Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Aug. 2016 - M 16 K 14.30893
Tenor
I.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
Er wird zudem in Nr. 5 insoweit aufgehoben, als die Abschiebung nach Aserbaidschan angedroht wurde.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Aserbaidschans vorliegen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 2/3, die Beklagte 1/3.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der am ... 1989 geboren Kläger ist aserbaidschanischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am
Bei seiner Anhörung gemäß § 25 AsylVfG vor dem Bundesamt am
Nach einem im Folgenden eingereichten Kurzarztbrief vom
Nach einem Ärztlichen Attest der zuständigen Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie der Fachklinik vom
Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Der Kläger habe seine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. In dem Sachvortrag des Klägers sei kein substantiierter und detaillierter Tatsachenvortrag erkennbar gewesen. Sein Sachvortrag sei vielmehr pauschal und oberflächlich gewesen. Darüber hinaus seien auch erhebliche Ungereimtheiten und Widersprüche aufgetreten. Selbst wenn man das Vorbringen als wahr unterstellen würde, wäre dennoch keine Verfolgung des Klägers in asylrechtlich geschützten Rechten erkennbar. Nach hiesiger Kenntnis seien die aserbaidschanischen Behörden grundsätzlich auch schutzbereit. Repressionen Dritter, die der Staat anrege, unterstütze oder tatenlos hinnehme, kämen nach dem Lagebericht selten vor. Zumindest wäre nicht erkennbar, dass dem Kläger der erforderliche Schutz verweigert werden könnte, um ihn in seinen asylrechtlich geschützten Rechten zu treffen. Der Vortrag des Klägers in Bezug auf die Polizei zeige bereits, dass seitens der Polizei ein Verfolgungswille und demnach auch eine entsprechende Schutzbereitschaft bestehe. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger in Aserbaidschan Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung drohen könnten. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Aserbaidschan führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Es drohe dem Kläger auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Insbesondere sei kein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erkennbar. Es sei nicht erkennbar, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers bei einer Rückkehr nach Aserbaidschan wesentlich oder gar lebensbedrohlich verändern würde. Soweit in den vorgelegten ärztlichen Unterlagen ausgeführt werde, der Kläger leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung, genüge die entsprechende Bescheinigung diesbezüglich nicht den von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernissen. Eine psychische Erkrankung sei in Aserbaidschan nach der Auskunftslage behandelbar.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Bevollmächtigten des Klägers am
Der Kläger beantragt:
1. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ...
2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Flüchtling gemäß § 3 I AsylG anzuerkennen, hilfsweise: dem Kläger subsidiären Schutz gemäß § 4 I AsylG zuzuerkennen, hilfsweise: festzustellen, dass beim Kläger Abschiebungsverbote gemäß § 60 V, VII 1 AufenthG hinsichtlich Aserbaidschans vorliegen.
Die Beklagte übersandte mit Schreiben vom
Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 13. August 2015
Mit Schriftsatz vom
Zudem wurde auf mündliche Verhandlung verzichtet. Die Beklagte hat gegenüber dem Gericht ein generelles Einverständnis mit dem Verzicht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Gründe
Über die Klage konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Maßgeblich für die Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung gefällt wird (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG).
Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Sie hat Erfolg, soweit der Kläger die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begehrt. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig, soweit darin in Nr. 4 festgestellt wird, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegt und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbots hinsichtlich Aserbaidschans nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG unter entsprechender Aufhebung der Regelung in Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 gemäß § 3 Abs. 4 AsylG noch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klage war daher insoweit abzuweisen.
Der Kläger macht geltend, dass ihm in seinem Herkunftsland die konkrete Gefahr der Blutrache durch nichtstaatliche Akteure droht. In Bezug auf das von ihm geschilderte Verfolgungsgeschehen ist das Gericht zwar von der Glaubhaftigkeit seines Vorbringens überzeugt, jedoch ist grundsätzlich von der Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des Herkunftsstaats auszugehen (vgl. § 3d AsylG) sowie auch der Möglichkeit und Zumutbarkeit, internen Schutz in Anspruch zu nehmen (vgl. § 3e AsylG).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss auch in Asylstreitigkeiten das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit - und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit - des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor politischer Verfolgung herleitet. Wegen der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Asylbewerbers kann schon allein sein eigener Sachvortrag zur Asylanerkennung führen, sofern sich das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, B. v. 21.7.1989 - 9 B 239/89 - juris Rn.3). Das Tatsachengericht darf dabei berücksichtigen, dass die Befragung von Asylbewerbern aus anderen Kulturkreisen mit erheblichen Problemen verbunden ist (vgl. BVerwG, B. v. 21.7.1989, a. a. O. Rn. 4). Der Asylbewerber befindet sich typischerweise in Beweisnot. Er ist als „Zeuge in eigener Sache“ zumeist das einzige Beweismittel. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und die Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. Wer durch Vortrag eines Verfolgungsschicksals um Asyl nachsucht, ist in der Regel der deutschen Sprache nicht mächtig und deshalb auf die Hilfe eines Sprachmittlers angewiesen, um sich mit seinem Begehren verständlich zu machen. Zudem ist er in aller Regel mit den kulturellen und sozialen Gegebenheiten des Aufnahmelands, mit Behördenzuständigkeiten und Verfahrensabläufen sowie mit den sonstigen geschriebenen und ungeschriebenen Regeln, auf die er nunmehr achten soll, nicht vertraut. Es kommt hinzu, dass Asylbewerber, die alsbald nach ihrer Ankunft angehört werden, etwaige physische und psychische Auswirkungen einer Verfolgung und Flucht möglicherweise noch nicht überwunden haben, und dies ihre Fähigkeit zu einer überzeugenden Schilderung ihres Fluchtgrunds beeinträchtigen kann (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - juris Rn. 121).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geht das Gericht von der Glaubwürdigkeit des Klägers aus. So hat der Kläger die Abläufe nachvollziehbar und plausibel - auch unter Nennung von Einzelheiten - geschildert. Dabei ist auch die psychische Verfassung des Klägers zu berücksichtigen, ausgelöst durch das traumatisierende Ereignis der Tötung seiner Freundin. Wesentliche Widersprüche oder Ungereimtheiten lassen sich in seinem Vortrag nicht erkennen. Das Gericht teilt insoweit nicht die Einschätzung des Bundesamts. Zwar hat der Kläger bei der Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gemäß § 25 AsylG am 21. März 2012 laut der Niederschrift die Frage, ob er sich an der letzten offiziellen Anschrift in Aserbaidschan bis zur Ausreise aufgehalten habe, bejaht, zuvor hatte er jedoch bei der Befragung durch die Regierung von Mittelfranken - ZRS Nordbayern - am 14. März 2012 bereits angegeben, von Baku aus ausgereist zu sein. Auch die Angabe des Klägers in seiner persönlichen Anhörung, seine Großmutter habe ihm erzählt, dass seine Familie kurdischen Ursprungs sei, stellt keinen Widerspruch zu seiner Angabe dar, er sei aserbaidschanischer Volkszughöriger, da er zugleich erklärt hat, er selbst würde sich als aserbaidschanischen Staatsangehörigen bezeichnen. Auch der Umstand, dass der Kläger einem möglichen Angriff auf ihn selbst entgehen konnte, spricht nicht per se gegen die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens. So hat er nachvollziehbar geschildert, dass er sich unmittelbar nach der Tat nach Baku begeben hat, um sich einem befürchteten Zugriff zu entziehen.
Es kann hier dahinstehen, ob im Fall des Klägers ein hinreichender Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i. V. m. § 3b Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 AsylG (Religion oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) vorliegt, da sowohl die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch des subsidiären Schutzes bei Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure voraussetzt, dass der Staat (einschließlich internationaler Organisationen) erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens ist, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten (vgl, § 3c Nr. 3 AsylG, § 4 Abs. 3 AsylG). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
Von der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staats ist auszugehen. Insoweit gilt, dass der Schutz vor Verfolgung wirksam sein muss und nicht nur vorübergehender Art sein darf. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn der Staat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat (vgl. § 3d Abs. 2 AsylG). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich. Soweit auch das Bundesamt diesbezüglich auf die Erkenntnisse des Lageberichts abgestellt hat, ergibt sich diesbezüglich, dass zuletzt im Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 23. März 2006 (so wortglich mit dem vom Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid in Bezug genommenen Lagebericht vom 28. Januar 2005) folgende Passage enthalten war: „Repressionen Dritter, die der Staat anregt, unterstützt, billigt oder tatenlos hinnimmt kommen, wenn auch inzwischen selten, vor. Der letzte bekannte Fall dieser Art ereignete sich im Frühjahr 2003, als die Büros der Menschenrechtsverteidiger Junus und Zeynalov von einer Menschenmenge gestürmt wurden, ohne dass die Polizei einschritt. Ein weiteres Beispiel ist die Erstürmung der Redaktion der oppositionellen Zeitung Müsavat sowie der Parteizentrale der Mussavat im Februar 2000 durch eine angeblich aus einem Dorf in Nachitschewan stammende aufgebrachte Menge, während die Polizei tatenlos zusah bzw. trotz Vorwarnungen fernblieb“ (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Aserbaidschan vom 23.3.2006 sowie vom 28.1.2005. jeweils unter II.2.). Seitdem wird - wie auch im aktuellen Lagebericht vom 6. April 2016, Stand: Januar 2016 - zu diesem Punkt fortlaufend ausgeführt, dass dem Auswärtigen Amt Repressionen Dritter in neuerer Zeit nicht bekannt geworden sind. Demnach ergeben sich aus der aktuellen Auskunftslage keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es in Aserbaidschan zu Repressionen Dritter kommt, die der Staat anregt, unterstützt, billigt oder tatenlos hinnimmt (vgl. auch VG München, U. v. 19.8.2014 - M 16 K 13.31352 u. a. - juris Rn. 18;
Unabhängig davon hätte der Kläger auch die Möglichkeit, internen Schutz gemäß § 3e AsylG (auch i. V. m. § 4 Abs. 3 AsylG) in Anspruch zu nehmen (vgl. auch VG München, U. v. 15.9.2015 - M 16 K 14.30763 - juris Rn. 24). Danach wird die Flüchtlingseigenschaft (bzw. auch subsidiärer Schutz) nicht zuerkannt, wenn der Betroffene in einem Teil seines Herkunftslands keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Schutz vor Verfolgung hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. So ist davon auszugehen, dass der Kläger beispielsweise in Baku, mit ca. zwei Millionen Einwohnern, oder in einer der anderen größeren Städte in hinreichender Anonymität leben könnte. Auch wenn jederzeit die Möglichkeit der Bestechung von Behörden bestünde, erscheint es kaum vorstellbar, dass dies landesweit erfolgt. Zudem hat der Kläger sein Herkunftsland bereits seit über vier Jahren verlassen. Gründe, weshalb ihm eine Übersiedlung in andere Landesteile nicht zumutbar sein sollte, sind nicht ersichtlich. Der Kläger selbst hat bei seiner Anhörung insoweit allein angegeben, er fühle sich nirgends sicher, auch nicht in Deutschland.
Der Kläger hat jedoch aufgrund seines Gesundheitszustands einen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich seines Herkunftslands unter entsprechender Aufhebung der Regelung in Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids. Einer Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG bedarf es deshalb nicht mehr.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind individuelle Gefahren, also solche Gefahren, die nur dem Ausländer drohen. Wegen seiner Erkrankung droht dem Kläger bei Rückkehr in sein Herkunftsland eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben (z. B. Reiseunfähigkeit), nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatbezogenes Abschiebungshindernis kann gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B. v. 17.8.2011 - 10 B 13/11 u.a - juris; BayVGH, U. v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B. v. 30.12.2004 - 13 A 1250/04.A - juris Rn. 56). Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d. h. die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (BVerwG, B. v. 2.11.1995 - 9 B 710/94 - juris). Der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient hingegen nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Diese Vorschrift begründet insbesondere keinen Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt und Standard in der medizinischen Versorgung in Deutschland (vgl. VG Arnsberg, B. v. 23.2.2016 - 5 L 242/16.A - juris Rn. 64 m. w. N.).
Zudem kann sich ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei einer psychischen Erkrankung auch (allein) wegen einer im Herkunftsland zu erwartenden Retraumatisierung aufgrund der Konfrontation mit den Ursachen des Traumas ergeben. In diesem Fall sind an sich im Zielstaat vorhandene Behandlungsmöglichkeiten unerheblich, wenn sie für den Betroffenen aus für ihn in der Erkrankung selbst liegenden Gründen, nämlich wegen der Gefahr der Retraumatisierung, nicht erfolgversprechend sind (vgl. z. B. NdsOVG, U. v.
Mit der ab dem 17. März 2016 geltenden gesetzlichen Regelung hat auch der Gesetzgeber klargestellt, dass eine erhebliche konkrete Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegt (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Es wird im Falle einer Erkrankung nicht vorausgesetzt, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland mit der Versorgung in Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Nach der Gesetzesbegründung könne die geforderte schwerwiegende Erkrankung in „Fällen von PTBS“ regelmäßig nicht angenommen werden. In „Fällen einer PTBS“ sei die Abschiebung regelmäßig möglich, es sei denn, die Abschiebung führe zu einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung bis hin zu einer Selbstgefährdung (vgl. BT-Drs. 18/7538 S. 18).
Eine Abschiebung des Klägers nach Aserbaidschan würde für den Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefährdung im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit sich bringen. Das Gericht sieht dies durch die Gesamtheit der vorgelegten fachärztlichen Stellungnahmen als belegt an.
Angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes Posttraumatische Belastungsstörung sowie seiner vielfältigen Symptome ist regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests erforderlich, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (vgl. BVerwG, U. v. 11.9.2007 - 10 C 8.07 - juris Rn. 15). Von erheblicher Bedeutung ist dabei auch eine eingehende Auseinandersetzung mit der Frage, welche traumatisierenden Ereignisse konkret zu der Erkrankung geführt haben - dies unter anderem deshalb, weil sich andernfalls die Gefahr einer Retraumatisierung bei Rückkehr in das Heimatland naturgemäß nicht abschätzen lässt (vgl. VG Gelsenkirchen, U. v. 20.5.2014 - 6a K 238/12.A - juris Rn. 38). Diese Anforderungen sind vorliegend erfüllt.
Der Kläger hat bereits in seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 4. September 2012 geltend gemacht, er sei seit dem Tod der Freundin psychisch krank. Er war bereits zu diesem Zeitpunkt in Deutschland stationär als auch ambulant in Behandlung gewesen. So wurde der Kläger erstmals vom 23. Juli 2012 bis zum 21. August 2012 stationär in einer Fachklinik behandelt. Der Kläger war mit einem paranoiden Syndrom erstmalig stationär aufgenommen worden. Diagnostiziert wurden dort eine „Polymorph-psychotische Störung (ICD10: F23.0)“ sowie eine „Posttraumatische Belastungsstörung (ICD10: F43.1)“. Wie sich aus einem weiteren fachärztlichen Attest des Klinikarztes vom 12. Juni 2014 ergibt, befand sich der Kläger dort weiterhin in ambulanter Behandlung. Die Medikation wurde beschrieben. Der erforderliche Therapieplatz (ambulante Psychotherapie) konnte wegen der bestehenden Verständigungsschwierigkeiten noch nicht gefunden werden. Es sei aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht dringend erforderlich, dass die Therapie bei einem türkisch sprechenden Therapeuten erfolge. Diagnostiziert wurden eine „Posttraumatische Belastungsstörung (ICD10: F43.1)“ sowie eine „wohl anhaltende wahnhafte Störung (ICD10: F22.0)“. Auf die Ereignisse, die zur der Traumatisierung geführt haben, wurde konkret eingegangen. Weiterhin wurde festgestellt, dass aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht davon auszugehen sei, dass sich die gesundheitliche Situation des Klägers im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsland deutlich verschlechtern würde. Nachdem der Kläger schon hier unter anhaltenden Ängsten leide, die Familie der verstorbenen Freundin könne ihn hier aufspüren, würden die Ängste bei einer Rückkehr an Intensität zunehmen. Es müsse befürchtet werden, dass der Kläger in seiner Not einen Suizidversuch verüben könnte. Vom 24. Juli 2014 bis zum 14. August 2014 musste der Kläger - im zeitlichen Zusammenhang mit dem Bescheiderlass - erneut stationär-psychiatrisch in der Fachklinik behandelt werden. Hierzu liegt eine ausführliche Stellungnahme der Klinik vom 27. Juli 2014 vor. Diagnostiziert wurden dort eine „Schwere depressive Episode (ICD10: F32.2)“, „vordiagnostiziert polymorph-psychotische Störung (ICD10: F23.0)“, „vordiagnostiziert posttraumatische Belastungsstörung (ICD10: F43.1)“, „Alkohol Missbrauch (ICD10: F 10.1)“ und „Alkohol Intoxikation (ICD10: F 10.0)“. Die Aufnahme war notfallmäßig im Rahmen einer schweren depressiven Episode mit akuter Suizidalität erfolgt. Die erhobenen Befunde, Anamnesen und Untersuchungen sowie die erfolgte Therapie und deren Verlauf wurden beschrieben. Ein weiterer stationärer Aufenthalt des Klägers in der Fachklinik erfolgte vom 3. September 2015 bis zum 29. September 2015 - im zeitlichen Zusammenhang mit der Ladung des Gerichts zur mündlichen Verhandlung vom 18. August 2015. Hierzu liegt ein Arztbrief der Klinik vom 29. September 2015 vor. Grund war eine zunehmende Verschlechterung der depressiven Symptomatik mit selbst- und fremdgefährlichen Gedanken. Der Kläger litt an Schlafstörungen, Alpträumen, Ängsten sowie regelmäßigen akustischen Halluzinationen. Diagnostiziert wurden eine „Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen (ICD10: F33.2)“, „Posttraumatische Belastungsstörung (ICD10: F 43.1)“, „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol - schädlicher Gebrauch, zur Zeit abstinent (ICD10:F10.1)“. Die erhobenen Befunde, Anamnesen und Untersuchungen sowie die erfolgte Therapie und deren Verlauf wurden beschrieben. Seit Oktober 2015 ist der der Kläger bei einer (auch türkischsprachigen) Fachärztin in Behandlung. Nach dem letzten fachärztlichen Attest vom 26. Februar 2016 ist der Kläger nach Beurteilung der behandelnden Fachärztin weiterhin schwer krank und behandlungsbedürftig. Er müsse noch mindestens sechs bis zwölf Monate in Therapie kommen. Eine Rückführung in sein Herkunftsland würde seine Erkrankung gleich nach der Ankunft dort wesentlich verschlechtern. Es sei mit schweren psychischen Beeinträchtigungen zu rechnen. Die Gegebenheiten im Herkunftsland würden den Kläger retraumatisieren.
Das Gericht ist daher aufgrund der nachvollziehbaren fachärztlichen Stellungnahmen davon überzeugt, dass dem Kläger eine im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG relevante wesentliche Verschlimmerung seiner Erkrankung droht, wenn er gezwungen wäre, nach Aserbaidschan zurückzukehren. Er leidet nach der letzten Diagnose der Fachärztin weiterhin unter einer „Posttraumatische Belastungsstörung“ sowie einer „Rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwergradigen depressiven Episode derzeit ohne psychotische Symptomen (ICD10: F33.2)“. An der Sachkunde der beteiligten Fachärzte bestehen keine Zweifel. Angesichts der zahlreichen vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen war eine weitere Sachaufklärung von Seiten des Gerichts daher nicht erforderlich.
Nach dem letzten ärztlichen Bericht ist der Kläger auch weiterhin dringend behandlungsbedürftig. Nach Auffassung der Fachärztin würden bei einer Abschiebung des Klägers nach Aserbaidschan die dortigen Gegebenheiten den Kläger retraumatisieren. Die erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustands würde demnach im Fall des Klägers nicht nur im Hinblick auf den Abbruch der Therapie in Deutschland und den Abschiebevorgang eintreten, sondern auch im Hinblick auf die Verhältnisse in Aserbaidschan, die der Kläger dort bei einer Rückkehr vorfinden würde. Damit liegt jedenfalls auch ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot vor. Nicht mehr entscheidungserheblich und demnach auch nicht weiter aufzuklären ist daher auch die Frage, ob die Behandlungsmöglichkeiten für den Kläger in Aserbaidschan zureichend wären und ob er solche auch tatsächlich erlangen könnte.
Der streitgegenständlichen Bescheid war daher in Nr. 4 insoweit aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass für den Kläger die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Aserbaidschans vorliegen.
Infolge des Abschiebungsverbots war auch die Abschiebungsandrohung in Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheids aufzuheben, da im Umkehrschluss zu § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG eine Abschiebungsandrohung unzulässig ist, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen und kein atypischer Fall gegeben ist (BayVGH, U. v. 23.11.2012 - 13a B 12.30061 - juris). Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheids ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VWGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Aug. 2016 - M 16 K 14.30893
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Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Aug. 2016 - M 16 K 14.30893 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
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auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.
(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.
(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.
(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.
(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.
(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.
(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.
(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
Tenor
I. Die Klagen werden abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger besitzt eigenen Angaben zufolge die Staatsangehörigkeit der Republik Aserbaidschan und ist aserbaidschanischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 27. Februar 2012 in das Bundesgebiet ein und stellte hier am 13. März 2012 einen Asylantrag.
Bei einer Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 4. Juni 2012 gab der Kläger im Wesentlichen an, seit seiner Flucht aus der Region Karabach im Jahr 1992 bis etwa drei Monate vor seiner Ausreise habe er bei seiner Tante und deren beiden Kindern in einem Flüchtlingslager in dem Ort ... gelebt. Seine Eltern seien bereits vor der Flucht aus Karabach von Armeniern getötet worden. Er habe nie eine Schule besucht, weil er keine Papiere gehabt habe. In ... habe er sich um die Tiere eines Bauern gekümmert. Etwa drei Monate lang bis zu seiner Ausreise habe er auf einem Bazar in ... gearbeitet. In den zwei Jahren vor seiner Ausreise habe ihm der Freund seiner Tante, der bei dieser gelebt habe, Geld abgenommen und ihn geschlagen. Im Jahr 2011 sei der Kläger deshalb zwei- oder dreimal bei der Polizei in ... gewesen und habe diese Vorfälle geschildert, die Polizei habe jedoch nichts unternommen. Im Jahr 2005 habe er den Wehrdienst antreten sollen. Damals seien Mitarbeiter der Militärbehörden von ... gekommen und hätten gesagt, der Kläger müsse zum Militär gehen. Von ihm sei verlangt worden, dass er seine Papiere vorlege, die er jedoch nicht gehabt habe. Die Leute von der Militärbehörde hätten dann selbst bei ihnen nach den Papieren gesucht, jedoch erfolglos. Der Kläger sei dann alle zwei oder drei Monate bei der Militärbehörde vorgeladen worden; er habe seine Papiere abgeben sollen. Nach zwei oder drei Monaten habe er von der Militärbehörde nichts mehr gehört. Insgesamt sei er zwei- oder dreimal bei der Militärbehörde in ... gewesen, das letzte Mal 2006.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom ... Mai 2014, zur Post gegeben am 27. Mai 2014, wurde dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1 des Bescheides) und der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Ziffer 2). Weiter wurde der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziffer 3). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor (Ziffer 4). Weiter wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung nach Aserbaidschan oder in einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Ziffer 5). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Der Kläger habe eine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Seinem Sachvortrag sei kein substantiierter und detaillierter Tatsachenvortrag zu entnehmen. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Vorbringens. Soweit er vorgetragen habe, er habe Probleme mit dem Mann seiner Tante gehabt, der ihn immer wieder geschlagen und ihm Geld abgenommen habe, handle es sich um Übergriffe Dritter. Es sei dem Kläger durchaus zuzumuten, sich zunächst an die Behörden seines Heimatlandes zu wenden und dort um Schutz nachzusuchen. Nach hiesiger Erkenntnis seien die aserbaidschanischen Behörden grundsätzlich auch schutzbereit und schutzwillig. Im Übrigen habe für den Kläger auch eine interne Fluchtalternative in andere Landesteile Aserbaidschans bestanden, beispielsweise in die Millionenstadt Baku. Wegen einer Asylantragstellung im Ausland müsse in Aserbaidschan niemand mit staatlichen Zwangsmaßnahmen rechnen. Dies gelte sowohl für Rückgeführte als auch für freiwillig zurückkehrende Aserbaidschaner. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus und Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor.
Am 11. Juni 2014 erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom ... Mai 2014. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die bisherigen Angaben des Klägers Bezug genommen. Das Bundesamt habe dessen Antrag falsch gewürdigt. Dem Kläger drohe in seiner Heimatstadt eine menschenrechtswidrige Behandlung. Er habe in Aserbaidschan seinen Militärdienst noch nicht absolviert. Im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan drohe ihm zunächst eine Gefängnisstrafe, danach der Einzug zum Militär. Da er zu gegebener Zeit nicht als Soldat seinen Militärdienst angetreten habe, seien die Strafen im Gefängnis sehr hart. Es drohe ihm dort auch die Folter. Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan in der Region Berg Karabach habe sich verschlechtert. Es komme immer wieder zu militärischen Auseinandersetzungen, in deren Folge Soldaten sterben würden. In Aserbaidschan würden alle Männer bis zu 35 Jahren registriert, so dass sie im Falle eines Krieges sofort eingezogen werden könnten. Militärdienstverweigerern drohten im Gefängnis Folter und erniedrigende Behandlungen sowie Bestrafungen. Der Kläger komme aus einer Region, auf die die Armenier immer noch Rechtsansprüche erheben würden. Diese Region sei von Krisen gekennzeichnet und auch bedingt durch die geografische Lage kriegsgefährdet.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes vom ... Mai 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 24. Juli 2014 die Behördenakte vor, ohne einen Antrag zu stellen.
Mit Beschluss vom 21. Mai 2015 wurde der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylVfG zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Zu weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 15. September 2015, die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Dem Kläger stehen die mit der Asylantragstellung geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Der Bescheid des Bundesamtes vom 21. Mai 2014 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Die Voraussetzungen für die Asylanerkennung liegen im Falle des Klägers bereits deshalb nicht vor, weil er eigenen Angaben zufolge aus Moskau kommend auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (vgl. Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylVfG).
2. Weiter liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG i. V. m. § 3 AsylVfG nicht vor.
a) Gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG setzt die Eigenschaft als Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) unter anderem voraus, dass sich der betreffende Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet. Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylVfG sind zum einen Handlungen, die aufgrund ihrer Art und Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) - Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) - keine Abweichung zulässig ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG). Zum anderen können Verfolgungshandlungen auch in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG).
b) Der Vortrag der Kläger, die ihr Verfolgungsschicksal wie viele Asylbewerber nicht durch andere Beweismittel nachweisen konnten, ist gemäß dem Gebot der freien richterlichen Beweiswürdigung zu würdigen (§ 108 Abs. 1 VwGO). Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es muss dabei von dem behaupteten individuellen Schicksal und die vom Asylsuchenden dargelegte Verfolgung überzeugt sein. Eine bloße Glaubhaftmachung im Sinne von § 294 ZPO genügt nicht. Die freie richterliche Beweiswürdigung bindet das Gericht nicht an starre Regeln, sondern ermöglicht ihm, den jeweiligen besonderen Umständen des Einzelfalles gerecht zu werden. Das Gericht muss aber von der Wahrheit der klägerischen Behauptung eines individuellen Verfolgungsschicksals und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit die volle Überzeugung gewinnen. Das Gericht darf hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (vgl. BVerwG, U. v. 16.4.1985 - 9 C 109/84 - BVerwGE 71, 180 ff.).
c) Der Kläger hat nach diesen Maßstäben nicht glaubhaft machen können, vor seiner Ausreise aus Aserbaidschan einer Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3 a AsylVfG ausgesetzt gewesen zu sein.
Soweit der Kläger vorgetragen hat, von dem Freund seiner Tante bedroht und misshandelt worden zu sein, wäre zum einen zweifelhaft, ob diese Taten an die für die Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Merkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG anknüpfen. Jedenfalls ist nicht davon auszugehen, dass die staatlichen Organe in Aserbaidschan im Sinne von § 3 c Nr. 3 AsylVfG erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens wären, in einem solchen Fall Schutz zu gewähren. Dies würde voraussetzen, dass die Sicherheitsbehörden entweder schutzunwillig sind oder aber - prinzipiell oder auf gewisse Dauer - zur Schutzgewährung außerstande sind, weil sie das Gesetz des Handelns an andere Kräfte verloren haben und die staatlichen Sicherheits- und Ordnungsvorschriften nicht mehr durchsetzen können; lückenloser Schutz muss dabei nicht gewährleistet sein (vgl. BVerwG, U. v. 5.7.1994 - 9 C 1/94 juris; BayVGH, U. v. 22.2.1989 - 21 BZ 86.30264 - juris Rn. 73). Insbesondere aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29. April 2015 über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Aserbaidschan ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte. Auch zeigen die Schilderungen des Klägers nicht auf, dass die Polizeidienststelle, bei der er im Jahre 2011 zwei- oder dreimal Vorfälle angezeigt habe, aus grundsätzlichen Erwägungen untätig geblieben ist. Die grundsätzliche Schutzfähigkeit und Willigkeit eines Staates erfordert nicht, dass jede Anzeige zu bestimmten Ermittlungs- und Strafverfolgungsmaßnahmen führen muss. Gerade bei Auseinandersetzungen im familiären Umfeld kann nicht damit gerechnet werden, dass Sicherheitsbehörden stets einschreiten können. Unabhängig hiervon stünde der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch entgegen, dass der Kläger in anderen Teilen von Aserbaidschan keine begründete Furcht vor Verfolgung geltend machen kann und ihm zugemutet werden kann, sich dort niederzulassen (vgl. § 3 e AsylVfG).
Weiter kann eine Verfolgung im Sinne von § 3 a AsylVfG nicht dem Umstand entnommen werden, dass der Kläger in seinem Heimatland noch keinen Militärdienst abgeleitet hat.
Der Kläger unterliegt grundsätzlich aufgrund seines Alters nach wie vor der gesetzlichen Wehrpflicht in Aserbaidschan, die das dortige Recht für alle Männer im Alter zwischen 18 und 35 Jahren unabhängig vom Aufenthaltsort vorsieht (vgl. Auskunft der Botschaft Baku vom 12.4.2013 an das Auswärtige Amt). Zudem legen nach Angaben u. a. des Auswärtigen Amtes (vgl. vorgenannter Lagebericht vom 29.4.2015, dort Ziffer II.1.6) Informationen über den Tod aserbaidschanischer Soldaten außerhalb von Einsätzen nahe, dass diese Opfer von Mobbing in der Armee wurden. Auch das U.S. Department of State (Azerbaijan - Country Report on Human Rights Practices 2014 vom 25.6.2015) berichtet über Menschenrechtsverletzungen im Bereich des aserbaidschanischen Militärs, wenngleich es Berichte gebe über einige positive Entwicklungen, wie die Abnahme von Schikanen. Diese Rechtsverletzungen beinhalten Fälle des physischen bzw. sexuellen Missbrauchs von Soldaten, der manchmal in deren Selbstmord mündet, und die Tötung durch Kameraden.
Der Kläger befürchtet eine Gefängnisstrafe und Folter, weil er sich unberechtigt der Wehrpflicht entzogen habe. Es fehlt jedoch bereits an einer hinreichend konkreten Gefahr, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan tatsächlich zum Wehrdienst herangezogen und dort angenommen würde, dass er sich diesem bislang unberechtigt entzogen haben könnte. Unterstellt man den Vortrag des Klägers gegenüber dem Bundesamt als glaubhaft, so hätten die Militärbehörden im Jahr 2006 die Bemühungen eingestellt, die Wehrpflicht des Klägers durchzusetzen. Er hat selbst angegeben, nach zwei oder drei Monaten von den Militärbehörden nichts mehr gehört zu haben, d. h. offensichtlich bis zu seiner Ausreise im Jahr 2012. Weiter ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen, dass bereits ein Einberufungsbefehl gegenüber ihm ergangen wäre. Vielmehr diente seine Vorladung wohl lediglich der Wehrerfassung, da von ihm lediglich verlangt wurde, Personalpapiere vorzulegen, die er nach seinen Angaben nicht besessen hat. Eine weitergehende Aufklärung des Sachverhalts war nicht durch informatorische Befragung des Klägers möglich, da dieser an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat.
Es kommt hier demnach nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob die vom Kläger geschilderten Sanktionen wegen Wehrdienstentziehung als Verfolgungsmaßnahmen im Sinne von § 3 a AsylVfG angesehen werden könnten (vgl. zu den Voraussetzungen BVerwG, U. v. 24.4.1990 - 9 C 4/89 - juris Rn. 15). Auch stellt sich nicht die Frage, ob ihm als Wehrpflichtigem in der Armee Verfolgungshandlungen aufgrund eines Verfolgungsgrundes im Sinne von § 3 b AsylVfG mit hinreichender Wahrscheinlichkeit drohen würden. Im Übrigen wäre nicht erkennbar, dass der Kläger aufgrund eines bestimmten persönlichen Merkmals im Sinne von § 3 b AsylVfG Opfer von Verfolgungsmaßnahmen werden könnte.
Zudem müssen rückgeführte und freiwillig ausgereiste aserbaidschanische Staatsangehörige nach dem Erkenntnisstand des Auswärtigen Amtes (vgl. Lagebericht vom 29.4.2015, dort Ziffer IV.2.) wegen der Asylantragstellung im Ausland bei ihrer Rückkehr nicht mit staatlichen Zwangsmaßnahmen rechnen.
3. Das Bundesamt hat zudem zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG verneint. Nach den vorstehenden Ausführungen ist insbesondere nicht davon auszugehen, dass der aserbaidschanische Staat gegenüber einer drohenden erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG durch einen nichtstaatlichen Akteur wie den Freund der Tante des Klägers erwiesenermaßen keinen Schutz gewähren würde (vgl. § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3 c Nr. 3 AsylVfG). Im Übrigen wäre der Kläger auch insoweit auf die Möglichkeit zu verweisen, in einen anderen Teil der Republik Aserbaidschan zurückzukehren (vgl. § 3 e i. V. m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG).
Da der Kläger zudem nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer Einziehung in die aserbaidschanische Armee rechnen muss, kommt es insoweit nicht darauf an, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen im Rahmen des Wehrdienstes eine erniedrigende Behandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG drohen könnte. Im Übrigen sind insoweit allgemeine Gefahren, die sich für Wehrpflichtige aus Kampfeinsätzen ergeben, nicht einschlägig. Aus Gefahren infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts kann sich gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG lediglich für Zivilpersonen ein Schutzanspruch ergeben.
4. Der Abschiebung des Klägers steht auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 3 bis 7 AufenthG entgegen.
Insbesondere ist kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG gegeben, das sich aus der Anwendung der EMRK ergeben würde. Vorliegend ist, wie oben näher dargelegt, nicht davon auszugehen, dass der Kläger vor Übergriffen Dritter keinen staatlichen Schutz erlangen könnte. Weiter ist nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass er bei einer Rückkehr nach Aserbaidschan zum Wehrdienst herangezogen würde und in der Folge u.U. in dortigen Armee Schikanen ausgesetzt sein könnte.
Auch liegen die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor. Der Kläger hat keine Anhaltspunkte für eine entsprechende individuelle und konkrete Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan glaubhaft gemacht. Dabei können die befürchteten Verfolgungsmaßnahmen durch Dritte oder aserbaidschanische Sicherheitsorgane wiederum nicht zugrunde gelegt werden.
Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (vgl. vorgenannter Lagebericht vom 29.4.2015, dort Ziffer IV.1.1.) ist die Grundversorgung der aserbaidschanischen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet. Die über 800.000 (Binnen-) Vertriebenen, die im Zuge des Bergkarabach-Konflikts aus ihren bisherigen Wohnorten in den besetzten Gebieten vertrieben wurden oder geflohen sind und z.T. seit 20 Jahren in Flüchtlingsunterkünften leben, erhalten staatliche Unterstützungsleistungen. Der Kläger gehört nach seinen Angaben zu diesen Vertriebenen. Zudem war er vor seiner Ausreise aus Aserbaidschan erwerbstätig und konnte gewisse Rücklagen bilden, obwohl der Freund seiner Tante ihm unter Androhungen Geld abgenommen hat. Der Kläger müsste daher im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan in der Lage sein, sich durch eigene Anstrengungen eine Existenzgrundlage zu schaffen.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Tenor
I.Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 5. August 2014 wird in den Nrn. 1, 3, 4 und 5 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin zu 1) die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
Unter der aufschiebenden Bedingung, dass dieses Urteil hinsichtlich der Klägerin zu 1) rechtskräftig wird, wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger zu 2) dementsprechend internationalen Schutz für Familienangehörige (Flüchtlingseigenschaft) zuzuerkennen.
II.Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 5. August 2014 verpflichtet festzustellen, dass die Kläger die Voraussetzungen des § 3 AsylG erfüllen und als Flüchtlinge anzuerkennen;
hilfsweise den Klägern subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG hinsichtlich Aserbaidschan zuzuerkennen;
weiter hilfsweise festzustellen, dass hinsichtlich Aserbaidschan Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Gründe
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger besitzt eigenen Angaben zufolge die Staatsangehörigkeit der Republik Aserbaidschan und ist aserbaidschanischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 27. Februar 2012 in das Bundesgebiet ein und stellte hier am 13. März 2012 einen Asylantrag.
Bei einer Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 4. Juni 2012 gab der Kläger im Wesentlichen an, seit seiner Flucht aus der Region Karabach im Jahr 1992 bis etwa drei Monate vor seiner Ausreise habe er bei seiner Tante und deren beiden Kindern in einem Flüchtlingslager in dem Ort ... gelebt. Seine Eltern seien bereits vor der Flucht aus Karabach von Armeniern getötet worden. Er habe nie eine Schule besucht, weil er keine Papiere gehabt habe. In ... habe er sich um die Tiere eines Bauern gekümmert. Etwa drei Monate lang bis zu seiner Ausreise habe er auf einem Bazar in ... gearbeitet. In den zwei Jahren vor seiner Ausreise habe ihm der Freund seiner Tante, der bei dieser gelebt habe, Geld abgenommen und ihn geschlagen. Im Jahr 2011 sei der Kläger deshalb zwei- oder dreimal bei der Polizei in ... gewesen und habe diese Vorfälle geschildert, die Polizei habe jedoch nichts unternommen. Im Jahr 2005 habe er den Wehrdienst antreten sollen. Damals seien Mitarbeiter der Militärbehörden von ... gekommen und hätten gesagt, der Kläger müsse zum Militär gehen. Von ihm sei verlangt worden, dass er seine Papiere vorlege, die er jedoch nicht gehabt habe. Die Leute von der Militärbehörde hätten dann selbst bei ihnen nach den Papieren gesucht, jedoch erfolglos. Der Kläger sei dann alle zwei oder drei Monate bei der Militärbehörde vorgeladen worden; er habe seine Papiere abgeben sollen. Nach zwei oder drei Monaten habe er von der Militärbehörde nichts mehr gehört. Insgesamt sei er zwei- oder dreimal bei der Militärbehörde in ... gewesen, das letzte Mal 2006.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom ... Mai 2014, zur Post gegeben am 27. Mai 2014, wurde dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1 des Bescheides) und der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Ziffer 2). Weiter wurde der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziffer 3). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor (Ziffer 4). Weiter wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung nach Aserbaidschan oder in einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Ziffer 5). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Der Kläger habe eine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Seinem Sachvortrag sei kein substantiierter und detaillierter Tatsachenvortrag zu entnehmen. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Vorbringens. Soweit er vorgetragen habe, er habe Probleme mit dem Mann seiner Tante gehabt, der ihn immer wieder geschlagen und ihm Geld abgenommen habe, handle es sich um Übergriffe Dritter. Es sei dem Kläger durchaus zuzumuten, sich zunächst an die Behörden seines Heimatlandes zu wenden und dort um Schutz nachzusuchen. Nach hiesiger Erkenntnis seien die aserbaidschanischen Behörden grundsätzlich auch schutzbereit und schutzwillig. Im Übrigen habe für den Kläger auch eine interne Fluchtalternative in andere Landesteile Aserbaidschans bestanden, beispielsweise in die Millionenstadt Baku. Wegen einer Asylantragstellung im Ausland müsse in Aserbaidschan niemand mit staatlichen Zwangsmaßnahmen rechnen. Dies gelte sowohl für Rückgeführte als auch für freiwillig zurückkehrende Aserbaidschaner. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus und Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor.
Am 11. Juni 2014 erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom ... Mai 2014. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die bisherigen Angaben des Klägers Bezug genommen. Das Bundesamt habe dessen Antrag falsch gewürdigt. Dem Kläger drohe in seiner Heimatstadt eine menschenrechtswidrige Behandlung. Er habe in Aserbaidschan seinen Militärdienst noch nicht absolviert. Im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan drohe ihm zunächst eine Gefängnisstrafe, danach der Einzug zum Militär. Da er zu gegebener Zeit nicht als Soldat seinen Militärdienst angetreten habe, seien die Strafen im Gefängnis sehr hart. Es drohe ihm dort auch die Folter. Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan in der Region Berg Karabach habe sich verschlechtert. Es komme immer wieder zu militärischen Auseinandersetzungen, in deren Folge Soldaten sterben würden. In Aserbaidschan würden alle Männer bis zu 35 Jahren registriert, so dass sie im Falle eines Krieges sofort eingezogen werden könnten. Militärdienstverweigerern drohten im Gefängnis Folter und erniedrigende Behandlungen sowie Bestrafungen. Der Kläger komme aus einer Region, auf die die Armenier immer noch Rechtsansprüche erheben würden. Diese Region sei von Krisen gekennzeichnet und auch bedingt durch die geografische Lage kriegsgefährdet.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes vom ... Mai 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 24. Juli 2014 die Behördenakte vor, ohne einen Antrag zu stellen.
Mit Beschluss vom 21. Mai 2015 wurde der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylVfG zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Zu weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 15. September 2015, die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Dem Kläger stehen die mit der Asylantragstellung geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Der Bescheid des Bundesamtes vom 21. Mai 2014 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Die Voraussetzungen für die Asylanerkennung liegen im Falle des Klägers bereits deshalb nicht vor, weil er eigenen Angaben zufolge aus Moskau kommend auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (vgl. Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylVfG).
2. Weiter liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG i. V. m. § 3 AsylVfG nicht vor.
a) Gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG setzt die Eigenschaft als Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) unter anderem voraus, dass sich der betreffende Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet. Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylVfG sind zum einen Handlungen, die aufgrund ihrer Art und Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) - Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) - keine Abweichung zulässig ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG). Zum anderen können Verfolgungshandlungen auch in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG).
b) Der Vortrag der Kläger, die ihr Verfolgungsschicksal wie viele Asylbewerber nicht durch andere Beweismittel nachweisen konnten, ist gemäß dem Gebot der freien richterlichen Beweiswürdigung zu würdigen (§ 108 Abs. 1 VwGO). Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es muss dabei von dem behaupteten individuellen Schicksal und die vom Asylsuchenden dargelegte Verfolgung überzeugt sein. Eine bloße Glaubhaftmachung im Sinne von § 294 ZPO genügt nicht. Die freie richterliche Beweiswürdigung bindet das Gericht nicht an starre Regeln, sondern ermöglicht ihm, den jeweiligen besonderen Umständen des Einzelfalles gerecht zu werden. Das Gericht muss aber von der Wahrheit der klägerischen Behauptung eines individuellen Verfolgungsschicksals und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit die volle Überzeugung gewinnen. Das Gericht darf hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (vgl. BVerwG, U. v. 16.4.1985 - 9 C 109/84 - BVerwGE 71, 180 ff.).
c) Der Kläger hat nach diesen Maßstäben nicht glaubhaft machen können, vor seiner Ausreise aus Aserbaidschan einer Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3 a AsylVfG ausgesetzt gewesen zu sein.
Soweit der Kläger vorgetragen hat, von dem Freund seiner Tante bedroht und misshandelt worden zu sein, wäre zum einen zweifelhaft, ob diese Taten an die für die Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Merkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG anknüpfen. Jedenfalls ist nicht davon auszugehen, dass die staatlichen Organe in Aserbaidschan im Sinne von § 3 c Nr. 3 AsylVfG erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens wären, in einem solchen Fall Schutz zu gewähren. Dies würde voraussetzen, dass die Sicherheitsbehörden entweder schutzunwillig sind oder aber - prinzipiell oder auf gewisse Dauer - zur Schutzgewährung außerstande sind, weil sie das Gesetz des Handelns an andere Kräfte verloren haben und die staatlichen Sicherheits- und Ordnungsvorschriften nicht mehr durchsetzen können; lückenloser Schutz muss dabei nicht gewährleistet sein (vgl. BVerwG, U. v. 5.7.1994 - 9 C 1/94 juris; BayVGH, U. v. 22.2.1989 - 21 BZ 86.30264 - juris Rn. 73). Insbesondere aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29. April 2015 über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Aserbaidschan ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte. Auch zeigen die Schilderungen des Klägers nicht auf, dass die Polizeidienststelle, bei der er im Jahre 2011 zwei- oder dreimal Vorfälle angezeigt habe, aus grundsätzlichen Erwägungen untätig geblieben ist. Die grundsätzliche Schutzfähigkeit und Willigkeit eines Staates erfordert nicht, dass jede Anzeige zu bestimmten Ermittlungs- und Strafverfolgungsmaßnahmen führen muss. Gerade bei Auseinandersetzungen im familiären Umfeld kann nicht damit gerechnet werden, dass Sicherheitsbehörden stets einschreiten können. Unabhängig hiervon stünde der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch entgegen, dass der Kläger in anderen Teilen von Aserbaidschan keine begründete Furcht vor Verfolgung geltend machen kann und ihm zugemutet werden kann, sich dort niederzulassen (vgl. § 3 e AsylVfG).
Weiter kann eine Verfolgung im Sinne von § 3 a AsylVfG nicht dem Umstand entnommen werden, dass der Kläger in seinem Heimatland noch keinen Militärdienst abgeleitet hat.
Der Kläger unterliegt grundsätzlich aufgrund seines Alters nach wie vor der gesetzlichen Wehrpflicht in Aserbaidschan, die das dortige Recht für alle Männer im Alter zwischen 18 und 35 Jahren unabhängig vom Aufenthaltsort vorsieht (vgl. Auskunft der Botschaft Baku vom 12.4.2013 an das Auswärtige Amt). Zudem legen nach Angaben u. a. des Auswärtigen Amtes (vgl. vorgenannter Lagebericht vom 29.4.2015, dort Ziffer II.1.6) Informationen über den Tod aserbaidschanischer Soldaten außerhalb von Einsätzen nahe, dass diese Opfer von Mobbing in der Armee wurden. Auch das U.S. Department of State (Azerbaijan - Country Report on Human Rights Practices 2014 vom 25.6.2015) berichtet über Menschenrechtsverletzungen im Bereich des aserbaidschanischen Militärs, wenngleich es Berichte gebe über einige positive Entwicklungen, wie die Abnahme von Schikanen. Diese Rechtsverletzungen beinhalten Fälle des physischen bzw. sexuellen Missbrauchs von Soldaten, der manchmal in deren Selbstmord mündet, und die Tötung durch Kameraden.
Der Kläger befürchtet eine Gefängnisstrafe und Folter, weil er sich unberechtigt der Wehrpflicht entzogen habe. Es fehlt jedoch bereits an einer hinreichend konkreten Gefahr, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan tatsächlich zum Wehrdienst herangezogen und dort angenommen würde, dass er sich diesem bislang unberechtigt entzogen haben könnte. Unterstellt man den Vortrag des Klägers gegenüber dem Bundesamt als glaubhaft, so hätten die Militärbehörden im Jahr 2006 die Bemühungen eingestellt, die Wehrpflicht des Klägers durchzusetzen. Er hat selbst angegeben, nach zwei oder drei Monaten von den Militärbehörden nichts mehr gehört zu haben, d. h. offensichtlich bis zu seiner Ausreise im Jahr 2012. Weiter ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen, dass bereits ein Einberufungsbefehl gegenüber ihm ergangen wäre. Vielmehr diente seine Vorladung wohl lediglich der Wehrerfassung, da von ihm lediglich verlangt wurde, Personalpapiere vorzulegen, die er nach seinen Angaben nicht besessen hat. Eine weitergehende Aufklärung des Sachverhalts war nicht durch informatorische Befragung des Klägers möglich, da dieser an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat.
Es kommt hier demnach nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob die vom Kläger geschilderten Sanktionen wegen Wehrdienstentziehung als Verfolgungsmaßnahmen im Sinne von § 3 a AsylVfG angesehen werden könnten (vgl. zu den Voraussetzungen BVerwG, U. v. 24.4.1990 - 9 C 4/89 - juris Rn. 15). Auch stellt sich nicht die Frage, ob ihm als Wehrpflichtigem in der Armee Verfolgungshandlungen aufgrund eines Verfolgungsgrundes im Sinne von § 3 b AsylVfG mit hinreichender Wahrscheinlichkeit drohen würden. Im Übrigen wäre nicht erkennbar, dass der Kläger aufgrund eines bestimmten persönlichen Merkmals im Sinne von § 3 b AsylVfG Opfer von Verfolgungsmaßnahmen werden könnte.
Zudem müssen rückgeführte und freiwillig ausgereiste aserbaidschanische Staatsangehörige nach dem Erkenntnisstand des Auswärtigen Amtes (vgl. Lagebericht vom 29.4.2015, dort Ziffer IV.2.) wegen der Asylantragstellung im Ausland bei ihrer Rückkehr nicht mit staatlichen Zwangsmaßnahmen rechnen.
3. Das Bundesamt hat zudem zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG verneint. Nach den vorstehenden Ausführungen ist insbesondere nicht davon auszugehen, dass der aserbaidschanische Staat gegenüber einer drohenden erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG durch einen nichtstaatlichen Akteur wie den Freund der Tante des Klägers erwiesenermaßen keinen Schutz gewähren würde (vgl. § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3 c Nr. 3 AsylVfG). Im Übrigen wäre der Kläger auch insoweit auf die Möglichkeit zu verweisen, in einen anderen Teil der Republik Aserbaidschan zurückzukehren (vgl. § 3 e i. V. m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG).
Da der Kläger zudem nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer Einziehung in die aserbaidschanische Armee rechnen muss, kommt es insoweit nicht darauf an, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen im Rahmen des Wehrdienstes eine erniedrigende Behandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG drohen könnte. Im Übrigen sind insoweit allgemeine Gefahren, die sich für Wehrpflichtige aus Kampfeinsätzen ergeben, nicht einschlägig. Aus Gefahren infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts kann sich gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG lediglich für Zivilpersonen ein Schutzanspruch ergeben.
4. Der Abschiebung des Klägers steht auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 3 bis 7 AufenthG entgegen.
Insbesondere ist kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG gegeben, das sich aus der Anwendung der EMRK ergeben würde. Vorliegend ist, wie oben näher dargelegt, nicht davon auszugehen, dass der Kläger vor Übergriffen Dritter keinen staatlichen Schutz erlangen könnte. Weiter ist nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass er bei einer Rückkehr nach Aserbaidschan zum Wehrdienst herangezogen würde und in der Folge u.U. in dortigen Armee Schikanen ausgesetzt sein könnte.
Auch liegen die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor. Der Kläger hat keine Anhaltspunkte für eine entsprechende individuelle und konkrete Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan glaubhaft gemacht. Dabei können die befürchteten Verfolgungsmaßnahmen durch Dritte oder aserbaidschanische Sicherheitsorgane wiederum nicht zugrunde gelegt werden.
Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (vgl. vorgenannter Lagebericht vom 29.4.2015, dort Ziffer IV.1.1.) ist die Grundversorgung der aserbaidschanischen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet. Die über 800.000 (Binnen-) Vertriebenen, die im Zuge des Bergkarabach-Konflikts aus ihren bisherigen Wohnorten in den besetzten Gebieten vertrieben wurden oder geflohen sind und z.T. seit 20 Jahren in Flüchtlingsunterkünften leben, erhalten staatliche Unterstützungsleistungen. Der Kläger gehört nach seinen Angaben zu diesen Vertriebenen. Zudem war er vor seiner Ausreise aus Aserbaidschan erwerbstätig und konnte gewisse Rücklagen bilden, obwohl der Freund seiner Tante ihm unter Androhungen Geld abgenommen hat. Der Kläger müsste daher im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan in der Lage sein, sich durch eigene Anstrengungen eine Existenzgrundlage zu schaffen.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt I. , I1. , wird abgelehnt.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Prozesskostenhilfeantrag hat keinen Erfolg. Nach § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, sofern die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, weil das einstweilige Rechtsschutzverfahren, wie sich aus den Gründen zu II. ergibt, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und im Übrigen die erforderlichen Formularanträge und Belege nicht vorgelegt worden sind.
4II.
5Der - sinngemäße - Antrag der Antragsteller,
6die aufschiebende Wirkung der Klage 5 K 500/16.A gegen die in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. Januar 2016 unter Ziffer 5 enthaltene Abschiebungsandrohung sowie gegen die unter Ziffern 6 und 7 verfügten Einreise- und Aufenthaltsverbote anzuordnen,
7hat keinen Erfolg.
8Hinsichtlich der Abschiebungsandrohung ist der Antrag zulässig - insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG gestellt -, er ist jedoch unbegründet.
9Nach § 75 AsylG hat die Anfechtungsklage gegen die vom Bundesamt ausgesprochene Abschiebungsandrohung keine aufschiebende Wirkung. Zwar kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Das setzt aber nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes voraus. Solchen ernstlichen Zweifeln unterliegt die unter Ziffer 5 des mit der Klage angegriffenen Bescheides vom 25. Januar 2016 verfügte Abschiebungsandrohung nicht.
10Rechtsgrundlage für die erlassene Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind die §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG i.V.m. den §§ 59 und 60 Abs. 10 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Danach erlässt das Bundesamt die Abschiebungsandrohung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche, wenn der Asylantrag und der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft des Ausländers als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden und er nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das Bundesamt ist in der angegriffenen Entscheidung - auf die entsprechend § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird - zu Recht davon ausgegangen, dass die Asylanträge der Antragsteller offensichtlich unbegründet sind und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG offensichtlich nicht vorliegen. Dies erweist sich auch im gegenwärtigen, für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt - vgl. § 77 Abs. 1 AsylG - als rechtsfehlerfrei.
11Die Voraussetzungen für die Asylanerkennung gemäß Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) bzw. § 3 Abs. 1 und 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft greifen offensichtlich nicht zugunsten der Antragsteller ein. Gemäß § 29a Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG, d.h. u.a. einem Staat gemäß § 29a Abs. 2 i.V.m. Anlage II AsylG stammt, es sei denn, die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
12Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Antragsteller stammen aus Albanien und mithin einem sicheren Herkunftsstaat nach den vorbezeichneten Bestimmungen in deren maßgeblicher Fassung zum jetzigen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
13Das Vorbringen der Antragsteller begründet nicht die Annahme, dass ihnen abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Zur Ausräumung der Vermutung ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Asylbewerbers gründet. Dabei kann er seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist aber erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können.
14Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 14. Mai 1996
15- 2 BvR 1507, 1508/93 -, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 94, 115.
16Die Antragsteller haben mit ihrem Vorbringen diese Vermutung nicht ausräumen können. Der Antragsteller zu 1. hat sich in der Anhörung vor dem Bundesamt am 19. Mai 2014 dahingehend eingelassen, im Gegensatz zu seiner Ehefrau, der Antragstellerin zu 2., sei er Angehöriger der Roma. Aus diesem Grund sei die Familie seiner Ehefrau mit der Hochzeit, die im Jahr 2002 stattgefunden habe, nicht einverstanden gewesen. Er sei bedroht, bespuckt und geschlagen worden. Zudem sei der Bruder seiner Ehefrau eineinhalb Monate vor der Ausreise aus dem Gefängnis entlassen worden. Dieser habe während seines Gefängnisaufenthalts seine Freunde zu ihm, dem Antragsteller zu 1., geschickt. Diese hätten dann das Haus umstellt und gesagt, er, der Antragsteller zu 1., solle seine Ehefrau verlassen, ansonsten würden die gemeinsamen Kinder vor dessen Augen verbrannt. Die Antragstellerin zu 2. hat in der Anhörung vor dem Bundesamt am 19. Mai 2014 mitgeteilt, ihre Eltern seien wegen der unterschiedlichen Volkszugehörigkeiten nicht mit der Hochzeit einverstanden gewesen. Zudem habe ihr Bruder sie durch seine Freunde bedrohen lassen. Er habe angekündigt, ihre, der Antragstellerin zu 2., Kinder umzubringen.
17Aus diesem Vorbringen folgt offensichtlich keine politische Verfolgung. Denn das Vorbringen ist augenscheinlich unglaubhaft. Die Schilderungen erschöpfen sich in Gänze in den bezeichneten Behauptungen und sind damit vage, oberflächlich sowie unsubstantiiert geblieben. Die Angaben der Antragsteller zu 1. und 2. zur vermeintlichen Bedrohungslage sind derart detailarm, dass sie nicht geeignet sind, ein auch nur ansatzweise nachvollziehbares Bild eines realen Geschehensablaufs zu vermitteln. Insbesondere hinsichtlich der für die Ausreise aus Albanien (vermeintlich) ursächlich gewesenen, vom Bruder der Antragstellerin zu 2. ausgehenden Gefahr haben die Antragsteller zu 1. und 2. weitgehend auf die Schilderung situationstypischer Details verzichtet und die angeblichen Vorfälle stattdessen auf einzelne Kernfakten reduziert, so dass allenfalls ein Handlungsgerüst, aber kein kohärenter Geschehensablauf erkennbar ist.
18Unbeschadet des Umstandes, dass das Vorbringen der Antragsteller offensichtlich unglaubhaft ist, hätten sie selbst dann, wenn unterstellt würde, ihre Schilderungen seien glaubhaft, offensichtlich weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch einen solchen auf Anerkennung als Asylberechtigte.
19Von einer asyl- bzw. flüchtlingsrechtlich bedeutsamen „Verfolgung“ kann nur ausgegangen werden, wenn die Furcht des Asylsuchenden begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland Bedrohungen seines Lebens, seiner Freiheit oder anderer in Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU (zuvor: Richtlinie 2004/83/EG) geschützter Rechtsgüter wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung ausgesetzt ist
20vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - (juris)
21und ihm gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es hingegen regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsstaat zu erleiden hat, etwa in Folge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolutionen und Kriegen.
22Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 13. November 2013 - 8 A 2228/07.A - und vom 2. Juli 2013 - 8 A 2632/06.A - (jeweils juris und www.nrwe.de).
23Danach muss auch eine kriminelle Verfolgung an ein in § 3 AsylG genanntes Merkmal anknüpfen, um als politische Verfolgung gelten zu können.
24Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2014 - 1 A 1139/13.A - und Beschluss vom 28. März 2014 - 13 A 1305/13.A - (jeweils juris und www.nrwe.de).
25An einer solchen Anknüpfung fehlt es hier offensichtlich, denn nach dem Vorbringen der Antragsteller drohte ihnen allenfalls, Opfer kriminellen Unrechts zu werden.
26Ungeachtet dessen könnte den Antragstellern selbst dann, wenn ihre Schilderungen eine politische Verfolgung umschreiben würden, die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden. Für den Fall einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ist diese allein dann relevant, wenn u.a. der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz vor Verfolgung zu bieten (§ 3c Nr. 3 AsylG). Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Natur sein (§ 3d Abs. 2 Satz 1 AsylG). Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn u.a. der Staat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat (§ 3d Abs. 2 Satz 2 AsylG).
27Es ist nicht ersichtlich, dass in Albanien kein staatlicher Schutz vor Verfolgung geboten wird. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen,
28vgl. dazu: Auswärtiges Amt (AA), Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien (Stand: Mai 2015) vom 10. Juni 2015,
29die in der - das Herkunftsland Albanien betreffenden - verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung
30vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 11 A 334/14.A - (www.nrwe.de und juris); Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf, Beschluss vom 28. Oktober 2015 - 17 L 2938/15.A - (www.nrwe.de und juris)
31Zustimmung gefunden haben, ist zwar in Albanien das Tätigwerden staatlicher Organe - auch der Polizei und Justiz - nicht in der Form effektiv, wie es etwa in den Ländern der Europäischen Union zu erwarten wäre. Indessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass gegen kriminelles Unrecht kein staatlicher Schutz zu erlangen wäre. Im Übrigen haben die Antragsteller nicht einmal erwähnt, um polizeilichen Schutz nachgesucht zu haben.
32Anhaltspunkte dafür, dass den Antragstellern subsidiärer Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu gewähren ist, liegen nicht vor.
33Ferner ist nicht ersichtlich, dass der Abschiebung der Antragsteller nach Albanien Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG entgegenstehen.
34Auch der von der Antragstellerin zu 2. geltend gemachte Umstand, sie leide an verschiedenen Erkrankungen, führt zu keiner anderen Bewertung.
35Für den Fall einer Erkrankung sind die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dann erfüllt, wenn sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort faktisch unzureichend sind. Die befürchtete Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung muss dabei zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führen, also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität erwarten lassen; das wäre dann der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand alsbald nach der Rückkehr wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde.
36vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab: BVerwG, Beschluss vom 22. März 2012
37- 1 C 3.11 - (juris) und Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.15 -, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 2007, 254 sowie OVG NRW, Urteil vom 27. Januar 2015 - 13 A 1201/12.A - (www.nrwe.de und juris).
38Ob eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegt, bedarf der - Mindestanforderungen erfüllenden - Darlegung durch den jeweiligen Antragsteller.
39Besondere Voraussetzungen gelten für die Darlegung psychischer Erkrankungen. So ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass zur Substantiierung eines Vorbringens einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung - sowie auch eines entsprechenden Beweisantrages - angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes und seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests gehört. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
40Vgl. dazu: BVerwG, Beschluss vom 26. Juli 2012 - 10 B 21.12 - (juris) und Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2008, 330.
41Diesen Mindestanforderungen, die auch für die Darlegung und Glaubhaftmachung anderer psychischer Erkrankungen mit Behandlungsbedarf gelten,
42vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 11. November 2014 - A 11 S 1778/14 -, DVBl. 2015, 118 sowie VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 5. Juni 2015 - 13 L 1253/15.A - und vom 7. April 2015 - 13 L 742/15.A - (jeweils www.nrwe.de und juris),
43genügen die von der Antragstellerin zu 2. eingereichten ärztlichen Stellungnahmen nicht.
44Ausweislich des fachärztlichen Attests des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Herrn Dr. med. N. , vom 25. November 2015 leidet die Antragstellerin zu 2. an einer rezidivierenden Episode einer reaktiven Depression (F33.8G), einem depressiven Adaptationssyndrom (F43.2G) und einer nichtorganischen Hyposomnie (F51.0G). In dem fachärztlichen Attest wird u.a. Folgendes festgestellt:
45„Anamnese (nur auszugsweise):
46Psych. Belastungen, Symptomatik / Problematik bzw. psych. Befinden: Psych. Belastung, denn: Sie hat erhebliche familiäre Probleme. Sie hat Probleme mit ihrem Bruder, ihrem Vater und ihrer Mutter. Ihr Ehemann gehört zu den Roma, ihr Bruder und ihre Familie haben ihn deshalb nie richtig akzeptiert. Ihr Bruder drohte ihr deshalb früher, sie zu schlagen. Sie muss sich um die Versorgung ihrer 3 schulpflichtigen Kinder kümmern. Sie ist seit Frühjahr 2013 in Deutschland. Oft Schlafstörungen. Rez. starke Deprimiertheit. BA: Sie ist ALO. Zum Teil auch rezidivierende Ängste. Gedrückte Stimmung, innere Unruhe. Mangelnde Fähigkeit zur pos. emotionalen Reaktion, Stimmungstiefs. Bisherige psych. Medikation: DIAZEPAM ca. 9mg/Tag.
47Therapie: Supportive / beratende Krisenintervention und Thematisierung konstruktiver Kognitionen. Psych. Medikation: Wie besprochen. CITALOPRAM 30 MG FTA (1/2 bis 1,-,-,-).
48Aufgrund einer ausgeprägten depressiven Symptomatik ist die o.g. Patientin aktuell und im absehbaren Zeitraum nicht reisefähig und es ist eine gezielte fachärztliche psychopharmakologische medikamentöse Therapie erforderlich und indiziert.“
49Erhebliche Zweifel an dem Aussagegehalt des fachärztlichen Attests bestehen schon deshalb, da in diesem Kernfakten - wie zum Beispiel Ein- und Ausreisedaten – unzutreffend angegeben sind. Die Antragstellerin zu 2. befindet sich nicht seit dem Frühjahr 2013 in Deutschland. Sie ist vielmehr erst am 24. April 2014 aus Albanien ausgereist. Im Übrigen ist es wenig plausibel, dass eine beratende bzw. supportive Krisenintervention stattfinden soll. Es ist nicht ersichtlich, wie diese Art der Behandlung, die im Wesentlichen in Form einer Gesprächstherapie durchgeführt wird,
50vgl. im Internet: https://de.wikipedia.org/wiki/Krisenintervention,
51bei der vorhandenen Sprachbarriere erfolgen kann, da die Antragstellerin nach eigenen Angaben lediglich über albanische Sprachkenntnisse verfügt. Darüber hinaus wird das fachärztliche Attest den von der Rechtsprechung aufgestellten Mindestanforderungen nicht ansatzweise gerecht. Es fehlt an nachvollziehbaren Angaben dazu, auf welcher Grundlage die Diagnose gestellt worden ist. Im Übrigen wird nicht erläutert, ob die von der Antragstellerin zu 2. geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde auch bestätigt werden. Ferner wird nicht dargelegt, seit wann und wie häufig sich die Antragstellerin zu 2. in ärztlicher Behandlung befunden hat.
52Soweit in dem fachärztlichen Attest schließlich ausgeführt wird, die Antragstellerin sei nicht reisefähig, ist dies rechtlich ohne Belang, da es sich insofern (allein) um ein inländisches Vollstreckungshindernis handelt, das von der zuständigen Ausländerbehörde zu prüfen ist.
53Vgl. dazu: OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2006 - 18 B 586/06 - (www.nrwe.de und juris).
54Die weitere fachärztliche Bescheinigung des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Herrn Dr. med. N. , vom 1. Februar 2016, ausweislich der die Antragstellerin zu 2. (weiterhin) an einer rezidivierenden Episode einer reaktiven Depression (F33.8G), einem depressiven Adaptationssyndrom (F43.2G) und einer nichtorganischen Hyposomnie (F51.0G) leidet, erfüllt die vorgenannten Anforderungen ebenfalls nicht. In der aktuellen fachärztlichen Bescheinigung wird u.a. ausgeführt:
55„Anamnese (nur auszugsweise):
56Psych. Belastungen, Symptomatik / Problematik bzw. psych. Befinden: Psych. Belastung, denn: Sie hat erhebliche familiäre Probleme. Sie hat Probleme mit ihrem Bruder, ihrem Vater und ihrer Mutter. Ihr Ehemann gehört zu den Roma, ihr Bruder und ihre Familie haben ihn deshalb nie richtig akzeptiert. Ihr Bruder drohte ihr deshalb früher, sie zu schlagen. Sie muss sich um die Versorgung ihrer 3 schulpflichtigen Kinder kümmern. In dem Heim, in dem sie wohnt, sind oft starke Lärmbelästigungen. Sie ist seit Frühjahr 2013 in Deutschland. Oft Schlafstörungen. Rez. starke Deprimiertheit. BA: Sie ist ALO. Zum Teil auch rezidivierende Ängste. Gedrückte Stimmung, innere Unruhe. Mangelnde Fähigkeit zur pos. emotionalen Reaktion, Stimmungstiefs. Bisherige psych. Medikation: DIAZEPAM ca. 9mg/Tag.
57Therapie: Supportive / beratende Krisenintervention und Thematisierung konstruktiver Kognitionen. Psych. Medikation: Wie besprochen. Trimipramin 25 mg (-,-,-, 1 bis 3).
58Aufgrund einer ausgeprägten depressiven Symptomatik ist die o.g. Patientin aktuell und im absehbaren Zeitraum nicht reisefähig und es ist eine gezielte fachärztliche psychopharmakologische medikamentöse Therapie erforderlich und indiziert.“
59Die fehlende Aussagekraft des fachärztlichen Attests ergibt sich bereits daraus, dass dieses bis auf zwei - durch Unterstreichungen hervorgehobene - Ausnahmen mit der ersten fachärztlichen Bescheinigung wortlautidentisch ist. Mithin leidet auch die aktuelle fachärztliche Stellungnahme an den vorgenannten inhaltlichen Mängeln.
60Darüber hinaus deckt der Vergleich der beiden fachärztlichen Stellungnahmen weitere Plausibilitätsdefizite auf. Ausweislich der Stellungnahme vom 25. November 2015 bestand die „bisherige psych. Medikation“ in der Gabe von Diazepam. Diese Medikation wurde dann (wohl) auf Citalopram umgestellt. Dennoch führte auch die Stellungnahme vom 1. Februar 2016 aus, die „bisherige psych. Medikation“ bestehe in der Verabreichung von Diazepam.
61Selbst wenn die Antragstellerin zu 2. an einer rezidivierenden Episode einer reaktiven Depression (F33.8G), einem depressiven Adaptationssyndrom (F43.2G) und einer nichtorganischen Hyposomnie (F51.0G) leiden sollte, rechtfertigte dies nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die dann notwendige medizinische Versorgung der Antragstellerin zu 2. in Albanien wäre für diese erlangbar.
62Die medizinische Versorgung in Albanien ist grundsätzlich gesichert. Auch wenn die Ausstattung und Hygiene medizinischer Einrichtungen zu wünschen übrig lässt, sind Ärzte gut ausgebildet. Komplizierte Behandlungen können in Tirana und den größeren Städten durchgeführt werden. Die Medikamentenversorgung stellt kein Problem dar.
63Vgl. Auswärtiges Amt (AA), Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien (Stand: Mai 2015) vom 10. Juni 2015.
64Insbesondere Medikamente zur Behandlung psychischer Krankheiten sind in ganz Albanien verfügbar.
65Vgl. Amtliche Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Tirana an das Bundesamt vom 29. März 2013.
66Auch die Finanzierung der Medikamente ist gesichert. Die staatliche Krankenversicherung übernimmt die anfallenden Kosten.
67Vgl. AA, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien (Stand: Mai 2015) vom 10. Juni 2015.
68Die Behandelbarkeit der Erkrankungen im Heimatland wird auch nicht durch das Vorbringen der Antragstellerin zu 2. im gerichtlichen Verfahren in Frage gestellt. Danach soll eine ärztliche Behandlung in Albanien nicht möglich sein, da die familiären Auseinandersetzungen unmittelbar nach der Einreise wieder beginnen würden und die Antragstellerin zu 2. dann erneut in die Situation geriete, die Auslöser für die aktuellen Erkrankungen gewesen sei. Im Übrigen seien die jetzigen Symptome bereits in Albanien aufgetreten, hätten dort jedoch nicht behandelt werden können. Dieser Vortrag übersieht zunächst, dass die Antragstellerin zu 2. während der Anhörung vor dem Bundesamt am 19. Mai 2014 weder erwähnt hat, dass sie an einer psychischen Erkrankung leidet, noch, dass sie vergebens versucht hätte, eine adäquate Behandlung in Albanien zu erhalten. Vielmehr hat sich die Antragstellerin zu 2. dahingehend eingelassen, ihr gehe es gesundheitlich gut. Damit einhergehend hat die Antragstellerin zu 2. auch nicht unmittelbar nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland einen Facharzt aufgesucht, sondern erst - im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Einstufung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat - ca. 21 Monate später. Letztlich folgt auch aus den vorgelegten fachärztlichen Stellungnahmen nicht ansatzweise, dass eine Behandlung der Antragstellerin zu 2. in Albanien ausscheidet.
69Falls das Vorbringen der Antragstellerin zu 2. dahingehend verstanden werden soll, die ärztliche Versorgung im Bundesgebiet sei qualitativ hochwertiger als diejenige in Albanien, ist darauf hinzuweisen, dass der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht dazu dient, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Diese Vorschrift begründet insbesondere keinen Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt und Standard in der medizinischen Versorgung in Deutschland. Ein Ausländer muss sich vielmehr auf den Standard der Gesundheitsversorgung im Heimatland verweisen lassen, auch wenn dieser dem entsprechenden Niveau in Deutschland nicht entspricht.
70Vgl. dazu: OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Juli 2006 - 18 B 586/06 - und vom 14. Juni 2005 - 11 A 4518/02.A - (jeweils www.nrwe.de und juris).
71Soweit die Antragstellerin zu 2. schließlich ausweislich der ärztlichen Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin, Herrn Dr. med. T. , vom 25. August 2015 an Fibromyalgie, Migräne und Schlaflosigkeit leidet, ist dies rechtlich ohne Relevanz, da die Bescheinigung knapp sechs Monate alt und mithin nicht mehr aktuell ist. Damit einhergehend hat sich die Antragstellerin zu 2. im gerichtlichen Verfahren auch nicht mehr auf diese physischen Leiden berufen, sondern ihren Vortrag auf das Vorliegen psychischer Erkrankungen beschränkt.
72Soweit sich der Eilantrag gegen die Einreise- und Aufenthaltsverbote aus Ziffern 6 und 7 des angegriffenen Bescheides richtet, ist er - ungeachtet der Fragen, ob ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO oder nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft ist und ob jeweils das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vorliegt (§ 11 Abs. 7 Satz 2 AufenthG) - jedenfalls unbegründet.
73Dies gilt zunächst für die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 10 Monate gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG. Das Bundesamt hat ausweislich der Begründung des Bescheides richtig erkannt, dass ihm mit Blick auf die Frage, ob ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet wird, Ermessen eröffnet ist. In die Ermessenserwägungen hat das Bundesamt zutreffend eingestellt, ob zu Gunsten der Antragsteller schutzwürdige Belange zu berücksichtigen sind. Da solche Umstände weder von den Antragstellern vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, durfte das Bundesamt das Einreise- und Aufenthaltsverbot in rechtmäßiger Weise anordnen.
74Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 10 Monate weist ebenfalls keine Ermessensfehler auf. Die Bemessung der Frist auf 10 Monate steht im Einklang mit § 11 Abs. 7 Satz 5 AufenthG. Im Übrigen hat das Bundesamt alle insofern in die Ermessensentscheidung einzustellenden Umstände berücksichtigt. Auch die Antragsteller haben nicht konkret vorgetragen, welche Umstände das Bundesamt unberücksichtigt gelassen hat.
75Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots aus § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG auf 30 Monate ist ebenfalls rechtmäßig, da sie den Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 und 2 AufenthG entspricht. Die Antragsteller haben keine Umstände benannt, nach denen eine kürzere Befristung in Betracht käme.
76Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO.
77Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 83b AsylG.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Januar 2015 - A 7 K 3579/12 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23.07.2012 verpflichtet, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Tadschikistans vorliegt. Die Androhung der Abschiebung nach Tadschikistan in dem angefochtenen Bescheid wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Kläger zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die 1977 geborene Klägerin zu 1) ist tadschikische Staatsangehörige; die Kläger zu 2) bis 4) sind ihre in den Jahren 2005 bzw. 2007 geborenen minderjährigen Kinder.
3Die Kläger reisten am 21.05.2011 auf dem Luftweg von Shanghai kommend in Frankfurt/Main in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten dort einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte.
4Bei ihrer Vernehmung durch die Polizei und im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab die Klägerin zu 1) im Wesentlichen Folgendes an: Sie habe ihr Heimatland am 01.10.2010 verlassen und sei mit dem Auto nach Usbekistan zu einer Tante gefahren. Dort sei sie bis zum 31.01.2011 geblieben und sodann nach Südkorea geflogen, wo sie sich bis zum 20.05.2011 aufgehalten habe. Am 20.05.2011 sei sie sodann über Shanghai nach Frankfurt/Main geflogen.
5Sie habe im April 2004 geheiratet, ihr Ehemann sei jedoch im Mai 2010 nach Sankt Petersburg/Russland gegangen. Was letztlich aus ihm geworden sei, könne sie nicht sagen. Sie habe in ihrem Heimatland Journalismus studiert und diese Ausbildung abgeschlossen. Ihr Vater sei im Dezember 2009 verstorben. Offiziell habe er einen Herzinfarkt erlitten, bei einem Besuch im Krankenhaus habe sie jedoch viele Kopfverletzungen festgestellt, so dass sie davon ausgehe, der Vater sei ermordet worden. Nach seinem Tod habe sie den Autozubehörhandel des Vaters geerbt und das Geschäft fortgeführt. Im März 2010 seien erstmals vier Männer in den Laden gekommen und hätten nachgefragt, ob sie den Laden nicht verkaufen wolle. Nachdem sie dies abgelehnt habe, seien am 02.09.2010 erneut drei Männer in das Geschäft gekommen. Als sie wiederum den Verkauf des Ladens abgelehnt hätte, sei sie von den Männern getreten und geschlagen worden, so dass sie schließlich ein Papier unterschrieben habe, wonach sie den Laden freiwillig abgegeben habe. Am gleichen Abend habe sie den Vorfall bei der Polizei angezeigt. Als sie sich am 20.09.2010 bei der Polizei nach dem Sachstand habe erkundigen wollen, habe man sie festgenommen und für fünf Tage in Untersuchungshaft gehalten. Man habe ihr zu verstehen gegeben, dass man ihr nicht helfen könne, weil die Männer, die ihr den Laden weggenommen hätten, mit dem Präsidenten verwandt seien. Nach fünf Tagen habe man ihr angeboten, sie freizulassen, wenn Sie die Anzeige zurücknehme. Auch bei einer Beamtin für besondere Fälle habe sie keine Hilfe erhalten. Stattdessen habe diese sie beschimpft und ihr gedroht, sie als Islamistin ins Gefängnis zu stecken. Danach habe sie keine andere Möglichkeit mehr gesehen, als ihr Heimatland zu verlassen.
6Mit Bescheid vom 23.07.2012 lehnte das Bundesamt den Antrag der Kläger auf Anerkennung als Asylberechtigte ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie Abschiebungsverbote nicht vorliegen. Die Kläger wurden zugleich unter Androhung ihrer Abschiebung nach Tadschikistan aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Im Falle der Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Bundesamt im Wesentlichen aus, der Vortrag der Klägerin zu 1) sei insgesamt unglaubhaft.
7Am 16.08.2012 haben die Kläger Klage erhoben.
8Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Wertung des Bundesamtes in dem ablehnenden Bescheid sei nicht nachvollziehbar. Vielmehr habe die Klägerin die wesentlichen Umstände, die ihrer Flucht zu Grunde liegen, nachvollziehbar dargelegt. Zudem hätte das Bundesamt, soweit es weitere Einzelheiten für erheblich gehalten hätte, nachfragen müssen. Schließlich sei der angefochtene Bescheid deshalb rechtsfehlerhaft, weil diejenige Person, die die Klägerin zu 1) angehört habe, nicht den Bescheid erlassen habe.
9Im Laufe des Verfahrens legte die Klägerin verschiedene weitere Unterlagen vor, unter anderem ein Mitgliedsausweis für eine islamische Partei, diverse polizeiliche Vorladungen sowie ärztliche Atteste über ihren jeweils aktuellen Gesundheitszustand.
10Die Kläger haben ursprünglich beantragt,
11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.2012 zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen und festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2-7 AufenthG vorliegen
12hilfsweise, die beklagte Partei zu verpflichten, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
13In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger ihr Begehren auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschränkt und die Klage im Übrigen zurückgenommen.
14Sie beantragen nunmehr,
15die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 23.07. 2012 zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Tadschikistan vorliegt.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung nimmt sie im Wesentlichen Bezug auf den angefochtenen Bescheid.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachs-und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes ergänzend Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe
21Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2015 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht zum Termin erschienen ist, denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Falle des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-). Die Beklagte ist form- und fristgerecht mit Empfangsbekenntnis vom 02.07.2015 geladen worden.
22Soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 S. 1 VwGO).
23Die noch verbliebene Klage ist zulässig und begründet. Den Klägern steht gegen die Beklagte zumindest derzeit ein Anspruch auf die Feststellung zu, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Tadschikistans vorliegen.
24Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
25Weil die Kläger wegen des durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutzes von Ehe und Familie nur gemeinsam nach Tadschikistan zurückkehren könnten, sind sie für die Beurteilung der Rückkehrsituation gemeinsam in den Blick zu nehmen.
26Der Anspruch der Kläger auf die Feststellung, dass die Voraussetzungen des Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Tadschikistans vorliegen, besteht deshalb, weil die Klägerin zu 1) an einer schweren psychischen Erkrankung leidet.
27Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätzen ist die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die unmittelbar am Maßstab von § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG zu prüfen ist. Maßgeblich hierfür ist die Erwägung, dass der Begriff der Gefahr im Sinne dieser Vorschrift hinsichtlich des Entstehungsgrundes der Gefahr nicht einschränkend auszulegen ist und eine Gefahr für die Rechtsgüter Leib und Leben auch dann vorliegen kann, wenn sie durch die bereits vorhandene Krankheit konstitutionell mit bedingt ist. Erforderlich aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogene Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht.
28BVerwG, Urteil vom 17.10.2006 – 1 C 18/05 -, Rz.15; Beschluss vom 17.08.2011 – 10 B 13/11 -, Rz. 3, jeweils zitiert nach juris.
29Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG kann sich bei einer psychischen Erkrankung auch wegen einer zu erwartenden so genannten Retraumatisierung aufgrund der Konfrontation mit den Ursachen eines Traumas ergeben. Dass in diesem Fall an sich im Zielstaat vorhandene Behandlungsmöglichkeiten unerheblich sind, wenn sie für den Betroffenen aus für ihn in der Erkrankung selbst liegenden Gründen, nämlich wegen der Gefahr der Retraumatisierung, nicht erfolgversprechend sind, ist inzwischen in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt.
30So OVG Lüneburg, Urteil vom 12.09.2007 – 8 LB 210/05 -, juris Rz. 31 m. w. N..
31Das Gericht ist davon überzeugt, dass im Falle der Klägerin zu 1) eine derartige wesentliche Verschlimmerung ihrer Erkrankung droht, wenn sie gezwungen wäre, nach Tadschikistan zurückzukehren. Die Klägerin leidet an einer seit mehreren Jahren bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) mit einer schweren depressiven Begleitsymptomatik. Eine zwangsweise Rückkehr der Klägerin zu 1) nach Tadschikistan hätte eine extreme Verschlechterung ihres psychischen Zustandes verbunden mit einer erheblichen Suizidgefährdung zur Folge.
32Diese Einschätzung des Gerichts beruht maßgeblich auf den Feststellungen der psychologischen Psychotherapeutin T. T1. , die zu den Akten gereicht wurden (Befundbericht vom 07.09.2012, Widerspruch gegen die Ablehnung der Psychotherapie vom 15.04.2013, Bescheinigung vom 18.09.2013 sowie die achtseitige „Bescheinigung zur Vorlage bei Behörden“ vom 13.04.2015).
33Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass das Gericht im Hinblick auf medizinische Wertungen selbst nicht ausreichend sachkundig ist, um das Vorhandensein einer psychischen Erkrankung bei der Klägerin zu 1) ohne externen Sachverstand festzustellen. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist hinreichend geklärt, dass es in den hier entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen keine eigene, nicht durch entsprechenden medizinischen Sachverstand vermittelte Sachkunde des Richters gibt. Gleiches gilt auch für die Beklagte, die sich allerdings im vorliegenden Verfahren zu der achtseitigen Bescheinigung vom 13.04.2015 ohnehin nicht geäußert hat.
34Dass Frau T1. aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation als psychologische Psychotherapeutin befähigt ist, eine PTBS zu diagnostizieren, ist in der Rechtsprechung geklärt.
35So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 19.12.2008 – 8 A 3053/08. A –, DVBl. 2009, 398.
36Auf der Grundlage der vorgelegten Befunde, die den Zeitraum von September 2012 bis April 2015 abdecken, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin zu 1) an einer PTBS leidet.
37Zunächst hat sie sich bereits Anfang 2012 und somit deutlich weniger als ein Jahr nach ihrer Einreise in ärztliche Behandlung begeben. Schon in dem ärztlichen Attest der Fachärzte für Allgemeinmedizin X. vom 05.04.2012 werden Einzelaspekte der später fachärztlich attestierten PTBS bescheinigt (Schlafstörung, Kriegsneurose, Panikattacken, Angststörung).
38Zwar ist nicht zu verkennen, dass der Vortrag der Klägerin zu 1) nicht in allen Punkten frei von Widersprüchen ist. Darüber hinaus wurde das Vorbringen im gerichtlichen Verfahren gegenüber den Angaben im Verwaltungsverfahren deutlich erweitert. Vor dem Hintergrund der fachärztlich festgestellten PTBS ist dieses Verhalten jedoch ohne Weiteres nachvollziehbar. Dem erkennenden Einzelrichter ist bereits aus anderen Verfahren mit gleicher Problematik bekannt, dass bei traumatisierten Menschen besondere Gedächtniseffekte festzustellen sind, die die Darstellung der traumatischen Situation unmöglich machen oder zumindest erschweren. Dies kann sich z.B. in mangelnder Konkretheit, fehlenden Details oder mangelnder Originalität äußern. Der Kern der Angaben der Klägerin zu 1) ist bei allen Darstellungen identisch. Mag die Darstellung der ersten Konfrontation nach der Einreise mit männlichen deutschen Polizeibeamten aufgrund der Erfahrungen mit staatlicher Autorität in ihrem Heimatland auch subjektiv übertrieben sein, so macht sie gleichwohl plausibel, dass die Klägerin zu 1), die die Verantwortung für drei minderjährige Kinder trägt, so eingeschüchtert und verängstigt war, dass ihre Angaben in erster Linie ergebnisorientiert waren und sie nichts gesagt hat, was aus ihrer Sicht zu der (angedrohten) sofortigen Abschiebung hätte führen können. Damit im Einklang steht es, dass die muslimische Klägerin zu 1) ihre Angst in späteren Gesprächen mit einer Mitarbeiterin der Diakonie und ihrer Therapeutin abgelegt und dort weitere Einzelheiten ihres Verfolgungsschicksals geschildert hat. Ebenso bescheinigt Frau T1. bereits in ihrem Befundbericht vom 07.09.2012, dass eine vertiefte Exploration der traumatischen Erlebnisse zunächst wegen der drohenden gesundheitlichen Reaktionen nicht möglich sei. Auch dies belegt, dass die Art und Weise der Schilderung ihres Schicksals krankheitsbedingt ist, was durch den Eindruck, den die Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung vermittelt hat, eindringlich bestätigt worden ist.
39Insbesondere in der sehr ausführlichen Bescheinigung vom 13.04.2015 wird nachvollziehbar dargelegt, mit welcher Methodik die Psychologische Psychotherapeutin zu ihrer Diagnose gelangt ist. Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen bestehen daher nicht und werden im Übrigen auch von der Beklagten nicht vorgetragen.
40Schließlich hat Frau T1. in ihrer Bescheinigung vom 13.04.2015 auch überzeugend die möglichen Folgen einer Abschiebung nach Tadschikistan geschildert. Zusammengefasst kommt sie zu dem nachvollziehbar begründeten Ergebnis, dass eine Abschiebung der Kläger mit Sicherheit zu einer direkten Lebensgefährdung der Klägerin zu 1) führen würde. Dies gelte unabhängig von der realen objektiven Lage vor Ort und den dort zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten.
41Ungeachtet dessen ist PTBS in Tadschikistan nicht ausreichend behandelbar.
42So VG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.11.2009 -1 K 1099/08.F.A (V),
43zitiert nach juris. Anderslautende Erkenntnisse liegen dem Gericht nicht vor.
44Angesichts der in sich schlüssigen und überzeugenden Darlegungen der psychologischen Psychotherapeutin sieht das Gericht davon ab, ein weiteres Gutachten über die gesundheitliche Situation der Klägerin zu 1) einzuholen. Ein solche Begutachtung wäre für die Klägerin zu 1) nach den bisherigen medizinischen Feststellungen mit weiteren erheblichen Belastungen verbunden, ohne dass auch nur ansatzweise erkennbar wäre, dass eine erneute Begutachtung zu anderen Ergebnissen kommen könnte. Frau T1. hat mit der Klägerin zu 1) bis zum April 2015 insgesamt 58 Therapiesitzungen durchgeführt. Sie hat allein deshalb einen Kenntnisstand von der gesundheitlichen Situation der Klägerin zu 1), der durch eine weitere, notgedrungen kürzere Begutachtung nicht erreicht werden könnte. Die vorliegenden medizinischen Unterlagen reichen daher für die Überzeugungsbildung des Gerichts aus.
45Angesichts des festgestellten Abschiebungshindernisses ist die Androhung der Abschiebung im angefochtenen Bescheid derzeit rechtswidrig und verletzt die Kläger daher in ihren Rechten. Nach § 34 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist in der Abschiebungsandrohung der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Daraus folgt, dass in diesen Fällen auch die (positive) Bezeichnung des fraglichen Staats als Zielstaat in der Abschiebungsandrohung rechtswidrig ist, und zwar, wie Satz 3 der Vorschrift zeigt, auch dann, „wenn das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots feststellt“. Dann bleibt zwar die Abschiebungsandrohung nach Satz 3 der Vorschrift im Übrigen unberührt, die Zielstaatsbezeichnung ist aber als rechtswidrig aufzuheben. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch in Bezug auf das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG
46vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8/07 -, zitiert nach juris.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 und 2 VwGO, 83b AsylVfG.
48Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.