Verwaltungsgericht München Urteil, 26. Sept. 2016 - M 15 K 16.31762
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 29. Juni 2016 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 AsylG zuzuerkennen und festzustellen, dass Abschiebungshindernisse bezüglich Albanien bestehen.
Gründe
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.
(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.
(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.
(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.
(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.
(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.
(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.
(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.
(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) wird nicht entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt.
4Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung muss eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufgeworfen werden, die entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts einer Klärung bedarf.
5Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1984 - 9 C 46.84 -, BVerwGE 70, 24 ff., und Beschlüsse vom 2. Oktober 1984 - 1 B 114.84 -, InfAuslR 1985, 130 f., sowie vom 19. Juli 2011 - 10 B 10.11, 10 PKH 10 PKH 4.11 -, juris, Rn. 3.
6Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
7Die von den Klägern aufgeworfenen Fragen,
8„Handelt es sich bei polizeilichen Übergriffen in Albanien gegenüber Personen, die aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen oder Protesten festgenommen wurden, um dem Staat zurechenbare Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a Abs. 1 und 2 AsylVfG oder um nicht zurechenbare Amtswalterexzesse?
9Spielt die ethnische Zugehörigkeit eine Rolle bei dem Risiko, durch Polizeikräfte in menschenrechtswidriger Art und Weise behandelt zu werden?“,
10bedarf keiner Klärung in einem Berufungsverfahren. Sie lassen sich auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden und allgemein - etwa im Internet - zugänglichen aktuellen Erkenntnisquellen beantworten. Danach können die von den Klägern behaupteten polizeilichen Übergriffe auf Teilnehmer an Demonstrationen und Protesten nicht als dem albanischen Staat zurechenbare Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a Abs. 1 und 2 AsylVfG qualifiziert werden. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der albanische Staat grundsätzlich nicht willens und in der Lage ist (vgl. § 3d Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AsylVfG), vor solchen Übergriffen Schutz zu bieten bzw. dagegen einzuschreiten oder solchen vorzubeugen. Im Juni 2014 wurde Albanien der Status des Beitrittskandidaten zur Europäischen Union verliehen. Die Entscheidung des Europäischen Rats war Anerkennung der von Albanien unternommenen Reformmaßnahmen und gleichzeitig eine Ermutigung, notwendige Reformen weiter voranzutreiben. Aus den sich auf den Zeitraum Oktober 2013 bis September 2014 beziehenden Fortschrittsberichten der EU-Kommission ergibt sich, dass Albanien, auch wenn in vielen Bereichen noch Mängel festzustellen sind, u. a. Reformmaßnahmen im Bereich der Justiz und der öffentlichen Verwaltung umgesetzt, Fortschritte im Kampf gegen die Korruption erreicht sowie auch Maßnahmen zur Anerkennung der Rechte von Minderheiten unternommen hat. Die Lebensbedingungen, der Zugang zu Bildung, Beschäftigung und Gesundheits- sowie Sozialfürsorge von Roma müssen allerdings noch weiter verbessert werden.
11Vgl. hierzu European Commission, Albania, Progress Report, October 2014, Enlargement, S. 1; European Commission, Brussels, 8.10.2014, Commission Staff Working Document, Albania 2014 Progress Report, Enlargement Strategy and Main Challenges 2014 - 2015, u. a. S. 12 f., 49 f., 53 f., und Auswärtiges Amt, EU-Perspektive für Albanien, www.auswaertiges-amt.de.
12Mit Blick darauf kann, auch wenn nach den Feststellungen der EU-Kommission in Albanien noch weitere Reformmaßnahmen erforderlich sind, eine grundsätzlich dem albanischen Staat zurechenbare Verfolgung durch polizeiliche Übergriffe auf Demonstrationsteilnehmer oder ethnische Minderheiten wie den Roma nicht bejaht werden. Denn der albanische Staat hat Reformwillen nicht nur gezeigt, sondern auch Reformen, gerade im Bereich der Justiz und Verwaltung, nachweisbar auf den Weg gebracht. Soweit der von den Klägern beigebrachte Bericht des Menschenrechtskommissars des Europäischen Rats vom 16. Januar 2014
13- Commissioner for Human Rights, Straßbourg, 16 January 2014, Report by Nils Muižnieks, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, Following his visit to Albania from 23 to 27 September 2013 ‑
14anderes aufzeigt und etwa „an die Einhaltung der Null-Toleranz-Politik in Bezug auf die Menschenrechte erinnert, an die Einführung einer Antikorruptionspolitik und von Kontrollmechanismen, die in Übereinstimmung stehen mit den Empfehlungen des European Code of Policy Ethics“, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Der Bericht bezieht sich auf einen dem Status Albaniens als Beitrittskandidat zur Europäischen Union vorangegangenen Zeitraum und ist damit nicht nur zeitlich, sondern - wie sich aus den oben wiedergegebenen Ausführungen aus den benannten Erkenntnissen ergibt - auch inhaltlich weitestgehend überholt, sodass er jedenfalls keinen Anlass zur Klärung der von den Klägern aufgeworfenen Fragen in einem Berufungsverfahren bieten kann.
15Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, 100 ZPO 83b AsylVfG.
16Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
17Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
Gründe
Gericht: VG München
Aktenzeichen: M 17 K 16.30705
Im Namen des Volkes
Gerichtsbescheid
vom
17. Kammer
Sachgebiets-Nr. 710
In der Verwaltungsstreitsache
...
- Klägerin -
bevollmächtigt: ...
gegen
... vertreten durch Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Außenstelle ...
- Beklagte -
beteiligt: Regierung von ... Vertreter des öffentlichen Interesses
wegen Vollzugs des Asylgesetzes (AsylG)
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 17. Kammer,
durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichter am
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin ist albanische Staatsangehörige, muslimischer Glaubensrichtung. Sie reiste nach eigenen Angaben am ... 2014 von ... auf dem Luftweg zusammen mit ihrer Tochter und Enkelkindern (M 21 S 16.30172 und M 21 K 16.30171) in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am ... 2015 Asylantrag.
Einer Ladung zur Anhörung durch das Bundesamt für den ... 2015 kam die Klägerin nicht nach.
In ihrer schriftlichen Stellungnahme vom
Unter dem ... 2016 trug der Bevollmächtigte der Klägerin ebenfalls vor, dass die Tochter aufgrund ihrer Erkrankung auf die Hilfe der Klägerin angewiesen sei.
Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde u. a. wie folgt ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen offensichtlich nicht vor. Selbst bei Wahrunterstellung der Bedrohungen sei dem Sachverhalt lediglich zu entnehmen, dass es sich im vorliegenden Fall um allgemeine Kriminalität handele, die keinen flüchtlingsrelevanten Anknüpfungspunkt habe. Die Krankheit der erwachsenen Tochter stelle keinen eigenen Asylgrund dar und sei daher flüchtlingsrechtlich irrelevant. Der Vortrag der Klägerin sei für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nicht geeignet. Zwar befürchte die Klägerin, dass die vorgetragenen Bedrohungen sich fortsetzen würden, gleichwohl seien für eine derartige Annahme keine stichhaltigen Gründe vorgebracht worden. Im Gegenteil spreche ihr Ehemann (Gesch.-Z. 6485396-121) in seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am ... 2016 nur von einem einmaligen Vorfall, bei dem er und seine Enkelkinder von einem ihm unbekannten Auto beinahe angefahren worden wären. Auch die Tatsache, dass der Ehemann seinerzeit keine Anzeige bei der Polizei machte, spreche nicht für eine (an-)dauernde Bedrohung. Selbst, wenn es diese Bedrohungen tatsächlich gegeben habe, so hätten diese nach eigenen Angaben der Klägerin vor allem ihre Enkelkinder und nicht sei selbst getroffen. Die Klägerin habe darüber hinaus nichts dazu vorgetragen, dass sie um staatlichen Schutz nachgesucht habe und somit möglichen Schutzakteuren Gelegenheit gegeben habe, zu ihren Gunsten tätig zu werden. Zudem wäre es der Klägerin zuzumuten gewesen, ihren Wohnsitz in andere Teile von Albanien zu verlegen. Auch führten die derzeitigen humanitären Bedingungen in Albanien nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung der Klägerin eine Verletzung des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot. Es habe nicht nachvollziehbar dargelegt werden können, dass bei der Rückkehr die Klägerin derart schlechter gestellt sei, dass das Erreichen des Existenzminimums unter Ausschöpfung sämtlicher Hilfeleitungen nicht sicherzustellen sei. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG. Nach Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens sei die Festlegung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 10 Monate bzw. 30 Monate angemessen. Die Krankheit ihrer Tochter sei kein schutzwürdiger Belang im Sinne des § 11 AufenthG, da diese bereits erwachsen sei und deren Asylantrag ohnehin mit Bescheid vom 11. Januar 2016 als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sei.
Die Tochter der Klägerin erhob am 2. Februar 2016 Klage (M 21 K 16.30171) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 11. Januar 2016. Ihr gleichzeitig gestellter Eilantrag (M 21 S 16.30172) lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 3. März 2016 ab.
Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 6. April 2016, dem Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tag zugegangen, Klage mit dem Antrag,
den Bescheid des Bundesamtes vom
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass die an Multiple Sklerose erkrankte Tochter, die sich derzeit in einer noch nicht abgeschlossenen Behandlung im Behandlungszentrum ... befinde, dringend auf die Hilfe der Klägerin angewiesen sei. Aufgrund der damit verbundenen Krankenhausaufenthalte könne sich die Tochter nur schwer um ihre beiden Söhne kümmern. Auch müsse die Klägerin mit tätlichen Angriffe auf ihr Leben seitens der Familien ... und ... rechnen. In einer sehr lange andauernden Fehde zwischen der Familie der Klägerin und den anderen Familien sei es seit dem 8. August 1998 immer wieder zu tätlichen Auseinandersetzungen mit schweren Verletzungen und Todesfolgen gekommen. Die Klägerin fürchte die Blutrache dieser Familien. Von den örtlichen Polizeibehörden erwarte die Klägerin keinen Schutz, da die Angriffe nie unterbunden worden seien.
Der Bevollmächtigte der Klägerin übersandte mit Schriftsatz vom
Die Beklagte übersandte am
Das Verwaltungsgericht München lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO sowie die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 9. Juni 2016 ab (M 17 S 16.30706) und übertrug mit Beschluss vom 9. Juni 2016 den Rechtstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter.
Mit Schreiben vom
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1. Über die Klage konnte nach vorheriger Anhörung der Klägerseite durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da sie keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO). Die Beklagte hat auf die Anhörung zu Entscheidungen durch Gerichtsbescheid generell mit allgemeiner Prozesserklärung vom 25. Februar 2016 verzichtet.
2. Soweit mit der erhobenen Anfechtungsklage die Aufhebung des Bescheids vom
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - insbesondere auch zu Asylverfahren - ist grundsätzlich von einem Vorrang der Verpflichtungsklage auszugehen mit der Folge, dass Rechtsschutz gegen die Ablehnung eines begünstigenden Verwaltungsaktes grundsätzlich (nur) durch eine Verpflichtungsklage ("Versagungsgegenklage") zu erstreiten ist, welche die Aufhebung des Versagungsbescheids umfasst, soweit er entgegensteht. Die Rechtsprechung erkennt aber an, dass allein die Aufhebung des Versagungsbescheids ausnahmsweise ein zulässiges - gegenüber der Verpflichtungsklage für den Kläger vorteilhafteres - Rechtsschutzziel sein kann, wenn eine mit diesem Bescheid verbundene Beschwer nur so oder besser abgewendet werden kann. In derartigen Fällen besteht ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für eine (isolierte) Anfechtungsklage. Dazu zählt etwa die isolierte Anfechtung der Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn die beklagte Ausländerbehörde zwischenzeitlich nicht mehr zuständig ist (st. Rspr.; vgl. BVerwG, U. v. 21.11.2006 - 1 C 10/06 - BVerwGE 127, 161-177), und die isolierte Anfechtung der Einstellung eines Asylverfahrens durch das Bundesamt wegen angeblichen Nichtbetreibens des Verfahrens (BVerwG, U. v. 7.3.1995 - 9 C 264/94 - juris). Es kann offenbleiben, ob die Ausnahmefälle zutreffend zusammengefasst dahin umschrieben werden können, dass eine isolierte Anfechtung stets dann nicht am Vorrang der Verpflichtungsklage scheitert, wenn sich das Verpflichtungsbegehren erledigt hat oder der Kläger jedenfalls den Verwaltungsakt nicht mehr erstrebt, die Ablehnung aber eine selbstständige Beschwer enthält (BVerwG, U. v. 21.11.2006 a. a. O., vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 42 Abs. 1 RdNr. 112; ähnlich Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 42 Rn. 30; a.A. - für eine weitergehende Zulassung der isolierten Anfechtung - Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 42 RdNrn. 335 ff.; Eyermann/Happ, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rdnrn. 18 ff., jeweils m. w. N.). Auch in Verfahren nach § 14 a Abs. 2 AsylG kann die isolierte Anfechtung sachdienlich sein, wenn an einem positiven Asylbescheid des Bundesamts letztlich kein Interesse besteht oder Gründe für die Zuerkennung von Asyl oder Abschiebungsschutz offenkundig nicht bestehen (BVerwG, U. v. 21.11.2006 a. a. O.).
Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor. Das Ziel der Antragstellung dürfte die Anerkennung als Asylberechtigte, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, subsidiären Schutzes, hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten gewesen sein. Rechtsschutz für dieses Ziel lässt sich jedoch mit einer isolierten Anfechtungsklage nicht erreichen. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat Anfechtungsantrag gestellt, an diesen Antrag ist das Gericht nach § 88 VwGO gebunden. Die allgemeine Zulassung der isolierten Anfechtungsklage anstelle der Verpflichtungsklage widerspräche dem gesetzlichen Rechtsschutzsystem und wäre im Hinblick auf die Wiedereröffnung des Rechtswegs - nach einer Stattgabe der Klage, die das Verpflichtungsbegehren praktisch in die Verwaltung zurückverweist - mit dem Grundsatz der Prozessökonomie schwerlich zu vereinbaren. Jedenfalls für den Asylprozess scheidet eine solche wahlweise Zulassung der isolierten Anfechtung mit Rücksicht auf die gebotenen Konzentration und Beschleunigung von Asylverfahren aus.
3. Die Klage ist ebenfalls unzulässig, soweit sie sich gegen Nr. 7 des Bescheids richtet. Bezüglich Nr. 7 des streitgegenständlichen Bescheids, in der das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG lediglich gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet wird, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Denn die schlichte Aufhebung der Nr. 7 des Bescheids aufgrund einer Anfechtungsklage beträfe lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das - unmittelbar kraft Gesetz geltende - Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung der Klägerin wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste, ebenso wie die Erteilung einer Betretenserlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 AufenthG, im Wege der Verpflichtungsklage erstritten werden (vgl. NdsOVG, B. v. 14.12.2015 - 8 PA 199/15 - juris Rn. 5; VG München, B. v. 12.1.2016 - M 21 S 15.31689 - UA S. 8; VG Ansbach, B. v. 20.11.2015 - AN 5 S 15.01667 - juris Rn. 2;
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass von Klägerseite keine substantiierten Bedenken gegen die Länge der Befristung vorgebracht wurden.
4. Bezüglich der Abschiebungsandrohung in Nr. 5 des Bescheids ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO).
Die Abschiebungsandrohung nach Albanien wurde zu Recht auf § 34 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG gestützt. Die Klägerin ist weder als Asylberechtigte anerkannt noch besitzt sie einen Aufenthaltstitel. Hinsichtlich ihres Herkunftslandes Albanien wurden weder eine politische Verfolgung noch das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG dargetan.
4.1. Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling oder Asylberechtigter rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Klägerin nicht erkennbar. Das Gericht nimmt insoweit auf die Begründung des Bundesamtes Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
4.1.1. Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29 a Abs. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i. S. d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Das Heimatland der Klägerin, Albanien, ist ein sicherer Herkunftsstaat in diesem Sinne (vgl. § 29 a Abs. 2 AsylG i. V. m. Anlage II). Die Einstufung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat erfolgte aufgrund des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) mit Wirkung vom 24. Oktober 2015. Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1507/93 - Rn. 65).
Gegen die Einstufung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat bestehen weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken (VG Berlin, B. v. 22.12.2015 - 33 L 357.15 A - juris Rn. 13-24; VG München, B. v. 01.03.2016 - M 17 S 16.30322).
Die Klägerin hat die durch § 29 a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Die von der Klägerin angegebenen Tatsachen und Beweismittel begründen gerade nicht die Annahme, dass ihnen abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
4.1.2. Ihr Vorbringen, aufgrund einer Familienfehde/Blutrache mit dem Tod bedroht zu werden, lässt bereits keine Anknüpfung an die für die Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Merkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG erkennen. Danach bedarf es einer begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Die Klägerin trägt vielmehr vor, Opfer kriminellen Handelns geworden zu sein, ein verfolgungsrelevanter Bezug ist nicht erkennbar. Hinzu kommt, dass eine konkrete Bedrohung der Klägerin nicht substantiiert dargetan wurde.
4.1.3. Zudem erfordert § 3 c Nr. 3 AsylG bei einer von einem nichtstaatlichen Akteur ausgehenden Verfolgung, dass der Staat nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz zu gewähren. Von einer Unwilligkeit oder Unfähigkeit der albanischen Behörden, ihre Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, ist aber nicht auszugehen. Das Gericht teilt gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (vor allem auch des Berichts über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien des Auswärtigen Amts vom 10. Juni 2015 (Stand Mai 2015) - im Folgenden: Lagebericht) die Einschätzung des Bundesamtes, dass der albanische Staat bei einer derartigen Bedrohung, bei der es sich um kriminelles Unrecht eines nichtstaatlichen Akteurs handelte, in der Lage und auch willens ist, hinreichenden Schutz zu gewähren (§ 3 c Nr. 3, § 3 d Abs. 1 und 2 AsylG; vgl. allgemein zum Schutz durch den albanischen Staat auch: OVG NW, B. v. 23.02.2015 - 11 A 334/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG München, B. v. 10.09.2015 - M 2 S 15.31175; VG München, B. v. 4.2.2016 - M 11 S 15.31693; VG München, B. v. 14.01.2016 - M 4 S 15.31618; VG Düsseldorf, B. v. 1.02.2016 - 17 L 95/16.A - juris Rn. 18ff;
4.1.4. Ferner ist davon auszugehen, dass - jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden - ganz offensichtlich eine inländische Fluchtalternative besteht (§ 3 e AsylG). Die Klägerin kann jedenfalls durch Verlegung ihres Wohnsitzes in urbane Zentren anderer - etwa südlicher - Landesteile Albaniens, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist und nichtstaatliche Dritte mit asylrechtlich hinreichender Sicherheit nicht ausfindig machen können, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden. Eine Übersiedelung in andere Teile des Landes unterliegt keinen rechtlichen Einschränkungen (vgl. Lagebericht S. 11; VG Düsseldorf, U. v. 12.03.2015 - 6 K 8197/14.A - juris Rn. 63; VG Düsseldorf, B. v. 23.11.2015 - 17 L 3729/15.A - juris Rn. 38ff.; VG Düsseldorf, B. v. 14.10.2015 - 17 L 3111/15. A - juris, Rn. 20; VG Oldenburg, U. v. 10.4.2015 - 5 A 1688/14 - juris; VG München, B. v. 3.2.2016 - M 5 S 15.31520 - UA S. 7).
4.2. Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt daher auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
4.2.1. Auch bei Annahme einer drohenden erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG durch einen nichtstaatlichen Akteur kommt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i. V. m. der entsprechenden Anwendung des § 3 c Nr. 3 AsylG die Gewährung subsidiären Schutzes nicht in Betracht, weil es an der Voraussetzung, dass der Staat erwiesenermaßen nicht schutzfähig oder -willig ist, fehlt.
4.2.2. Allein wegen der harten Lebensbedingungen und allgemein bestehenden ärmlichen Verhältnisse in Albanien vermag sich die Klägerin weder auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG noch auf § 60 Abs. 5 AufenthG unter Berücksichtigung von Art. 3 EMRK zu berufen. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse kann nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschlich oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK erfüllen (BVerwG, U. v. 31.01.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, S. 1167ff. - juris Rn. 23 - 26 sowie Rn. 38; VGH BW, U. v. 24.07.2013 - A 11 S 697/13 m. w. N.). Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin eine Existenzgrundlage bei Ihrer Rückkehr gänzlich fehlen würde, sind nicht ersichtlich. Die humanitären Bedingungen für Rückkehrer sind grundsätzlich nicht als derart schlecht zu bewerten, dass diese den Schweregrad einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRGK aufweisen (VG München, B. v. 23.11.2015 - M 2 S 15.31322 - UA S. 12f.;
4.2.3. Was insbesondere § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anbetrifft, fehlt es an einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit. Eine Verletzung von Menschenrechten oder Grundfreiheiten, die sich aus der EMRK ergäbe, ist nicht ersichtlich. Die behauptete Bedrohungslage erfüllt diese Voraussetzungen jedenfalls nicht. Ungeachtet dessen, dass die Inanspruchnahme staatlichen Schutzes zumutbar ist, besteht für die Klägerin - wie dargestellt - die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen.
Auch begründet die Erkrankung der Tochter der Klägerin kein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, da eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit individuell für die Klägerin („für diesen Ausländer“ im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG) bestehen muss.
4.3. Eine etwaige Geltendmachung der Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen aufgrund der familiären Verhältnisse und ggf. Pflegebedürftigkeit der Tochter (Art. 6 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK) wäre kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, sondern ein im Rahmen von § 60a AufenthG zu prüfendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, für das sich die Klägerin auf einen Antrag auf Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde verweisen lassen muss (vgl. NdsOVG, U. v. 18.5.2010 - 11 LB 186/08 - juris Rn. 47; OVG Berlin-Bbg. B. v. 30.4.2013 - OVG 12 S 25.13 - juris unter Hinweis auf § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG; BVerwG, U. v. 25.9.1997 - 1 C 6/97 - juris).
4.4. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
5. Schließlich ist auch die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG in Nr. 6 des Bescheids vom 31. März 2016 rechtmäßig. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal der Kläger gegen dieses Einreise- und Aufenthaltsverbot keine substantiierten Einwendungen vorgebracht und insbesondere keine Ermessensfehler geltend gemacht hat.
6. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten die Zulassung der Berufung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. Dem Antrag sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
mündliche Verhandlung beantragen.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
Dem Antrag eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
...
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 28. November 2014 wird in Nr. 1. und 2. insoweit aufgehoben, als darin ein Offensichtlichkeitsurteil gemäß § 30 Abs. 3 AsylVfG enthalten ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00. März 1995 in Bajram Curri geborene Kläger ist ebenso wie seine Verlobte, die am 00. Januar 1996 in Burrel geborene Klägerin, albanischer Staatsangehöriger muslimischen Glaubens.
3Der Kläger reiste am 28. Juni 2014 auf dem Luftweg aus dem Kosovo (Prishtina) in das Bundesgebiet ein. Die Klägerin folgte ihm am 12. Juli 2014 auf demselben Wege nach.
4Die Kläger stellten am 24. Juli 2014 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – nachfolgend: Bundesamt – einen Asylantrag, den sie bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 17. Oktober 2014 im Wesentlichen damit begründeten, dass dem Kläger ein Racheakt drohe. Der Kläger führte hierzu aus, er habe sich am 28. März 2013 gemeinsam mit mehreren Freunden und Bekannten zu einem vereinbarten Treffpunkt im Stadtviertel „L. e Q1. “ von Tirana begeben, um dort einen Streit mit zwei anderen Jugendlichen – K. S. und H. Q. – zu klären. Im Zuge der Auseinandersetzung sei er selbst von dem S. mit einer Eisenstange zwei Mal auf den Kopf geschlagen worden. Er habe sich trotzdem mit Faustschlägen zur Wehr gesetzt. Einer seiner Freunde („B. “) habe die Stange genommen und auf den Angreifer (S. ) eingeschlagen. Der H. Q. habe nur dagestanden wie betäubt. Später im Auto habe einer der Bekannten des Klägers – P. C. – gesagt, er habe den Q. an den Hals geschlagen und mit dem Messer ins Bein gestochen. Tatsächlich, so der Kläger, müsse er ihm aber ins Herz gestochen haben. Hiervon habe er, der Kläger, während der Schlägerei aber nichts mitbekommen. Der P. C. habe im Auto erzählt, dass er mit einem Messer auf den Q. eingestochen hätte. Sie hätten ihn daraufhin angeschrien, wie er das habe tun können. Anschließend hätten sie sich vom Tatort entfernt. Er selbst habe sich dann nach Hause begeben und seiner Familie von dem Vorfall erzählt. Später hätten sie in den Nachrichten gesehen, dass einer verstorben und einer verletzt gewesen sei. Hierauf habe er sich am nächsten Morgen der Polizei gestellt. Hierzu sei er zunächst ins Justizministerium gegangen. Dort hätten sich sein Vater und sein Onkel in einem Café aufgehalten. Von dort habe sein Vater die Polizei gerufen, die ihn, den Kläger, dann abgeholt habe. Er habe dann auf der Polizeidirektion seine Aussage gemacht und sei dann festgenommen worden. Er sei sodann Ende März 2013 inhaftiert und zunächst auch der Tötung in Mittäterschaft verdächtigt worden. Der C. sei zunächst flüchtig gewesen. Dessen Anwalt habe im Herbst 2013 die Tat eingeräumt. Hierauf sei Ende Dezember 2013 die Haft des Klägers in Hausarrest umgewandelt worden. Den Hausarrest habe er in der Wohnung in U. abgesessen. Die Maßnahme habe bis zum 7. April 2014 gedauert. Während seiner Haft sei die Familie Ende April 2013 durch die Familie des Getöteten bedroht worden. Auch er selbst habe von dem Bruder des Getöteten, F. Q. , über das online-Netzwerk „facebook“ am 18. Dezember 2013 und am 15. Januar 2014 Todesdrohungen erhalten. Seine Familie habe Anzeige bei der Polizei erstattet. Die Anzeige sei dort jedoch nicht ernst genommen worden, weil der Vater des Opfers bei der Garde der Republik arbeite. Versöhnungsversuche seines Onkels seien seines Wissens fehlgeschlagen. Am 8. Mai 2014 sei er mit der Klägerin mit dem Bus in das Heimatdorf der Eltern bei U1. (E. ) gefahren. Dort hätten die beiden Familien Verlobung gefeiert und die Ausreise der Kläger beschlossen. Der Kläger habe sich sodann nach Prishtina begeben; die Klägerin habe noch einen Pass beschaffen müssen und sei dann ebenfalls über Prishtina ausgereist. Er stehe mit seiner Familie telefonisch in Kontakt. Von ihr habe er erfahren, dass der wahre Täter mittlerweile festgenommen sei. Trotzdem seien weiterhin Bedrohungen ausgesprochen worden. Er selbst habe 2014 noch das Abitur am B1. -W. -Gymnasium in C1. D. abgelegt.
5Die Klägerin bestätigte in ihrer Anhörung die Angaben des Klägers und führte ergänzend aus, dass sich der Kläger während des Hausarrests mehrfach bei der Polizei habe melden müssen. Sie fühle sich ebenfalls gefährdet.
6Mit Bescheid vom 28. November 2014 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wird sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht bestehen. Ferner drohte es den Klägern für den Fall der Nichtausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung die Abschiebung nach Albanien an. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, die Darstellung des Klägers von der Schlägerei sei aufgrund der dürftigen Schilderung in wesentlichen Punkten unglaubhaft und daher im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG unsubstantiiert bzw. unschlüssig.
7Dagegen haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Der Kläger macht unter Vorlage zahlreicher Unterlagen – vorwiegend Presseberichte und Gerichtsentscheidungen –, die dem Gericht in der durch eine albanische Notarin am 20. Dezember 2014 beglaubigten Übersetzung vorliegen, ergänzend geltend: Nach einem Bericht des Bundesamtes von April 2014 („Blickpunkt Albanien – Blutrache“) seien Blutrachefehden in Albanien nach wie vor gegenwärtig. Ihre Anzahl hätte sich zuletzt erhöht. Gefährdet seien nicht nur der Täter und dessen Familienangehörige, sondern auch Anstifter und Mittäter. Die albanische Polizei sei nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes nur eingeschränkt in der Lage, Schutz zu gewähren, da sie käuflich sei und nicht immer nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handele. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger vertiefend vorgetragen: Er habe die Abiturprüfungen im Juni 2014 erfolgreich absolviert. Dies sei ihm dadurch möglich geworden, dass er seit dem Umzug der Familie 2011 nach U. Fernunterricht erhalten habe. Auch in der Haft und im Hausarrest sei er beschult worden. In Deutschland habe er mitbekommen, dass der wahre Täter im September 2014 von der Polizei in Fier verhaftet worden sei. Seine Eltern hätten ihm hiervon berichtet. Die Bedrohungen des Bruders des Opfers, F. Q. , über „facebook“ hätten sich nicht wiederholt. Dieser habe ihn, den Kläger, aus seinem „facebook“-Account gelöscht. Er habe den Staatsanwalt von dem „facebook“-Eintrag berichtet. Dieser habe jedoch keine Veranlassung zum Handeln gesehen, da er erst den Ausgang des Verfahrens habe abwarten wollen. Auch seine Familie, die seit Mai 2013 in ihrem Heimatdorf E. bei U1. lebe, sei seit Mai 2013 nicht mehr telefonisch bedroht worden. Allerdings habe der Mann der im Ort Puke lebenden Tante des Klägers im November 2014 einen Versöhnungsversuch unternommen. Er habe den Vater des Opfers telefonisch kontaktiert und im Hinblick auf die Verhaftung des Täters um Versöhnung ersucht. Dies habe der Vater des Opfers mit den Worten abgelehnt, dass man dem Kläger nie verzeihen werde. Die Eltern des Klägers lebten nach wie vor in E. . Dort verdiene der Vater den Lebensunterhalt mit einer Chrommine, die der Familie gehöre und zu der er regelmäßig zur Arbeit gehe. Besuche in größeren Städten meide er. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
8Die Kläger beantragen,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. November 2014 zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und sie als Asylberechtigte anzuerkennen,
10hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 3. bis 5. des Bescheides des Bundesamtes vom 28. November 2014 zu verpflichten, ihnen subsidiären Schutz zuzuerkennen,
11weiter hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 4. und 5. des Bescheides des Bundesamtes vom 28. November 2014 zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Albaniens besteht.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Dem von den Klägern am 8. Dezember 2014 gestellten Antrag auf Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes (6 L 2986/14.A) hat der Einzelrichter mit Beschluss vom 23. Dezember 2014 stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Ferner hat der Einzelrichter für das Klageverfahren mit Beschluss vom 19. Februar 2015 Prozesskostenhilfe bewilligt.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes ergänzend Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Die Klage ist zulässig (I.), jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (II.).
18I. Die Klage ist insbesondere hinsichtlich der isolierten Anfechtung der Ablehnung der Anträge der Kläger als offensichtlich unbegründet in den Ziffern 1. und 2. des Bescheides vom 28. November 2014 zulässig. Es besteht ein Rechtsschutzinteresse der Kläger an der isolierten Aufhebung des der Begründung zufolge auf § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG gestützten Offensichtlichkeitsausspruchs des Bundesamtes in diesem Bescheid. Die Kläger haben einen derart begrenzten Antrag zwar nicht ausdrücklich gestellt, dieser Antrag ist jedoch als „Minus“ von ihrem Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte sowie auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG umfasst.
19Vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 3. März 2008 – 6 A 141/05 –, in juris sowie VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 27 K 7938/10.A. -
20Ein Rechtsschutzinteresse der Kläger ergibt sich aus der Regelung in § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Danach darf die Ausländerbehörde grundsätzlich - von den in Satz 3 der Vorschrift geregelten Ausnahmen abgesehen - vor der Ausreise keinen Aufenthaltstitel erteilen, sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Aufgrund dieser gesetzlichen Sperre für die Erteilung von Aufenthaltstiteln ergeben sich für diejenigen Ausländer, deren Asylantrag das Bundesamt nach § 30 Abs. 3 AsylVfG abgelehnt hat, auch insoweit aus dem angegriffenen Asylbescheid eigenständige nachteilige Rechtsfolgen, die nur mit der gerichtlichen Aufhebung des Offensichtlichkeitsurteils - soweit es auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt wird - abgewendet werden können.
21Vgl. zur weiteren Begründung: VG Braunschweig, Urteil vom 3. März 2008 – 6 A 141/05 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 27 K 7938/10.A - und Urteil vom 14. September 2007 – 21 K 2318/07.A –, juris; Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 4. Januar 2007 – 14 A 66/06 –, juris.
22Das Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des Offensichtlichkeitsausspruches kann allerdings nur soweit reichen, wie auch die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG reicht, mithin sich nur auf eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet beziehen, die konkret auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt ist. Maßgeblich dafür, ob der Asylantrag gerade wegen § 30 Abs. 3 AsylVfG abgelehnt wurde, ist der Inhalt des Bundesamtsbescheides; dieser muss sich ausdrücklich auf § 30 Abs. 3 AsylVfG beziehen.
23Dies ist vorliegend der Fall. Im Bescheid vom 28. November 2014 werden die Anträge der Kläger ausdrücklich als offensichtlich unbegründet gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG abgelehnt, weil das Vorbringen insoweit als unsubstantiiert („unlogisch und unschlüssig“) zu werten sei.
24II. Die Klage ist nur teilweise begründet.
25Der Bescheid des Bundesamtes vom 28. November 2014 ist überwiegend rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten; ihnen stehen zu dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die geltend gemachten Ansprüche auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (1.) und auf Anerkennung als Asylberechtigte (2.) nicht zu; insoweit ist lediglich das auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützte Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes aufzuheben (3.). Die ferner geltend gemachten Ansprüche auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (4.) sowie auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG (5.) liegen ebenfalls nicht vor, so dass auch die Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden ist (6.), § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO.
261. Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer ein Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b).
27Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend ausgeschlossen, da die von den Klägern geltend gemachte „Verfolgung“ durch die Familie des Getöteten (Gijergi Q. ) nicht an ein Verfolgungsmerkmal im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG anknüpft. Denn die behauptete Verfolgungsfurcht beruht nicht auf der Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer politischen Überzeugung. In Betracht käme vorliegend allenfalls, die Familie des Klägers und dessen Verlobte, die Klägerin, als eine „soziale Gruppe“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG anzusehen, als deren „Mitglied“ die Kläger insbesondere durch den Vater und den Bruder des Opfers bedroht wären.
28Eine Gruppe gilt nach § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG insbesondere dann als eine „bestimmte soziale Gruppe“, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten. Zudem muss diese Gruppe in dem betreffenden Drittland eine deutlich abgegrenzte Identität haben, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Diese Abgrenzbarkeit muss schließlich schon vor der in Rede stehenden Verfolgung bestehen.
29Vgl. zur Richtlinie 2004/83/EG: EuGH, Urteil vom 7. November 2013 – C-199/12, C-200/12, C-20112 –, juris (=NVwZ 2014, 132-135); OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris (= InfAulsR 2007, 256-259).
30Zwar ist davon auszugehen, dass eine Familie durch die alle Mitglieder verbindende Verwandtschaft ein unveränderbares Merkmal teilt. Eine „soziale Gruppe“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG vermag sie aber nur dann darzustellen, soweit sie in der Gesellschaft des Heimatlandes des Antragstellers auch als deutlich abgrenzbare Gruppe mit eigener „Gruppenidentität“ wahrgenommen wird. Dies mag insbesondere in Ländern und Regionen in der Welt der Fall sein, wo ein Familienverband, ein Clan oder ein Stamm aufgrund äußerlicher Merkmale oder sonstiger Kennzeichen eine Gruppenidentität aufweist, insbesondere weil die Zugehörigkeit zur Familie, dem Clan oder dem Stamm im Lebensumfeld einen besonderen Stellenwert aufweist und identifikationsstiftend wirkt.
31Dies zugrunde gelegt, stellt die Familie des Klägers keine „soziale Gruppe“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG dar. Der Kläger wird – sein Vorbringen als wahr unterstellt – von den Angehörigen des Getöteten allenfalls als vermeintlicher Tatbeteiligter bedroht; nur von diesen Personen, nicht auch von (irgendwelchen) anderen Bürgerinnen und Bürgern in Albanien wird er in diesem Sinne „unterscheidend“ wahrgenommen. Dies gilt in einer Großstadt wie U. , in der der Kläger bis zuletzt lebte, erst recht. Die Unterscheidung, die auf Grund der wie auch immer gearteten Beteiligung des Klägers an der Schlägerei vom 28. März 2013 getroffen wird, entsteht schließlich erst durch die (vermeintliche) Verfolgungshandlung. Ein solcher Fall liegt aber nicht im Anwendungsbereich des in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG geschützten Rechtsguts.
32Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 39 (= InfAuslR 2007, 256-259); VG Weimar, Urteil vom 31. August 2009 – 7 K 20238/07 We –, juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 5. Dezember 2008 – 5 Bf 45/07. AZ –, juris Rn. 23 ff.; Sächs.OVG, Urteil vom 26. Februar 2013 – A 4 A 702/08 –, juris Rn. 45; BayVGH, Urteil vom 9. August 2010 – 11 B.0930091 –, juris Rn. 38; VG München, Urteil vom 11. Oktober 2013 – M 23 K 11.30203 –, juris Rn. 18; VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 K 14.30425 –, juris Rn. 26
332. Ein Anspruch der Kläger auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a Grundgesetz scheidet ebenfalls aus. Die Kläger sind nicht politisch verfolgt. Politische Verfolgung im Sinne von Art 16a Abs. 1 GG liegt vor, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Dementsprechend entfalten solche Verfolgungen Asylrelevanz, die sich auf die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder die politische Überzeugung von Menschen beziehen.
34Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 –, BVerfGE 80, 315-353, Beschluss vom 12. Februar 2008 - 2 BvR 2141/06 -, jeweils juris.
35Dies ist – wie vorstehend dargelegt – nicht der Fall.
363. Die Ablehnung des Asylantrages und des Antrages auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Kläger als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG ist indes rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG ist ein unbegründeter Antrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird. Anders als § 30 Abs. 1 und 2 AsylVfG, wo das Offensichtlichkeitsurteil an materielle Voraussetzungen geknüpft wird, ist die Grundlage des Offensichtlichkeitsurteils nach § 30 Abs. 3 AsylVfG die besonders schwerwiegende Verletzung von Mitwirkungspflichten. § 30 Abs. 3 AsylVfG normiert eine Sanktion für die Verletzung von Mitwirkungspflichten.
37Vgl. Marx, AsylVfG, § 30 Rn. 131, 138 f.; Gemeinschaftskommentar (GK), AsylVfG, § 30 Rn. 50.
38Das Bundesamt hat die Ablehnung der Anträge der Kläger als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG damit begründet, dass das Vorbringen als unsubstantiiert zu werten sei, da der Kläger den Hergang der Auseinandersetzung vom 28. März 2013 lediglich vage und unglaubhaft beschrieben habe.
39Bereits die Systematik des § 30 AsylVfG verbietet es, aus einem Vorbringen, das möglicherweise als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 1 oder 2 AsylVfG zu qualifizieren ist, ohne Hinzutreten besonderer Umstände zugleich einen groben Verstoß gegen Mitwirkungspflichten im Sinne des § 30 Abs. 3 AsylVfG herzuleiten. Vielmehr bedarf es für die Qualifizierung eines Asylantrages als unsubstantiiert im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG, dass bestimmte Umstände hinzukommen und vom Bundesamt dargelegt werden, die die mit der Ablehnung der Anträge als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 3 AsylVfG verbundene Sanktion rechtfertigen. Dies war hier nicht der Fall. Insbesondere schilderte der Kläger in der Anhörung umfassend die Beweggründe für seine Ausreise und berichtete insoweit auch detailliert den Ablauf der Schlägerei. Dass der Kläger die Herkunft der Eisenstange, mit der auf ihn eingeschlagen worden sei, nicht erklärt habe, lässt nach Aktenlage nicht auf die Unglaubhaftigkeit des Vorbringens schließen, zumal der Kläger hiernach nicht gefragt worden ist.
40Dessen ungeachtet ist – ohne dass es rechtlich darauf ankäme – die Einstufung des Begehrens als offensichtlich unbegründet im Ergebnis zutreffend. Sie rechtfertigt sich nach Maßgabe der Generalklausel des § 30 Abs. 1 AsylVfG. Danach ist der Antrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsschutz offensichtlich nicht vorliegen, was wiederum dann anzunehmen ist, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt.
41Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 5. Februar 1993 – 2 BvR 1297/92 – juris Rdn. 15.
42Das ist hier der Fall. Den von den Klägern vorgebrachten Umständen fehlt jegliche asyl- oder flüchtlingsrechtliche Relevanz. Denn es ist, wie bereits dargelegt, nichts ansatzweise dafür ersichtlich, dass unveräußerliche persönliche und mithin asylerhebliche Merkmale bzw. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe zur Anknüpfung gezielter Rechtsverletzungen genommen würden. Die Ablehnung des Antrages drängt sich daher – wenngleich nur über § 30 Abs. 1 AsylVfG – auf.
434. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG. Sie haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihnen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in ihrem Heimatland ein ernsthafter Schaden droht (a). Zudem müssen sich die Kläger auf internen Schutz verweisen lassen, § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylVfG (b). Im Übrigen fehlt es an der Voraussetzung, dass der albanische Staat erwiesenermaßen nicht schutzfähig oder -willig ist, § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3c Nr. 3, § 3d AsylVfG (c).
44a) Als ernsthafter Schaden gilt gemäß der hier allein näher in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Diese Vorschrift wurde in Umsetzung von Art. 15 Buchst. b) der Richtlinie RL 2011/95/EU erlassen und orientiert sich an Art. 3 EMRK. Daher ist die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK jedenfalls im Zweifel auch für die Anwendung und Auslegung von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG verbindlich.
45Vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 4 Rn. 22 f.
46Bei der Prüfung des subsidiären Schutzes (§ 4 Abs. 1 AsylVfG) ist – wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1 AsylVfG) – der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Die zum Asylgrundrecht entwickelten unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe, je nachdem, ob der Ausländer seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt ausgereist ist,
47vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –, juris Rn. 37 ff. unter Hinweis auf BVerfG, Beschlüsse vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147/80 u.a. -, BVerfGE 54, 341 (360), und vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 (344 f.); vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Mai 2009 - 10 C 21.08 -, NVwZ 2009, 1308, und vom 16. Februar 2010 - 10 C 7.09 -, juris, Rn. 21,
48finden im Rahmen von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG keine Anwendung. Für das Beweismaß verwendet der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte zu der Vorschrift des Art. 3 EMRK den Begriff der tatsächlichen Gefahr ("real risk"). Danach muss der Antragsteller konkrete Gründe bezeichnen, um beurteilen zu können, ob im Fall der Abschiebung im Zielstaat ein tatsächliches Risiko besteht, einer Behandlung ausgesetzt zu werden, die über die gesetzte Grenze hinausgeht. Das tatsächliche Risiko bezieht sich auf eine objektive Gefahrenlage, einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung unterworfen zu werden. Dabei differenziert der EGMR zwischen der – rechtlich unerheblichen – „bloßen Möglichkeit“ und der – beachtlichen – „ernsthaften“ bzw. „tatsächlichen Gefahr“.
49Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi -, NVwZ 2008, 1330, Marx, a.a.O., § 4 Rn. 41.
50Dieser Maßstab der ernsthaften bzw. tatsächlichen Gefahr entspricht dem der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 5.09 -; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –, jeweils juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 23. April 2013 – 6 B 82/13 –, juris m.w.N.
52Der EGMR vertritt mit Blick auf den objektivrechtlichen Ansatz in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Art. 3 EMRK absolut wirkt. Folglich wird die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auch auf nichtstaatliche Akteure bejaht und ist vom Verhalten der betreffenden Person unabhängig.
53Vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 1996, Nr. 25964/94 – Ahmed ./. Österreich; vgl. auch Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. Januar 2014 – E 7121/2013 –, abrufbar unter www.bvger.ch.
54Dies folgt nicht zuletzt gesetzessystematisch aus § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG, der auf §§ 3c bis 3e AsylVfG umfassend – also einschließlich der Vorschriften zum Schutz vor ernsthaften Schäden durch nichtstaatliche Akteure (§ 3c Nr. 3, § 3d AsylVfG) – Bezug nimmt.
55Nach diesen Maßstäben liegen stichhaltige Gründe für die Annahme, die Kläger seien im Falle ihrer Rückkehr nach Albanien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen Behandlung in Gestalt eines Racheaktes ausgesetzt, nicht vor.
56Das Gericht geht davon aus, dass sich die Auseinandersetzung vom 28. März 2013, in deren Verlauf der H. Q. erstochen wurde, jedenfalls im Kern so zugetragen hat wie von dem Kläger geschildert. Er hat den Vorgang sowohl gegenüber dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung widerspruchsfrei und detailreich beschrieben. Insofern wird auf das Anhörungsprotokoll des Bundesamtes und das Terminsprotokoll Bezug genommen.
57Aus den Darlegungen zu den anschließenden Bedrohungen durch Mitglieder der Familie des Getöteten lässt sich die Gefahr eines ernsthaften Schadens für die Kläger indes nicht beachtlich wahrscheinlich ableiten.
58Dabei ist zunächst einzustellen, dass der Täter des Tötungsdeliktes, P. C. , unstreitig mittlerweile verhaftet worden ist. Dass sich die Verhaftung am 19. September 2014 in der Stadt G. ereignet hat und der C. deshalb mit einer langjährigen Haftstrafe zu rechnen hat, hat der Kläger selbst bereits in der Anhörung bei dem Bundesamt angedeutet. Dies ergibt sich zusätzlich aus den zahlreichen Presseberichten und Veröffentlichungen, die im Internet allgemein zugänglich und – in Bezug auf den Täter C. – in der mündlichen Verhandlung von dem Dolmetscher übersetzt worden sind,
59Vgl. etwa http://www.noa.al/artikull/wanted-ne-fier-arrestohet-i-denuari-per-vrasje-dhe-5-te-tjere/441 037.html; https://www.youtube.com/watch?v=YGoW6xLXHI8.
60Mit der Festnahme des Täters ist ein Rachemotiv der Familie des Getöteten in Bezug auf den Kläger objektiv entfallen. Dies gilt um so mehr in Anbetracht des von dem Kläger selbst eingereichten Presseinterviews, welches der Bruder des Opfers, F. Q. , etwa sechs Monate nach der Tat – also im Herbst 2013 – geführt hatte: Er gab an, dass seine Familie „nichts anderes [möchte], außer dass der Täter des Mordes meines Bruders verhaftet wird und unsere Seelen ihre Ruhe finden“. Weiter heißt es dort: „Der Täter, der meinen Bruder getötet hat, ist noch nicht festgenommen worden. Alles was wir möchten, ist, dass die Polizei den Täter festnimmt“. Demnach war den Mitgliedern der Familie des getöteten H. Q. in erster Linie – wenn nicht gar ausschließlich – an der nunmehr vollzogenen Verhaftung des wahren Täters gelegen. Von dem seinerzeit inhaftierten Kläger war dagegen nicht ansatzweise die Rede.
61Auch kann aus dem Umstand, dass nach der aktuellen Auskunftslage nicht nur der Täter eines Tötungsdeliktes und dessen Familie, sondern auch Anstifter und Mittäter unter die Blutrache des Kanun fallen,
62vgl. BAMF, Blickpunkt Albanien – Blutrache, April 2014, S. 11,
63keine Gefahr für den Kläger abgeleitet werden. Der in dem von Klägerseite selbst vorgelegten Beschluss des Amtsgerichts U. vom 31. März 2013 (Nr. 404 Akti) ursprünglich (mit) erhobene Vorwurf der Tötung in Mittäterschaft wurde später mit Beschluss desselben Gerichts vom 24. Dezember 2013 (Nr. 2319/1) ausdrücklich fallen gelassen. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, dass nach dem Ermittlungsergebnis für den Kläger lediglich noch der Vorwurf einer „leichten vorsätzlichen Verletzung“ im Raum stehe, zu deren Sanktionierung wiederum ein Hausarrest anstelle von Gefängnishaft ausreichend sei. Der Verdacht einer Beteiligung des Klägers an dem Tötungsdelikt – sei es als Anstifter, Gehilfe oder Mittäter – ist damit auch im juristischen Sinne entfallen. Dies ist auch in dem von dem Kläger in Übersetzung eingereichten Presseartikel der Zeitung „Gazeta Shqip“ vom 9. Dezember 2013 vorab publiziert worden. Entgegen der Klagebegründung wird der Kläger darin der vorsätzlichen Tötung in Mittäterschaft gerade nicht mehr verdächtigt. In dem Presseartikel heißt es ausdrücklich: „Die Verdächtigen K1. L1. und […] werden wegen vorsätzlicher leichter Verletzung in Mittäterschaft und verschwiegener Straftat beschuldigt“. Im Hinblick darauf bedarf es einer Echtheitsüberprüfung dieser Unterlagen nicht.
64Vor diesem Hintergrund lässt sich auch aus den vorgeblichen Drohanrufen Ende April 2013, die angeblich die Familie des Klägers im Mai 2013 zum Wegzug in ihr Heimatdorf in Nordalbanien bewegt haben sollen, keine aktuelle Gefährdung der Kläger ableiten. Diese Anrufe haben sich nach Angaben des Klägers in der Folgezeit nicht mehr wiederholt. Auch die Bedrohung des Klägers über das online-Netzwerk „facebook“, die der Kläger angeblich im Dezember 2013 bzw. Januar 2014 von F. Q. erhalten hatte, ist einmalig geblieben. Vielmehr hat F. Q. den Kläger von seinem „facebook“-Zugang gelöscht. Soweit der Kläger schließlich berichtet, dass der Vater des Getöteten – ein ehemaliger Gardeoffizier, der laut einem weiteren eingereichten Pressebericht vom 30. März 2013 („Aktualitet“) zuletzt im Kommissariat Nr. 2 in U. seinen Polizeidienst versah – im November 2014 ein telefonisches Versöhnungsersuchen des Mannes der Tante des Klägers mit den Worten abgelehnt haben soll, man werde ihnen „nie verzeihen, sie sollten sich einschließen“, kann hieraus allein nicht auf eine „ernsthafte Gefahr“ für den Kläger geschlossen werden. Abgesehen davon, dass die Ablehnung einer von der Familie des Klägers angetragenen Versöhnung nicht ohne weiteres den Rückschluss auf eine unmittelbare Bedrohung für Leib oder Leben zulässt, spricht gegen eine ernsthafte Gefahr, dass die Familie des Klägers seit nunmehr fast zwei Jahren unbehelligt in ihrem Heimatdorf lebt. Namentlich der Vater des Klägers, der sich angeblich aufgrund der Drohanrufe im Mai 2013 gezwungen sah, seinen Dienst bei der Armee zu quittieren und U. zu verlassen, ist nach den Schilderungen des Klägers jedenfalls jetzt in der Lage, gemeinsam mit dem Onkel des Klägers seinen Lebensunterhalt in der familieneigenen Chrommine zu erwirtschaften. Er kann sich dort auch frei bewegen. Sollten daher die Mitglieder der verfeindeten Familie tatsächlich eine Gewalttat beabsichtigt haben, hätten sie genügend Zeit und Gelegenheit gehabt, die Angehörigen des Klägers für das vermeintlich von dem Kläger begangene Unrecht durch einen Akt der Blutrache zur Verantwortung zu ziehen. Dies gilt nach Lage der Dinge auch für den Kläger, der sich unmittelbar nach Beendigung des Hausarrests nicht nur in der Lage sah, mit dem Bus von U. in sein Heimatdorf zu reisen, sondern auch im Juni 2014 in der Stadt C1. D. seine Abiturprüfungen zu absolvieren, zu denen er durch jahrelange Fern- bzw. Ersatzbeschulung befähigt worden sein will. Hinzu kommt, dass der Kläger sich ausweislich der notariellen Bescheinigung vom 26. Juni 2014, mit der er seinen Rechtsanwälten Prozessvollmacht für seine Rechtsmittelverfahren erteilt hat, nach U. begeben und dort aufgehalten haben muss. Die Notwendigkeit, sich permanent „einzuschließen“, um einem Racheakt zu entgehen, hat folglich selbst der Kläger nicht gesehen. Insgesamt ist daher nicht feststellbar, dass die Wahrscheinlichkeit einer gegen den Kläger gerichteten Gewalttat über die bloße Möglichkeit einer Gefährdung hinausgeht. Dies gilt für die Klägerin, die insoweit keine eigenen Fluchtgründe vorgetragen, erst recht.
65b) Die Zuerkennung subsidiären Schutzes ist zudem gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylvfG ausgeschlossen, weil sich die Kläger auf internen Schutz verweisen lassen müssen. Die Kläger können einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung dadurch begegnen, dass sie sich in einem anderen Teil Albaniens niederlassen. Eine innerstaatliche Wohnsitzalternative ist grundsätzlich immer dann gegeben, wenn für eine Person in einem Teil ihres Herkunftslandes keine Gefahr eines ernsthaften Schadens besteht und sie sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise dort erwartet werden kann, dass sie sich dort niederlässt, § 4 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 3 e Abs. 1 AsylVfG. Dies ist hier der Fall. Die Kläger können aus vorstehenden Gründen durch Wohnsitznahme in dem Heimatdorf der Eltern des Klägers, möglicherweise auch in U. , wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist, eine Gefahr für Leib oder Leben abwenden, wodurch sie keinem realen Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK ausgesetzt sind.
66c) Darüber hinaus scheidet die Zuerkennung subsidiären Schutzes auch deshalb aus, weil nicht erwiesenermaßen feststeht, dass die albanischen Sicherheitsbehörden nicht willens oder in der Lage sind, den Klägern Schutz vor einem ernsthafter Schaden durch nichtstaatliche Akteure zu gewähren, § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3c Nr. 3 AsylVfG. Den Antragsteller trifft insoweit die Darlegungslast, d.h. er muss konkrete Tatsachen und Umstände bezeichnen, aus denen sich ergibt, dass er sich um Schutz bei staatlichen oder quasistaatlichen Stellen bemüht hat. Er muss die persönlichen Umstände, Verhältnisse und Erlebnisse mit Blick auf das Schutzbegehren schlüssig und hinsichtlich Ort und Zeit detailliert und vollständig darlegen.
67Vgl. VG Aachen, Urteil vom 30. Januar 2012 – 6 K 812/11.A –, juris Rn. 47; Marx, a.a.O., § 4 Rn. 35; Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: April 2011, § 60 AufenthG Rn. 141.
68Hieran fehlt es. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, seine Eltern hätten bereits erfolglos Anzeige bei der Polizei erstattet und er selbst habe sich – ebenfalls erfolglos – wegen der Bedrohung über „facebook“ „an den Staatsanwalt“ gewandt. Die diesbezüglichen Angaben des Klägers blieben jedoch trotz Nachfrage des Gerichts relativ vage und detailarm. Schriftliche Nachweise hat der Kläger hierzu nicht vorgelegt. Von daher kann nicht nachvollzogen werden, ob die Anzeigen tatsächlich erstattet wurden und wie sie gegebenenfalls von den albanischen Ermittlungsbehörden behandelt wurden.
69Dessen ungeachtet sind die albanischen Sicherheitsbehörden nach den im Internet allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen trotz nach wie vor bestehender Defizite generell fähig und willig, vor einem ernsthaften Schaden durch nichtstaatliche Akteure Schutz zu gewähren, § 3d Abs. 1 und 2 AsylVfG. Im Juni 2014 wurde Albanien der Status des Beitrittskandidaten zur Europäischen Union verliehen. Die Entscheidung des Europäischen Rats war Anerkennung der von Albanien unternommenen Reformmaßnahmen und gleichzeitig eine Ermutigung, notwendige Reformen weiter voranzutreiben. Aus den sich auf den Zeitraum Oktober 2013 bis September 2014 beziehenden Fortschrittsberichten der EU-Kommission ergibt sich, dass Albanien, auch wenn in vielen Bereichen noch Mängel festzustellen sind, u. a. Reformmaßnahmen im Bereich der Justiz und der öffentlichen Verwaltung umgesetzt und Fortschritte im Kampf gegen die Korruption und die organisierte Kriminalität erreicht hat. Denn der albanische Staat hat Reformwillen nicht nur gezeigt, sondern auch Reformen, gerade im Bereich der Justiz und Verwaltung, nachweisbar auf den Weg gebracht.
70Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2015 – 11 A 334/14.A –, juris m.w.N; BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 17 ff.; Home Office, Country Information an Guidance – Albania: Blood feuds, 2014, S. 6.
71Diese Anstrengungen erstrecken sich nicht zuletzt unter dem Eindruck gestiegener Asylbewerberzahlen in Europa auch auf das Phänomen der Blutrache, die der albanische Staat verstärkt bekämpft. Der albanische Staat hat spezielle Rechtsvorschriften erlassen bzw. auf den Weg gebracht. So wurde im Zuge der Novellierung des albanischen Strafgesetzbuchs im Jahre 2012 die vorsätzliche Tötung im Kontext mit Blutrache oder Blutfehde mit nunmehr nicht weniger als dreißig Jahren Freiheitsstrafe pönalisiert (Art. 78a). Selbst die Androhung von Blutrache wird mit einer Geldstrafe oder Inhaftierung bis zu drei Jahren bestraft (Art. 83a).
72Vgl. BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 18, www; Österr BVerwG, 12. Juni 2014 - G309 1437794 -1/4E -Home office, S. 19.
73Zuletzt hat der Rechtsausschluss des albanischen Parlaments im Februar 2015 eine Gesetzesvorlage zur Bekämpfung der Blutrache beschlossen und dem Parlament vorgelegt. Demnach fordert das Parlament die Ermittlungsbehörden zu einer Zusammenarbeit mit der Staatspolizei und zur Untersuchung sämtlicher Blutrachefälle auf.
74Vgl. http://www.globalpost.com/dispatch/news/xinhua-news-agency/150225/albania-drafts-resolution-prevention-blood-feud („Albania drafts resolution on prevention of blood feud”)
75Die Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen haben sich in ihrer Wirksamkeit verbessert. Gerade in Städten Nordalbaniens (Shkoder, Lezhe, Kukes) findet eine aktive Arbeit der Ermittlungsbehörden gegen Blutrache statt. Die Regierung hat die Ermittlungsbehörden zur Strafverfolgung von Blutrachefällen angewiesen, so dass im Jahre 2014 eine Reihe von Tätern angeklagt wurde.
76Vgl. Home Office, Country Information and Guidance – Albania: Blood feuds, 2014, S. 6.
77Seitens des Ombudsmannes (People’s Advocate) wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, staatliche Institutionen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Auf sein Bestreben wurde eine Task-Force für die Verfolgung und Untersuchung von Fällen eingerichtet, in denen die Behörden nicht ausreichend eingegriffen hatten.
78Vgl. BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 18.
79Vor diesem Hintergrund kann auch in Anbetracht der Tatsache, dass der Vater des Opfers ein einflussreicher Polizeibeamter ist und der albanische Staat gerade in derartigen Fällen möglicherweise nur eingeschränkt zu einer Schutzgewährung in der Lage ist,
80vgl. hierzu AA, Lagebericht vom 16. Dezember 2013 – 508-516.80/3 ALB; BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 19,
81nicht festgestellt werden, dass ein etwaiges Schutzersuchen der Kläger bei den albanischen Strafverfolgungsbehörden – einschließlich der albanischen Staatspolizei – von vorne herein aussichtslos wäre.
825. Es besteht hinsichtlich Albaniens auch kein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Nach § 60 Abs. 7 AufenthG soll von einer Abschiebung in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Von wem die Gewalt ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird, kommt es nicht an. Allerdings genügt allein eine theoretische Möglichkeit, das Opfer von Eingriffen in die nach § 60 Abs. 7 AufenthG geschützten Rechtsgüter zu werden, nicht. Für eine Schutzgewährung ist vielmehr erforderlich, dass eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit besteht. Eine solche haben die Kläger aus vorgenannten Gründen nicht vorgetragen.
836. Damit liegen auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung vor, §§ 34, 38 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 59 AufenthG.
84Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Gründe
Gericht: VG München
Aktenzeichen: M 17 K 16.30705
Im Namen des Volkes
Gerichtsbescheid
vom
17. Kammer
Sachgebiets-Nr. 710
In der Verwaltungsstreitsache
...
- Klägerin -
bevollmächtigt: ...
gegen
... vertreten durch Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Außenstelle ...
- Beklagte -
beteiligt: Regierung von ... Vertreter des öffentlichen Interesses
wegen Vollzugs des Asylgesetzes (AsylG)
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 17. Kammer,
durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichter am
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin ist albanische Staatsangehörige, muslimischer Glaubensrichtung. Sie reiste nach eigenen Angaben am ... 2014 von ... auf dem Luftweg zusammen mit ihrer Tochter und Enkelkindern (M 21 S 16.30172 und M 21 K 16.30171) in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am ... 2015 Asylantrag.
Einer Ladung zur Anhörung durch das Bundesamt für den ... 2015 kam die Klägerin nicht nach.
In ihrer schriftlichen Stellungnahme vom
Unter dem ... 2016 trug der Bevollmächtigte der Klägerin ebenfalls vor, dass die Tochter aufgrund ihrer Erkrankung auf die Hilfe der Klägerin angewiesen sei.
Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde u. a. wie folgt ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen offensichtlich nicht vor. Selbst bei Wahrunterstellung der Bedrohungen sei dem Sachverhalt lediglich zu entnehmen, dass es sich im vorliegenden Fall um allgemeine Kriminalität handele, die keinen flüchtlingsrelevanten Anknüpfungspunkt habe. Die Krankheit der erwachsenen Tochter stelle keinen eigenen Asylgrund dar und sei daher flüchtlingsrechtlich irrelevant. Der Vortrag der Klägerin sei für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nicht geeignet. Zwar befürchte die Klägerin, dass die vorgetragenen Bedrohungen sich fortsetzen würden, gleichwohl seien für eine derartige Annahme keine stichhaltigen Gründe vorgebracht worden. Im Gegenteil spreche ihr Ehemann (Gesch.-Z. 6485396-121) in seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am ... 2016 nur von einem einmaligen Vorfall, bei dem er und seine Enkelkinder von einem ihm unbekannten Auto beinahe angefahren worden wären. Auch die Tatsache, dass der Ehemann seinerzeit keine Anzeige bei der Polizei machte, spreche nicht für eine (an-)dauernde Bedrohung. Selbst, wenn es diese Bedrohungen tatsächlich gegeben habe, so hätten diese nach eigenen Angaben der Klägerin vor allem ihre Enkelkinder und nicht sei selbst getroffen. Die Klägerin habe darüber hinaus nichts dazu vorgetragen, dass sie um staatlichen Schutz nachgesucht habe und somit möglichen Schutzakteuren Gelegenheit gegeben habe, zu ihren Gunsten tätig zu werden. Zudem wäre es der Klägerin zuzumuten gewesen, ihren Wohnsitz in andere Teile von Albanien zu verlegen. Auch führten die derzeitigen humanitären Bedingungen in Albanien nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung der Klägerin eine Verletzung des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot. Es habe nicht nachvollziehbar dargelegt werden können, dass bei der Rückkehr die Klägerin derart schlechter gestellt sei, dass das Erreichen des Existenzminimums unter Ausschöpfung sämtlicher Hilfeleitungen nicht sicherzustellen sei. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG. Nach Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens sei die Festlegung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 10 Monate bzw. 30 Monate angemessen. Die Krankheit ihrer Tochter sei kein schutzwürdiger Belang im Sinne des § 11 AufenthG, da diese bereits erwachsen sei und deren Asylantrag ohnehin mit Bescheid vom 11. Januar 2016 als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sei.
Die Tochter der Klägerin erhob am 2. Februar 2016 Klage (M 21 K 16.30171) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 11. Januar 2016. Ihr gleichzeitig gestellter Eilantrag (M 21 S 16.30172) lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 3. März 2016 ab.
Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 6. April 2016, dem Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tag zugegangen, Klage mit dem Antrag,
den Bescheid des Bundesamtes vom
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass die an Multiple Sklerose erkrankte Tochter, die sich derzeit in einer noch nicht abgeschlossenen Behandlung im Behandlungszentrum ... befinde, dringend auf die Hilfe der Klägerin angewiesen sei. Aufgrund der damit verbundenen Krankenhausaufenthalte könne sich die Tochter nur schwer um ihre beiden Söhne kümmern. Auch müsse die Klägerin mit tätlichen Angriffe auf ihr Leben seitens der Familien ... und ... rechnen. In einer sehr lange andauernden Fehde zwischen der Familie der Klägerin und den anderen Familien sei es seit dem 8. August 1998 immer wieder zu tätlichen Auseinandersetzungen mit schweren Verletzungen und Todesfolgen gekommen. Die Klägerin fürchte die Blutrache dieser Familien. Von den örtlichen Polizeibehörden erwarte die Klägerin keinen Schutz, da die Angriffe nie unterbunden worden seien.
Der Bevollmächtigte der Klägerin übersandte mit Schriftsatz vom
Die Beklagte übersandte am
Das Verwaltungsgericht München lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO sowie die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 9. Juni 2016 ab (M 17 S 16.30706) und übertrug mit Beschluss vom 9. Juni 2016 den Rechtstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter.
Mit Schreiben vom
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1. Über die Klage konnte nach vorheriger Anhörung der Klägerseite durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da sie keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO). Die Beklagte hat auf die Anhörung zu Entscheidungen durch Gerichtsbescheid generell mit allgemeiner Prozesserklärung vom 25. Februar 2016 verzichtet.
2. Soweit mit der erhobenen Anfechtungsklage die Aufhebung des Bescheids vom
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - insbesondere auch zu Asylverfahren - ist grundsätzlich von einem Vorrang der Verpflichtungsklage auszugehen mit der Folge, dass Rechtsschutz gegen die Ablehnung eines begünstigenden Verwaltungsaktes grundsätzlich (nur) durch eine Verpflichtungsklage ("Versagungsgegenklage") zu erstreiten ist, welche die Aufhebung des Versagungsbescheids umfasst, soweit er entgegensteht. Die Rechtsprechung erkennt aber an, dass allein die Aufhebung des Versagungsbescheids ausnahmsweise ein zulässiges - gegenüber der Verpflichtungsklage für den Kläger vorteilhafteres - Rechtsschutzziel sein kann, wenn eine mit diesem Bescheid verbundene Beschwer nur so oder besser abgewendet werden kann. In derartigen Fällen besteht ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für eine (isolierte) Anfechtungsklage. Dazu zählt etwa die isolierte Anfechtung der Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn die beklagte Ausländerbehörde zwischenzeitlich nicht mehr zuständig ist (st. Rspr.; vgl. BVerwG, U. v. 21.11.2006 - 1 C 10/06 - BVerwGE 127, 161-177), und die isolierte Anfechtung der Einstellung eines Asylverfahrens durch das Bundesamt wegen angeblichen Nichtbetreibens des Verfahrens (BVerwG, U. v. 7.3.1995 - 9 C 264/94 - juris). Es kann offenbleiben, ob die Ausnahmefälle zutreffend zusammengefasst dahin umschrieben werden können, dass eine isolierte Anfechtung stets dann nicht am Vorrang der Verpflichtungsklage scheitert, wenn sich das Verpflichtungsbegehren erledigt hat oder der Kläger jedenfalls den Verwaltungsakt nicht mehr erstrebt, die Ablehnung aber eine selbstständige Beschwer enthält (BVerwG, U. v. 21.11.2006 a. a. O., vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 42 Abs. 1 RdNr. 112; ähnlich Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 42 Rn. 30; a.A. - für eine weitergehende Zulassung der isolierten Anfechtung - Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 42 RdNrn. 335 ff.; Eyermann/Happ, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rdnrn. 18 ff., jeweils m. w. N.). Auch in Verfahren nach § 14 a Abs. 2 AsylG kann die isolierte Anfechtung sachdienlich sein, wenn an einem positiven Asylbescheid des Bundesamts letztlich kein Interesse besteht oder Gründe für die Zuerkennung von Asyl oder Abschiebungsschutz offenkundig nicht bestehen (BVerwG, U. v. 21.11.2006 a. a. O.).
Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor. Das Ziel der Antragstellung dürfte die Anerkennung als Asylberechtigte, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, subsidiären Schutzes, hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten gewesen sein. Rechtsschutz für dieses Ziel lässt sich jedoch mit einer isolierten Anfechtungsklage nicht erreichen. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat Anfechtungsantrag gestellt, an diesen Antrag ist das Gericht nach § 88 VwGO gebunden. Die allgemeine Zulassung der isolierten Anfechtungsklage anstelle der Verpflichtungsklage widerspräche dem gesetzlichen Rechtsschutzsystem und wäre im Hinblick auf die Wiedereröffnung des Rechtswegs - nach einer Stattgabe der Klage, die das Verpflichtungsbegehren praktisch in die Verwaltung zurückverweist - mit dem Grundsatz der Prozessökonomie schwerlich zu vereinbaren. Jedenfalls für den Asylprozess scheidet eine solche wahlweise Zulassung der isolierten Anfechtung mit Rücksicht auf die gebotenen Konzentration und Beschleunigung von Asylverfahren aus.
3. Die Klage ist ebenfalls unzulässig, soweit sie sich gegen Nr. 7 des Bescheids richtet. Bezüglich Nr. 7 des streitgegenständlichen Bescheids, in der das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG lediglich gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet wird, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Denn die schlichte Aufhebung der Nr. 7 des Bescheids aufgrund einer Anfechtungsklage beträfe lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das - unmittelbar kraft Gesetz geltende - Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung der Klägerin wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste, ebenso wie die Erteilung einer Betretenserlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 AufenthG, im Wege der Verpflichtungsklage erstritten werden (vgl. NdsOVG, B. v. 14.12.2015 - 8 PA 199/15 - juris Rn. 5; VG München, B. v. 12.1.2016 - M 21 S 15.31689 - UA S. 8; VG Ansbach, B. v. 20.11.2015 - AN 5 S 15.01667 - juris Rn. 2;
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass von Klägerseite keine substantiierten Bedenken gegen die Länge der Befristung vorgebracht wurden.
4. Bezüglich der Abschiebungsandrohung in Nr. 5 des Bescheids ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO).
Die Abschiebungsandrohung nach Albanien wurde zu Recht auf § 34 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG gestützt. Die Klägerin ist weder als Asylberechtigte anerkannt noch besitzt sie einen Aufenthaltstitel. Hinsichtlich ihres Herkunftslandes Albanien wurden weder eine politische Verfolgung noch das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG dargetan.
4.1. Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling oder Asylberechtigter rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Klägerin nicht erkennbar. Das Gericht nimmt insoweit auf die Begründung des Bundesamtes Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
4.1.1. Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29 a Abs. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i. S. d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Das Heimatland der Klägerin, Albanien, ist ein sicherer Herkunftsstaat in diesem Sinne (vgl. § 29 a Abs. 2 AsylG i. V. m. Anlage II). Die Einstufung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat erfolgte aufgrund des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) mit Wirkung vom 24. Oktober 2015. Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1507/93 - Rn. 65).
Gegen die Einstufung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat bestehen weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken (VG Berlin, B. v. 22.12.2015 - 33 L 357.15 A - juris Rn. 13-24; VG München, B. v. 01.03.2016 - M 17 S 16.30322).
Die Klägerin hat die durch § 29 a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Die von der Klägerin angegebenen Tatsachen und Beweismittel begründen gerade nicht die Annahme, dass ihnen abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
4.1.2. Ihr Vorbringen, aufgrund einer Familienfehde/Blutrache mit dem Tod bedroht zu werden, lässt bereits keine Anknüpfung an die für die Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Merkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG erkennen. Danach bedarf es einer begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Die Klägerin trägt vielmehr vor, Opfer kriminellen Handelns geworden zu sein, ein verfolgungsrelevanter Bezug ist nicht erkennbar. Hinzu kommt, dass eine konkrete Bedrohung der Klägerin nicht substantiiert dargetan wurde.
4.1.3. Zudem erfordert § 3 c Nr. 3 AsylG bei einer von einem nichtstaatlichen Akteur ausgehenden Verfolgung, dass der Staat nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz zu gewähren. Von einer Unwilligkeit oder Unfähigkeit der albanischen Behörden, ihre Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, ist aber nicht auszugehen. Das Gericht teilt gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (vor allem auch des Berichts über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien des Auswärtigen Amts vom 10. Juni 2015 (Stand Mai 2015) - im Folgenden: Lagebericht) die Einschätzung des Bundesamtes, dass der albanische Staat bei einer derartigen Bedrohung, bei der es sich um kriminelles Unrecht eines nichtstaatlichen Akteurs handelte, in der Lage und auch willens ist, hinreichenden Schutz zu gewähren (§ 3 c Nr. 3, § 3 d Abs. 1 und 2 AsylG; vgl. allgemein zum Schutz durch den albanischen Staat auch: OVG NW, B. v. 23.02.2015 - 11 A 334/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG München, B. v. 10.09.2015 - M 2 S 15.31175; VG München, B. v. 4.2.2016 - M 11 S 15.31693; VG München, B. v. 14.01.2016 - M 4 S 15.31618; VG Düsseldorf, B. v. 1.02.2016 - 17 L 95/16.A - juris Rn. 18ff;
4.1.4. Ferner ist davon auszugehen, dass - jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden - ganz offensichtlich eine inländische Fluchtalternative besteht (§ 3 e AsylG). Die Klägerin kann jedenfalls durch Verlegung ihres Wohnsitzes in urbane Zentren anderer - etwa südlicher - Landesteile Albaniens, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist und nichtstaatliche Dritte mit asylrechtlich hinreichender Sicherheit nicht ausfindig machen können, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden. Eine Übersiedelung in andere Teile des Landes unterliegt keinen rechtlichen Einschränkungen (vgl. Lagebericht S. 11; VG Düsseldorf, U. v. 12.03.2015 - 6 K 8197/14.A - juris Rn. 63; VG Düsseldorf, B. v. 23.11.2015 - 17 L 3729/15.A - juris Rn. 38ff.; VG Düsseldorf, B. v. 14.10.2015 - 17 L 3111/15. A - juris, Rn. 20; VG Oldenburg, U. v. 10.4.2015 - 5 A 1688/14 - juris; VG München, B. v. 3.2.2016 - M 5 S 15.31520 - UA S. 7).
4.2. Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt daher auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
4.2.1. Auch bei Annahme einer drohenden erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG durch einen nichtstaatlichen Akteur kommt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i. V. m. der entsprechenden Anwendung des § 3 c Nr. 3 AsylG die Gewährung subsidiären Schutzes nicht in Betracht, weil es an der Voraussetzung, dass der Staat erwiesenermaßen nicht schutzfähig oder -willig ist, fehlt.
4.2.2. Allein wegen der harten Lebensbedingungen und allgemein bestehenden ärmlichen Verhältnisse in Albanien vermag sich die Klägerin weder auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG noch auf § 60 Abs. 5 AufenthG unter Berücksichtigung von Art. 3 EMRK zu berufen. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse kann nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschlich oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK erfüllen (BVerwG, U. v. 31.01.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, S. 1167ff. - juris Rn. 23 - 26 sowie Rn. 38; VGH BW, U. v. 24.07.2013 - A 11 S 697/13 m. w. N.). Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin eine Existenzgrundlage bei Ihrer Rückkehr gänzlich fehlen würde, sind nicht ersichtlich. Die humanitären Bedingungen für Rückkehrer sind grundsätzlich nicht als derart schlecht zu bewerten, dass diese den Schweregrad einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRGK aufweisen (VG München, B. v. 23.11.2015 - M 2 S 15.31322 - UA S. 12f.;
4.2.3. Was insbesondere § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anbetrifft, fehlt es an einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit. Eine Verletzung von Menschenrechten oder Grundfreiheiten, die sich aus der EMRK ergäbe, ist nicht ersichtlich. Die behauptete Bedrohungslage erfüllt diese Voraussetzungen jedenfalls nicht. Ungeachtet dessen, dass die Inanspruchnahme staatlichen Schutzes zumutbar ist, besteht für die Klägerin - wie dargestellt - die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen.
Auch begründet die Erkrankung der Tochter der Klägerin kein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, da eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit individuell für die Klägerin („für diesen Ausländer“ im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylG) bestehen muss.
4.3. Eine etwaige Geltendmachung der Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen aufgrund der familiären Verhältnisse und ggf. Pflegebedürftigkeit der Tochter (Art. 6 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK) wäre kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, sondern ein im Rahmen von § 60a AufenthG zu prüfendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, für das sich die Klägerin auf einen Antrag auf Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde verweisen lassen muss (vgl. NdsOVG, U. v. 18.5.2010 - 11 LB 186/08 - juris Rn. 47; OVG Berlin-Bbg. B. v. 30.4.2013 - OVG 12 S 25.13 - juris unter Hinweis auf § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG; BVerwG, U. v. 25.9.1997 - 1 C 6/97 - juris).
4.4. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
5. Schließlich ist auch die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG in Nr. 6 des Bescheids vom 31. März 2016 rechtmäßig. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal der Kläger gegen dieses Einreise- und Aufenthaltsverbot keine substantiierten Einwendungen vorgebracht und insbesondere keine Ermessensfehler geltend gemacht hat.
6. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten die Zulassung der Berufung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. Dem Antrag sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
mündliche Verhandlung beantragen.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
Dem Antrag eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
...
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 28. November 2014 wird in Nr. 1. und 2. insoweit aufgehoben, als darin ein Offensichtlichkeitsurteil gemäß § 30 Abs. 3 AsylVfG enthalten ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00. März 1995 in Bajram Curri geborene Kläger ist ebenso wie seine Verlobte, die am 00. Januar 1996 in Burrel geborene Klägerin, albanischer Staatsangehöriger muslimischen Glaubens.
3Der Kläger reiste am 28. Juni 2014 auf dem Luftweg aus dem Kosovo (Prishtina) in das Bundesgebiet ein. Die Klägerin folgte ihm am 12. Juli 2014 auf demselben Wege nach.
4Die Kläger stellten am 24. Juli 2014 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – nachfolgend: Bundesamt – einen Asylantrag, den sie bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 17. Oktober 2014 im Wesentlichen damit begründeten, dass dem Kläger ein Racheakt drohe. Der Kläger führte hierzu aus, er habe sich am 28. März 2013 gemeinsam mit mehreren Freunden und Bekannten zu einem vereinbarten Treffpunkt im Stadtviertel „L. e Q1. “ von Tirana begeben, um dort einen Streit mit zwei anderen Jugendlichen – K. S. und H. Q. – zu klären. Im Zuge der Auseinandersetzung sei er selbst von dem S. mit einer Eisenstange zwei Mal auf den Kopf geschlagen worden. Er habe sich trotzdem mit Faustschlägen zur Wehr gesetzt. Einer seiner Freunde („B. “) habe die Stange genommen und auf den Angreifer (S. ) eingeschlagen. Der H. Q. habe nur dagestanden wie betäubt. Später im Auto habe einer der Bekannten des Klägers – P. C. – gesagt, er habe den Q. an den Hals geschlagen und mit dem Messer ins Bein gestochen. Tatsächlich, so der Kläger, müsse er ihm aber ins Herz gestochen haben. Hiervon habe er, der Kläger, während der Schlägerei aber nichts mitbekommen. Der P. C. habe im Auto erzählt, dass er mit einem Messer auf den Q. eingestochen hätte. Sie hätten ihn daraufhin angeschrien, wie er das habe tun können. Anschließend hätten sie sich vom Tatort entfernt. Er selbst habe sich dann nach Hause begeben und seiner Familie von dem Vorfall erzählt. Später hätten sie in den Nachrichten gesehen, dass einer verstorben und einer verletzt gewesen sei. Hierauf habe er sich am nächsten Morgen der Polizei gestellt. Hierzu sei er zunächst ins Justizministerium gegangen. Dort hätten sich sein Vater und sein Onkel in einem Café aufgehalten. Von dort habe sein Vater die Polizei gerufen, die ihn, den Kläger, dann abgeholt habe. Er habe dann auf der Polizeidirektion seine Aussage gemacht und sei dann festgenommen worden. Er sei sodann Ende März 2013 inhaftiert und zunächst auch der Tötung in Mittäterschaft verdächtigt worden. Der C. sei zunächst flüchtig gewesen. Dessen Anwalt habe im Herbst 2013 die Tat eingeräumt. Hierauf sei Ende Dezember 2013 die Haft des Klägers in Hausarrest umgewandelt worden. Den Hausarrest habe er in der Wohnung in U. abgesessen. Die Maßnahme habe bis zum 7. April 2014 gedauert. Während seiner Haft sei die Familie Ende April 2013 durch die Familie des Getöteten bedroht worden. Auch er selbst habe von dem Bruder des Getöteten, F. Q. , über das online-Netzwerk „facebook“ am 18. Dezember 2013 und am 15. Januar 2014 Todesdrohungen erhalten. Seine Familie habe Anzeige bei der Polizei erstattet. Die Anzeige sei dort jedoch nicht ernst genommen worden, weil der Vater des Opfers bei der Garde der Republik arbeite. Versöhnungsversuche seines Onkels seien seines Wissens fehlgeschlagen. Am 8. Mai 2014 sei er mit der Klägerin mit dem Bus in das Heimatdorf der Eltern bei U1. (E. ) gefahren. Dort hätten die beiden Familien Verlobung gefeiert und die Ausreise der Kläger beschlossen. Der Kläger habe sich sodann nach Prishtina begeben; die Klägerin habe noch einen Pass beschaffen müssen und sei dann ebenfalls über Prishtina ausgereist. Er stehe mit seiner Familie telefonisch in Kontakt. Von ihr habe er erfahren, dass der wahre Täter mittlerweile festgenommen sei. Trotzdem seien weiterhin Bedrohungen ausgesprochen worden. Er selbst habe 2014 noch das Abitur am B1. -W. -Gymnasium in C1. D. abgelegt.
5Die Klägerin bestätigte in ihrer Anhörung die Angaben des Klägers und führte ergänzend aus, dass sich der Kläger während des Hausarrests mehrfach bei der Polizei habe melden müssen. Sie fühle sich ebenfalls gefährdet.
6Mit Bescheid vom 28. November 2014 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wird sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht bestehen. Ferner drohte es den Klägern für den Fall der Nichtausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung die Abschiebung nach Albanien an. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, die Darstellung des Klägers von der Schlägerei sei aufgrund der dürftigen Schilderung in wesentlichen Punkten unglaubhaft und daher im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG unsubstantiiert bzw. unschlüssig.
7Dagegen haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Der Kläger macht unter Vorlage zahlreicher Unterlagen – vorwiegend Presseberichte und Gerichtsentscheidungen –, die dem Gericht in der durch eine albanische Notarin am 20. Dezember 2014 beglaubigten Übersetzung vorliegen, ergänzend geltend: Nach einem Bericht des Bundesamtes von April 2014 („Blickpunkt Albanien – Blutrache“) seien Blutrachefehden in Albanien nach wie vor gegenwärtig. Ihre Anzahl hätte sich zuletzt erhöht. Gefährdet seien nicht nur der Täter und dessen Familienangehörige, sondern auch Anstifter und Mittäter. Die albanische Polizei sei nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes nur eingeschränkt in der Lage, Schutz zu gewähren, da sie käuflich sei und nicht immer nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handele. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger vertiefend vorgetragen: Er habe die Abiturprüfungen im Juni 2014 erfolgreich absolviert. Dies sei ihm dadurch möglich geworden, dass er seit dem Umzug der Familie 2011 nach U. Fernunterricht erhalten habe. Auch in der Haft und im Hausarrest sei er beschult worden. In Deutschland habe er mitbekommen, dass der wahre Täter im September 2014 von der Polizei in Fier verhaftet worden sei. Seine Eltern hätten ihm hiervon berichtet. Die Bedrohungen des Bruders des Opfers, F. Q. , über „facebook“ hätten sich nicht wiederholt. Dieser habe ihn, den Kläger, aus seinem „facebook“-Account gelöscht. Er habe den Staatsanwalt von dem „facebook“-Eintrag berichtet. Dieser habe jedoch keine Veranlassung zum Handeln gesehen, da er erst den Ausgang des Verfahrens habe abwarten wollen. Auch seine Familie, die seit Mai 2013 in ihrem Heimatdorf E. bei U1. lebe, sei seit Mai 2013 nicht mehr telefonisch bedroht worden. Allerdings habe der Mann der im Ort Puke lebenden Tante des Klägers im November 2014 einen Versöhnungsversuch unternommen. Er habe den Vater des Opfers telefonisch kontaktiert und im Hinblick auf die Verhaftung des Täters um Versöhnung ersucht. Dies habe der Vater des Opfers mit den Worten abgelehnt, dass man dem Kläger nie verzeihen werde. Die Eltern des Klägers lebten nach wie vor in E. . Dort verdiene der Vater den Lebensunterhalt mit einer Chrommine, die der Familie gehöre und zu der er regelmäßig zur Arbeit gehe. Besuche in größeren Städten meide er. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
8Die Kläger beantragen,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. November 2014 zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und sie als Asylberechtigte anzuerkennen,
10hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 3. bis 5. des Bescheides des Bundesamtes vom 28. November 2014 zu verpflichten, ihnen subsidiären Schutz zuzuerkennen,
11weiter hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 4. und 5. des Bescheides des Bundesamtes vom 28. November 2014 zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Albaniens besteht.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Dem von den Klägern am 8. Dezember 2014 gestellten Antrag auf Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes (6 L 2986/14.A) hat der Einzelrichter mit Beschluss vom 23. Dezember 2014 stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet. Ferner hat der Einzelrichter für das Klageverfahren mit Beschluss vom 19. Februar 2015 Prozesskostenhilfe bewilligt.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes ergänzend Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Die Klage ist zulässig (I.), jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (II.).
18I. Die Klage ist insbesondere hinsichtlich der isolierten Anfechtung der Ablehnung der Anträge der Kläger als offensichtlich unbegründet in den Ziffern 1. und 2. des Bescheides vom 28. November 2014 zulässig. Es besteht ein Rechtsschutzinteresse der Kläger an der isolierten Aufhebung des der Begründung zufolge auf § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG gestützten Offensichtlichkeitsausspruchs des Bundesamtes in diesem Bescheid. Die Kläger haben einen derart begrenzten Antrag zwar nicht ausdrücklich gestellt, dieser Antrag ist jedoch als „Minus“ von ihrem Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte sowie auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG umfasst.
19Vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 3. März 2008 – 6 A 141/05 –, in juris sowie VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 27 K 7938/10.A. -
20Ein Rechtsschutzinteresse der Kläger ergibt sich aus der Regelung in § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Danach darf die Ausländerbehörde grundsätzlich - von den in Satz 3 der Vorschrift geregelten Ausnahmen abgesehen - vor der Ausreise keinen Aufenthaltstitel erteilen, sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Aufgrund dieser gesetzlichen Sperre für die Erteilung von Aufenthaltstiteln ergeben sich für diejenigen Ausländer, deren Asylantrag das Bundesamt nach § 30 Abs. 3 AsylVfG abgelehnt hat, auch insoweit aus dem angegriffenen Asylbescheid eigenständige nachteilige Rechtsfolgen, die nur mit der gerichtlichen Aufhebung des Offensichtlichkeitsurteils - soweit es auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt wird - abgewendet werden können.
21Vgl. zur weiteren Begründung: VG Braunschweig, Urteil vom 3. März 2008 – 6 A 141/05 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 27 K 7938/10.A - und Urteil vom 14. September 2007 – 21 K 2318/07.A –, juris; Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 4. Januar 2007 – 14 A 66/06 –, juris.
22Das Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des Offensichtlichkeitsausspruches kann allerdings nur soweit reichen, wie auch die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG reicht, mithin sich nur auf eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet beziehen, die konkret auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt ist. Maßgeblich dafür, ob der Asylantrag gerade wegen § 30 Abs. 3 AsylVfG abgelehnt wurde, ist der Inhalt des Bundesamtsbescheides; dieser muss sich ausdrücklich auf § 30 Abs. 3 AsylVfG beziehen.
23Dies ist vorliegend der Fall. Im Bescheid vom 28. November 2014 werden die Anträge der Kläger ausdrücklich als offensichtlich unbegründet gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG abgelehnt, weil das Vorbringen insoweit als unsubstantiiert („unlogisch und unschlüssig“) zu werten sei.
24II. Die Klage ist nur teilweise begründet.
25Der Bescheid des Bundesamtes vom 28. November 2014 ist überwiegend rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten; ihnen stehen zu dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die geltend gemachten Ansprüche auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (1.) und auf Anerkennung als Asylberechtigte (2.) nicht zu; insoweit ist lediglich das auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützte Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes aufzuheben (3.). Die ferner geltend gemachten Ansprüche auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (4.) sowie auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG (5.) liegen ebenfalls nicht vor, so dass auch die Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden ist (6.), § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO.
261. Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer ein Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b).
27Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend ausgeschlossen, da die von den Klägern geltend gemachte „Verfolgung“ durch die Familie des Getöteten (Gijergi Q. ) nicht an ein Verfolgungsmerkmal im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG anknüpft. Denn die behauptete Verfolgungsfurcht beruht nicht auf der Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer politischen Überzeugung. In Betracht käme vorliegend allenfalls, die Familie des Klägers und dessen Verlobte, die Klägerin, als eine „soziale Gruppe“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG anzusehen, als deren „Mitglied“ die Kläger insbesondere durch den Vater und den Bruder des Opfers bedroht wären.
28Eine Gruppe gilt nach § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG insbesondere dann als eine „bestimmte soziale Gruppe“, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten. Zudem muss diese Gruppe in dem betreffenden Drittland eine deutlich abgegrenzte Identität haben, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Diese Abgrenzbarkeit muss schließlich schon vor der in Rede stehenden Verfolgung bestehen.
29Vgl. zur Richtlinie 2004/83/EG: EuGH, Urteil vom 7. November 2013 – C-199/12, C-200/12, C-20112 –, juris (=NVwZ 2014, 132-135); OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris (= InfAulsR 2007, 256-259).
30Zwar ist davon auszugehen, dass eine Familie durch die alle Mitglieder verbindende Verwandtschaft ein unveränderbares Merkmal teilt. Eine „soziale Gruppe“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG vermag sie aber nur dann darzustellen, soweit sie in der Gesellschaft des Heimatlandes des Antragstellers auch als deutlich abgrenzbare Gruppe mit eigener „Gruppenidentität“ wahrgenommen wird. Dies mag insbesondere in Ländern und Regionen in der Welt der Fall sein, wo ein Familienverband, ein Clan oder ein Stamm aufgrund äußerlicher Merkmale oder sonstiger Kennzeichen eine Gruppenidentität aufweist, insbesondere weil die Zugehörigkeit zur Familie, dem Clan oder dem Stamm im Lebensumfeld einen besonderen Stellenwert aufweist und identifikationsstiftend wirkt.
31Dies zugrunde gelegt, stellt die Familie des Klägers keine „soziale Gruppe“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG dar. Der Kläger wird – sein Vorbringen als wahr unterstellt – von den Angehörigen des Getöteten allenfalls als vermeintlicher Tatbeteiligter bedroht; nur von diesen Personen, nicht auch von (irgendwelchen) anderen Bürgerinnen und Bürgern in Albanien wird er in diesem Sinne „unterscheidend“ wahrgenommen. Dies gilt in einer Großstadt wie U. , in der der Kläger bis zuletzt lebte, erst recht. Die Unterscheidung, die auf Grund der wie auch immer gearteten Beteiligung des Klägers an der Schlägerei vom 28. März 2013 getroffen wird, entsteht schließlich erst durch die (vermeintliche) Verfolgungshandlung. Ein solcher Fall liegt aber nicht im Anwendungsbereich des in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG geschützten Rechtsguts.
32Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 LB 22/05 –, juris Rn. 39 (= InfAuslR 2007, 256-259); VG Weimar, Urteil vom 31. August 2009 – 7 K 20238/07 We –, juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 5. Dezember 2008 – 5 Bf 45/07. AZ –, juris Rn. 23 ff.; Sächs.OVG, Urteil vom 26. Februar 2013 – A 4 A 702/08 –, juris Rn. 45; BayVGH, Urteil vom 9. August 2010 – 11 B.0930091 –, juris Rn. 38; VG München, Urteil vom 11. Oktober 2013 – M 23 K 11.30203 –, juris Rn. 18; VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 K 14.30425 –, juris Rn. 26
332. Ein Anspruch der Kläger auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a Grundgesetz scheidet ebenfalls aus. Die Kläger sind nicht politisch verfolgt. Politische Verfolgung im Sinne von Art 16a Abs. 1 GG liegt vor, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Dementsprechend entfalten solche Verfolgungen Asylrelevanz, die sich auf die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder die politische Überzeugung von Menschen beziehen.
34Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 –, BVerfGE 80, 315-353, Beschluss vom 12. Februar 2008 - 2 BvR 2141/06 -, jeweils juris.
35Dies ist – wie vorstehend dargelegt – nicht der Fall.
363. Die Ablehnung des Asylantrages und des Antrages auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Kläger als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG ist indes rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG ist ein unbegründeter Antrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird. Anders als § 30 Abs. 1 und 2 AsylVfG, wo das Offensichtlichkeitsurteil an materielle Voraussetzungen geknüpft wird, ist die Grundlage des Offensichtlichkeitsurteils nach § 30 Abs. 3 AsylVfG die besonders schwerwiegende Verletzung von Mitwirkungspflichten. § 30 Abs. 3 AsylVfG normiert eine Sanktion für die Verletzung von Mitwirkungspflichten.
37Vgl. Marx, AsylVfG, § 30 Rn. 131, 138 f.; Gemeinschaftskommentar (GK), AsylVfG, § 30 Rn. 50.
38Das Bundesamt hat die Ablehnung der Anträge der Kläger als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG damit begründet, dass das Vorbringen als unsubstantiiert zu werten sei, da der Kläger den Hergang der Auseinandersetzung vom 28. März 2013 lediglich vage und unglaubhaft beschrieben habe.
39Bereits die Systematik des § 30 AsylVfG verbietet es, aus einem Vorbringen, das möglicherweise als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 1 oder 2 AsylVfG zu qualifizieren ist, ohne Hinzutreten besonderer Umstände zugleich einen groben Verstoß gegen Mitwirkungspflichten im Sinne des § 30 Abs. 3 AsylVfG herzuleiten. Vielmehr bedarf es für die Qualifizierung eines Asylantrages als unsubstantiiert im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG, dass bestimmte Umstände hinzukommen und vom Bundesamt dargelegt werden, die die mit der Ablehnung der Anträge als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 Abs. 3 AsylVfG verbundene Sanktion rechtfertigen. Dies war hier nicht der Fall. Insbesondere schilderte der Kläger in der Anhörung umfassend die Beweggründe für seine Ausreise und berichtete insoweit auch detailliert den Ablauf der Schlägerei. Dass der Kläger die Herkunft der Eisenstange, mit der auf ihn eingeschlagen worden sei, nicht erklärt habe, lässt nach Aktenlage nicht auf die Unglaubhaftigkeit des Vorbringens schließen, zumal der Kläger hiernach nicht gefragt worden ist.
40Dessen ungeachtet ist – ohne dass es rechtlich darauf ankäme – die Einstufung des Begehrens als offensichtlich unbegründet im Ergebnis zutreffend. Sie rechtfertigt sich nach Maßgabe der Generalklausel des § 30 Abs. 1 AsylVfG. Danach ist der Antrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsschutz offensichtlich nicht vorliegen, was wiederum dann anzunehmen ist, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt.
41Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 5. Februar 1993 – 2 BvR 1297/92 – juris Rdn. 15.
42Das ist hier der Fall. Den von den Klägern vorgebrachten Umständen fehlt jegliche asyl- oder flüchtlingsrechtliche Relevanz. Denn es ist, wie bereits dargelegt, nichts ansatzweise dafür ersichtlich, dass unveräußerliche persönliche und mithin asylerhebliche Merkmale bzw. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe zur Anknüpfung gezielter Rechtsverletzungen genommen würden. Die Ablehnung des Antrages drängt sich daher – wenngleich nur über § 30 Abs. 1 AsylVfG – auf.
434. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG. Sie haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihnen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in ihrem Heimatland ein ernsthafter Schaden droht (a). Zudem müssen sich die Kläger auf internen Schutz verweisen lassen, § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylVfG (b). Im Übrigen fehlt es an der Voraussetzung, dass der albanische Staat erwiesenermaßen nicht schutzfähig oder -willig ist, § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3c Nr. 3, § 3d AsylVfG (c).
44a) Als ernsthafter Schaden gilt gemäß der hier allein näher in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Diese Vorschrift wurde in Umsetzung von Art. 15 Buchst. b) der Richtlinie RL 2011/95/EU erlassen und orientiert sich an Art. 3 EMRK. Daher ist die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK jedenfalls im Zweifel auch für die Anwendung und Auslegung von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG verbindlich.
45Vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 4 Rn. 22 f.
46Bei der Prüfung des subsidiären Schutzes (§ 4 Abs. 1 AsylVfG) ist – wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1 AsylVfG) – der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Die zum Asylgrundrecht entwickelten unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe, je nachdem, ob der Ausländer seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt ausgereist ist,
47vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –, juris Rn. 37 ff. unter Hinweis auf BVerfG, Beschlüsse vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147/80 u.a. -, BVerfGE 54, 341 (360), und vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 (344 f.); vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Mai 2009 - 10 C 21.08 -, NVwZ 2009, 1308, und vom 16. Februar 2010 - 10 C 7.09 -, juris, Rn. 21,
48finden im Rahmen von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG keine Anwendung. Für das Beweismaß verwendet der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte zu der Vorschrift des Art. 3 EMRK den Begriff der tatsächlichen Gefahr ("real risk"). Danach muss der Antragsteller konkrete Gründe bezeichnen, um beurteilen zu können, ob im Fall der Abschiebung im Zielstaat ein tatsächliches Risiko besteht, einer Behandlung ausgesetzt zu werden, die über die gesetzte Grenze hinausgeht. Das tatsächliche Risiko bezieht sich auf eine objektive Gefahrenlage, einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung unterworfen zu werden. Dabei differenziert der EGMR zwischen der – rechtlich unerheblichen – „bloßen Möglichkeit“ und der – beachtlichen – „ernsthaften“ bzw. „tatsächlichen Gefahr“.
49Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi -, NVwZ 2008, 1330, Marx, a.a.O., § 4 Rn. 41.
50Dieser Maßstab der ernsthaften bzw. tatsächlichen Gefahr entspricht dem der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 5.09 -; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –, jeweils juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 23. April 2013 – 6 B 82/13 –, juris m.w.N.
52Der EGMR vertritt mit Blick auf den objektivrechtlichen Ansatz in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Art. 3 EMRK absolut wirkt. Folglich wird die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auch auf nichtstaatliche Akteure bejaht und ist vom Verhalten der betreffenden Person unabhängig.
53Vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 1996, Nr. 25964/94 – Ahmed ./. Österreich; vgl. auch Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. Januar 2014 – E 7121/2013 –, abrufbar unter www.bvger.ch.
54Dies folgt nicht zuletzt gesetzessystematisch aus § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG, der auf §§ 3c bis 3e AsylVfG umfassend – also einschließlich der Vorschriften zum Schutz vor ernsthaften Schäden durch nichtstaatliche Akteure (§ 3c Nr. 3, § 3d AsylVfG) – Bezug nimmt.
55Nach diesen Maßstäben liegen stichhaltige Gründe für die Annahme, die Kläger seien im Falle ihrer Rückkehr nach Albanien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen Behandlung in Gestalt eines Racheaktes ausgesetzt, nicht vor.
56Das Gericht geht davon aus, dass sich die Auseinandersetzung vom 28. März 2013, in deren Verlauf der H. Q. erstochen wurde, jedenfalls im Kern so zugetragen hat wie von dem Kläger geschildert. Er hat den Vorgang sowohl gegenüber dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung widerspruchsfrei und detailreich beschrieben. Insofern wird auf das Anhörungsprotokoll des Bundesamtes und das Terminsprotokoll Bezug genommen.
57Aus den Darlegungen zu den anschließenden Bedrohungen durch Mitglieder der Familie des Getöteten lässt sich die Gefahr eines ernsthaften Schadens für die Kläger indes nicht beachtlich wahrscheinlich ableiten.
58Dabei ist zunächst einzustellen, dass der Täter des Tötungsdeliktes, P. C. , unstreitig mittlerweile verhaftet worden ist. Dass sich die Verhaftung am 19. September 2014 in der Stadt G. ereignet hat und der C. deshalb mit einer langjährigen Haftstrafe zu rechnen hat, hat der Kläger selbst bereits in der Anhörung bei dem Bundesamt angedeutet. Dies ergibt sich zusätzlich aus den zahlreichen Presseberichten und Veröffentlichungen, die im Internet allgemein zugänglich und – in Bezug auf den Täter C. – in der mündlichen Verhandlung von dem Dolmetscher übersetzt worden sind,
59Vgl. etwa http://www.noa.al/artikull/wanted-ne-fier-arrestohet-i-denuari-per-vrasje-dhe-5-te-tjere/441 037.html; https://www.youtube.com/watch?v=YGoW6xLXHI8.
60Mit der Festnahme des Täters ist ein Rachemotiv der Familie des Getöteten in Bezug auf den Kläger objektiv entfallen. Dies gilt um so mehr in Anbetracht des von dem Kläger selbst eingereichten Presseinterviews, welches der Bruder des Opfers, F. Q. , etwa sechs Monate nach der Tat – also im Herbst 2013 – geführt hatte: Er gab an, dass seine Familie „nichts anderes [möchte], außer dass der Täter des Mordes meines Bruders verhaftet wird und unsere Seelen ihre Ruhe finden“. Weiter heißt es dort: „Der Täter, der meinen Bruder getötet hat, ist noch nicht festgenommen worden. Alles was wir möchten, ist, dass die Polizei den Täter festnimmt“. Demnach war den Mitgliedern der Familie des getöteten H. Q. in erster Linie – wenn nicht gar ausschließlich – an der nunmehr vollzogenen Verhaftung des wahren Täters gelegen. Von dem seinerzeit inhaftierten Kläger war dagegen nicht ansatzweise die Rede.
61Auch kann aus dem Umstand, dass nach der aktuellen Auskunftslage nicht nur der Täter eines Tötungsdeliktes und dessen Familie, sondern auch Anstifter und Mittäter unter die Blutrache des Kanun fallen,
62vgl. BAMF, Blickpunkt Albanien – Blutrache, April 2014, S. 11,
63keine Gefahr für den Kläger abgeleitet werden. Der in dem von Klägerseite selbst vorgelegten Beschluss des Amtsgerichts U. vom 31. März 2013 (Nr. 404 Akti) ursprünglich (mit) erhobene Vorwurf der Tötung in Mittäterschaft wurde später mit Beschluss desselben Gerichts vom 24. Dezember 2013 (Nr. 2319/1) ausdrücklich fallen gelassen. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, dass nach dem Ermittlungsergebnis für den Kläger lediglich noch der Vorwurf einer „leichten vorsätzlichen Verletzung“ im Raum stehe, zu deren Sanktionierung wiederum ein Hausarrest anstelle von Gefängnishaft ausreichend sei. Der Verdacht einer Beteiligung des Klägers an dem Tötungsdelikt – sei es als Anstifter, Gehilfe oder Mittäter – ist damit auch im juristischen Sinne entfallen. Dies ist auch in dem von dem Kläger in Übersetzung eingereichten Presseartikel der Zeitung „Gazeta Shqip“ vom 9. Dezember 2013 vorab publiziert worden. Entgegen der Klagebegründung wird der Kläger darin der vorsätzlichen Tötung in Mittäterschaft gerade nicht mehr verdächtigt. In dem Presseartikel heißt es ausdrücklich: „Die Verdächtigen K1. L1. und […] werden wegen vorsätzlicher leichter Verletzung in Mittäterschaft und verschwiegener Straftat beschuldigt“. Im Hinblick darauf bedarf es einer Echtheitsüberprüfung dieser Unterlagen nicht.
64Vor diesem Hintergrund lässt sich auch aus den vorgeblichen Drohanrufen Ende April 2013, die angeblich die Familie des Klägers im Mai 2013 zum Wegzug in ihr Heimatdorf in Nordalbanien bewegt haben sollen, keine aktuelle Gefährdung der Kläger ableiten. Diese Anrufe haben sich nach Angaben des Klägers in der Folgezeit nicht mehr wiederholt. Auch die Bedrohung des Klägers über das online-Netzwerk „facebook“, die der Kläger angeblich im Dezember 2013 bzw. Januar 2014 von F. Q. erhalten hatte, ist einmalig geblieben. Vielmehr hat F. Q. den Kläger von seinem „facebook“-Zugang gelöscht. Soweit der Kläger schließlich berichtet, dass der Vater des Getöteten – ein ehemaliger Gardeoffizier, der laut einem weiteren eingereichten Pressebericht vom 30. März 2013 („Aktualitet“) zuletzt im Kommissariat Nr. 2 in U. seinen Polizeidienst versah – im November 2014 ein telefonisches Versöhnungsersuchen des Mannes der Tante des Klägers mit den Worten abgelehnt haben soll, man werde ihnen „nie verzeihen, sie sollten sich einschließen“, kann hieraus allein nicht auf eine „ernsthafte Gefahr“ für den Kläger geschlossen werden. Abgesehen davon, dass die Ablehnung einer von der Familie des Klägers angetragenen Versöhnung nicht ohne weiteres den Rückschluss auf eine unmittelbare Bedrohung für Leib oder Leben zulässt, spricht gegen eine ernsthafte Gefahr, dass die Familie des Klägers seit nunmehr fast zwei Jahren unbehelligt in ihrem Heimatdorf lebt. Namentlich der Vater des Klägers, der sich angeblich aufgrund der Drohanrufe im Mai 2013 gezwungen sah, seinen Dienst bei der Armee zu quittieren und U. zu verlassen, ist nach den Schilderungen des Klägers jedenfalls jetzt in der Lage, gemeinsam mit dem Onkel des Klägers seinen Lebensunterhalt in der familieneigenen Chrommine zu erwirtschaften. Er kann sich dort auch frei bewegen. Sollten daher die Mitglieder der verfeindeten Familie tatsächlich eine Gewalttat beabsichtigt haben, hätten sie genügend Zeit und Gelegenheit gehabt, die Angehörigen des Klägers für das vermeintlich von dem Kläger begangene Unrecht durch einen Akt der Blutrache zur Verantwortung zu ziehen. Dies gilt nach Lage der Dinge auch für den Kläger, der sich unmittelbar nach Beendigung des Hausarrests nicht nur in der Lage sah, mit dem Bus von U. in sein Heimatdorf zu reisen, sondern auch im Juni 2014 in der Stadt C1. D. seine Abiturprüfungen zu absolvieren, zu denen er durch jahrelange Fern- bzw. Ersatzbeschulung befähigt worden sein will. Hinzu kommt, dass der Kläger sich ausweislich der notariellen Bescheinigung vom 26. Juni 2014, mit der er seinen Rechtsanwälten Prozessvollmacht für seine Rechtsmittelverfahren erteilt hat, nach U. begeben und dort aufgehalten haben muss. Die Notwendigkeit, sich permanent „einzuschließen“, um einem Racheakt zu entgehen, hat folglich selbst der Kläger nicht gesehen. Insgesamt ist daher nicht feststellbar, dass die Wahrscheinlichkeit einer gegen den Kläger gerichteten Gewalttat über die bloße Möglichkeit einer Gefährdung hinausgeht. Dies gilt für die Klägerin, die insoweit keine eigenen Fluchtgründe vorgetragen, erst recht.
65b) Die Zuerkennung subsidiären Schutzes ist zudem gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylvfG ausgeschlossen, weil sich die Kläger auf internen Schutz verweisen lassen müssen. Die Kläger können einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung dadurch begegnen, dass sie sich in einem anderen Teil Albaniens niederlassen. Eine innerstaatliche Wohnsitzalternative ist grundsätzlich immer dann gegeben, wenn für eine Person in einem Teil ihres Herkunftslandes keine Gefahr eines ernsthaften Schadens besteht und sie sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise dort erwartet werden kann, dass sie sich dort niederlässt, § 4 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 3 e Abs. 1 AsylVfG. Dies ist hier der Fall. Die Kläger können aus vorstehenden Gründen durch Wohnsitznahme in dem Heimatdorf der Eltern des Klägers, möglicherweise auch in U. , wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist, eine Gefahr für Leib oder Leben abwenden, wodurch sie keinem realen Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK ausgesetzt sind.
66c) Darüber hinaus scheidet die Zuerkennung subsidiären Schutzes auch deshalb aus, weil nicht erwiesenermaßen feststeht, dass die albanischen Sicherheitsbehörden nicht willens oder in der Lage sind, den Klägern Schutz vor einem ernsthafter Schaden durch nichtstaatliche Akteure zu gewähren, § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3c Nr. 3 AsylVfG. Den Antragsteller trifft insoweit die Darlegungslast, d.h. er muss konkrete Tatsachen und Umstände bezeichnen, aus denen sich ergibt, dass er sich um Schutz bei staatlichen oder quasistaatlichen Stellen bemüht hat. Er muss die persönlichen Umstände, Verhältnisse und Erlebnisse mit Blick auf das Schutzbegehren schlüssig und hinsichtlich Ort und Zeit detailliert und vollständig darlegen.
67Vgl. VG Aachen, Urteil vom 30. Januar 2012 – 6 K 812/11.A –, juris Rn. 47; Marx, a.a.O., § 4 Rn. 35; Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: April 2011, § 60 AufenthG Rn. 141.
68Hieran fehlt es. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, seine Eltern hätten bereits erfolglos Anzeige bei der Polizei erstattet und er selbst habe sich – ebenfalls erfolglos – wegen der Bedrohung über „facebook“ „an den Staatsanwalt“ gewandt. Die diesbezüglichen Angaben des Klägers blieben jedoch trotz Nachfrage des Gerichts relativ vage und detailarm. Schriftliche Nachweise hat der Kläger hierzu nicht vorgelegt. Von daher kann nicht nachvollzogen werden, ob die Anzeigen tatsächlich erstattet wurden und wie sie gegebenenfalls von den albanischen Ermittlungsbehörden behandelt wurden.
69Dessen ungeachtet sind die albanischen Sicherheitsbehörden nach den im Internet allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen trotz nach wie vor bestehender Defizite generell fähig und willig, vor einem ernsthaften Schaden durch nichtstaatliche Akteure Schutz zu gewähren, § 3d Abs. 1 und 2 AsylVfG. Im Juni 2014 wurde Albanien der Status des Beitrittskandidaten zur Europäischen Union verliehen. Die Entscheidung des Europäischen Rats war Anerkennung der von Albanien unternommenen Reformmaßnahmen und gleichzeitig eine Ermutigung, notwendige Reformen weiter voranzutreiben. Aus den sich auf den Zeitraum Oktober 2013 bis September 2014 beziehenden Fortschrittsberichten der EU-Kommission ergibt sich, dass Albanien, auch wenn in vielen Bereichen noch Mängel festzustellen sind, u. a. Reformmaßnahmen im Bereich der Justiz und der öffentlichen Verwaltung umgesetzt und Fortschritte im Kampf gegen die Korruption und die organisierte Kriminalität erreicht hat. Denn der albanische Staat hat Reformwillen nicht nur gezeigt, sondern auch Reformen, gerade im Bereich der Justiz und Verwaltung, nachweisbar auf den Weg gebracht.
70Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2015 – 11 A 334/14.A –, juris m.w.N; BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 17 ff.; Home Office, Country Information an Guidance – Albania: Blood feuds, 2014, S. 6.
71Diese Anstrengungen erstrecken sich nicht zuletzt unter dem Eindruck gestiegener Asylbewerberzahlen in Europa auch auf das Phänomen der Blutrache, die der albanische Staat verstärkt bekämpft. Der albanische Staat hat spezielle Rechtsvorschriften erlassen bzw. auf den Weg gebracht. So wurde im Zuge der Novellierung des albanischen Strafgesetzbuchs im Jahre 2012 die vorsätzliche Tötung im Kontext mit Blutrache oder Blutfehde mit nunmehr nicht weniger als dreißig Jahren Freiheitsstrafe pönalisiert (Art. 78a). Selbst die Androhung von Blutrache wird mit einer Geldstrafe oder Inhaftierung bis zu drei Jahren bestraft (Art. 83a).
72Vgl. BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 18, www; Österr BVerwG, 12. Juni 2014 - G309 1437794 -1/4E -Home office, S. 19.
73Zuletzt hat der Rechtsausschluss des albanischen Parlaments im Februar 2015 eine Gesetzesvorlage zur Bekämpfung der Blutrache beschlossen und dem Parlament vorgelegt. Demnach fordert das Parlament die Ermittlungsbehörden zu einer Zusammenarbeit mit der Staatspolizei und zur Untersuchung sämtlicher Blutrachefälle auf.
74Vgl. http://www.globalpost.com/dispatch/news/xinhua-news-agency/150225/albania-drafts-resolution-prevention-blood-feud („Albania drafts resolution on prevention of blood feud”)
75Die Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen haben sich in ihrer Wirksamkeit verbessert. Gerade in Städten Nordalbaniens (Shkoder, Lezhe, Kukes) findet eine aktive Arbeit der Ermittlungsbehörden gegen Blutrache statt. Die Regierung hat die Ermittlungsbehörden zur Strafverfolgung von Blutrachefällen angewiesen, so dass im Jahre 2014 eine Reihe von Tätern angeklagt wurde.
76Vgl. Home Office, Country Information and Guidance – Albania: Blood feuds, 2014, S. 6.
77Seitens des Ombudsmannes (People’s Advocate) wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, staatliche Institutionen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Auf sein Bestreben wurde eine Task-Force für die Verfolgung und Untersuchung von Fällen eingerichtet, in denen die Behörden nicht ausreichend eingegriffen hatten.
78Vgl. BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 18.
79Vor diesem Hintergrund kann auch in Anbetracht der Tatsache, dass der Vater des Opfers ein einflussreicher Polizeibeamter ist und der albanische Staat gerade in derartigen Fällen möglicherweise nur eingeschränkt zu einer Schutzgewährung in der Lage ist,
80vgl. hierzu AA, Lagebericht vom 16. Dezember 2013 – 508-516.80/3 ALB; BAMF, Blickpunkt Albanien - Blutrache, S. 19,
81nicht festgestellt werden, dass ein etwaiges Schutzersuchen der Kläger bei den albanischen Strafverfolgungsbehörden – einschließlich der albanischen Staatspolizei – von vorne herein aussichtslos wäre.
825. Es besteht hinsichtlich Albaniens auch kein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Nach § 60 Abs. 7 AufenthG soll von einer Abschiebung in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Von wem die Gewalt ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird, kommt es nicht an. Allerdings genügt allein eine theoretische Möglichkeit, das Opfer von Eingriffen in die nach § 60 Abs. 7 AufenthG geschützten Rechtsgüter zu werden, nicht. Für eine Schutzgewährung ist vielmehr erforderlich, dass eine einzelfallbezogene, individuell bestimmte und erhebliche Gefährdungssituation mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit besteht. Eine solche haben die Kläger aus vorgenannten Gründen nicht vorgetragen.
836. Damit liegen auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung vor, §§ 34, 38 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 59 AufenthG.
84Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.