar 2012 begonnenen Auswahlverfahrens geltend gemacht. Insofern hat der Kläger das von ihm selbst angeführte Zeitintervall für die Erstellung von Regelbeurteilungen überschritten; überdies ist nach Ablauf dieses Zeitraumes auch schon eine weitere dienstliche Regelbeurteilung unter dem 6. Januar/7. Februar 2012 erstellt und eröffnet worden. Hinzu kommt, dass sich der Kläger auf der Grundlage der erstmals angegriffenen dienstlichen Regelbeurteilung über den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. August 2007 um eine Stelle beworben hat und er zudem in sein jetziges Statusamt befördert wurde (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 3. Juli 2012 - 1 M 67/12 -, juris). Es drängt sich daher auf, dass die Dauer der Untätigkeit des Klägers unter diesen Umständen dem Beklagten berechtigten Anlass zu der Annahme gegeben hat, er - der Kläger - habe die Beurteilung vom 12./17. September 2007 hingenommen und werde gegen diese auch künftig keine Einwendungen erheben.
- 14
Ohne Erfolg bleibt schließlich auch die klägerische Rüge, die in § 22 Abs. 2 Nr. 2 PolLVO LSA erfolgte Gleichsetzung der Gesamtbewertungen „C“ und „gut“ nach den alten und neuen Beurteilungsrichtlinien sei unzulässig. Es ist vielmehr Sache des Dienstherrn, welche (laufbahnrechtlichen oder leistungsspezifischen) Anforderungen er an die Zulassung zum Masterstudiengang an der Deutschen Hochschule der Polizei aufstellt, solange diese mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 33 Abs. 2 und 5 GG vereinbar sind. Dass und aus welchen Gründen § 22 Abs. 2 Nr. 2 PolLVO LSA hiergegen verstoßen sollte, wird weder in der Antrags(begründungs)schrift dargelegt, noch ist dies anderweitig er ersehen. Entsprechendes gilt, soweit laut Antragsvorbringen die § 22 Abs. 1 Nr. 2 PolLVO LSA und § 22 Abs. 2 Nr. 2 PolLVO LSA gleichermaßen die Zulassung zum Masterstudiengang vorsehen. Der Kläger kann insoweit den Ausschluss von Bewerbern auf der ersten Stufe nicht verlangen. Erst wenn auf der zweiten Verfahrensstufe zwischen den verbliebenen Bewerbern eine Auswahl getroffen werden soll, kommt der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG zum Tragen mit der Folge, dass - wie der Kläger geltend macht - nach Maßgabe von dienstlichen Beurteilungen die aktuell besten Bewerber zum Zuge kommen. Unabhängig vom Vorstehenden führte weder die Rechtswidrigkeit von § 22 Abs. 1 Nr. 2 PolLVO LSA noch von § 22 Abs. 2 Nr. 2 PolLVO LSA und damit deren Nichtigkeit zu dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zulassung zum Masterstudiengang (vgl.: OVG LSA, Beschluss vom 3. Juli 2012 - 1 M 67/12 -, juris).
- 15
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
- 16
Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 2 GKG (vgl.: OVG LSA, Beschluss vom 3. Juli 2012 - 1 M 67/12 -, juris) in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung (§ 40 GKG).
- 17
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Januar 2009 - 9 K 4401/08 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2. Die Beigeladenen zu 1 und zu 3 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.
(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.