Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Nov. 2014 - M 1 K 14.4361
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Fahrerlaubnisentziehung.
Der 1995 geborene Kläger war Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse B. Am ... Januar 2014 um 2.55 Uhr war er im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle unter Cannabiseinfluss am Steuer eines Kraftfahrzeugs angetroffen worden. In einem Formblatt zum polizeilichen Protokoll hatte er als letzten Konsumzeitpunkt „... 01.2014, 14.00 Uhr“ angegeben; da habe er „3 bis 4 Züge am Joint“ geraucht. Diese Angaben hatte er am ... Januar 2014 unterschrieben (Bl. 41 der Behördenakte - BA). Die Untersuchung einer ihm am ... Januar 2014 um 3.07 Uhr entnommenen Blutprobe durch ein Rechtsmedizinisches Institut (Gutachten v. ... 1.2014, Bl. 17 ff. der BA) hatte folgende Werte zu Tetrahydrocannabinol (THC) und Abbauprodukten hiervon ergeben: THC: 2,6 ng/ml; THC-COOH: 44,9 ng/ml;11-OH-THC: 1,5 ng/ml.
Nach vorheriger Anhörung hatte die Beklagte mit Bescheid vom ... Mai 2014 dem Kläger die Fahrerlaubnis der Klasse B einschließlich Unterklassen entzogen (Nr. 1 des Bescheids), ihn aufgefordert, binnen Wochenfrist ab Bescheidszustellung seinen Führerschein abzuliefern (Nr. 2) und für den Fall nicht fristgerechter Ablieferung des Führerscheins ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- EUR angedroht (Nr. 3). Unter Nr. 4 erklärte sie die Fahrerlaubnisvollziehung für sofort vollziehbar. Zur Begründung hatte die Beklagte insbesondere auf den gemessenen hohen THC-Wert hingewiesen. Nach ihrer Auffassung sei ein solcher Wert nicht auf einen einmaligen Cannabiskonsum zurückzuführen, vielmehr sei von gelegentlichem Konsum beim Kläger auszugehen. Da dieser zudem unter Einfluss dieser Droge ein Kraftfahrzeug geführt habe, sei er als fahrungeeignet anzusehen, weshalb ihm zwingend die Fahrerlaubnis zu entziehen sei.
Einen Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid hatte die Regierung ... mit Widerspruchsbescheid vom ... August 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Dem Kläger war dieser Widerspruchsbescheid am ... August 2014 zugestellt worden.
Der Kläger hat am 23. September 2014 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erhoben und beantragt zuletzt,
den Bescheid der Stadt ... vom ... Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung ... vom ... August 2014 aufzuheben.
Zur Begründung lässt er im Wesentlichen vortragen, der in der Blutprobe festgestellte Messwert lasse keinen Schluss auf eine fehlende Fahreignung bei ihm zu. Er habe bisher ein einziges Mal im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis zu sich genommen, dieses jedoch nicht gelegentlich konsumiert. Am Abend vor der nächtlichen Polizeikontrolle habe er sich von seiner Freundin getrennt. In dieser für ihn psychisch angespannten Situation habe er sich von einem Bekannten überreden lassen, einen Joint mitzurauchen, was nach seiner Erinnerung etwa zwischen 22.30 Uhr und 23.00 Uhr der Fall gewesen sei. Seine Erklärung gegenüber der Polizei, er habe am Vortag bereits um 14.00 Uhr Cannabis konsumiert, sei eine Lüge gewesen. Er lebe in gefestigten Lebensumständen bei seiner Familie und absolviere eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Er lehne Drogen ab und habe seit dem auch keine Drogen mehr konsumiert. Auf sein Angebot, seine Abstinenz durch unangekündigte Urinproben nachzuweisen, habe die Beklagte nicht reagiert.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die im Ausgangsbescheid aufgeführten Gründe.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, § 115 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
1. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist rechtmäßig. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 46 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen. Gemäß Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV fehlt bei der regelmäßigen Einnahme von Cannabis die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis besteht nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung des Betroffenen, wenn der Cannabiskonsum vom Fahren getrennt wird (Trennungsgebot), kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Ein gelegentlicher Cannabiskonsum im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt vor, wenn tatsächlich mindestens zweimal Cannabis in voneinander unabhängigen Konsumakten eingenommen wurde; einmalige Konsumhandlungen sind auszuklammern (vgl. BayVGH, B. v. vom 12.3.2007 - 11 CS 06.1525 - juris Rn. 13; B. v. 25.1.2006 - 11 CS 05.1453 - juris Rn. 20 ff.). Nach Nr. 3 der Vorbemerkungen der Anlage 4 zur FeV gelten diese Bewertungen für den Regelfall.
Zu Recht ging die Fahrerlaubnisbehörde davon aus, dass die Nichteignung der Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen feststeht (§ 11 Abs. 7 FeV), da der Kläger offensichtlich nicht zwischen dem Konsum von Betäubungsmittel und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen konnte. Er ist am ... Januar 2014 beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter beachtlichem Cannabiseinfluss angetroffen worden. Für einen Verstoß gegen das Trennungsgebot ist entscheidend, ob der Betroffene objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben, signifikant erhöht. Dies ist der Fall, wenn ein Cannabis-Konsument unter dem Einfluss einer THC-Konzentration von mehr als 2,0 ng/ml im Blut am Straßenverkehr teilgenommen hat.
Bei objektiver Betrachtung ist der Kläger als gelegentlicher Cannabiskonsument im Sinn von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV anzusehen. In der Gesamtschau steht für das Gericht fest, dass er zumindest gelegentlich Cannabisprodukte konsumiert. Seine Angaben am ... Januar 2014 zum Konsumzeitpunkt, die er im Polizeiprotokoll unterschrieben hat, belegen, dass er nicht nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Kontrolle, sondern auch etwa 11 Stunden vorher Cannabis konsumiert hat. Damit stehen zumindest zwei Konsumakte fest. Soweit der Klägerin einen einmaligen Probierkonsum behauptet, ist dies nicht glaubhaft. Er hat gegenüber der Polizei einen Konsum von 3 bis 4 Zügen am Nachmittag des Vortags eingeräumt und auch diesen Konsumumfang im Protokoll unterschrieben. Es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum er in dieser Hinsicht gelogen haben soll und erst jetzt angibt, dieses Ziehen am Joint habe erst in der Zeit zwischen 22.30 Uhr und 23.00 Uhr des Vortags stattgefunden. Auch in seiner jetzigen Darstellung der Umstände des Cannabiskonsums lässt er den Konsumvorgang selbst unverändert („3 bis 4 Züge“). Es ist ausgesprochen fraglich, ob er bei einem solch beschränkten Konsum einen so hohen THC-Wert wie den in der Blutprobe vom ... Januar 2014 gemessenen überhaupt erreichen kann.
Das Gericht geht davon aus, dass die Angaben des Klägers im Polizeiprotokoll zu Konsumzeitpunkt und -umfang zwar zutreffen, jedoch das damalige Konsumverhalten des Klägers nicht vollumfänglich wiedergeben. Nach anerkannten gerichtsmedizinischen Erkenntnissen (vgl. hierzu OVG NW, B. v. 28.10.2014 - 16 B 1015/14 - juris Rn. 4 f. unter Hinweis u. a. auf Möller/Kauert/Tönnes/Schnei-der/Theunissen/Ramaekers, „Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannabinoide nach inhalativer Marihuanaaufnahme“, Blutalkohol 43 [2006], S. 361 ff.) ist nach einem Einzelkonsum, wie ihn der Kläger behauptet, der Wirkstoff THC im Blutserum nur 4 bis 6 Stunden nachweisbar. Lediglich in Fällen des vom Kläger bestrittenen wiederholten oder gar regelmäßigen Konsums kann sich hiernach diese Zeitspanne auf gelegentlich über 24 Stunden verlängern. Unter Zugrundelegung dieser Erkenntnis ist für das Gericht der jedenfalls gelegentliche Konsum von Cannabis beim Kläger zum damaligen Zeitpunkt erwiesen.
Die normative Wertung der Anlage 4 zur FeV entfaltet eine strikte Bindungswirkung für die Entziehung der Fahrerlaubnis, solange keine Umstände des Einzelfalls vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Es obliegt den Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen (vgl. BayVGH vom 12.3.2007 a. a. O.). Dies hat der Kläger nicht getan, auch nicht durch Hinweise auf eine damals für ihn angespannte psychische Situation. Die Entziehung ist zwingend vorgeschrieben, wenn die Voraussetzungen - wie hier - vorliegen. Für Verhältnismäßigkeits- bzw. Billigkeitserwägungen unter Berücksichtigung des vom Kläger als Konsumanlass geschilderten Beziehungsproblems mit seiner Freundin und der nun von ihm angegebenen stabilen familiären und beruflichen Verhältnisse besteht kein Raum.
2. Nach der Entziehung der Fahrerlaubnis steht dem Betroffenen die Möglichkeit offen, durch den Nachweis einjähriger Abstinenz und eines tiefgreifenden Einstellungswandels die Wiedererlangung der Fahreignung zu belegen (vgl. BayVGH, B. v. 13.10.2006 - 11 CS 06.1724 - juris Rn. 19). Im Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis spielt der Nachweis abstinenten Verhaltens dagegen grundsätzlich keine Rolle (BayVGH, B. v. 9.5.2005 - 11 CS 04.2526 - juris Rn. 25).
3. Die nicht zu beanstandende Anordnung zur Ablieferung des Führerscheins ist eine unmittelbare Folge der für sofort vollziehbar erklärten Fahrerlaubnisentziehung und findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 FeV. Die Androhung von Zwangsgeld beruht auf Art. 29, 30, 31 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) und ist ebenfalls rechtmäßig.
4. Aus diesen Gründen ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Nov. 2014 - M 1 K 14.4361
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Nov. 2014 - M 1 K 14.4361
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Nov. 2014 - M 1 K 14.4361 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
§§ 113 und 114 gelten entsprechend, wenn nach § 79 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 der Widerspruchsbescheid Gegenstand der Anfechtungsklage ist.
(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.
(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.
(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.
(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.
(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.
(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.
(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.
(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem
- 1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, - 2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung, - 3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“, - 4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder - 5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,
- 1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist, - 2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter, - 3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind, - 4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, - 5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, - 6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde, - 7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen, - 8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder - 9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn - a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder - b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,
- 1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder - 2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.
(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.
(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.
(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.
(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.
(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.
(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn
- 1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist, - 2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben, - 3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und - 4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
(11) Die Teilnahmebescheinigung muss
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 5. August 2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkte Überprüfung durch den Senat führt zu keinem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis.
3Das Verwaltungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die angegriffene Ordnungsverfügung vom 18. Juni 2014 bezüglich der Bezeichnung des Adressaten hinreichend bestimmt ist. Dem ist der Antragsteller, der im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt, mit seiner Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten. Vor allem ist nach wie vor nicht ersichtlich, inwieweit sich aus der fehlerhaften Anrede, die in offensichtlichem Widerspruch zu der richtigen Bezeichnung des Antragstellers im Adressfeld steht, eine Verwechslungsgefahr ergeben soll. Im Übrigen bestehen gerade auch im Hinblick auf das Verwaltungsverfahren keine nachvollziehbaren Zweifel daran, dass die Ordnungsverfügung aus Sicht des Antragstellers als deren Empfänger ausschließlich ihn betrifft. So richtet sich das Anhörungsschreiben vom 19. Mai 2014 eindeutig an ihn als alleinigen Adressaten und er selbst ist bei seiner persönlichen Vorsprache am 26. Mai 2014 als Adressat der angekündigten Ordnungsverfügung aufgetreten und behandelt worden.
4Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass dem Antragsteller wegen gelegentlichen Konsums von Cannabis bei mangelnder Trennung des Konsums vom Führen von Kraftfahrzeugen (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV) die Fahreignung fehlt und sich daher die gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 18. Juni 2014 gerichtete Anfechtungsklage offensichtlich als unbegründet erweisen wird. Der Antragsteller tritt mit seiner Beschwerde zunächst ohne Erfolg dem Ergebnis der Untersuchung der Blutprobe entgegen, die ihm am 27. Februar 2014 um 16.47 Uhr entnommen wurde. Nach dem ärztlichen Befundbericht vom 3. März 2014 kann aufgrund der festgestellten Konzentration von THC (1,5 ng/ml) und THC-COOH (13 ng/ml) davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Blutentnahme und entsprechend auch zum Zeitpunkt der Verkehrskontrolle um 15.55, als er ein Kraftfahrzeug führte, unter dem Einfluss berauschender Mittel gestanden hat. Dass er die für diesen Befund ursächliche Substanz unbewusst am Vortag gegen Mittag in einem Tee zu sich genommen hat, den ihm seine Nachbarin zur Beruhigung verabreicht habe, ist nicht glaubhaft.
5Nicht nachvollziehbar ist bereits, wie sich die THC-Konzentration von 1,5 ng/ml über mehr als 28 Stunden im Blut gehalten haben soll. Gegen einen längere Zeit zurückliegenden und dennoch für den Befund ursächlichen Konsum spricht zunächst der Hinweis in dem ärztlichen Befundbericht, der den Nachweis von THC und seinen Metaboliten als Beleg für einen kürzlich erfolgten Cannabis-Abusus bezeichnet. Diese Feststellung stimmt mit anerkannten gerichtsmedizinischen Erkenntnissen überein, denen zufolge nach einem Einzelkonsum, wie ihn der Antragsteller behauptet, der Wirkstoff THC im Blutserum nur vier bis sechs Stunden nachweisbar ist. Lediglich in Fällen des vom Antragsteller gerade bestrittenen wiederholten oder gar regelmäßigen Konsums kann sich diese Zeitspanne auf gelegentlich über 24 Stunden verlängern.
6Vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Aufl. (2005), S. 178; Möller/Kauert/ Tönnes/Schneider/Theunissen/Ramaekers, Blutalkohol 43 (2006), S. 361, 363, 365, 372; Möller, in: Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 2. Aufl. 2010, § 3 Rn. 109 ff.
7Selbst wenn der Wirkstoff THC bei oraler Aufnahme und einer Resorption im Darm mit einer zeitlichen Verzögerung von bis zu zwei Stunden seine Wirkungen im Gehirn entfalten sollte, wie der Antragsteller unter Bezugnahme auf einen Auszug aus der „Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen“ von Dr. D. S. - Altamerikanist und Ethnopharmakologe - geltend macht, und sich dadurch auch die Nachweisbarkeit im Blut zeitlich verschieben sollte, wäre bei einem Einzelkonsum dennoch allenfalls von einer Nachweisbarkeit von THC im Blutserum in einem Zeitraum von bis zu acht Stunden nach dem Verzehr auszugehen.
8Dass die genannten Erkenntnisse zur Möglichkeit, THC im Blutserum nachzuweisen, insgesamt bzw. zumindest bei einer Aufnahme von Cannabis in einem Nahrungsmittel nicht zuträfen, hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Werte in der von ihm vorgelegten Tabelle der Rechtsanwälte Q. und N. , die nicht zwischen gelegentlichen und wiederholten bzw. regelmäßigen Konsumenten differenzieren, stimmen mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen überein. Die Angaben auf der Internetseite Drug Scouts sind nicht geeignet, diese Erkenntnisse in Zweifel zu ziehen, weil in keiner Weise nachvollziehbar ist, aufgrund welcher Untersuchungen die angegebenen Werte ermittelt wurden. Mit der Behauptung, dass die Nachweisbarkeit von THC in zeitlicher Hinsicht von der Konzentration des aufgenommenen Wirkstoffes abhinge und bei Cannabispflanzen mit hohem THC-Gehalt länger andauere, dringt der Antragsteller ebenfalls nicht durch. Die Untersuchung des Universitätsklinikums des T. hat nämlich ergeben, dass die THC-Aufnahme unabhängig von hoher oder niedriger Konzentration nach sechs Stunden bei nur gelegentlichen Konsumenten im Mittel unter 1 ng/ml lag.
9Vgl. Möller/Kauert/Tönnes/Schneider/Theunissen/
10Ramaekers, Blutalkohol 43 (2006), S. 361, 363, 365 f.
11Auch im Übrigen ist das Vorbringen des Antragstellers zu dem behaupteten unbewussten Konsum der Substanz in einem Beruhigungstee nicht glaubhaft. Zweifel an dieser Schilderung ergeben sich zunächst aus dem Umstand, dass er am 27. Februar 2014 bei der Polizeikontrolle und anlässlich der Blutabnahme sowie unmittelbar nachfolgend etwa im Rahmen des Bußgeldverfahrens nichts geäußert hat, was auf ein Überraschtsein oder ein ungläubiges Erstaunen über den festgestellten Drogeneinfluss schließen ließe. Dass er erst im Klageverfahren die ‑ alleinige ‑ Möglichkeit einer unbewussten und ungewollten Einnahme der Betäubungsmittel vorgetragen hat, erstaunt umso mehr, als mit Bußgeldbescheid vom 2. April 2014 gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von immerhin 500 Euro festgesetzt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat verhängt worden war. Warum er gegen diesen Bescheid nicht mit dem Hinweis auf einen unwissentlichen Konsum vorgegangen ist, hat er nicht einmal ansatzweise erläutert.
12Darüber hinaus ist der behauptete unbewusste Konsum am 26. Februar 2014 um die Mittagszeit auch unter Berücksichtigung der eidesstattlichen Versicherung seiner Nachbarin vom 16. September 2014 und der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen nicht glaubhaft. Denn das Vorbringen des Antragstellers ist in sich widersprüchlich.
13So stehen seine Ausführungen zu der Wirkungsweise und –dauer von oral konsumiertem Cannabis einer besonders THC-haltigen Sorte in Widerspruch zu seiner Behauptung, keine berauschende Wirkung des Beruhigungstees wahrgenommen zu haben. Unterstellt, dass die vom Antragsteller vorgelegten Informationen zu einer besonders starken psychischer und physischer Wirkung von Cannabis bei einem hinreichend hoch dosiertem Konsum über Nahrungsmittel gerade bei unerfahrenen Personen den Tatsachen entsprechen, ist völlig ausgeschlossen, dass er eine Beimengung des Rauschmittels nicht registriert hat, obwohl es immerhin fast 29 Stunden nach dem Konsum noch im Blut nachweisbar gewesen sein soll und entsprechend hoch dosiert gewesen sein müsste. Denn bei einem Konsum zusammen mit Nahrungsmitteln soll es nicht nur verstärkt zu visionären Zuständen, Halluzinationen und Angstzuständen, sondern auch zu Kreislaufproblemen und Erbrechen kommen. Die Wirkungen sollen im Verlauf von bis zu zwei Stunden nach dem Konsum eintreten und regelmäßig fünf bis zehn Stunden, bei höherer Dosierung auch länger, anhalten können. Wenn es sich also bei dem Cannabis im Tee nicht bereits um eine geringe Dosis gehandelt hat, bei der ein Nachweis nach mehr als zwölf Stunden ohnehin ausgeschlossen wäre, hätte der Antragsteller am 26. Februar 2014 im Verlauf des Nachmittags irgendeine berauschende Wirkung des Tees bemerken müssen. Dies gilt vor allem in Bezug auf psychische Rauschzustände, weil die spezielle Sorte der Cannabispflanze, die dem Tee beigemischt gewesen sein soll, einen besonders hohe THC-Wert aufweisen soll. Da der Gehalt von THC für die psychotrope Wirkung von Cannabis maßgeblich ist,
14vgl. Möller, in: Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 2. Aufl. 2010, § 3 Rn. 106,
15ist ein unbemerkter Konsum gerade dieser Sorte, die überdurchschnittlich viel THC enthält und nach der Beschreibung unter „hanfsamen24.com“ eine „sehr psychedelische Erfahrung sicherstellen“ soll (Anlage 2 der Beschwerdeschrift, Bl. 89 Gerichtsakte), bei einer unerfahrenen Person ausgeschlossen.
16Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht von einem gelegentlichen ‑ also mehr als nur einmaligen ‑ Cannabiskonsum des Antragstellers ausgegangen. Dafür sprechen seine Angaben gegenüber den Polizeibeamten am 27. Februar 2014, wobei im Ergebnis unerheblich ist, ob er damals zwei Joints oder nur zwei Züge aus einem Joint zu sich genommen hat.
17Auch im Übrigen begegnet die vom Antragsgegner sowie vom Verwaltungsgericht getroffene Interessenabwägung keinen Bedenken. Die von drogenkonsumierenden Kraftfahrern ausgehenden Gefahren für Leib, Leben und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer sind gewichtig und können sich jederzeit realisieren. Sie rechtfertigen in aller Regel und so auch vorliegend den vorläufigen Ausschluss des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers von der weiteren Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr. Derartige Folgen, die im Einzelfall bis zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage reichen können, muss der Betroffene jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinnehmen.
18Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2013 ‑ 16 B 1124/13 -, juris, Rn. 9
19Besondere Umstände, aufgrund derer vorliegend ausnahmsweise eine abweichende Bewertung veranlasst sein könnte, sind weder dargetan noch sonst erkennbar. Soweit die Beschwerde auf eine Drogenfreiheit des Antragstellers seit dem Vorfall am 27. Februar 2014 verweist, die er durch ein sechsmonatiges Abstinenzkontrollprogramm nachgewiesen habe, kommt diesem Umstand im Aussetzungsverfahren keine Bedeutung zu. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller seine Kraftfahreignung im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung wiedererlangt hätte. Die Wiedererlangung der Kraftfahreignung setzt hier den Nachweis voraus, dass der Betroffene Cannabis nicht regelmäßig konsumiert oder bei gelegentlichem Konsum hinreichend zwischen Konsum und Führen eines Fahrzeugs trennt. Ob der Antragsteller diese Voraussetzungen erfüllt, ist nicht schon mit einem Verzicht auf Drogenkonsum nachgewiesen. Es bedarf zusätzlich des Nachweises, dass bezogen auf die Einnahme illegaler Drogen auf der Grundlage einer tragfähigen Motivation eine hinreichend stabile Verhaltensänderung eingetreten ist und daher für die Folgezeit eine günstige Prognose getroffen werden kann. Dieser Nachweis kann grundsätzlich - und so auch hier - nur auf der Grundlage einer medizinisch- psychologischen Begutachtung erbracht werden.
20Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Oktober 2006 - 16 B 1538/06 -, juris, Rn. 4, vom 2. April 2012 - 16 B 356/12 -, juris, Rn. 6 ff., und vom 20. März 2014 ‑ 16 B 264/14 -, juris, Rn. 12.
21Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 sowie 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
22Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.
(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.
(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.
(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.
(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.
(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.
(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen
- 1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder - 2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins besteht auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.
(2) Nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Nach einer Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Dies soll in der Regel durch die Anbringung eines roten, schräg durchgestrichenen „D“ auf einem dafür geeigneten Feld des Führerscheins, im Falle eines EU-Kartenführerscheins im Feld 13, und bei internationalen Führerscheinen durch Ausfüllung des dafür vorgesehenen Vordrucks erfolgen. Im Falle von Beschränkungen oder Auflagen werden diese in den Führerschein eingetragen. Die entscheidende Behörde teilt die Aberkennung der Fahrberechtigung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, über das Kraftfahrt-Bundesamt mit. Erfolgt die Entziehung durch die erteilende oder eine sonstige zuständige ausländische Behörde, sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen und dort in Verwahrung zu nehmen. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine über das Kraftfahrt-Bundesamt an die entziehende Stelle zurück.
(3) Ist dem Betroffenen nach § 31 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt worden, ist er aber noch im Besitz des ausländischen Führerscheins, ist auf diesem die Entziehung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung zu vermerken. Der Betroffene ist verpflichtet, der Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein zur Eintragung vorzulegen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.