Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Mai 2015 - M 23 K 13.31365
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1. Der Bescheid der Beklagten vom ... Dezember 2013 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klagepartei als Asylberechtigten anzuerkennen,
2. Hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 I AufenthG bei der Klagepartei anzuerkennen, höchsthilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
Gründe
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Mai 2015 - M 23 K 13.31365
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Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Mai 2015 - M 23 K 13.31365 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.
(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.
(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
VERWALTUNGSGERICHT MÜNSTER
3IM NAMEN DES VOLKES
4URTEIL
52 K 1355/12.A
6In dem Verwaltungsrechtsstreit
7w e g e n Asylrechts
8hat Richter am Verwaltungsgericht Dr. Kallerhoff
9auf Grund der mündlichen Verhandlung
10vom 20. Januar 2015
11für Recht erkannt:
12Die Klage wird abgewiesen.
13Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
14Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
15Tatbestand:
16Die Klägerin reiste nach eigenen Angaben am 00.00.0000 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 00.00.0000 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Zur Begründung gab die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Wesentlichen an: Sie stamme aus O. in B. und habe dort als ethnische B1. gelebt. Nach dem Ausbruch des Krieges zwischen B2. und B. sei ihr Mann – T. N. , geboren am 00.00.0000 – im Frühjahr 1988 verschollen und sie selbst im November 1988 nach S. gegangen. Danach habe sie ab 1995 bis zu ihrer Ausreise in die Bundesrepublik in der V. gelebt.
17Mit Bescheid vom 27. Februar 2012 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter Bezugnahme auf § 30 Abs. 3 AsylVfG den Antrag der Klägerin auf Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1) und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (Ziffer 2). Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor (Ziffer 3). Zugleich forderte es die Klägerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte ihr für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist die Abschiebung nach B2. an. Die Klägerin könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfe oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei (Ziffer 4).
18Die Klägerin hat am 00.00.0000 Klage erhoben und einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.
19Mit Beschluss vom 30. April 2012 hat das Verwaltungsgericht Münster unter dem Aktenzeichen 2 L 101/12.A dem Antrag der Klägerin auf Aussetzung der Vollziehung stattgegeben.
20Die Klägerin trägt vor: Sie könne glaubhaft belegen, dass sie als ethnische B1. aus B. stamme. Es sei nicht zutreffend, dass sie in Wahrheit S1. T1. – geboren am 00.00.0000 – heiße und 000000 Staatsangehörige sei. Auch ihr Sohn B3. N. und ihr Enkelkind F. T2. – die Kläger in den Verfahren mit den Aktenzeichen 2 K 1505/12.A und 2 K 1523/12.A – hätten nicht über ihre Identität und Staatsangehörigkeit getäuscht und hießen nicht in Wahrheit B3. I. – geboren am 00.00.0000 – sowie F. O1. – geboren am 00.00.0000. Es seien einige Fragen nicht beantwortet, die ihr Prozessbevollmächtigter unter anderem mit Schriftsatz vom 16. Mai 2014 formuliert habe. Das Schreiben des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 3. Oktober 2014 weise – wie auch das Schreiben der Zentralen Ausländerbehörde C. vom 21. November 2013 – eine Reihe von Ungereimtheiten und Widersprüchen auf. Die Aussagen beruhten nicht auf substanziellen Feststellungen und ließen diese auch nicht erkennen. Namentlich stünden sie auch zu sonstigen festgestellten oder feststellbaren Tatsachen in Widerspruch, die ihr Prozessbevollmächtigter in seinen Schriftsätzen im Einzelnen benannt habe. So sei unter anderem eine Bescheinigung der Botschaft der Republik B2. in C1. vom 12. Dezember 2012 vorgelegt worden, wonach eine Frau S1. T1. – geboren am 00.00.0000 – nach einer Anfrage bei den zuständigen Behörden in B2. in der Datenbank der Passbeschaffungsbehörde der Polizei der Republik B2. als 00000000 Staatsangehörige nicht erfasst sei, keinen Nationalpass der Republik B2. erhalten und auch nie einen Antrag auf Einbürgerung gestellt habe.
21Die Klägerin trägt weiter vor: Sie müsse verschiedene Medikamente einnehmen. Ihre aktuelle Medikation ergebe sich aus dem Medikamentenplan des Arztes Dr. med. T3. Q. vom 00.00.0000, in dem die Medikamente Bisoprolol, Enalapril, ASS 100, Simva Basics und Amlodipin aufgeführt seien. Nach dem ärztlichen Attest des Dr. med. T3. Q. vom 6. Januar 2015 seien bei ihr die Diagnosen arterielle Hypertonie, chronische Herzinsuffizienz, Mitralklappenkrankheit und Hypercholesterinämie gestellt worden. Falls sie die verordneten Medikamente nicht erhalte und ihre Krankheiten unbehandelt blieben, drohe alsbald eine Verschlimmerung ihres Gesundheitszustandes.
22Die Klägerin beantragt,
23den Bescheid der Beklagten vom 00.00.0000 zu Ziffer 1 im Hinblick auf die Offensichtlichkeit der Unbegründetheit aufzuheben und im Übrigen die Ziffern 2 bis 4 des Bescheides vom 00.00.0000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
24hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihr subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 4 AsylVfG zuzuerkennen,
25weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides.
29Mit Schreiben vom 21. November 2013 übersandte die Zentrale Ausländerbehörde C. dem Gericht Kopien armenischer Passanträge, die vom 00000000 Außenministerium übermittelt wurden und mit Lichtbildern versehen sind, sowie Kopien 0000000 Staatsangehörigkeitsbescheinigungen der Pass- und Visabehörde der Polizei der Republik B2. vom 26. Oktober 2012, die von der Deutschen Botschaft in F1. übermittelt wurden. Sie sollen die Klägerin unter ihrer wahren Identität S1. T1. – geboren am 00.00.0000 – sowie ihre Familie als armenische Staatsangehörige ausweisen.
30Auf den Beweisbeschluss des Gerichts vom 17. April 2014 hat das Auswärtige Amt in C1. mit Schreiben vom 14. November 2014 Stellung genommen und die Verbalnote Nr. 1108-1/19544 des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 3. Oktober 2014 übersandt, mit der dieses die 0000000 Staatsangehörigkeit der S1. T1. – geboren am 00.00.0000 – und weiterer Personen bestätigt und Kopien armenischer Passanträge mit Lichtbildern beifügt.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Beiakten Hefte 1 bis 3 sowie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe:
33Die Klage ist zulässig.
34Insbesondere besteht für die Klägerin auch ein Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützten Offensichtlichkeitsausspruches des Bundesamtes in Ziffer 1 und 2 des Bescheides vom 27. Februar 2012. Denn mit Blick auf § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG und seinen späteren Aufenthaltsstatus hat ein Asylbewerber, dessen Asylantrag abgelehnt wurde, im Rahmen seines gerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren zur Vermeidung einer Rechtsschutzlücke Anspruch auf die Überprüfung, ob seinem Asylbegehren der Makel der „offensichtlichen Unbegründetheit“ nach § 30 Abs. 3 AsylVfG anhaftet. Ein auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Asylklage gerichtetes Eilverfahren führte zwar zu einer Überprüfung des Offensichtlichkeitsausspruches des Bundesamtes, schaffte diesen jedoch nicht aus der Welt. Auch eine ausländerbehördliche oder gerichtliche Überprüfung des Offensichtlichkeitsausspruches im Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels käme nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht in Frage, demzufolge es nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 AsylVfG ankommt, sondern auf die bloße Tatsache der Ablehnung des Asylantrages nach § 30 Abs. 3 AsylVfG. Das Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des Offensichtlichkeitsausspruches kann allerdings nur so weit reichen, wie auch die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG reicht, mithin sich nur auf eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet beziehen, die – wie hier – konkret auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt ist.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 2006 – 1 C 10.06 –, juris Rn. 21 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 14. September 2007 – 21 K 2318/07.A –, juris Rn. 15 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 13. April 2005 – A 11 K 11220/03 –, juris Rn. 49 ff.
36Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
37Der angefochtene Bescheid ist im Umfang der gegen ihn erhobenen Klage rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Sie kann auch nicht mit Erfolg die Aufhebung des Offensichtlichkeitsausspruchs in Ziffer 1 und 2 des angefochtenen Bescheides verlangen. Einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 4 AsylVfG oder die Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG besitzt sie ebenfalls nicht. Gegen die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung ist rechtlich nichts zu erinnern.
38Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG.
39Nach dieser Vorschrift ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
40Die Klägerin ist – anders als sie geltend macht – in Bezug auf B. keiner Verfolgung im obigen Sinne ausgesetzt.
41Denn es ist schon nicht davon auszugehen, dass die Klägerin – wie sie vorträgt – B4. O2. heißt, am 00.00.0000 in O. in B. als ethnische B1. geboren wurde und dort bis zu ihrer durch den Ausbruch des Krieges zwischen B2. und B. bedingten Flucht nach S. im November 1988 gelebt hat. Vielmehr steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin in Wahrheit S1. T1. – Vatersname: H. – heißt, am 00.00.0000 in B2. (Dorf: B5. , Region: B6. ) geboren wurde und 0000000 Staatsangehörige ist. Dies ergibt sich maßgeblich aus der als Anlage zur Verbalnote Nr. 1108-1/19544 des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 3. Oktober 2014 übersandten und mit einem Lichtbild versehenen Kopie eines Passantrags der S1. T1. (vgl. Blatt 308 f. der Gerichtsakte), welche bereits mit Schreiben vom 21. November 2013 durch die Zentrale Ausländerbehörde C. – mit deutscher Übersetzung, aber in schlechterer Kopierqualität – (vgl. Blatt 178 bis 180 der Gerichtsakte) an das Gericht übermittelt wurde. Ergänzend wird diesbezüglich Bezug genommen auf die Bestätigung der armenischen Staatsangehörigkeit der S1. T1. – Vatersname: H. , geboren am 00.00.0000 – durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. mit Verbalnote Nr. 1108-1/19544 vom 3. Oktober 2014 (vgl. Blatt 300 bis 302 der Gerichtsakte) sowie durch die Pass- und Visabehörde der Polizei der Republik B2. mit Bescheinigung vom 26. Oktober 2012 (vgl. Blatt 189 bis 190 der Gerichtsakte).
42Die vorbezeichnete Kopie eines Passantrags der S1. T1. ist nach ihrem Beweiswert geeignet, das Gericht von der wahren Identität der Klägerin zu überzeugen. Das Lichtbild auf der Vorderseite des Passantrages zeigt die Klägerin in jüngeren Jahren und ist ohne Weiteres mit dem Zeitpunkt der Passantragstellung im Jahre 1995 vereinbar. Auf der Hinterseite ist das alte, vorherige Passfoto zu erkennen. Dieses zeigt ein Foto der Klägerin, das noch weiter in die Vergangenheit zurückreicht. Es kann dem auf der Vorderseite mit weiteren Passdaten angegebenen Ausstellungsdatum des alten Passes – 19. August 1982 – zugeordnet werden. In diesem Zusammenhang ist nicht erkennbar, warum die Behörden in B2. – wo sich die Klägerin nie aufgehalten haben will – über derartig charakteristisches Bildmaterial der Klägerin aus der Vergangenheit verfügen sollten, es sei denn dieses stammt tatsächlich aus einem regulären Passantragsverfahren in B2. .
43Ausweislich der als Anlage zur Verbalnote Nr. 1108-1/19544 des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 3. Oktober 2014 übersandten Kopie des Passantrags der S1. T1. , die eine deutlich bessere Kopierqualität als die mit Schreiben der Zentralen Ausländerbehörde C. vom 21. November 2013 übersandte Kopie aufweist, ist das dortige Foto der Klägerin mit einem Stempel versehen. Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag zu 1) war deswegen insoweit wegen eigener Sachkunde des Gerichts abzulehnen. Es deutet auch nichts darauf hin, dass der auf dem Passantrag der S1. T1. verwendete Stempel nicht nach Inhalt und Form denjenigen Stempeln bzw. Siegeln entspricht, wie sie auf Passanträgen der Republik B2. 1995 zu verwenden gewesen wären, bzw. dass Inhalt und Form dieser Art nicht feststellbar sind. Die Klägerin hat insofern eine Behauptung „ins Blaue hinein“ aufgestellt und keine tatsächlichen, eine dahingehende Vermutung rechtfertigenden Anhaltspunkte geliefert. Aus diesem Grund war der Beweisantrag zu 2) – auch insoweit – mangels Substanziiertheit abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsache ist erkennbar grundlagenlos.
44Angesichts der in diesem Verfahren zur Feststellung der Identität der Klägerin vorgelegten Dokumente – namentlich des durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. übermittelten Passantrags der S1. T1. sowie der Bestätigung der 0000000 Staatsangehörigkeit der S1. T1. durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. mit Verbalnote vom 3. Oktober 2014 und durch die Pass- und Visabehörde der Polizei der Republik B2. mit Bescheinigung vom 26. Oktober 2012 – liegen ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür vor, dass für die Klägerin in der Republik B2. keine Geburtsurkunde bzw. kein Geburtseintrag existierte und existiert. Der Vortrag der Klägerin ist insofern erkennbar „aus der Luft gegriffen“. Dementsprechend war der Beweisantrag zu 3) – auch insoweit – mangels Substanziiertheit abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsache ist erkennbar grundlagenlos. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass laut einer von der Klägerin in beglaubigter Kopie vorgelegten Bescheinigung der Botschaft der Republik B2. in C1. vom 12. Dezember 2012 (vgl. Blatt 253 der Gerichtakte) eine Frau S1. T1. – geboren am 00.00.0000 – in der Datenbank der Passbeschaffungsbehörde der Polizei der Republik B2. als 0000000 Staatsangehörige nicht erfasst sei, keinen Nationalpass der Republik B2. erhalten und auch nie einen Antrag auf Einbürgerung gestellt habe. Denn das Gericht hat diese Bescheinigung vom 12. Dezember 2012 zum Anlass genommen, durch Beschluss vom 17. April 2014 weitere Aufklärung im Wege der Einholung einer amtlichen Auskunft des Auswärtigen Amtes in C1. zu betreiben. In seinem Anschreiben an das Auswärtige Amt mit demselben Datum ist das Gericht auf die vorbenannte Bescheinigung der Botschaft der Republik B2. in C1. ausdrücklich eingegangen. Das Auswärtige Amt hat daraufhin mit Schreiben vom 14. November 2014 gegenüber dem Gericht Stellung genommen und nimmt dabei Bezug auf die ebenfalls übermittelte Verbalnote Nr. 1108-1/19544 des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. vom 3. Oktober 2014, wonach die armenische Staatsangehörigkeit der S1. T1. – geboren am 00.00.0000 – bestätigt und ihr Passantrag in Kopie übermittelt wird. Die Bescheinigung der Botschaft der Republik B2. in C1. vom 12. Dezember 2012 muss danach als durch aktuelle Auskünfte überholt und entkräftet angesehen werden. Hinzu kommt, dass das Auswärtige Amt in C1. noch in seinem Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 8. November 2010 ausführt, dass in nicht wenigen Fällen, in denen die 00000000 Botschaft in C1. feststellte, dass Betroffene nicht im Besitz der armenischen Staatsangehörigkeit sind, später nachgewiesen werden konnte, dass dies sehr wohl der Fall ist. Wenn hingegen die armenische Staatsangehörigkeit festgestellt wird, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass dies auch zutrifft.
45Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 8. November 2010 (Stand: Oktober 2010), Seite 17 unter V.3.
46Ob der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegte Scheidungsbeleg Nr. 017519 vom 25. Januar 2010 betreffend die Eintragung der Scheidung der Ehe des W. I. mit S2. S4. am 00.00.0000 im Registrierungsbuch der Ehescheidungen (vgl. die Übersetzung Bl. 214 der Gerichtsakte) echt und inhaltlich richtig ist, ist unerheblich. Es spielt nämlich für die hier zu klärende Frage der Identität bzw. Staatsangehörigkeit der Klägerin schon keine Rolle, ob sie überhaupt eine Ehe im Sinne des 0000000 Rechts mit W. I. eingegangen ist. Im Übrigen schließt eine Scheidung der Ehe des W. I. mit S2. S3. am 4. Juni 1987 nicht aus, dass die Klägerin zuvor eine Ehe mit W. I. eingegangen ist, die vor dessen Eheschließung mit S2. S3. geschieden wurde. Dementsprechend wurde der diesbezügliche Beweisantrag zu 4) abgelehnt.
47Die Klägerin beruft sich mit Blick auf den durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. übermittelten Passantrag der S1. T1. darauf, dass sie unter der dort angegebenen Anschrift I1. , 00. Straße, 0. Gasse, Haus 0 nie angemeldet und wohnhaft gewesen sei. Sie stützt ihren Vortrag auf eine nach eigenen Angaben durch Einschaltung der Rechtsanwältin P. N1. in B2. erlangte dreiseitige Kopie eines Hausbuchs (vgl. Blatt 372 bis 374 der Gerichtsakte) zu dieser Anschrift, in der der Name S1. T1. nicht aufgeführt sei. In Bezug auf diese dreiseitige Kopie kann – mit Ausnahme der Teilabdeckung auf Seite 1 – insoweit als wahr unterstellt werden, dass sie dem Original entspricht. Soweit die Klägerin allerdings darüber hinaus eine Beweiserhebung dazu verlangt, dass der aus der Kopie ersichtliche Inhalt vollständig und richtig sei und die Klägerin und ihre im Bundesgebiet lebenden Verwandten danach dort nicht angemeldet und wohnhaft gewesen seien, handelt es sich um einen auf Ausforschung gerichteten und damit unzulässigen Beweisermittlungsantrag. Dies ergibt sich maßgeblich aus der kumulierten Verwendung der weitläufigen Begrifflichkeiten der „Vollständigkeit“ und „Richtigkeit“ in diesem Zusammenhang, die auf die Einholung weiterer Informationen im Vorfeld angelegt ist. Die vorgelegte Kopie des Hausbuchs und die in dem Beweisantrag benannten Beweismittel sind jedenfalls nicht geeignet, ohne weitere Ermittlungen die in dem Beweisantrag aufgeworfenen Fragen zu klären. Der Beweisantrag zu 5) war aus diesem Grunde abzulehnen.
48Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin geltend macht, dass die von der Rechtsanwältin P. N1. in B2. befragten Hausbewohner in Bezug auf die Klägerin und ihre im Bundesgebiet lebenden Verwandten im Hinblick auf deren vorgelegte Fotos ein Wohnen in den in den den Klägern und ihren Verwandten zugeordneten Passanträgen bezeichneten Wohnungen mit Sicherheit ausgeschlossen hätten und dies auch heute ausschlössen, kann dies entsprechend dem Beschluss über die Ablehnung des Beweisantrags zu 6) als wahr unterstellt werden. Die Wahrunterstellung, dass diese Aussagen durch die befragten Hausbewohner gegenüber der Rechtsanwältin P. N1. erfolgt sind, sagt jedoch noch nichts darüber aus, welcher Beweiswert den Aussagen zukommt. Nach der Überzeugung des Gerichts ist dieser Beweiswert als gering einzuschätzen ist. Denn gerade wenn die Klägerin und ihre Verwandten in den in den Passanträgen bezeichneten Wohnungen gelebt haben sollten, bestünde nach hiesiger Auffassung durchaus die Möglichkeit, dass Falschaussagen von bekannten Bewohnern in der Nachbarschaft für das eigene Asylverfahren in der Bundesrepublik eingeholt wurden. Im Übrigen verwundert es, dass die Klägerin, die nach eigenen Angaben mit ihren Kindern nie in B2. gelebt haben will, über derartig gute Kontakte in diesem Land verfügt, dass sie von der Bundesrepublik aus – unter anderem – eine dort lebende Rechtsanwältin zwecks Recherche zu konkreten Anschriften in F1. einschalten konnte.
49Das von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in dem Beweisantrag zu 7) benannte Beweisthema, dass es keine mit Namen und Adresse bezeichnete und bezeichenbare Person gebe, die wisse und erklärt habe, dass die Klägerin und ihre im Bundesgebiet lebenden Verwandten unter den in ihren ihnen jeweils zugeordneten Passanträgen bezeichneten Wohnungen gelebt hätten und angemeldet gewesen seien, dass im Übrigen sie kein Wissen bekundet habe und bekunden könne, wie der Inhalt der Aussagen darüber in ihr Wissen gelangt sei, auch in Bezug auf die vorgebliche Kenntnis des Geburtsdatums 00.00.0000 der Tochter D. der Klägerin, ist ersichtlich auf Ausforschung gerichtet, weswegen der Beweisantrag zu 7) als unzulässiger Beweisermittlungsantrag abzulehnen war. Die Klägerin will über ihren Prozessbevollmächtigten (Negativ-)Tatsachen, die der unmittelbaren eigenen Wahrnehmung entzogen sind, erst durch die Beweisaufnahme ermitteln lassen. Im Übrigen ist das in dem Beweisantrag unter 2. benannte Beweismittel untauglich, da die dort benannte Person nicht identifiziert ist.
50Das Gericht konnte davon absehen, die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in dem Beweisantrag zu 8) benannte und in B2. (Region L. bzw. L1. , Dorf B7. bzw. B8. , Haus 0) lebende T4. H1. , Vatersname T5. , als Zeugin zu vernehmen, weil die Vernehmung nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit als nicht erforderlich angesehen wird, vgl. § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO. Dies ergibt sich aus einer am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Abwägung der Bedeutung und des Beweiswerts des Beweismittels vor dem Hintergrund der bisherigen Beweisaufnahme einerseits und des zeitlichen sowie organisatorischen Aufwands der Ladung und der Vernehmung andererseits. Die Entscheidung über den einen Auslandszeugen betreffenden Beweisantrag darf das Gericht davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären; kommt es dabei unter Berücksichtigung der Begründung des Beweisantrags und der in der bisherigen Beweisaufnahme angefallenen Erkenntnisse zu dem Ergebnis, dass der Zeuge die Beweisbehauptung nicht werde bestätigen können oder dass ein Einfluss auf seine Überzeugung auch dann sicher ausgeschlossen sei, wenn der Zeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen werde, ist eine Ablehnung des Beweisantrags rechtlich nicht zu beanstanden.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 – 2 A 11/10 –, juris Rn. 53; BVerwG, Beschluss vom 20. Mai 1998 – 7 B 440.97 –, juris Rn. 19 mit weiteren Nachweisen.
52In Anwendung dieses Maßstabs hat das Gericht in seine Entscheidung eingestellt, dass die Klägerseite einen vom 8. Mai 2013 datierenden Brief der T4. H1. übermittelt hat, in dem diese Angaben zur persönlichen Bekanntschaft der Klägerin unter dem Namen B4. O2. sowie ihrer vier Kinder macht und von der gemeinsamen Herkunft aus O. in B. berichtet. Dem Brief ist eine Kopie einer Geburtsurkunde beigefügt, die angibt, dass T4. H1. am 00.00.0000 in O. in B. als Kind von Eltern mit 00000000 Nationalität geboren sei. Selbst wenn T4. H1. ihre im Brief gemachten Angaben als Zeugin vor Gericht bestätigen würde, wäre diesem Vortrag vor dem Hintergrund der bisherigen Beweisaufnahme und wegen des herausragenden Beweiswerts des durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. übermittelten Passantrags der S1. T1. sowie der Bestätigung der armenischen Staatsangehörigkeit der S1. T1. durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. mit Verbalnote vom 3. Oktober 2014 und durch die Pass- und Visabehörde der Polizei der Republik B2. mit Bescheinigung vom 26. Oktober 2012 nach der Überzeugung des Gerichts nicht zu folgen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es für die Klägerin – wenn sie tatsächlich S1. T1. ist und aus B2. kommt – unschwer möglich gewesen sein dürfte, eine in B2. lebende Person – wie es die von der Klägerin benannte T4. H1. ist – dazu zu bewegen, gegenüber Einrichtungen eines anderen Landes wie die Bunderepublik zu erklären, dass die Klägerin und ihre Familie wie sie selbst aus O. in B. stammten. Hinsichtlich der in Kopie vorgelegten Geburtsurkunde der T4. H1. ist anzumerken, dass eine etwaige tatsächliche Herkunft der T4. H1. aus O. in B. keinen logischen Schluss darauf zulässt, dass dies in Bezug auf die Klägerin und ihre Familie ebenfalls der Fall ist. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es in B2. grundsätzlich problemlos möglich ist, gefälschte Dokumente zu beschaffen. Ge- und verfälschte Personenstandsurkunden kommen häufig vor.
53Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 7. Februar 2014 (Stand: Dezember 2013), Seite 19 unter V.1.2.
54Nach der – hier ausnahmsweise zulässigen – Beweisantizipation konnte der Beweisantrag zu 8) abgelehnt werden. Denn ein Einfluss des benannten Beweismittels auf die gerichtliche Überzeugung war sicher auszuschließen.
55Das Gericht konnte ferner davon absehen, dem in dem Beweisantrag zu 9) benannten Beweisthema nachzugehen, wonach zu Beweis gestellt wurde, dass die von der Klägerin benutzte Sprechweise eine Sprechweise sei, wie sie in F1. oder im Gebiet der heutigen Republik B2. nicht gesprochen werde, wie sie aber in der 0000000stämmigen E. der sogenannten B9. Dörfer wie O. in B. gesprochen werde und dass die in der mündlichen Verhandlung geäußerte sprachliche Herkunftsbeurteilung der Dolmetscherin Frau Q1. zutreffend sei. Denn die von der Klägerin aktuell – namentlich auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung – benutzte Sprechweise sagt nach der Überzeugung des Gerichts nichts über die hier maßgebliche Frage der wahren Identität der Klägerin und ihr originäres Heimatland aus. Der Beweisantrag zu 9) war dementsprechend wegen Unerheblichkeit abzulehnen. In diesem Zusammenhang fällt entscheidend ins Gewicht, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag B. im November 1988 verlassen haben will und somit seit circa 27 Jahren unterschiedlichsten anderen Spracheinflüssen ausgesetzt wäre. Zudem ist auch in Bezug auf die mit der Klägerin in Verbindung gebrachte Identität der S1. T1. anzuführen, dass diese ausweislich des sie betreffenden und durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik B2. übermittelten Passantrags jedenfalls noch im Jahre 1995 bei den Behörden in Kernarmenien vorstellig geworden sein soll, was aber vorherige und auch nachfolgende Berührungen mit und Aneignungen von unterschiedlichsten anderen Spracheinflüssen – auch noch in der Bunderepublik – nicht ausschließt. Gegen einen Schluss von der aktuellen Sprechweise der Klägerin auf ihre Identität und ihr originäres Heimatland spricht auch, dass bereits in der Vergangenheit – und damit in Bezug auf die seinerzeit aktuelle Sprechweise – Einschätzungen vorgenommen wurden bzw. von solchen Einschätzungen berichtet wurde, die sich nicht mit den Äußerungen der Dolmetscherin Frau Q1. im Rahmen der mündlichen Verhandlung decken. So ist am Ende des Protokolls der am 30. Januar 2012 von dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführten Anhörung der Hinweis enthalten, dass die Klägerin laut Auskunft der Sprachmittlerin Frau T6. ein B10. spreche, das im Kernland B2. gesprochen werde, vgl. Beiakte Heft 1, Blatt 83 = Seite 7 des Anhörungsprotokolls. Ferner führt der Mitarbeiter Herr X. der ZAB C. in seinem Gesprächsvermerk vom 21. Juni 2011 über ein Identifizierungsgespräch der Klägerin am 14. Juni 2011 mit der hierfür angereisten armenischen Expertenkommission aus, dass die armenischen Experten nach kurzer Beratung erklärt hätten, dass sie sich aus dem Zwiegespräch der Klägerin mit der Übersetzerin bereits einen Eindruck zum Sprachvermögen hätten verschaffen können. Die Klägerin spreche fließend in der (gegenwärtigen) ostarmenischen Sprache, die in dieser Form typischerweise von „Inlandsarmeniern“ (Einwohnern der Republik B2. ) benutzt werde. Insbesondere sei in der Aussprache der Betroffenen kein „000000 Dialekt“ feststellbar, vgl. Beiakte Heft 2, Blatt 491 f. Im Übrigen hat die Dolmetscherin Frau Q1. , die selbst aus H2. stammt, im Rahmen der mündlichen Verhandlung lediglich berichtet, dass die Klägerin – soweit sie nicht in die 0000000 Sprache verfallen ist, vgl. Seite 2 des Protokollabdrucks – mit ihr ein B10. spreche, das in bestimmten Gebieten gesprochen bzw. nicht gesprochen werde. Frau Q1. hat aber keine Bestimmung bzw. Beurteilung der Herkunft der Klägerin im Sinne eines Schlusses von der aktuell verwendeten Sprechweise auf ihr originäres Heimatland vorgenommen, vgl. Seite 5 des Protokollabdrucks.
56Der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gestellte Beweisantrag zu 10) a) und b) konnte schon deshalb abgelehnt werden, weil er keine Beweistatsache thematisiert, sondern auf die Überprüfung von Wertungen bzw. rechtlichen Würdigungen gerichtet ist, die nicht dem Beweis zugänglich sind. Unabhängig davon geht das Gericht davon aus, dass das Auswärtige Amt in C1. Stellungnahmen von Außenministerien fremder Länder, die es – wie hier mit Schreiben vom 14. November 2014 – auf einen auf Einholung einer amtlichen Auskunft gerichteten gerichtlichen Beschluss hin an das Gericht übersendet, sich zu eigen macht.
57Schließlich gilt in Bezug auf die Kopie der Bescheinigung der Botschaft der 0000000 Republik in C1. vom 9. September 2003 (vgl. Beiakte Heft 1, Blatt 97), wonach unter anderem Frau B11. O2. – geboren am 00.00.0000 – und ihre Kinder B3. und D. N. tatsächlich aus B. stammen und bis November 1988 in B. wohnhaft gewesen sein sollen, dass nach der Überzeugung des Gerichts nicht von der inhaltlichen Richtigkeit dieser Bescheinigung auszugehen ist. Die Beklagte hat diesbezüglich in ihrem Bescheid vom 27. Februar 2012 bereits überzeugende Ausführungen gemacht, vgl. dort Seiten 6 und 7. Im Übrigen weigern sich aserbaidschanische Behörden – auch die 0000000 Botschaft in C1. – kategorisch, die 00000000 Staatsangehörigkeit von in Deutschland lebenden Personen mit 00000000 Namen anzuerkennen, selbst wenn diese angeben, 000000 zu sein und dies mit alten 000000 oder 000000/00000000 Dokumenten belegen können.
58Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B. vom 14. Februar 2014 (Stand: Januar 2014), Seite 13 unter II.1.3.
59Es ist vor diesem Hintergrund nicht plausibel, warum die aserbaidschanische Botschaft in C1. bereitwillig und ohne Weiteres eine Bescheinigung mit den beschriebenen Angaben ausstellen sollte, wobei auch fraglich ist, ob sie überhaupt über die dafür notwendigen Informationen verfügt. Daneben ist allgemein darauf zu verweisen, dass das aserbaidschanische Urkundenwesen nicht zuverlässig ist.
60Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B. vom 14. Februar 2014 (Stand: Januar 2014), Seite 22 unter V.1.
61Die Klägerin ist in Bezug auf B2. ebenfalls keiner Verfolgung im Sinne von § 3 AsylVfG ausgesetzt.
62Dies gilt insbesondere auch insoweit, als die Klägerin als Angehörige von Personen anzusehen sein sollte, die sich dem Wehrdienst in B2. entzogen haben. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zwar diesbezüglich in seinem Schriftsatz vom 26. April 2012 unter Abgabe von Beweisangeboten ausgeführt, dass in der Republik B2. zeitweise Familienangehörige von Deserteuren geiselähnlichen Repressalien ausgesetzt gewesen seien – vgl. dort Seite 6 unter 2.d. – und diese Passage als Teil weiterer Ausführungen in der mündlichen Verhandlung als Hilfsbeweisantrag gestellt. Der Hilfsbeweisantrag ist jedoch insoweit abzulehnen. Denn zum einen sind die angebotenen Beweismittel völlig untauglich, da es sich um Gutachten bzw. Auskünfte aus den Jahren 1994 und 1995 handelt, die keine Aussagekraft für die aktuelle Situation in B2. besitzen. Zum anderen besitzt das Gericht die eigene Sachkunde, vermittelt durch die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse. Danach gibt es Kollektivhaft – zum Beispiel innerhalb der Familie – in B2. nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes nicht.
63Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 7. Februar 2014 (Stand: Dezember 2013), Seite 11 unter II.1.5.
64Der in Ziffer 1 und 2 des angefochtenen Bescheides vom 27. Februar 2012 getroffene Offensichtlichkeitsausspruch ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich bereits aus den vorangegangen Ausführungen, nach denen das Gericht davon überzeugt ist, dass die Klägerin nicht B4. O2. – geboren am 00.00.0000 als ethnische B1. in O. in B. – ist, sondern in Wahrheit S1. T1. – Vatersname: H. , geboren am 00.00.0000 in B2. (Dorf: B5. , Region: B6. ) – heißt und 0000000 Staatsangehörige ist. Damit liegen jedenfalls die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG hier vor, wonach ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung zulässigerweise auf einen liquiden, bereits zur Zeit der Entscheidung des Bundesamts verwirklichten Qualifizierungsgrund stützen kann.
65Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, § 30 Rn. 159 (Stand: Juni 2014), § 36 Rn. 68 (Stand: Februar 2013), § 74 Rn. 27 (Stand: November 2014) mit weiteren Nachweisen.
66Die Klägerin ist auch nicht subsidiär Schutzberechtigte. Nach § 4 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Es bestehen – namentlich vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen – keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin ein derartiger ernsthafter Schaden droht.
67Für das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG ist – namentlich vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen – ebenso nichts ersichtlich.
68Die Klägerin hat ebenfalls keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Hiernach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt bei einer zu erwartenden Verschlimmerung einer Erkrankung im Abschiebezielstaat vor, wenn sich der Gesundheitszustand des betreffenden Ausländers mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Ankunft im Abschiebezielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, weil die notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation dort wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar oder dem betroffenen Ausländer aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist.
69Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1999 – 9 C 2/99 –, juris; Urteil vom 29. Oktober 2002 – 1 C 1/02 –, DVBl 2003, 463; OVG NRW, Urteil vom 2. Februar 2005 – 8 A 59/04.A –, juris.
70Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
71Mit Blick auf die Frage des Zugangs der Klägerin zu ärztlicher Behandlung bzw. Medikation in B2. ist zu beachten, dass die medizinische Grundversorgung in B2. flächendeckend gewährleistet ist. Das Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung regelt den Umfang der ambulanten oder stationären Behandlung bei bestimmten Krankheiten, Leistungen für Medikamente sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige Gruppen (zum Beispiel Kinder, Flüchtlinge, Invaliden). Es hängt allerdings von der Durchsetzungsfähigkeit und Eigeninitiative der Patienten ab, ob es gelingt, ihr Recht auf kostenlose Behandlung durchzusetzen. Dennoch ist die Qualität der medizinischen Dienstleistung weiterhin häufig von „freiwilligen Zuzahlungen“ bzw. „Zuwendungen“ an den behandelnden Arzt abhängig, auch bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung. In letzter Zeit erschienen in der Presse Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung; immer mehr Patienten bestehen erfolgreich auf diesem Recht. Die Behandlung in der Poliklinik des jeweiligen Wohnbezirks ist grundsätzlich kostenlos.
72Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 7. Februar 2014 (Stand: Dezember 2013), Seite 17 unter IV.1.2.
73Im Übrigen ist zu beachten, dass die in dem für die Klägerin erstellten aktuellen Medikamentenplan des Dr. med. T3. Q. vom 6. Januar 2015 aufgeführten und jeweils einmal täglich einzunehmenden Medikamente bzw. deren Wirkstoffe in B2. erhältlich sind. Bisoprolol ist pro Packung (50 Tabletten à 5 mg) für 3.200 000000 (AMD) erhältlich, wobei dies etwa 7 Euro entspricht. Enalapril ist zugelassen und in den Apotheken für 490 AMD (5 mg N30) erhältlich, was circa 1 Euro entspricht. ASS100 mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure kostet pro Packung (20 Stück à 100 mg) etwa 2,46 Euro. Amlodipin wird pro Packung (30 Tabletten à 10 mg) für 1.350 AMD bzw. 3,5 US Dollar angeboten, was höchstens circa 3,5 Euro entspricht. Schließlich ist der in dem Medikament Simva basics enthaltene Wirkstoff Simvastatin in B2. pro Packung (28 Tabletten à 10 mg) für 3.200 AMD bzw. 8,5 US Dollar erhältlich, was höchstens circa 8,5 Euro entspricht.
74Vgl. Bericht der Botschaft der BRD F1. vom 14. Dezember 2007 an das VG Düsseldorf; Bericht des Auswärtigen Amtes vom 8. September 2004 an das VG Schleswig; Bericht der Botschaft der BRD F1. vom 8. Mai 2014 an das VG Schwerin; Bericht der Botschaft der BRD F1. vom 19. Juli 2010 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Seite 4; Bericht der Botschaft der BRD F1. vom 9. Juni 2011 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Seite 4.
75Das Gericht konnte die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gestellten Beweisanträge zu 11) und 12 a) ablehnen, weil es die eigene Sachkunde besitzt, vermittelt durch die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse.
76Es ist auch davon auszugehen, dass die Klägerin die von ihr benötigten Medikamente in B2. erhalten wird. Die Kosten für die dargestellte, in B2. vorhandene Medikation der Klägerin liegen lediglich im Bereich von circa 20 Euro im Monat. Hinzu kommt, dass die Klägerin über ein weit verzweigtes familiäres Netzwerk verfügt, das sich nicht nur auf die drei in der Bundesrepublik lebenden Kinder B3. , B12. und D. beschränkt. Vielmehr hat die Klägerin – wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde – eine weitere Tochter M. , die in H2. lebt. Ferner hat sie einen Schwiegersohn – den Ehemann der D. –, der deutscher Staatsangehöriger ist. Auch ihre Enkelin N2. ist im erwerbsfähigen Alter und besitzt eine Aufenthaltserlaubnis für die Bunderepublik. Es ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass die Klägerin von ihrer Familie ausreichende finanzielle Unterstützung erhält. Darüber hinaus steht – namentlich in Anbetracht des umfangreichen Vortrags der Klägerin in diesem Verfahren – zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin auch über ein ausgeprägtes außerfamiliäres Netzwerk mit zahlreichen Kontaktpersonen – insbesondere in B2. – verfügt, auf das sie zurückgreifen kann. So konnte die Klägerin von der Bunderepublik aus unter anderem eine Rechtsanwältin sowie einen Journalisten in B2. mobilisieren und hat mit T4. H1. eine in B2. lebende Person als Zeugin benannt. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Rückkehrer nach ihrer Ankunft in B2. in die Gesellschaft integriert werden und häufig ihre in Deutschland geknüpften Kontakte nutzen. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden.
77Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik B2. vom 7. Februar 2014 (Stand: Dezember 2013), Seite 18 unter IV.2.
78Der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin gestellte Beweisantrag zu 12 b), mit dem zu Beweis gestellt wurde, dass die Klägerin die zur privaten Finanzierung erforderlichen Mittel selbst oder durch Verwandte nicht aufbringen kann und nicht besitzt, und in dem die Parteivernehmung der Klägerin sowie die Zeuginnen B12. N. (I. ) und D. L2. als Beweismittel benannt wurden, konnte als unsubstanziiert abgelehnt werden. Denn das Beweisthema ist schon nicht bestimmt genug. Dies gilt namentlich mit Blick auf die Wendung „zur privaten Finanzierung erforderlichen Mittel“, die die Höhe eines aufzuwendenden Geldbetrages völlig offenlässt, sowie bezüglich des weitläufigen Begriffs „durch Verwandte“, der keine konkrete Personenbestimmung beinhaltet. Zudem ist in Bezug auf die aufgeführten Beweismittel nicht ersichtlich, dass die benannten Personen über ihre eigenen gegenwärtigen finanziellen Verhältnisse hinaus belastbare Angaben zu den Einkommens- bzw. Vermögensverhältnissen anderer Personen machen könnten. Der Beweisantrag ist insofern unsubstanziiert, weil er auf Ausforschung gerichtet ist. Schließlich ist er auch deshalb unsubstanziiert, weil die Behauptung, die private Finanzierung sei nicht möglich, vor dem Hintergrund der sich – wie dargestellt – im Bereich von circa 20 Euro im Monat bewegenden Kosten für die Medikation der Klägerin als erkennbar „aus der Luft gegriffen“ angesehen werden muss.
79Des Weiteren ist in Bezug auf die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in seinem Schriftsatz vom 26. April 2012 – soweit dieser sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung als Hilfsbeweisantrag gestellt hat und soweit sie sich nicht ohnehin auf C2. -L3. als inländische Fluchtalternative in B. beziehen und daher hier unerheblich sind – Folgendes festzuhalten: Hinsichtlich des Gesundheitszustands der Klägerin und der von ihr benötigten Medikation besitzt das Gericht die eigene Sachkunde vermittelt durch die vorgelegten aktuellen ärztlichen Bescheinigungen – namentlich des Dr. med. T3. Q. –, weswegen der Hilfsbeweisantrag insoweit abzulehnen ist. Soweit unter Beweis gestellt werden soll, dass die Klägerin – auch bei optimal eingestellter Medikation und engmaschiger ärztlicher Betreuung – nicht erwerbsfähig ist, ist der Hilfsbeweisantrag unsubstanziiert. Denn angesichts der vorgelegten aktuellen ärztlichen Bescheinigungen – namentlich des Dr. med. T3. Q. – erfolgt diese Behauptung „ins Blaue hinein“. Laut dem Attest dieses Arztes vom 6. Januar 2015 war die Klägerin bisher nur zweimal – am 19. Mai 2014 und am 16. Dezember 2014 – in seiner hausärztlichen Behandlung. Es wird lediglich ausgeführt, dass ohne regelmäßige Medikamenteneinnahme eine Verschlimmerung der Erkrankungen eintrete. Von Arbeitsunfähigkeit ist jedoch gerade keine Rede. Abschließend ist bezüglich der Frage der privaten Finanzierung von Medikamenten bzw. ärztlichen Leistungen – soweit sie in dem Schriftsatz vom 26. April 2012 nicht ohnehin C2. -L3. betreffen – auf die obigen Ausführungen zu verweisen, so dass der Hifsbeweisantrag insoweit ebenfalls abzulehnen ist.
80Auch im Übrigen ist eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf die Klägerin nicht ersichtlich.
81Die Abschiebungsandrohung genügt den gesetzlichen Vorgaben der §§ 34 und 36 Abs. 1 AsylVfG in Verbindung mit § 59 AufenthG. Nach § 37 Abs. 2 AsylVfG endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens, wenn – wie hier – das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht.
82Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
83Rechtsmittelbelehrung
84Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Münster, Piusallee 38, 48147 Münster (Postanschrift: Postfach 8048, 48043 Münster) schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (Elektronische Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungs- und Finanzgerichte – ERVVO VG/FG) vom 7. November 2012 (GV. NRW S. 548), zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen.
85Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
861. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
872. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
883. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
89Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte – außer im Prozesskostenhilfeverfahren – durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte sind nur die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten und ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
90Kallerhoff
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tatbestand
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Der Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm im Irak drohender Gefahren.
- 2
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Der 1976 in Mosul geborene Kläger ist kurdischer Volkszugehöriger sunnitischen Glaubens. Zur Begründung des im Juli 2001 beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) gestellten Asylantrags gab er an, dass er in Mosul ein Lebensmittelgeschäft betrieben habe. Eine von einem Kunden in seinem Laden abgestellte Tasche, die Flugblätter von Schiiten enthalten habe, sei von einem Unbekannten inspiziert worden. Sein Vater habe ihm daraufhin zur Flucht geraten und sei seinetwegen später verhaftet worden. Er befürchte, wegen des Vorfalls getötet oder lebenslang inhaftiert zu werden. Mit Bescheid vom 14. September 2001 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab, stellte jedoch fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (inzwischen § 60 Abs. 1 AufenthG) hinsichtlich des Irak vorliegen. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund der illegalen Ausreise und der Asylantragstellung verfolgt werde.
- 3
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Wegen der veränderten politischen Verhältnisse im Irak widerrief das Bundesamt am 16. März 2006 die Flüchtlingsanerkennung und stellte zugleich fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen.
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Die hiergegen erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 1. Februar 2007 im Wesentlichen ausgeführt, der Widerruf sei rechtmäßig, weil der Kläger im Irak nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein keine Verfolgung mehr zu befürchten habe. Er könne auch keine Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bzw. subsidiären Schutz gemäß Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG beanspruchen. Im Irak liege kein landesweiter innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vor. Zudem habe der Kläger die Möglichkeit, in Teilen des Irak internen Schutz zu finden. Im Übrigen stehe die Erlasslage des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, die bei allgemeinen Gefahren vergleichbaren Abschiebungsschutz biete, der Gewährung richtliniengemäßen subsidiären Schutzes entgegen.
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Während des Revisionsverfahrens hat der Kläger seine Revision hinsichtlich des Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung zurückgenommen. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 44.07 - das Revisionsverfahren insoweit eingestellt. Im Übrigen hat er, soweit die Verpflichtung zur Feststellung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes aus § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG und hilfsweise nationalen Abschiebungsschutzes aus § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG begehrt wird, das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat er darauf abgestellt, dass § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG keinen landesweiten bewaffneten Konflikt voraussetze. Die zusätzliche Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger könne innerhalb des Irak internen Schutz finden, beruhe auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage. Schließlich verletze der Verweis auf die Aussetzung von Abschiebungen durch ministerielle Erlasse revisibles Recht. Denn § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG sei richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Sperrwirkung nicht greife, wenn die Voraussetzungen des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllt seien.
- 6
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Während des neuen Berufungsverfahrens hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger im Besitz einer Niederlassungserlaubnis sei. Damit sei sein Aufenthalt gesichert und es komme auf subsidiären Schutz nicht mehr an.
- 7
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Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 21. Januar 2010 zurückgewiesen, soweit sie sich auf das noch anhängige Begehren zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bezieht. Die Berufung sei zulässig, denn für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, obwohl der Kläger mittlerweile im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG sei. Die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach Art. 18 der Richtlinie 2004/83/EG könne dem Kläger eine zusätzliche Rechtsposition vermitteln. Die Berufung sei aber unbegründet. Mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG führt das Berufungsgericht aus, es könne dahinstehen, ob die im Irak seit 2003 andauernden und durch staatliche Sicherheitskräfte bekämpften terroristischen Handlungen nach Intensität und Größenordnung als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren seien. Jedenfalls sei der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt. An seinem Herkunftsort in Mosul bestehe keine so hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei. Dies ergebe sich aus der Zahl der Anschläge und der Anzahl der Opfer im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Die Wahrscheinlichkeit, durch einen Terroranschlag in der Provinz Ninive verletzt oder getötet zu werden, habe 2009 ca. 0,12 % oder ca. 1:800 pro Jahr betragen. Für eine Verschärfung der Sicherheitslage gebe es keine Anhaltspunkte. Gefahrerhöhende individuelle Umstände seien bei dem Kläger nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen des hilfsweise begehrten nationalen Abschiebungsschutzes (§ 60 Abs. 7 Satz 1 und § 60 Abs. 5 AufenthG) lägen ebenfalls nicht vor.
- 8
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Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision wendet sich der Kläger allein gegen die Ablehnung der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Er rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe bei der Ermittlung der Gefahrendichte auf die im Rahmen der Gruppenverfolgung entwickelten Kriterien der Verfolgungsdichte abgestellt, ohne zwischen den Schutzsystemen zu differenzieren und die Besonderheiten des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen. Auch seien die in das Verfahren eingeführten Quellen zur Häufigkeit von Anschlägen im Irak und zur Zahl der Toten und Verletzten nicht interpretiert und bewertet worden.
- 9
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Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die begehrte Verpflichtung zur Gewährung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes ohne Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgelehnt.
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch das Verpflichtungsbegehren auf Gewährung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes. Die darüber hinausgehende Beschränkung des Revisionsantrags auf das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erweist sich als unwirksam. Denn der geltend gemachte Anspruch auf Verpflichtung zur Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG (entsprechend den Voraussetzungen für den subsidiären Schutz in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 304 S. 12; ber. ABl EU vom 5. August 2005 Nr. L 204 S. 24) bildet nach dem dafür maßgeblichen materiellen Recht einen einheitlichen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (Urteile vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 11 und vom 8. September 2011 - BVerwG 10 C 14.10 - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen - Rn. 16). Eine Revision kann daher nicht wirksam auf einzelne materielle Anspruchsgrundlagen dieses einheitlichen prozessualen Anspruchs beschränkt werden (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 13).
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Für diesen Verpflichtungsantrag ist, obwohl der Kläger mittlerweile eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG besitzt, entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten das Rechtsschutzinteresse nicht entfallen. Dieses Interesse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (Urteil vom 29. April 2004 - BVerwG 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1 <3>). Der Beklagten ist einzuräumen, dass sich nach nationalem Aufenthaltsrecht die Rechtsstellung eines Ausländers in der Situation des Klägers, der im Besitz einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 4 AufenthG ist, durch die Zuerkennung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes derzeit nicht verbessern kann. Diese Betrachtung greift aber zu kurz. Denn aus dem Umsetzungsdefizit des deutschen Gesetzgebers, der - entgegen den unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG im 5. Erwägungsgrund, in Art. 2 Buchst. f und in Art. 18 - den Status des subsidiär Schutzberechtigten im nationalen Recht nicht explizit ausgeformt hat, darf für den Kläger kein Nachteil entstehen (vgl. auch Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 13). Er hat daher ein legitimes Interesse, dass trotz seiner gesicherten aufenthaltsrechtlichen Stellung mit Blick auf diesen Schutzstatus und die damit einhergehenden Vergünstigungen über das Bestehen eines unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbots entschieden wird.
- 13
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Die zulässige Klage ist aber unbegründet. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen, nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und das Revisionsgericht daher bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) greift keines der auf Unionsrecht beruhenden Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG).
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1. Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Diese Bestimmung entspricht nach der Rechtsprechung des Senats trotz geringfügig abweichender Formulierungen den Vorgaben des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG und ist in diesem Sinne auszulegen (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 17 und Rn. 36).
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Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die im Irak seit 2003 andauernden und durch staatliche Sicherheitskräfte bekämpften terroristischen Handlungen nach Intensität und Größenordnung als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt anzusprechen sind, weil der Kläger auch bei Annahme eines derartigen Konflikts keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wären. Das hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.
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a) Für seine Prognose, ob der Kläger bei Rückkehr in den Irak einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht auf die tatsächlichen Verhältnisse in seiner Herkunftsregion Mosul abgestellt. Dort hat der Kläger zuletzt gelebt, so dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass er dorthin zurückkehren wird (Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - BVerwGE 134, 188 Rn. 17).
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b) Das Berufungsgericht hat des Weiteren zutreffend geprüft, ob von dem - zugunsten des Klägers unterstellten - bewaffneten Konflikt in der Region von Mosul für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr ausgeht, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG darstellt. Denn auch eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG und des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllen (Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 34).
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Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z.B. als Arzt oder Journalist - gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht bereits die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33). Gefahrerhöhende individuelle Umstände hat das Berufungsgericht bei dem Kläger nicht festgestellt (UA S. 12); dem ist der Kläger mit der Revision auch nicht entgegengetreten.
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Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann aber auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände fehlen, ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (Urteil vom 14. Juli 2009 a.a.O. Rn. 15 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji - Slg. 2009, I-921 = NVwZ 2009, 705). Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 33).
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In jedem Fall setzt § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht. Das ergibt sich aus dem Tatbestandsmerkmal "... tatsächlich Gefahr liefe ..." in Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG. Der darin enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab ("real risk"; vgl. nur EGMR (GK), Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi/Italien - NVwZ 2008, 1330
); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 15 Buchst. b Richtlinie 2004/83/EG).
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Gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG gilt für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG u.a. die Beweisregel des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Beweiserleichterung in Gestalt einer widerleglichen tatsächlichen Vermutung setzt aber auch im Rahmen des subsidiären Schutzes voraus, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem vor der Ausreise erlittenen oder damals unmittelbar drohenden Schaden (Vorschädigung) und dem befürchteten künftigen Schaden besteht. Denn die der Vorschrift zugrunde liegende Wiederholungsvermutung beruht wesentlich auf der Vorstellung, dass eine Verfolgungs- oder Schadenswiederholung - bei gleichbleibender Ausgangssituation - aus tatsächlichen Gründen naheliegt (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 31).
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Eine für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr ausreichende Gefahrendichte hat das Berufungsgericht für den Bereich der Stadt Mosul verneint. Es hat - in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts (vgl. dazu Urteil vom 18. Juli 2006 - BVerwG 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 Rn. 20 ff.) - aufgrund aktueller Quellen die Gesamtzahl der in der Provinz Ninive und deren Hauptstadt Mosul lebenden Zivilpersonen annäherungsweise ermittelt und dazu die Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Beziehung gesetzt. Dabei hat es festgestellt, dass das Risiko, in der Provinz Ninive verletzt oder getötet zu werden, für das gesamte Jahr 2009 ungefähr 1:800 betrug. Einen Trend zur Verschlechterung der Sicherheitslage vermochte es nicht festzustellen (UA S. 12). Seine auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, ist revisionsgerichtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.
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Zwar bedarf es - wie die Revision im Ansatz zu Recht rügt - neben dieser quantitativen Ermittlung auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 33). Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann. Der Mangel in der Vorgehensweise des Berufungsgerichts bleibt aber im vorliegenden Fall ohne Folgen. Denn die Höhe des vom Berufungsgericht festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens ist so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, dass sich der Mangel im Ergebnis nicht auszuwirken vermag.
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Auch der Umstand, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht auf die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG eingegangen ist, verhilft der Revision nicht zum Erfolg, denn das Vorfluchtschicksal des Klägers gab dazu keinen Anlass. Dieses lässt keine Beeinträchtigung erkennen, die auch unter dem Blickwinkel des Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG die Qualität einer Vorschädigung erreichen könnte. Zudem bestünde kein sachlicher Zusammenhang mit den nunmehr im Irak drohenden Gefahren.
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2. Das Berufungsgericht hat auch die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2 und 3 AufenthG in den Blick genommen, sie aber nicht als durchgreifend angesehen. Dagegen bestehen aus revisionsgerichtlicher Sicht keine Bedenken.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Gründe
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) Den Eltern eines minderjährigen Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative, eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt, ist abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und § 29 Absatz 1 Nummer 2 eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn sich kein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält.
(2) Sonstigen Familienangehörigen eines Ausländers kann zum Familiennachzug eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Auf volljährige Familienangehörige sind § 30 Abs. 3 und § 31, auf minderjährige Familienangehörige ist § 34 entsprechend anzuwenden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.