Verwaltungsgericht München Urteil, 19. Mai 2016 - M 23 K 14.31121

bei uns veröffentlicht am19.05.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am 8. Juni 1976 in Gujranwala geborene Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger, punjabischer Volkszugehörigkeit und christlichen Glaubens. Der Kläger reiste am 21. August 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 23. August 2013 seine Anerkennung als Asylberechtigter.

Bei seiner Vernehmung durch die Bundespolizeidirektion München - Bundespolizeiinspektion Flughafen München - am 21. August 2013 gab der Kläger an, dass er aufgrund seines christlichen Glaubens in seiner Heimat Pakistan verfolgt und bedroht wäre und fliehen habe müssen. Er sei am 28. Juli 2013 zunächst in die Vereinigten Arabischen Emirate geflogen, von dort habe ein Schleuser die Weiterreise in die Bundesrepublik Deutschland organisiert. In seiner Heimat sei er bedroht worden, weil er Christ sei. Man habe ihm gesagt, dass er auch auf einer Liste stehe und als nächstes dran sei. Er sei dann nicht mehr zur Arbeit gegangen. Aber die hätten das mitbekommen, man habe ihm eine Pistolenkugel in einem Umschlag in den Briefkasten geworfen. Er hätte 250.000 Rupien zahlen sollen, sonst würde man sie alle umbringen. Er habe ein Protokoll an die Polizei in Lahore geschickt. Er sei dazu gezwungen worden, die Anzeige zurückzunehmen. Die ihn bedroht hätten, hätten Macht und Einfluss. Er habe zwei Töchter, die zur Schule gingen. Er habe Angst um sie. Sie würden immer wieder beschimpft, offen beobachtet, ihnen sei ständig Angst gemacht worden. Er sei bedroht worden, weil er ehrenamtlich für die christliche Gemeinde gearbeitet habe. Der Schleuser habe gesagt, dass er ihn nach Deutschland bringen könne. Ihm sei egal gewesen in welches Land, Hauptsache ein christliches Land.

Am 23. August 2013 fand die Anhörung gemäß § 25 AsylG im Transitbereich des Flughafens München vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) statt. Zu seinem Verfolgungsschicksal führte der Kläger insbesondere aus, dass er seit Geburt Christ sei. Er sei seit 11. August 1997 kirchlich verheiratet und habe vier minderjährige Kinder. Sie hätten eigentlich gut gelebt und er habe einen weiteren Job angenommen, um mehr Geld zu verdienen. Er habe auch eine Wohnung in der Region Joseph’s Colony genommen. Er habe gearbeitet und ehrenamtlich bei der Kirche gearbeitet. Anfang des Jahres hätten die Probleme mit den Besitzern der Fabriken begonnen. Sie hätten nicht wollen, dass die Christen in der Joseph’s Colony lebten. Sie hätten die Kirchen und die Wohnhäuser angezündet. Seine Familie habe Angst bekommen. Seine Frau habe gesagt, dass er wieder nach Hause, nach Gujranwala, kommen solle. Ungefähr einen Monat später hätten irgendwelche Feinde einen Brief mit einer Patrone unter die Türschwelle geschoben. In dem Brief habe gestanden, falls du vorhast, weiter zu leben, dann sei der Preis für dein Leben 250.000 pakistanische Rupien. Wenn du das Geld entrichtest, werden wir dich in Ruhe lassen, ansonsten werden wir dich und deine Familie eliminieren. In dem Brief sei auch eine Kontaktnummer auf dem Umschlag gestanden. Er habe vier Tage Frist für die Beschaffung des Geldes gehabt. Er sei mit seiner Familie zu seinen Schwiegereltern in eine andere Region in Gujranwala, nach Fareed Town, gezogen. Die Erpresser hätten ihm eine SMS geschrieben, dass sie von dem Umzug wüssten. Er sei dann zur Polizei gegangen und habe Anzeige erstattet. Er habe alles Mögliche in die Wege geleitet. Bei diesen Leuten handle es sich aber um eine Gang, sie seien sehr mächtig. Sie hätten ihn unter Druck gesetzt, er solle die Anzeige zurücknehmen. Die politischen Leute hätten dann dafür gesorgt, dass sie zumindest miteinander reden hätten können. Obwohl die politischen Leute garantieren wollten, dass sie ungestört in der Wohnung leben könnten, habe es doch Vorfälle gegeben. Ihr Haus sei beschossen worden. Außerdem seien seine Kinder belästigt worden. Man habe seiner Frau gedroht, ihr Säure ins Gesicht zu schütten. Seine Feinde seien die Bewohner von Jandiala Bagh. Dies seien reiche Leute, sie besäßen Ziegeleien. Den Brief habe er ungefähr letztes Jahr zu Weihnachten bekommen, sie seien dann zwei bis drei Monate von zu Hause weg gewesen. Dann sei er nochmal zwei Monate nach Hause gegangen vor seiner Ausreise. In dieser Zeit seien seine Töchter belästigt und auf sein Haus geschossen worden. Seine Familie werde weiterhin bedroht und belästigt. Ergänzend legte der Kläger eine Bescheinigung über eine erfolgreiche Teilnahme an einer Lehrerausbildung an der St. Andrews Church, Gujrat, vom 12. November 1999 sowie eine Bestätigung der St. Joseph‘s Catholic Church in Gujranwala über seine dortige Mitgliedschaft vor. Hinsichtlich der weiteren Angaben des Klägers wird auf die Niederschrift zur Anhörung verwiesen.

Am 5. September 2013 erfolgte eine weitere Anhörung des Klägers durch die Regierung von Oberbayern. Inhalt war dabei insbesondere die Überprüfung der Angaben des Klägers zu seiner Ehefrau und den Kindern.

Mit Schreiben vom 27. August 2014 übersandten zwei Unterstützerinnen des Klägers an das Bundesamt zwei Schreiben und führten aus, dass die Familie des Klägers weiterhin in Pakistan bedroht werde. Der Kläger spreche inzwischen gut Deutsch und sei unbedingt arbeits- und integrationswillig. Er besuche regelmäßig den Gottesdienst der Freikirchlichen christlichen Gemeinde Dorfen.

Mit Schreiben vom 25. April 2014 bestellte sich die Bevollmächtigte gegenüber dem Bundesamt und forderte dieses mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 unter Verweis auf § 75 VwGO zur Entscheidung auf.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2014, eingegangen am 3. November 2014, erhob die Bevollmächtigte des Klägers Klage beim Verwaltungsgericht München und beantragte:

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise des § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Untätigkeitsklage zu erheben sei, da der Kläger nach einer mehr als einjährigen Bearbeitungsdauer mit einer Entscheidung rechnen dürfe und die Beklagte auf die Abmahnung nicht reagiert habe.

Mit Schreiben vom 6. März 2015 beantragte die Beklagte,

die Klage, wenn nicht bereits als unzulässig, als unbegründet zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 25. August 2015 legte die Beklagte die Akten vor.

Aufgrund richterlichen Hinweises beantragte die Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 3. November 2015,

die Beklagte zu verpflichten, über den Asylantrag des Klägers bis zum 15. Dezember 2015 zu entscheiden.

Das Bundesamt hörte den Kläger mit Schreiben vom 25. November 2015 zur Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots an.

Mit Bescheid vom 4. Januar 2016, zugestellt wohl am 7. Januar 2016, stellte das Bundesamt fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlings-eigenschaft nicht vorliegen (Nr. 1 des Bescheids) und lehnte den Asylantrag des Klägers ab (Nr. 2 des Bescheids). Weiterhin wurde der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Nr. 3 des Bescheids) und wurden Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint (Nr. 4 des Bescheids). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Pakistan oder in einen anderen Staat angedroht, in denen der Kläger einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Nr. 5 des Bescheids). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6 des Bescheids). Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass der Kläger mindestens eine inländische Fluchtalternative hätte, er könne sich jederzeit in einem beliebigen anderen Landesteil begeben, um dort in Anonymität unterzutauchen. Besonders in Lahore gebe es eine vergleichsweise große christliche Gemeinde, weswegen dem Antragsteller eine Rückkehr dorthin am ehesten möglich sei. Dem Antragsteller drohe wegen seiner Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Christen in Pakistan keine Gruppenverfolgung. Für die Annahme einer Gruppenverfolgung fehle es an der erforderlichen Verfolgungsdichte. Ergänzend wird auf den Inhalt des Bescheids gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen.

Die Bevollmächtigte des Klägers beantragte daraufhin mit Schreiben vom 13. Januar 2016:

1. Der Bescheid des Bundesamts vom 4. Januar 2016, zugestellt am 7. Januar 2016, Geschäftszeichen 5661838-461, wird in Ziffern 1 und 3 bis 6 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, den Kläger als Flüchtling anzuerkennen.

3. Hilfsweise wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger subsidiären Schutz zuzusprechen.

4. Weiter hilfsweise wird die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Pakistans vorliegen.

Mit Schreiben vom 29. Januar 2016 begründete die Bevollmächtigte die Klage und legte ergänzende Unterlagen vor, darunter auch Unterlagen, die nach Ausführung der Bevollmächtigten bereits im Jahr 2013 an die Beklagte über eine ehrenamtliche Mitarbeiterin von Amnesty International übersandt worden seien. Hierunter befinden sich u. a. die Kopie eines Drohbriefes, Protokolle über Polizeianzeigen, SMS-Ausdrucke, Familiennachweise, Listen über Telefonverbindungsdaten sowie ein polizeilicher Bericht über die Anzeige des Klägers gegen „Asif Masih“, der am 6. Januar 2013 die Ehefrau des Klägers bedroht haben soll.

Die Bevollmächtigte führte insbesondere aus, dass der Kläger vorverfolgt aus Pakistan ausgereist sei; er sei unstreitig Angehöriger der christlichen Minderheit in Pakistan. Der Kläger habe Drohungen erhalten. Einflussreiche Geschäftsleute hätten zunächst versucht, eine sehr hohe Summe von ihm zu erpressen. Die Polizei hätte hiergegen nichts ausrichten können. Dieses Vorgehen gegen den Kläger entspreche einem Muster, das in Pakistan offensichtlich immer mehr um sich greife: Religiöse Minderheiten würden vermehrt Ziel von Übergriffen von reichen Geschäftsleuten, Großgrundbesitzern, Hauseigentümern oder kriminellen Banden. Dieses als „Land grabbig“ bezeichnete Phänomen gedeihe in einem Klima zunehmender religiöser Spannungen und Ressentiments gegenüber Minderheiten, genereller Straflosigkeit, Korruption und Gewalt. Der Kläger habe alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft, sich selbst zu schützen. Nachdem der Kläger die Verbindungsdaten der mitgeteilten Telefonnummer des Erpressers rekonstruiert habe, habe die Polizei den vermögenden Geschäftsmann befragt, dieser habe mitgeteilt, dass er den Drohbrief nicht geschrieben habe, Unbekannte müssten sein Handy gehackt haben. In pakistanischen Gemeinden gebe es politische Mechanismen, deren Ziel es sei, bei Konflikten zu vermitteln. Letztlich gehe es darum, den Frieden herzustellen, allerdings würden hier vor allem die faktischen Kräfteverhältnisse ermittelt. Die Macht, sehr einflussreiche Konfliktparteien davon abzuhalten, ihren Willen durchzusetzen, hätten die Vermittler nicht. Der Ausgleich erfolge, wenn er erfolgreich sei, durch Geldzahlung. Einen derartigen landestypischen Ausgleichsversuch beschreibe der Kläger in seiner Antragsbegründung. Die vom Kläger vorgetragene Verfolgung sei asylrelevant, da ihm persönlich aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Christentum von einem nicht staatlichen Akteur erhebliche Gefahr für sich selbst, aber auch und insbesondere seinen Familienangehörigen drohe. Die Ehefrau und die Töchter hätten den Heimatort zwischenzeitlich verlassen und wohnten beim Schwiegervater des Klägers, der im Januar 2016 verstorben sei. Bei dem Kläger liege ein Fall der Einzelverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit vor. Es bestehe auch keine inländische Fluchtalternative. Nach dem „Kleine Welt Prinzip“ sei der Kläger überall in der Welt aufzuspüren. Hinzu komme, dass der Kläger und seine Familie auch an jedem anderen Ort als Christen Gefahr laufe, Opfer genau derselben Übergriffe zu werden.

Des Weiteren wurde hilfsweise vorgetragen, dass es dem Kläger gelungen sei, sich in die deutschen Lebensverhältnisse zu integrieren. Es gebe daher keinen Grund, überhaupt ein Wiedereinreiseverbot zu verhängen, erst recht nicht für einen Zeitraum von 30 Monaten.

Durch Beschluss der Kammer vom 8. März 2016 wurde der Rechtstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylG zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Schreiben vom 11. Mai 2016 übersandte das Bundesamt auf Bitten des Gerichts die vervollständigte Behördenakte.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2016 erläuterte der Kläger ausführlich die von ihm im Verfahren vorgelegten Dokumente und wurde umfangreich informatorisch zu seinem Verfolgungsschicksal angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegten Be-hördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2016 Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. Auch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AsylG oder die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Pakistans besteht kein Anspruch. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts ist daher einschließlich der ausgesprochenen Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage war somit abzuweisen.

Maßgeblich für die Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG, da er sich nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslands befindet.

Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) - EMRK - keine Abweichung zulässig ist, oder Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist, vgl. § 3a Abs. 1 AsylG. Als Verfolgung in diesem Sinne können unter anderem die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt gelten (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG), gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden (§ 3a Abs. 2 Nr. 2 AsylG), oder unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG). Die Prüfung der Verfolgungsgründe ist in § 3b AsylG näher geregelt. Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es danach unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden, § 3b Abs. 2 AsylG. In § 3a Abs. 3 AsylG ist geregelt, dass eine Verknüpfung zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i. V. m. § 3b AsylG und den Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m § 3a Abs. 1 und 2 AsylG bestehen muss.

Die Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG kann gemäß § 3c AsylG ausgehen von dem Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Schutz vor Verfolgung kann gemäß § 3d Abs. 1 AsylG nur geboten werden vom Staat oder von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, sofern sie willens und in der Lage sind, wirksamen und nicht nur vorübergehenden Schutz zu gewähren, vgl. § 3d Abs. 2 Satz1 AsylG. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat, § 3d Abs. 2 Satz 2 AsylG. Gemäß § 3e Abs. 1 AsylG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn eine sogenannte interne Schutzalternative besteht, weil er in einem Teil seines Herkunftslands keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

Nach Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde bzw. von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, es sei denn stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wie er in der deutschen asylrechtlichen Rechtsprechung entwickelt worden ist. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung bedroht sind. Dadurch wird der Vorverfolgte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür dazulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Ob die Vermutung durch „stichhaltige Gründe“ widerlegt ist, obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung (vgl. BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377 - in Bezug auf den wortgleichen Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2004/83 EG). Die Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU kommt dem vorverfolgten Antragsteller auch bei der Prüfung zugute, ob für ihn im Gebiet einer internen Schutzalternative gemäß § 3e AsylG (vgl. vormals Art. 8 Abs. 1 Richtlinie 2004/83/EG) keine begründete Furcht vor Verfolgung besteht (vgl. BVerwG, U. v. 5.5.2009 - 10 C 21/08 - NVwZ 2009, 1308 in Bezug auf Art. 8 Abs. 1 Richtlinie 2004/83/EG). Mit Blick auf den Normzweck der Beweiserleichterung erscheint es nicht nachvollziehbar, der Prüfung internen Schutzes als Ausdruck der Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes einen strengeren Maßstab zugrunde zu legen als der systematisch vorgelagerten Stellung der Verfolgungsprognose. Die hinter der Beweiserleichterung stehende Teleologie - der humanitäre Charakter des Asyls - verbietet es, einem Schutzsuchenden, der das Schicksal der Verfolgung bereits einmal erlitten hat, das Risiko einer Wiederholung solcher Verfolgung aufzubürden (BVerwG, U. v. 5.5.2009 - 10 C 21/08 - NVwZ 2009, 1308).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss auch in Asylstreitigkeiten das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit - und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit - des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor politischer Verfolgung herleitet. Wegen der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Asylbewerbers kann schon allein sein eigener Sachvortrag zur Asylanerkennung führen, sofern sich das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, B. v. 21.7.1989 - 9 B 239/89 - InfAuslR 1989, 349). Das Tatsachengericht darf dabei berücksichtigen, dass die Befragung von Asylbewerbern aus anderen Kulturkreisen mit erheblichen Problemen verbunden ist (vgl. BVerwG, B. v. 21.7.1989, a. a. O.). Der Asylbewerber befindet sich typischerweise in Beweisnot. Er ist als „Zeuge in eigener Sache“ zumeist das einzige Beweismittel. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und die Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. Wer durch Vortrag eines Verfolgungsschicksals um Asyl nachsucht, ist in der Regel der deutschen Sprache nicht mächtig und deshalb auf die Hilfe eines Sprachmittlers angewiesen, um sich mit seinem Begehren verständlich zu machen. Zudem ist er in aller Regel mit den kulturellen und sozialen Gegebenheiten des Aufnahmelands, mit Behördenzuständigkeiten und Verfahrensabläufen sowie mit den sonstigen geschriebenen und ungeschriebenen Regeln, auf die er nunmehr achten soll, nicht vertraut. Es kommt hinzu, dass Asylbewerber, die alsbald nach ihrer Ankunft angehört werden, etwaige physische und psychische Auswirkungen einer Verfolgung und Flucht möglicherweise noch nicht überwunden haben, und dies ihre Fähigkeit zu einer überzeugenden Schilderung ihres Fluchtgrunds beeinträchtigen kann (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - NVwZ 1996, 678).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte das Gericht nicht die Überzeugung gewinnen, dass das Leben oder die Freiheit des Klägers in seinem Herkunftsland im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG bedroht ist.

Das Gericht geht in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung davon aus, dass Christen aus Pakistan nicht allein wegen ihres Glaubens und der Praktizierung ihres Glaubens einer Gruppenverfolgung ausgesetzt sind, auch wenn die gesellschaftliche Diskriminierung von Christen in Pakistan unbestritten vorhanden ist und Christen vielfach Opfer von Übergriffen und Mobs werden (vgl. European Asylum Support Office (EASO), Herkunftsländerinformationen (COI), Pakistan-Länderüberblick, August 2015, S. 93). Das Gericht verweist insoweit auf die Ausführungen im Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 27.8.2014 (A 11 S 1128/14- Rn. 39ff, bestätigt durch BVerwG, B. v. 24.2.2015 - 1 B 31/14 - jeweils juris) und macht sich diese zu Eigen. Auch unter Berücksichtigung der weiteren Anschläge gegen Christen, insbesondere auch Ostern 2016 in Lahore, ergibt sich hieraus keine andere Beurteilung. Bei der Annahme von ca. 2,8 Millionen Christen in Pakistan bzw. nach Auffassung einiger christlicher Quellen sogar von 5 - 10% der Bevölkerung (vgl. EASO Herkunftsländerinformationen Pakistan, a. a. O.) ergibt sich keine entsprechende Verfolgungsdichte, die die Annahme rechtfertigen würde, dass jedes Gruppenmitglied alleine aufgrund der Gruppenzugehörigkeit einer konkreten Verfolgungsgefahr ausgesetzt wäre (vgl. zum Maßstab für Gruppenverfolgung Bundesverwaltungsgericht, U. v. 21.4.2009 - 10 C 11/08; U. v. 2.2.2010 - 10 B 18/09 - jeweils juris).

Der Kläger kann sich auch nicht erfolgreich auf eine Einzelverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit (wie von der Bevollmächtigten geltend gemacht) berufen. Gemäß der Rechtsprechung des BVerwG werden bei der Einzelverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit einzelne oder einige Mitglieder aus einer Gruppe aus bestimmten Anlässen herausgegriffen und einer (politischen) Verfolgung unterworfen (ausführlich hierzu: BVerwG, U. v. 30.10.1994 - 9 C 24/84 - juris Rn. 12; BVerfG B. v. 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 - juris Rn. 41). Die Verfolgung muss dementsprechend anlassgeprägt sein (vgl. BVerwG U. v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 33).

Aufgrund der ausführlichen informatorischen Befragung des Klägers durch das Gericht hat sich zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass der Kläger Opfer eines kriminellen Erpressungsversuches wurde sowie in Konflikt mit einem Nachbarn geraten ist. Allerdings konnte das Gericht nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger wegen seiner Eigenschaft als Christ verfolgt wird.

Der Konflikt des Klägers mit „Asif Masih“ - für den der Kläger mehrere Unterlagen einschließlich einer offiziellen Polizeianzeige vorlegte - hat keinen religiösen Hintergrund. Nach den Ausführungen des Klägers wollte „Asif Masih“ am 6. Januar 2013 unter erheblichen Drohungen die Ehefrau des Klägers - eine Hebamme - zwangsweise zu einem Besuch seiner schwangeren Freundin zwingen. Wie der Kläger im Rahmen der informatorischen Anhörung selbst einräumte, handelt es sich bei „Asif Masih“ jedoch selbst um einen Christen, eine religiöse Verfolgung scheidet damit aus. Darüber hinaus wurde insoweit nach Angaben des Klägers auch eine Strafverfolgung eingeleitet und der Täter erst auf Kaution wieder freigelassen.

Bezüglich des Erpressungsversuchs des Klägers sind die Hintergründe und Täter unklar. Laut den Angaben des Klägers habe er am 13. Januar 2013 einen Telefonanruf erhalten, bei dem nichts gesagt worden sei. Am 14. Januar 2013 sei ein Drohbrief mit der Forderung von 2 Millionen Rupien vor seinem Haus gelegen, als Kontaktnummer sei die Telefonnummer von dem Anruf am 13. Januar 2013 angegeben gewesen. Diese sei nicht die Telefonnummer von „Asif Masih“ gewesen. Er habe den Mann, dem die Telefonnummer gehörte - ein Ziegelfabrikbesitzer -, zur Rede gestellt; dieser habe behautet, ihm sei sein Handy abhandengekommen. Der Kläger habe des Weiteren gegen Bezahlung bei der Telefongesellschaft die Telefonverbindungen des Anrufers erhalten; darauf seinen einflussreiche Leute gestanden. Er habe mehrfach versucht, eine Strafanzeige zu stellen. Die Anzeigen seine aber von der Polizei nicht offiziell aufgenommen worden; auch Politiker hätten ihm wegen der einflussreichen Personen auf der Liste nicht helfen wollen. Er habe daraufhin die Anzeige gegen „Asif Masih“ gestellt, in der Hoffnung, dass dieser die Täter verrate. Er gehe davon aus, dass „Asif Masih“ auch zu der Gruppe gehöre, auch wenn dieser das abgestritten habe. Im Januar 2013 habe er noch weitere SMS mit Drohungen erhalten. Am 27. oder 28. Januar 2013 habe er schließlich mit seiner Familie Gujranwala verlassen und habe fünf bis sechs Monate in anderen Städten bei Verwandten gelebt. Während dieser Zeit habe er keine Probleme gehabt; niemand habe gewusst, wo sie sich aufhielten. Am 20. oder 21. Juli 2013 seien sie zurück nach Gujranwala gegangen und hätten bei den Schwiegereltern gelebt. Er habe bereits vorher, als die Probleme losgegangen seien, sein Visum für die Ausreise organisiert. Er sei davon ausgegangen, dass er bedroht werde, weil es ihm und seiner Familie im Vergleich zu allen anderen in der Gegend sehr gut gegangen sei. Er habe ein Motorrad und ein Auto gehabt und die Kinder hätten eine englische Schule besucht

Soweit der Kläger den Ziegelfabrikbesitzer als Täter hält, bestehen hieran zum einen Zweifel, zum anderen kann daraus zumindest keine religiöse Verfolgung gefolgert werden. Wie der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Anhörung und der Anhörung vor dem Bundesamt übereinstimmend erklärte, war er wohlhabend und situiert und daher in einer herausgehobenen Position. Er selbst geht davon aus, dass dieser Wohlstand die Täter auf den Plan gerufen habe. Für das Gericht ist nicht nachvollziehbar, dass als Täter ein selbst sehr wohlhabender Fabrikbesitzer in Betracht zu ziehen ist, mit dem der Kläger im Übrigen in keinerlei Kontakt stand. Vielmehr dürfte die Erpressung von weniger Bemittelten ausgegangen sein. Unabhängig von der Frage des Täters liegt aber zumindest keine Verfolgung wegen des Glaubens des Klägers vor, sondern eine rein kriminelle, so dass auch insoweit kein Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 AsylG gegeben ist.

Auch die Behauptung des Klägers, dass er wegen seines Glaubens keinen staatlichen Schutz bezüglich der kriminellen Verfolgung in Anspruch habe nehmen können, führt - entgegen den Ausführungen der Bevollmächtigten - nicht zu einer „individuellen Bedrohung aufgrund Gruppenzugehörigkeit“. In Bezug auf die Drohungen des „Asif Masih“ konnte der Kläger staatlichen Schutz erlangen. Hinsichtlich der Erpressung wurde ihm - wie der Kläger selbst vorgetragen hat -die Hilfe durch die Polizei verweigert worden, da als Täter einflussreiche Personen vermutet worden seien und nicht weil er christlichen Glaubens sei. Dies entspricht auch den Informationen aus den vorliegenden Erkenntnismitteln. Der staatliche Schutz, insbesondere durch die Sicherheitsbehörden in Pakistan, ist generell in Pakistan nicht ausreichend ausgeprägt. Der afghanische Staat kommt nicht nur seinen Schutzpflichten gegenüber Opfern religiös motivierter Gewalt nicht hinreichend nach, sondern auch allgemein. Bei der Polizei bestehen eine extrem hohe Korruptionsanfälligkeit sowie häufige, unrechtmäßige Übergriffe und Verhaftungen sowie Misshandlungen in Polizeigewahrsam. Die Polizeikräfte seien in lokale Machtstrukturen eingebunden und daher nicht in der Lage, unparteiliche Untersuchungen durchzuführen. So würden häufig Strafanzeigen gar nicht erst aufgenommen und Ermittlungen verschleppt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der islamischen Republik Pakistan, Stand Juli 2015, Seite 10f).

Weiteren Gefährdungen aufgrund seines christlichen Glaubens in für die Annahme einer Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG ausreichend konkretem und erheblichem Umfang waren der Kläger und seine Familie nicht ausgesetzt, auch wenn unzweifelhaft Christen in Pakistan einer gesellschaftlichen Diskriminierung obliegen, die zu Übergriffen und Gewalt führen kann. Auch die vom Kläger bei der Anhörung vor dem Bundesamt benannten Überfälle auf Wohnhäuser von Christen im März 2013 in der „Josephs Colony“ in Lahore betrafen den Kläger nicht persönlich. Insoweit räumte der Kläger bei seiner informatorischen Anhörung durch das Gericht selbst ein, dass er vor dem Bundesamt diesen Überfall auf eine christliche Gemeinde nur allgemein als Beispiel der Verfolgung von Christen erzählt habe. Er selbst habe nie einen anderen Wohnsitz als in Gujranwala gehabt, auch nicht in Lahore. Zu dem Zeitpunkt des Überfalls sei er mit seiner Familie in Rawalpindi bei Verwandten gewesen. Ebenso wenig reicht die allgemeine Erklärung des Klägers, dass er bereits in den Jahren 2011 und 2012 Probleme gehabt habe, für die Annahme einer religiösen Verfolgung aus. Schließlich können auch die von dem Kläger angeführten Beleidigungen und Bedrohungen seiner Töchter nicht die religiöse Verfolgung des Klägers begründen.

Bezüglich der kriminellen Verfolgung des Klägers besteht für den Kläger eine inländische Fluchtalternative.

Nach § 3e Abs. 1 AsylG i. V. m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG wird dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt, wenn er (1.) in einem Teil seines Herkunftslandes keine Gefahr eines ernsthaften Schadens fürchten muss oder er Zugang zu Schutz hat und (2.) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Damit wird die Nachrangigkeit des Schutzes verdeutlicht. Der Drittausländer muss am Zufluchtsort eine ausreichende Lebensgrundlage vorfinden d. h. es muss zumindest (in faktischer Hinsicht) das Existenzminimum gewährleistet sein, was er unter persönlich zumutbaren Bemühungen sichern können muss. Dies gilt auch, wenn im Herkunftsgebiet die Lebensverhältnisse gleichermaßen schlecht sind. Unerheblich ist, ob eine Gefährdung am Herkunftsort in gleicher Weise besteht (vgl. BT-Drs. 17/13063 S. 20; VG Augsburg, U. v. 30.3.2015 - Au 3 K 14.30437 - juris Rn. 49).

Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben und Grundsätze ist davon auszugehen, dass der Kläger in anderen Teilen Pakistans, insbesondere in den größeren Städten, eine interne Schutzmöglichkeit i. S. v. § 3e Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative AsylG finden kann.

In den Städten Pakistans - vor allem in den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Karachi, Peshawar oder Multan - leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande. In einem flächen- und bevölkerungsmäßig großen Land wie Pakistan ohne funktionierendem Meldewesen ist es grundsätzlich möglich, bei Aufenthaltsnahme in einer der größeren Städte dauerhaft der Aufmerksamkeit der lokalen Behörden zu entgehen (Auswärtiges Amt, Stellungnahme an VG Leipzig vom 15.1.2014). Gemäß der Auskunft von Accord vom 5. Februar 2015 führt der Ermittlungsbericht des Vertrauensanwalts der österreichischen Botschaft in Islamabad vom Juli 2013 aus, dass selbst eine Person, die von einem Konfliktherd mit Taliban fliehe, relativ sicher in einer pakistanischen Stadt in den Provinzen Sindh oder Punjab leben könne. Hinsichtlich der Sicherheit würden in Pakistan - schon aufgrund der Größe des Landes - interne Fluchtalternativen bestehen (http://www.ecoi.net/local_link/296558/432819_de.html) (vgl. allgemein zur Annahme einer inländischen Fluchtalternative in Pakistan : VG Augsburg, U. v. 30.3.2015 - Au 3 K 14.30437 juris Rn. 49ff; VG Regensburg, U. v. 9.1.2015 - RN 3 K 14.30674 - juris Rn. 23; VG Köln, U. v. 10.9.2014 - 23 K 6317/11.A - juris Rn. 25; VG Ansbach, U. v. 7.8.2014 - AN 11 K 14.30589 - juris Rn. 27-29; U. v. 10.12.2013 - RN 3 K 13.30374 - juris Rn. 30).

Der Kläger hat bisher weder erfolglos versucht, eine solche wahrzunehmen, noch wäre er im Fall einer solchen Niederlassung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einer weiteren Verfolgung - sei es einer kriminellen oder als Christ - ausgesetzt. Nach den Ausführungen des Klägers bei seiner informatorischen Anhörung verließ er nach den Drohungen mit seiner Familie fünf bis sechs Monate Gujranwala und hielt sich in dieser Zeit bei Verwandten in anderen Orten auf. Danach kehrte die Familie zurück nach Gujranwala; auch die Ehefrau und die Töchter des Klägers wohnen weiterhin in Gujranwala, lediglich der Stadtteil wurde gewechselt. Bereits durch die Abwesenheit des Klägers und die Nichtbenutzung des Handys hörten die Bedrohungen des Klägers während seiner Abwesenheit aus Gujranwala auf. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger, sobald er Gujranwala verlässt und sich in ausreichender Entfernung niederlässt, der kriminellen Verfolgung, der er in Gujranwala ausgesetzt war, erfolgreich entgehen kann. Insbesondere die Tatsache, das der Kläger selbst bei der Unterkunft bei Verwandten - und daher der nächstliegenden Fluchtalternative - von seinen Verfolgern nicht mehr aufgespürt wurde, widerspricht im Übrigen der Annahme der Bevollmächtigten („Kleine Welt Prinzip“), dass ein weiteres Aufspüren des Kläger durch seine Verfolger konkret zu befürchten ist. Auch ist eine neuerliche Verfolgung des Klägers an anderen Orten Pakistans - wie von dem Kläger unterstellt - nicht hinreichend wahrscheinlich. Eine solche Verfolgungsdichte besteht für Christen in Pakistan gerade nicht (s.o.). Im Übrigen hat der Kläger weder einen Anspruch darauf, dass die inländische Fluchtalternative ihm völlige Sicherheit vor krimineller Verfolgung gewährt, noch dass sie ihm den bisherige Wohlstand bietet; vielmehr muss ihm nur eine ausreichende Existenzgrundlage zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15712; U. v. 29.5.2008 - 10 C 11/07 - jeweils juris). Das Gericht geht davon aus, dass dem Kläger ein Ausweichen auf andere Landesteile Pakistans auch mit seiner Familie möglich wäre. Für den Kläger als gesunden, arbeitsfähigen und berufserfahrenen Mann ist es möglich, auch mit seiner Ehefrau, die als Hebamme erfolgreich tätig ist, sich in anderen Landesteilen unbehelligt aufzuhalten und ein ausreichendes Einkommen zu finden. Darüber hinaus hat der Kläger auch Familie in Pakistan, die ihn unterstützen kann.

Dass der Kläger darüber hinaus wohl keinen ausreichenden staatlichen Schutz gegen mögliche Übergriffe erlangen kann (vgl. § 3 e Abs. 1 Nr. 1 2. Alternative AsylG), ist daher nicht ausschlaggebend.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AsylG. Nach § 4 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiärer Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG; vgl. § 60 Abs. 3 AufenthG a. F.), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG; vgl. § 60 Abs. 2 AufenthG a. F.) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG; vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F.). Für die Zuerkennung subsidiären Schutzes im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG gelten nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend. Damit werden die dortigen Bestimmungen über den Vorverfolgungsmaßstab, Nachfluchtgründe, Verfolgungs- und Schutzakteure und internen Schutz als anwendbar auch für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erklärt.

Die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG, hat der Kläger weder geltend gemacht, noch liegen Anhaltspunkte hierfür vor.

Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG sind im Fall des Klägers nicht erfüllt. Der Kläger muss die Umstände und Tatsachen, die für die von ihm befürchtete Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung maßgeblich sind, von sich aus konkret, in sich stimmig und erschöpfend vortragen (vgl. Art. 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Buchst. c Richtlinie 2011/95/EU, § 25 Abs. 2 AsylG). Ihn trifft insoweit eine Darlegungslast (vgl. Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 2009, S. 762).

Selbst bei Wahrunterstellung der weiterhin bestehenden Verfolgung des Klägers durch kriminelle Dritte und einer entsprechend erheblichen Gefahr steht dem Kläger eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung (.s.o.).

Im Fall des Klägers ist auch nicht davon auszugehen, dass er als Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt wäre, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Die allgemeine Gefahr, die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgeht, kann sich individuell so verdichten, dass sie eine ernsthafte individuelle Bedrohung darstellt. Voraussetzung hierfür ist eine außergewöhnliche Situation, die durch einen so hohen Gefährdungsgrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer solchen Bedrohung ausgesetzt ist. Bezüglich der Gefahrendichte ist auch weiterhin auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen, in die ein Kläger typischerweise zurückkehren wird (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U. v. 14.7.2009 - 10 C 9.08; U. v. 21.4.2009 - 10 C 11/08; U. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10; U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - jeweils juris; VG München, U. v. 12.5.2014 - M 23 K 13.31161 - juris Rn. 26ff).

In Pakistan liegt gegenwärtig weder im gesamten Staatsgebiet noch in der Provinz Punjab ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vor. Dieser Begriff ist völkerrechtlich zu verstehen und setzt eine gewisse Qualität voraus (vgl. BVerwG, U. v. 24.6.2008 - 10 C 44/07). Ein solcher Konflikt liegt nicht vor, wenn es sich nur um innere Unruhen und Spannungen handelt wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche Handlungen. Der Konflikt muss ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen. Pakistan ist von einer erheblichen terroristischen Bedrohung durch die Taliban und andere islamistisch-extremistische Gruppen konfrontiert (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Pakistan - Lagebericht -, Stand Juli 2015, S. 5, 22). Zwar war es 2009 der Armee gelungen, die Taliban wieder aus dem von diesen zeitweilig kontrollierten Swat-Tal und aus Süd-Wasiristan zu vertreiben. Seit 2014 ist ein groß angelegte Operation der Sicherheitskräfte in Nord-Wasiristan und benachbarten Regionen der sogenannten Stammesgebiete (Federally Administered Tribal Areas - FATA) im Gange, die das Ziel hat, Militanz und Terrorismus zu zerschlagen und die vollständige Kontrolle des Staates über die Stammesgebiete wiederherzustellen. Die Taliban und andere militante Gruppen verüben jedoch weiterhin auch in den übrigen Teilen des Landes, insbesondere in Belutschistan, in Khyber Pakhtunkhwa und in der Wirtschaftsmetropole Karachi regelmäßig Anschläge. 2014 kamen bei Terroranschlägen landesweit ca. 1750 Menschen ums Leben. (vgl. Lagebericht, S. 5, 22). Das österreichische Bundesasylamt hat in seinem „Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan 2013“ speziell zum Punjab (Seite 28 f.) u. a. ausgeführt, dass dieser (mit geschätzt 91 Millionen Einwohnern) als sicher gelte, vereinzelte Anschläge kämen vor. Es gäbe aber einen Rückgang der Sicherheitsvorfälle im Punjab. Im Jahr 2012 hätten 17 Anschläge stattgefunden, was einen Rückgang von 43 Prozent zum Vorjahr ausmache. Es seien dabei 75 Menschen, darunter 51 Zivilisten, ums Leben gekommen. Betroffen seien insbesondere Lahore (6 Anschläge), Rawalpindi (3), Multan (2 ohne Tote), Gujrat (2), vier weitere Distrikte hätten einen Anschlag erlebt, einer davon mit 21 Todesopfern, drei Distrikte davon ohne Tote und Verletzte. In den übrigen 28 der 36 Distrikte seien 2012 keine Anschläge zu verzeichnen gewesen. Ein dauerhafter bewaffneter Konflikt liegt hierin nicht, da die Taliban und andere Jihadisten bei realistischer Einschätzung militärisch nicht dazu in der Lage sind, die Macht in Pakistan oder in relevanten Landesteilen erlangen zu können. Sie genießen auch in weiten Teilen der Bevölkerung keinen Rückhalt. Die Auseinandersetzungen sind nicht so intensiv und dauerhaft, dass man von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt sprechen könnte. Es ist auch nicht glaubhaft vorgebracht, dass sich die politischen Auseinandersetzungen aktuell so verschärft haben, dass von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt auszugehen ist (vgl. VG Augsburg, U. v. 30.3.2015 - Au 3 K 14.30437 - juris Rn. 56ff, VG Regensburg, U. v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 28).

Selbst wenn man das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts bejahen würde, bestünde keine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben des Klägers. Die Gefahrendichte in Pakistan und auch im Punjab ist nicht so hoch, dass dort praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist. Wie ausgeführt betreffen die Terroranschläge weite Teile des Staatsgebiets und des Punjabs nicht. Der regionale Schwerpunkt terroristischer Anschläge liegt sehr deutlich in Khyber-Pakhtunkhwa, den Stammesgebieten FATA und in Belutschistan (vgl. Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes vom 4.10.2013). Bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung von ca. 172 Mio. Menschen in Pakistan und ca. 91 Mio. Bewohnern in der Provinz Punjab (jeweils nach www.wikipedia.de), ist das Risiko, Schaden an Leib oder Leben durch Anschläge zu erleiden, verschwindend gering. Die Gefahrendichte ist nicht so hoch, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist. Eine individuelle Bedrohung des Klägers besteht auch nicht unter Berücksichtigung individueller gefahrerhöhender Umstände. Es ist nicht glaubhaft dargelegt, dass ihm bei einer Rückkehr nach Pakistan eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben droht. Das Risiko eines Rückkehrers, möglicherweise Opfer krimineller Übergriffe zu werden, ist Ausfluss der allgemeinen Sicherheitslage und beruht nicht auf individuellen Aspekten (vgl. VG Augsburg, U. v. 30.3.2015 - Au 3 K 14.30437 - juris Rn. 56ff, VG Regensburg, U. v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 29).

Ein Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG besteht ebenfalls nicht. Es wird insoweit Bezug genommen auf die Ausführungen des gegenständlichen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG). Der volljährige, arbeitsfähige Kläger - der über einen Familienverband verfügt - ist in der Lage in Pakistan seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Soweit der Kläger geltend macht, dass ihm im Falle der Rückkehr nach Pakistan erhebliche konkrete Gefahren für Leib und Leben im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG drohen, muss er sich auch insoweit zumindest auf die bestehende Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes (innerstaatliche Fluchtalternative) verweisen lassen.

Auch gegen die auf § 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG und § 36 Abs. 1 AsylG gestützte Abschiebungsandrohung bestehen keine Bedenken.

Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 AufenthG. Das Bundesamt entscheidet insoweit nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. § 75 Nr. 12 AufenthG in Verbindung mit § 11 Abs. 2 AufenthG). Das Gericht hat entsprechend § 114 Satz 1 VwGO daher nur zu prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Entscheidung, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, ist grundsätzlich ermessensfehlerfrei möglich, da die Länge der Frist in der Mitte des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgezeigten Rahmens von 60 Monaten liegt (vgl. VG Würzburg, Gerichtsbescheid vom 8.12.2015 - W 6 K 15.30722 - juris Rn. 25 m. w. N.). Besondere Anhaltspunkte für ein Abweichen hiervon liegen bei dem Kläger nicht vor. Lediglich die Tatsache, dass der Kläger sich in der Bundesrepublik Deutschland integriert und einen unbefristeten Arbeitsvertrag inne hat, genügt hierzu nicht. Im Übrigen kann der Kläger durch eine freiwillige Ausreise dem Wiedereinreiseverbot entgehen.

Die Klage war daher vollumfänglich abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 19. Mai 2016 - M 23 K 14.31121

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 19. Mai 2016 - M 23 K 14.31121

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht München Urteil, 19. Mai 2016 - M 23 K 14.31121 zitiert 28 §§.

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 36 Verfahren bei Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und bei offensichtlicher Unbegründetheit


(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche. (2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Ent

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(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

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(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3e Interner Schutz


(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und2. sicher und legal in diesen Landesteil r

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3b Verfolgungsgründe


(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen: 1. der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;2. der Begrif

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Die Verfolgung kann ausgehen von 1. dem Staat,2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließl

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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3d Akteure, die Schutz bieten können


(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden 1. vom Staat oder2. von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,sofern sie willens und in d

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 76 Einzelrichter


(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist od

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(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über W

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(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfun

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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen folgende Aufgaben: 1. Koordinierung der Informationen über den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur

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(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.

(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG.

2

Der 1972 geborene Kläger wurde im November 2004 in M. aufgegriffen und beantragte daraufhin Asyl. Zur Begründung gab der Kläger an, er habe sich am bewaffneten Kampf der PKK beteiligt. Im Juni 1991 sei er festgenommen und einen Monat lang von türkischen Sicherheitskräften unter Folter verhört worden. Nach seiner Verurteilung zu zwölfeinhalb Jahren Haft sei er bis Dezember 2000 weiter im Gefängnis gewesen und dann vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Anschließend habe er sich erneut der PKK angeschlossen. Später habe er an deren politischer Linie gezweifelt und sich im Juli 2004 von der PKK getrennt. In der Türkei sei sein Leben trotz des Reuegesetzes gefährdet gewesen, da er keinen Wehrdienst abgeleistet und deswegen gesucht worden sei. Zudem hätten die Sicherheitskräfte erfahren, dass er sich nach seiner Entlassung aus der Haft wieder der PKK angeschlossen habe.

3

Der Kläger hat dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt) unter anderem die Kopie eines Urteils des Staatssicherheitsgerichts D. vom 24. Januar 1992 übergeben, wonach er u.a. wegen "Mitgliedschaft in der illegalen Organisation PKK" gemäß § 168/2 tStGB zu einer Haftstrafe von 12 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden ist. Das Auswärtige Amt bestätigte die Echtheit der Urkunden und teilte mit, dass nach dem Kläger in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der PKK gefahndet werde. Sein Bruder habe ausgesagt, dass der Kläger sich nach der Entlassung aus der Strafhaft wieder der PKK angeschlossen habe. Außerdem sei bekannt, dass er sich in einem Ausbildungscamp im Iran aufgehalten habe. Würde er wegen Mitgliedschaft in der PKK zu einer Haftstrafe verurteilt, würde zusätzlich die auf Bewährung ausgesetzte Reststrafe vollstreckt werden.

4

Mit Bescheid vom 28. Juli 2005 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG offensichtlich nicht und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, und drohte dem Kläger für den Fall nicht fristgerechter Ausreise die Abschiebung in die Türkei an. Der Asylantrag sei gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG offensichtlich unbegründet, da der Kläger eine schwere nichtpolitische Straftat begangen und den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider gehandelt habe. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG lägen nicht vor.

5

Im Klageverfahren hat der Kläger seinen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter nicht weiter verfolgt. Mit Urteil vom 22. November 2005 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Flüchtlingsanerkennung des Klägers verpflichtet. Im Berufungsverfahren hat das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz mitgeteilt, der Kläger sei im Bundesgebiet für die Nachfolgeorganisation der PKK, den KONGRA-GEL aktiv und habe im Januar 2005 an einer Aktivistenversammlung in N. teilgenommen. Er habe im Jahr 2006 als Leiter des KONGRA-GEL in Offenbach fungiert und ab diesem Zeitpunkt eine Kontrollfunktion innerhalb des KONGRA-GEL in A. ausgeübt. Der Kläger hat das bestritten.

6

Mit Urteil vom 21. Oktober 2008 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger nach Rückkehr in die Türkei gemäß § 314 Abs. 2 tStGB 2005 zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und die Aussetzung der Vollstreckung des Strafrests widerrufen würde. Auch wenn dies politische Verfolgung darstellen sollte, stünde § 3 Abs. 2 AsylVfG der Flüchtlingsanerkennung entgegen. Die terroristischen Taten der PKK seien als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzusehen, stellten schwere nichtpolitische Straftaten dar und stünden in Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen. Der Kläger habe sich daran zumindest "in sonstiger Weise" beteiligt. Selbst wenn für das Vorliegen von Ausschlussgründen gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG von dem Ausländer weiterhin eine Gefahr ausgehen müsse, sei das beim Kläger der Fall. Denn er habe sich weder äußerlich von der PKK abgewandt noch innerlich von seiner früheren Verstrickung in den Terror gelöst. Dahinstehen könne, ob § 3 Abs. 2 AsylVfG eine Verhältnismäßigkeitsprüfung voraussetze, denn der Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung bedeute keine unbillige Härte für den Kläger.

7

Abschiebungshindernisse lägen nicht vor. Die Todesstrafe sei in der Türkei vollständig abgeschafft. Wegen der dem Kläger in der Türkei drohenden langjährigen Haftstrafe sei ausgeschlossen, dass er im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG einer erheblichen individuellen Gefahr ausgesetzt sei. Ein Abschiebungsverbot ergebe sich auch nicht aus § 60 Abs. 2 AufenthG und § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK. Zwar greife zugunsten des Klägers, der im Anschluss an seine Festnahme im Juni 1991 Folter erlitten habe, die Beweiserleichterung des § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Dennoch sprächen aufgrund der Angaben des Auswärtigen Amtes sowie türkischer Menschenrechtsorganisationen stichhaltige Gründe dagegen, dass er bis zum Abschluss des Strafverfahrens Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten habe. Misshandlungen durch türkische Sicherheitskräfte lägen ganz überwiegend Fälle zugrunde, in denen sich der Betroffene nicht offiziell in Gewahrsam befunden habe; das wäre beim Kläger jedoch der Fall. Angesichts bereits vorhandener Beweise bestünde auch keine Notwendigkeit, durch Folter ein Geständnis zu erzwingen. Schließlich lebten in seiner Heimat zahlreiche Personen, die sich seiner annehmen und ihm bereits bei seiner Ankunft anwaltlichen Beistand verschaffen könnten. Zudem würden die PKK oder andere prokurdische Organisationen das Schicksal des Klägers verfolgen und etwaige Übergriffe auf seine Person publik machen. Ein Schutz durch "Herstellen von Öffentlichkeit" lasse sich zwar nicht während der gesamten Dauer der Strafhaft gewährleisten. Aber auch für diese Zeitspanne sprächen stichhaltige Gründe dagegen, dass der Kläger, der in einem Gefängnis des Typs F untergebracht würde, Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen ausgesetzt sein würde, die irreparable körperliche oder seelische Folgen nach sich ziehen könnten. Dahinstehen könne, ob das auch für unter dieser Schwelle liegende Maßnahmen gelte, denn derartige Umstände stünden einer Abschiebung des Klägers in die Türkei als Unterzeichnerstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 3 EMRK stehe bei einer Abschiebung in einen Signatarstaat dessen eigene Verantwortung für die Einhaltung der Konventionsrechte im Vordergrund. Eine Mitverantwortung des abschiebenden Landes bestehe nur, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohten und effektiver Rechtsschutz - auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - nicht rechtzeitig zu erreichen sei. Diese Voraussetzungen lägen angesichts der Verhältnisse in der Türkei nicht vor. Da sich Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG an Art. 3 EMRK orientiere, beanspruchten diese Grundsätze auch im Rahmen des § 60 Abs. 2 AufenthG Geltung. Stünden im Herkunftsland ausreichende und effektive Möglichkeiten zur Abwehr drohender Gefahren zur Verfügung, benötige der Betreffende keinen internationalen Schutz. Auch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG greife nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision - beschränkt auf das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 2 AufenthG - zugelassen.

8

Mit der Revision rügt der Kläger vor allem eine Verletzung des § 60 Abs. 2 AufenthG. Das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Beweiswürdigung die Quellen selektiv ausgewertet und zu Lasten des Klägers ohne Aufklärung unterstellt, dass seine Familie einen Rechtsanwalt besorgen könne und die Nachfolgeorganisationen der PKK für ihn Öffentlichkeitsarbeit machen würden. Angesichts der umfassenden Geltung des Art. 3 EMRK reiche die Erkenntnislage nicht aus, um ein Abschiebungshindernis auszuschließen. Insofern werde auch eine Gehörsverletzung gerügt, denn wenn das Gericht zu erkennen gegeben hätte, dass es aus tatsächlichen Gründen für den Kläger keine Gefahr einer Misshandlung sehe, hätte der Kläger dazu weiter vorgetragen und Beweisanträge gestellt. Schließlich sei die Auslegung der in Art. 17 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltenen Ausschlussgründe ungeklärt.

9

Innerhalb der bis einschließlich 4. Juni 2009 verlängerten Revisionsbegründungsfrist ist der Begründungsschriftsatz nicht vollständig per Fax eingegangen. Die Bevollmächtigte des Klägers hat Wiedereinsetzung beantragt und zur Begründung Probleme bei der Faxübertragung geltend gemacht.

10

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen des Berufungsgerichts seien einer Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Nicht ersichtlich sei, warum der Kläger angesichts der tatsächlichen Würdigung des Berufungsgerichts nicht den Schutz seines Heimatlandes durch Anrufung türkischer Gerichte bzw. eine Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Anspruch nehmen könne.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision hat Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), da er bei der Prüfung des in § 60 Abs. 2 AufenthG enthaltenen Abschiebungsverbots diejenigen erniedrigenden Behandlungsmaßnahmen übergangen hat, die keine irreparablen oder sonst schweren körperlichen und seelischen Folgen hinterlassen. Der Senat kann über das geltend gemachte Abschiebungsverbot mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts weder in positiver noch in negativer Hinsicht abschließend selbst entscheiden. Daher ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

12

1. Die Revision ist zulässig. Wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren, da seine Prozessbevollmächtigte ohne Verschulden verhindert war, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten. Diese durfte nach mehreren nur teilweise erfolgreichen Versuchen einer Faxübertragung infolge der fernmündlich erteilten unrichtigen Auskunft des Gerichtspförtners, es seien alle Seiten angekommen, davon ausgehen, dass der Revisionsbegründungsschriftsatz innerhalb der Frist vollständig eingegangen sei.

13

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die unionsrechtlich vorgezeichneten Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG. Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Beschränkung der Revisionszulassung auf das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG erweist sich als unwirksam. Denn der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Verpflichtung zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG (entsprechend den Voraussetzungen für den subsidiären Schutz in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - ABl EU Nr. L 304 S. 12; ber. ABl EU vom 5. August 2005 Nr. L 204 S. 24) bildet nach dem dafür maßgeblichen materiellen Recht einen einheitlichen Streitgegenstand bzw. selbständigen Streitgegenstandsteil (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 ). Die Revisionszulassung kann daher nicht wirksam auf einzelne materielle Anspruchsgrundlagen dieses einheitlichen prozessualen Anspruchs beschränkt werden (vgl. Urteil vom 1. April 1976 - BVerwG 2 C 39.73 - BVerwGE 50, 292 <295>; BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 2/04 - NJW-RR 2007, 182 <183>).

14

Für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens, das auf Feststellung der Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG zielt, ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Berufungsinstanz am 15. Oktober 2008 abzustellen. Deshalb sind die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162) von Bedeutung, die - soweit hier einschlägig - auch derzeit noch unverändert gelten und die Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - berücksichtigen.

15

3. Gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Mit diesem durch das Richtlinienumsetzungsgesetz ergänzten Abschiebungsverbot, das bereits in § 53 Abs. 1 AuslG 1990 und § 53 Abs. 4 AuslG 1990 i.V.m. Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685 - EMRK) enthalten war, wird Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG umgesetzt. Die Europäische Kommission hat sich bei der Formulierung dieser Richtlinienbestimmung an Art. 3 EMRK orientiert und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Bezug genommen (Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen vom 12. September 2001 KOM(2001) 510 endgültig S. 6, 30).

16

Die Vorschriften zum subsidiären Schutz sind im Aufenthaltsgesetz insoweit "überschießend" umgesetzt worden, als die in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltenen Varianten des ernsthaften Schadens in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG als absolute Abschiebungsverbote ausgestaltet worden sind. Denn die in Art. 17 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausschlussgründe greifen nach nationalem Recht gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG erst auf einer nachgelagerten Ebene als Versagungsgründe für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Daher kommt es entgegen der Annahme der Revision auf die Interpretation der Ausschlussgründe gemäß Art. 17 der Richtlinie im vorliegenden Fall nicht an.

17

Bei der Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG ist der während des Revisionsverfahrens in Kraft getretene Art. 19 Abs. 2 der Grundrechte-Charta (ABl EU 2010 Nr. C 83 S. 389 - GR-Charta) als verbindlicher Teil des primären Unionsrechts (Art. 6 Abs. 1 EUV) zu berücksichtigen. Danach darf niemand in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Die Vorschrift gilt nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach den gemäß Art. 52 Abs. 7 GR-Charta bei ihrer Auslegung gebührend zu berücksichtigenden Erläuterungen (ABl EU 2007 Nr. C 303 S. 17 = EuGRZ 2008, 92) wird durch diese Bestimmung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK in Auslieferungs-, Ausweisungs- und Abschiebungsfällen übernommen.

18

a) Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Prüfung des § 60 Abs. 2 AufenthG in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Kläger vor seiner Ausreise in der Türkei gefoltert worden ist. Dennoch hat das Berufungsgericht seiner Prognose den Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit und nicht den sog. herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab hinreichender Sicherheit zugrunde gelegt. Es hat aber zugunsten des Klägers die in Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltene Beweiserleichterung angewendet (UA Rn. 90). Das hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.

19

Gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG gilt für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG u.a. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird.

20

Diese Vorschrift greift sowohl bei der Entscheidung über die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz für einen Vorverfolgten (bzw. von Verfolgung unmittelbar Bedrohten) als auch bei der Prüfung der Gewährung subsidiären Schutzes zugunsten desjenigen, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. davon unmittelbar bedroht war. In beiden Varianten des internationalen Schutzes privilegiert sie den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wie er in der deutschen asylrechtlichen Rechtsprechung entwickelt worden ist. Das ergibt sich neben dem Wortlaut auch aus der Entstehungsgeschichte des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Denn die Bundesrepublik Deutschland konnte sich mit ihrem Vorschlag, zwischen den unterschiedlichen Prognosemaßstäben der beachtlichen Wahrscheinlichkeit und der hinreichenden Sicherheit zu differenzieren, nicht durchsetzen (vgl. die Beratungsergebnisse der Gruppe "Asyl" vom 25. September 2002, Ratsdokument 12199/02 S. 8 f.). Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sind.

21

Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG ist Ausdruck des auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylgrundrecht zugrunde liegenden Gedankens, die Zumutbarkeit der Rückkehr danach differenzierend zu beurteilen, ob der Antragsteller bereits verfolgt worden ist oder nicht (grundlegend BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147, 181, 182/80 - BVerfGE 54, 341 <360 f.>; dem folgend Urteil vom 31. März 1981 - BVerwG 9 C 237.80 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 27; stRspr). Die Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt (Urteil vom 18. Februar 1997 - BVerwG 9 C 9.96 - BVerwGE 104, 97 <101 ff.>), beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen (Urteil vom 27. April 1982 - BVerwG 9 C 308.81 - BVerwGE 65, 250 <252>). Zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal der Verfolgung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden - auch seelischen - Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden (Urteil vom 18. Februar 1997 - BVerwG 9 C 9.96 - a.a.O. S. 99). Diese zum Asylgrundrecht entwickelte Rechtsprechung (zusammenfassend Urteile vom 25. September 1984 - BVerwG 9 C 17.84 - BVerwGE 70, 169 <170 f.> und vom 5. November 1991 - BVerwG 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162 <169 f.>) wurde auf den Flüchtlingsschutz (Abschiebungsschutz aus politischen Gründen) gemäß § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (Urteil vom 3. November 1992 - BVerwG 9 C 21.92 - BVerwGE 91, 150 <154 f.>), nicht jedoch auf die Abschiebungsverbote des § 53 AuslG 1990 übertragen (vgl. Urteile vom 17. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 9.95 - BVerwGE 99, 324 <330> zu § 53 Abs. 6 AuslG und vom 4. Juni 1996 - BVerwG 9 C 134.95 - InfAuslR 1996, 289 zu § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK).

22

Die Richtlinie 2004/83/EG modifiziert diese Nachweiserleichterung in Art. 4 Abs. 4: Zum einen wird ihr Anwendungsbereich über den Flüchtlingsschutz hinaus auf alle Tatbestände des unionsrechtlich geregelten subsidiären Schutzes ausgeweitet. Sie erfasst demzufolge auch das im vorliegenden Fall zu prüfende Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG. Zum anderen bleibt der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Vorverfolgung oder einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 der Richtlinie erlitten hat (vgl. EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - Rs. C-175/08 u.a., Abdulla - Rn. 84 ff. zum Widerruf der Flüchtlingsanerkennung). Der in dem Tatbestandsmerkmal "... tatsächlich Gefahr liefe ..." des Art. 2 Buchst. e der Richtlinie enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab ("real risk"; vgl. nur EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - NVwZ 2008, 1330 ); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (Urteil vom 18. April 1996 - BVerwG 9 C 77.95 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 4; Beschluss vom 7. Februar 2008 - BVerwG 10 C 33.07 - ZAR 2008, 192 stRspr).

23

Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG privilegiert den Vorverfolgten bzw. Geschädigten auf andere Weise: Wer bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - Rs. C-175/08 u.a., Abdulla - Rn. 92 ff.). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - a.a.O. Rn. 128 m.w.N.). Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung. Die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG kann im Einzelfall selbst dann widerlegt sein, wenn nach herkömmlicher Betrachtung keine hinreichende Sicherheit im Sinne des herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabes bestünde. Dieser Maßstab hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung (mehr).

24

b) Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung, ob stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass der Kläger während der Strafhaft erniedrigenden Behandlungen ausgesetzt sein wird, den Maßstab des § 60 Abs. 2 AufenthG auf diejenigen tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen verengt, die irreparable körperliche oder seelische Folgen nach sich ziehen können, zur Verursachung bleibender Schäden geeignet oder aus sonstigen Gründen als gravierend anzusehen sind (UA Rn. 106). Erniedrigende Behandlungsmaßnahmen im Sinne des Art. 3 EMRK, die keine irreparablen oder sonst schweren Folgen hinterlassen, hat es bei der Prognoseerstellung ausdrücklich nicht geprüft (UA Rn. 111). Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof die eigene Verantwortung der Türkei als Signatarstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention betont und daraus gefolgert, dass sich der Kläger darauf verweisen lassen müsse, seine Rechte gegen diese Arten von Konventionsverletzungen in der Türkei und von der Türkei aus selbst zu verfolgen (UA Rn. 112). Diese Annahme verletzt Bundesrecht.

25

Die Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG hat sich nach den unionsrechtlichen Vorgaben - wie oben bereits ausgeführt - an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK zu orientieren. Dieser betont in seinen Entscheidungen zur Verantwortlichkeit eines Vertragsstaates für die mittelbaren Folgen einer Abschiebung, wenn dem Betroffenen im Zielstaat Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, immer wieder den absoluten und ausnahmslosen Schutz des Art. 3 EMRK (EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - Nr. 1/1989/161/217, Soering - NJW 1990, 2183 ; vom 15. November 1996 - Nr. 70/1995/576/662, Chahal - NVwZ 1997, 1093 und vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - a.a.O. ). Damit erweist es sich als unvereinbar, den Schutzbereich des Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG zu verengen, und bei einer Abschiebung in einen Signatarstaat der Konvention erniedrigende Behandlungsmaßnahmen von vornherein auszunehmen, die keine irreparablen oder sonst schweren Folgen hinterlassen. Sonst käme Rechtsschutz durch türkische Gerichte oder den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu spät und könnte eine bereits eingetretene Rechtsverletzung nicht ungeschehen machen. Das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG gilt mithin uneingeschränkt auch bei der Abschiebung in einen Signatarstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention.

26

Der Verwaltungsgerichtshof beruft sich für seine Auffassung zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 53 Abs. 4 AuslG 1990 (nunmehr: § 60 Abs. 5 AufenthG) i.V.m. Art. 3 EMRK. Der damals für die Feststellung von Abschiebungshindernissen durch das Bundesamt zuständige 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat entschieden, dass eine Mitverantwortung des abschiebenden Vertragsstaates, den menschenrechtlichen Mindeststandard in einem anderen Signatarstaat als Zielstaat der Abschiebung zu wahren, nur dann besteht, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohen und effektiver Rechtsschutz - auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen ist (Urteil vom 7. Dezember 2004 - BVerwG 1 C 14.04 - BVerwGE 122, 271 <277>). Dieser Rechtssatz schränkt jedoch nicht den Schutzbereich des Art. 3 EMRK ein. Vielmehr werden - insbesondere mit Blick auf die von dem damaligen Kläger angeführten Haftbedingungen in der Türkei - nur Maßnahmen erfasst, die erst durch Zeitablauf oder Wiederholung in den Tatbestand einer erniedrigenden Behandlung und damit den Schutzbereich des Art. 3 EMRK hineinwachsen. Nur in derartigen Fällen kann der Betroffene auf Rechtsschutz im Abschiebezielstaat oder durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verwiesen werden.

27

4. Das Berufungsgericht hat die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 3 und Abs. 7 Satz 2 AufenthG geprüft und aus tatsächlichen Gründen abgelehnt (UA Rn. 86 f.). Dagegen bestehen aus revisionsgerichtlicher Sicht keine Bedenken.

28

5. Der Senat kann über das geltend gemachte Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts weder zugunsten noch zulasten des Klägers abschließend entscheiden. Die Sache ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Damit bedarf es keiner Entscheidung über die Gehörsrüge. Der Senat bemerkt aber dazu, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht gegen das Verbot einer Überraschungsentscheidung verstoßen hat. Denn grundsätzlich ist ein Gericht nicht verpflichtet, die abschließende Sachverhalts- und Beweiswürdigung vorab mit den Beteiligten zu erörtern (Beschlüsse vom 21. Januar 2000 - BVerwG 9 B 614.99 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 46 und vom 26. November 2001 - BVerwG 1 B 347.01 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 52; stRspr). Etwas anderes gilt nur dann, wenn es einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (vgl. Urteil vom 10. April 1991 - BVerwG 8 C 106.89 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 235). Dafür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich, da der Kläger selbst in der Berufungsbegründung zur Gefahr der Folter in der Türkei vorgetragen hatte.

29

Der Verwaltungsgerichtshof wird in dem neuen Berufungsverfahren die Prognose, ob die konkrete Gefahr besteht, dass der Kläger in der Türkei der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen wird, auf aktueller tatsächlicher Grundlage erneut stellen müssen. Dabei besteht auch Gelegenheit, dem Vorbringen des Klägers weiter nachzugehen, dass die ihn belastende Aussage seines Bruders die Gefahr von Folter nicht ausschließe. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände im Rahmen der tatsächlichen Feststellung, ob die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG widerlegt ist, kann das Berufungsgericht auch der Tatsache Bedeutung beimessen, dass die Türkei als Abschiebezielstaat ein Vertragsstaat der Konvention ist, der sich verpflichtet hat, die darin garantierten Rechte und Grundsätze zu achten. Die Berücksichtigung dieses Umstands im Rahmen der Prognose entspricht ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK (Entscheidungen vom 7. Oktober 2004 - Nr. 33743/03, Dragan - NVwZ 2005, 1043 <1045> und vom 15. Dezember 2009 - Nr. 43212/05, Kaplan - ) und ist durch Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG mit dem darin enthaltenen Kriterium ausreichender Schutzgewährleistung abgedeckt.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. April 2014 - A 12 K 2210/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am xx.xx.1983 geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Pakistan. Er kam nach seinen Angaben am 08.02.2012 mit dem Schiff in die Bundesrepublik Deutschland und stellte am 27.02.2012 einen Asylantrag. Zur Begründung machte er geltend: Er habe in Pakistan Probleme gehabt, weil er mit Christen in die Kirche gegangen sei und Christ habe werden wollen. Weiter legte er Informationsmaterial und eine Bescheinigung der Gemeinschaft Entschiedener Christen in H. vom 11.05.2013 und eine Bescheinigung von xxx in H. vom 07.05.2013 vor. Wegen weiterer Einzelheiten seines Vorbringens verweist der Senat auf die Niederschrift seiner Anhörung durch das Bundesamt vom 15.05.2013.
Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 20.06.2013 den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, und drohte die Abschiebung nach Pakistan an.
Am 28.06.2013 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart und berief sich darauf, dass er zwischenzeitlich getauft worden sei. Er legte eine Taufkarte vom 02.06.2013, eine Mitgliedskarte des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden vom 28.05.2013, weiteres Informationsmaterial der Gemeinschaft Entschiedener Christen und Informationsmaterial des Immigration and Refugee Board of Canada vom 20.09.2013 vor.
Nach den im Tatbestand des angegriffenen Urteils enthaltenen Feststellungen antwortete der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Fragen des Gerichts, welche Gründe es für ihn gegeben habe, zum Christentum überzutreten und sich taufen zu lassen: Jesus sei wegen ihrer Sünden vom Kreuz gestiegen. Die Muslime hätten kein Opfer gegeben. Er habe die christliche Religion kennengelernt und wisse jetzt alles. Gott habe sich für sie geopfert. Er selbst sei nicht Christ geworden, weil er sich davon Vorteile versprochen habe. Auf die Frage, welche konkreten Gründe er gehabt habe, nach Deutschland zu kommen, antwortete er: In Pakistan sei er drei- bis viermal in der Kirche gewesen. Die Familie habe das nicht gerne gesehen, auch seine Nachbarn nicht. Seine christlichen Freunde hätten gemeint, er solle lieber in ein christliches Land gehen. Ein christlicher Freund habe einen Schlepper gekannt. Später berichtigte der Kläger: Das Geld sei erst bezahlt worden, nachdem es ihm gelungen sei, nach Deutschland zu kommen. Er habe mit dem Freund Cricket gespielt. Sie seien gemeinsam in die Kirche gegangen. Es habe sich um seine - des Klägers - Ersparnisse gehandelt.
Auf Fragen und Vorhalte seines Prozessbevollmächtigten gab der Kläger weiter an: In Pakistan hätten sie ihm gesagt, er sei jetzt ein Nicht-Gläubiger. Er sei geschlagen und bedroht worden. Sie hätten gesagt, es sei besser, ihn zu töten. Geschlagen worden sei er im achten bzw. neunten Monat des Jahres 2012 (gemeint 2011). Er sei unterwegs zum Gottesdienst gewesen. Sie hätten ihn angehalten und gesagt, sie würden ihn schlagen, ihm Fußtritte geben und ihn umbringen. Einmal sei er geschlagen worden. Deswegen sei er dreimal genäht worden. Er sei zu einem Arzt gegangen, einem Dr. N. in seiner Ortschaft. Seine ganze Familie sei gegen ihn. Er habe keine Verbindung mehr mit der Familie. Zu seiner Taufe führte er aus: Dr. S. habe ihn unterrichtet. Er komme einmal in der Woche am Donnerstagnachmittag. X. sei eine Kirche; es gebe um 18:00 Uhr dort Gottesdienst. Dann tränken sie Tee. Samstags um 11:00 Uhr gebe es einen gemeinsamen Gottesdienst mit allen Personen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers führte aus, der Kläger sei als Moslem in Pakistan mit der christlichen Gemeinde in Berührung gekommen. Die Kontakte seien über einen Freund hergestellt worden. Er sei vom christlichen Glauben fasziniert gewesen, nachdem er drei- bis viermal in der Kirche gewesen sei. Er habe dann Probleme mit der Familie bekommen. Aus seiner Sicht sei die Situation für ihn in Pakistan gefährlich. Es habe bei ihm schon in Pakistan eine Festlegung auf das Christentum gegeben. Ein Verzicht auf die Religionsausübung sei nicht Gegenstand von Überlegungen gewesen. Er gehöre der Gemeinschaft Entschiedener Christen in H. an und wolle den Glauben mit allen teilen. Er wollte den Glauben auch in Pakistan weiterleben. Die Abwendung vom muslimischen Glauben sei aus der Sicht der Hitzköpfe verwerflich. Es stelle sich die Frage, ob der Staat hinreichende Schritte unternehme, den Kläger ggf. zu schützen. Aus staatlichen Verfolgungsmaßnahmen könne man schließen, dass der Staat nicht Garant für den Schutz sein könne.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Urteil vom 10.04.2014 wies das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet ab und führte zur Begründung aus: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen nicht vor. Der Kläger habe das Gericht nicht davon überzeugen können, dass er das von ihm geschilderte Schicksal tatsächlich erlitten habe. Denn der Vortrag enthalte wesentliche Ungereimtheiten und widerspreche zum Teil erheblich der allgemeinen Lebenserfahrung. So seien schon die Angaben des Klägers, warum er sich dem Christentum zugewandt habe und schließlich habe taufen lassen, ausgesprochen vage. Bei der Anhörung habe er hierzu nur angegeben, in der Cricketmannschaft seien auch Christen gewesen. Mit ihnen sei er zusammen in die Kirche gegangen. Man habe ihm gesagt, Jesus Christus habe den Leuten die Augen gegeben, er habe die Verstorbenen wieder lebendig gemacht. Daraufhin sei sein Glaube an die christliche Religion sehr stark gewesen. In der mündlichen Verhandlung habe er hierzu auch nicht viel mehr gesagt. Auf die Frage, welche Gründe es für ihn gegeben habe, zum Christentum überzutreten und sich taufen zu lassen, habe er gesagt: Jesus sei wegen ihrer Sünden vom Kreuz gestiegen. Die Muslime hätten kein Opfer gegeben. Er habe die christliche Religion kennengelernt und wisse jetzt alles. Gott habe sich für sie geopfert. Er selbst sei nicht Christ geworden, weil er sich davon Vorteile versprochen habe. Auffallend sei dabei gewesen, dass er bei der Anhörung und auch in der mündlichen Verhandlung zuerst angegeben habe, in Pakistan sei er drei- bis viermal in die Kirche gegangen, im weiteren Verlauf der Anhörung habe er dann gesagt, er sei fünfmal in der Kirche gewesen. Bei einer so geringen Anzahl von Kirchenbesuchen sei davon auszugehen, dass man sich an diese Anzahl besser erinnere, zumal wenn sie zu einem so wesentlichen Schritt führe, wie den Übertritt zu einer anderen Religion. Nicht verständlich seien die Angaben des Klägers zu dem Arzt, zu dem er nach seinen Angaben gegangen sei, nachdem er geschlagen worden sei. Hierzu habe er bei der Anhörung durch das Bundesamt angegeben, er habe Dr. S. geheißen, mehr wisse er nicht; er glaube, er sei in der Rxxx Rxxx in Lahore. In der mündlichen Verhandlung habe er dagegen gesagt, es habe sich um einen Dr. N. in seiner Ortschaft gehandelt. Es widerspreche auch jeder Lebenserfahrung, dass der Kläger trotz der Bedeutung seines Schritts weder gewusst habe, wann er angefangen habe, in Pakistan in die christliche Kirche zu gehen, noch wann sich der Vorfall abgespielt habe, bei dem er geschlagen worden sei. Die Angaben bei der Anhörung hierzu seien äußerst vage gewesen, nämlich "irgendwann im Jahr 2011" bzw. "das sei 2011" gewesen. Wenn sich ein so bedeutsames Ereignis tatsächlich abgespielt gehabt hätte, hätte der Kläger in der Lage sein müssen, dies zeitlich erheblich konkreter einzuordnen. Weiter widerspreche es jeglicher Lebenserfahrung, dass jemand nach wenigen Kirchenbesuchen, auch wenn er einmal geschlagen worden sei, von seinen christlichen Freunden den Rat erhalte, sofort in ein christliches Land zu gehen, und dies auch sofort tue. Immerhin seien 1,6 % der pakistanischen Bevölkerung Christen. Auch sei es dem Kläger wirtschaftlich gut gegangen. Bei der Anhörung habe er insoweit angegeben, er habe gut gearbeitet und habe das Geld gespart, das er für die Ausreise ausgegeben habe. Es könne weiter nicht festgestellt werden, dass für den Kläger allein wegen seiner Zugehörigkeit zu den Christen in Pakistan eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohe. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Pakistan deshalb darüber hinausgehend Gefahr drohe, weil er die Religion gewechselt habe und sich dort als Christ betätigen wolle, seien nicht ersichtlich. Auch sei nicht festzustellen, dass dem Kläger Gefahren im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylVfG oder § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG drohten.
Auf den vom Kläger fristgerecht gestellten Antrag ließ der Senat durch Beschluss vom 11.06.2014 die Berufung insoweit zu, als er die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt und lehnte im Übrigen den Antrag ab.
10 
Am 23.06.2014 hat der Kläger die Berufung unter Stellung eines Antrags begründet. Er führt aus: Das Verwaltungsgericht habe sich auf den Standpunkt gestellt, trotz feststellbarer Verfolgungshandlungen gegen Christen und ungeachtet der Frage, ob der pakistanische Staat im Hinblick auf die Verfolgung von Christen durch nichtstaatliche Akteure tatsächlich gänzlich schutzwillig und schutzfähig sei, hätten die Verfolgungsmaßnahmen nicht ein solches Ausmaß erreicht, dass die strengen Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung angenommen werden könnten; es sei keine hinreichende Verfolgungsdichte feststellbar.
11 
Dieser Auffassung könne nicht gefolgt werden. Nach neueren Erkenntnismitteln habe die Bedrohungslage der Christen in Pakistan jüngst eine neue, noch nicht dagewesene Qualität erreicht. Bereits im Juni 2013 habe der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil bezüglich der Ahmadi in Pakistan von einer prekären, durch Marginalisierung und Armut geprägten und sich zunehmend verschlechternden Lage der Christen in Pakistan gesprochen. Diese Lage habe sich weiter verschlechtert. Vor diesem Hintergrund drohe der Gruppe der Christen in Pakistan, die es nach ihrem Glaubensverständnis für sich als identitätsbestimmend ansähen, ihren Glauben in der Öffentlichkeit zu leben und ihn in diese zu tragen, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung. Der Schutz religiöser Minderheiten sei in der Verfassung festgeschrieben, auch gebe es Quoten für ihre Vertretung in staatlicher Beschäftigung und politischer Vertretung. Ungeachtet dieser Gesetzeslage seien die als solche erkennbaren Christen in Pakistan aber Diskriminierungen ausgesetzt. Diskriminierungen im wirtschaftlichen Bereich, im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt seien verbreitet. Christliche Gemeinden und Institutionen seien Opfer von Landraub durch muslimische Geschäftsleute. Auch der Besitz von geflohenen christlichen Privatpersonen werde von den muslimischen Anwohnern in Besitz genommen. Diskriminierungen und Übergriffe gingen aber nicht nur von privaten Akteuren aus. Es werde von einem Trend zu entschädigungslosen Beschlagnahmen christlicher Friedhöfe und von dem Abriss einer katholischen Einrichtung in Lahore auf Anweisung der örtlichen Regierung im Januar 2012 berichtet. Insbesondere hätten Christen in Pakistan aber schwer unter dem Blasphemiegesetz zu leiden. Zwar gelte das Blasphemiegesetz dem Wortlaut nach unterschiedslos für alle Pakistani. Religiöse Minderheiten seien jedoch besonders betroffen. Zwar sei ein nach dem Blasphemiegesetz verhängtes Todesurteil noch nie vollstreckt worden, allein der Vorwurf der Blasphemie könne jedoch ausreichen, um die soziale Existenz des Beschuldigten und seiner Nachbarn zu zerstören. Ansätze, die darauf abzielten, einen Missbrauch des Blasphemiegesetzes zu verhindern, seien fehlgeschlagen. Ein beträchtlicher Anteil islamischer Kleriker in Pakistan rufe zu Gewalt und Diskriminierung gegen Christen auf. Sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten sei es üblich, über die Lautsprecher von Moscheen dazu zu mobilisieren, gegen religiöse Minderheiten vorzugehen. Ein Vorwurf gegen ein Mitglied der Minderheit genüge, damit sämtliche Angehörige der Minderheit in der betreffenden Gegend als Schuldige betrachtet würden, die bestraft werden müssten. Die National Commission for Justice and Peace habe 2012 elf gezielte Tötungen an Christen registriert. Die Asian Human Rights Commission schätze die Zahl der christlichen Mädchen, die jedes Jahr entführt, vergewaltigt und zwangskonvertiert würden, auf etwa 700.
12 
Die genannten Vorfälle seien Eingriffe in die Rechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit der Betroffenen. Sie seien als unmenschliche und erniedrigende Behandlung zu begreifen. Sofern sie die Betroffenen unter Druck setzten, auf die Praktizierung ihres Glaubens zu verzichten oder diese einzuschränken, lägen Eingriffe in die Religionsfreiheit vor. Angesichts der Häufigkeit der Vorfälle in jüngster Zeit und der Vielzahl von Personen, die bei einem einzigen Überfall auf eine Kirche oder ein Viertel betroffen seien, oder etwa bei dem Vorwurf der Blasphemie gegen einen Christen betroffen werden könnten, handele es sich nicht mehr nur um vereinzelte, individuelle Übergriffe oder eine Vielzahl einzelner Übergriffe. Vielmehr sei jeder als solcher erkennbare Christ in Pakistan wegen seiner Religion der aktuellen Gefahr eigener Betroffenheit, also einem realen Risiko ausgesetzt. In die Würdigung einzustellen seien hierbei nicht allein die Anzahl der wegen Blasphemie erfolgten Anklagen und Verurteilungen und die Summe der von den Gewaltübergriffen durch Privatpersonen betroffenen Opfer, sondern auch die nicht quantifizierbare Zahl an Christen, die Opfer von Diskriminierung im alltäglichen Bereich, etwa bei der Arbeit, würden.
13 
Akteure im Sinne von § 3d Abs. 1 AsylVfG seien in Pakistan nicht willens und in der Lage, Schutz gemäß § 3d Abs. 2 AsylVfG zu bieten. Zahlreiche Quellen berichteten, dass der Staat beim Schutz religiöser Minderheiten vor Angriffen in den verschiedenen Landesteilen versage. Die Polizei sehe bei Übergriffen von Privatpersonen auf Christen lediglich untätig zu und biete keinen Schutz, es werde keine effektive Strafverfolgung der Angreifer betrieben. Es bestehe keine innerstaatliche Fluchtalternative.
14 
Das Verwaltungsgericht habe auch eine nähere Prüfung unterlassen, ob all diese Tatsachen eine systematische, einer Gruppenverfolgung gleichkommende Diskriminierung darstellten. Alle Quellen wiesen auf eine systematische Diskriminierung der Christen hin, die in ihren Folgen einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung gleichkomme.
15 
Was die individuelle Situation des Klägers betreffe, habe das Verwaltungsgericht nicht bezweifelt, dass er im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zur bezeichneten Gruppe der Christen in Pakistan gehöre. Der Kläger habe vorgetragen, dass es nach seinem Glaubensverständnis für ihn identitätsbestimmend sei, seinen Glauben in der Öffentlichkeit zu leben und ihn in diese zu tragen, und dass ein Verzicht auf die Religionsausübung für ihn auch in Pakistan nicht in Betracht komme, sondern er seinen Glauben mit allen teilen wolle. Das Verwaltungsgericht sei davon ausgegangen, dass der Kläger in Deutschland nach intensivem Taufunterricht die Taufe empfangen habe und am christlichen Leben teilnehme, namentlich durch den Besuch von Gottesdiensten und die Teilnahme an donnerstäglichen Unterweisungen. Zwar seien im pakistanischen Strafgesetzbuch Apostasie, Konversion und Missionierung für Christen nicht unter Strafe gestellt. Der Islam sei jedoch Staatsreligion. Nach islamischem Recht stehe Konversion vom Islam weg unter Todesstrafe. Nach einer im April 2010 in Pakistan durchgeführten Umfrage befürworteten 76 % der Befragten die Todesstrafe für die Abwendung vom Islam. Für Christen, die vom Islam zum Christentum konvertierten und deren Konversion bekannt werde, sei die Situation kritischer als für geborene Christen. In ihrer Familie stießen sie oft auf Unverständnis und würden von ihr bedroht und verstoßen, es werde sogar versucht sie umzubringen, weil der Abfall Schande und Verrat für die ganze Familie sei. Als Konvertierte bekannte Christen seien Opfer schwerer Diskriminierungen, etwa am Arbeitsplatz oder durch Behörden. Dies führe dazu, dass die Konversion zu einer Minderheitenreligion in Pakistan häufig verheimlicht werde. Amnesty International berichte von einem Mord an einem 18-jährigen Mädchen in Pakistan, das von seinem Bruder erschossen worden sei, weil es sich zum Christentum bekannt gehabt habe. Im Mai 2013 sei ein 16-jähriger Junge verschwunden, der vom Islam zum Christentum konvertiert gewesen sei. Zudem würden Konvertiten, die sich vom Islam abgewandt hätten, unmittelbar von staatlicher Seite diskriminiert. Kinder eines muslimischen Ehepaars, das vom Islam weg konvertiere, würden als unrechtmäßig betrachtet, sodass der Staat das Sorgerecht für sie übernehmen könne. Da es nahezu ausnahmslos zu schweren Diskriminierungen und Verletzungen von Menschenrechten komme, sei die Verfolgungsdichte so hoch, dass von einer Gruppenverfolgung auszugehen sei. Es mangele an einer Schutzbereitschaft von Akteuren im Sinn von § 3d AsylVfG. Die unmittelbare Diskriminierung von staatlicher Seite im Hinblick auf die Kinder von konvertierten Ehepaaren verstärke die Annahme, dass der pakistanische Staat nicht nur nicht in der Lage, sondern auch nicht willens sei, Konvertiten Schutz zu bieten. Somit bestehe für Konvertiten erst recht keine innerstaatliche Fluchtalternative. Selbst bei einem Wohnortwechsel, verbunden mit dem Versuch, sich in der neuen Umgebung als geborener Christ auszugeben, bestehe wenig Aussicht, dass die Konversion geheim gehalten werden könne. Auch der Kläger, dessen Zuwendung zum Christentum vor seiner Ausreise in seinem Heimatort bekannt geworden sei, habe keinen Kontakt mehr zu seiner Familie, die sich geschlossen gegen ihn gestellt habe.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. April 2014 - A 12 K 2210/13 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Ziffer 2 ihres Bescheids vom 20.06.2013 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
18 
Die Beklagte tritt der Berufung aus den Gründen des angegriffenen Urteils entgegen.
19 
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung zu seinen individuellen Verfolgungsgründen unter Hinzuziehung eines Dolmetschers angehört. Insoweit wird auf die Niederschrift verwiesen.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Dem Senat liegen die Behördenakten der Beklagten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die zulässige, unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung bleibt ohne Erfolg.
22 
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
23 
I. Nach § 3 Abs. 4 AsylVfG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylVfG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
24 
Nach § 3a Abs. 1 AsylVfG (vgl. auch Art. 9 Abs. 1 RL 2011/95/EU - QRL) gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 AsylVfG Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 04.11.1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3a Abs. 2 AsylVfG (vgl. Art. 9 Abs. 2 QRL) können als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 unter anderem die folgenden Handlungen gelten: 1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, 2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, 3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, 4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, 5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 AsylVfG (vgl. Art. 12 Abs. 2 QRL) fallen, 6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. Nach § 3a Abs. 3 AsylVfG (vgl. Art. 9 Abs. 3 QRL) muss dabei zwischen den Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.
25 
Die Verfolgung kann nach § 3c AsylVfG (vgl. Art. 6 QRL) ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG (vgl. Art. 7 QRL) Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
26 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines nach § 3a AsylVfG (Art. 9 QRL) geschützten Rechtsguts selbst zielt (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 - NVwZ 2009, 982, und vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936).
27 
Der für die Beurteilung zugrunde zu legende Prognosemaßstab ist der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die relevanten Rechtsgutsverletzungen müssen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser aus dem Tatbestandsmerkmal "... aus der begründeten Furcht vor Verfolgung ..." des Art. 2 lit. d) QRL abzuleitende Maßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt ("real risk"); dieser Maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936). Er setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des gesamten zur Prüfung gestellten und relevanten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende bzw. bewertende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines vernünftig denkenden und nicht übertrieben furchtsamen Menschen gerade in der Lage des konkreten Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar einzuschätzen ist. Unzumutbar kann eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 v.H. für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die "reale Möglichkeit" einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine eher geringere mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, kann es auch aus der Sicht eines besonnen Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen ganz erheblichen Unterschied bedeuten, ob er z.B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber Folter oder gar die Todesstrafe riskiert (so BVerwG, Urteile vom 05.11.1991 - 9 C 118.90 - NVwZ 1992, 582, und vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936). Auch gilt: Je unabwendbarer eine drohende Verfolgung erscheint, desto unmittelbarer steht sie bevor. Je schwerer der befürchtete Verfolgungseingriff ist, desto weniger kann es dem Gefährdeten zugemutet werden, mit der Flucht zuzuwarten, bis der Verfolger unmittelbar vor der Tür steht. Das gilt auch dann, wenn der Eintritt der befürchteten Verfolgung von reiner Willkür abhängt, das befürchtete Ereignis somit im Grunde jederzeit eintreten kann, ohne dass allerdings im Einzelfall immer gesagt werden könnte, dass dessen Eintritt zeitlich in nächster Nähe bevorsteht. Die allgemeinen Begleitumstände, z. B. eine Willkürpraxis, die Repressionsmethoden gegen bestimmte oppositionelle oder verwundbare Gruppen, sind allgemeine Prognosetatsachen (vgl. zum kausalen und zeitlichen Zusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht BVerwG, Urteil vom 20.11.1990 - 9 C 72.90 - NVwZ 1991, 384).
28 
Für die Beurteilung sind alle Akte zu berücksichtigen und einzustellen, denen der Ausländer ausgesetzt gewesen war oder die ihm gedroht hatten, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände diese Handlungen als Verfolgung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 QRL gelten können.
29 
Zur Erstellung der erforderlichen Prognose sind objektiviert die Prognosetatsachen nach den allgemeinen Maßstäben des verwaltungsverfahrensrechtlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Regelbeweismaßes der Überzeugungsgewissheit zu ermitteln und festzustellen. Diese Tatsachen bestehen regelmäßig aus solchen, die in der Vergangenheit wie auch aus solchen, die in der Gegenwart liegen. Sie müssen sodann in einer Gesamtschau verknüpft und gewissermaßen in die Zukunft projiziert werden. Auch wenn insoweit - wie sich bereits aus dem Gefahrbegriff ergibt - eine beachtliche Wahrscheinlichkeit ausreicht und deshalb ein „voller Beweis“ nicht erbracht werden kann, ändert dies nichts daran, dass das Gericht von der Richtigkeit seiner verfahrensfehlerfrei gewonnenen Prognose drohender Verfolgung die volle Überzeugung gewonnen haben muss (BVerwG, Urteile vom 20.11.1990 - 9 C 74.90 - NVwZ 1991, 382, und - 9 C 72.90 - NVwZ 1991, 384).
30 
Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Religionszugehörigkeit anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt - abgesehen von den Fällen eines (staatlichen) Verfolgungsprogramms (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 158.94 - NVwZ 1995, 175) - ferner eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin "wegen" eines der in § 3b AsylVfG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. Urteil vom 05.07.1994 - a.a.O.).
31 
Für die Gruppenverfolgung (wie auch für jede Individualverfolgung) gilt weiter, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss (vgl. § 3e AsylVfG, Art. 8 QRL).
32 
Diese ursprünglich zum Asylgrundrecht für die unmittelbare und die mittelbare staatliche Gruppenverfolgung entwickelten Grundsätze können prinzipiell auf die Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure übertragen werden, wie sie nunmehr durch § 3c Nr. 3 AsylVfG (vgl. Art. 6 lit. c) QRL) ausdrücklich als flüchtlingsrechtlich relevant geregelt ist.
33 
Ob Verfolgungshandlungen das Kriterium der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 3c Nr. 1 und 2 AsylVfG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 3b AsylVfG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann. Diese Maßstäbe haben auch bei der Anwendung der Richtlinie 2011/95/EU Gültigkeit (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 - 10 C 11.08 - NVwZ 2009, 1237)
34 
Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylVfG (vgl. Art. 15 QRL) vorliegt (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010 - C-175/08 u.a. - InfAuslR 2010, 188; BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 - NVwZ 2011, 51). Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist allerdings ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden (vgl. Art. 4 Abs. 4 QRL); es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Den in der Vergangenheit liegenden Umständen wird Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigelegt (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010 - C-175/08 - InfAuslR 2010,188). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland wiederholen werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden; hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 - NVwZ 2011, 51). Die nach Art. 4 Abs. 4 QRL maßgebenden stichhaltigen Gründe, die gegen eine erneute Verfolgung sprechen, können bei richtigem Verständnis der Norm letztlich keine anderen Gründe sein als die, die im Rahmen der „Wegfall der Umstände-Klausel“ des Art. 11 Abs. 1 Buchst. e) und f) QRL maßgebend sind. Dafür spricht, dass der EuGH diese Grundsätze in einen Kontext mit der „Wegfall der Umstände-Klausel“ gestellt hat. Nur wenn die Faktoren, welche die Furcht des Flüchtlings begründeten, dauerhaft beseitigt sind, die Veränderung der Umstände also erheblich und nicht nur vorübergehend ist, wird die Beweiskraft der Vorverfolgung entkräftet. Würden im Blick auf ein bestimmtes Herkunftsland statusrechtliche Entscheidungen wegen veränderter Umstände aufgehoben, ist es gerechtfertigt, dem Vorverfolgten im Asylverfahren die Umstände, welche die geänderte Einschätzung der Verfolgungssituation als stichhaltige Gründe leiten, entgegenzuhalten. In diesem Fall bleibt ihm dann die Möglichkeit, unter Hinweis auf besondere, seine Person betreffende Umstände nach Maßgabe des allgemeinen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes erneut eine ihn treffende Verfolgung geltend zu machen.
35 
II. Dem Kläger ist zunächst nicht aus individuellen Verfolgungsgründen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
36 
Der Senat konnte insbesondere aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und des in ihr gewonnenen Eindrucks von der Person des Klägers nicht die erforderliche volle Überzeugung davon gewinnen, dass die vom Kläger behaupteten Vorfluchtgründe, namentlich dass er allein wegen mehrerer Kirchenbesuche in erheblichem Maße körperlich misshandelt wurde, der Wahrheit entsprechen.
37 
Der Kläger hatte ausweislich der ihm rückübersetzten und von ihm ausdrücklich bestätigten Niederschrift des Bundesamts vom 15.05.2013 im Verwaltungsverfahren ausgeführt, dass in seiner Gegend „moslemische Jungs“ gewesen seien, die ihm gesagt hätten, er solle nicht in die christliche Kirche gehen; sie hätten ihm Prügel angedroht. Einige Tage später habe man ihn auf dem Weg in die Kirche angehalten und ihm auf den Kopf gehauen. Es seien 10 bis 12 Leute aus seinem Stadtbezirk gewesen. In der mündlichen Verhandlung hat er gegenüber dem Senat hingegen behauptet, es seien seine beiden älteren Brüder, seine Cousins und Nachbarn gewesen, die ihn angehalten und geschlagen hätten. Eine plausible Erklärung auf den ihm vorgehaltenen Widerspruch konnte der Kläger dem Senat nicht unterbreiten. Dieser Widerspruch ist aus der Sicht des Senats von so großem Gewicht, dass er den von ihm behaupteten und seiner Schilderung nach wesentlichen Fluchtgrund dem Kläger nicht zu glauben vermag. Sicherlich können auch Nachbarn als „Leute aus seinem Stadtbezirk“ verstanden werden, dann aber ist es völlig fernliegend, wenn er, falls sich der Vorfall überhaupt so abgespielt hätte, nicht die Beteiligung engster Familienangehöriger beim Bundesamt erwähnt hätte. Denn es stellt eine ganz andere Qualität der eigenen Betroffenheit dar, wenn die Übergriffe von der eigenen Familie ausgehen. Der Vollständigkeit halber weist der Senat auch darauf hin, dass die Schilderung des Vorfalls auffallend blass geblieben ist und insbesondere eine plausible Darstellung vermissen ließ, wie es ihm gelungen sein soll, bei einer Überzahl von 10 bis 12 Leuten zu fliehen, wie er in der mündlichen Verhandlung behauptet hatte. Nicht nachzuvollziehen ist für den Senat auch, dass der Kläger gegenüber dem Bundesamt nicht sagen konnte, wo sich genau die Praxis des von ihm aufgesuchten Arztes befindet, sondern nur Vermutungen angestellt hatte, obwohl es „sein“ Arzt im eigenen Stadtviertel gewesen sein soll. Sowohl bei der Anhörung durch das Bundesamt wie auch in der mündlichen Verhandlung ist aus der Sicht des Senats nicht deutlich geworden, weshalb der Kläger sofort nach einem ersten Vorfall das Land unter Aufwendung erheblicher finanzieller Mittel verlassen hat und als alleinstehender junger Mann nicht vielmehr erst einmal sein engeres soziales und familiäres Umfeld aufgegeben und in eine andere Stadt gegangen ist. Der bloße Einwand, dass in Pakistan überall Moslems lebten und er sich sicher gewesen sei, dass sie ihn auch dort umgebracht hätten, ist nicht ohne weiteres plausibel, wenn die Gefährdung doch von einem engsten sozialen und familiären Umfeld ausgegangen sein soll, das ihn sehr gut gekannt hätte. Weshalb in einer anderen Stadt hätte veröffentlicht werden sollen, dass er Christ bzw. getauft worden sei, erschließt sich dem Senat nicht. Auch seine Erläuterung, dass er erst hier erfahren haben will, dass man, um Christ zu werden, getauft werden muss, ist nicht nachvollziehbar, wenn er in Pakistan bereits gewusst haben will, dass er Christ werden wolle, weshalb auch die behaupteten engeren Kontakte zu einer christlichen Kirche in Pakistan, über die er zudem auffallend wenig berichten konnte, generell infrage stehen.
38 
Nach der Schilderung des Klägers in der mündlichen Verhandlung hatte er seit etwa sechs Jahren Kontakt zu einem Mitspieler christlichen Glaubens mit Namen Zxxx im Cricketclub. Schon beim Bundesamt wie auch beim Verwaltungsgericht blieb der Kläger eine nachvollziehbare Erklärung dafür schuldig, weshalb er erst im Jahre 2011 von Zxxx angesprochen und aufgefordert worden sein will, mit in die Kirche zu gehen, und dieses nicht schon viel früher geschehen sein soll. Er hatte lediglich angegeben, dass sie erst im Jahre 2011 starke Freunde geworden seien, ohne dieses aber näher zu erläutern. Auch in der mündlichen Verhandlung fehlte eine schlüssige Antwort auf entsprechende Fragen des Senats. Bemerkenswert ist zudem, dass der Kläger bei der Anhörung durch das Bundesamt mehrfach davon gesprochen hatte, dass verschiedene „Jungs“ christlichen Glaubens aus dem Club, die enge Freunde von ihm gewesen seien, ihn angesprochen und aufgefordert hätten, in die Kirche zu gehen, während in der mündlichen Verhandlung davon auch nicht mehr im Ansatz die Rede war, sondern nur noch von Zxxx. Die Freunde sollen nach den beim Bundesamt gemachten Angaben auch die Ausreise gemeinsam organisiert haben, wovon der Kläger in der mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht mehr gesprochen hatte. Schließlich kann angesichts grundlegender Widersprüche und Unzulänglichkeiten nicht übersehen werden und muss auch jedenfalls in der Gesamtschau zum Nachteil des Klägers gewertet werden, dass er beim Bundesamt den Namen des Freundes mit „Axxx“ angegeben hatte. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass es sich um einen Übertragungsfehler gehandelt haben könnte, sieht der Senat nicht. Denn zum einen ist die Ähnlichkeit beider Namen nicht sehr groß, zum anderen wurde die Niederschrift rückübersetzt, ohne dass der Kläger insoweit eine Berichtigung angebracht hätte; auch in der Folgezeit nach Erhalt einer Protokollabschrift ist solches nicht geschehen. Bemerkenswert ist auch, dass der Kläger beim Bundesamt nicht näher eingrenzen konnte, wann er im Jahre 2011 mit den Besuchen in der Kirche begonnen hatte, während er beim Verwaltungsgericht den Vorfall immerhin nunmehr auf den achten oder neunten Monat 2012 (gemeint 2011) relativ präzise datieren konnte. In der mündlichen Verhandlung will er nunmehr mit den Besuchen im neunten Monat begonnen haben, während sich der Vorfall im zehnten Monat abgespielt haben soll. Das wiederum passt offensichtlich nicht zu seinem Vorbringen, er sei nach dem Vorfall nicht mehr zur Familie gegangen, sondern zu Zxxx, bei dem er noch 20 bis 25 Tage geblieben sei bis er mit dem Zug von Lahore nach Quetta gefahren sei, während er beim Bundesamt angegeben hatte, am 23.12.2011 (nicht wie im Protokoll offensichtlich irrtümlich ausgeführt 2012) von Lahore mit dem Zug nach Quetta gefahren zu sein.
39 
III. Dem Kläger kann die Flüchtlingseigenschaft auch nicht allein deshalb zuerkannt werden, weil er inzwischen Christ ist und im Falle der Rückkehr seinen Glauben aktiv auch in der Öffentlichkeit praktizieren wird. Der Senat geht in diesem Zusammenhang nach den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass er als getaufter Christ seinem Glauben innerlich verbunden ist und es zu den von ihm als verbindlich verstanden Glaubensinhalten gehört, regelmäßig an den Gottesdiensten seiner Gemeinde teilzunehmen und sich an der Gemeindearbeit zu beteiligen.
40 
Christen in Pakistan droht nach den im Verfahren vom Senat zugrunde gelegten und ausgewerteten Erkenntnismitteln nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, wegen ihres Glaubens und ihrer – auch öffentlichen – Glaubensbetätigung einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 QRL ausgesetzt zu sein.
41 
Der Senat geht davon aus, dass in Pakistan mindestens 3 Millionen Christen leben (vgl. AA Lagebericht vom 08.04.2014, S. 6 und 16 – im Folgenden Lagebericht; vgl. aber auch Home Office, Pakistan, Country of Origin Information Report vom 09.10.2013, Ziffer 19.178 – im Folgenden COI – wonach laut einiger Quellen die Zahl in Wirklichkeit das Doppelte betragen soll). Nach der Rechtslage bestehen - anders als bei der religiösen Minderheit der Ahmadis – keine wesentlichen unmittelbaren Diskriminierungen der Christen in Pakistan (vgl. etwa Lagebericht, S. 13 f.; BAA, Bericht zur Fact Finding Mission, Pakistan, Juni 2013, S. 38 ff. und 51 ff. – im Folgenden BAA). Eine Ausnahme besteht insoweit, als der Premierminister sowie der Präsident Muslim sein muss, was teilweise als schlechtes Signal an die Bevölkerung beschrieben wird, dass die Minderheiten auch minderwertig seien (vgl. BAA, S. 51). Allerdings wirkt sich die sog. Blasphemiegesetzgebung auch bei der christlichen Minderheit faktisch zu ihrem Nachteil aus, zumal diese – nicht anders als bei anderen Minderheiten, aber auch bei der Mehrheitsbevölkerung – in erheblichem Maße aus eigensüchtigen Motiven und Gründen von den Anzeigeerstattern missbraucht wird (vgl. ausführlich auch BAA, S. 48 ff.; COI, Ziffer 19.33. ff.; UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Angehörigen religiöser Minderheiten in Pakistan, 10.10.2012, S. 6 f. – im Folgenden UNHCR; Human Rights Commission of Pakistan, State of Human Rights in 2013, S. 27 ff und 101 ff. – im Folgenden HRCP).
42 
Der Senat hat sich zu den Blasphemiegesetzen in seinem den Beteiligten im Einzelnen bekannten Urteil vom 12.06.2013 (A 11 S 757/13 - juris) ausführlich geäußert, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird (vgl. dort Rn. 68 ff.). Wesentlich neue Aspekte haben sich insoweit zwischenzeitlich nicht ergeben. Betroffen sind davon allerdings in erster Linie nicht Angehörige der christlichen Minderheit. Dokumentiert sind zwei nicht rechtskräftige Todesurteile gegen eine christliche Frau und ein christliches Mädchen, ohne dass nähere Umstände hierzu bekannt geworden sind (vgl. etwa Human Rights Watch World Report 2014, S. 367 f. – im Folgenden HRWWR). Im Jahre 2012 kam es zu insgesamt 113 Anklagen (gegenüber 79 im Jahre 2011), davon 12 gegen Christen (Lagebericht, S. 14; vgl. auch HRCP, S. 33 f., die von geringfügig höheren Zahlen ausgeht). Im Jahre 2013 wurden insgesamt gegen 68 Personen Verfahren eingeleitet, darunter gegen 14 Christen; es wurden insgesamt mindestens 16 oder 17 Personen zum Tode und 19 oder 20 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, davon eine Verurteilung eines Christen zu lebenslanger Freiheitsstrafe und zwei Freisprüche von Christen (vgl. US Commission of International Religious Annual Report 2014, S. 76 – Im Folgenden USCIRF I; HRWWR, S. 367; HRCP, S. 33 ff.; vgl. zu weiteren Verurteilungen eines britischen Staatsangehörigen und einer pakistanischen Christin im Jahre 2014 Briefing Notes vom 27.01.2014 und 31.03.2014).
43 
Die Religionsausübung der christlichen Minderheit wird grundsätzlich staatlicherseits nicht eingeschränkt oder behindert. Für das Jahr 2012 wurde allerdings berichtet, dass auch staatliche Stellen sich an der Zerstörung christlicher Einrichtungen beteiligt hätten (vgl. US Commission of International Religious Freedom Annual Report 2012, S. 126 – Im Folgenden USCIRF II). Vergleichbare Vorkommnisse werden für das Jahr 2013 in den zahlreichen Erkenntnismitteln an keiner Stelle mehr erwähnt (vgl. USCRIF I, S. 75 ff. und US Commission of International Religious Freedom Annual Report 2013, S. 123 – im Folgenden USCRIF IV).
44 
Die wesentlichen Probleme, mit denen religiöse Minderheiten konfrontiert sind, sind die Auswirkungen der zunehmenden interkonfessionellen Gewaltakte von nicht-staatlicher Seite und Diskriminierungen im gesellschaftlichen Leben (vgl. hierzu schon ausführlich Senatsurteil vom 12.06.2013 – A 11 S 757/13). Allerdings ist festzustellen, dass sich diese Gewalttaten bislang überwiegend gar nicht gegen Christen, sondern gegen Angehörige der schiitischen Minderheit richten (vgl. BAA, S. 19 f und 47 f.; Lagebericht, S. 16; HRWWR, S. 367; USCIRF I, S. 75). Für das Jahr 2013 wurden insgesamt 658 Tote und 1195 Verletzte gezählt (vgl. Lagebericht S. 16), die gegen religiöse Minderheiten gerichteten interkonfessionellen Gewaltakten zum Opfer gefallen sind, während es sich im Jahre 2012 „nur“ um 507 Tote und 577 Verletzte gehandelt hatte (vgl. COI, Ziffer 19.233). Was die christliche Minderheit betrifft, sind besonders hervorzuheben ein Anschlag auf die anglikanische Allerheiligen-Kirche in Peshawar am 22.09.2013, durch den wohl etwa 100 Personen getötet und über 150 zum Teil schwer verletzt wurden (vgl. Lagebericht, S. 16, und USCIRF I, S. 76). Im März und April attackierte eine aufgehetzte Menschenmenge christliche Siedlungen bzw. Dörfer; bei den Attacken wurden über 100 Häuser zerstört, ohne dass aber Menschenleben zu beklagen waren (vgl. USCIRF I, S. 76; vgl. auch BAA, S. 42 f.; vgl. auch HRCP, S. 94 - zu weiteren – allerdings vereinzelten – Übergriffen auf Kirchen S. 94), wobei auch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Vorfall im März 2013 von langer Hand vorbereitet worden war. Im Wesentlichen alle verwerteten Erkenntnismittel sind sich in diesem Zusammenhang einig, dass staatliche Sicherheits- und Strafverfolgungsorgane hierbei den erforderlichen Schutz nur lückenhaft gewähren oder jedenfalls viel zu spät eingreifen, wobei dieses oftmals nicht allein darauf zurückzuführen ist, dass diese Organe überfordert wären, sondern auch auf einer offensichtlich mangelnden Bereitschaft beruht, effektiven Schutz zu gewähren (vgl. etwa BAA, S. 19 ff. und 42 ff.; HRWWR, S. 367; UNHCR, S. 1 f.; vgl. zu unzureichenden Schutzmaßnahmen schon Departement of State‘s International Religious Freedom Report for 2012, Stichwort „Government Inaction“ – Im Folgenden USCIRF III). Allerdings ist auch festzuhalten, dass es fundierte Berichte gibt, dass Polizeiorgane bei dem Versuch, den gebotenen Schutz zu gewähren, ernsthafte Verletzung erlitten haben (vgl. BAA, S. 43; vgl. auch S. 46 zu Schutzmaßnahmen bei Prozessionen). Immerhin haben die Sicherheitsorgane nach gewalttätigen Übergriffen auch Ausgangssperren zum Schutze der Minderheiten und gegenüber muslimischen Klerikern Verbote verhängt, die Stadt zu betreten, um zu verhindern, dass diese zur Gewalt aufstacheln und Hassreden halten (vgl. HRCP S. 76). Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang abschließend, dass es nach dem Angriff am 22.09.2013 in Lahore und Islamabad bemerkenswerte zivilgesellschaftliche Solidaritätsaktionen zugunsten der Christen gab, indem um mehrere Kirchen Menschenketten gebildet wurden (HRCP, S. 94).
45 
Selbst wenn man bei der gebotenen qualitativen Bewertung (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 27.04.2010 - 10 C 4.09 - NVwZ 2011, 56, vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 und vom 13.02.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487) berücksichtigt, dass derartige Gewaltakte teilweise nicht vorhergesehen werden und die Angehörigen der religiösen Minderheiten gewissermaßen aus heiterem Himmel treffen können, was es ihnen dann aber unmöglich macht, ihnen auszuweichen, so genügen selbst die für das Jahr 2013 festgestellten Opferzahlen, die nach den verwerteten Erkenntnismitteln überwiegend nicht die christliche Minderheit betreffen, bei weitem nicht, um die Annahme zu rechtfertigen, jeder Angehörige dieser mindestens drei Millionen zählenden Minderheit müsse mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, in einer noch überschaubaren Zeit Opfer derartiger Leib oder Leben betreffenden Akte zu werden. Daran ändern nichts die etwa vom Auswärtigen Amt im Lagebericht vom 08.04.2014 (S. 16) getroffene Feststellung, dass nach den Ereignissen des Jahres 2013 die Bedrohungslage der christlichen Minderheit in Pakistan eine neue Qualität habe, und die Tatsache, dass die Human Rights Commission of Pakistan davon spricht, dass das Jahr 2013 eines der schwärzesten für die christlichen Gemeinden in Pakistan gewesen sei (HRCP, S. 92). Auch UNHCR ist bislang der Auffassung gewesen, dass eine generelle, vom Einzelfall unabhängige Gefährdung nicht besteht (UNHCR, S. 8). Selbst die Organisation „Open Doors“ (Länderprofile Pakistan), die insgesamt ein durchaus düsteres Bild vermittelt, das aber in den anderen Erkenntnismitteln keine unmittelbare Entsprechung findet, geht davon aus, dass die christlichen Gemeinden sich nach wie vor ungehindert auch mit Öffentlichkeitsbezug versammeln und arbeiten können, auch wenn mitunter die Kirchen von bezahlten Wachleuten geschützt werden. Der Senat kann daher offen lassen, ob der pakistanische Staat den durch Art. 7 Abs. 2 QRL geforderten effektiven Schutz gewährleistet, was aber nach den verwerteten Erkenntnismitteln eher zu verneinen sein dürfte.
46 
Dass es nach wie vor ein reges, wenn auch nicht ungefährliches religiöses Leben der christlichen Minderheit auch mit unmittelbarem Öffentlichkeitsbezug in Pakistan gibt, wird beispielhaft illustriert durch die – auch neueren – Berichte, die auf der Website http://www.kirche-in-not.de/tag/pakistan erschienen sind und weiter erscheinen. Dass tatsächlich der christliche Glaube in nennenswertem Umfang in Pakistan gelebt und aktiv praktiziert wird, lässt sich auch unschwer daraus ablesen, dass die Kirchen in erheblichem Umfang Schulen und andere Bildungseinrichtungen betreiben (vgl. missio, Länderberichte Religionsfreiheit: Pakistan, 2012, S. 18 – im Folgenden missio; Deutschlandradio Kultur vom 13.01. und 11.02.2014; vgl. auch den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Ausdruck des Internetauftritts der FGA-Church Pakistan). Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Erzdiözesen Karachi und Lahore seit langer Zeit größere Krankhäuser betreiben und auch seit 2009 eigene Fernsehsender unterhalten (Wikipedia, Roman Catholic Archdiocese of Lahore Stand 28.03.2014; Wikipedia, Roman Catholic Archdiocese of Karachi Stand 28.03.2014).
47 
Die gesellschaftliche und soziale Lage der christlichen Minderheit wird übereinstimmend als durchaus prekär und durch vielfältige Diskriminierungen geprägt beschrieben. Gleichwohl ist das Bild zwiespältig. Die festzustellende Marginalisierung und Diskriminierung beruht dabei keineswegs allein oder ganz überwiegend auf dem christlichen Glauben, sondern hat auch eine wesentliche Wurzel in dem noch nachwirkenden und überkommenen Kastenwesen, weil die Christen zum größten Teil Nachkommen von Hindus sind, die der Kaste der Unberührbaren angehörten (vgl. BAA, S. 52; COI, Ziffer 19.198 und 19.204). Dies hat zur Folge, dass die überwiegende Zahl der Christen der Unterschicht zuzurechnen ist und unter der Armutsgrenze lebt, was im Übrigen auch für andere Minderheiten gilt, und die Rate von Analphabetentum sehr groß ist (vgl. Lagebericht, S. 13 f.; BAA, S. 50 ff.; Immigration und Refugee Board of Canada, Pakistan: Religious conversions, including treatment of converts and forced conversions (2009 – 2012), Ziff. 1 – im Folgenden Canada). Diese Stellung wiederum macht eine wesentliche Ursache dafür aus, dass junge christliche Frauen und Mädchen in besonderem Maße das Opfer von unfreiwilligen Bekehrungen und Verheiratungen nach Entführungen werden (vgl. COI, Ziffer 19.188 und 19.198; UNHCR, S. 7; HRCP, S. 95 f.), wobei auch hier ein wirklich effektiver Schutz durch die pakistanischen Sicherheitsorgane nicht gewährt wird, auch wenn in der Nationalversammlung und auf der staatlichen Führungsebene das Problem gesehen und über Abhilfe diskutiert wird (vgl. Canada Ziff. 1). Allerdings berichtet die Pakistanische Menschenrechtsorganisation für das Jahr 2013 durchaus von erheblich weniger erfolgreichen oder versuchten zwangsweisen Konversionen bzw. Verheiratungen (vgl. HRCP, S. 91). Bei alledem darf letztlich aber zudem nicht die Tatsache ausgeblendet werden, dass Entführungen, Zwangsverheiratungen und Vergewaltigungen von (jungen) Frauen in Pakistan ein durchaus gesamtgesellschaftliches Phänomen und Problem darstellen, das weit über die christliche Minderheit hinausreicht (vgl. COI, Ziff. 23.156 ff.; Lagebericht, S. 19 und 21). Die Christen arbeiten überwiegend in der Landwirtschaft, der Steinbearbeitungs-, Glas-, Teppich- und Fischereiindustrie, für die auch Elemente von Zwangsarbeit festgestellt wurden, gegen die die staatlichen Stellen trotz entsprechender Verbotsgesetze nicht effektiv vorgehen (vgl. UNHCR, S. 8). Die Diskriminierung der christlichen Minderheit findet aber auch hier nicht in erster Linie im staatlichen Sektor statt, in dem allenfalls in Bezug auf höhere Positionen eine signifikante Unterrepräsentierung festzustellen ist (vgl. BAA, S. 51; vgl. zum Bildungswesen und diskriminierenden Bildungsinhalten bzw. zum obligatorischen islamischen Religionsunterricht USCIRF III, Stichwort „Governments Practice“). Die staatliche Seite versucht durchaus, gesellschaftlichen Diskriminierungen entgegen zu arbeiten (vgl. BAA, S. 41 und 52). An einer konsequenten, geschweige denn erfolgreichen auf den nicht-staatlichen Bereich bezogenen Antidiskriminierungspolitik mangelt es zwar. Ein solches Unterlassen stellt jedoch keine Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 (hier v.a. lit. b, c und d) QRL dar, wenn man überhaupt in einem Unterlassen eine relevante Verfolgungshandlung sehen will (vgl. zum Problem grundsätzlich Marx, Handbuch zu Flüchtlingsschutz, 2. Aufl., § 11 Rn. 2 ff.), weshalb schon deshalb auch aus einer Gesamtschau aller negativen Faktoren (einschließlich der festgestellten Übergriffe auf Leib und Leben sowie vereinzelter menschenrechtlich fragwürdiger Verfahren wegen eines behaupteten Verstoßes gegen einzelne Bestimmungen der Blasphemiegesetzgebung) keine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 lit. b) QRL abgeleitet werden kann. Denn nur in einer finalen und systematischen Vorenthaltung des staatlichen Schutzes zur Vermeidung erheblicher Menschenrechtsverletzungen kann überhaupt ein zurechenbares und daher flüchtlingsrechtlich relevantes Verhalten erblickt werden (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 - NVwZ 2009, 984), was jedoch aus den verwerteten Erkenntnismitteln nicht hinreichend deutlich zutage tritt. Geht man hingegen davon aus, dass in einem Unterlassen generell keine Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 QRL liegen kann und verortet man die Problemstellung (nur) bei der Frage, welche Anforderungen an das nach Art. 7 Abs. 2 QRL geforderte nationale Schutzsystem zu stellen sind, so führt dies zu keiner anderen Sicht der Dinge. Zwar finden sich in einer Vielzahl von Menschrechtspakten ausdrückliche Diskriminierungsverbote (vgl. etwa Art. 2 AEM; Art. 14 EMRK; Art. 26 IPbpR), die mittlerweile zu einem allgemeinen völkergewohnheitsrechtlichen Diskriminierungsverbot erstarkt sein dürften (vgl. Marx, a.a.O., § 16 Rn 45), das auch Art. 9 Abs. 2 QRL zugrunde liegt, das aber grundsätzlich in erster Linie an staatliche Akteure gerichtet ist. Es existiert jedoch keine allgemeine, auch flüchtlingsrechtlich relevante Verpflichtung, Diskriminierungen durch nicht-staatliche Akteure umfassend zu unterbinden und mit allen Mitteln effektiv zu bekämpfen. Ein auch solche Handlungen, die unterhalb der Schwelle von Eingriffen in Leib, Leben oder persönlicher Freiheit liegen, unterbindendes Schutzsystem wird durch Art. 7 Abs. 2 QRL nicht gefordert. Soweit etwa Art. 7 IPwskR das Recht der Arbeitnehmer auf gleiches Entgelt für gleichwertige oder auf gleiche Möglichkeiten auf beruflichen Aufstieg anerkennt und damit auch nicht-staatliche Akteure im Blick hat, handelt es sich nicht um ein Instrumentarium, das bedingungslos grundlegende menschenrechtliche Standards umschreibt, die flüchtlingsrechtlich eine Verpflichtung zu einer umfassenden Antidiskriminierungspolitik auslöst und daher Grundlage eines umfassenden flüchtlingsrechtlich relevanten menschenrechtlichen Schutzstandards sein könnte. Dies gilt namentlich dann, wenn - wie dargelegt - die allgemeine sozio-ökonomische Lage der christlichen Minderheit gar nicht monokausal auf ihre Religionszugehörigkeit zurückgeführt werden kann.
48 
Das vom Kläger angesprochene „land grabbing“ privater Akteure ist ein in Pakistan weit verbreitetes Phänomen und richtet sich nicht spezifisch gegen die christliche Minderheit, sondern betrifft auch andere Bewohner des Landes, die sich aufgrund ländlicher feudaler oder sonstiger ubiquitärer mafiöser Strukturen in einer unterlegenen Position befinden und bei denen nicht selten effektiver staatlicher Schutz ausfällt (vgl. COI, Ziff. 35.01; HRCP, S. 253).
49 
Ungeachtet dessen vermag der Senat den zahlreichen verwerteten Erkenntnismitteln auch keinen tragfähigen Ansatz für eine Feststellung zu entnehmen, dass die Lage der christlichen Minderheit generell betrachtet durch eine schwere Menschenrechtsverletzung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL gekennzeichnet wäre.
50 
Etwas anderes gilt auch nicht allgemein und generell betrachtet für den Personenkreis der vom Islam zum Christentum Konvertierten.
51 
Zunächst ist davon auszugehen, dass die pakistanische Rechtsordnung den Vorgang der Konversion nicht untersagt oder gar strafrechtlich bewertet (vgl. Lagebericht, S. 14). Versuche, die Rechtslage zu Lasten der Konvertiten zu verändern, sind sogar gescheitert und aufgegeben worden (vgl. COI, Ziff. 19.66). Allerdings kann hier die bereits erwähnte Blasphemie-Gesetzgebung zum Einfallstor für Verfolgungen und Diskriminierungen werden, wenn es um die Beurteilung von Äußerungen und Verhaltensweisen im Kontext einer Konversion geht (vgl. missio, S. 13 und 17; Deutschlandradio Kultur vom 11.02.2014, S. 3). Dass aber in signifikantem Umfang der hier zu beurteilende Personenkreis betroffen sein könnte, lässt sich den vielfältigen Erkenntnismitteln nicht entnehmen, obwohl in ihnen eine unübersehbare Fülle von Einzelinformationen verarbeitet wurden. Auch missio benennt in diesem Kontext keine konkreten Einzelfälle, sondern weist nur auf die Möglichkeit hin. Für die staatliche Ebene wird allerdings berichtet, dass ein Neueintrag der christlichen Religion in den Personalausweisen bzw. Pässen nicht möglich ist, jedenfalls faktisch nicht vorgenommen wird (Canada, Ziffer 3). Zwar wird auch berichtet, dass im Falle einer Konversion beider Ehegatten die Kinder der Konvertierten als „illegitim“ eingestuft werden und der Staat die Kinder sogar in Obhut nehmen kann. Dazu wird aber in den zahlreichen Erkenntnismitteln, die sehr ausführlich über Konversion berichten, insbesondere auch in den spezifisch christlichen bzw. kirchlichen Erkenntnismitteln kein einziger Fall benannt, geschweige denn nachvollziehbar dokumentiert.
52 
Die Probleme liegen wiederum in erster Linie in der gesellschaftlichen Sphäre. Denn nicht unerhebliche Teile der pakistanischen Gesellschaft stehen den religiösen Minderheiten ablehnend, wenn nicht gar feindselig gegenüber. Umso mehr wird dann eine Konversion weg vom Islam missbilligt, was zu hohen Befürwortungsraten für die Verhängung der Todesstrafe führt (vgl. COI, Ziff. 19.67). Wie bereits dargelegt, hat sich diese gesellschaftliche Stimmung aber nicht in entsprechenden erfolgreichen Gesetzesvorhaben niedergeschlagen. Teilweise stößt eine Konversion in der eigenen Familie des Konvertiten auf strikte Ablehnung, was dazu führen kann, dass der Betreffende aus der Familie verstoßen wird. Vereinzelt ist es hier auch zu körperlichen Übergriffen bis zu Tötungen gekommen (vgl. Canada, Ziff. 1 und 3). Den verwerteten Erkenntnismitteln nach kann es sich aber nicht um eine weiter verbreitete oder gar allgegenwärtige Erscheinung handeln.
53 
Die Folgen der gesellschaftlichen und innerfamiliären Ablehnung und Missbilligung gehen dahin, dass Konvertiten es teilweise, jedoch nicht generell, bewusst vermeiden, die Konversion an die Öffentlichkeit zu tragen, und daher ggf. auch den Wohnort wechseln, um nicht in ihrem bisherigen Wohnumfeld aufzufallen, um dann andernorts gewissermaßen als „unbeschriebenes Blatt“ als Christ auftreten und diesen Glauben mit den oben beschriebenen Einschränkungen leben zu können (vgl. etwa Open Doors, Länderprofile Pakistan). Das bedingt aber andererseits, dass es verlässliche Zahlen über die Konversionen vom Islam weg nicht geben kann. Auch wenn angesichts der geschilderten Haltung der Mehrheitsgesellschaft davon auszugehen sein wird, dass die Zahl der erfolgten Lösungen vom Islam oder Konversionen weg vom Islam nicht sehr groß sein wird, so fehlt es doch gegenwärtig an ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass nach Maßgabe der für die Annahme einer Gruppenverfolgung zugrunde zu legenden Prognosemaßstäbe jeder pakistanische Staatsangehörige, der sich vom Islam löst, unterschiedslos ein reales Risiko läuft, von einer schweren Menschenrechtsverletzung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 lit. a) oder lit. b) QRL betroffen zu sein. Der Senat sieht sich in dieser Einschätzung durch den Bericht von Deutschlandradio Kultur vom 11.02.2014 und die dort geschilderte Haltung und Einschätzung eines ehemaligen Muslim bestätigt, die deutlich machen, dass Konversion bzw. auch nur Abkehr vom Islam möglich ist, tatsächlich stattfindet und keineswegs mit einer gewissen Zwangsläufigkeit zu schweren Menschenrechtsverletzungen führt. Im konkreten Einzelfall mag aufgrund individueller Umstände eine andere Beurteilung erforderlich werden. Unabhängig hiervon sieht der Senat keine durchgreifenden Hindernisse für eine Person in der Lage des Klägers, im Falle von unmittelbaren Anfeindungen und Übergriffen im persönlichen Umfeld seinen Wohnort zu wechseln (vgl. Art. 8 QRL), wie dieses nach den verwerteten Erkenntnismitteln immer wieder geschieht, um ein Leben als Christ führen zu können (vgl. Lagebericht, S. 24; Open Doors, Länderprofile Pakistan; Home Office, Country Information and Guidance, Pakistan: Religious freedom, 2014, Ziff. 2.4.16 f.). Aufgrund besonderer Umstände mag auch hier im Einzelfall etwas anderes gelten. Diese sind jedoch in der Person des Klägers nicht erkennbar geworden. Zwar hat er behauptet, als Cricketspieler in Lahore bekannt zu sein. Dass dieses landesweit der Fall gewesen sein könnte, erschließt sich dem Senat nicht. Denn solches wurde vom Kläger schon nicht nachvollziehbar und substantiiert behauptet. Ungeachtet dessen ist seine Person an keiner Stelle im Internet im Kontext des Cricketsports in Pakistan zu finden, worauf der Kläger in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde.
54 
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO und 83b AsylVfG. Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).

Gründe

 
21 
Die zulässige, unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung bleibt ohne Erfolg.
22 
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
23 
I. Nach § 3 Abs. 4 AsylVfG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylVfG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
24 
Nach § 3a Abs. 1 AsylVfG (vgl. auch Art. 9 Abs. 1 RL 2011/95/EU - QRL) gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 AsylVfG Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 04.11.1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3a Abs. 2 AsylVfG (vgl. Art. 9 Abs. 2 QRL) können als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 unter anderem die folgenden Handlungen gelten: 1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, 2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, 3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, 4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, 5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 AsylVfG (vgl. Art. 12 Abs. 2 QRL) fallen, 6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. Nach § 3a Abs. 3 AsylVfG (vgl. Art. 9 Abs. 3 QRL) muss dabei zwischen den Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.
25 
Die Verfolgung kann nach § 3c AsylVfG (vgl. Art. 6 QRL) ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG (vgl. Art. 7 QRL) Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
26 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines nach § 3a AsylVfG (Art. 9 QRL) geschützten Rechtsguts selbst zielt (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 - NVwZ 2009, 982, und vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936).
27 
Der für die Beurteilung zugrunde zu legende Prognosemaßstab ist der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die relevanten Rechtsgutsverletzungen müssen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser aus dem Tatbestandsmerkmal "... aus der begründeten Furcht vor Verfolgung ..." des Art. 2 lit. d) QRL abzuleitende Maßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt ("real risk"); dieser Maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936). Er setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des gesamten zur Prüfung gestellten und relevanten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende bzw. bewertende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines vernünftig denkenden und nicht übertrieben furchtsamen Menschen gerade in der Lage des konkreten Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar einzuschätzen ist. Unzumutbar kann eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 v.H. für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die "reale Möglichkeit" einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine eher geringere mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, kann es auch aus der Sicht eines besonnen Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen ganz erheblichen Unterschied bedeuten, ob er z.B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber Folter oder gar die Todesstrafe riskiert (so BVerwG, Urteile vom 05.11.1991 - 9 C 118.90 - NVwZ 1992, 582, und vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936). Auch gilt: Je unabwendbarer eine drohende Verfolgung erscheint, desto unmittelbarer steht sie bevor. Je schwerer der befürchtete Verfolgungseingriff ist, desto weniger kann es dem Gefährdeten zugemutet werden, mit der Flucht zuzuwarten, bis der Verfolger unmittelbar vor der Tür steht. Das gilt auch dann, wenn der Eintritt der befürchteten Verfolgung von reiner Willkür abhängt, das befürchtete Ereignis somit im Grunde jederzeit eintreten kann, ohne dass allerdings im Einzelfall immer gesagt werden könnte, dass dessen Eintritt zeitlich in nächster Nähe bevorsteht. Die allgemeinen Begleitumstände, z. B. eine Willkürpraxis, die Repressionsmethoden gegen bestimmte oppositionelle oder verwundbare Gruppen, sind allgemeine Prognosetatsachen (vgl. zum kausalen und zeitlichen Zusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht BVerwG, Urteil vom 20.11.1990 - 9 C 72.90 - NVwZ 1991, 384).
28 
Für die Beurteilung sind alle Akte zu berücksichtigen und einzustellen, denen der Ausländer ausgesetzt gewesen war oder die ihm gedroht hatten, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände diese Handlungen als Verfolgung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 QRL gelten können.
29 
Zur Erstellung der erforderlichen Prognose sind objektiviert die Prognosetatsachen nach den allgemeinen Maßstäben des verwaltungsverfahrensrechtlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Regelbeweismaßes der Überzeugungsgewissheit zu ermitteln und festzustellen. Diese Tatsachen bestehen regelmäßig aus solchen, die in der Vergangenheit wie auch aus solchen, die in der Gegenwart liegen. Sie müssen sodann in einer Gesamtschau verknüpft und gewissermaßen in die Zukunft projiziert werden. Auch wenn insoweit - wie sich bereits aus dem Gefahrbegriff ergibt - eine beachtliche Wahrscheinlichkeit ausreicht und deshalb ein „voller Beweis“ nicht erbracht werden kann, ändert dies nichts daran, dass das Gericht von der Richtigkeit seiner verfahrensfehlerfrei gewonnenen Prognose drohender Verfolgung die volle Überzeugung gewonnen haben muss (BVerwG, Urteile vom 20.11.1990 - 9 C 74.90 - NVwZ 1991, 382, und - 9 C 72.90 - NVwZ 1991, 384).
30 
Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Religionszugehörigkeit anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt - abgesehen von den Fällen eines (staatlichen) Verfolgungsprogramms (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 158.94 - NVwZ 1995, 175) - ferner eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin "wegen" eines der in § 3b AsylVfG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. Urteil vom 05.07.1994 - a.a.O.).
31 
Für die Gruppenverfolgung (wie auch für jede Individualverfolgung) gilt weiter, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss (vgl. § 3e AsylVfG, Art. 8 QRL).
32 
Diese ursprünglich zum Asylgrundrecht für die unmittelbare und die mittelbare staatliche Gruppenverfolgung entwickelten Grundsätze können prinzipiell auf die Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure übertragen werden, wie sie nunmehr durch § 3c Nr. 3 AsylVfG (vgl. Art. 6 lit. c) QRL) ausdrücklich als flüchtlingsrechtlich relevant geregelt ist.
33 
Ob Verfolgungshandlungen das Kriterium der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 3c Nr. 1 und 2 AsylVfG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 3b AsylVfG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann. Diese Maßstäbe haben auch bei der Anwendung der Richtlinie 2011/95/EU Gültigkeit (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 - 10 C 11.08 - NVwZ 2009, 1237)
34 
Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylVfG (vgl. Art. 15 QRL) vorliegt (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010 - C-175/08 u.a. - InfAuslR 2010, 188; BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 - NVwZ 2011, 51). Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist allerdings ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden (vgl. Art. 4 Abs. 4 QRL); es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Den in der Vergangenheit liegenden Umständen wird Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigelegt (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010 - C-175/08 - InfAuslR 2010,188). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland wiederholen werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden; hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 - NVwZ 2011, 51). Die nach Art. 4 Abs. 4 QRL maßgebenden stichhaltigen Gründe, die gegen eine erneute Verfolgung sprechen, können bei richtigem Verständnis der Norm letztlich keine anderen Gründe sein als die, die im Rahmen der „Wegfall der Umstände-Klausel“ des Art. 11 Abs. 1 Buchst. e) und f) QRL maßgebend sind. Dafür spricht, dass der EuGH diese Grundsätze in einen Kontext mit der „Wegfall der Umstände-Klausel“ gestellt hat. Nur wenn die Faktoren, welche die Furcht des Flüchtlings begründeten, dauerhaft beseitigt sind, die Veränderung der Umstände also erheblich und nicht nur vorübergehend ist, wird die Beweiskraft der Vorverfolgung entkräftet. Würden im Blick auf ein bestimmtes Herkunftsland statusrechtliche Entscheidungen wegen veränderter Umstände aufgehoben, ist es gerechtfertigt, dem Vorverfolgten im Asylverfahren die Umstände, welche die geänderte Einschätzung der Verfolgungssituation als stichhaltige Gründe leiten, entgegenzuhalten. In diesem Fall bleibt ihm dann die Möglichkeit, unter Hinweis auf besondere, seine Person betreffende Umstände nach Maßgabe des allgemeinen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes erneut eine ihn treffende Verfolgung geltend zu machen.
35 
II. Dem Kläger ist zunächst nicht aus individuellen Verfolgungsgründen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
36 
Der Senat konnte insbesondere aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und des in ihr gewonnenen Eindrucks von der Person des Klägers nicht die erforderliche volle Überzeugung davon gewinnen, dass die vom Kläger behaupteten Vorfluchtgründe, namentlich dass er allein wegen mehrerer Kirchenbesuche in erheblichem Maße körperlich misshandelt wurde, der Wahrheit entsprechen.
37 
Der Kläger hatte ausweislich der ihm rückübersetzten und von ihm ausdrücklich bestätigten Niederschrift des Bundesamts vom 15.05.2013 im Verwaltungsverfahren ausgeführt, dass in seiner Gegend „moslemische Jungs“ gewesen seien, die ihm gesagt hätten, er solle nicht in die christliche Kirche gehen; sie hätten ihm Prügel angedroht. Einige Tage später habe man ihn auf dem Weg in die Kirche angehalten und ihm auf den Kopf gehauen. Es seien 10 bis 12 Leute aus seinem Stadtbezirk gewesen. In der mündlichen Verhandlung hat er gegenüber dem Senat hingegen behauptet, es seien seine beiden älteren Brüder, seine Cousins und Nachbarn gewesen, die ihn angehalten und geschlagen hätten. Eine plausible Erklärung auf den ihm vorgehaltenen Widerspruch konnte der Kläger dem Senat nicht unterbreiten. Dieser Widerspruch ist aus der Sicht des Senats von so großem Gewicht, dass er den von ihm behaupteten und seiner Schilderung nach wesentlichen Fluchtgrund dem Kläger nicht zu glauben vermag. Sicherlich können auch Nachbarn als „Leute aus seinem Stadtbezirk“ verstanden werden, dann aber ist es völlig fernliegend, wenn er, falls sich der Vorfall überhaupt so abgespielt hätte, nicht die Beteiligung engster Familienangehöriger beim Bundesamt erwähnt hätte. Denn es stellt eine ganz andere Qualität der eigenen Betroffenheit dar, wenn die Übergriffe von der eigenen Familie ausgehen. Der Vollständigkeit halber weist der Senat auch darauf hin, dass die Schilderung des Vorfalls auffallend blass geblieben ist und insbesondere eine plausible Darstellung vermissen ließ, wie es ihm gelungen sein soll, bei einer Überzahl von 10 bis 12 Leuten zu fliehen, wie er in der mündlichen Verhandlung behauptet hatte. Nicht nachzuvollziehen ist für den Senat auch, dass der Kläger gegenüber dem Bundesamt nicht sagen konnte, wo sich genau die Praxis des von ihm aufgesuchten Arztes befindet, sondern nur Vermutungen angestellt hatte, obwohl es „sein“ Arzt im eigenen Stadtviertel gewesen sein soll. Sowohl bei der Anhörung durch das Bundesamt wie auch in der mündlichen Verhandlung ist aus der Sicht des Senats nicht deutlich geworden, weshalb der Kläger sofort nach einem ersten Vorfall das Land unter Aufwendung erheblicher finanzieller Mittel verlassen hat und als alleinstehender junger Mann nicht vielmehr erst einmal sein engeres soziales und familiäres Umfeld aufgegeben und in eine andere Stadt gegangen ist. Der bloße Einwand, dass in Pakistan überall Moslems lebten und er sich sicher gewesen sei, dass sie ihn auch dort umgebracht hätten, ist nicht ohne weiteres plausibel, wenn die Gefährdung doch von einem engsten sozialen und familiären Umfeld ausgegangen sein soll, das ihn sehr gut gekannt hätte. Weshalb in einer anderen Stadt hätte veröffentlicht werden sollen, dass er Christ bzw. getauft worden sei, erschließt sich dem Senat nicht. Auch seine Erläuterung, dass er erst hier erfahren haben will, dass man, um Christ zu werden, getauft werden muss, ist nicht nachvollziehbar, wenn er in Pakistan bereits gewusst haben will, dass er Christ werden wolle, weshalb auch die behaupteten engeren Kontakte zu einer christlichen Kirche in Pakistan, über die er zudem auffallend wenig berichten konnte, generell infrage stehen.
38 
Nach der Schilderung des Klägers in der mündlichen Verhandlung hatte er seit etwa sechs Jahren Kontakt zu einem Mitspieler christlichen Glaubens mit Namen Zxxx im Cricketclub. Schon beim Bundesamt wie auch beim Verwaltungsgericht blieb der Kläger eine nachvollziehbare Erklärung dafür schuldig, weshalb er erst im Jahre 2011 von Zxxx angesprochen und aufgefordert worden sein will, mit in die Kirche zu gehen, und dieses nicht schon viel früher geschehen sein soll. Er hatte lediglich angegeben, dass sie erst im Jahre 2011 starke Freunde geworden seien, ohne dieses aber näher zu erläutern. Auch in der mündlichen Verhandlung fehlte eine schlüssige Antwort auf entsprechende Fragen des Senats. Bemerkenswert ist zudem, dass der Kläger bei der Anhörung durch das Bundesamt mehrfach davon gesprochen hatte, dass verschiedene „Jungs“ christlichen Glaubens aus dem Club, die enge Freunde von ihm gewesen seien, ihn angesprochen und aufgefordert hätten, in die Kirche zu gehen, während in der mündlichen Verhandlung davon auch nicht mehr im Ansatz die Rede war, sondern nur noch von Zxxx. Die Freunde sollen nach den beim Bundesamt gemachten Angaben auch die Ausreise gemeinsam organisiert haben, wovon der Kläger in der mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht mehr gesprochen hatte. Schließlich kann angesichts grundlegender Widersprüche und Unzulänglichkeiten nicht übersehen werden und muss auch jedenfalls in der Gesamtschau zum Nachteil des Klägers gewertet werden, dass er beim Bundesamt den Namen des Freundes mit „Axxx“ angegeben hatte. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass es sich um einen Übertragungsfehler gehandelt haben könnte, sieht der Senat nicht. Denn zum einen ist die Ähnlichkeit beider Namen nicht sehr groß, zum anderen wurde die Niederschrift rückübersetzt, ohne dass der Kläger insoweit eine Berichtigung angebracht hätte; auch in der Folgezeit nach Erhalt einer Protokollabschrift ist solches nicht geschehen. Bemerkenswert ist auch, dass der Kläger beim Bundesamt nicht näher eingrenzen konnte, wann er im Jahre 2011 mit den Besuchen in der Kirche begonnen hatte, während er beim Verwaltungsgericht den Vorfall immerhin nunmehr auf den achten oder neunten Monat 2012 (gemeint 2011) relativ präzise datieren konnte. In der mündlichen Verhandlung will er nunmehr mit den Besuchen im neunten Monat begonnen haben, während sich der Vorfall im zehnten Monat abgespielt haben soll. Das wiederum passt offensichtlich nicht zu seinem Vorbringen, er sei nach dem Vorfall nicht mehr zur Familie gegangen, sondern zu Zxxx, bei dem er noch 20 bis 25 Tage geblieben sei bis er mit dem Zug von Lahore nach Quetta gefahren sei, während er beim Bundesamt angegeben hatte, am 23.12.2011 (nicht wie im Protokoll offensichtlich irrtümlich ausgeführt 2012) von Lahore mit dem Zug nach Quetta gefahren zu sein.
39 
III. Dem Kläger kann die Flüchtlingseigenschaft auch nicht allein deshalb zuerkannt werden, weil er inzwischen Christ ist und im Falle der Rückkehr seinen Glauben aktiv auch in der Öffentlichkeit praktizieren wird. Der Senat geht in diesem Zusammenhang nach den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass er als getaufter Christ seinem Glauben innerlich verbunden ist und es zu den von ihm als verbindlich verstanden Glaubensinhalten gehört, regelmäßig an den Gottesdiensten seiner Gemeinde teilzunehmen und sich an der Gemeindearbeit zu beteiligen.
40 
Christen in Pakistan droht nach den im Verfahren vom Senat zugrunde gelegten und ausgewerteten Erkenntnismitteln nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, wegen ihres Glaubens und ihrer – auch öffentlichen – Glaubensbetätigung einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 QRL ausgesetzt zu sein.
41 
Der Senat geht davon aus, dass in Pakistan mindestens 3 Millionen Christen leben (vgl. AA Lagebericht vom 08.04.2014, S. 6 und 16 – im Folgenden Lagebericht; vgl. aber auch Home Office, Pakistan, Country of Origin Information Report vom 09.10.2013, Ziffer 19.178 – im Folgenden COI – wonach laut einiger Quellen die Zahl in Wirklichkeit das Doppelte betragen soll). Nach der Rechtslage bestehen - anders als bei der religiösen Minderheit der Ahmadis – keine wesentlichen unmittelbaren Diskriminierungen der Christen in Pakistan (vgl. etwa Lagebericht, S. 13 f.; BAA, Bericht zur Fact Finding Mission, Pakistan, Juni 2013, S. 38 ff. und 51 ff. – im Folgenden BAA). Eine Ausnahme besteht insoweit, als der Premierminister sowie der Präsident Muslim sein muss, was teilweise als schlechtes Signal an die Bevölkerung beschrieben wird, dass die Minderheiten auch minderwertig seien (vgl. BAA, S. 51). Allerdings wirkt sich die sog. Blasphemiegesetzgebung auch bei der christlichen Minderheit faktisch zu ihrem Nachteil aus, zumal diese – nicht anders als bei anderen Minderheiten, aber auch bei der Mehrheitsbevölkerung – in erheblichem Maße aus eigensüchtigen Motiven und Gründen von den Anzeigeerstattern missbraucht wird (vgl. ausführlich auch BAA, S. 48 ff.; COI, Ziffer 19.33. ff.; UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Angehörigen religiöser Minderheiten in Pakistan, 10.10.2012, S. 6 f. – im Folgenden UNHCR; Human Rights Commission of Pakistan, State of Human Rights in 2013, S. 27 ff und 101 ff. – im Folgenden HRCP).
42 
Der Senat hat sich zu den Blasphemiegesetzen in seinem den Beteiligten im Einzelnen bekannten Urteil vom 12.06.2013 (A 11 S 757/13 - juris) ausführlich geäußert, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird (vgl. dort Rn. 68 ff.). Wesentlich neue Aspekte haben sich insoweit zwischenzeitlich nicht ergeben. Betroffen sind davon allerdings in erster Linie nicht Angehörige der christlichen Minderheit. Dokumentiert sind zwei nicht rechtskräftige Todesurteile gegen eine christliche Frau und ein christliches Mädchen, ohne dass nähere Umstände hierzu bekannt geworden sind (vgl. etwa Human Rights Watch World Report 2014, S. 367 f. – im Folgenden HRWWR). Im Jahre 2012 kam es zu insgesamt 113 Anklagen (gegenüber 79 im Jahre 2011), davon 12 gegen Christen (Lagebericht, S. 14; vgl. auch HRCP, S. 33 f., die von geringfügig höheren Zahlen ausgeht). Im Jahre 2013 wurden insgesamt gegen 68 Personen Verfahren eingeleitet, darunter gegen 14 Christen; es wurden insgesamt mindestens 16 oder 17 Personen zum Tode und 19 oder 20 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, davon eine Verurteilung eines Christen zu lebenslanger Freiheitsstrafe und zwei Freisprüche von Christen (vgl. US Commission of International Religious Annual Report 2014, S. 76 – Im Folgenden USCIRF I; HRWWR, S. 367; HRCP, S. 33 ff.; vgl. zu weiteren Verurteilungen eines britischen Staatsangehörigen und einer pakistanischen Christin im Jahre 2014 Briefing Notes vom 27.01.2014 und 31.03.2014).
43 
Die Religionsausübung der christlichen Minderheit wird grundsätzlich staatlicherseits nicht eingeschränkt oder behindert. Für das Jahr 2012 wurde allerdings berichtet, dass auch staatliche Stellen sich an der Zerstörung christlicher Einrichtungen beteiligt hätten (vgl. US Commission of International Religious Freedom Annual Report 2012, S. 126 – Im Folgenden USCIRF II). Vergleichbare Vorkommnisse werden für das Jahr 2013 in den zahlreichen Erkenntnismitteln an keiner Stelle mehr erwähnt (vgl. USCRIF I, S. 75 ff. und US Commission of International Religious Freedom Annual Report 2013, S. 123 – im Folgenden USCRIF IV).
44 
Die wesentlichen Probleme, mit denen religiöse Minderheiten konfrontiert sind, sind die Auswirkungen der zunehmenden interkonfessionellen Gewaltakte von nicht-staatlicher Seite und Diskriminierungen im gesellschaftlichen Leben (vgl. hierzu schon ausführlich Senatsurteil vom 12.06.2013 – A 11 S 757/13). Allerdings ist festzustellen, dass sich diese Gewalttaten bislang überwiegend gar nicht gegen Christen, sondern gegen Angehörige der schiitischen Minderheit richten (vgl. BAA, S. 19 f und 47 f.; Lagebericht, S. 16; HRWWR, S. 367; USCIRF I, S. 75). Für das Jahr 2013 wurden insgesamt 658 Tote und 1195 Verletzte gezählt (vgl. Lagebericht S. 16), die gegen religiöse Minderheiten gerichteten interkonfessionellen Gewaltakten zum Opfer gefallen sind, während es sich im Jahre 2012 „nur“ um 507 Tote und 577 Verletzte gehandelt hatte (vgl. COI, Ziffer 19.233). Was die christliche Minderheit betrifft, sind besonders hervorzuheben ein Anschlag auf die anglikanische Allerheiligen-Kirche in Peshawar am 22.09.2013, durch den wohl etwa 100 Personen getötet und über 150 zum Teil schwer verletzt wurden (vgl. Lagebericht, S. 16, und USCIRF I, S. 76). Im März und April attackierte eine aufgehetzte Menschenmenge christliche Siedlungen bzw. Dörfer; bei den Attacken wurden über 100 Häuser zerstört, ohne dass aber Menschenleben zu beklagen waren (vgl. USCIRF I, S. 76; vgl. auch BAA, S. 42 f.; vgl. auch HRCP, S. 94 - zu weiteren – allerdings vereinzelten – Übergriffen auf Kirchen S. 94), wobei auch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Vorfall im März 2013 von langer Hand vorbereitet worden war. Im Wesentlichen alle verwerteten Erkenntnismittel sind sich in diesem Zusammenhang einig, dass staatliche Sicherheits- und Strafverfolgungsorgane hierbei den erforderlichen Schutz nur lückenhaft gewähren oder jedenfalls viel zu spät eingreifen, wobei dieses oftmals nicht allein darauf zurückzuführen ist, dass diese Organe überfordert wären, sondern auch auf einer offensichtlich mangelnden Bereitschaft beruht, effektiven Schutz zu gewähren (vgl. etwa BAA, S. 19 ff. und 42 ff.; HRWWR, S. 367; UNHCR, S. 1 f.; vgl. zu unzureichenden Schutzmaßnahmen schon Departement of State‘s International Religious Freedom Report for 2012, Stichwort „Government Inaction“ – Im Folgenden USCIRF III). Allerdings ist auch festzuhalten, dass es fundierte Berichte gibt, dass Polizeiorgane bei dem Versuch, den gebotenen Schutz zu gewähren, ernsthafte Verletzung erlitten haben (vgl. BAA, S. 43; vgl. auch S. 46 zu Schutzmaßnahmen bei Prozessionen). Immerhin haben die Sicherheitsorgane nach gewalttätigen Übergriffen auch Ausgangssperren zum Schutze der Minderheiten und gegenüber muslimischen Klerikern Verbote verhängt, die Stadt zu betreten, um zu verhindern, dass diese zur Gewalt aufstacheln und Hassreden halten (vgl. HRCP S. 76). Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang abschließend, dass es nach dem Angriff am 22.09.2013 in Lahore und Islamabad bemerkenswerte zivilgesellschaftliche Solidaritätsaktionen zugunsten der Christen gab, indem um mehrere Kirchen Menschenketten gebildet wurden (HRCP, S. 94).
45 
Selbst wenn man bei der gebotenen qualitativen Bewertung (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 27.04.2010 - 10 C 4.09 - NVwZ 2011, 56, vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 und vom 13.02.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487) berücksichtigt, dass derartige Gewaltakte teilweise nicht vorhergesehen werden und die Angehörigen der religiösen Minderheiten gewissermaßen aus heiterem Himmel treffen können, was es ihnen dann aber unmöglich macht, ihnen auszuweichen, so genügen selbst die für das Jahr 2013 festgestellten Opferzahlen, die nach den verwerteten Erkenntnismitteln überwiegend nicht die christliche Minderheit betreffen, bei weitem nicht, um die Annahme zu rechtfertigen, jeder Angehörige dieser mindestens drei Millionen zählenden Minderheit müsse mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, in einer noch überschaubaren Zeit Opfer derartiger Leib oder Leben betreffenden Akte zu werden. Daran ändern nichts die etwa vom Auswärtigen Amt im Lagebericht vom 08.04.2014 (S. 16) getroffene Feststellung, dass nach den Ereignissen des Jahres 2013 die Bedrohungslage der christlichen Minderheit in Pakistan eine neue Qualität habe, und die Tatsache, dass die Human Rights Commission of Pakistan davon spricht, dass das Jahr 2013 eines der schwärzesten für die christlichen Gemeinden in Pakistan gewesen sei (HRCP, S. 92). Auch UNHCR ist bislang der Auffassung gewesen, dass eine generelle, vom Einzelfall unabhängige Gefährdung nicht besteht (UNHCR, S. 8). Selbst die Organisation „Open Doors“ (Länderprofile Pakistan), die insgesamt ein durchaus düsteres Bild vermittelt, das aber in den anderen Erkenntnismitteln keine unmittelbare Entsprechung findet, geht davon aus, dass die christlichen Gemeinden sich nach wie vor ungehindert auch mit Öffentlichkeitsbezug versammeln und arbeiten können, auch wenn mitunter die Kirchen von bezahlten Wachleuten geschützt werden. Der Senat kann daher offen lassen, ob der pakistanische Staat den durch Art. 7 Abs. 2 QRL geforderten effektiven Schutz gewährleistet, was aber nach den verwerteten Erkenntnismitteln eher zu verneinen sein dürfte.
46 
Dass es nach wie vor ein reges, wenn auch nicht ungefährliches religiöses Leben der christlichen Minderheit auch mit unmittelbarem Öffentlichkeitsbezug in Pakistan gibt, wird beispielhaft illustriert durch die – auch neueren – Berichte, die auf der Website http://www.kirche-in-not.de/tag/pakistan erschienen sind und weiter erscheinen. Dass tatsächlich der christliche Glaube in nennenswertem Umfang in Pakistan gelebt und aktiv praktiziert wird, lässt sich auch unschwer daraus ablesen, dass die Kirchen in erheblichem Umfang Schulen und andere Bildungseinrichtungen betreiben (vgl. missio, Länderberichte Religionsfreiheit: Pakistan, 2012, S. 18 – im Folgenden missio; Deutschlandradio Kultur vom 13.01. und 11.02.2014; vgl. auch den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Ausdruck des Internetauftritts der FGA-Church Pakistan). Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Erzdiözesen Karachi und Lahore seit langer Zeit größere Krankhäuser betreiben und auch seit 2009 eigene Fernsehsender unterhalten (Wikipedia, Roman Catholic Archdiocese of Lahore Stand 28.03.2014; Wikipedia, Roman Catholic Archdiocese of Karachi Stand 28.03.2014).
47 
Die gesellschaftliche und soziale Lage der christlichen Minderheit wird übereinstimmend als durchaus prekär und durch vielfältige Diskriminierungen geprägt beschrieben. Gleichwohl ist das Bild zwiespältig. Die festzustellende Marginalisierung und Diskriminierung beruht dabei keineswegs allein oder ganz überwiegend auf dem christlichen Glauben, sondern hat auch eine wesentliche Wurzel in dem noch nachwirkenden und überkommenen Kastenwesen, weil die Christen zum größten Teil Nachkommen von Hindus sind, die der Kaste der Unberührbaren angehörten (vgl. BAA, S. 52; COI, Ziffer 19.198 und 19.204). Dies hat zur Folge, dass die überwiegende Zahl der Christen der Unterschicht zuzurechnen ist und unter der Armutsgrenze lebt, was im Übrigen auch für andere Minderheiten gilt, und die Rate von Analphabetentum sehr groß ist (vgl. Lagebericht, S. 13 f.; BAA, S. 50 ff.; Immigration und Refugee Board of Canada, Pakistan: Religious conversions, including treatment of converts and forced conversions (2009 – 2012), Ziff. 1 – im Folgenden Canada). Diese Stellung wiederum macht eine wesentliche Ursache dafür aus, dass junge christliche Frauen und Mädchen in besonderem Maße das Opfer von unfreiwilligen Bekehrungen und Verheiratungen nach Entführungen werden (vgl. COI, Ziffer 19.188 und 19.198; UNHCR, S. 7; HRCP, S. 95 f.), wobei auch hier ein wirklich effektiver Schutz durch die pakistanischen Sicherheitsorgane nicht gewährt wird, auch wenn in der Nationalversammlung und auf der staatlichen Führungsebene das Problem gesehen und über Abhilfe diskutiert wird (vgl. Canada Ziff. 1). Allerdings berichtet die Pakistanische Menschenrechtsorganisation für das Jahr 2013 durchaus von erheblich weniger erfolgreichen oder versuchten zwangsweisen Konversionen bzw. Verheiratungen (vgl. HRCP, S. 91). Bei alledem darf letztlich aber zudem nicht die Tatsache ausgeblendet werden, dass Entführungen, Zwangsverheiratungen und Vergewaltigungen von (jungen) Frauen in Pakistan ein durchaus gesamtgesellschaftliches Phänomen und Problem darstellen, das weit über die christliche Minderheit hinausreicht (vgl. COI, Ziff. 23.156 ff.; Lagebericht, S. 19 und 21). Die Christen arbeiten überwiegend in der Landwirtschaft, der Steinbearbeitungs-, Glas-, Teppich- und Fischereiindustrie, für die auch Elemente von Zwangsarbeit festgestellt wurden, gegen die die staatlichen Stellen trotz entsprechender Verbotsgesetze nicht effektiv vorgehen (vgl. UNHCR, S. 8). Die Diskriminierung der christlichen Minderheit findet aber auch hier nicht in erster Linie im staatlichen Sektor statt, in dem allenfalls in Bezug auf höhere Positionen eine signifikante Unterrepräsentierung festzustellen ist (vgl. BAA, S. 51; vgl. zum Bildungswesen und diskriminierenden Bildungsinhalten bzw. zum obligatorischen islamischen Religionsunterricht USCIRF III, Stichwort „Governments Practice“). Die staatliche Seite versucht durchaus, gesellschaftlichen Diskriminierungen entgegen zu arbeiten (vgl. BAA, S. 41 und 52). An einer konsequenten, geschweige denn erfolgreichen auf den nicht-staatlichen Bereich bezogenen Antidiskriminierungspolitik mangelt es zwar. Ein solches Unterlassen stellt jedoch keine Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 (hier v.a. lit. b, c und d) QRL dar, wenn man überhaupt in einem Unterlassen eine relevante Verfolgungshandlung sehen will (vgl. zum Problem grundsätzlich Marx, Handbuch zu Flüchtlingsschutz, 2. Aufl., § 11 Rn. 2 ff.), weshalb schon deshalb auch aus einer Gesamtschau aller negativen Faktoren (einschließlich der festgestellten Übergriffe auf Leib und Leben sowie vereinzelter menschenrechtlich fragwürdiger Verfahren wegen eines behaupteten Verstoßes gegen einzelne Bestimmungen der Blasphemiegesetzgebung) keine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 lit. b) QRL abgeleitet werden kann. Denn nur in einer finalen und systematischen Vorenthaltung des staatlichen Schutzes zur Vermeidung erheblicher Menschenrechtsverletzungen kann überhaupt ein zurechenbares und daher flüchtlingsrechtlich relevantes Verhalten erblickt werden (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 - NVwZ 2009, 984), was jedoch aus den verwerteten Erkenntnismitteln nicht hinreichend deutlich zutage tritt. Geht man hingegen davon aus, dass in einem Unterlassen generell keine Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 QRL liegen kann und verortet man die Problemstellung (nur) bei der Frage, welche Anforderungen an das nach Art. 7 Abs. 2 QRL geforderte nationale Schutzsystem zu stellen sind, so führt dies zu keiner anderen Sicht der Dinge. Zwar finden sich in einer Vielzahl von Menschrechtspakten ausdrückliche Diskriminierungsverbote (vgl. etwa Art. 2 AEM; Art. 14 EMRK; Art. 26 IPbpR), die mittlerweile zu einem allgemeinen völkergewohnheitsrechtlichen Diskriminierungsverbot erstarkt sein dürften (vgl. Marx, a.a.O., § 16 Rn 45), das auch Art. 9 Abs. 2 QRL zugrunde liegt, das aber grundsätzlich in erster Linie an staatliche Akteure gerichtet ist. Es existiert jedoch keine allgemeine, auch flüchtlingsrechtlich relevante Verpflichtung, Diskriminierungen durch nicht-staatliche Akteure umfassend zu unterbinden und mit allen Mitteln effektiv zu bekämpfen. Ein auch solche Handlungen, die unterhalb der Schwelle von Eingriffen in Leib, Leben oder persönlicher Freiheit liegen, unterbindendes Schutzsystem wird durch Art. 7 Abs. 2 QRL nicht gefordert. Soweit etwa Art. 7 IPwskR das Recht der Arbeitnehmer auf gleiches Entgelt für gleichwertige oder auf gleiche Möglichkeiten auf beruflichen Aufstieg anerkennt und damit auch nicht-staatliche Akteure im Blick hat, handelt es sich nicht um ein Instrumentarium, das bedingungslos grundlegende menschenrechtliche Standards umschreibt, die flüchtlingsrechtlich eine Verpflichtung zu einer umfassenden Antidiskriminierungspolitik auslöst und daher Grundlage eines umfassenden flüchtlingsrechtlich relevanten menschenrechtlichen Schutzstandards sein könnte. Dies gilt namentlich dann, wenn - wie dargelegt - die allgemeine sozio-ökonomische Lage der christlichen Minderheit gar nicht monokausal auf ihre Religionszugehörigkeit zurückgeführt werden kann.
48 
Das vom Kläger angesprochene „land grabbing“ privater Akteure ist ein in Pakistan weit verbreitetes Phänomen und richtet sich nicht spezifisch gegen die christliche Minderheit, sondern betrifft auch andere Bewohner des Landes, die sich aufgrund ländlicher feudaler oder sonstiger ubiquitärer mafiöser Strukturen in einer unterlegenen Position befinden und bei denen nicht selten effektiver staatlicher Schutz ausfällt (vgl. COI, Ziff. 35.01; HRCP, S. 253).
49 
Ungeachtet dessen vermag der Senat den zahlreichen verwerteten Erkenntnismitteln auch keinen tragfähigen Ansatz für eine Feststellung zu entnehmen, dass die Lage der christlichen Minderheit generell betrachtet durch eine schwere Menschenrechtsverletzung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL gekennzeichnet wäre.
50 
Etwas anderes gilt auch nicht allgemein und generell betrachtet für den Personenkreis der vom Islam zum Christentum Konvertierten.
51 
Zunächst ist davon auszugehen, dass die pakistanische Rechtsordnung den Vorgang der Konversion nicht untersagt oder gar strafrechtlich bewertet (vgl. Lagebericht, S. 14). Versuche, die Rechtslage zu Lasten der Konvertiten zu verändern, sind sogar gescheitert und aufgegeben worden (vgl. COI, Ziff. 19.66). Allerdings kann hier die bereits erwähnte Blasphemie-Gesetzgebung zum Einfallstor für Verfolgungen und Diskriminierungen werden, wenn es um die Beurteilung von Äußerungen und Verhaltensweisen im Kontext einer Konversion geht (vgl. missio, S. 13 und 17; Deutschlandradio Kultur vom 11.02.2014, S. 3). Dass aber in signifikantem Umfang der hier zu beurteilende Personenkreis betroffen sein könnte, lässt sich den vielfältigen Erkenntnismitteln nicht entnehmen, obwohl in ihnen eine unübersehbare Fülle von Einzelinformationen verarbeitet wurden. Auch missio benennt in diesem Kontext keine konkreten Einzelfälle, sondern weist nur auf die Möglichkeit hin. Für die staatliche Ebene wird allerdings berichtet, dass ein Neueintrag der christlichen Religion in den Personalausweisen bzw. Pässen nicht möglich ist, jedenfalls faktisch nicht vorgenommen wird (Canada, Ziffer 3). Zwar wird auch berichtet, dass im Falle einer Konversion beider Ehegatten die Kinder der Konvertierten als „illegitim“ eingestuft werden und der Staat die Kinder sogar in Obhut nehmen kann. Dazu wird aber in den zahlreichen Erkenntnismitteln, die sehr ausführlich über Konversion berichten, insbesondere auch in den spezifisch christlichen bzw. kirchlichen Erkenntnismitteln kein einziger Fall benannt, geschweige denn nachvollziehbar dokumentiert.
52 
Die Probleme liegen wiederum in erster Linie in der gesellschaftlichen Sphäre. Denn nicht unerhebliche Teile der pakistanischen Gesellschaft stehen den religiösen Minderheiten ablehnend, wenn nicht gar feindselig gegenüber. Umso mehr wird dann eine Konversion weg vom Islam missbilligt, was zu hohen Befürwortungsraten für die Verhängung der Todesstrafe führt (vgl. COI, Ziff. 19.67). Wie bereits dargelegt, hat sich diese gesellschaftliche Stimmung aber nicht in entsprechenden erfolgreichen Gesetzesvorhaben niedergeschlagen. Teilweise stößt eine Konversion in der eigenen Familie des Konvertiten auf strikte Ablehnung, was dazu führen kann, dass der Betreffende aus der Familie verstoßen wird. Vereinzelt ist es hier auch zu körperlichen Übergriffen bis zu Tötungen gekommen (vgl. Canada, Ziff. 1 und 3). Den verwerteten Erkenntnismitteln nach kann es sich aber nicht um eine weiter verbreitete oder gar allgegenwärtige Erscheinung handeln.
53 
Die Folgen der gesellschaftlichen und innerfamiliären Ablehnung und Missbilligung gehen dahin, dass Konvertiten es teilweise, jedoch nicht generell, bewusst vermeiden, die Konversion an die Öffentlichkeit zu tragen, und daher ggf. auch den Wohnort wechseln, um nicht in ihrem bisherigen Wohnumfeld aufzufallen, um dann andernorts gewissermaßen als „unbeschriebenes Blatt“ als Christ auftreten und diesen Glauben mit den oben beschriebenen Einschränkungen leben zu können (vgl. etwa Open Doors, Länderprofile Pakistan). Das bedingt aber andererseits, dass es verlässliche Zahlen über die Konversionen vom Islam weg nicht geben kann. Auch wenn angesichts der geschilderten Haltung der Mehrheitsgesellschaft davon auszugehen sein wird, dass die Zahl der erfolgten Lösungen vom Islam oder Konversionen weg vom Islam nicht sehr groß sein wird, so fehlt es doch gegenwärtig an ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass nach Maßgabe der für die Annahme einer Gruppenverfolgung zugrunde zu legenden Prognosemaßstäbe jeder pakistanische Staatsangehörige, der sich vom Islam löst, unterschiedslos ein reales Risiko läuft, von einer schweren Menschenrechtsverletzung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 lit. a) oder lit. b) QRL betroffen zu sein. Der Senat sieht sich in dieser Einschätzung durch den Bericht von Deutschlandradio Kultur vom 11.02.2014 und die dort geschilderte Haltung und Einschätzung eines ehemaligen Muslim bestätigt, die deutlich machen, dass Konversion bzw. auch nur Abkehr vom Islam möglich ist, tatsächlich stattfindet und keineswegs mit einer gewissen Zwangsläufigkeit zu schweren Menschenrechtsverletzungen führt. Im konkreten Einzelfall mag aufgrund individueller Umstände eine andere Beurteilung erforderlich werden. Unabhängig hiervon sieht der Senat keine durchgreifenden Hindernisse für eine Person in der Lage des Klägers, im Falle von unmittelbaren Anfeindungen und Übergriffen im persönlichen Umfeld seinen Wohnort zu wechseln (vgl. Art. 8 QRL), wie dieses nach den verwerteten Erkenntnismitteln immer wieder geschieht, um ein Leben als Christ führen zu können (vgl. Lagebericht, S. 24; Open Doors, Länderprofile Pakistan; Home Office, Country Information and Guidance, Pakistan: Religious freedom, 2014, Ziff. 2.4.16 f.). Aufgrund besonderer Umstände mag auch hier im Einzelfall etwas anderes gelten. Diese sind jedoch in der Person des Klägers nicht erkennbar geworden. Zwar hat er behauptet, als Cricketspieler in Lahore bekannt zu sein. Dass dieses landesweit der Fall gewesen sein könnte, erschließt sich dem Senat nicht. Denn solches wurde vom Kläger schon nicht nachvollziehbar und substantiiert behauptet. Ungeachtet dessen ist seine Person an keiner Stelle im Internet im Kontext des Cricketsports in Pakistan zu finden, worauf der Kläger in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde.
54 
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO und 83b AsylVfG. Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).

Gründe

1

Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. a) Die Beschwerde hält in rechtlicher Hinsicht zunächst für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob bei der Prüfung der Frage, ob eine nach asylerheblichen Kriterien abgrenzbare Personenmehrheit einer Gruppenverfolgung im potentiellen Verfolgerstaat unterliegt, maßgeblich quantitative oder auch maßgeblich qualitative Aspekte - wie die generelle Einstellung der staatlichen Sicherheitsbehörden gegenüber dieser Gruppierung - eine entscheidende Rolle zu spielen haben,"

ohne in diesem Zusammenhang die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage näher darzulegen. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Gruppenverfolgung, an denen auch unter Geltung der Richtlinie 2004/83/EG festzuhalten ist, sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich geklärt (vgl. Urteil vom 21. April 2009 - BVerwG 10 C 11.08 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 39 m.w.N.). Danach setzt die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung grundsätzlich eine bestimmte Verfolgungsdichte voraus. Der Feststellung dicht und eng gestreuter Verfolgungsschläge bedarf es allerdings nicht, wenn hinreichend sichere Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm bestehen, dessen Umsetzung bereits eingeleitet ist oder alsbald bevorsteht (vgl. Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <204>). Eine derartige Extremsituation hat das Berufungsgericht in Sri Lanka sowohl in Bezug auf die Gruppe der Tamilen insgesamt als auch in Bezug auf nach weiteren Kriterien einzuschränkende Untergruppen verneint und dies anhand der ihm vorliegenden Erkenntnisquellen im Einzelnen begründet (vgl. UA S. 60 ff). Dem hält die Beschwerde - ohne sich mit den Feststellungen des Berufungsgerichts näher auseinanderzusetzen - entgegen, die Frage eines staatlichen Verfolgungsprogramms dränge sich hier wegen der grundsätzlichen Haltung der srilankischen Regierung und ihrer Sicherheitsbehörden gegenüber der ethnischen Minderheit der Tamilen auf, Tamilen würden von der srilankischen Regierung und den Sicherheitsbehörden grundsätzlich nicht als "vollwertige Bürger", sondern als "inferor" angesehen und systematisch diskriminiert. Mit dieser Behauptung wendet sich die Beschwerde primär in tatsächlicher Hinsicht gegen die ihrer Auffassung nach unzutreffende Bewertung der Lage der Tamilen in Sri Lanka und damit gegen die den Tatsachengerichten vorbehaltene Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Darauf kann eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache nicht mit Erfolg gestützt werden.

3

b) Auch die von der Beschwerde weiter aufgeworfene Frage,

"ob bei der Prüfung des Vorliegens einer Gruppenverfolgung - gegebenenfalls auch in quantitativer Hinsicht - zu Gunsten des jeweiligen Asylbewerbers berücksichtigt werden muss, dass der potentielle Verfolgerstaat eine Aufklärung von asylerheblichen Übergriffen durch Medien, nicht staatliche Organisationen usw. systematisch behindert und möglichst unmöglich machen will,"

rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Insoweit fehlt es bereits an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage. Die Beschwerde zeigt nicht auf, inwiefern das Berufungsgericht darauf abgestellt hat, dass der srilankische Staat die Aufklärung von asylerheblichen Übergriffen durch Medien, nicht staatliche Organisationen usw. systematisch behindert oder möglichst unmöglich machen will. Dagegen spricht im Übrigen, dass das Berufungsgericht seine Entscheidung auf eine Vielzahl von Erkenntnisquellen stützt, in denen asylerhebliche Übergriffe im Einzelnen dokumentiert sind (vgl. UA S. 26 ff). Dessen ungeachtet ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass die Instanzgerichte bei der Prüfung einer Gruppenverfolgung die zahlenmäßigen Grundlagen der gebotenen Relationsbetrachtung zur Verfolgungsdichte nicht mit quasi naturwissenschaftlicher Genauigkeit feststellen müssen, sondern es genügt, die ungefähre Größenordnung der Verfolgungsschläge zu ermitteln und sie in Beziehung zur Gesamtgruppe der von Verfolgung Betroffenen zu setzen. Dabei dürfen sie bei unübersichtlicher Tatsachenlage und nur bruchstückhaften Informationen aus einem Krisengebiet auch aus einer Vielzahl ihm vorliegender Einzelinformationen eine zusammenfassende Bewertung des ungefähren Umfangs der asylerheblichen Verfolgungsschläge und der Größe der verfolgten Gruppe vornehmen. Auch für die Annahme einer erheblichen Dunkelziffer nicht bekannter Übergriffe müssen die gerichtlichen Feststellungen zur Größenordnung der Gesamtheit der Anschläge aber in nachvollziehbarer und überprüfbarer Weise begründet werden (vgl. Urteil vom 21. April 2009 a.a.O.).

4

2. Die Beschwerde zeigt auch die von ihr geltend gemachten Verfahrensmängel nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend auf. Insoweit sieht sie einen Verstoß gegen § 86 Abs. 2 und 3, § 108 VwGO sowie Art. 103 Abs. 1 GG, weil das Berufungsgericht seine Entscheidungsfindung nicht auf einer nachvollziehbaren Tatsachengrundlage getätigt habe.

5

Die Beschwerde greift weitgehend die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts an (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind nach ständiger Rechtsprechung revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Ein Verfahrensverstoß kann allenfalls ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder die allgemeinen Erfahrungsgrundsätze missachtet (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2004 - BVerwG 1 B 249.03 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 284 m.w.N.). Dass die angefochtene Entscheidung derartige Mängel aufweist, legt die Beschwerde ebenso wenig dar wie einen Verstoß gegen die Begründungspflicht (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) und das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO). Ein Verstoß gegen § 86 Abs. 2 und 3 VwGO wird von der Beschwerde nicht einmal ansatzweise dargelegt. Dies gilt auch, falls ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) gemeint sein sollte. Im Übrigen bemerkt der Senat:

6

a) Die Beschwerde rügt, das Berufungsgericht habe eine Gruppenverfolgung der aus dem westlichen Ausland abgeschobenen Tamilinnen und Tamilen, zumal solcher die ursprünglich aus den tamilischen Siedlungsgebieten Sri Lankas stammten, abgelehnt, ohne in diesem Zusammenhang die für eine nachvollziehbare Relationsprüfung erforderlichen Feststellungen zur Größe und zum Umfang der gegen diese Gruppe ergriffenen asylerheblichen Maßnahmen getroffen zu haben. Dabei übergeht die Beschwerde allerdings die Feststellung des Berufungsgerichts, dass allein die Tatsache des Auslandsaufenthalts und die Stellung eines Asylantrags im Ausland bei der Einreise nach Sri Lanka keinen Anknüpfungspunkt für Übergriffe der Sicherheitskräfte darstellen (vgl. UA S. 44) und allenfalls hinsichtlich abgeschobener Tamilen Übergriffe bekannt geworden sind (UA S. 47). Inwiefern der Kläger hiervon auch im Falle der ihm möglichen freiwilligen Ausreise betroffen wäre, legt die Beschwerde nicht dar. Bei dieser Sachlage hätte näherer Darlegung bedurft, inwiefern die Entscheidung auf den von der Beschwerde vermissten Tatsachenfeststellungen beruhen kann.

7

b) Hinsichtlich der Untergruppe der aus dem Norden und Osten Sri Lankas stammenden Tamilinnen und Tamilen wird ein Verfahrensmangel ebenfalls nicht schlüssig dargelegt. Auch hier rügt die Beschwerde das Fehlen der für eine Relationsprüfung erforderlichen Feststellungen zur Größe und zum Umfang der in Colombo gegen diese Untergruppe ergriffenen asylerheblichen Maßnahmen, ohne sich allerdings damit auseinanderzusetzen, dass dem Berufungsurteil zumindest ansatzweise Feststellungen zur Größe dieser Gruppe zu entnehmen sind. So ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass nach einer Studie aus dem Jahr 2005 die Tamilen mit rund 300 000 Personen inzwischen die Mehrheit in der ursprünglich singhalesisch dominierten Hauptstadt Colombo bildeten (vgl. UA S. 51), sie zu "einem großen Teil" aus den nördlichen und östlichen Landesteilen stammten (vgl. UA S. 53) und der Anteil der Tamilen aus den Kriegsgebieten weiter ansteigen dürfte (allein im August 2008 seien nach Angaben der Schweizerischen Flüchtlingshilfe weitere 6 950 Personen nach Colombo gekommen, vgl. UA S. 51, 53). Die Beschwerde legt nicht dar, inwiefern bei dieser Sachlage - selbst wenn man unterstellt, dass die vom Berufungsgericht festgestellten asylerheblichen Übergriffe in Colombo sich ausschließlich gegen Tamilinnen und Tamilen richteten, die aus dem Norden oder Osten des Landes stammten - es zumindest möglich erscheint, dass die für eine Verfolgung dieser Untergruppe erforderliche Verfolgungsdichte besteht. Im Übrigen setzt die Beschwerde sich auch nicht damit auseinander, dass das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass den aus dem Norden oder Osten des Landes stammenden Tamilen ein Ausweichen in ihre Herkunftsgebiete grundsätzlich möglich und zumutbar sei, nachdem die nordöstlichen Provinzen wieder erreichbar seien (vgl. UA S. 53).

8

c) Ein Verfahrensmangel ist auch nicht in Bezug auf die Verhältnisse der tamilischen Bevölkerung im Norden des Landes schlüssig dargelegt. Auch hier wird noch nicht einmal ansatzweise dargelegt, inwiefern die für eine Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte auf der Grundlage der vom Berufungsgericht festgestellten Übergriffe möglich erscheint. Stattdessen unterstellt die Beschwerde erneut, dass die srilankischen Sicherheitsbehörden gerade und insbesondere in dieser Region seit Jahren systematisch jedwede unabhängige Berichterstattung und Recherche seitens unabhängiger Stellen, Journalisten etc. praktisch unmöglich gemacht hätten, und folgert daraus, dass sich dem Berufungsgericht die Prüfung hätte aufdrängen müssen, ob insoweit nicht zugunsten des Klägers eine Beweislastumkehr oder jedenfalls eine Vermutung für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung anzunehmen sei. Dabei setzt sich die Beschwerde weder konkret mit den vom Berufungsgericht herangezogenen Erkenntnisquellen auseinander noch legt sie dar, dass und warum die Schlussfolgerungen des Berufungsgericht zur Lage der Tamilen im Norden des Landes verfahrensfehlerhaft sind. Stattdessen setzt sie der Einschätzung des Berufungsgerichts, dass eine Gruppenverfolgung auch im Norden des Landes nicht stattfindet (vgl. UA S. 58 ff.), lediglich ihre gegenteilige Auffassung entgegen. Diesem Vorbringen ist ein die Revision rechtfertigender Verfahrensmangel nicht zu entnehmen.

9

Der Senat sieht von einer weiteren Begründung der Entscheidung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Zuerkennung der Asylberechtigung, hilfsweise der Flüchtlingseigenschaft sowie hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes und die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten.

1. Der 1982 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben pakistanischer Staatsangehöriger. Er stellte am 19. September 2012 einen Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland.

Im Rahmen einer vorangehenden Anhörung bei der Regierung von ... (Zentrale Rückführungsstelle ...) vom 30. August 2012 gab der Kläger an, aus dem Dorf ... (Distrikt ..., Provinz ..., Pakistan) zu stammen, zur Volksgruppe der Punjabi zu gehören und sunnitischer Moslem zu sein. Er sei am 16. August 2012 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Er habe Pakistan etwa ein halbes Jahr vorher verlassen und sei mithilfe eines Schleusers über ..., den Iran, die Türkei, Griechenland und Bulgarien nach Deutschland gelangt. Seine pakistanischen Personaldokumente habe er unterwegs verloren.

Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 28. Mai 2013 wiederholte der Kläger zunächst seine Angaben aus der Anhörung vom 30. August 2012. Ergänzend gab er an, Analphabet zu sein und keine Schule besucht zu haben. Er sei angelernter Maurer und Maler und sei in Pakistan zusammen mit seinem Bruder selbstständig erwerbstätig gewesen. Grund für die Ausreise aus Pakistan sei seine seit Februar 2001 bestehende Mitgliedschaft in der Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) gewesen. Die PTI setze sich für Gerechtigkeit ein und sei gegen Korruption. Der Kläger habe bei Parteiveranstaltungen - insbesondere der Organisation öffentlicher Hunderennen - und sozialen Aktivitäten mitgewirkt und hierbei für die politischen Inhalte der PTI geworben, ohne jedoch ein konkretes Parteiamt bekleidet zu haben. Er habe in ständigen Kontakt mit einem PTI-Bezirksstellvertreter („...“) gestanden, der die lokalen Veranstaltungen finanziell unterstützt habe. Der Kläger habe durch sein PTI-Engagement in seinem Heimatort einen guten Bekanntheitsgrad erlangt. Dies habe einer gegnerischen Partei, der Pakistan Muslim League (Quaid e Azam Group - PML-Q), missfallen. Er sei sodann Anfang 2012 von seitens der lokalen Führungsfamilie der PML-Q („Choudury“) beauftragten Kriminellen mit dem Ziel entführt und geschlagen worden, dass er seine PTI-Tätigkeit beende. Auch seien ihm Ratten und Mäuse in die unten verschlossene Hose platziert worden. Die Polizei habe gegen all dies nichts unternommen, da sie - nach eigener Aussage - von der Regierungspartei PML-Q unter Druck gesetzt wurde. Vielmehr habe die Polizei den Kläger eine Nacht in Gewahrsam genommen und geschlagen. Ein Freund („...“) habe sodann die Ausreise aus Pakistan organisiert. Hierfür sei dieser später getötet worden. Bei einer Rückkehr nach Pakistan fürchte der Kläger um sein Leben.

2. Mit Bescheid vom 11. Juli 2014 - als Einschreiben am 16. Juli 2014 zur Post gegeben - lehnte es das Bundesamt ab, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen (Ziffer 1.). Der Antrag auf Asylanerkennung wurde ebenfalls abgelehnt (Ziffer 2.). Auch ein subsidiärer Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Ziffer 3.). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG seien nicht gegeben (Ziffer 4.). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Sollte der Kläger die Ausreisefrist nicht einhalten, werde er nach Pakistan oder in einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, abgeschoben (Ziffer 5.).

Zur Begründung wurde u. a. angeführt, dass das klägerische Vorbringen eines politischen Engagements für die PTI-Partei nicht glaubhaft sei. Der Kläger habe kein hinreichendes Wissen über Inhalte und Struktur der PTI-Partei angegeben können. Auch die Schilderungen hinsichtlich einer angeblichen Entführung durch von der PML-Q beauftragte Kriminelle seien nicht im Ansatz glaubwürdig. Der Kläger habe insoweit zum Ablauf keine konkreten Details nennen können, vor allem der Zusammenhang zwischen Verfolgung und Ausreise sei nicht nachvollziehbar glaubhaft gemacht.

3. Der Kläger ließ hiergegen durch seinen Bevollmächtigten am 31. Juli 2014 Klage erheben. Beantragt wird,

den Bescheid der Beklagten aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass der Kläger Asylberechtigter i. S.v. Art. 16a GG ist, hilfsweise festzustellen, dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG i. V. m. § 3 AsylVfG vorliegen, hilfsweise festzustellen, dass dem Kläger subsidiärer Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 AsylVfG zuzuerkennen ist und dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Der Kläger werde in Pakistan als PTI-Parteimitglied durch Anhänger der konkurrierenden PML-Q-Partei politisch verfolgt, ohne dass die Polizei oder sonstige staatliche Stellen Schutz gewährten. Es werde insoweit zunächst grundsätzlich auf den Vortrag des Klägers im Verwaltungsverfahren Bezug genommen. Die Angaben des Klägers seien jedoch insoweit zu korrigieren, als dieser tatsächlich seit Dezember 2001 lokaler Vorsitzender der PTI-Jugendorganisation (Bereich „...“, Distrikt ...) gewesen sei. Hierzu werde auf eine entsprechende Bestätigung des Vorsitzenden der Jugendorganisation („...“) vom 18. Dezember 2001 verwiesen. Auch Schreiben einer pakistanischen Rechtsanwaltskanzlei vom 10. September 2014 und 2. März 2015 bestätigten, dass der Kläger PTI-Mitglied sei und diese Partei von der derzeitigen pakistanischen Regierung verfolgt werde. Es werde in diesen Schreiben ferner u. a. bestätigt, dass die gegnerische PML-Q-Partei die Familie des Klägers bedrohe und die Polizei nicht bereit sei, Schutz zu gewähren. Ferner bestätigten die Rechtsanwälte, dass der Freund des Klägers („...“), der seine Ausreise organisiert hatte, später durch eine Terrororganisation auf dem Fluss ... nahe ... ermordet worden sei und die PML-Q auch den Kläger suche, um ihn zu töten. Die pakistanischen Rechtsanwälte würden dem Kläger mit Blick auf diese Situation empfehlen, nicht nach Pakistan zurückzukehren, sondern solange wie möglich in Sicherheit im Ausland zu bleiben. Die Tötung des Freundes werde auch durch einen pakistanischen Polizeibericht vom 13. März 2012 belegt. Letztlich bestätige auch der aktuelle Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. April 2014 (dort S. 11/27), dass die pakistanische Polizei korrupt und zur Schutzgewährung bei politischer Verfolgung nicht bereit sei. Ausweislich des Lageberichts (dort S. 23 unten) gehe ein Ausweichen in einen anderen Landesteil zudem in der Regel mit der Aufgabe der wirtschaftlichen Basis einher; hieraus folge für den Kläger als Analphabeten ohne Ausbildung, dass für ihn realistischerweise keine inländische Fluchtalternative in Pakistan bestehe.

4. Mit Schreiben vom 19. August 2014 hat das Bundesamt für die Beklagte die Verwaltungsakte vorgelegt. Ein Antrag wurde nicht gestellt.

5. Mit Beschluss vom 20. Februar 2015 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Mit der Ladung übersandte das Gericht eine Liste derjenigen Auskünfte und Stellungnahmen, die es bei seiner Entscheidung verwerte.

6. In der mündlichen Verhandlung wurden klägerseitig folgende unbedingte Anträge gestellt:

Zum Beweis der Tatsache,

- dass der Kläger seit dem Jahr 2001 Mitglied der Partei PTI im Distrikt ... ist,

- dass im Heimatort des Klägers ... die Partei PML-Q im Jahr 2012 bis heute an der Macht ist, sowie

- dass der Kläger im Februar/März 2012 in ... über mehrere Stunden an einer Kreuzung von mehreren bewaffneten Personen misshandelt wurde und zweimal wegen erlittener Misshandlungen bei der örtlichen Polizei vorstellig wurde,

wird eine Auskunft beim Auswärtigen Amt eingeholt.

Das Gericht hat die Anträge mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Anträge bereits in formeller Hinsicht nach § 87b Abs. 3 VwGO als verspätet zurückweisen seien. Unabhängig davon gelte in materieller Hinsicht, dass die gegenständlichen Beweisthemen mit Blick auf die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu jedenfalls gegebenen inländischen Fluchtalternativen in Pakistan rechtlich nicht entscheidungserheblich sind. Auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung wird verwiesen.

7. Die beigezogenen Verwaltungsakten und die Gerichtsakte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist zum nach § 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

Nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 und 2 GG kann sich auf das Asylrecht nicht berufen, wer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen durch Gesetz zu bestimmenden Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Durch Anlage I zu § 26a AsylVfG sind Norwegen und die Schweiz als sichere Drittstaaten bestimmt worden. Nachdem somit alle Nachbarstaaten der Bundesrepublik Deutschland entweder aufgrund ihrer Mitgliedschaft in den Europäischen Gemeinschaften oder aufgrund der Anlage I zu § 26a AsylVfG sichere Drittstaaten sind, hat jeder Asylsuchende, der auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland gelangt ist, den Ausschlussgrund der Einreise aus einem sicheren Drittstaat verwirklicht (BVerwG, U.v. 7.11.1995 - InfAuslR 1996, 152). Die Drittstaatenregelung nach Art. 16a Abs. 2 GG greift nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 - DVBl. 1996, 729 f.) immer dann ein, wenn feststeht, dass der Ausländer nur über (irgend)einen, der durch die Verfassung oder Gesetz bestimmten sicheren Drittstaaten in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sein kann; es muss nicht geklärt werden, um welchen sicheren Drittstaat es sich dabei handelt. Da nach der derzeit geltenden Rechtslage (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG und Anlage I zu § 26a AsylVfG) alle an die Bundesrepublik Deutschland angrenzenden Staaten (Anrainerstaaten) sichere Drittstaaten sind, ist ein auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland einreisender Ausländer von der Berufung auf Art. 16a Abs. 1 GG ausgeschlossen, auch wenn sein Reiseweg nicht im Einzelnen bekannt ist (vgl. zum Ganzen: VG Augsburg, U.v. 9.2.2012 - Au 6 K 11.30137 - juris Rn. 15).

Der Kläger hat vorliegend im Rahmen seiner Anhörung bei der Regierung von ... (Zentrale Rückführungsstelle ...) vom 30. August 2012 angegeben, am 16. August 2012 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein. Er habe Pakistan etwa ein halbes Jahr vorher verlassen und sei mithilfe eines Schleusers über ..., den Iran, die Türkei, Griechenland und Bulgarien nach Deutschland gelangt (siehe zum Ganzen: Blatt 26 f. der Verwaltungsakte).

Eine Anerkennung als Asylberechtigter scheidet somit im Fall des Klägers aufgrund der Einreise nach Deutschland auf dem Landweg aus, Art. 16a Abs. 2 Satz 1 und 2 GG.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Eigenschaft eines Flüchtlings i. S.v. § 3 AsylVfG und § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG).

In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist.

aa) Mit dem am 1. Dezember 2013 in Kraft getretenen Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl 2013, 3474) hat die Bundesrepublik Deutschland die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 337 v. 20.12.2011, S. 9; sog. (neuere) Qualifikationsrichtlinie - QRL) umgesetzt, die die vorausgehende Qualifikationsrichtlinie RL 2004/83/EG (ABl EU Nr. L 304 v. 29.4.2004, S. 12) in einer überarbeiteten Fassung ablöste. In diesem Zuge wurde die bisherige Normierung in § 60 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F., die die Flüchtlingsanerkennung auf der Grundlage des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK) und den unionsrechtlichen Abschiebeschutz (nunmehr insgesamt als internationaler Schutz bezeichnet) betraf, zugleich in das Asylverfahrensgesetz transferiert. Die Neufassung der nunmehr umgesetzten Qualifikationsrichtlinie präzisiert eine Reihe von Regelungen und führt zu Statusverbesserungen für international subsidiär Schutzberechtigte (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, § 4 AsylVfG) ohne inhaltliche Änderung in Betreff der Zuerkennungsvoraussetzungen internationalen Schutzes (vgl. amtliche Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/13063 v. 15.4.2013; siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 10).

In § 3 AsylVfG wird der Flüchtlingsbegriff im Wortlaut der in Art. 1 A GFK und der in der Qualifikationsrichtlinie enthaltenen Flüchtlingsdefinition angepasst. Die Untergliederung wurde zur besseren Lesbarkeit des Textes eingefügt. § 3a AsylVfG setzt Art. 9 QRL, § 3b AsylVfG setzt Art. 10 QRL, § 3c AsylVfG setzt Art. 6 QRL, § 3d AsylVfG setzt Art. 7 QRL, § 3e AsylVfG setzt Art. 8 QRL, § 4 AsylVfG setzt Art. 15 und 17 Abs. 2 QRL um. Die Qualifikationsrichtlinie ist zum Inhalt des zu gewährenden Schutzes ergänzend anzuwenden (siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 11).

Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich

1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe,

2. außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,

a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder

b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Einem Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG, der nicht den Ausschlusstatbeständen nach § 3 Abs. 2 AsylVfG oder nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG unterfällt oder der den in § 3 Abs. 3 AsylVfG bezeichneten anderweitigen Schutzumfang genießt, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt (§ 3 Abs. 4 AsylVfG).

Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG, des Art. 1 A GFK und der Qualifikationsrichtlinie gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG; Art. 9 Abs. 1 lit. a QRL), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Ziffer 1. beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG; Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL).

Zwischen den Verfolgungsgründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG i. V. m. § 3b AsylVfG) und den Verfolgungshandlungen - den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen, § 3a AsylVfG - muss für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylVfG; Art. 9 Abs. 3 QRL).

Unter dem Verfolgungsgrund der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Asylantragsteller (§ 13 AsylVfG) in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylVfG (vgl. Art. 6 QRL) genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob der Asylantragsteller aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist (§ 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG; Art. 10 Abs. 1 lit. e QRL). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Asylgrundrecht des Art. 16a GG kann eine politische Verfolgung dann vorliegen, wenn staatliche Maßnahmen gegen - an sich unpolitische - Personen ergriffen werden, weil sie der Gegenseite oder dem persönlichen Umfeld einer anderen Person zugerechnet werden, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist (BVerfG, B.v. 22.11.1996 - 2 BvR 1753/96). Dienen diese Maßnahmen der Ausforschung der Verhältnisse des Dritten, so kann ihnen die Asylerheblichkeit nicht von vornherein mit dem Argument abgesprochen werden, sie seien nicht gegen die politische Überzeugung des Betroffenen gerichtet (BVerfG, B.v. 28.1.1993 - 2 BvR 1803/92 - juris Rn. 21 - zu Repressalien des ägyptischen Geheimdienstes; siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 20).

Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylVfG; Art. 10 Abs. 2 QRL).

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet i. S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG ist, gilt einheitlich der Prognosemaßstab der tatsächlichen Gefahr. Dies gilt wegen der Symmetrie der Maßstäbe für Anerkennung und Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft gleichermaßen. Dieser Maßstab wird vom Bundesverwaltungsgericht mit demjenigen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit gleichgesetzt (BVerwG U.v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - juris Rn. 20/23). Die Tatsache, dass ein Asylantragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Asylantragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Asylantragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 QRL; vgl. § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG a. F., der auf die unveränderte Vorgängernorm in Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG verweist). Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei, was etwa bei einem Widerruf der zuerkannten Flüchtlingseigenschaft Relevanz hat. Bei der Beurteilung, ob eine Flüchtlingsanerkennung aufgrund anderer Tatbestände (auch Nachfluchttatbestände i. S.v. § 28 AsylVfG) als der vom Asylantragsteller vorgetragenen bzw. früher vorliegenden Tatbeständen auszusprechen ist, ist Art. 4 Abs. 4 QRL nicht anzuwenden. Im Stadium der Prüfung eines Antrags auf Anerkennung als Flüchtling ist das Anforderungsniveau unterschiedslos gleich (EuGH, U.v. 2.3.2010 - Rs. C-175/08 - juris; BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - BVerwGE 140, 22; siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 21).

Die begründete Furcht vor Verfolgung i. S.v. § 3 Abs. 1 AsylVfG kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist (§ 28 Abs. 1a AsylVfG). Für subjektive Nachfluchttatbestände, die bereits während eines Erstverfahrens verwirklicht worden sind, greift somit keine Einschränkung. Für die Flüchtlingsanerkennung müssen diese - anders als bei der Asylanerkennung gem. § 28 Abs. 1 AsylVfG - nicht einmal auf einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung beruhen (BVerwG U.v. 18.12.2008 - 10 C 27/07 - juris Rn. 14; OVG LSA, U.v. 18.7.2012 - 3 L 147/12 - juris Rn. 26). Auch insoweit als die begründete Furcht vor Verfolgung auf Nachfluchtgründen beruht, reicht es bei der Prüfung der Verfolgungsgründe aus, wenn diese Merkmale dem Asylantragsteller von seinem Verfolger lediglich zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylVfG; Art. 10 Abs. 2 QRL; siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 22).

Hat keine Vorverfolgung entsprechend Art. 4 Abs. 4 QRL stattgefunden, so kann Schutz nach § 3 AsylVfG weiterhin nur derjenige beanspruchen, der Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat. Dabei gilt unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum inhaltsgleichen bisherigen § 60 Abs. 1 AufenthG a. F., dass eine Verfolgungsgefahr für einen nicht verfolgt Ausgereisten und damit dessen begründete Furcht vor Verfolgung nur dann vorliegt, wenn ihm bei verständiger objektiver Würdigung der gesamten Umstände seines Falls mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren (siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 23).

Entscheidend ist, ob bei „qualifizierender“ Betrachtungsweise aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann und deshalb eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Die Betrachtung ist weder auf einen quantitativ zu ermittelnden überwiegenden Wahrscheinlichkeitseintritt reduziert, noch ist der quantitative Aspekt ausgeschlossen. Bei der vorzunehmenden „zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts“ müssen die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Die Zumutbarkeit bildet das vorrangige qualitative Kriterium bei der Beurteilung, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Bei quantitativ nicht überwiegender Wahrscheinlichkeit (mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 v. H.) einer Gefahr kann eine Verfolgung gegeben sein, wenngleich die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht ausreicht, da ein vernünftig denkender Mensch sie außer Betracht lässt. Wenn sich aus den Gesamtumständen des Falles die reale Möglichkeit einer Verfolgung ergibt, riskiert kein verständiger Mensch die Rückkehr in das Herkunftsland. Bei der Abwägung aller Umstände bezieht der verständige, besonnen und vernünftig denkende Betrachter neben dem Alter des potentiellen Rückkehrers auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem Umfang ein. Es besteht ein erheblicher Unterschied, ob die Gefahr z. B. eines Verhörs ohne Folter, einer Inhaftierung über Stunden, Tage, Monate, Jahre, der Folter oder aber des „Verschwindenlassens“ oder der Todesstrafe droht (BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - juris; B.v. 7.2.2008 - 10 C 33/07 - juris; siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 24).

Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3e Abs. 1 AsylVfG i. V. m. Art. 8 QRL nicht zuerkannt, wenn er (Nr. 1) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und (Nr. 2) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

bb) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze sind im Fall des Klägers die Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i. S.v. § 3 Abs. 1 AsylVfG nicht gegeben.

Das Gericht hat bereits grundsätzliche Zweifel am Wahrheitsgehalt des klägerischen Sachvortrags einer Verfolgung als PTI-Parteimitglied durch Anhänger der Partei PML-Q. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die PML-Q auf nationaler Ebene bereits seit 2008 nicht mehr Regierungspartei in Pakistan ist und im derzeitigen Nationalparlament lediglich über 2 von insgesamt 336 Sitzen verfügt, während die PTI dort 35 Parlamentarier stellt. Auch im Regionalparlament des ... - der Heimatprovinz des Klägers - verfügt die PML-Q nur noch über 8 von insgesamt 371 Sitzen, während die PTI 30 Mandate innehat. Dies alles spricht nachdrücklich gegen die vorgetragene Verfolgung (vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14.30674 - juris Rn. 19/22 - ebenfalls zum Vortrag der Verfolgung von PTI-Parteimitgliedern durch die PML-Q; siehe zu parlamentarischen Sitzverteilungen: www.wikipedia.org - Artikel „National Assembly of Pakistan“ und „Provincial Assembly of the Punjab“).

Auch die klägerseitig vorgelegten Schreiben einer pakistanischen Rechtsanwaltskanzlei aus ... vom 10. September 2014 und 2. März 2015 (siehe Originale auf Blatt 41 und 79 der Gerichtsakte) überzeugen nicht gänzlich, soweit sie als Beleg für die vom Kläger vorgetragene Verfolgungsgeschichte dienen sollen. Es bleibt insbesondere unklar, ob die Rechtsanwaltskanzlei in ihren Schreiben lediglich einen Sachverhalt wiedergibt, den der Kläger schriftlich als Grundlage für eine Rechtsberatung mitgeteilt hat, oder jedoch aus eigener Erkenntnis bzw. aus eigenem Faktenwissen heraus berichtet (vgl. etwa das Schreiben v. 3.2.2015: „You said that you are a volunteer member of Pakistan Tehreek-e-Insaf political party…“, Blatt 79 der Gerichtsakte). Auch verwundert es, dass das zweite Schreiben vom 3. Februar 2015 sich liest, als handelte es sich um einen Erstkontakt mit einem unbekannten Mandanten, obwohl doch bereits ausweislich des Schreibens vom 10. September 2014 (Blatt 41 der Gerichtsakte) eine vorangehende Korrespondenz bestanden hatte.

Auch der klägerseitig zur vorgetragenen Tötung seines Freunds „...“ vorgelegte Polizeibericht vom 13. März 2012 (Original auf Blatt 80 f. der Gerichtsakte) überzeugt nicht. Denn eine Person dieses Namens ist im Polizeibericht ausweislich der englischen Übersetzung nicht erwähnt.

Überdies können ausweislich der vorliegenden Erkenntnismittel politische Parteien in Pakistan weitgehend frei operieren; eine Einschränkung der politischen Opposition findet nicht statt (vgl. zum Ganzen: vgl. Nr. I.1 des Lageberichtes des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, S. 12; vgl. VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 22).

Letztlich kann der Wahrheitsgehalt des Vorbringens des Klägers jedoch offen bleiben. Denn unabhängig davon besteht für diesen jedenfalls eine inländische Fluchtalternative. Ihm wäre ein Ausweichen auf andere Landesteile Pakistans (§ 3e AsylVfG, Art. 8 QRL) möglich. Aus diesem materiell-rechtlichen Grund waren - zusätzlich zu einer formellen Verfristung nach § 87b Abs. 3 VwGO - die in der mündlichen Verhandlung klägerseitig gestellten Beweisanträge mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen.

Nach § 3e Abs. 1 AsylVfG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er (1.) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung, wobei die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 QRL zu beachten ist (BVerwG, U.v. 5.5.2009 - 10 C 21/08 - juris), oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und (2.) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Damit wird die Nachrangigkeit des Schutzes verdeutlicht. Der Drittausländer muss am Zufluchtsort jedoch eine ausreichende Lebensgrundlage vorfinden d. h. es muss zumindest (in faktischer Hinsicht) das Existenzminimum gewährleistet sein, was er unter persönlich zumutbaren Bemühungen sichern können muss. Dies gilt auch, wenn im Herkunftsgebiet die Lebensverhältnisse gleichermaßen schlecht sind. Unerheblich ist, ob eine Gefährdung am Herkunftsort in gleicher Weise besteht. Darüber hinaus ist auch erforderlich, dass das Zufluchtsgebiet für den Drittausländer erreichbar ist (BT-Drs. 16/5065 S. 185; BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 10 C 11/07 - juris). Nach § 3e Abs. 2 AsylVfG sind bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach § 3e Abs. 1 AsylVfG erfüllt, die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Art. 4 QRL zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa des UNHCR oder des EASO einzuholen. § 3e Abs. 2 AsylVfG setzt den neugefassten Art. 8 QRL um und enthält auch inhaltliche Änderungen gegenüber der bisherigen Rechtslage. So muss das Zufluchtsgebiet für den Betroffenen auch erreichbar sein, wofür eine Reihe von Kriterien festgelegt wurden. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass praktische, in der Regel vorübergehende Rückkehrhindernisse wie etwa unterbrochene Verkehrsverbindungen in das Zufluchtsgebiet für die Annahme einer internen Schutzmöglichkeit unschädlich sind. Danach ist interner Schutz nur dann gegeben, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung eine tatsächliche Möglichkeit zur Einreise in das in Betracht kommende Zufluchtsgebiet besteht (BT-Drs. 17/13063 S. 20; siehe zum Ganzen: VG Ansbach, U.v. 7.8.2014 - AN 11 K 14.30589 - juris Rn. 28).

Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben und Grundsätze ist davon auszugehen, dass der Kläger in anderen Teilen Pakistans, insbesondere in den größeren Städten, eine interne Schutzmöglichkeit i. S.v. § 3e AsylVfG finden kann. In den Städten Pakistans - vor allem in den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Karachi, Peshawar oder Multan - leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, könnten in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (vgl. Nr. II.3 des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, S. 23). Angesichts der hohen Bevölkerungszahl in ... und mehrerer Millionenstädte in dieser Provinz und landesweit, ist nicht ersichtlich, dass die den Kläger angeblich Bedrohenden die Mittel hätten, diesen in der ganzen Provinz und/oder landesweit ausfindig zu machen und zu verfolgen. Letztlich hat der Kläger selbst im Verwaltungsverfahren wie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren lediglich angegeben, Vorsitzender der örtlichen PTI-Jugendorganisation gewesen zu sein und in seinem Heimatort durch seine PTI-Tätigkeit einen guten Bekanntheitsgrad erlangt zu haben. Eine überörtliche oder gar nationale Bekanntheit des Klägers ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. zum Ganzen: VG Ansbach, U.v. 7.8.2014 - AN 11 K 14.30589 - juris Rn. 27-29; VG Augsburg, U.v. 15.5.2014 - Au 6 K 14.30300 - Rn. 12 des Entscheidungsumdrucks; VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14.30674 - juris Rn. 23; U.v. 10.12.2013 - RN 3 K 13.30374 - juris Rn. 30; VG Köln, U.v. 10.9.2014 - 23 K 6317/11.A - juris Rn. 25).

In den Großstädten und in anderen Landesteilen kann der Kläger als erwachsener junger Mann ohne eigene Kinder auch ein ausreichendes Einkommen finden. Dies gilt auch, soweit der Kläger angibt, Analphabet ohne Schulbildung zu sein; denn der Kläger war nach eigenen Angaben bereits in der Vergangenheit selbstständig als angelernter Maurer und Maler in Pakistan tätig und damit in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zwar ist das Leben in den Großstädten teuer, allerdings haben viele Menschen kleine Geschäfte oder Kleinstunternehmen. Es gibt aufgrund der großen Bevölkerung viele Möglichkeiten für Geschäfte auf kleiner Basis (vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14.30674 - juris Rn. 23; U.v. 10.12.2013 - RN 3 K 13.30374 - juris Rn. 31 jeweils unter Bezugnahme auf die Auskunft des Bundesasylamts der Republik Österreich vom Juni 2013, Pakistan 2013, S. 76). Es kann somit vom Kläger erwartet werden, dass er sich in einem dieser Landesteile niederlässt (vgl. zum Ganzen: VG Augsburg, U.v. 15.5.2014 - Au 6 K 14.30300 - Rn. 13 des Entscheidungsumdrucks; vgl. allg. zur bestehenden inländischen Fluchtalternativen in Pakistan bei behaupteter politischer Verfolgung: VG Ansbach, U.v. 7.8.2014 - AN 11 K 14.30589 - juris Rn. 27-29; U.v. 29.5.2013 - AN 11 K 13.30171 - juris Rn. 24; B.v. 26.3.2013 - AN 11 S 13.30170 - juris Rn. 7).

Individuelle Umstände, die im Einzelfall des Klägers zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind im Übrigen weder vorgetragen noch ersichtlich.

c) Auch ein Anspruch des Klägers auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 2 AufenthG besteht nicht.

aa) Abschiebungsschutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG steht dem Kläger nicht zu. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihn der in § 4 Abs. 1 AsylVfG bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1) bzw. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2). Voraussetzung ist, dass eine konkrete individuelle Gefahr ernsthaft droht. Eine allgemeine Bedrohung genügt nicht. Anhaltspunkte für die Gefahr der Verhängung der Todesstrafe, der Folter oder der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung des Klägers in Pakistan sind weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 26).

bb) Der Kläger kann sich auch nicht auf § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG berufen. Danach gilt als ernsthafter Schaden eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Die allgemeine Gefahr, die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgeht, kann sich individuell so verdichten, dass sie eine ernsthafte individuelle Bedrohung darstellt. Voraussetzung hierfür ist eine außergewöhnliche Situation, die durch einen so hohen Gefährdungsgrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer solchen Bedrohung ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9.08; vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 27).

In Pakistan liegt gegenwärtig weder im gesamten Staatsgebiet noch in der Provinz ... ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vor. Dieser Begriff ist völkerrechtlich zu verstehen und setzt eine gewisse Qualität voraus (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 44/07). Ein solcher Konflikt liegt nicht vor, wenn es sich nur um innere Unruhen und Spannungen handelt wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche Handlungen. Der Konflikt muss ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen. Zwar ist Pakistan von einer erheblichen terroristischen Bedrohung durch die Taliban und andere islamistisch-extremistische Gruppen bedroht (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, S. 5). Die Taliban wurden jedoch nach Militäroffensiven im April 2009 aus dem Swat-Tal und im Oktober 2009 aus Süd-Wasiristan vertrieben und sind in entlegenere Gebiete der Stammesgebiete ausgewichen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, S. 5). Nach den Angaben des Auswärtigen Amts kamen im Jahr 2012 und 2013 bei Terroranschlägen landesweit in Pakistan jeweils mehr als 2.000 Menschen ums Leben, vor allem in Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa, Karachi und den Stammesgebieten (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, S. 5). Nach den Angaben des pakistanischen Innenministeriums soll es zwischen Januar 2012 und August 2013 2.174 Anschläge mit über 1.600 Toten und mehr als 5.600 Verletzten gegeben haben (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, S. 24). Die meisten Toten seien in der Provinz Khyber-Pakhtunkhwa zu beklagen gewesen. Ein dauerhafter bewaffneter Konflikt liegt hierin nicht, da die Taliban und andere Jihadisten bei realistischer Einschätzung militärisch nicht dazu in der Lage sind, die Macht in Pakistan oder in relevanten Landesteilen erlangen zu können. Sie genießen auch in weiten Teilen der Bevölkerung keinen Rückhalt. Die Auseinandersetzungen sind nicht so intensiv und dauerhaft, dass man von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt sprechen könnte. Es ist auch nicht glaubhaft vorgebracht, dass sich die politischen Auseinandersetzungen aktuell so verschärft haben, dass von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt auszugehen ist (siehe zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 28).

Selbst wenn man das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts bejahen würde, bestünde keine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben des Klägers. Die Gefahrendichte in Pakistan und auch im Punjab ist nicht so hoch, dass dort praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist. Wie ausgeführt betreffen die Terroranschläge weite Teile des Staatsgebiets und des Punjabs nicht. Der regionale Schwerpunkt terroristischer Anschläge liegt sehr deutlich in Khyber-Pakhtunkhwa, den Stammesgebieten FATA und in Belutschistan (vgl. Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes vom 4.10.2013). Bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung von ca. 172 Mio. Menschen in Pakistan und ca. 91 Mio. Bewohnern in der Provinz Punjab (jeweils nach www.wikipedia.de), ist das Risiko, Schaden an Leib oder Leben durch Anschläge zu erleiden, verschwindend gering. Die Gefahrendichte ist nicht so hoch, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist (vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 29).

Eine individuelle Bedrohung des Klägers besteht auch nicht unter Berücksichtigung individueller gefahrerhöhender Umstände. Es ist nicht glaubhaft dargelegt, dass ihm bei einer Rückkehr nach Pakistan eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben droht. Das Risiko eines Rückkehrers, möglicherweise Opfer krimineller Übergriffe zu werden, ist Ausfluss der allgemeinen Sicherheitslage und beruht nicht auf individuellen Aspekten (vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 30).

d) Es liegen in der Person des Klägers auch keine nationalen Abschiebungsverbote i. S.v. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor (vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 31-33).

aa) Auf § 60 Abs. 5 AufenthG kann sich der Kläger nicht berufen, da er keine konkrete individuelle Gefahr geltend gemacht hat (s.o.).

bb) Dem Kläger steht auch kein Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren im Sinne dieser Vorschrift, denen die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Eine Verdichtung allgemeiner Gefahren zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung liegt im Fall des Klägers bei einer Rückkehr nach Pakistan nicht vor (s.o.).

2. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.

(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm im Irak drohender Gefahren.

2

Der 1976 in Mosul geborene Kläger ist kurdischer Volkszugehöriger sunnitischen Glaubens. Zur Begründung des im Juli 2001 beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) gestellten Asylantrags gab er an, dass er in Mosul ein Lebensmittelgeschäft betrieben habe. Eine von einem Kunden in seinem Laden abgestellte Tasche, die Flugblätter von Schiiten enthalten habe, sei von einem Unbekannten inspiziert worden. Sein Vater habe ihm daraufhin zur Flucht geraten und sei seinetwegen später verhaftet worden. Er befürchte, wegen des Vorfalls getötet oder lebenslang inhaftiert zu werden. Mit Bescheid vom 14. September 2001 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab, stellte jedoch fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (inzwischen § 60 Abs. 1 AufenthG) hinsichtlich des Irak vorliegen. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund der illegalen Ausreise und der Asylantragstellung verfolgt werde.

3

Wegen der veränderten politischen Verhältnisse im Irak widerrief das Bundesamt am 16. März 2006 die Flüchtlingsanerkennung und stellte zugleich fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen.

4

Die hiergegen erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 1. Februar 2007 im Wesentlichen ausgeführt, der Widerruf sei rechtmäßig, weil der Kläger im Irak nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein keine Verfolgung mehr zu befürchten habe. Er könne auch keine Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bzw. subsidiären Schutz gemäß Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG beanspruchen. Im Irak liege kein landesweiter innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vor. Zudem habe der Kläger die Möglichkeit, in Teilen des Irak internen Schutz zu finden. Im Übrigen stehe die Erlasslage des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, die bei allgemeinen Gefahren vergleichbaren Abschiebungsschutz biete, der Gewährung richtliniengemäßen subsidiären Schutzes entgegen.

5

Während des Revisionsverfahrens hat der Kläger seine Revision hinsichtlich des Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung zurückgenommen. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 44.07 - das Revisionsverfahren insoweit eingestellt. Im Übrigen hat er, soweit die Verpflichtung zur Feststellung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes aus § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG und hilfsweise nationalen Abschiebungsschutzes aus § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG begehrt wird, das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat er darauf abgestellt, dass § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG keinen landesweiten bewaffneten Konflikt voraussetze. Die zusätzliche Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger könne innerhalb des Irak internen Schutz finden, beruhe auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage. Schließlich verletze der Verweis auf die Aussetzung von Abschiebungen durch ministerielle Erlasse revisibles Recht. Denn § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG sei richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Sperrwirkung nicht greife, wenn die Voraussetzungen des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllt seien.

6

Während des neuen Berufungsverfahrens hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger im Besitz einer Niederlassungserlaubnis sei. Damit sei sein Aufenthalt gesichert und es komme auf subsidiären Schutz nicht mehr an.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 21. Januar 2010 zurückgewiesen, soweit sie sich auf das noch anhängige Begehren zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bezieht. Die Berufung sei zulässig, denn für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, obwohl der Kläger mittlerweile im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG sei. Die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach Art. 18 der Richtlinie 2004/83/EG könne dem Kläger eine zusätzliche Rechtsposition vermitteln. Die Berufung sei aber unbegründet. Mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG führt das Berufungsgericht aus, es könne dahinstehen, ob die im Irak seit 2003 andauernden und durch staatliche Sicherheitskräfte bekämpften terroristischen Handlungen nach Intensität und Größenordnung als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren seien. Jedenfalls sei der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt. An seinem Herkunftsort in Mosul bestehe keine so hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei. Dies ergebe sich aus der Zahl der Anschläge und der Anzahl der Opfer im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Die Wahrscheinlichkeit, durch einen Terroranschlag in der Provinz Ninive verletzt oder getötet zu werden, habe 2009 ca. 0,12 % oder ca. 1:800 pro Jahr betragen. Für eine Verschärfung der Sicherheitslage gebe es keine Anhaltspunkte. Gefahrerhöhende individuelle Umstände seien bei dem Kläger nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen des hilfsweise begehrten nationalen Abschiebungsschutzes (§ 60 Abs. 7 Satz 1 und § 60 Abs. 5 AufenthG) lägen ebenfalls nicht vor.

8

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision wendet sich der Kläger allein gegen die Ablehnung der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Er rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe bei der Ermittlung der Gefahrendichte auf die im Rahmen der Gruppenverfolgung entwickelten Kriterien der Verfolgungsdichte abgestellt, ohne zwischen den Schutzsystemen zu differenzieren und die Besonderheiten des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen. Auch seien die in das Verfahren eingeführten Quellen zur Häufigkeit von Anschlägen im Irak und zur Zahl der Toten und Verletzten nicht interpretiert und bewertet worden.

9

Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die begehrte Verpflichtung zur Gewährung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes ohne Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgelehnt.

11

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch das Verpflichtungsbegehren auf Gewährung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes. Die darüber hinausgehende Beschränkung des Revisionsantrags auf das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erweist sich als unwirksam. Denn der geltend gemachte Anspruch auf Verpflichtung zur Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG (entsprechend den Voraussetzungen für den subsidiären Schutz in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 304 S. 12; ber. ABl EU vom 5. August 2005 Nr. L 204 S. 24) bildet nach dem dafür maßgeblichen materiellen Recht einen einheitlichen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (Urteile vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 11 und vom 8. September 2011 - BVerwG 10 C 14.10 - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen - Rn. 16). Eine Revision kann daher nicht wirksam auf einzelne materielle Anspruchsgrundlagen dieses einheitlichen prozessualen Anspruchs beschränkt werden (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 13).

12

Für diesen Verpflichtungsantrag ist, obwohl der Kläger mittlerweile eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG besitzt, entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten das Rechtsschutzinteresse nicht entfallen. Dieses Interesse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (Urteil vom 29. April 2004 - BVerwG 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1 <3>). Der Beklagten ist einzuräumen, dass sich nach nationalem Aufenthaltsrecht die Rechtsstellung eines Ausländers in der Situation des Klägers, der im Besitz einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 4 AufenthG ist, durch die Zuerkennung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes derzeit nicht verbessern kann. Diese Betrachtung greift aber zu kurz. Denn aus dem Umsetzungsdefizit des deutschen Gesetzgebers, der - entgegen den unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG im 5. Erwägungsgrund, in Art. 2 Buchst. f und in Art. 18 - den Status des subsidiär Schutzberechtigten im nationalen Recht nicht explizit ausgeformt hat, darf für den Kläger kein Nachteil entstehen (vgl. auch Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 13). Er hat daher ein legitimes Interesse, dass trotz seiner gesicherten aufenthaltsrechtlichen Stellung mit Blick auf diesen Schutzstatus und die damit einhergehenden Vergünstigungen über das Bestehen eines unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbots entschieden wird.

13

Die zulässige Klage ist aber unbegründet. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen, nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und das Revisionsgericht daher bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) greift keines der auf Unionsrecht beruhenden Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG).

14

1. Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Diese Bestimmung entspricht nach der Rechtsprechung des Senats trotz geringfügig abweichender Formulierungen den Vorgaben des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG und ist in diesem Sinne auszulegen (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 17 und Rn. 36).

15

Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die im Irak seit 2003 andauernden und durch staatliche Sicherheitskräfte bekämpften terroristischen Handlungen nach Intensität und Größenordnung als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt anzusprechen sind, weil der Kläger auch bei Annahme eines derartigen Konflikts keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wären. Das hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.

16

a) Für seine Prognose, ob der Kläger bei Rückkehr in den Irak einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht auf die tatsächlichen Verhältnisse in seiner Herkunftsregion Mosul abgestellt. Dort hat der Kläger zuletzt gelebt, so dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass er dorthin zurückkehren wird (Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - BVerwGE 134, 188 Rn. 17).

17

b) Das Berufungsgericht hat des Weiteren zutreffend geprüft, ob von dem - zugunsten des Klägers unterstellten - bewaffneten Konflikt in der Region von Mosul für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr ausgeht, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG darstellt. Denn auch eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG und des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllen (Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 34).

18

Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z.B. als Arzt oder Journalist - gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht bereits die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33). Gefahrerhöhende individuelle Umstände hat das Berufungsgericht bei dem Kläger nicht festgestellt (UA S. 12); dem ist der Kläger mit der Revision auch nicht entgegengetreten.

19

Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann aber auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände fehlen, ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (Urteil vom 14. Juli 2009 a.a.O. Rn. 15 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji - Slg. 2009, I-921 = NVwZ 2009, 705). Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 33).

20

In jedem Fall setzt § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht. Das ergibt sich aus dem Tatbestandsmerkmal "... tatsächlich Gefahr liefe ..." in Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG. Der darin enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab ("real risk"; vgl. nur EGMR (GK), Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi/Italien - NVwZ 2008, 1330 ); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 15 Buchst. b Richtlinie 2004/83/EG).

21

Gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG gilt für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG u.a. die Beweisregel des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Beweiserleichterung in Gestalt einer widerleglichen tatsächlichen Vermutung setzt aber auch im Rahmen des subsidiären Schutzes voraus, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem vor der Ausreise erlittenen oder damals unmittelbar drohenden Schaden (Vorschädigung) und dem befürchteten künftigen Schaden besteht. Denn die der Vorschrift zugrunde liegende Wiederholungsvermutung beruht wesentlich auf der Vorstellung, dass eine Verfolgungs- oder Schadenswiederholung - bei gleichbleibender Ausgangssituation - aus tatsächlichen Gründen naheliegt (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 31).

22

Eine für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr ausreichende Gefahrendichte hat das Berufungsgericht für den Bereich der Stadt Mosul verneint. Es hat - in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts (vgl. dazu Urteil vom 18. Juli 2006 - BVerwG 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 Rn. 20 ff.) - aufgrund aktueller Quellen die Gesamtzahl der in der Provinz Ninive und deren Hauptstadt Mosul lebenden Zivilpersonen annäherungsweise ermittelt und dazu die Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Beziehung gesetzt. Dabei hat es festgestellt, dass das Risiko, in der Provinz Ninive verletzt oder getötet zu werden, für das gesamte Jahr 2009 ungefähr 1:800 betrug. Einen Trend zur Verschlechterung der Sicherheitslage vermochte es nicht festzustellen (UA S. 12). Seine auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, ist revisionsgerichtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.

23

Zwar bedarf es - wie die Revision im Ansatz zu Recht rügt - neben dieser quantitativen Ermittlung auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 33). Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann. Der Mangel in der Vorgehensweise des Berufungsgerichts bleibt aber im vorliegenden Fall ohne Folgen. Denn die Höhe des vom Berufungsgericht festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens ist so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, dass sich der Mangel im Ergebnis nicht auszuwirken vermag.

24

Auch der Umstand, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht auf die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG eingegangen ist, verhilft der Revision nicht zum Erfolg, denn das Vorfluchtschicksal des Klägers gab dazu keinen Anlass. Dieses lässt keine Beeinträchtigung erkennen, die auch unter dem Blickwinkel des Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG die Qualität einer Vorschädigung erreichen könnte. Zudem bestünde kein sachlicher Zusammenhang mit den nunmehr im Irak drohenden Gefahren.

25

2. Das Berufungsgericht hat auch die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2 und 3 AufenthG in den Blick genommen, sie aber nicht als durchgreifend angesehen. Dagegen bestehen aus revisionsgerichtlicher Sicht keine Bedenken.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist eigenen Angaben zufolge ein im Jahr 1994 geborener afghanischer Staatsangehöriger paschtunischer Volkszugehörigkeit aus der Provinz ..., der am .... Oktober 2012 Asylantrag gestellt hatte.

Anlässlich der Anhörung bei der Beklagten im Januar 2013 hatte der Kläger angegeben, er habe sich zuvor knapp 2 Jahre in Griechenland aufgehalten, um Geld für die Weiterreise zu verdienen. Wann er ausgereist sei, wisse er nicht mehr genau, etwa im Herbst. Vor 5 Jahren sei sein Vater, der Transporte über Land durchgeführt habe, bei einem Attentat getötet worden. Später hatten der Kläger und sein Bruder für 1 - 1,5 Jahre als Sicherheitsdienst/Eskorte für Transporte bei der Firma „...“ gearbeitet. Vor dem Stützpunkt der Amerikaner in Kabul, Dorf ..., sei ein Attentat auf den Transport ausgeübt worden. Es sei zu einer Schießerei gekommen. Vor der Ausreise habe er dann noch einige Monate als Steinmetz gearbeitet.

Durch streitgegenständlichen Bescheid vom .... Oktober 2013, zugestellt am .... Oktober 2013, wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter und auf Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt. Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Der Kläger wurde unter Androhung der Abschiebung nach Afghanistan aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass im Hinblick auf Art. 16a GG, § 60 Abs. 1 und § 60 Abs. 2 AufenthG kein schlüssiger Vortrag vorläge. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger das Berichtete nicht selbst erlebt habe. Der Vortrag weise zahlreiche Widersprüche, so zu der angeblichen Tätigkeit als Wachmann der Sicherheitsfirma, zu persönlichen Angaben, Alter und angegebenen Daten auf, was im Einzelnen ausgeführt wurde. Das Lichtbild des Dienstausweises stimme nicht mit dem Aussehen des Klägers überein. Dem Kläger drohten aufgrund der gegebenen Situation bei einer Rückkehr nach ... keine erheblichen individuellen Gefahren. Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 und Satz 1 AufenthG lägen nicht vor. So habe der Kläger keine stichhaltigen Ausführungen gemacht, die zu der Schlussfolgerung führen könnten, er sei, anders als dies die gesellschaftlichen Verhältnisse in seinem Herkunftsland erwarten ließen, dort nach einer Rückkehr mittellos und völlig auf sich gestellt. Es sei nicht anzunehmen, dass die Familienbande zu seinen in Afghanistan lebenden Verwandten zwischenzeitlich zerrissen sei.

Durch Schriftsatz vom 30. Oktober 2013 hat der Klägerbevollmächtigte Verpflichtungsklage erhoben. Durch die Tätigkeit für die Sicherheitsfirma „...“ sei der Kläger in das Fadenkreuz der Taliban geraten.

Durch Schriftsatz vom 31. Januar 2014 wurde der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylVfG zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Am 28. April 2014 hat die mündliche Verhandlung vor dem Einzelrichter der 23. Kammer stattgefunden.

Der Klägerbevollmächtigte beantragte,

dem Kläger subsidiären Schutz gemäß § 4 Asylverfahrensgesetz zuzuerkennen, hilfsweise die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5/Abs. 7 AufenthG festzustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Maßgeblich ist der in der mündlichen Verhandlung gestellte Klageantrag, mithin (nurmehr noch) die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG, hilfsweise die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG.

Die Klage hat indes weder im Hauptantrag noch im Hilfsantrag Erfolg; dem Kläger steht ein entsprechender Anspruch nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss auch in Asylstreitigkeiten das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit – und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit – des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor politischer Verfolgung herleitet. Wegen der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Asylbewerbers kann schon allein sein eigener Sachvortrag zur Asylanerkennung führen, sofern sich das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – InfAuslR 1989, 349). Das Tatsachengericht darf dabei berücksichtigen, dass die Befragung von Asylbewerbern aus anderen Kulturkreisen mit erheblichen Problemen verbunden ist (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.1989 a.a.O.). Der Asylbewerber befindet sich typischerweise in Beweisnot. Er ist als „Zeuge in eigener Sache“ zumeist das einzige Beweismittel. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und die Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. Wer durch Vortrag eines Verfolgungsschicksals um Asyl nachsucht, ist in der Regel der deutschen Sprache nicht mächtig und deshalb auf die Hilfe eines Sprachmittlers angewiesen, um sich mit seinem Begehren verständlich zu machen. Zudem ist er in aller Regel mit den kulturellen und sozialen Gegebenheiten des Aufnahmelands, mit Behördenzuständigkeiten und Verfahrensabläufen sowie mit den sonstigen geschriebenen und ungeschriebenen Regeln, auf die er nunmehr achten soll, nicht vertraut.

Nach Abhaltung der mündlichen Verhandlung teilt das Gericht in Berücksichtigung des oben skizzierten Rahmen ausdrücklich die Bewertung der Beklagtenpartei, wonach das Vorbringen des Klägers nicht glaubhaft, teilweise sogar falsch, ist und dass er das Berichtete offenkundig nicht selbst erlebt hat. Das Gericht folgt insofern dem streitgegenständlichen Bescheid, sieht von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG) und ergänzt lediglich wie folgt:

Zutreffend und rechtsfehlerfrei hatte die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid bereits festgestellt, dass der Vortrag des Klägers zu persönlichen Daten, seiner Identität und der Tätigkeit für die Firma völlig widersprüchlich, zudem unsubstantiiert und detailarm war, insbesondere im Hinblick auf eine angebliche Verfolgung bzw. Konfrontation bzw. erniedrigender Behandlung durch die Taliban bzw. extremistische Gruppen; eine individuelle Verfolgungshandlung, Behandlung bzw. auch Bedrohung ist nicht ersichtlich.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger eingeräumt, dass die bislang im Verwaltungsverfahren sowie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren angegebenen persönlichen Daten falsch waren, zwar sowohl im Hinblick auf die Namens- wie auch auf die Altersangabe. Man habe ihn geraten, sich als Minderjähriger auszugeben. Er sei sechs Jahre älter als angegeben. Der bisherige Name sei der Stammesname gewesen.

In Anlehnung an § 30 AsylVfG besteht zur Überzeugung des Gerichts bereits aufgrund dieser nachweislich falschen Angaben zur Identität nachhaltig Anlass, den Wahrheitsgehalt des Vortrags in seiner Gesamtheit anzuzweifeln.

Hinzu kommt, dass der Kläger seinen Vortrag gegenüber dem bei der Beklagten ersichtlich zur Verbesserung seiner prozessualen Situation gesteigert hat, als er nunmehr auch angebliche Drohbriefe der Taliban nach dem Feuergefecht vortrug.

Die aufgrund unterschiedlicher Altersangaben bedingte Diskrepanz der sonstigen familiären Datumsangaben und der Tätigkeit im Sicherheitsdienst vermochte der Kläger nicht bzw. nur ausweichend zu erklären; die zentralen Angaben zu dem Ort des Überfalls auf den Transport (... bzw. ...) differieren ebenso und wurden vom Kläger lapidar und wenig überzeugend mit einer Verwechslung der Schilderungen des Überfalls auf den Vater erklärt.

Ausgehend hiervon können die Voraussetzungen des § 4 AsylVfG nicht festgestellt werden.

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG; vgl. § 60 Abs. 3 AufenthG a.F.), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG; vgl. § 60 Abs. 2 AufenthG a.F.) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG; vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.).

Die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe hat der Kläger nicht geltend gemacht.

Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG sind im Fall des Klägers nicht erfüllt. Der Antragsteller muss die Umstände und Tatsachen, die für die von ihm befürchtete Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung maßgeblich sind, von sich aus konkret, in sich stimmig und erschöpfend vortragen (vgl. Art. 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Buchst. c RL 2011/95/EU, § 25 Abs. 2 AsylVfG). Ihn trifft die Darlegungslast.

Der Kläger vermochte hier – wie dargelegt – nicht hinreichend darlegen, dass für ihn die konkrete Gefahr besteht, in seinem Herkunftsland der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung durch die Taliban oder andere Personen unterworfen zu werden; sein Vortrag zu Bedrohung und Beschäftigung hat sich als unstimmig und unglaubwürdig erwiesen.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass er als Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt wäre (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG).

Bei der diesbezüglichen Prüfung bleibt die zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. ergangene Rechtsprechung maßgeblich. Bei den Tatbestandsvoraussetzungen der „erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben“ des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. war zu prüfen, ob sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende – und damit allgemeine – Gefahr in der Person des Klägers so verdichtet hatte, dass sie eine erhebliche individuelle Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. darstellte. Bezüglich der Gefahrendichte ist auch weiterhin auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen, in die ein Kläger typischerweise zurückkehren wird (vgl. BVerwG, U.v. 14.7.2009 – 10 C 9/08 – BVerwGE 134, 188;U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 - juris). Normalerweise hat ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt allerdings nicht eine solche Gefahrendichte, dass alle Bewohner des betroffenen Gebiets ernsthaft persönlich betroffen sein werden. Dies ergab sich unter anderem aus dem 26. Erwägungsgrund der früheren RL 2004/83/EG (nunmehr 35. Erwägungsgrund der RL 2011/95/EU), nach dem Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes allgemein ausgesetzt sind, für sich genommen normalerweise keine individuelle Bedrohung darstellen, die als ernsthafter Schaden zu beurteilen wäre. Ausgeschlossen wird eine solche Betroffenheit der gesamten Bevölkerung oder einer ganzen Bevölkerungsgruppe allerdings nicht, was schon durch die im genannten Erwägungsgrund gewählte Formulierung „normalerweise“ deutlich wird. Eine Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die ihn von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen – zum Beispiel als Arzt oder Journalist – gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer er als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte – etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit – ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht bereits die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4/09 – BVerwGE 136, 360). Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann aber auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände fehlen, ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U.v. 14.7.2009 – 10 C 9/08 – BVerwGE 134, 188). Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13/10 – NVwZ 2012, 454; U.v. 27.4.2010 – 10 C 4/09 – BVerwGE 136, 360). Allgemeine Lebensgefahren, die lediglich Folge des bewaffneten Konflikts sind – etwa eine dadurch bedingte Verschlechterung der Versorgungslage – können nicht in die Bemessung der Gefahrendichte einbezogen werden.

Zur Feststellung der Gefahrendichte ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung erforderlich. Insoweit können auch die für die Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts entwickelten Kriterien entsprechend herangezogen werden (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5/09 – BVerwGE 136, 377). Ob die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllt sind, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden (BVerwG, U.v. 21.4.2009 – 10 C 11/08 – NVwZ 2009, 1237).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Kläger in seiner Heimatprovinz als Angehöriger der Zivilbevölkerung keiner ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit ausgesetzt. Die für eine Vielzahl von Zivilpersonen aus dem internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikt entstehende allgemeine Gefahr verdichtet sich in der Provinz ... für den Kläger nicht so, dass sie für ihn eine ernsthafte individuelle Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG darstellen würde. Eine Individualisierung ergibt sich für den Kläger im vorliegenden Fall – wie dargelegt - nicht aus gefahrerhöhenden Umständen. Eine Individualisierung tritt vorliegend auch nicht ausnahmsweise durch eine außergewöhnliche Situation in der Provinz ... ein, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet wäre, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4/09 – BVerwGE 136, 377).

In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. (vgl. etwa v. 2.10.2013 – 13a ZB 13.30099 - juris) geht das Gericht davon aus, dass afghanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr in die Provinz ... (Teil der „Zentralregion“) nach derzeitiger Sicherheitslage im Allgemeinen keiner ernsthaften individuellen Bedrohung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG ausgesetzt sind. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich die Gefahrenlage in ... seitdem in einer Weise verändert haben sollte, dass für den Kläger von einer ernsthaften individuellen Bedrohung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG ausgegangen werden müsste.

Auch ein insofern hilfsweise geltend gemachtes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist nicht festzustellen. Insbesondere sind Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, nämlich individuelle Gefahren, die nur dem Betroffenen drohen, nicht ersichtlich, insbesondere da der individuelle Vortrag des Klägers – wie dargelegt - unschlüssig und unglaubhaft ist.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Eine Gefahr im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann zwar grundsätzlich auch in einer unzureichenden Versorgungslage in Afghanistan, die insbesondere für Rückkehrer ohne Berufsausbildung und ohne familiäre Unterstützung besteht, begründet sein.

Die allgemeine Gefahr in Afghanistan hat sich jedoch für den Kläger nicht ausnahmsweise derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierfür geforderten Voraussetzungen sind in Bezug auf den Kläger nicht erfüllt. Wann allgemeine Gefahren von Verfassung wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Auch müssen sich die Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen unmittelbar noch am Tag der Abschiebung eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10/09 – NVwZ 2011, 48).

In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs geht das Gericht davon aus, dass derzeit für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende alleinstehende, männliche, arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige wie der Kläger in Afghanistan nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führt (vgl. erneut aus jüngerer Zeit B. v. 25.11.2013 – 13a ZB 13.30323 –, v. 7.1.2014 – 13a ZB 13.30362 – und v. 30.1.2014 – 13a B 13.30279 - jeweils juris). Anhaltspunkte dafür, dass sich die Bedingungen sowohl in Kabul, wohin der Kläger im Fall einer zwangsweisen Rückführung abgeschoben würde, als auch in der Zentralregion, aus der der Kläger stammt, seither wesentlich verschlechtert haben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch individuelle Gründe, warum der zwischenzeitlich volljährige, alleinstehende, arbeitsfähige und gesunde Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit doch alsbald nach seiner Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung nach Afghanistan verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe, bestehen nicht. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger im Fall einer zwangsweisen Abschiebung auf dem Arbeitsmarkt nicht als vollkommen chancenlos anzusehen ist und in der Lage wäre, wenigstens ein kümmerliches Einkommen zu erzielen, um damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Zudem verfügt der Kläger über einen Familienverband in Afghanistan.

Die Klage war daher unter der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO und unter dem Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO abzuweisen.

 

Beschluss

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Zur Begründung wird auf das vorstehende Urteil Bezug genommen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Zuerkennung der Asylberechtigung, hilfsweise der Flüchtlingseigenschaft sowie hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes und die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten.

1. Der 1982 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben pakistanischer Staatsangehöriger. Er stellte am 19. September 2012 einen Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland.

Im Rahmen einer vorangehenden Anhörung bei der Regierung von ... (Zentrale Rückführungsstelle ...) vom 30. August 2012 gab der Kläger an, aus dem Dorf ... (Distrikt ..., Provinz ..., Pakistan) zu stammen, zur Volksgruppe der Punjabi zu gehören und sunnitischer Moslem zu sein. Er sei am 16. August 2012 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Er habe Pakistan etwa ein halbes Jahr vorher verlassen und sei mithilfe eines Schleusers über ..., den Iran, die Türkei, Griechenland und Bulgarien nach Deutschland gelangt. Seine pakistanischen Personaldokumente habe er unterwegs verloren.

Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 28. Mai 2013 wiederholte der Kläger zunächst seine Angaben aus der Anhörung vom 30. August 2012. Ergänzend gab er an, Analphabet zu sein und keine Schule besucht zu haben. Er sei angelernter Maurer und Maler und sei in Pakistan zusammen mit seinem Bruder selbstständig erwerbstätig gewesen. Grund für die Ausreise aus Pakistan sei seine seit Februar 2001 bestehende Mitgliedschaft in der Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) gewesen. Die PTI setze sich für Gerechtigkeit ein und sei gegen Korruption. Der Kläger habe bei Parteiveranstaltungen - insbesondere der Organisation öffentlicher Hunderennen - und sozialen Aktivitäten mitgewirkt und hierbei für die politischen Inhalte der PTI geworben, ohne jedoch ein konkretes Parteiamt bekleidet zu haben. Er habe in ständigen Kontakt mit einem PTI-Bezirksstellvertreter („...“) gestanden, der die lokalen Veranstaltungen finanziell unterstützt habe. Der Kläger habe durch sein PTI-Engagement in seinem Heimatort einen guten Bekanntheitsgrad erlangt. Dies habe einer gegnerischen Partei, der Pakistan Muslim League (Quaid e Azam Group - PML-Q), missfallen. Er sei sodann Anfang 2012 von seitens der lokalen Führungsfamilie der PML-Q („Choudury“) beauftragten Kriminellen mit dem Ziel entführt und geschlagen worden, dass er seine PTI-Tätigkeit beende. Auch seien ihm Ratten und Mäuse in die unten verschlossene Hose platziert worden. Die Polizei habe gegen all dies nichts unternommen, da sie - nach eigener Aussage - von der Regierungspartei PML-Q unter Druck gesetzt wurde. Vielmehr habe die Polizei den Kläger eine Nacht in Gewahrsam genommen und geschlagen. Ein Freund („...“) habe sodann die Ausreise aus Pakistan organisiert. Hierfür sei dieser später getötet worden. Bei einer Rückkehr nach Pakistan fürchte der Kläger um sein Leben.

2. Mit Bescheid vom 11. Juli 2014 - als Einschreiben am 16. Juli 2014 zur Post gegeben - lehnte es das Bundesamt ab, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen (Ziffer 1.). Der Antrag auf Asylanerkennung wurde ebenfalls abgelehnt (Ziffer 2.). Auch ein subsidiärer Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Ziffer 3.). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG seien nicht gegeben (Ziffer 4.). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Sollte der Kläger die Ausreisefrist nicht einhalten, werde er nach Pakistan oder in einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, abgeschoben (Ziffer 5.).

Zur Begründung wurde u. a. angeführt, dass das klägerische Vorbringen eines politischen Engagements für die PTI-Partei nicht glaubhaft sei. Der Kläger habe kein hinreichendes Wissen über Inhalte und Struktur der PTI-Partei angegeben können. Auch die Schilderungen hinsichtlich einer angeblichen Entführung durch von der PML-Q beauftragte Kriminelle seien nicht im Ansatz glaubwürdig. Der Kläger habe insoweit zum Ablauf keine konkreten Details nennen können, vor allem der Zusammenhang zwischen Verfolgung und Ausreise sei nicht nachvollziehbar glaubhaft gemacht.

3. Der Kläger ließ hiergegen durch seinen Bevollmächtigten am 31. Juli 2014 Klage erheben. Beantragt wird,

den Bescheid der Beklagten aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass der Kläger Asylberechtigter i. S.v. Art. 16a GG ist, hilfsweise festzustellen, dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG i. V. m. § 3 AsylVfG vorliegen, hilfsweise festzustellen, dass dem Kläger subsidiärer Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 4 AsylVfG zuzuerkennen ist und dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Der Kläger werde in Pakistan als PTI-Parteimitglied durch Anhänger der konkurrierenden PML-Q-Partei politisch verfolgt, ohne dass die Polizei oder sonstige staatliche Stellen Schutz gewährten. Es werde insoweit zunächst grundsätzlich auf den Vortrag des Klägers im Verwaltungsverfahren Bezug genommen. Die Angaben des Klägers seien jedoch insoweit zu korrigieren, als dieser tatsächlich seit Dezember 2001 lokaler Vorsitzender der PTI-Jugendorganisation (Bereich „...“, Distrikt ...) gewesen sei. Hierzu werde auf eine entsprechende Bestätigung des Vorsitzenden der Jugendorganisation („...“) vom 18. Dezember 2001 verwiesen. Auch Schreiben einer pakistanischen Rechtsanwaltskanzlei vom 10. September 2014 und 2. März 2015 bestätigten, dass der Kläger PTI-Mitglied sei und diese Partei von der derzeitigen pakistanischen Regierung verfolgt werde. Es werde in diesen Schreiben ferner u. a. bestätigt, dass die gegnerische PML-Q-Partei die Familie des Klägers bedrohe und die Polizei nicht bereit sei, Schutz zu gewähren. Ferner bestätigten die Rechtsanwälte, dass der Freund des Klägers („...“), der seine Ausreise organisiert hatte, später durch eine Terrororganisation auf dem Fluss ... nahe ... ermordet worden sei und die PML-Q auch den Kläger suche, um ihn zu töten. Die pakistanischen Rechtsanwälte würden dem Kläger mit Blick auf diese Situation empfehlen, nicht nach Pakistan zurückzukehren, sondern solange wie möglich in Sicherheit im Ausland zu bleiben. Die Tötung des Freundes werde auch durch einen pakistanischen Polizeibericht vom 13. März 2012 belegt. Letztlich bestätige auch der aktuelle Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. April 2014 (dort S. 11/27), dass die pakistanische Polizei korrupt und zur Schutzgewährung bei politischer Verfolgung nicht bereit sei. Ausweislich des Lageberichts (dort S. 23 unten) gehe ein Ausweichen in einen anderen Landesteil zudem in der Regel mit der Aufgabe der wirtschaftlichen Basis einher; hieraus folge für den Kläger als Analphabeten ohne Ausbildung, dass für ihn realistischerweise keine inländische Fluchtalternative in Pakistan bestehe.

4. Mit Schreiben vom 19. August 2014 hat das Bundesamt für die Beklagte die Verwaltungsakte vorgelegt. Ein Antrag wurde nicht gestellt.

5. Mit Beschluss vom 20. Februar 2015 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Mit der Ladung übersandte das Gericht eine Liste derjenigen Auskünfte und Stellungnahmen, die es bei seiner Entscheidung verwerte.

6. In der mündlichen Verhandlung wurden klägerseitig folgende unbedingte Anträge gestellt:

Zum Beweis der Tatsache,

- dass der Kläger seit dem Jahr 2001 Mitglied der Partei PTI im Distrikt ... ist,

- dass im Heimatort des Klägers ... die Partei PML-Q im Jahr 2012 bis heute an der Macht ist, sowie

- dass der Kläger im Februar/März 2012 in ... über mehrere Stunden an einer Kreuzung von mehreren bewaffneten Personen misshandelt wurde und zweimal wegen erlittener Misshandlungen bei der örtlichen Polizei vorstellig wurde,

wird eine Auskunft beim Auswärtigen Amt eingeholt.

Das Gericht hat die Anträge mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Anträge bereits in formeller Hinsicht nach § 87b Abs. 3 VwGO als verspätet zurückweisen seien. Unabhängig davon gelte in materieller Hinsicht, dass die gegenständlichen Beweisthemen mit Blick auf die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu jedenfalls gegebenen inländischen Fluchtalternativen in Pakistan rechtlich nicht entscheidungserheblich sind. Auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung wird verwiesen.

7. Die beigezogenen Verwaltungsakten und die Gerichtsakte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist zum nach § 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

Nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 und 2 GG kann sich auf das Asylrecht nicht berufen, wer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen durch Gesetz zu bestimmenden Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Durch Anlage I zu § 26a AsylVfG sind Norwegen und die Schweiz als sichere Drittstaaten bestimmt worden. Nachdem somit alle Nachbarstaaten der Bundesrepublik Deutschland entweder aufgrund ihrer Mitgliedschaft in den Europäischen Gemeinschaften oder aufgrund der Anlage I zu § 26a AsylVfG sichere Drittstaaten sind, hat jeder Asylsuchende, der auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland gelangt ist, den Ausschlussgrund der Einreise aus einem sicheren Drittstaat verwirklicht (BVerwG, U.v. 7.11.1995 - InfAuslR 1996, 152). Die Drittstaatenregelung nach Art. 16a Abs. 2 GG greift nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 - DVBl. 1996, 729 f.) immer dann ein, wenn feststeht, dass der Ausländer nur über (irgend)einen, der durch die Verfassung oder Gesetz bestimmten sicheren Drittstaaten in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sein kann; es muss nicht geklärt werden, um welchen sicheren Drittstaat es sich dabei handelt. Da nach der derzeit geltenden Rechtslage (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG und Anlage I zu § 26a AsylVfG) alle an die Bundesrepublik Deutschland angrenzenden Staaten (Anrainerstaaten) sichere Drittstaaten sind, ist ein auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland einreisender Ausländer von der Berufung auf Art. 16a Abs. 1 GG ausgeschlossen, auch wenn sein Reiseweg nicht im Einzelnen bekannt ist (vgl. zum Ganzen: VG Augsburg, U.v. 9.2.2012 - Au 6 K 11.30137 - juris Rn. 15).

Der Kläger hat vorliegend im Rahmen seiner Anhörung bei der Regierung von ... (Zentrale Rückführungsstelle ...) vom 30. August 2012 angegeben, am 16. August 2012 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein. Er habe Pakistan etwa ein halbes Jahr vorher verlassen und sei mithilfe eines Schleusers über ..., den Iran, die Türkei, Griechenland und Bulgarien nach Deutschland gelangt (siehe zum Ganzen: Blatt 26 f. der Verwaltungsakte).

Eine Anerkennung als Asylberechtigter scheidet somit im Fall des Klägers aufgrund der Einreise nach Deutschland auf dem Landweg aus, Art. 16a Abs. 2 Satz 1 und 2 GG.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Eigenschaft eines Flüchtlings i. S.v. § 3 AsylVfG und § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG).

In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist.

aa) Mit dem am 1. Dezember 2013 in Kraft getretenen Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl 2013, 3474) hat die Bundesrepublik Deutschland die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 337 v. 20.12.2011, S. 9; sog. (neuere) Qualifikationsrichtlinie - QRL) umgesetzt, die die vorausgehende Qualifikationsrichtlinie RL 2004/83/EG (ABl EU Nr. L 304 v. 29.4.2004, S. 12) in einer überarbeiteten Fassung ablöste. In diesem Zuge wurde die bisherige Normierung in § 60 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F., die die Flüchtlingsanerkennung auf der Grundlage des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK) und den unionsrechtlichen Abschiebeschutz (nunmehr insgesamt als internationaler Schutz bezeichnet) betraf, zugleich in das Asylverfahrensgesetz transferiert. Die Neufassung der nunmehr umgesetzten Qualifikationsrichtlinie präzisiert eine Reihe von Regelungen und führt zu Statusverbesserungen für international subsidiär Schutzberechtigte (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, § 4 AsylVfG) ohne inhaltliche Änderung in Betreff der Zuerkennungsvoraussetzungen internationalen Schutzes (vgl. amtliche Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/13063 v. 15.4.2013; siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 10).

In § 3 AsylVfG wird der Flüchtlingsbegriff im Wortlaut der in Art. 1 A GFK und der in der Qualifikationsrichtlinie enthaltenen Flüchtlingsdefinition angepasst. Die Untergliederung wurde zur besseren Lesbarkeit des Textes eingefügt. § 3a AsylVfG setzt Art. 9 QRL, § 3b AsylVfG setzt Art. 10 QRL, § 3c AsylVfG setzt Art. 6 QRL, § 3d AsylVfG setzt Art. 7 QRL, § 3e AsylVfG setzt Art. 8 QRL, § 4 AsylVfG setzt Art. 15 und 17 Abs. 2 QRL um. Die Qualifikationsrichtlinie ist zum Inhalt des zu gewährenden Schutzes ergänzend anzuwenden (siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 11).

Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich

1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe,

2. außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,

a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder

b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Einem Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG, der nicht den Ausschlusstatbeständen nach § 3 Abs. 2 AsylVfG oder nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG unterfällt oder der den in § 3 Abs. 3 AsylVfG bezeichneten anderweitigen Schutzumfang genießt, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt (§ 3 Abs. 4 AsylVfG).

Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG, des Art. 1 A GFK und der Qualifikationsrichtlinie gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG; Art. 9 Abs. 1 lit. a QRL), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Ziffer 1. beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG; Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL).

Zwischen den Verfolgungsgründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG i. V. m. § 3b AsylVfG) und den Verfolgungshandlungen - den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen, § 3a AsylVfG - muss für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylVfG; Art. 9 Abs. 3 QRL).

Unter dem Verfolgungsgrund der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Asylantragsteller (§ 13 AsylVfG) in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylVfG (vgl. Art. 6 QRL) genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob der Asylantragsteller aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist (§ 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG; Art. 10 Abs. 1 lit. e QRL). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Asylgrundrecht des Art. 16a GG kann eine politische Verfolgung dann vorliegen, wenn staatliche Maßnahmen gegen - an sich unpolitische - Personen ergriffen werden, weil sie der Gegenseite oder dem persönlichen Umfeld einer anderen Person zugerechnet werden, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist (BVerfG, B.v. 22.11.1996 - 2 BvR 1753/96). Dienen diese Maßnahmen der Ausforschung der Verhältnisse des Dritten, so kann ihnen die Asylerheblichkeit nicht von vornherein mit dem Argument abgesprochen werden, sie seien nicht gegen die politische Überzeugung des Betroffenen gerichtet (BVerfG, B.v. 28.1.1993 - 2 BvR 1803/92 - juris Rn. 21 - zu Repressalien des ägyptischen Geheimdienstes; siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 20).

Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylVfG; Art. 10 Abs. 2 QRL).

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet i. S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG ist, gilt einheitlich der Prognosemaßstab der tatsächlichen Gefahr. Dies gilt wegen der Symmetrie der Maßstäbe für Anerkennung und Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft gleichermaßen. Dieser Maßstab wird vom Bundesverwaltungsgericht mit demjenigen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit gleichgesetzt (BVerwG U.v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - juris Rn. 20/23). Die Tatsache, dass ein Asylantragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Asylantragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Asylantragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 QRL; vgl. § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG a. F., der auf die unveränderte Vorgängernorm in Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG verweist). Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei, was etwa bei einem Widerruf der zuerkannten Flüchtlingseigenschaft Relevanz hat. Bei der Beurteilung, ob eine Flüchtlingsanerkennung aufgrund anderer Tatbestände (auch Nachfluchttatbestände i. S.v. § 28 AsylVfG) als der vom Asylantragsteller vorgetragenen bzw. früher vorliegenden Tatbeständen auszusprechen ist, ist Art. 4 Abs. 4 QRL nicht anzuwenden. Im Stadium der Prüfung eines Antrags auf Anerkennung als Flüchtling ist das Anforderungsniveau unterschiedslos gleich (EuGH, U.v. 2.3.2010 - Rs. C-175/08 - juris; BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - BVerwGE 140, 22; siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 21).

Die begründete Furcht vor Verfolgung i. S.v. § 3 Abs. 1 AsylVfG kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist (§ 28 Abs. 1a AsylVfG). Für subjektive Nachfluchttatbestände, die bereits während eines Erstverfahrens verwirklicht worden sind, greift somit keine Einschränkung. Für die Flüchtlingsanerkennung müssen diese - anders als bei der Asylanerkennung gem. § 28 Abs. 1 AsylVfG - nicht einmal auf einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung beruhen (BVerwG U.v. 18.12.2008 - 10 C 27/07 - juris Rn. 14; OVG LSA, U.v. 18.7.2012 - 3 L 147/12 - juris Rn. 26). Auch insoweit als die begründete Furcht vor Verfolgung auf Nachfluchtgründen beruht, reicht es bei der Prüfung der Verfolgungsgründe aus, wenn diese Merkmale dem Asylantragsteller von seinem Verfolger lediglich zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylVfG; Art. 10 Abs. 2 QRL; siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 22).

Hat keine Vorverfolgung entsprechend Art. 4 Abs. 4 QRL stattgefunden, so kann Schutz nach § 3 AsylVfG weiterhin nur derjenige beanspruchen, der Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat. Dabei gilt unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum inhaltsgleichen bisherigen § 60 Abs. 1 AufenthG a. F., dass eine Verfolgungsgefahr für einen nicht verfolgt Ausgereisten und damit dessen begründete Furcht vor Verfolgung nur dann vorliegt, wenn ihm bei verständiger objektiver Würdigung der gesamten Umstände seines Falls mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren (siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 23).

Entscheidend ist, ob bei „qualifizierender“ Betrachtungsweise aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann und deshalb eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Die Betrachtung ist weder auf einen quantitativ zu ermittelnden überwiegenden Wahrscheinlichkeitseintritt reduziert, noch ist der quantitative Aspekt ausgeschlossen. Bei der vorzunehmenden „zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts“ müssen die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Die Zumutbarkeit bildet das vorrangige qualitative Kriterium bei der Beurteilung, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Bei quantitativ nicht überwiegender Wahrscheinlichkeit (mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 v. H.) einer Gefahr kann eine Verfolgung gegeben sein, wenngleich die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht ausreicht, da ein vernünftig denkender Mensch sie außer Betracht lässt. Wenn sich aus den Gesamtumständen des Falles die reale Möglichkeit einer Verfolgung ergibt, riskiert kein verständiger Mensch die Rückkehr in das Herkunftsland. Bei der Abwägung aller Umstände bezieht der verständige, besonnen und vernünftig denkende Betrachter neben dem Alter des potentiellen Rückkehrers auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem Umfang ein. Es besteht ein erheblicher Unterschied, ob die Gefahr z. B. eines Verhörs ohne Folter, einer Inhaftierung über Stunden, Tage, Monate, Jahre, der Folter oder aber des „Verschwindenlassens“ oder der Todesstrafe droht (BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - juris; B.v. 7.2.2008 - 10 C 33/07 - juris; siehe zum Ganzen: VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris Rn. 24).

Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3e Abs. 1 AsylVfG i. V. m. Art. 8 QRL nicht zuerkannt, wenn er (Nr. 1) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und (Nr. 2) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

bb) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze sind im Fall des Klägers die Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i. S.v. § 3 Abs. 1 AsylVfG nicht gegeben.

Das Gericht hat bereits grundsätzliche Zweifel am Wahrheitsgehalt des klägerischen Sachvortrags einer Verfolgung als PTI-Parteimitglied durch Anhänger der Partei PML-Q. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die PML-Q auf nationaler Ebene bereits seit 2008 nicht mehr Regierungspartei in Pakistan ist und im derzeitigen Nationalparlament lediglich über 2 von insgesamt 336 Sitzen verfügt, während die PTI dort 35 Parlamentarier stellt. Auch im Regionalparlament des ... - der Heimatprovinz des Klägers - verfügt die PML-Q nur noch über 8 von insgesamt 371 Sitzen, während die PTI 30 Mandate innehat. Dies alles spricht nachdrücklich gegen die vorgetragene Verfolgung (vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14.30674 - juris Rn. 19/22 - ebenfalls zum Vortrag der Verfolgung von PTI-Parteimitgliedern durch die PML-Q; siehe zu parlamentarischen Sitzverteilungen: www.wikipedia.org - Artikel „National Assembly of Pakistan“ und „Provincial Assembly of the Punjab“).

Auch die klägerseitig vorgelegten Schreiben einer pakistanischen Rechtsanwaltskanzlei aus ... vom 10. September 2014 und 2. März 2015 (siehe Originale auf Blatt 41 und 79 der Gerichtsakte) überzeugen nicht gänzlich, soweit sie als Beleg für die vom Kläger vorgetragene Verfolgungsgeschichte dienen sollen. Es bleibt insbesondere unklar, ob die Rechtsanwaltskanzlei in ihren Schreiben lediglich einen Sachverhalt wiedergibt, den der Kläger schriftlich als Grundlage für eine Rechtsberatung mitgeteilt hat, oder jedoch aus eigener Erkenntnis bzw. aus eigenem Faktenwissen heraus berichtet (vgl. etwa das Schreiben v. 3.2.2015: „You said that you are a volunteer member of Pakistan Tehreek-e-Insaf political party…“, Blatt 79 der Gerichtsakte). Auch verwundert es, dass das zweite Schreiben vom 3. Februar 2015 sich liest, als handelte es sich um einen Erstkontakt mit einem unbekannten Mandanten, obwohl doch bereits ausweislich des Schreibens vom 10. September 2014 (Blatt 41 der Gerichtsakte) eine vorangehende Korrespondenz bestanden hatte.

Auch der klägerseitig zur vorgetragenen Tötung seines Freunds „...“ vorgelegte Polizeibericht vom 13. März 2012 (Original auf Blatt 80 f. der Gerichtsakte) überzeugt nicht. Denn eine Person dieses Namens ist im Polizeibericht ausweislich der englischen Übersetzung nicht erwähnt.

Überdies können ausweislich der vorliegenden Erkenntnismittel politische Parteien in Pakistan weitgehend frei operieren; eine Einschränkung der politischen Opposition findet nicht statt (vgl. zum Ganzen: vgl. Nr. I.1 des Lageberichtes des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, S. 12; vgl. VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 22).

Letztlich kann der Wahrheitsgehalt des Vorbringens des Klägers jedoch offen bleiben. Denn unabhängig davon besteht für diesen jedenfalls eine inländische Fluchtalternative. Ihm wäre ein Ausweichen auf andere Landesteile Pakistans (§ 3e AsylVfG, Art. 8 QRL) möglich. Aus diesem materiell-rechtlichen Grund waren - zusätzlich zu einer formellen Verfristung nach § 87b Abs. 3 VwGO - die in der mündlichen Verhandlung klägerseitig gestellten Beweisanträge mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen.

Nach § 3e Abs. 1 AsylVfG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er (1.) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung, wobei die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 QRL zu beachten ist (BVerwG, U.v. 5.5.2009 - 10 C 21/08 - juris), oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und (2.) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Damit wird die Nachrangigkeit des Schutzes verdeutlicht. Der Drittausländer muss am Zufluchtsort jedoch eine ausreichende Lebensgrundlage vorfinden d. h. es muss zumindest (in faktischer Hinsicht) das Existenzminimum gewährleistet sein, was er unter persönlich zumutbaren Bemühungen sichern können muss. Dies gilt auch, wenn im Herkunftsgebiet die Lebensverhältnisse gleichermaßen schlecht sind. Unerheblich ist, ob eine Gefährdung am Herkunftsort in gleicher Weise besteht. Darüber hinaus ist auch erforderlich, dass das Zufluchtsgebiet für den Drittausländer erreichbar ist (BT-Drs. 16/5065 S. 185; BVerwG, U.v. 29.5.2008 - 10 C 11/07 - juris). Nach § 3e Abs. 2 AsylVfG sind bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach § 3e Abs. 1 AsylVfG erfüllt, die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Art. 4 QRL zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa des UNHCR oder des EASO einzuholen. § 3e Abs. 2 AsylVfG setzt den neugefassten Art. 8 QRL um und enthält auch inhaltliche Änderungen gegenüber der bisherigen Rechtslage. So muss das Zufluchtsgebiet für den Betroffenen auch erreichbar sein, wofür eine Reihe von Kriterien festgelegt wurden. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass praktische, in der Regel vorübergehende Rückkehrhindernisse wie etwa unterbrochene Verkehrsverbindungen in das Zufluchtsgebiet für die Annahme einer internen Schutzmöglichkeit unschädlich sind. Danach ist interner Schutz nur dann gegeben, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung eine tatsächliche Möglichkeit zur Einreise in das in Betracht kommende Zufluchtsgebiet besteht (BT-Drs. 17/13063 S. 20; siehe zum Ganzen: VG Ansbach, U.v. 7.8.2014 - AN 11 K 14.30589 - juris Rn. 28).

Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben und Grundsätze ist davon auszugehen, dass der Kläger in anderen Teilen Pakistans, insbesondere in den größeren Städten, eine interne Schutzmöglichkeit i. S.v. § 3e AsylVfG finden kann. In den Städten Pakistans - vor allem in den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Karachi, Peshawar oder Multan - leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, könnten in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (vgl. Nr. II.3 des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, S. 23). Angesichts der hohen Bevölkerungszahl in ... und mehrerer Millionenstädte in dieser Provinz und landesweit, ist nicht ersichtlich, dass die den Kläger angeblich Bedrohenden die Mittel hätten, diesen in der ganzen Provinz und/oder landesweit ausfindig zu machen und zu verfolgen. Letztlich hat der Kläger selbst im Verwaltungsverfahren wie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren lediglich angegeben, Vorsitzender der örtlichen PTI-Jugendorganisation gewesen zu sein und in seinem Heimatort durch seine PTI-Tätigkeit einen guten Bekanntheitsgrad erlangt zu haben. Eine überörtliche oder gar nationale Bekanntheit des Klägers ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. zum Ganzen: VG Ansbach, U.v. 7.8.2014 - AN 11 K 14.30589 - juris Rn. 27-29; VG Augsburg, U.v. 15.5.2014 - Au 6 K 14.30300 - Rn. 12 des Entscheidungsumdrucks; VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14.30674 - juris Rn. 23; U.v. 10.12.2013 - RN 3 K 13.30374 - juris Rn. 30; VG Köln, U.v. 10.9.2014 - 23 K 6317/11.A - juris Rn. 25).

In den Großstädten und in anderen Landesteilen kann der Kläger als erwachsener junger Mann ohne eigene Kinder auch ein ausreichendes Einkommen finden. Dies gilt auch, soweit der Kläger angibt, Analphabet ohne Schulbildung zu sein; denn der Kläger war nach eigenen Angaben bereits in der Vergangenheit selbstständig als angelernter Maurer und Maler in Pakistan tätig und damit in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zwar ist das Leben in den Großstädten teuer, allerdings haben viele Menschen kleine Geschäfte oder Kleinstunternehmen. Es gibt aufgrund der großen Bevölkerung viele Möglichkeiten für Geschäfte auf kleiner Basis (vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14.30674 - juris Rn. 23; U.v. 10.12.2013 - RN 3 K 13.30374 - juris Rn. 31 jeweils unter Bezugnahme auf die Auskunft des Bundesasylamts der Republik Österreich vom Juni 2013, Pakistan 2013, S. 76). Es kann somit vom Kläger erwartet werden, dass er sich in einem dieser Landesteile niederlässt (vgl. zum Ganzen: VG Augsburg, U.v. 15.5.2014 - Au 6 K 14.30300 - Rn. 13 des Entscheidungsumdrucks; vgl. allg. zur bestehenden inländischen Fluchtalternativen in Pakistan bei behaupteter politischer Verfolgung: VG Ansbach, U.v. 7.8.2014 - AN 11 K 14.30589 - juris Rn. 27-29; U.v. 29.5.2013 - AN 11 K 13.30171 - juris Rn. 24; B.v. 26.3.2013 - AN 11 S 13.30170 - juris Rn. 7).

Individuelle Umstände, die im Einzelfall des Klägers zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind im Übrigen weder vorgetragen noch ersichtlich.

c) Auch ein Anspruch des Klägers auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 2 AufenthG besteht nicht.

aa) Abschiebungsschutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG steht dem Kläger nicht zu. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihn der in § 4 Abs. 1 AsylVfG bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1) bzw. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2). Voraussetzung ist, dass eine konkrete individuelle Gefahr ernsthaft droht. Eine allgemeine Bedrohung genügt nicht. Anhaltspunkte für die Gefahr der Verhängung der Todesstrafe, der Folter oder der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung des Klägers in Pakistan sind weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 26).

bb) Der Kläger kann sich auch nicht auf § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG berufen. Danach gilt als ernsthafter Schaden eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Die allgemeine Gefahr, die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgeht, kann sich individuell so verdichten, dass sie eine ernsthafte individuelle Bedrohung darstellt. Voraussetzung hierfür ist eine außergewöhnliche Situation, die durch einen so hohen Gefährdungsgrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer solchen Bedrohung ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 14.7.2009 - 10 C 9.08; vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 27).

In Pakistan liegt gegenwärtig weder im gesamten Staatsgebiet noch in der Provinz ... ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vor. Dieser Begriff ist völkerrechtlich zu verstehen und setzt eine gewisse Qualität voraus (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 44/07). Ein solcher Konflikt liegt nicht vor, wenn es sich nur um innere Unruhen und Spannungen handelt wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche Handlungen. Der Konflikt muss ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen. Zwar ist Pakistan von einer erheblichen terroristischen Bedrohung durch die Taliban und andere islamistisch-extremistische Gruppen bedroht (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, S. 5). Die Taliban wurden jedoch nach Militäroffensiven im April 2009 aus dem Swat-Tal und im Oktober 2009 aus Süd-Wasiristan vertrieben und sind in entlegenere Gebiete der Stammesgebiete ausgewichen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, S. 5). Nach den Angaben des Auswärtigen Amts kamen im Jahr 2012 und 2013 bei Terroranschlägen landesweit in Pakistan jeweils mehr als 2.000 Menschen ums Leben, vor allem in Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa, Karachi und den Stammesgebieten (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, S. 5). Nach den Angaben des pakistanischen Innenministeriums soll es zwischen Januar 2012 und August 2013 2.174 Anschläge mit über 1.600 Toten und mehr als 5.600 Verletzten gegeben haben (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8.4.2014, S. 24). Die meisten Toten seien in der Provinz Khyber-Pakhtunkhwa zu beklagen gewesen. Ein dauerhafter bewaffneter Konflikt liegt hierin nicht, da die Taliban und andere Jihadisten bei realistischer Einschätzung militärisch nicht dazu in der Lage sind, die Macht in Pakistan oder in relevanten Landesteilen erlangen zu können. Sie genießen auch in weiten Teilen der Bevölkerung keinen Rückhalt. Die Auseinandersetzungen sind nicht so intensiv und dauerhaft, dass man von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt sprechen könnte. Es ist auch nicht glaubhaft vorgebracht, dass sich die politischen Auseinandersetzungen aktuell so verschärft haben, dass von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt auszugehen ist (siehe zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 28).

Selbst wenn man das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts bejahen würde, bestünde keine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben des Klägers. Die Gefahrendichte in Pakistan und auch im Punjab ist nicht so hoch, dass dort praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist. Wie ausgeführt betreffen die Terroranschläge weite Teile des Staatsgebiets und des Punjabs nicht. Der regionale Schwerpunkt terroristischer Anschläge liegt sehr deutlich in Khyber-Pakhtunkhwa, den Stammesgebieten FATA und in Belutschistan (vgl. Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes vom 4.10.2013). Bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung von ca. 172 Mio. Menschen in Pakistan und ca. 91 Mio. Bewohnern in der Provinz Punjab (jeweils nach www.wikipedia.de), ist das Risiko, Schaden an Leib oder Leben durch Anschläge zu erleiden, verschwindend gering. Die Gefahrendichte ist nicht so hoch, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist (vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 29).

Eine individuelle Bedrohung des Klägers besteht auch nicht unter Berücksichtigung individueller gefahrerhöhender Umstände. Es ist nicht glaubhaft dargelegt, dass ihm bei einer Rückkehr nach Pakistan eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben droht. Das Risiko eines Rückkehrers, möglicherweise Opfer krimineller Übergriffe zu werden, ist Ausfluss der allgemeinen Sicherheitslage und beruht nicht auf individuellen Aspekten (vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 30).

d) Es liegen in der Person des Klägers auch keine nationalen Abschiebungsverbote i. S.v. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor (vgl. zum Ganzen: VG Regensburg, U.v. 9.1.2015 - RN 3 K 14. 30674 - juris Rn. 31-33).

aa) Auf § 60 Abs. 5 AufenthG kann sich der Kläger nicht berufen, da er keine konkrete individuelle Gefahr geltend gemacht hat (s.o.).

bb) Dem Kläger steht auch kein Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren im Sinne dieser Vorschrift, denen die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Eine Verdichtung allgemeiner Gefahren zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung liegt im Fall des Klägers bei einer Rückkehr nach Pakistan nicht vor (s.o.).

2. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen folgende Aufgaben:

1.
Koordinierung der Informationen über den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur für Arbeit und der für Pass- und Visaangelegenheiten vom Auswärtigen Amt ermächtigten deutschen Auslandsvertretungen;
2.
a)
Entwicklung von Grundstruktur und Lerninhalten des Integrationskurses nach § 43 Abs. 3 und der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a,
b)
deren Durchführung und
c)
Maßnahmen nach § 9 Abs. 5 des Bundesvertriebenengesetzes;
3.
fachliche Zuarbeit für die Bundesregierung auf dem Gebiet der Integrationsförderung und der Erstellung von Informationsmaterial über Integrationsangebote von Bund, Ländern und Kommunen für Ausländer und Spätaussiedler;
4.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Migrationsfragen (Begleitforschung) zur Gewinnung analytischer Aussagen für die Steuerung der Zuwanderung;
4a.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Integrationsfragen;
5.
Zusammenarbeit mit den Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Nationale Kontaktstelle und zuständige Behörde nach Artikel 27 der Richtlinie 2001/55/EG, Artikel 25 der Richtlinie 2003/109/EG, Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie 2009/50/EG, Artikel 26 der Richtlinie 2014/66/EU und Artikel 37 der Richtlinie (EU) 2016/801 sowie für Mitteilungen nach § 51 Absatz 8a;
5a.
Prüfung der Mitteilungen nach § 16c Absatz 1, § 18e Absatz 1 und § 19a Absatz 1 sowie Ausstellung der Bescheinigungen nach § 16c Absatz 4, § 18e Absatz 5 und § 19a Absatz 4 oder Ablehnung der Einreise und des Aufenthalts;
6.
Führung des Registers nach § 91a;
7.
Koordinierung der Programme und Mitwirkung an Projekten zur Förderung der freiwilligen Rückkehr sowie Auszahlung hierfür bewilligter Mittel;
8.
die Durchführung des Aufnahmeverfahrens nach § 23 Abs. 2 und 4 und die Verteilung der nach § 23 sowie der nach § 22 Satz 2 aufgenommenen Ausländer auf die Länder;
9.
Durchführung einer migrationsspezifischen Beratung nach § 45 Satz 1, soweit sie nicht durch andere Stellen wahrgenommen wird; hierzu kann es sich privater oder öffentlicher Träger bedienen;
10.
Anerkennung von Forschungseinrichtungen zum Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d; hierbei wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch einen Beirat für Forschungsmigration unterstützt;
11.
Koordinierung der Informationsübermittlung und Auswertung von Erkenntnissen der Bundesbehörden, insbesondere des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz, zu Ausländern, bei denen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausländer-, asyl- oder staatsangehörigkeitsrechtliche Maßnahmen in Betracht kommen;
12.
Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 1 im Fall einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34, 35 des Asylgesetzes oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a des Asylgesetzes sowie die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7;
13.
unbeschadet des § 71 Absatz 3 Nummer 7 die Beschaffung von Heimreisedokumenten für Ausländer im Wege der Amtshilfe.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg

Nr. W 6 K 15.30722

Im Namen des Volkes

Gerichtsbescheid

vom 8. Dezember 2015

6. Kammer

Sachgebiets-Nr: 710

Hauptpunkte:

Gerichtsbescheid; rechtswidrige Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots; fehlerhafte Ermessensausübung bezüglich Befristung; Verpflichtung des Bundesamtes zur Neubescheidung der Befristung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts Klageabweisung im Übrigen als offensichtlich unbegründet; Kosovo; Ashkali; Bezugnahme auf Bundesamtsbescheid und auf Beschluss in Sofortsache; kein weiteres neues Vorbringen; kostenmäßig geringfügiges Unterliegen;

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Außenstelle Z., R. Str. ..., Z., ...

- Beklagte -

beteiligt: Regierung von ... als Vertreter des öffentlichen Interesses,

wegen Asylrechts,

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg, 6. Kammer, durch den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Müller als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung am 8. Dezember 2015

folgenden Gerichtsbescheid:

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, unter Abänderung der Nr. 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Oktober 2015 über die Länge der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

II.

Die Klage wird im Übrigen als offensichtlich unbegründet abgewiesen.

III.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand:

1. Die Klägerin ist kosovarische Staatsangehörige vom Volk der Ashkali. Zu ihrem Asylbegehren gab sie im Wesentlichen an, sie sitze im Rollstuhl, sie habe verschiedene gesundheitliche Beschwerden. Sie hätten kein Geld gehabt, um zum Arzt zu gehen.

Mit Bescheid vom 8. Oktober 2015 lehnte die Beklagte die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als offensichtlich unbegründet ab. Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Die Klägerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Ihr wurde die Abschiebung in den Kosovo bzw. in einen anderen Staat angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).

2. Am 30. Oktober 2015 ließ die Klägerin Klage erheben und beantragen:

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 8. Oktober 2015, Az: 5875183-150, zugestellt am 23. Oktober 2015, verpflichtet, die Flüchtlingseigenschaft der klagenden Partei i. S. d. § 3 AsylG festzustellen.

2. Hilfsweise:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des vorbezeichneten Bescheides verpflichtet, festzustellen, dass die klagende Partei subsidiäre Schutzberechtigte i. S. d. § 4 AsylG ist.

3. Weiter hilfsweise:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des vorbezeichneten Bescheides verpflichtet, festzustellen, dass im Hinblick auf die klagende Partei in Bezug auf eine Abschiebung in den Kosovo die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 des AufenthG vorliegen.

4. Die Abschiebungsandrohung der Beklagten wird aufgehoben.

Zur Klagebegründung ließ die Klägerin im Wesentlichen vorbringen, sie sei 70 Jahre alt und müsse im Rollstuhl leben. Sie werde von ihrem Sohn und seiner Familie versorgt und gepflegt. Die Feststellung auf Seite 12 des angefochtenen Bescheides, wonach im Hinblick auf die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots davon auszugehen sei, dass die Klägerin über keine Bindungen im Bundesgebiet verfüge, sei im Hinblick auf den Vermerk vom 18. Dezember 2014 auf Blatt 18 der Verwaltungsakte, wonach die Klägerin noch drei Söhne habe, die bereits seit den 90er Jahren in Deutschland lebten, ebenso unverständlich wie falsch.

Mit Schriftsatz vom 5. November 2015 ließ die Klägerin noch ein Attest nebst Medikamentenplan übersenden.

3. Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 3. November 2015,

die Klage abzuweisen.

Außerdem erklärte sich die Beklagte mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden.

4. Mit Beschluss vom 2. November 2015 übertrug die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

Mit Beschluss vom 9. November 2015 (W 6 S 15.30723) lehnte das Gericht im Sofortverfahren den Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab.

Mit Schreiben vom 18. November 2015 wurde die Klägerin zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Sofortsache W 6 S 15.30723) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage, über die gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden werden konnte, ist zulässig und teilweise begründet, soweit sie sich auf die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots unter Nr. 6 des Bescheides der Beklagten vom 8. Oktober 2015 bezieht. Im Übrigen ist die Klage offensichtlich unbegründet.

1. Die Klage ist begründet, soweit sich auf die Nr. 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Oktober 2015 bezieht.

Die Beklagte wird verpflichtet, unter Abänderung der Nr. 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Oktober 2015 über die Länge der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Zwar hat der Klägerbevollmächtigte keinen ausdrücklich dahingehenden Antrag gestellt, jedoch hat er die Abschiebungsandrohung insgesamt angefochten und in seiner Klagebegründung ausdrücklich die aus seiner Sicht falsche Befristungsentscheidung thematisiert, so dass das Gericht bei sach- und interessengerechter Auslegung (§ 88 VwGO) von einem konkludenten Antrag auf Überprüfung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ausgeht (vgl. Maor in Beck‘scher Online-Kommentar Ausländerrecht, hrsg. Kluth/Heusch, Stand: 1.8.2015, § 11 AufenthG Rn. 65.1 m. Nachw z. Rspr.)

Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), soweit das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot unter Nr. 6 unter fehlerhafte Ausübung des Ermessens auf 30 Monate befristet ist.

Denn nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG wird über die Länge der Frist des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots von Amts wegen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden. Das Gericht hat entsprechend § 114 Satz 1 VwGO nur zu prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

Die Beklagte waren nach § 11 Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 75 Nr. 12 AufenthG zur Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) berufen. Die Entscheidung, das gesetzliche Einreise- und auf Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen ist grundsätzlich ermessensfehlerfrei möglich, da die Länge der Frist in der Mitte des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgezeigten Rahmens von 60 Monaten (5 Jahren) liegt (vgl. VG Oldenburg, B.v. 19.11.2015 - 5 A 3452/15 - juris; B.v. 2.10.2015 - 5 B 3636/15 - juris; 22.9.2015 - 7 B 3487/15 - juris; VG Gelsenkirchen, B.v. 2.10.2015 - 19a L 1818/15.A - juris; VG Osnabrück, B.v. 23.9.2015 - 5 B 377/15 - juris).

Gleichwohl ist die Befristungsentscheidung zulasten der Klägerin rechtswidrig, weil sie grundsätzlich einen Anspruch auf eine am Zweck des Gesetzes orientierte ermessensgerechte Berücksichtigung und Würdigung ihrer Belange hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 5). Daran fehlt es. Denn die Beklagte verweist im streitgegenständlichen Bescheid einerseits auf die Möglichkeit der Unterstützung der Klägerin durch die zahlreichen nahen Angehörigen im In- und Ausland, die von der Klägerin auch ausdrücklich angeführt wurden. Die Beklagte führt andererseits im Widerspruch dazu im Zusammenhang mit der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbot aus, die Beklagte verfüge über keine wesentlichen Bindungen in Deutschland, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen wären. Diese explizite Ausklammerung wesentlicher Ermessensgesichtspunkte ist rechtswidrig.

Denn bei der Ermessensentscheidung im Rahmen der Befristung gemäß nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG sind neben den zulässigerweise heranzuziehenden spezial- und generalpräventiven Gesichtspunkten auch familiäre sowie andere erhebliche persönliche Belange unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Sämtliche im konkreten Kontext schutzwürdigen Interessen der Klägerin sind in den Blick zu nehmen und mit den öffentlichen Interessen in einen praktisch verträglichen verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen (Maor in Beck‘scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Kluth/Heusch, Stand: 1.8.2015, § 11 AufenthG Rn. 19 ff.; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, Fritz/Vormeier, Lfg. 81 1.10.2015, § 11 Rn. 66, 100, 106 ff.).

Die Beklagte wird bei der erneut zu treffenden Befristungsentscheidung unter anderem auch die Bindung der Klägerin zu ihren seit den neunziger Jahren in Deutschland lebenden Söhnen sowie das Alter der Klägerin, ihren Gesundheitszustand und auch ihre Pflegebedürftigkeit zu berücksichtigen haben.

Das Gericht hält eine Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots unter 30 Monate im speziellen Einzelfall der Kläger nach den vorliegenden Gesamtumständen bei sachgerechter Ermessensausübung für möglich.

2. Die Klage ist im Übrigen als offensichtlich unbegründet abzuweisen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Denn der angefochtene Bescheid ist - in seinen Nrn. 1 bis 5 - rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO), weil der Klägerin offensichtlich kein Aufenthalts- bzw. Bleiberecht zusteht (vgl. § 30 AsylG).

2.1 Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Klage offensichtlich unbegründet, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage dem Gericht geradezu aufdrängt (BVerwG, B.v. 1.3.1979 - 1 B 24/79 - Buchholz 402.24, § 34 AuslG Nr. 1 sowie BVerfG, B.v. 12.7.1983 - 1 BvR 1470/82 - BVerfGE 65, 76; U.v. 11.12.1985 - 2 BvR 361/83, 2 BvR 449/83 - BVerfGE 71, 276; B.v. 20.12.2006 - 2 BvR 2063/06 - NVwZ 2007, 1046).

2.2 Diese Voraussetzungen für die Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet liegen vor. Das Gericht nimmt auf die zutreffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheides, der das Gericht folgt, Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Des Weiteren verweist das Gericht auf seinen Beschluss im Sofortverfahren (VG Würzburg, B.v. 9.11.2015 - W 6 S 15.30723).

Die Klägerin hat im gerichtlichen Verfahren, insbesondere auch nach Ergehen des sie betreffenden Beschlusses im Sofortverfahren bzw. nach der gerichtlichen Ankündigung des Gerichtsbescheids, keine weiteren Gesichtspunkte vorgebracht, die eine andere Beurteilung rechtfertigen. Solche Gründe sind auch nicht sonst ersichtlich. Daher erübrigen sich weitergehende Ausführungen zu den Entscheidungsgründen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, § 83b AsylG. Die Kosten konnten der Klägerin ganz auferlegt werden, weil die Beklagte betreffend die Nr. 6 des streitgegenständlichen Bescheides nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

Rechtsmittelbelehrung:

1. Gegen Nr. I. und Nr. III. dieses Gerichtsbescheids steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mündliche Verhandlung beantragen.

Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

2. Gegen Nr. II. dieses Gerichtsbescheids können die Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mündliche Verhandlung beantragen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Wird der Antrag nicht gestellt, so wird der Gerichtsbescheid unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 AsylG, § 84 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.