Verwaltungsgericht München Urteil, 19. Okt. 2016 - M 9 K 16.711

bei uns veröffentlicht am19.10.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen eine Baugenehmigung zur Aufstockung eines Nachbargebäudes.

Das Vorhabens- und das Klägergrundstück liegen in einem durch Bebauungsplan (Nr. 92, „Sandkrippenfeld“) festgesetzten einschränkten Gewerbegebiet. Das Vorhaben soll auf FlNr. ..., Gemarkung ..., verwirklicht werden. Die Kläger sind Miteigentümer des nordwestlich gelegenen unmittelbar an das Vorhabensgrundstück grenzenden Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung ... Das Gelände ist abschüssig. Das momentan auf dem Baugrundstück befindliche Gebäude hat ein ausgebautes Keller- und ein Erdgeschoss und wird gegenwärtig als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber genutzt.

Der angegriffene streitgegenständliche Bescheid datiert vom ... Januar 2016 (Az. ...). Ziffer 1. enthält die Genehmigung des beantragten Bauvorhabens „zur Aufstockung auf ein bestehendes gewerblich genutztes Gebäude um ein Geschoss“. Ziffer 2. macht die Bauvorlagen zur Grundlage der Genehmigung. Mit Ziffer 3. wurde von der textlichen Festsetzung des Bebauungsplanes Nr. 92 „Gewerbegebiet Sandkrippenfeld“, B.) 1., befreit, die die Pflicht zur Einreichung eines Schallschutzgutachtens enthält. Ziffer 4.2 beinhaltet mehrere immissionsschutzrechtliche Auflagen. Ziffer 5.2.1 weist auf die Stellungnahme des Immissionsschutzes zum ursprünglichen Bauantrag - Errichtung eines gewerblich genutzten Gebäudes - aus dem Jahre 2003 hin.

Der Bevollmächtigte der Kläger hat unter dem 15. Februar 2016 Klage erhoben. Er beantragt,

die Baugenehmigung aufzuheben.

Die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung liege darin begründet, dass sie sich nicht auf eine konkrete Nutzung bzw. Art der Nutzung beziehe. Die erforderliche Konkretisierung werde auch nicht durch allgemeine Angaben in den Bauantragsunterlagen erreicht. Planungsrechtlich liege - was auch Vermerke in der Verwaltungsakte zeigten - unter immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten eine sensible Situation vor (Zusammenführung von Wohnen und Gewerbe), die durch die Blanko-Baugenehmigung - „auf Vorrat“ und ohne Angabe zu einer konkreten Nutzung - nicht aufgelöst werde. Die „äußere Hülle“ des Bauvorhabens und die künftige Nutzung seien untrennbar, durch die Entkoppelung würde den Klägern jede Verteidigungsmöglichkeit genommen. Es sei zudem nicht klar, ob eine später aufgezeigte Nutzung in der vorgesehenen baulichen Form und Statik überhaupt möglich sei. So sei nicht überprüfbar, ob das Gebot der Rücksichtnahme gewahrt werde. Der Auflagenkatalog und die ausgesprochene Befreiung seien hinfällig. Aufgrund des massiven Baukörpers und aufgrund der Hanglage stünden auch Probleme im Zusammenhang mit der Belichtung, Belüftung und Besonnung im Raum, die aufgrund des unklaren Nutzungskonzepts ebenfalls offen blieben. Der Baukörper wirke durch die Aufstockung jedenfalls einmauernd bzw. abriegelnd. Wegen der seit November 2015 gegebenen Belegung des Erdgeschosses durch Asylbewerber werde mit der Baugenehmigung auch innerhalb des Gebäudes Konfliktstoff geschaffen (Gewerbe/Wohnen). Auch die Angabe „Aufstockung auf ein gewerblich genutztes Gebäude“ entspreche damit nicht der Realität.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Baugenehmigung beziehe sich auf eine konkrete Nutzung. Diese werde aus dem Grundrissplan und aus der Betriebsbeschreibung ersichtlich. Letztere enthalte bspw. eine Beschreibung der zum Einsatz kommenden Maschinen und Betriebszeiten. Das Geschoss beinhalte im Wesentlichen ein Büro und zwei Lagerräume. Die Räumlichkeiten dienten einem Betrieb zur Entwicklung und zum Vertrieb von Mikroelektronik. Der Vortrag zur immissionsschutzrechtlichen Sensibilität der Situation könne nicht nachvollzogen werden. Es handele sich um ein durch Bebauungsplan festgesetztes GE, in dem kein „normales“ Wohnen, sondern nur nicht entsprechend geschützte Betriebsleiterwohnungen zulässig seien. Die Vermerke in der Akte bezögen sich auf frühere Zustände, die nicht maßgeblich geworden seien bzw. auf den Status vor Vorlage der Betriebsbeschreibung. Die Befreiung sei vertretbar gewesen, da bereits zum ursprünglichen Gebäude ein Lärmschutzgutachten vorgelegt worden sei und die immissionsschutzrechtliche Betrachtung anhand dessen möglich gewesen sei. Es liege keine Blankogenehmigung vor. Auch das Gebot der Rücksichtnahme werde nicht verletzt, da die Festsetzungen des Bebauungsplans, u. a. zum Maß der baulichen Nutzung, eingehalten würden (keine abriegelnde oder erdrückende Wirkung).

Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. haben mit Schriftsatz vom 5. September 2016 Stellung genommen, aber keinen Antrag gestellt.

Bei der Willkommensfeier in der ...-straße ... sei der Kläger im Parallelverfahren M 9 K 16.712 anwesend gewesen. Er habe ein Angebot unterbreitet, wonach die Klage gegen die Aufstockung erledigt werden könne, wenn die Beigeladenen zu 1. und zu 2. zusicherten, dass die Aufstockung während der Vermietung an den Freistaat Bayern nicht vollzogen werde. Es sei klar zum Ausdruck gekommen, dass die Gegenseite mit ihrer Klage nur daran interessiert sei, dass die Anzahl der Bewohner nicht weiter ansteige.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins am 19. Oktober 2016. Auf das Protokoll des Augenscheins und die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Gerichts- sowie auf die beigezogene Behördenakte.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt die Kläger nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie ist nicht unbestimmt (1.). Das Vorhaben verletzt weder nachbarschützende Festsetzungen des Bebauungsplans (2.) noch das Gebot der Rücksichtnahme (3.).

Streitgegenständlich ist vorliegend allein die genehmigte Aufstockung des Gebäudes. Hypothetische Nutzungsszenarien des neuen Obergeschosses - bspw. eine Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber - sind nicht Gegenstand der Baugenehmigung.

1. Die Baugenehmigung ist hinreichend bestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.

Dem Erfordernis der Bestimmtheit eines Baugenehmigungsbescheids, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, ist genügt, wenn die mit dem Bescheid getroffenen Regelungen für die Verfahrensbeteiligten - gegebenenfalls nach Auslegung - eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sind. Das Bestimmtheitsgebot ist verletzt, wenn sich wegen widersprüchlicher oder unklarer Formulierungen für den Bauherrn nicht sicher ermitteln lässt, was von ihm verlangt wird. Auch Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft und infolge des Mangels nicht beurteilt werden kann, ob das Vorhaben den geprüften nachbarschützenden Vorschriften entspricht. Der Nachbar muss aus der Baugenehmigung in Verbindung mit den ihr zugrunde liegenden Unterlagen die Reichweite des genehmigten Vorhabens und seiner Nutzung erkennen können (st. Rspr. des BayVGH, vgl. z. B. BayVGH, B. v. 18.7.2016 - 15 ZB 15.12 - juris).

Der Bescheid macht die Bauvorlagen vorliegend explizit zur Grundlage der Baugenehmigung, siehe Ziffer 2. des Tenors. Die Konkretisierung einer Baugenehmigung durch die Bauvorlagen und auch durch die vom Bauherren eingereichten Antragsunterlagen ist unproblematisch möglich (BVerwG, U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris; BayVGH, B. v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 - juris; Simon/Busse, Stand 122. Ergänzungslieferung 2016, BayBO, Art. 64 Rn. 75).

Bereits anhand des Baugenehmigungsbescheids, wonach eine gewerbliche Anlage in einem eingeschränkten Gewerbegebiet (GE/E) aufgestockt werden soll, ist davon auszugehen, dass auch das neue Geschoss gewerblich genutzt werden soll. Der Eingabeplan legt die Aufteilung der Räumlichkeiten fest. Die dabei verwendete Bezeichnung „Büro“ zeigt, dass die Baugenehmigung keine Wohnnutzung und auch keine Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft, die die Variationsbreite der so festgelegten und genehmigten Nutzung (dazu bspw. BayVGH, B. v. 28.6.2016 - 15 CS 15.44 - juris) überschreiten würden, legalisiert. Es sei darauf hingewiesen, dass nach Ansicht der Kammer bereits durch den Baugenehmigungsbescheid in Verbindung mit dem Eingabeplan eine nachbarrechtsrelevante Unbestimmtheit ausscheidet. Die Nutzung als „Büro“ impliziert, dass keine lärmintensiven Tätigkeiten ausgeführt werden dürfen. Der Baugenehmigungsbescheid selbst regelt in Ziffer 4.2 weitere Details des genehmigten „Betriebs“: Danach ist ein gewerblicher Betrieb nur tagsüber zulässig und auch dabei dürfen nur geräuscharme Tätigkeiten wie z. B. Löt- oder Montagearbeiten vorgefertigter Teile durchgeführt werden. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Nachbarn durch eine aufgrund des Bescheids in Verbindung mit dem Plan eventuell noch bestehende Variationsbereite der zulässigen Nutzung - zwischen geräuscharmer gewerblicher Tätigkeit und im gegebenen GE/E nach § 13 BauNVO zulässiger freiberuflicher Tätigkeit - in ihren Rechten berührt werden könnten. Eine weitere Auslegungshilfe stellt schließlich die im Behördenakt befindliche fortlaufend nummerierte und von der Baugenehmigung in Bezug genommene Baubeschreibung (§ 3 Nr. 3, § 9 Satz 1 BauVorlV) für die Änderung gewerblicher Anlagen vom 8. Oktober 2015 (Bl. 26ff. des BA) dar. Sie bezieht sich auf die „Änderung“ der Anlage, also - im Hinblick auf die räumliche Zuordnung - eindeutig auf die Nutzungsart im neuen Obergeschoss. Sie enthält genaue Angaben zur Art des Betriebes (Mikroelektronik, Entwicklung und Vertrieb von Geräten), zu den Arbeitsabläufen‚ zur Betriebsausstattung sowie zu den Nutzungs- und Betriebszeiten (vgl. dazu BayVGH, B. v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 - juris). Dass die Betriebsbeschreibung nachgereicht wurde, schadet nicht. Die Nachforderung von Ergänzungen ist nichts ungewöhnliches, wie Art. 65 Abs. 2 BayBO zeigt; es kommt nicht maßgeblich auf den „Urzustand“ der eingereichten Unterlagen an. Die Betriebsbeschreibung wurde im Oktober 2015 zu den Akten gegeben. Inwiefern hier ein Konflikt mit der laut Klägerbevollmächtigtem im November 2015 aufgenommenen Nutzung der Räumlichkeiten im (ausgebauten) Keller- und im Erdgeschoss bestehen sollte, erschließt sich nicht.

Auch der Umstand, dass der Baugenehmigungsbescheid das Vorhaben mit den Worten „zur Aufstockung auf ein bestehendes gewerblich genutztes Gebäude um ein Geschoss“ beschreibt, das Gebäude momentan aber durch Asylbewerber genutzt wird, ändert an dieser rechtlichen Bewertung nichts. Die Baugenehmigung nimmt u. a. in Ziffer 5.2.1 auf die Ursprungsgenehmigung aus dem Jahr 2003 Bezug, die für die Errichtung eines gewerblich genutzten Gebäudes erteilt wurde. Die Räumlichkeiten wurden im Anschluss gewerblich genutzt, bevor im November 2015 die Nutzung als Asylbewerberunterkunft aufgenommen wurde (Mietvertrag aus November 2015). Die hiesige Baugenehmigung knüpft ersichtlich an die Ursprungsbaugenehmigung an. Dass sie die temporäre Zwischennutzung, die im Zweifel nach § 246 Abs. 12 BauGB und damit zeitlich begrenzt genehmigt wurde - eine Genehmigung nach § 246 Abs. 10 BauGB kommt hier angesichts der Bebauungsplanfestsetzungen und nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris) wohl nicht infrage -, außer Betracht lässt, führt nicht zu einer nachbarrechtsrelevanten Unbestimmtheit.

2. Die Baugenehmigung verletzt keine nachbarschützenden Vorschriften des einschlägigen Bebauungsplans Nr. 92: „Gewerbegebiet Sandkrippenfeld“. Die für das Baugrundstück maßgebenden Festsetzungen ergeben sich aus dessen Urfassung sowie der dritten, vierten und fünften Änderung.

Die grundsätzlich nachbarschützende Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung, § 1 Abs. 3, § 8 BauNVO, wird durch die streitgegenständliche Baugenehmigung gewahrt. Genehmigt wurde nach Obenstehendem ein Betrieb zur Entwicklung und zum Vertrieb von Mikroelektronik. Bereits die Komponente „Vertrieb“ zeigt, dass damit eine gewerbliche Nutzung in Rede steht. Auf § 13 BauNVO, der auch eine freiberufliche Nutzung erlauben würde, kommt es damit nicht mehr an. Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung sind grundsätzlich nicht nachbarschützend. Unabhängig davon bleibt die zulässige und bis dato eingehaltene GRZ ohnehin unverändert. Auch die Veränderung der GFZ - Erhöhung auf 0,72 - ist bebauungsplankonform. Ob die nach § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO festgesetzten absoluten Höhen drittschützenden Charakter haben, kann ebenfalls dahinstehen, da auch sie um jeweils ca. 3 m eingehalten werden.

3. Auch ein Verstoß gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme, § 30 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, ist nicht ersichtlich.

Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten und vermittelt insofern Drittschutz, als die Genehmigungsbehörde in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Belange eines erkennbar abgrenzbaren Kreises Dritter zu achten hat. Die Interessenabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und was dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Begünstigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständiger und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, desto weniger muss er Rücksicht nehmen (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris).

Vorgetragen wurde hierzu lediglich, dass eine mögliche Verletzung nicht überprüft werden könne, weil eine „Blanko-Baugenehmigung“ vorliege, die eine Einschätzung nicht ermögliche. Wie unter Ziffer 1. ausgeführt wurde, ist keine „Blanko-Baugenehmigung“ gegeben.

Aber auch unabhängig davon bestehen keinerlei Anzeichen für eine Rücksichtslosigkeit des genehmigten Vorhabens. Im Bebauungsplangebiet kommt eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme von vorn herein nur in Ausnahmefällen noch in Betracht, da eine seinen Anforderungen genügende Umsetzung regelmäßig in der den Bebauungsplanfestsetzungen zugrunde liegenden Abwägung, § 1 Abs. 7 BauGB, stattgefunden hat (BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 4 C 8/12 - juris; VG Ansbach, B. v. 13.1.2016 - AN 3 S 15.02436 - juris m. w. N.). Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil vom genehmigten Vorhaben Belästigungen oder Störungen ausgehen könnten, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder weil es solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt würde, ist nicht ersichtlich.

Die Baugenehmigung bezieht sich mit Hinweis auf die Stellungnahme des Immissionsschutzes zum ursprünglichen Bauantrag auch auf das damals erstellte Lärmgutachten. Dies gibt keinen Anlass zu Bedenken. Nach dem Ortstermin steht fest, dass gegenwärtig keine weiteren Betriebe im Gebäude vorhanden sind, weswegen es nicht zu einer Lärmkumulation, insbesondere im Hinblick auf den An- und Abfahrtsverkehr kommen kann. Die vorliegend genehmigte Nutzung stimmt auch mit der vormaligen Nutzung des Gebäudes - Betrieb für Mikroelektronik -, die seinerzeit Grundlage des Lärmgutachtens war, überein. Die Vorlage eines neuen Gutachtens konnte deshalb auch angesichts der in Ziffer 4.2.5 der Baugenehmigung festgesetzten Vorgaben unterbleiben. Die in der Baugenehmigung erfolgte zielorientierte Festlegung des Lärmschutzes stellt ebenfalls kein Problem dar, da keinerlei Anzeichen dafür bestehen - und auch klägerseitig nichts dafür vorgetragen wurde -, dass die Anlage bei regelmäßigem Betrieb im Hinblick auf die Immissionsbelastung die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze überschreiten würde (BayVGH, B. v. 7.2.2013 - 15 CS 12.743 - juris; B. v. 10.2.2012 - 15 ZB 10.97 - juris).

Auch eine einmauernde bzw. abriegelnde Wirkung des aufgestockten Gebäudes ist - nicht zuletzt aufgrund des im Ortstermin gewonnen Eindrucks - nicht gegeben. Gemeint sind damit nur „Ausreißerfälle“. Eine solche Wirkung wurde ausnahmsweise beispielsweise bejaht für drei 11,50 m hohe Silos, die auf das Nachbargrundstück „wie eine riesenhafte metallische Mauer wirken“ (BVerwG, U. v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - juris), oder auch für den Neubau eines zwölfgeschossigen Hochhauses neben einem zweigeschossigen Wohnhaus in einem von zwei- und dreigeschossiger Wohnbebauung geprägten Gebiet (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - juris). Vorliegend ist das Gelände zwar hängig, das streitgegenständliche Gebäude entwickelt aber trotzdem nicht ansatzweise derartige außer Verhältnis zur Umgebungsbebauung tretende Dimensionen. Es wird weiter darauf hingewiesen, dass die diesbezüglich einschlägigen Vorgaben des Bebauungsplans, insbesondere zu den absoluten Höhen und zur Dachneigung, eingehalten wurden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt; sie sind damit kein Kostenrisiko eingegangen, weswegen es der Billigkeit entspricht, ihre außergerichtlichen Kosten auch nicht für erstattungsfähig zu erklären. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 19. Okt. 2016 - M 9 K 16.711

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Der Kläger wendet sich gegen eine Baugenehmigung zur Aufstockung eines Nachbargebäudes.

Das Vorhabens- und das Klägergrundstück liegen in einem durch Bebauungsplan (Nr. 92, „Sandkrippenfeld“) festgesetzten einschränkten Gewerbegebiet. Das Vorhaben soll auf FlNr. ..., Gemarkung ..., verwirklicht werden. Der Kläger ist Eigentümer des südöstlich gelegenen unmittelbar an das Vorhabensgrundstück grenzenden Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung .... Das Gelände ist abschüssig. Das momentan auf dem Baugrundstück befindliche Gebäude hat ein ausgebautes Keller- und ein Erdgeschoss und wird gegenwärtig als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber genutzt.

Der angegriffene streitgegenständliche Bescheid datiert vom ... Januar 2016 (Az. ...). Ziffer 1. enthält die Genehmigung des beantragten Bauvorhabens „zur Aufstockung auf ein bestehendes gewerblich genutztes Gebäude um ein Geschoss“. Ziffer 2. macht die Bauvorlagen zur Grundlage der Genehmigung. Mit Ziffer 3. wurde von der textlichen Festsetzung des Bebauungsplanes Nr. 92 „Gewerbegebiet Sandkrippenfeld“, B.) 1., befreit, die die Pflicht zur Einreichung eines Schallschutzgutachtens enthält. Ziffer 4.2 beinhaltet mehrere immissionsschutzrechtliche Auflagen. Ziffer 5.2.1 weist auf die Stellungnahme des Immissionsschutzes zum ursprünglichen Bauantrag - Errichtung eines gewerblich genutzten Gebäudes - aus dem Jahre 2003 hin.

Der Bevollmächtigte des Klägers hat unter dem 15. Februar 2016 Klage erhoben. Er beantragt,

die Baugenehmigung aufzuheben.

Die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung liege darin begründet, dass sie sich nicht auf eine konkrete Nutzung bzw. Art der Nutzung beziehe. Die erforderliche Konkretisierung werde auch nicht durch allgemeine Angaben in den Bauantragsunterlagen erreicht. Planungsrechtlich liege - was auch Vermerke in der Verwaltungsakte zeigten - unter immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten eine sensible Situation vor (Zusammenführung von Wohnen und Gewerbe), die durch die Blanko-Baugenehmigung - „auf Vorrat“ und ohne Angabe zu einer konkreten Nutzung - nicht aufgelöst werde. Die „äußere Hülle“ des Bauvorhabens und die künftige Nutzung seien untrennbar, durch die Entkoppelung würde dem Kläger jede Verteidigungsmöglichkeit genommen. Es sei zudem nicht klar, ob eine später aufgezeigte Nutzung in der vorgesehenen baulichen Form und Statik überhaupt möglich sei. So sei nicht überprüfbar, ob das Gebot der Rücksichtnahme gewahrt werde. Der Auflagenkatalog und die ausgesprochene Befreiung seien hinfällig. Aufgrund des massiven Baukörpers und aufgrund der Hanglage stünden auch Probleme im Zusammenhang mit der Belichtung, Belüftung und Besonnung im Raum, die aufgrund des unklaren Nutzungskonzepts ebenfalls offen blieben. Der Baukörper wirke durch die Aufstockung jedenfalls einmauernd bzw. abriegelnd. Wegen der seit November 2015 gegebenen Belegung des Erdgeschosses durch Asylbewerber werde mit der Baugenehmigung auch innerhalb des Gebäudes Konfliktstoff geschaffen (Gewerbe/Wohnen). Auch die Angabe „Aufstockung auf ein gewerblich genutztes Gebäude“ entspreche damit nicht der Realität.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Baugenehmigung beziehe sich auf eine konkrete Nutzung. Diese werde aus dem Grundrissplan und aus der Betriebsbeschreibung ersichtlich. Letztere enthalte bspw. eine Beschreibung der zum Einsatz kommenden Maschinen und Betriebszeiten. Das Geschoss beinhalte im Wesentlichen ein Büro und zwei Lagerräume. Die Räumlichkeiten dienten einem Betrieb zur Entwicklung und zum Vertrieb von Mikroelektronik. Der Vortrag zur immissionsschutzrechtlichen Sensibilität der Situation könne nicht nachvollzogen werden. Es handele sich um ein durch Bebauungsplan festgesetztes GE, in dem kein „normales“ Wohnen, sondern nur nicht entsprechend geschützte Betriebsleiterwohnungen zulässig seien. Die Vermerke in der Akte bezögen sich auf frühere Zustände, die nicht maßgeblich geworden seien bzw. auf den Status vor Vorlage der Betriebsbeschreibung. Die Befreiung sei vertretbar gewesen, da bereits zum ursprünglichen Gebäude ein Lärmschutzgutachten vorgelegt worden sei und die immissionsschutzrechtliche Betrachtung anhand dessen möglich gewesen sei. Es liege keine Blankogenehmigung vor. Auch das Gebot der Rücksichtnahme werde nicht verletzt, da die Festsetzungen des Bebauungsplans, u. a. zum Maß der baulichen Nutzung, eingehalten würden (keine abriegelnde oder erdrückende Wirkung).

Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. haben mit Schriftsatz vom 5. September 2016 Stellung genommen, aber keinen Antrag gestellt.

Bei der Willkommensfeier in der ...straße ... sei der Kläger anwesend gewesen. Er habe ein Angebot unterbreitet, wonach die Klage gegen die Aufstockung erledigt werden könne, wenn die Beigeladenen zu 1. und zu 2. zusicherten, dass die Aufstockung während der Vermietung an den Freistaat Bayern nicht vollzogen werde. Es sei klar zum Ausdruck gekommen, dass die Gegenseite mit ihrer Klage nur daran interessiert sei, dass die Anzahl der Bewohner nicht weiter ansteige.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins am 19. Oktober 2016. Auf das Protokoll des Augenscheins und die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Gerichts- sowie auf die beigezogene Behördenakte.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt den Kläger nicht in seinen subjektivöffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie ist nicht unbestimmt (1.). Das Vorhaben verletzt weder nachbarschützende Festsetzungen des Bebauungsplans (2.) noch das Gebot der Rücksichtnahme (3.).

Streitgegenständlich ist vorliegend allein die genehmigte Aufstockung des Gebäudes. Hypothetische Nutzungsszenarien des neuen Obergeschosses - bspw. eine Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber - sind nicht Gegenstand der Baugenehmigung.

1. Die Baugenehmigung ist hinreichend bestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.

Dem Erfordernis der Bestimmtheit eines Baugenehmigungsbescheids, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, ist genügt, wenn die mit dem Bescheid getroffenen Regelungen für die Verfahrensbeteiligten - gegebenenfalls nach Auslegung - eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sind. Das Bestimmtheitsgebot ist verletzt, wenn sich wegen widersprüchlicher oder unklarer Formulierungen für den Bauherrn nicht sicher ermitteln lässt, was von ihm verlangt wird. Auch Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft und infolge des Mangels nicht beurteilt werden kann, ob das Vorhaben den geprüften nachbarschützenden Vorschriften entspricht. Der Nachbar muss aus der Baugenehmigung in Verbindung mit den ihr zugrunde liegenden Unterlagen die Reichweite des genehmigten Vorhabens und seiner Nutzung erkennen können (st. Rspr. des BayVGH, vgl. z. B. BayVGH, B.v. 18.7.2016 - 15 ZB 15.12 - juris).

Der Bescheid macht die Bauvorlagen vorliegend explizit zur Grundlage der Baugenehmigung, siehe Ziffer 2. des Tenors. Die Konkretisierung einer Baugenehmigung durch die Bauvorlagen und auch durch die vom Bauherren eingereichten Antragsunterlagen ist unproblematisch möglich (BVerwG, U.v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris; BayVGH, B.v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 - juris; Simon/Busse, Stand 122. Ergänzungslieferung 2016, BayBO, Art. 64 Rn. 75).

Bereits anhand des Baugenehmigungsbescheids, wonach eine gewerbliche Anlage in einem eingeschränkten Gewerbegebiet (GE/E) aufgestockt werden soll, ist davon auszugehen, dass auch das neue Geschoss gewerblich genutzt werden soll. Der Eingabeplan legt die Aufteilung der Räumlichkeiten fest. Die dabei verwendete Bezeichnung „Büro“ zeigt, dass die Baugenehmigung keine Wohnnutzung und auch keine Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft, die die Variationsbreite der so festgelegten und genehmigten Nutzung (dazu bspw. BayVGH, B.v. 28.6.2016 - 15 CS 15.44 - juris) überschreiten würden, legalisiert. Es sei darauf hingewiesen, dass nach Ansicht der Kammer bereits durch den Baugenehmigungsbescheid in Verbindung mit dem Eingabeplan eine nachbarrechtsrelevante Unbestimmtheit ausscheidet. Die Nutzung als „Büro“ impliziert, dass keine lärmintensiven Tätigkeiten ausgeführt werden dürfen. Der Baugenehmigungsbescheid selbst regelt in Ziffer 4.2 weitere Details des genehmigten „Betriebs“: Danach ist ein gewerblicher Betrieb nur tagsüber zulässig und auch dabei dürfen nur geräuscharme Tätigkeiten wie z. B. Löt- oder Montagearbeiten vorgefertigter Teile durchgeführt werden. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Nachbarn durch eine aufgrund des Bescheids in Verbindung mit dem Plan eventuell noch bestehende Variationsbereite der zulässigen Nutzung - zwischen geräuscharmer gewerblicher Tätigkeit und im gegebenen GE/E nach § 13 BauNVO zulässiger freiberuflicher Tätigkeit - in ihren Rechten berührt werden könnten. Eine weitere Auslegungshilfe stellt schließlich die im Behördenakt befindliche fortlaufend nummerierte und von der Baugenehmigung in Bezug genommene Baubeschreibung (§ 3 Nr. 3, § 9 Satz 1 BauVorlV) für die Änderung gewerblicher Anlagen vom 8. Oktober 2015 (Bl. 26ff. des BA) dar. Sie bezieht sich auf die „Änderung“ der Anlage, also - im Hinblick auf die räumliche Zuordnung - eindeutig auf die Nutzungsart im neuen Obergeschoss. Sie enthält genaue Angaben zur Art des Betriebes (Mikroelektronik, Entwicklung und Vertrieb von Geräten), zu den Arbeitsabläufen‚ zur Betriebsausstattung sowie zu den Nutzungs- und Betriebszeiten (vgl. dazu BayVGH, B.v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 - juris). Dass die Betriebsbeschreibung nachgereicht wurde, schadet nicht. Die Nachforderung von Ergänzungen ist nichts ungewöhnliches, wie Art. 65 Abs. 2 BayBO zeigt; es kommt nicht maßgeblich auf den „Urzustand“ der eingereichten Unterlagen an. Die Betriebsbeschreibung wurde im Oktober 2015 zu den Akten gegeben. Inwiefern hier ein Konflikt mit der laut Klägerbevollmächtigtem im November 2015 aufgenommenen Nutzung der Räumlichkeiten im (ausgebauten) Keller- und im Erdgeschoss bestehen sollte, erschließt sich nicht.

Auch der Umstand, dass der Baugenehmigungsbescheid das Vorhaben mit den Worten „zur Aufstockung auf ein bestehendes gewerblich genutztes Gebäude um ein Geschoss“ beschreibt, das Gebäude momentan aber durch Asylbewerber genutzt wird, ändert an dieser rechtlichen Bewertung nichts. Die Baugenehmigung nimmt u. a. in Ziffer 5.2.1 auf die Ursprungsgenehmigung aus dem Jahr 2003 Bezug, die für die Errichtung eines gewerblich genutzten Gebäudes erteilt wurde. Die Räumlichkeiten wurden im Anschluss gewerblich genutzt, bevor im November 2015 die Nutzung als Asylbewerberunterkunft aufgenommen wurde (Mietvertrag aus November 2015). Die hiesige Baugenehmigung knüpft ersichtlich an die Ursprungsbaugenehmigung an. Dass sie die temporäre Zwischennutzung, die im Zweifel nach § 246 Abs. 12 BauGB und damit zeitlich begrenzt genehmigt wurde - eine Genehmigung nach § 246 Abs. 10 BauGB kommt hier angesichts der Bebauungsplanfestsetzungen und nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris) wohl nicht infrage -, außer Betracht lässt, führt nicht zu einer nachbarrechtsrelevanten Unbestimmtheit.

2. Die Baugenehmigung verletzt keine nachbarschützenden Vorschriften des einschlägigen Bebauungsplans Nr. 92: „Gewerbegebiet Sandkrippenfeld“. Die für das Baugrundstück maßgebenden Festsetzungen ergeben sich aus dessen Urfassung sowie der dritten, vierten und fünften Änderung.

Die grundsätzlich nachbarschützende Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung, § 1 Abs. 3, § 8 BauNVO, wird durch die streitgegenständliche Baugenehmigung gewahrt. Genehmigt wurde nach Obenstehendem ein Betrieb zur Entwicklung und zum Vertrieb von Mikroelektronik. Bereits die Komponente „Vertrieb“ zeigt, dass damit eine gewerbliche Nutzung in Rede steht. Auf § 13 BauNVO, der auch eine freiberufliche Nutzung erlauben würde, kommt es damit nicht mehr an. Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung sind grundsätzlich nicht nachbarschützend. Unabhängig davon bleibt die zulässige und bis dato eingehaltene GRZ ohnehin unverändert. Auch die Veränderung der GFZ - Erhöhung auf 0,72 - ist bebauungsplankonform. Ob die nach § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO festgesetzten absoluten Höhen drittschützenden Charakter haben, kann ebenfalls dahinstehen, da auch sie um jeweils ca. 3 m eingehalten werden.

3. Auch ein Verstoß gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme, § 30 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, ist nicht ersichtlich.

Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten und vermittelt insofern Drittschutz, als die Genehmigungsbehörde in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Belange eines erkennbar abgrenzbaren Kreises Dritter zu achten hat. Die Interessenabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und was dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Begünstigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständiger und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, desto weniger muss er Rücksicht nehmen (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris).

Vorgetragen wurde hierzu lediglich, dass eine mögliche Verletzung nicht überprüft werden könne, weil eine „Blanko-Baugenehmigung“ vorliege, die eine Einschätzung nicht ermögliche. Wie unter Ziffer 1. ausgeführt wurde, ist keine „Blanko-Baugenehmigung“ gegeben.

Aber auch unabhängig davon bestehen keinerlei Anzeichen für eine Rücksichtslosigkeit des genehmigten Vorhabens. Im Bebauungsplangebiet kommt eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme von vorn herein nur in Ausnahmefällen noch in Betracht, da eine seinen Anforderungen genügende Umsetzung regelmäßig in der den Bebauungsplanfestsetzungen zugrunde liegenden Abwägung, § 1 Abs. 7 BauGB, stattgefunden hat (BVerwG, U.v. 12.9.2013 - 4 C 8/12 - juris; VG Ansbach, B.v. 13.1.2016 - AN 3 S 15.02436 - juris m. w. N.). Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil vom genehmigten Vorhaben Belästigungen oder Störungen ausgehen könnten, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder weil es solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt würde, ist nicht ersichtlich.

Die Baugenehmigung bezieht sich mit Hinweis auf die Stellungnahme des Immissionsschutzes zum ursprünglichen Bauantrag auch auf das damals erstellte Lärmgutachten. Dies gibt keinen Anlass zu Bedenken. Nach dem Ortstermin steht fest, dass gegenwärtig keine weiteren Betriebe im Gebäude vorhanden sind, weswegen es nicht zu einer Lärmkumulation, insbesondere im Hinblick auf den An- und Abfahrtsverkehr kommen kann. Die vorliegend genehmigte Nutzung stimmt auch mit der vormaligen Nutzung des Gebäudes - Betrieb für Mikroelektronik -, die seinerzeit Grundlage des Lärmgutachtens war, überein. Die Vorlage eines neuen Gutachtens konnte deshalb auch angesichts der in Ziffer 4.2.5 der Baugenehmigung festgesetzten Vorgaben unterbleiben. Die in der Baugenehmigung erfolgte zielorientierte Festlegung des Lärmschutzes stellt ebenfalls kein Problem dar, da keinerlei Anzeichen dafür bestehen - und auch klägerseitig nichts dafür vorgetragen wurde -, dass die Anlage bei regelmäßigem Betrieb im Hinblick auf die Immissionsbelastung die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze überschreiten würde (BayVGH, B.v. 7.2.2013 - 15 CS 12.743 - juris; B.v. 10.2.2012 - 15 ZB 10.97 - juris).

Auch eine einmauernde bzw. abriegelnde Wirkung des aufgestockten Gebäudes ist - nicht zuletzt aufgrund des im Ortstermin gewonnen Eindrucks - nicht gegeben. Gemeint sind damit nur „Ausreißerfälle“. Eine solche Wirkung wurde ausnahmsweise beispielsweise bejaht für drei 11,50 m hohe Silos, die auf das Nachbargrundstück „wie eine riesenhafte metallische Mauer wirken“ (BVerwG, U.v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - juris), oder auch für den Neubau eines zwölfgeschossigen Hochhauses neben einem zweigeschossigen Wohnhaus in einem von zwei- und dreigeschossiger Wohnbebauung geprägten Gebiet (BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - juris). Vorliegend ist das Gelände zwar hängig, das streitgegenständliche Gebäude entwickelt aber trotzdem nicht ansatzweise derartige außer Verhältnis zur Umgebungsbebauung tretende Dimensionen. Es wird weiter darauf hingewiesen, dass die diesbezüglich einschlägigen Vorgaben des Bebauungsplans, insbesondere zu den absoluten Höhen und zur Dachneigung, eingehalten wurden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt; sie sind damit kein Kostenrisiko eingegangen, weswegen es der Billigkeit entspricht, ihre außergerichtlichen Kosten auch nicht für erstattungsfähig zu erklären. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Kläger wenden sich als Nachbarn gegen eine den Beigeladenen nachträglich erteilte Genehmigung für die Errichtung einer Zelthalle zur Lagerung von Heu und Stroh für ihren landwirtschaftlichen Betrieb mit Pferdehaltung.

Die Kläger sind Miteigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. .../36 sowie des unbebauten Grundstücks FlNr. .../6 Gemarkung R. Südlich an die Grundstücke grenzt das im Außenbereich gelegene Grundstück FlNr. .../37 der Beigeladenen an.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2014 erteilte das Landratsamt den Beigeladenen auf deren Antrag nachträglich die Baugenehmigung für die bereits errichtete Zelthalle auf ihrem Grundstück (Ziff. I des Bescheidtenors). In Ziff. III des Bescheidtenors ist darüber hinaus Folgendes bestimmt:

„Die Genehmigung wird mit den nachstehenden Auflagen verbunden:

1. Die mit dem Genehmigungsvermerk vom 17.02.2014 im Bedarfsfall mit zusätzlich angebrachten Prüfvermerken und/oder sonstigen Bemerkungen versehenen Bauvorlagen sind Bestandteile des Bescheides und zu beachten.

2. Die Zelthalle zur Lagerung von Heu und Stroh muss zu allen bestehenden und künftigen Gebäuden einen Abstand von mindestens 12 m einhalten (Art. 30 Abs. 2 BayBO).“

In den Gründen des Bescheids ist hierzu angegeben, dass „die Auflagen gemäß Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG erforderlich waren, um sicherzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Baugenehmigung erfüllt werden (...).“

Die gegen den Bescheid erhobene Klage der Kläger hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 16. Oktober 2014 abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie machen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend.

II.Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

A. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

Die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Kläger durch die angegriffene Baugenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt werden, weil das Vorhaben keinen im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, die auch ihrem (Nachbar-)Schutz dienen (Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO i. V. m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist nicht ernstlich zweifelhaft. Das insoweit maßgebliche Vorbringen der Kläger im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Entgegen der Auffassung der Kläger sind ihre Nachbarrechte nicht deswegen verletzt, weil dem Baugenehmigungsbescheid nicht hinreichend bestimmt zu entnehmen wäre, welche Länge die genehmigten Zelthalle aufweist.

Dem Erfordernis der Bestimmtheit eines Baugenehmigungsbescheids (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) ist genügt, wenn die mit dem Bescheid getroffenen Regelungen für die Verfahrensbeteiligten (Art. 13 BayVwVfG) - gegebenenfalls nach Auslegung - eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sind. Das Bestimmtheitsgebot ist verletzt, wenn sich wegen widersprüchlicher oder unklarer Formulierungen für den Bauherrn nicht sicher ermitteln lässt, was von ihm verlangt wird (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 - 9 A 1/13 - BVerwGE 150, 92 = juris Rn. 14). Auch Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft und infolge des Mangels nicht beurteilt werden kann, ob das Vorhaben den geprüften nachbarschützenden Vorschriften entspricht. Der Nachbar muss aus der Baugenehmigung in Verbindung mit den ihr zugrunde liegenden Unterlagen die Reichweite des genehmigten Vorhabens und seiner Nutzung erkennen können (vgl. BayVGH‚ U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 - juris Rn. 13; B. v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 7 m. w. N.).

Diesen Anforderungen wird der angefochtene Baugenehmigungsbescheid noch gerecht. Zwar besteht bei den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen, die nach Ziff. III Nr. 1 des Bescheidtenors Bestandteil der Baugenehmigung sind, insofern ein Widerspruch, als einerseits auf dem Auszug aus dem Katasterkartenwerk vom 13. November 2009 (M 1:1.000) die Länge der Zelthalle mit 12,70 m angegeben, andererseits auf dem genehmigten Eingabeplan vom 14. Oktober 2011 (M 1:100) und in der Baubeschreibung aber eine Länge von 26,64 m ausgewiesen werden. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht jedoch angenommen, dass es sich bei der Maßangabe von 12,70 m im Katasterkartenauszug um eine offensichtliche und damit rechtlich unbeachtliche Unrichtigkeit handelt (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2015 - 15 ZB 13.1578 - juris Rn. 15; BVerwG, U.v. 29.9.2015 - 4 CN 2/15 - BVerwGE 153, 74 = juris Rn. 14). Dies ergibt sich mit der gebotenen Eindeutigkeit nicht nur aus dem im Katasterkartenauszug eingetragenen Maßstab von 1:1000, anhand dessen sich für die eingezeichnete Zelthalle eine tatsächliche Länge von ca. 27 m abgreifen lässt, sondern auch aus dem Vergleich mit der in den genehmigten Bauvorlagen übereinstimmend angegebenen Breite der Halle von 7,95 m. Bei dem im Übrigen nur auf dem im Katasterkartenauszug angegebenen Längenmaß von 12,70 m liegt daher ein offensichtlicher Schreibfehler vor, der für die Beteiligten ohne Weiteres erkennbar ist. Der Einwand, es stehe nicht fest, ob eine fehlerhafte Angabe des Längenmaßes oder das zutreffende Maß verbunden mit einer fehlerhaften Einzeichnung der Grundrisse vorliege, ist somit nicht stichhaltig.

2. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass den Klägern kein Abwehrrecht gegen die brandschutzrechtliche Auflage in Ziff. III Nr. 2 des Genehmigungsbescheids zusteht.

a) Entgegen der Auffassung der Kläger hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass die Auflage an der Feststellungwirkung des Genehmigungsbescheids nicht teilnimmt. Denn die Bauerlaubnis wurde ausweislich des Genehmigungsbescheids im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilt, so dass die Feststellungswirkung der Baugenehmigung hinsichtlich der Vereinbarkeit mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften (sog. öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung) auf die in Art. 59 Satz 1 BayBO angeführten Anforderungen beschränkt ist. Da die Beigeladenen mit ihrem Bauantrag keine Abweichung nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Art. 63 Abs. 1 BayBO von den brandschutzrechtlichen Anforderungen an Dächer nach Art. 30 BayBO beantragt haben, ist diese Bestimmung nicht Teil des Prüfprogramms im vereinfachten Verfahren und damit auch nicht Inhalt der in Ziff. I des Bescheids erteilten Baugenehmigung geworden (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO). Eine Verletzung von Nachbarrechten der Kläger kommt insoweit nicht in Betracht (vgl. BayVGH, 3.5.2011 - 15 ZB 11.286 - juris Rn. 15; B.v. 17.3.2014 - 15 CS 13.2648 - juris Rn. 14 m. w. N.).

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Landratsamt nach Ziffer III Nr. 2 des Bescheids tatsächlich die nicht zum Genehmigungsmaßstab des Art. 59 Satz 1 BayBO gehörende Bestimmung des Art. 30 Abs. 2 BayBO geprüft und eine brandschutzrechtliche Auflage erlassen hat. Zwar spricht Einiges dafür, dass die Genehmigungsbehörde nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, Abs. 3 BayBO über Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG auf der Basis von Verhältnismäßigkeitserwägungen („a maiore ad minus“) grundsätzlich die Möglichkeit hat, anstelle einer „Vollablehnung“ eine Auflage zu erlassen, wenn hierüber den öffentlichen Interessen, die an sich gegen eine Genehmigung sprächen, Genüge getan werden kann (vgl. Molodovsky in Molodovsky/Famers, BayBO, Stand März 2016, Art. 68 Rn. 40i); die Auffassung, dass eine Auflage, die den Genehmigungsmaßstab des Art. 59 Satz 1 BayBO überschreitet, nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nichtig ist, wie das Verwaltungsgericht unter Berufung auf Jäde (Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand September 2015, Art. 68 Rn. 30) meint, erscheint wenig überzeugend. Allerdings werden auch in diesem Fall, ebenso wie bei Ablehnung des Bauantrags wegen Verstoßes des Bauvorhabens gegen nicht prüfpflichtige Vorschriften, der Prüfungsumfang für die Bauaufsichtsbehörde nach Art. 59 Satz 1 BayBO und die Feststellungswirkung der Baugenehmigung nicht erweitert. Denn dies würde zu einer Entwertung des mit der Einführung des vereinfachten Genehmigungsverfahren verfolgten gesetzgeberischen Ziels führen (vgl. zu Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO: BayVGH, B.v. 3.5.2011 - 15 ZB 11.286 - juris Rn. 16.; B.v. 16.10.2012 - 15 ZB 11.1016 - juris Rn. 4; B.v. 12.12.2013 - 2 ZB 12.1513 - juris Rn. 3). Vielmehr handelt es sich bei der Auflage um eine eigenständige Nebenbestimmung nach Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG, die an der Feststellungswirkung der Baugenehmigung selbst nicht teilnimmt.

b) Dies bedeutet allerdings nicht, dass eine mit der Baugenehmigung verbundene Auflage, die den durch den Genehmigungsmaßstab des Art. 59 Satz 1 BayBO vorgegebenen Rahmen überschreitet, vom Nachbarn nicht nach allgemeinen Regeln angegriffen werden könnte (zum Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen einer Baugenehmigung vgl. König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 927 m. w. N.). Ist die mit der Baugenehmigung verbundene Auflage rechtswidrig und der Nachbar dadurch in seinen Rechten verletzt, ist die Auflage nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO („soweit“) vom Gericht aufzuheben.

Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt.

Selbst wenn die Auflage rechtswidrig ist, weil sie mit den Vorgaben des Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG und Art. 30 Abs. 2 BayBO nicht vereinbar ist, wären die Kläger dadurch nicht in ihren Rechten verletzt. Denn die Verpflichtung in Ziff. III Nr. 2 des Bescheids, dass „die Zelthalle zu allen bestehenden und künftigen Gebäuden einen Abstand von mindestens 12 m einhalten“ muss, trifft nur die Beigeladenen als Bauherrn, beschwert aber nicht die Kläger als Nachbarn. Angesichts der Lage des Vorhabens auf dem Baugrundstück - das Zelt ist an seiner nördlichsten Ecke nur knapp 5 m von der Grenze zum Grundstück FlNr. .../36 der Kläger entfernt - hätte es in Bezug auf das Nachbargrundstück in diesem Punkt einer ausdrücklichen Aussage bedurft, von der die Antragsgegnerin jedoch offenkundig abgesehen hat. Deshalb begründet diese Nebenbestimmung weder eine Verpflichtung der Kläger, bei einer Bebauung ihrer Grundstücke ihrerseits den in der Auflage vorgeschriebenen Mindestabstand von 12 m zu dem streitgegenständlichen Gebäude der Beigeladenen zu wahren, noch enthält sie eine vorwegbindende Entscheidung der Behörde, nicht wegen einer Verletzung der Anforderungen des Art. 30 Abs. 2 BayBO zum Schutz der Nachbarn bauordnungsrechtlich einzugreifen.

Dass das Landratsamt im angegriffenen Bescheid nicht auch die übrigen sich aus Art. 30 Abs. 2 BayBO ergebenden gesetzlichen Anforderungen an Dächer aufgenommen hat, insbesondere nicht die von den Klägern angestrebte Verpflichtung zur Einhaltung des erforderlichen Abstands von 12 m zu ihren Grundstücksgrenzen nach Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 BayBO, verletzt die Kläger ebenfalls nicht in ihren Rechten. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, woraus sich ein Anspruch auf Aufnahme einer entsprechenden Auflage ergeben könnte, handelt es sich hierbei um eine Verpflichtung, die die Beigeladenen ohnehin unabhängig von der Festschreibung durch eine Auflage im Genehmigungsbescheid kraft Gesetzes einzuhalten haben. Denn nach Art. 55 Abs. 2 BayBO entbindet die Beschränkung der bauaufsichtlichen Prüfung nach Art. 59 BayBO nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an bauliche Anlagen gestellt werden. Dazu gehört auch die Bestimmung des Art. 30 Abs. 2 BayBO. Hieraus können die Kläger jedoch keinen Anspruch dahingehend ableiten, dass die Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen brandschutzrechtliche Vorgaben nur unter Auflagen zu erteilen oder gar zu versagen wäre (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2012 - 15 ZB 11.1016 - juris Rn. 4 zum Abstandsflächenrecht).

Eine unzulässige Einschränkung der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ist damit nicht verbunden, weil den Klägern die Möglichkeit verbleibt, wegen einer Verletzung der - nachbarschützenden - Bestimmung Art. 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBO (vgl. dazu allgemein BayVGH, B.v. 3.9.2015 - 15 ZB 12.2142 - NVwZ-RR 2016, 27 = juris Rn. 18 m. w. N.; ferner Famers in Molodovsky/Famers, BayBO, Stand März 2016, Art. 30 Rn. 16) einen möglichen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten (Art. 76 BayBO) geltend zu machen und/oder zivilrechtlich gegen die Beigeladenen vorzugehen (vgl. BayVGH, B.v. 14.4.2003 - 15 ZB 99.2224 - juris Rn. 6, Seidel, NVwZ 2004, 139 ff.).

2. Die Entscheidung über die Kosten des Zulassungsverfahrens ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene trotz ihres erfolgreichen Gegenantrags ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Denn sie setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung (§ 154 Abs. 3 VwGO) typischerweise keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378; B.v. 12.4.2007 - 1 ZB 05.558 - juris Rn. 24). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Fabrikhalle in ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem er ein Holzbearbeitungsunternehmen betreibt. Auf dem angrenzenden Vorhabengrundstück des Beigeladenen steht eine nicht mehr genutzte Fabrikhalle, die mit dem Betriebsgebäude des Klägers baulich verbunden ist. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beklagten, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist und für die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen erweiterten "Bestandsschutz gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO für bestehende Nutzung" festsetzt. Aus einem von der Beklagten im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die im Betrieb des Klägers vorhandenen Schallquellen an der nächstgelegenen Seite des Gebäudes des Beigeladenen Beurteilungspegel bis 70 dB(A) hervorrufen.

3

Die Baugenehmigung erteilte die Beklagte "nach Maßgabe der beigefügten geprüften Bauvorlagen". In einer mit einem Grünstempel versehenen schalltechnischen Untersuchung eines Ingenieurbüros heißt es, zur Beurteilung der Geräuschimmissionen des Betriebs des Klägers würden in Abstimmung mit der Beklagten die Beurteilungspegel des im Planaufstellungsverfahren eingeholten Gutachtens herangezogen. In Abstimmung mit der Beklagten würden im Hinblick auf die ausschließlich an einer Seite des Gebäudes des Beigeladenen auftretende Überschreitung des Immissionsrichtwerts tags um 10 dB(A) keine aktiven Schallschutzmaßnahmen, sondern passive in Form von Schallschutzfenstern mit Belüftungseinrichtungen und einem Schalldämmmaß von mindestens 41 dB(A) für alle schutzbedürftigen Räume ausgearbeitet. Damit würden die Anhaltswerte für Innenschallpegel eingehalten. In einem ebenfalls grüngestempelten Schreiben des vom Beigeladenen beauftragten Planungsbüros an die Beklagte wird zur Ergänzung der Baubeschreibung ausgeführt, die Schallschutzmaßnahmen der schalltechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros würden eingebaut und unterhalten.

4

Das die Baugenehmigung aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen geändert und die Klage abgewiesen. Weder bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans noch bei unterstellter Unwirksamkeit bestehe ein Aufhebungsanspruch des Klägers. Die genehmigte Wohnnutzung sei jedenfalls zulässig und verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das auch im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans anwendbar sei, weil der Bebauungsplan den konkreten Immissionskonflikt nicht abschließend bewältige. Ob dem betroffenen Nachbarn Geräuschimmissionen zuzumuten seien, sei grundsätzlich anhand der TA Lärm zu bestimmen. Nach ihrer Nr. 6.1 sei am Wohnbauvorhaben des Beigeladenen an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden grundsätzlich der hier allein maßgebliche Tag-Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Dieser Wert sei in Anwendung von Nr. 6.1 c und Nr. 6.7 der TA Lärm auf einen "Mittelwert" von tagsüber 60 dB(A) zu erhöhen, weil sich das Wohnbauvorhaben in einer faktischen Gemengelage befinde. Ein solcher Wert lasse sich zwar nicht vollumfänglich einhalten. Das Rücksichtnahmegebot ermögliche und gebiete aber zusätzliche Differenzierungen mit der Folge, dass die grobmaschigen baugebietsbezogenen Richtwerte je nach Lage des Einzelfalls durch situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien zu ergänzen seien. So sei ein Wohnbauvorhaben auf einem durch gewerblichen Lärm erheblich vorbelasteten Grundstück rücksichtslos und daher unzulässig, wenn bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet werde, welche eine erhebliche Lärmbetroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO begründe insoweit eine Obliegenheit des Bauherrn zu "architektonischer Selbsthilfe", verlange aber auch vom Betreiber des - bestands-geschützten - emittierenden Gewerbebetriebs, auf die für das Nachbargrundstück festgesetzte (heranrückende) Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen. Welche Maßnahmen dem zur Rücksichtnahme auf seine Nachbarschaft verpflichteten Anlagenbetreiber zumutbar seien, bestimme sich nach den (dynamischen) Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Auch passiver Schallschutz könne ein zu berücksichtigender Baustein der "architektonischen Selbsthilfe" sein. Die im Gutachten des Ingenieurbüros vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen, die Bestandteil der Baugenehmigung geworden seien und ausweislich der Erklärung von Beklagter und Beigeladenem in der mündlichen Verhandlung für alle schutzbedürftigen Räume einschließlich Loggia gälten, sicherten, dass die Anhaltswerte für Innenschallpegel in Wohnräumen von tags 30 bis 35 dB(A) und in Schlafräumen von 25 bis 30 dB(A) (Mittelungspegel) von schutzbedürftigen Räumen nach VDI 2179 eingehalten werden könnten.

5

Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanz gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das Vorhaben trotz einer Überschreitung der (Außen-)Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 und Nr. 6.7 der TA Lärm aufgrund der festgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen zulässig sei. Passive Schallschutzmaßnahmen führten nicht zu einer Reduzierung des maßgeblichen Außen-Immissionsrichtwertes und seien nur in den gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig. Ohnehin sei das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung aufgegangen, weil auch für den Konflikt zwischen den streitbefangenen Grundstücken der für andere Grundstücke festgesetzte Immissionswert von 60 dB(A) gelte. Außerdem verstoße die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Bestimmtheitsgebot. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht unter Verletzung der Aufklärungspflicht und des Anspruchs auf rechtliches Gehör den unter Beweis gestellten Sachvortrag, dass die Immissionsrichtwerte im Gebäudeinneren gemäß Nr. 6.2 der TA Lärm aufgrund der vorhandenen Gebäudeverbindung nicht eingehalten würden, zu Unrecht unbeachtet gelassen.

6

Beklagte und Beigeladener verteidigen das angegriffene Urteil.

7

Nach Ansicht der Beklagten zählen passive Schallschutzmaßnahmen zu den Mitteln der "architektonischen Selbsthilfe". Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne es - zumal wenn wie hier Außenwohnbereiche nicht betroffen seien - abwägungsfehlerfrei sein, eine Minderung der Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu erreichen.

8

Der Beigeladene hält den Bebauungsplan für unwirksam, weil er keine Konfliktlösung in Bezug auf sein Grundstück biete. Deswegen sei sein Vorhaben an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen. Es halte sich im vorgezeichneten Rahmen und verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Zum einen seien die Lärmgutachten von Betriebszuständen ausgegangen, die nicht dem Stand der Lärmminderungstechnik entsprächen und die, würden sie real ausgeführt, nach § 22 BImSchG untersagt werden könnten. Zum anderen seien die von ihm angebotenen und damit zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe prinzipiell geeignet, im Rahmen einer Bewertung anhand des Gebotes der Rücksichtnahme Berücksichtigung zu finden. So würden die unmittelbar dem Grundstück des Klägers zugewandten Aufenthaltsräume während der Betriebszeiten ständig geschlossen gehalten und Fenster mit einem Schalldämmmaß ausgestattet, das die Einhaltung der Nr. 6.2 TA Lärm (Innenraumschutz) sicherstelle. Die Außenwohnbereiche befänden sich im Lärmschatten des Gebäudes.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen allerdings nicht durch. Sie genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

11

a) Mit seiner Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) macht der Kläger geltend, das Gericht hätte die Beschaffenheit des Verbindungstunnels zwischen den Gebäuden des Klägers und des Beigeladenen weiter aufklären müssen. Da er hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte er mit der Revision darlegen müssen, aus welchen Gründen sich der Vorinstanz die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa Urteil vom 11. Juli 2002 - BVerwG 4 C 9.00 - Buchholz 451.17 § 12 EnergG Nr. 1 S. 12 f.). Das ist nicht geschehen. Aufgrund des - auch auf Nachfrage der Vorinstanz - lediglich allgemein gehaltenen und nicht gebäudebezogenen privatgutachterlichen Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Berichterstatters im Rahmen der Ortsbesichtigung ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass sich solche Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt hätten.

12

b) Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht erheben, wer sich rechtliches Gehör durch entsprechende Beweis- oder Vertagungsanträge in der mündlichen Verhandlung hätte verschaffen können (Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 1 B 3.08 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 Rn. 9 m.w.N.). Es ist weder dargelegt noch erkennbar, warum der Kläger dies im Hinblick auf die nach seiner Ansicht zeitlich und inhaltlich unzumutbare Aufforderung des Oberverwaltungsgerichts zur Substantiierung seines Vorbringens zum Verbindungstunnel nicht getan hat.

13

2. Dass das Oberverwaltungsgericht die Bestimmtheit der angegriffenen Baugenehmigung auf der Grundlage seiner Auslegung dieses Verwaltungsakts bejaht hat, lässt ebenfalls keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Mit seiner Rüge eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz setzt der Kläger dieser Auslegung lediglich eine eigene Auslegung der Baugenehmigung gegenüber, aus der er ihre unzureichende Bestimmtheit ableitet. Die Auslegung eines Verwaltungsakts ist jedoch Sache des Tatsachengerichts und jedenfalls dann, wenn dieses sich - wie hier - dazu verhalten hat (Beschluss vom 6. April 2004 - BVerwG 4 B 2.04 - juris Rn. 8) und die Auslegung keinen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11 - juris Rn. 26), der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Die Anforderungen des - revisiblen - Bestimmtheitsgebots (dazu etwa Urteil vom 2. Juli 2008 - BVerwG 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11) hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Soweit es dabei die Einbeziehung von grüngestempelten und damit eindeutig von der Behörde gekennzeichneten Antragsunterlagen des Beigeladenen sowie in der mündlichen Verhandlung abgegebenen und somit dem Kläger bekannten Erklärungen der Beklagten und des Beigeladenen als zulässig angesehen hat, ist dies bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

14

3. Das Oberverwaltungsgericht durfte jedoch das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht deswegen als gewahrt ansehen, weil der Beigeladene im Wege der architektonischen Selbsthilfe passive Schallschutzmaßnahmen für die ihm genehmigte Wohnnutzung vorgesehen hat.

15

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Rücksichtnahmegebot im vorliegenden Fall unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Anwendung findet. Der Einwand des Klägers, das Rücksichtnahmegebot sei im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans bereits aufgrund der den Feststellungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden Abwägung des Ortsgesetzgebers "aufgezehrt" (vgl. hierzu Beschluss vom 11. Juli 1983 - BVerwG 4 B 123.81 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 54), greift nicht durch. Auch insoweit stellt der Kläger der bindenden und irrevisiblen Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) lediglich seine eigene Auslegung gegenüber.

16

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <318 f.> und vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <243>) stellt sich § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO als eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots und als eine zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) dar. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt. Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

17

c) Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung die TA Lärm herangezogen. Obwohl aber nach seinen bindenden Feststellungen das genehmigte Wohnbauvorhaben gemessen an den Immissionsrichtwerten der Nr. 6.1 einschließlich Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm an Immissionsorten außerhalb von Gebäuden unzumutbaren Geräuschimmissionen ausgesetzt ist, hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots verneint, weil es angesichts der Vorbelastung des Vorhabengrundstücks durch gewerblichen Lärm noch Raum lasse, den gebotenen Interessenausgleich im Wege der architektonischen Selbsthilfe durch passive Schallschutzmaßnahmen zu bewirken. Diese Annahme verstößt gegen Bundesrecht.

18

aa) Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 m.w.N.).

19

Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319 f.). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die TA Lärm enthalte lediglich Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von emittierenden Anlagen, regele aber nicht den Konflikt mit einer an eine latent störende gewerbliche Nutzung heranrückenden Wohnbebauung und sei deswegen für deren bauaufsichtliche Genehmigung nicht maßgeblich (so aber VGH Mannheim, Beschluss vom 11. Oktober 2006 - 5 S 1904/06 - NVwZ-RR 2007, 168 <169 f.>). Aus der Spiegelbildlichkeit der dargelegten gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen ergibt sich vielmehr, dass mit der Bestimmung der Anforderungen an den emittierenden Betrieb auf der Grundlage der TA Lärm zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und mithin die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt feststeht. Dass etwaige Lärmminderungspflichten, die sich aus der Anwendung der TA Lärm für den emittierenden Gewerbebetrieb ergeben können, nicht - etwa in Form einer Auflage - zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht werden können, steht nicht entgegen. Denn als Teil der vom Rücksichtnahmegebot geforderten Zuordnung der Nutzungen gehören die gebotenen Lärmminderungsmaßnahmen zur Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung und sind gegebenenfalls im Wege der §§ 24 und 22 BImSchG gegen den Gewerbebetrieb durchzusetzen. Auch aus der in der früheren Rechtsprechung des Senats verwendeten Formulierung, die TA Lärm gelte in diesen Fällen "nicht unmittelbar" (Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 319), folgt nichts anderes. Der Senat hat hiermit keine Abstriche am Umfang ihrer Anwendbarkeit und Bindungswirkung verbunden.

20

bb) Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Nach ihrer Nr. 6.1 sind für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Sie können durch passive Schallschutzmaßnahmen, wie sie die angefochtene Baugenehmigung vorschreibt, nicht beeinflusst werden. Aus Nr. 6.2 der TA Lärm folgt nichts anderes. Die Vorschrift regelt den Sonderfall der Körperschallübertragung und kann deswegen nicht als "Auffangregelung" verstanden werden, aus der abzuleiten wäre, dass letztlich maßgeblich auf - durch passive Schallschutzmaßnahmen beeinflussbare - Innen-Immissionswerte abzustellen ist. Soweit es - wie hier - um die Beurteilung von Luftschall geht, der über die Außenfassade einwirkt, sind die Außen-Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 anzuwenden (vgl. auch Feldhaus, Bundesimmissionsrecht, Bd. 4, Stand August 2012, Rn. 29 zu Nr. 6 TA Lärm).

21

cc) Auch die von der TA Lärm belassenen Spielräume bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze eröffnen nicht die Möglichkeit, der Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

22

Entgegen der Ansicht des Beigeladenen kann insoweit nicht Nr. 3.2.2 der TA Lärm herangezogen werden, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall ermöglicht. Die Voraussetzungen der in Buchstaben a bis d genannten Umstände, bei deren Vorliegen eine solche Sonderfallprüfung "insbesondere" in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Namentlich sind besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission (Buchst. d) nicht schon dann zu bejahen, wenn sie von einer bestandskräftigen Genehmigung des emittierenden Gewerbebetriebs gedeckt ist. Auch begründet wegen des anzulegenden strengen Maßstabs für eine Sonderfallprüfung (Feldhaus a.a.O. Rn. 63 zu Nr. 3 TA Lärm) allein der Umstand, dass der Konflikt durch eine Gemengelage bedingt ist, noch keine besondere Standortbindung (Buchst. b).

23

Ein unbenannter Anwendungsfall der Regelung ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auszuschließen. Das folgt schon daraus, dass die insoweit allein in Betracht kommenden Umstände (Gemengelage, Vorbelastung, Prioritätsprinzip, konkrete Schutzwürdigkeit und Gebietsprägung) bereits Gegenstand der Regelung in Nr. 6.7 sind, die mit der Zwischenwertbildung eine auf die Gemengelagesituation und die genannten Umstände zugeschnittene Lösung enthält (vgl. auch Feldhaus a.a.O. m.w.N.). Es liegt fern, dass die TA Lärm für den Fall, dass - wie hier - trotz Zwischenwertbildung die Zumutbarkeit des Vorhabens nicht gewährleistet werden kann, aus denselben Gesichtspunkten einen zusätzlichen Spielraum für eine Lösung eröffnet, die, wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt, die Rechtsordnung nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen unter strengen Voraussetzungen vorsieht.

24

Die Möglichkeit, einer Überschreitung der nach Nr. 6.1 und Nr. 6.7 maßgeblichen Immissionsrichtwerte mit passivem Lärmschutz zu begegnen, müsste auch das Schutzziel der TA Lärm verfehlen. Aus der Maßgeblichkeit der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 und der Definition des maßgeblichen Immissionsortes in A.1.3 des Anhangs der TA Lärm - bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes - ergibt sich, dass dieses Regelungswerk - anders als etwa für Verkehrsanlagen die 16. und 24. BImSchV - den Lärmkonflikt zwischen Gewerbe und schutzwürdiger (insbesondere Wohn-) Nutzung bereits an deren Außenwand und damit unabhängig von der Möglichkeit und Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen gelöst wissen will. Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Soweit andere Regelwerke wie die schon genannte 16. und 24. BImSchV passiven Lärmschutz zur Lösung des Nutzungskonflikts zulassen und damit einen geringeren Mindestwohnkomfort als Schutzziel zugrundelegen, beruht dies auf dem öffentlichen Interesse, das an den von diesen Regelungen erfassten (Verkehrs-)Anlagen besteht und weiterreichende Beschränkungen des Eigentumsinhalts zulasten der von Immissionen betroffenen Anliegern rechtfertigt.

25

Der von der TA Lärm gewährte Schutzstandard steht auch nicht zur Disposition des Lärmbetroffenen und kann nicht durch dessen Einverständnis mit passiven Schallschutzmaßnahmen suspendiert werden. Denn das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Das schließt es aus, das bei objektiver Betrachtung maßgebliche Schutzniveau auf das Maß zu senken, das der lärmbetroffene Bauwillige nach seiner persönlichen Einstellung bereit ist hinzunehmen (Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <324>).

26

dd) Schließlich bietet auch der Gesichtspunkt der architektonischen Selbsthilfe keine Rechtfertigung für die vom Oberverwaltungsgericht für zulässig angesehene Konfliktlösung mit Mitteln des passiven Lärmschutzes. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass sich aus dem Rücksichtnahmegebot die Obliegenheit des Bauherrn ergeben kann, durch Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe den Lärmkonflikt mit einem benachbarten Gewerbebetrieb in einer Weise zu lösen, die die Zumutbarkeit der ihn treffenden Immissionen gewährleistet und somit die Erteilung der Baugenehmigung für sein Vorhaben ermöglicht. Auf dieser Grundlage können dem Bauherrn im Anwendungsbereich der TA Lärm aber nur mit diesem Regelwerk vereinbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen abverlangt werden. Das schließt immissionsreduzierende Maßnahmen wie Veränderungen der Stellung des Gebäudes, des äußeren Zuschnitts des Hauses oder der Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, ohne Weiteres mit ein (vgl. Urteil vom 23. September 1999 a.a.O. S. 323). Dasselbe gilt, soweit dies bauordnungsrechtlich zulässig ist, für den Einbau nicht zu öffnender Fenster (vgl. Beschluss vom 7. Juni 2012 - BVerwG 4 BN 6.12 - juris), die keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Passiver Lärmschutz als Mittel der architektonischen Selbsthilfe kann daher nur außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Lärm und bei - hier nicht einschlägiger - Anwendung solcher Regelwerke in Betracht kommen, die diese Möglichkeit zulassen (vgl. Urteil vom 22. März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 16 f.).

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4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Senat nicht entscheiden, ob sich das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit Blick auf die Bereitschaft des Beigeladenen, passiven Lärmschutz vorzusehen, unter Zugrundelegung derjenigen Lärmimmissionen ermittelt, die für das Grundstück des Beigeladenen im ungünstigsten Fall zu erwarten sind. Der Frage, welche Lärmminderungsmaßnahmen dem Kläger nach den (unter 3. b) dargelegten Vorgaben des Rücksichtnahmegebots obliegen, ist das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen. Das wird es nachzuholen haben. Die dem zur Rücksichtnahme verpflichteten Kläger insoweit zumutbaren Maßnahmen bestimmen sich nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235 <246 f.> m.w.N). Dass Möglichkeiten der Lärmminderung beim Gewerbebetrieb des Klägers, mit denen der nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Außen-Immissionswert von 60 dB(A) eingehalten werden könnte, schon aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wären, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt. Auf die bestandskräftige Genehmigung seines Betriebs kann sich der Kläger gegenüber seinen dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht berufen (vgl. Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O). Anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21 f.) offenbar annimmt, sind diese Pflichten gegenüber - wie hier - heranrückender Wohnbebauung nicht von vornherein auf solche Lärmminderungsmaßnahmen beschränkt, zu denen der Gewerbebetrieb bereits gegenüber der vorhandenen Wohnbebauung verpflichtet gewesen wäre.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Beigeladene trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500‚- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamts Würzburg vom 25. März 2010 erteilte abgrabungsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Steinbruchs „Mittenhölzlein“ auf den Grundstücken FlNr. 790‚ 791‚ 1239 bis 1247‚ 1249‚ 1335 und 1336 Gemarkung Kirchheim. Das geplante Steinbruchgelände liegt im unbeplanten Außenbereich und grenzt nordwestlich unmittelbar an Wohnbebauung an. Dort befindet sich das im Eigentum des Klägers stehende‚ mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück FlNr. 1235/2. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Landratsamts vom 25. März 2010 mit Urteil vom 8. Dezember 2011 aufgehoben. Hiergegen wendet sich die Beigeladene mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Beigeladene beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen‚ ist im Wesentlichen an Hand dessen zu beurteilen‚ was die Beigeladene innerhalb offener Frist zur Begründung ihres Zulassungsantrags hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen‚ dass die angefochtene Abgrabungsgenehmigung aus zwei Gründen Nachbarrechte des Klägers verletzt. Es hat zum einen angenommen‚ dass die Abgrabungsgenehmigung nicht hinreichend bestimmt im Sinn des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ist. Zum anderen hat es darauf abgestellt‚ das die Genehmigung gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt‚ weil sie nicht sicher stellt‚ das der Kläger keinen schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Geräuschen und Erschütterungen ausgesetzt wird.

Ist das Urteil des Verwaltungsgerichts auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt (kumulative Mehrfachbegründung)‚ kann die Berufung nur zugelassen werden‚ wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (vgl. z.B. BayVGH‚ B.v. 21.1.2013 – 8 ZB 11.2030 – juris Rn. 15; siehe auch Happ in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Aufl. 2014‚ § 124a Rn. 61; Kopp/Schenke‚ VwGO‚ 20. Aufl. 2014‚ § 124 Rn. 5).

Hier kann der Zulassungsantrag der Beigeladenen schon deshalb keinen Erfolg haben‚ weil sich aus ihrem Vorbringen der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht ergibt‚ soweit das Verwaltungsgericht die Abgrabungsgenehmigung als nicht hinreichend bestimmt angesehen hat. Damit kann dahinstehen‚ ob auch im Hinblick auf den vom Verwaltungsgericht angenommenen Verstoß der Genehmigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber dem Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen‚ dass die angefochtene Abgrabungsgenehmigung in nachbarrechtsrelevanter Weise zu unbestimmt ist und damit gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG verstößt. Nach dieser Vorschrift muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieser Anforderung entspricht eine Genehmigung‚ wenn die mit dem Bescheid getroffene Regelung (Art. 35 BayVwVfG) für die Beteiligten des Verfahrens (Art. 13 BayVwVfG) – ggf. nach Auslegung – eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG‚ U.v. 22.1.1993 – 8 C 57/91 – NJW 1993‚ 1667 m.w.N.). Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können‚ ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor‚ wenn die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft (vgl. BayVGH‚ B.v. 22.4.2009 – 1 C 09.221 – juris Rn. 20; BayVGH‚ B.v. 15.2.2011 – 14 B 10.806 – juris Rn. 21). Insoweit ist anerkannt‚ dass eine Baugenehmigung aufzuheben ist‚ wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH‚ U.v. 16.10.2013 – 15 B 12.1808 – juris Rn. 13 m.w.N.). Der Nachbar muss aus der Baugenehmigung in Verbindung mit den ihr zugrunde liegenden Unterlagen die Reichweite des genehmigten Vorhabens und seine Nutzung erkennen können.

Nach der zutreffenden Einschätzung des Verwaltungsgerichts wird die angefochtene Abgrabungsgenehmigung diesen Anforderungen nicht gerecht. Zwar lässt sich dem Bescheid vom 25. März 2010 in Verbindung mit dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen vom 14. Juli 2008 und dem dort beigefügten Erläuterungsbericht im Allgemeinen entnehmen‚ was Gegenstand der Genehmigung ist und welchen Umfang das genehmigte Vorhaben hat. Insbesondere werden dort die geplante Abbaufläche‚ die Abbauabschnitte‚ die Abbaumenge sowie das Abbauverfahren dargestellt. Der Inhalt der Abgrabungsgenehmigung und das genehmigte Vorhaben werden konkretisiert durch die in Bezug genommenen‚ mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen (vgl. Lechner in Simon/Busse‚ Bayerische Bauordnung, Stand: November 2014‚ Art. 68 Rn. 466). Es fehlen dort aber – worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat – genaue Angaben zu den Arbeitsabläufen‚ den eingesetzten Maschinen sowie den vorgesehenen Nutzungs- und Betriebszeiten. Nach § 9 Satz 1 BauVorlV sind in der als Bauvorlage vorzulegenden Baubeschreibung (§ 3 Nr. 3 BauVorlV) das Bauvorhaben und seine Nutzung zu erläutern‚ soweit dies zur Beurteilung erforderlich ist und die notwendigen Angaben nicht im Lageplan und in den Bauzeichnungen enthalten sind. Für den im abgrabungsrechtlichen Genehmigungsverfahren vorzulegenden Abgrabungsplan (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayAbgrG) gilt diese Vorschrift entsprechend (§ 14 Satz 1 BauVorlV). Dass die genannten fehlenden Angaben hier für die Beurteilung des Vorhabens der Beigeladenen hinsichtlich des notwendigen Lärm- und Erschütterungsschutzes erforderlich sind, unterliegt keinen ernstlichen Zweifeln.

Soweit die Beigeladene in ihrem Zulassungsvorbringen auf die Schallimmissionsprognose des Büros W... vom 14. Dezember 2009 verweist‚ ist dieses Gutachten zwar Bestandteil der Abgrabungsgenehmigung geworden (Nebenbestimmung Nr. 750.2 zum angefochtenen Bescheid), wobei allerdings zweifelhaft sein mag‚ ob eine solche pauschale Bezugnahme auf die Schallprognose in der Abgrabungsgenehmigung regelmäßig zu einem eindeutig bestimmbaren Inhalt dieser Genehmigung führen kann (vgl. OVG NW‚ B.v. 20.9.2007 – 10 A 4372/05 – juris Rn. 8). Dies bedarf aber keiner Entscheidung. Denn jedenfalls bleibt nach dem Inhalt der Schallprognose unklar‚ ob die dort genannten Eingangsdaten als verbindliche Vorgaben für die Abgrabungsgenehmigung gelten sollen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat‚ werden in der Prognose zwar verschiedene Maschinen und Geräte aufgeführt‚ die aber lediglich „nach derzeitigem Kenntnisstand im Abbaubetrieb eingesetzt werden sollen“. Dies gilt auch für die in der Prognose des Weiteren enthaltenen Angaben über die angesetzten Betriebszeiten dieser Maschinen und Geräte. Es kommt hinzu‚ dass in der Nebenbestimmung Nr. 750.11 der Abgrabungsgenehmigung zwar einige „Auflagen“ ausdrücklich festgelegt werden‚ die sich aus der Prognose ergeben‚ wie z.B. die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf maximal acht Stunden sowie der Betriebszeit des Steinbohrgeräts auf vier Stunden pro Werktag. Allerdings geht diese Nebenbestimmung nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut davon aus‚ dass sich aus der Prognose noch weitere Auflagen bezüglich des Abbauabschnitts I ergeben. Welche weiteren Auflagen dies sein sollen‚ bleibt jedoch unklar.

Auch der Hinweis im Zulassungsantrag auf die Angaben unter Nr. 7 der Baubeschreibung vom 4. Juli 2008 (Anlage 2 zum Bauantrag) vermag nicht die hinreichende Bestimmtheit der Abgrabungsgenehmigung bezüglich der eingesetzten Maschinen zu begründen. Denn diese Angaben stehen im Widerspruch zu den Eingangsdaten der oben genannten Schallprognose. Während dort als eingesetzte Maschinen und Geräte ein Kettenbagger‚ zwei Radlader‚ ein hydraulisch selbstfahrendes Bohrgerät und ein Hydraulikspaltkeil mit separatem Pumpenmotor genannt werden‚ ist in der Nr. 7 der Baubeschreibung nur von einem Radlader und Kleingeräten die Rede.

Nachdem sich bereits aus den bisher genannten Gründen die Unbestimmtheit der angefochtenen Abgrabungsgenehmigung ergibt‚ ist nicht entscheidungserheblich‚ ob auch die Nebenbestimmung Nr. 750.6 des Genehmigungsbescheids dem Bestimmtheitsgebot genügt.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3‚ § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.Die Antragsteller wenden sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen die baurechtliche Untersagung der Nutzung von Dachgeschosszimmern für Wohnen.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des mit einem Geschäfts- und Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. ... Gemarkung F. Für das Gebäude wurde mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Juli 1957 dem Rechtsvorgänger der Antragstellerin die Baugenehmigung für den Umbau einer Bäckerei erteilt. Mit weiterem Bescheid vom 22. Juni 1963 erhielt der Rechtsvorgänger der Antragstellerin die Genehmigung für den Einbau von zwei Abstellräumen für Bäckereigeschirr im westlichen Teil des Dachgeschosses, mit Bescheid vom 5. März 1965 die Baugenehmigung für den Dachgeschossausbau mit drei „Schlafräumen für Dienstboten“, einem Bad mit WC und einem Dachraum, sowie mit Bescheid vom 4. Januar 1967 die Tekturgenehmigung für den Einbau von drei weiteren Zimmern und einem Abstellraum an der Stelle des genehmigten Dachraumes. Mit Bescheid vom 17. Januar 1979 genehmigte die Antragsgegnerin die Änderung der Nutzung des Gebäudes im Erdgeschoss in eine Drogerie. In der Folgezeit wurden die Räume in den Obergeschossen als Wohnungen genutzt bzw. vermietet.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 25. Juli 2014 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2000 € die Nutzung der Zimmer im Dachgeschoss des Gebäudes für Wohnen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an: Für die Wohnnutzung im Dachgeschoss liege keine Baugenehmigung vor, gleichgültig ob es sich hierbei, wie die Antragstellerin angebe, um eine Wohngemeinschaftsnutzung oder um ein Wohnheim im Sinn des Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO handle. Die Genehmigung von einzelnen Schlafräumen für Bedienstete von 1967 decke die derzeitige abgeschlossene Nutzungseinheit zum dauerhaften Wohnen nicht ab. Eine Baugenehmigung könne auch nicht erteilt werden, weil die Rettungswegsituation im Dachgeschoss nicht den Vorgaben des Art. 31 BayBO entspreche. Es sei weder ein funktionierender erster noch ein funktionierender zweiter Rettungsweg vorhanden.

Hiergegen hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage erhoben und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Mit Beschluss vom 21. November 2014 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die derzeitige Nutzung im Dachgeschoss sei nach summarischer Prüfung sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Die räumliche Ausgestaltung des Dachgeschosses mit dem größeren Gemeinschaftsaufenthaltsraum im Nordwesen, der umfunktionierten Küche im Nordosten und den einzelnummerierten Zimmern, die von der Antragstellerin an wechselnde Personen vermietet würden, sprächen für das Vorliegen eines Wohnheims. Dafür liege keine Baugenehmigung vor. Die Genehmigungen von 1965 und 1967 für die Errichtung von sechs „Schlafräumen für Dienstboten“ decke die derzeit betriebene Nutzung nicht ab. Insbesondere die Gemeinschaftsküche und der Gemeinschaftsaufenthaltsraum sprächen für das Vorliegen einer anders gearteten Nutzung. Dafür sei eine Baugenehmigung erforderlich, weil weitergehende technische Anforderungen im Sinn der Art. 37 ff. BayBO erforderlich werden könnten. Die bei der Feuerbeschau der Antragsgegnerin am 9. Juni 2011 festgestellten brandschutztechnischen Mängel und die von der Antragstellerin selbst vorgelegte brandschutztechnische Stellungnahme der Firma A. vom 12. Januar 2012 legten nahe, dass unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage das Interesse der Antragstellerin geringer wiege als das öffentliche Interesse an der Sicherstellung des Brandschutzes. Aus der brandschutztechnischen Beurteilung des Dipl.-Ing. H. vom 20. Oktober 2014 ergebe sich nichts anderes. Auch diese gehe nicht von einer vollständigen Mängelfreiheit des Gebäudes aus. Die Nutzungsuntersagung sei auch verhältnismäßig und ermessensgerecht.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. November 2014 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Juli 2014 wiederherzustellen.

Mit Schriftsatz vom 29. Januar 2015 teilte die Antragstellerin dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass inzwischen die Küche im dritten Obergeschoss ausgebaut und verschlossen worden sei. Zudem sei das Geschoss mit Rauchmeldern ausgestattet worden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die Behördenakten Bezug genommen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagungen überwiegt das gegenläufige Interesse der Antragsteller, weil ihre Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird und die Untersagung der Nutzung im öffentlichen Interesse dringend geboten ist. Die Nutzungsuntersagung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (Art. 76 Satz 2 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu berücksichtigende Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung einer baulichen Anlage untersagt werden, wenn die Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich schon dann erfüllt, wenn eine bauliche Anlage ohne erforderliche Genehmigung, somit formell illegal, genutzt wird. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Eine Nutzung darf allerdings aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dann nicht allein wegen ihrer formellen Illegalität untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist oder die Nutzung von Wohnraum untersagt wird, der für die Bewohner den alleinigen Mittelpunkt ihrer privaten Existenz bildet; im letzteren Fall ist wegen der einer Beseitigungsanordnung gleichkommenden Wirkung eine abschließende materiell-rechtliche Prüfung erforderlich (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2608 - BayVBl 2006, 702 = juris Rn. 24; B.v. 16.5.2008 - 9 ZB 07.3224 - BayVBl 2009, 509 = juris Rn. 4; B.v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 11; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, Kommentar, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 28; a.A. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiss, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand Sept. 2015, Art. 76 Rn. 343).

Nach diesen Maßstäben ist die Nutzungsuntersagung rechtmäßig. Maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung ist, da die Nutzungsuntersagung ein Dauerverwaltungsakt ist, grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt dieser Beschwerdeentscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 6.12.2011 - 15 CS 11.2402 - juris Rn. 12; U.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 24; B.v. 13.5.2016 - 9 ZB 13.1991 - juris Rn. 13). Die zwischenzeitlich von der Antragstellerin vorge-nommenen Änderungen im Baubestand (u. a. Ausbau der Gemeinschaftsküche) sind bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung demnach zu berücksichtigen. Auch unter Zugrundelegung dieser Änderung bestehen gegen die Nutzungsuntersagung indes keine rechtlichen Bedenken. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die derzeitige Wohnnutzung der Räume im Dachgeschoss aller Wahrscheinlichkeit nach sowohl formell (vgl. dazu unten 1.) als auch materiell (vgl. dazu unten 2.) rechtswidrig. Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt ebenfalls nicht vor (vgl. dazu unten 3.).

1. Die Nutzung des Dachgeschosses in den zum dauernden Aufenthalt vermieteten Wohnräumen dürfte, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, formell rechtswidrig sein.

Abzustellen ist zwar, wie die Antragstellerin zu Recht gegen die Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung einwendet, nicht (auch) auf die Nutzung im zweiten Obergeschoss, sondern allein auf diejenige im Dachgeschoss, weil allein diese Gegenstand des angegriffenen Bescheids ist. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist diese Nutzung aber formell illegal. Dies gilt unabhängig davon, ob die derzeitige Wohnnutzung baurechtlich als Wohnheim im Sinn des Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO, als abgeschlossene Wohnung einer Wohngemeinschaft oder als sonstige Wohnnutzung einzustufen ist. Denn jedenfalls ist die derzeitige Nutzung der vermietete Wohnräume von der mit den Bescheiden vom 5. März 1965 und 4. Januar 1967 bauaufsichtlich genehmigten Nutzung als Schlafräume für Arbeitnehmer nicht gedeckt (vgl. unten a)). Zudem dürften diese Genehmigungen nicht mehr wirksam sein (vgl. unten b)).

a) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin deckt die Baugenehmigung für Errichtung von insgesamt sechs Einzelzimmern als Schlafräume für Arbeitnehmer von 1965 und 1967 die Nutzung als dauerhaft vermietete Wohnräume nicht. Vielmehr handelt es sich insoweit um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung im Sinn von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO.

Ob eine neue Nutzung von der Baugenehmigung für die bisherige Nutzung noch umfasst wird oder eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich danach, ob die Variationsbreite der genehmigten Nutzung überschritten wird und für die geänderte Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtlichen Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung, so dass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu stellt. Seit dem Inkrafttreten der Neufassung des Art. 57 Abs. 4 BayBO durch das Änderungsgesetz vom 11. Dezember 2012 (GVBl. S. 633) gilt dies allerdings nur hinsichtlich solcher Anforderungen, die nach Art. 60 Satz 1 BayBO Prüfungsgegenstand sein können, einschließlich der Anforderungen nach Art. 62 BayBO (vgl. LT-Drs. 16/13683 S. 15). Andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in diesem Sinn kommen nicht nur dann in Betracht, wenn für die neue Nutzung strengere Vorschriften gelten können, sondern auch, wenn die neuen Anforderungen weniger einschränkend sind. Das kann der Fall sein, wenn bisherige und geänderte Nutzung in unterschiedlichen Rechtsvorschriften geregelt sind oder wenn sich aus derselben Norm abweichende Anforderungen hinsichtlich der Zulässigkeit einer neuen Nutzung ergeben können. Voraussetzung für eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung ist nicht, dass tatsächlich andere Anforderungen an die geänderte Nutzung gestellt werden, sondern nur, dass derartige Anforderungen in Betracht kommen können und die Frage, ob dies tatsächlich der Fall ist, in einem Genehmigungsverfahren geprüft werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2014 - 15 CS 13.1863 - juris 15 m. w. N.; B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 32 m. w. N.; Molodovsky in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand März 2016, Art. 57 Rn. 224 ff. m.w.N).

Danach handelt es sich hier um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Denn die noch auf der Grundlage der Bayerischen Bauordnung vom 1. August 1962 (GVBl. S. 179) genehmigte Nutzung von Schlafräumen, die den Arbeitnehmern des damaligen (Bäckerei-)Betriebs wohl ohne jede Eigengestaltung der Haushaltsführung lediglich für die Dauer des Arbeitsverhältnisses zu Übernachtungszwecken zur Verfügung gestellt wurden, unterscheidet sich hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Anforderungen an die heutige Wohnnutzung von zum dauernden Aufenthalt unbefristet an Dritte vermieteten Räumen deutlich (zur Abgrenzung von dauerhaftem Wohnen und Unterkünften für Arbeitnehmer vgl. auch BayVGH, U.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 26). Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die inzwischen grundlegend geänderten gesetzlichen Bestimmungen über die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die Rettungswege (vgl. Art. 37 BayBO 1962 bzw. Art. 60 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Art. 31 BayBO), sondern auch hinsichtlich der Anforderungen an Aufenthaltsräume im Dachraum (Art. 61 BayBO 1962 bzw. Art. 45 Abs. 1 BayBO), an Treppen (Art. 37 BayBO 1962 bzw. Art. 32 BayBO) oder an Stellplätze (Art. 62 BayBO 1962 bzw. Art. 47 BayBO). Auch das Bestehen anderer bauplanungsrechtlicher Anforderungen etwa in Bezug auf die Lärmbelastung der Nachbarschaft (vgl. § 29 Abs. 1, § 34 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) erscheint nicht ausgeschlossen. Die Auffassung der Antragstellerin, die Räume im Dachgeschoss würden jedenfalls nach dem Ausbau der Gemeinschaftsküche nicht anders genutzt als früher, trifft offensichtlich nicht zu.

b) Zudem dürften die Bau- und Tekturgenehmigungen von 1965 und 1967 keine Wirkungen mehr entfalten, sondern sich nach der Aufgabe des Bäckereibetriebs und der Aufnahme der Vermietung als Wohnräume für dauerhafte Aufenthaltszwecke nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG auf andere Weise erledigt haben (vgl. dazu BayVGH, B.v. 28.2.2014 - 15 CS 13.1863 - juris 17 ff. m. w. N.). Die Voraussetzungen dieser Bestimmung dürften erfüllt sein. Es spricht Einiges dafür, dass der Rechtsvorgänger der Antragstellerin mit der Einstellung des Bäckereibetriebs endgültig auf die Ausübung der Rechte aus der Bau- bzw. Tekturgenehmigung von 1965 und 1967 verzichtet hat. Zwar spielt es für die Wirksamkeit einer Baugenehmigung grundsätzlich keine Rolle, ob die genehmigte Nutzung beendet wird oder wie lange eine Nutzungsunterbrechung dauert, weil das geltende Bauordnungsrecht keine Rechtspflicht zur Fortsetzung einer genehmigten Nutzung kennt. Allein die (auch langjährige) Nichtweiterführung einer genehmigten Nutzung reicht daher in aller Regel nicht aus, um auf einen dauerhaften Verzichtswillen schließen zu können. Erforderlich ist vielmehr das Hinzutreten weiterer Umstände, die eine endgültige Aufgabe des Nutzungswillens nach außen dokumentieren Ein solcher Umstand kann aber - schon mit Blick auf die damit verbundenen Investitionen - regelmäßig angenommen werden, wenn eine andere Nutzung aufgenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2014 - 15 CS 13.1863 - juris 19 m. w. N.). Das ist hier mit der Aufnahme der dauerhaften Vermietung der Wohnräume im Dachgeschoss erfolgt. Nach der grundlegenden Änderung der Lebensverhältnisse ist wohl auch kaum zu erwarten, dass ein mit dem Bäckereibetrieb vergleichbarer Betrieb mit Übernachtungsmöglichkeiten für Bedienstete im Dachgeschoss wieder aufgenommen wird. Aus diesem Grund kann sich die Antragstellerin auch nicht auf einen Bestandsschutz für die Nutzung im Dachgeschoss berufen.

2. Im Ergebnis zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass die untersagte Nutzung der Räume im Dachgeschoss als für dauerhafte Aufenthaltszwecke vermietete Wohnräume wahrscheinlich nicht genehmigungsfähig ist.

Wie im angegriffenen Bescheid ausgeführt, dürften die Rettungswege aus dem Dachgeschoss nicht den Vorgaben der Art. 31, 33 BayBO entsprechen. Da - wie ausgeführt - die Bau- bzw. Tekturgenehmigungen aus den Jahren 1965 und 1967 infolge der Nutzungsänderung nicht fortwirken dürften, sich die Genehmigungen aber jedenfalls nicht auf die neue Nutzung der Räume im Dachgeschoss als dauerhaft vermietete Wohnräume erstrecken, gelten im Hinblick auf die Rettungswege nicht die Anforderungen nach altem Recht, sondern die der Bayerischen Bauordnung in der aktuellen Fassung. Danach ist mangels brandschutzmäßiger Ertüchtigung des notwendigen Treppenraums wohl jedenfalls kein hinreichend funktionstüchtiger erster Rettungsweg vorhanden. Dafür spricht nicht nur der aufgrund einer Gebäudebesichtigung am 23. Januar 2014 festgestellte Feuerschaubefund (vgl. Schreiben der Antragsgegnerin an die Antragstellerin vom 27. Januar 2014, Blatt 88 der Behördenakte), sondern auch die von der Antragstellerin vorgelegte brandschutztechnische Beurteilung des Dipl.-Ing. H. vom 20. Oktober 2014, in der Abweichungen von den Anforderungen des Art. 32 Abs. 4, Art. 33 Abs. 5 Nr. 3 und Abs. 6 Nr. 3 BayBO festgestellt wurden (vgl. S. 7 der brandschutztechnischen Beurteilung).

Darüber hinaus dürfte es an der Einhaltung brandschutzrechtlicher Erfordernisse fehlen, wenn diese auch nicht unmittelbar die Rettungswege betreffen (vgl. S. 5 der brandschutztechnischen Beurteilung vom 20.10.2014). Auf die Frage, ob die vermieteten Räume im Dachgeschoss, wenn diese - wofür nach Aktenlage Einiges spricht - nicht als eine Wohnung einer Wohngemeinschaft, sondern jeweils für sich genommen als eigenständige Nutzungseinheiten im Sinn des Art. 31 Abs. 1 BayBO einzustufen sind, über einen ausreichend funktionsfähigen zweiten Rettungsweg durch den Flur des Dachgeschosses und das nicht verschlossene, mit Bescheid vom 22. Juni 1963 als Abstellraum genehmigte Zimmer im Nordwesten verfügen, kommt es nicht mehr an.

3. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Nutzungsuntersagung bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken. Liegen die oben angeführten brandschutztechnischen Mängel vor, stellt der Erlass der Nutzungsuntersagung eine verhältnismäßige Maßnahme dar (vgl. allgemein zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit BayVGH, U.v. 28.6.2010 - 1 B 09.1911 - BayVBl 2011, 500 = juris Rn. 65). Da für die derzeitige Nutzung wohl kein Bestandsschutz gegeben ist, gelten die speziellen Anforderungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO nicht. Im Übrigen dürfte beim Vorliegen von Mängeln eines Rettungswegs aber eine „erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit“ gegeben sein, zumal mit der Entstehung eines Brandes jederzeit gerechnet werden muss (vgl. OVG NRW, B.v. 22.7.2002 - 7 B 508/01 - BRS 65, 622 = juris Rn. 20; B.v. 11.11.2014 - 7 B 1312/14 - juris Rn. 6; Molodovsky in Molodovsky/Famers, a. a. O., Art. 54 Rn. 141a m. w. N.).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nrn. 1.5 und 9.4 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg‚ weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die angefochtene Baugenehmigung widerspricht dem Bebauungsplan „E.“ der Beigeladenen zu 2. und verletzt deshalb den Kläger in seinem Anspruch auf Gebietserhaltung. Daran ändert auch die Befreiung nichts, die auf die seit dem 26. November 2014 geänderte Rechtslage durch das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20. November 2014 (BGBl. I 2014 S.1748) gestützt worden ist.

Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts schließt der Bebauungsplan in seinen textlichen Festsetzungen bereits die Einrichtung von Anlagen für soziale Zwecke und damit auch die Unterbringung von Asylbegehrenden aus. Dabei geht der Senat mit der herrschenden Meinung (BVerwG‚ B. v. 4.6.1997 - 4 C 2.96 - NVwZ 1998‚ 173; VGH BW‚ B. v. 14.3.2013 - 8 S 2504/12 - juris Rn. 13; BayVGH‚ U. v. 13.9.2012 - 2 B 12.109 - juris Rn. 25; B. v. 29.1.2014 - 2 ZB 13.678 - juris Rn. 5) davon aus‚ dass eine Unterkunft für Asylbegehrende keine - im Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO von vornherein unzulässige - Wohnanlage im bauplanungsrechtlichen Sinn darstellt‚ sondern eine Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter. Diese Auffassung findet ihre Rechtfertigung insbesondere darin‚ dass der Aufenthalt von Asylbegehrenden in solchen Unterkünften nicht freiwillig ist‚ sondern auf einer Zuweisungsentscheidung der zuständigen Behörde beruht‚ auf die der Asylbegehrende keine Einflussmöglichkeiten hat (s. § 53 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG; Art. 4 Abs. 1 AufnG). Zudem sind Asylbegehrende von den Entscheidungen der Verwaltung der Unterkunft - z. B. im Hinblick auf die Raumbelegung - abhängig‚ so dass von einer - wie das Bundesverwaltungsgericht fordert (B. v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - ZfBR 1996‚ 228) - Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises nicht die Rede sein kann. Die sich im Allgemeinen daran anschließende Frage, ob die Unterbringung von Asylbegehrenden als wohnähnliche Nutzung dem Gebietscharakter eines Gewerbegebiets widerspricht, kann hier dahingestellt bleiben‚ weil der Bebauungsplan generell Anlagen für soziale Zwecke ausschließt.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die Festsetzungen unter A 2. des Bebauungsplans nicht widersprüchlich und damit auch nicht unwirksam. Den Festsetzungen des Bebauungsplans ist eine abschließende Regelung zu entnehmen‚ welche Nutzungen ausnahmsweise zulässig bzw. ausgeschlossen sind. So werden die gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 7 und § 8 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO im Misch- und Gewerbegebiet allgemein zulässigen Tankstellen sowie die nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO im Mischgebiet teils allgemein, teils ausnahmsweise und nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO im Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässigen Vergnügungsstätten in allen drei festgesetzten Gebieten (Gewerbegebiet‚ eingeschränktes Gewerbegebiet und Mischgebiet) generell ausgeschlossen. Ausnahmsweise für zulässig erklärt werden im Gewerbegebiet und im eingeschränkten Gewerbegebiet unter Übernahme des Wortlauts des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter sowie -allerdings beschränkt auf das eingeschränkte Gewerbegebiet - Anlagen für kirchliche Zwecke. Mit der zuletzt genannten Regelung bringt der vorliegende Bebauungsplan zum Ausdruck, dass nur solche Nutzungsarten ausnahmsweise zugelassen werden können, die in den Festsetzungen positiv aufgeführt sind. Hätte die Beigeladene zu 2. entsprechend § 1 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauNVO die Regelung in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO insgesamt zum Gegenstand der Festsetzungen im Gewerbegebiet machen wollen‚ hätte keine Veranlassung bestanden‚ Wohnungen im Sinn von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO in den beiden Gewerbegebieten und Anlagen für kirchliche Zwecke im eingeschränkten Gewerbegebiet ausdrücklich für ausnahmsweise zulässig zu erklären. Dass der Bebauungsplan Vergnügungsstätten ausdrücklich ausgeschlossen hat, steht dieser Auslegung nicht entgegen, weil es sich bei dieser Nutzungsart im Mischgebiet ebenso wie bei den Tankstellen im Misch- und Gewerbegebiet um allgemein und nicht nur ausnahmsweise zulässige Nutzungsarten handelt. Obwohl eine entsprechende Willensbildung des Stadtrats den Planaufstellungsakten nicht zu entnehmen ist‚ ergibt sich aus dem objektiven Erklärungsinhalt des Bebauungsplans (zu den Auslegungsmethoden von Rechtsnormen z. B. Jarass in Jarass/Pieroth‚ GG‚ 13. Aufl. 2014‚ Einleitung 5 ff.)‚ dass mit der ausdrücklichen Aufzählung zur ausnahmsweisen Zulässigkeit bestimmter Nutzungen zugleich die generelle Unzulässigkeit der übrigen Nutzungen verfügt war‚ was die Beigeladene zu 2. nunmehr auch bestätigt hat. Diese Auslegung ist auch mit § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO vereinbar. Nach dieser Vorschrift kann im Bebauungsplan festgesetzt werden‚ dass alle oder einzelne Ausnahmen‚ die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind‚ nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden. Daraus folgt nach Auffassung des Senats allerdings keine Verpflichtung der Gemeinde‚ alle nicht erwünschten Nutzungen durch ausdrückliche Festsetzung auszuschließen. Vielmehr reicht es aus‚ dass durch die Festsetzung der Zulässigkeit von in § 8 Abs. 3 BauNVO genannten Ausnahmen (hier: Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO beschränkt auf Anlagen für kirchliche Zwecke und generell Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) umgekehrt zum Ausdruck kommt‚ dass die übrigen dort genannten Ausnahmen nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden und damit unzulässig sind. Ob ausreichende städtebauliche Gesichtspunkte für die Privilegierung der kirchlichen Anlagen im eingeschränkten Gewerbegebiet sowie den Ausschluss von den in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen im Gewerbegebiet vorgelegen haben, lässt sich den Planungsakten nicht entnehmen. Allerdings sind etwaige Abwägungsfehler nach § 215 BauGB a. F. wegen Ablaufs der Siebenjahresfrist unbeachtlich geworden. Dafür, dass das Abwägungsergebnis schlechthin unvertretbar wäre, gibt es keine Anhaltspunkte.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Tatsache‚ dass im Erdgeschoss des Gebäudes am P. ... eine Heilpädagogische Tagesstätte für Kinder betrieben wird. Abgesehen davon‚ dass in der diesbezüglichen Baugenehmigung vom 12. Juni 2012 lediglich von einer „Brandschutzsanierung der Frühförderung …“ die Rede und damit zweifelhaft ist‚ ob für die Nutzungsänderung des früher gewerblich genutzten Gebäudes in eine Anlage für soziale Zwecke eine Baugenehmigung vorliegt‚ hat der damalige Stadtbaumeister der Beigeladenen zu 2. mit Schreiben vom 6. Februar 2012 an die Genehmigungsbehörde lediglich festgestellt‚ dass das Bauvorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans entspreche. Aus dieser Erklärung kann weder entnommen werden‚ dass die Nutzungsänderung selbst genehmigt werden sollte‚ noch kann daraus auf eine Willensbildung des Stadtrates bei Aufstellung des Bebauungsplans dahingehend geschlossen werden‚ dass Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise zulässig sein sollen.

Steht somit fest‚ dass in dem Gewerbegebiet Anlagen für soziale Zwecke insgesamt wirksam ausgeschlossen sind‚ so ist auch die während des Berufungszulassungsverfahrens im Bescheid vom 18. Dezember 2014 sowohl auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB als auch auf § 246 Abs. 10 BauGB gestützte Befreiung rechtswidrig (zur Einbeziehung in das Zulassungsverfahren z. B. Schmidt in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Aufl. 2014‚ § 113 Rn. 53 ff. m. w. N.). Nach letzterer Vorschrift kann in Gewerbegebieten für Aufnahmeeinrichtungen‚ Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden‚ wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an den Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm‚ weil nach dem oben Gesagten an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke nicht als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind. Auch der vom Landratsamt unternommene Versuch‚ die Befreiung über § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zu rechtfertigen‚ ist zum Scheitern verurteilt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 246 Abs. 10 BauGB ist dieser für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2019 für die dort im Einzelnen aufgeführten Einrichtungen in Gewerbegebieten als lex specialis zu § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB anzusehen. Der Gesetzgeber wollte ersichtlich in Ansehung der Tatsache‚ dass Anlagen für Asylbegehrende von der herrschenden Rechtsprechung (s. o.) als Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter angesehen werden‚ die grundsätzlich im Gewerbegebiet unzulässig sind und für die auch eine Befreiung wegen des Widerspruchs zu den Grundzügen der Planung nicht erteilt werden konnte‚ in Ergänzung zu § 31 Abs. 2 BauGB einen befristeten Privilegierungstatbestand für derartige Unterkünfte in Gewerbegebieten schaffen‚ die im Einzelfall einer sozialen Einrichtung mit wohnähnlicher Nutzung gegenüber offen sind (s. Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrats über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen, BT-Drs. 18/2752). Der Gesetzgeber geht offensichtlich davon aus‚ dass nur unter diesen engen Voraussetzungen und unter Beachtung der Befristung der Regelung bis zum 31. Dezember 2019 die - in § 246 Abs. 10 BauGB im Gegensatz zu § 31 Abs. 2 BauGB nicht genannten - Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Das bedeutet aber auch‚ dass bei Nichtvorliegen einzelner Tatbestandsvoraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht zurückgegriffen werden kann‚ weil die speziellere der allgemeinen Norm vorgeht (lex-specialis-Grundsatz). Nach alledem ist die im Bescheid vom 18. Dezember 2014 erteilte Befreiung rechtswidrig‚ da das hier fragliche Gewerbegebiet wegen des Ausschlusses im Bebauungsplan (s. o.) keinen für Anlagen für soziale Zwecke geeigneten Standort i. S. d. § 246 Abs. 10 BauGB darstellt. Da auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht zurückgegriffen werden kann, widerspricht die im Bescheid vom 16. Dezember 2014 enthaltene Rechtsauffassung‚ wegen der ausgesprochenen dreijährigen Befristung der Baugenehmigung seien die Grundzüge der Planung nicht berührt, der in § 246 Abs. 10 BauGB zum Ausdruck kommenden Entscheidung, dass die Unterbringung von Asylbegehrenden ausschließlich in für wohnähnliche Nutzungen offenen Gewerbegebieten nur unter den dort genannten Voraussetzungen zeitlich befristet mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein kann.

2. Nach alledem weist der Fall auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

3. Die Rechtssache ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

3.1 Die vom Beklagten aufgeworfene Frage der Gebietsverträglichkeit einer als Anlage für soziale Zwecke einzustufenden Unterkunft für Asylbegehrende in einem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO stellt sich im vorliegenden Verfahren bereits deshalb nicht‚ weil nach dem unter Nr. 1 Gesagten Anlagen für soziale Zwecke in dem hier einschlägigen Bebauungsplan generell ausgeschlossen sind und sich somit die Frage‚ ob Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Nutzung im Einzelfall zulässig sein können‚ von vornherein nicht stellt. Die insoweit allein entscheidungserhebliche Frage‚ ob § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO für den Ausschluss bestimmter grundsätzlich ausnahmsweise zulässiger Nutzungen eine ausdrückliche Regelung im Bebauungsplan verlangt‚ wurde nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

3.2 Nicht entscheidungserheblich im vorliegenden Fall ist deshalb auch die vom Beklagten aufgeworfene Frage nach dem „Umfang der von § 246 Abs. 10 BauGB neu geschaffenen Befreiungsmöglichkeit im Hinblick auf zahlreiche weitere Genehmigungs- und Gerichtsverfahren“‚ weil die Norm die Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke im Bebauungsplan voraussetzt‚ was hier nicht der Fall ist.

Der Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen‚ weil sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Wird im Flächennutzungsplan das allgemeine Maß der baulichen Nutzung dargestellt, genügt die Angabe der Geschossflächenzahl, der Baumassenzahl oder der Höhe baulicher Anlagen.

(2) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung bestimmt werden durch Festsetzung

1.
der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen,
2.
der Geschossflächenzahl oder der Größe der Geschossfläche, der Baumassenzahl oder der Baumasse,
3.
der Zahl der Vollgeschosse,
4.
der Höhe baulicher Anlagen.

(3) Bei Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan ist festzusetzen

1.
stets die Grundflächenzahl oder die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen,
2.
die Zahl der Vollgeschosse oder die Höhe baulicher Anlagen, wenn ohne ihre Festsetzung öffentliche Belange, insbesondere das Orts- und Landschaftsbild, beeinträchtigt werden können.

(4) Bei Festsetzung des Höchstmaßes für die Geschossflächenzahl oder die Größe der Geschossfläche, für die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen im Bebauungsplan kann zugleich ein Mindestmaß festgesetzt werden. Die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen können auch als zwingend festgesetzt werden.

(5) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung für Teile des Baugebiets, für einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile und für Teile baulicher Anlagen unterschiedlich festgesetzt werden; die Festsetzungen können oberhalb und unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden.

(6) Im Bebauungsplan können nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen von dem festgesetzten Maß der baulichen Nutzung vorgesehen werden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für einen bordellartigen Betrieb in .... Hilfsweise begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr bei bzw. in einem näher bezeichneten Zeitraum vor dem Inkrafttreten der während des Berufungsverfahrens erlassenen Veränderungssperre ein Anspruch auf Neubescheidung ihres Bauantrags zustand.

2

Auf dem Vorhabengrundstück wurde in den 1960er Jahren ein siebengeschossiges Gebäude errichtet, das als Hauptfiliale einer Handelskette für Foto- und Radiogeräte genutzt wurde. Im Bebauungsplan aus dem Jahre 1993 war das Grundstück als Kerngebiet festgesetzt, Wohnungen oberhalb des ersten Vollgeschosses waren allgemein zulässig. Angestoßen durch Pläne, auf dem Grundstück ein neues Büro- und Geschäftsgebäude zu errichten, beschloss das zuständige Bezirksamt des Beklagten im Jahre 1995 die Aufstellung eines Änderungs-Bebauungsplans, der im Jahre 2006 für rechtsverbindlich erklärt wurde. Er weist das Grundstück ebenfalls als Kerngebiet aus, lässt aber einen geänderten Baukörper mit bis zu acht Vollgeschossen zu. Nach den textlichen Festsetzungen des Änderungs-Bebauungsplans sind im Kerngebiet Spielhallen unzulässig, in der ersten Ebene unter der Geländeoberfläche sind nur Einzelhandelsbetriebe und Tiefgaragen zulässig, Wohnungen sind oberhalb des sechsten Vollgeschosses allgemein zulässig.

3

Bereits vor Inkrafttreten des Änderungs-Bebauungsplans - im Jahre 2005 - meldete die Foto- und Radio-Handelskette Insolvenz an; in das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss des bestehenden Gebäudes zog ein Erotikkaufhaus mit angeschlossenem Kino ein. In der Umgebung des Vorhabengrundstücks findet Straßenprostitution statt.

4

Im Mai 2007 beantragte die Klägerin eine Baugenehmigung für die Änderung der Nutzung des zweiten bis fünften Obergeschosses des bestehenden Gebäudes in ein "Laufhaus/Zimmervermietung/bordellartiger Betrieb". Nach den Eingabeplänen sind 48 Zimmer vorgesehen, die an Prostituierte vermietet werden, die in den Öffnungszeiten (11 bis 6 Uhr) jeweils vor den Zimmern auf ihre Kunden warten. Das Bezirksamt lehnte den Bauantrag ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Versagungsgegenklage der Klägerin abgewiesen, weil das Vorhaben im Kerngebiet gegen das in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte Rücksichtnahmegebot verstoße. Es führe zu einem sog. Trading-Down-Effekt des gesamten Gebiets mit der Folge einer Verdrängung bereits ansässiger Betriebe und der Wohnbevölkerung. Mit dem Laufhaus komme aufgrund seiner Größe Prostitution in einem Umfang hinzu, der angesichts der bereits vorhandenen Belastung des Baugebiets nicht mehr tragbar sei.

6

Während des Berufungszulassungsverfahrens - im Mai 2011 - beschloss das zuständige Bezirksamt des Beklagten die Aufstellung des Bebauungsplans 7-50B, mit dem das Vorhabengrundstück sowie weitere, daran angrenzende Grundstücke nunmehr als Mischgebiet ausgewiesen werden sollten. Im September 2011 erließ das Bezirksamt eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplan-Entwurfs, die am 1. Oktober 2011 in Kraft trat.

7

Trotz der Veränderungssperre hielt die Klägerin an der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Berufung fest. Sie stellte sich auf den Standpunkt, dass die Zeit der rechtswidrigen Verzögerung und Versagung der Baugenehmigung entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre anzurechnen sei mit der Folge, dass die Veränderungssperre ihr gegenüber jedenfalls seit Januar 2012 hinfällig geworden sei. Die Klägerin beantragte, den Beklagten zu verpflichten, ihr die beantragte Nutzungsänderung zu genehmigen, hilfsweise, unter anderem festzustellen, dass der Beklagte bei bzw. in der Zeit vom 13. Februar 2008 bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre verpflichtet war, über ihren Bauantrag erneut zu entscheiden.

8

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung im Hauptantrag abgewiesen, in den Hilfsanträgen hat es ihr stattgegeben. Im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung könne die Klägerin weder die Erteilung der beantragten Baugenehmigung noch eine erneute Entscheidung darüber beanspruchen, denn die Veränderungssperre stehe der beabsichtigten Nutzungsänderung entgegen. Sie sei auch nicht in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB gegenüber der Klägerin unwirksam geworden, weil dies voraussetze, dass die - hier nicht gegebenen - Voraussetzungen für eine förmliche Zurückstellung und der Erlass einer Veränderungssperre vorliegen. Erfolg hätten dagegen die Hilfsanträge der Klägerin. Der Beklagte sei bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre verpflichtet gewesen, die Sache hinsichtlich der noch fehlenden Prüfung des Brandschutznachweises spruchreif zu machen und auf dieser Grundlage über die Erteilung der Baugenehmigung zu entscheiden. Das in einem Kerngebiet allgemein zulässige und mit dessen Gebietscharakter vereinbare Vorhaben sei nicht nach § 15 BauNVO unzulässig. Ein Rückgriff auf § 15 BauNVO sei dem Beklagten verwehrt, soweit die Unzulässigkeit damit begründet werde, es komme durch das Zusammentreffen des geplanten Laufhauses mit dem bereits vorhandenen Erotikkaufhaus und -kino sowie der Straßenprostitution zu einer der planerischen Konzeption widersprechenden Strukturveränderung in Richtung auf einen "Rotlichtbezirk". Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift sei nur eröffnet, wenn der Bebauungsplan bestimmte Konflikte in rechtmäßiger Weise habe offen lassen dürfen. Betroffenheiten, die der Plangeber in den Blick habe nehmen müssen, weil sie zum notwendigen Abwägungsprogramm gehören, und die sich als eine typische planbedingte Folge darstellen, könnten demgegenüber nicht mehr Gegenstand einer Nach- bzw. Feinsteuerung durch die Anwendung des § 15 BauNVO sein, denn sie seien durch die getroffene Abwägungsentscheidung gleichsam aufgezehrt. Die durch die störende Häufung des Prostitutions- und Sexgewerbes möglichen Nutzungskonflikte hätten vorliegend auf der Hand gelegen und zum Gegenstand der planerischen Abwägung gemacht werden müssen.

9

Beide Beteiligte haben von dem - hinsichtlich der Entscheidung über den Hauptantrag vom Oberverwaltungsgericht und hinsichtlich der Entscheidung über die Hilfsanträge vom Senat zugelassenen - Rechtsmittel der Revision Gebrauch gemacht.

10

Am 21. Dezember 2012 wurde die Verordnung über die Festsetzung des Bebauungsplans 7-50B verkündet. Als Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung ist der Tag nach der Verkündung bestimmt.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässigen Revisionen der Klägerin und des Beklagten sind jeweils teilweise begründet. Dem Berufungsurteil ist teils aufgrund einer während des Revisionsverfahrens eingetretenen Rechtsänderung die Grundlage entzogen, teils steht es mit Bundesrecht nicht im Einklang. Da der Senat in der Sache nicht selbst entscheiden kann, ist das Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

12

1. Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet, weil mit der Verkündung der Verordnung über die Festsetzung des Bebauungsplans 7-50B eine Rechtsänderung eingetreten ist, die zu berücksichtigen der Senat einerseits verpflichtet ist, auf deren Grundlage er andererseits aber nicht in der Lage ist, über den von der Klägerin geltend gemachten Verpflichtungsanspruch selbst abschließend zu entscheiden.

13

Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage im Hauptantrag mit der Begründung abgewiesen, dass die während des Berufungszulassungsverfahrens erlassene Veränderungssperre der begehrten Nutzungsänderung entgegenstehe. Dieser Begründung ist die Grundlage dadurch entzogen, dass der Beklagte den durch die Veränderungssperre gesicherten Bebauungsplan 7-50B während des Revisionsverfahrens in Kraft gesetzt hat. Mit der das Planungsverfahren abschließenden Verkündung der Verordnung über die Festsetzung dieses Bebauungsplans (GVBl Berlin 2012 S. 526) ist die Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 5 BauGB außer Kraft getreten; auf die Wirksamkeit des mit der Verkündung in Kraft gesetzten Bebauungsplans kommt es insoweit nicht an (Beschluss vom 28. Februar 1990 - BVerwG 4 B 174.89 - Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 3). Eine gegenüber der Klägerin wirksame Veränderungssperre lag folglich im Zeitpunkt der Revisionsentscheidung nicht mehr vor. Diese Rechtsänderung ist vom Revisionsgericht zu beachten, weil sie auch die Vorinstanz berücksichtigen müsste, wenn sie jetzt entschiede (vgl. Urteil vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 m.w.N.).

14

Ob der Klägerin nach Bekanntmachung des Bebauungsplans 7-50B ein Anspruch auf Genehmigung der beantragten Nutzungsänderung zusteht (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), kann der Senat nicht selbst abschließend entscheiden. In dem nunmehr festgesetzten Mischgebiet ist das Vorhaben der Klägerin gemäß § 30 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig, weil ein bordellartiger Betrieb - unabhängig davon, ob er als sonstiger Gewerbebetrieb im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO oder als Vergnügungsstätte im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO einzuordnen ist - mit der im Mischgebiet ebenfalls zulässigen Wohnnutzung unverträglich ist (allgemeine Meinung, vgl. z.B. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, Anm. 2.1 zu § 6 m.w.N. zur obergerichtlichen Rechtsprechung) und er deshalb den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht. Voraussetzung dieser Unzulässigkeits-Rechtsfolge ist allerdings, dass die Mischgebietsausweisung wirksam ist. Die Beurteilung der Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans ist grundsätzlich Aufgabe der Tatsachengerichte und dem Revisionsgericht vorliegend verwehrt. Der Senat kann die Rechtswirksamkeit der Mischgebietsausweisung auch nicht im Sinne einer alternativen Prüfung offen lassen. Wäre die Mischgebietsausweisung rechtswidrig und unwirksam, beurteilte sich die Zulässigkeit der beantragten Nutzungsänderung nach den Festsetzungen des Vorgänger-Bebauungsplans aus dem Jahre 2006. Ob dieser Bebauungsplan seinerseits rechtswirksam ist, kann der Senat wiederum nicht abschließend beurteilen. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass dieser Bebauungsplan wegen eines Verstoßes gegen das Konfliktbewältigungsgebot rechtswidrig, aber "im Hinblick auf die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214, 215 BauGB als wirksam zugrunde zu legen" sei. Andere mögliche Rechtsfehler des Bebauungsplans hat es indes nicht geprüft. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass auch der Änderungs-Bebauungsplan aus dem Jahre 2006 wegen anderer Rechtsverstöße unwirksam ist mit der Folge, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach dem Bebauungsplan aus dem Jahre 1993 zu beurteilen wäre. Auch über dessen Rechtswirksamkeit könnte der Senat - infolge Fehlens entsprechender Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - nicht abschließend befinden. Als Zulässigkeitsmaßstab für die beantragte Nutzungsänderung käme deshalb letztlich auch § 34 Abs. 1 oder 2 BauGB in Betracht. Die Anwendbarkeit des Rücksichtnahmegebots hat das Oberverwaltungsgericht zwar für den Änderungs-Bebauungsplan 2006, nicht aber für den Bebauungsplan 1993 oder für § 34 BauGB ausgeschlossen. Selbst unter Zugrundelegung der - wie sogleich zu zeigen sein wird: unzutreffenden - Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass § 15 Abs. 1 BauNVO aufgrund einer rechtswidrig unterbliebenen Konfliktbewältigung im Änderungs-Bebauungsplan 2006 "aufgezehrt" worden sei, könnte deshalb die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens von den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots abhängen. Tatsächliche Feststellungen hierzu hat das Oberverwaltungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht getroffen. Auf die vom Verwaltungsgericht festgestellten Tatsachen kann der Senat nicht zurückgreifen, weil das Oberverwaltungsgericht nicht zu erkennen gegeben hat, dass es sich diese Feststellungen zu Eigen gemacht hätte (vgl. hierzu z.B. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 144 Rn. 18). Der Senat muss deshalb offen lassen, ob das klägerische Vorhaben auch im Falle der Unwirksamkeit der Mischgebietsausweisung unzulässig ist. Die hierfür erforderlichen Feststellungen wird das Oberverwaltungsgericht nachzuholen haben.

15

2. Die Revision des Beklagten ist ebenfalls teilweise begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht auf die Hilfsanträge der Klägerin hin festgestellt hat, dass der Beklagte bei bzw. in einem näher bezeichneten Zeitraum vor Inkrafttreten der Veränderungssperre zur Bescheidung verpflichtet war. Revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden ist zwar die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die durch eine störende Häufung des Prostitutions- und Sexgewerbes möglichen Nutzungskonflikte hätten bereits auf der Planungsebene bewältigt werden müssen. Bundesrechtswidrig ist jedoch die hieraus gezogene Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts, dass dem Beklagten wegen der fehlerhaft unterbliebenen planerischen Konfliktbewältigung ein Rückgriff auf § 15 Abs. 1 BauNVO verwehrt sei.

16

a) Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die durch eine störende Häufung des Prostitutions- und Sexgewerbes möglichen Nutzungskonflikte hätten vorliegend auf der Hand gelegen und bereits auf der Planungsebene bewältigt werden müssen, beruht nicht auf einer Verkennung von Bundesrecht.

17

Das im Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB wurzelnde Gebot der Konfliktbewältigung verlangt, dass jeder Bebauungsplan grundsätzlich die von ihm selbst geschaffenen oder ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, indem die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden. Die Planung darf nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zu Lasten Betroffener letztlich ungelöst bleiben (Beschluss vom 14. Juli 1994 - BVerwG 4 NB 25.94 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 75 S. 11 m.w.N.). Dies schließt eine Verlagerung von Problemlösungen aus dem Bauleitplanverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln indes nicht aus. Festsetzungen eines Bebauungsplans können auch Ausdruck einer "planerischen Zurückhaltung" sein (Urteil vom 5. August 1983 - BVerwG 4 C 96.79 - BVerwGE 67, 334 <338> m.w.N.). Davon ist grundsätzlich auch im Hinblick auf Interessenkonflikte, die auf der Grundlage der Festsetzungen des Bebauungsplans im Einzelfall auftreten können, auszugehen. Dabei kommt dem in § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltenen Rücksichtnahmegebot eine besondere Bedeutung zu. Es ergänzt die Festsetzungen des Bebauungsplans und bewirkt im Ergebnis, dass ein Bebauungsplan nicht schon deshalb als unwirksam angesehen werden muss, weil er selbst noch keine Lösung für bestimmte Konfliktsituationen enthält (Beschluss vom 6. März 1989 - BVerwG 4 NB 8.89 - Buchholz 406.11 § 30 BBauG/BauGB Nr. 27 S. 2). Die Gemeinde kann sich im Rahmen ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung grundsätzlich deshalb auch mit der Festsetzung eines Baugebiets begnügen (Urteil vom 11. März 1988 - BVerwG 4 C 56.84 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG Nr. 30 S. 4 ff.). Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung auf die Ebene des Planvollzugs sind allerdings überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offen gelassene Interessenkonflikt in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht wird lösen lassen (Urteil vom 11. März 1988 a.a.O. und Beschluss vom 14. Juli 1994 a.a.O.). Im Übrigen richtet sich das erforderliche Maß der Konkretisierung der planerischen Festsetzungen danach, was nach den Umständen des Einzelfalls für die städtebauliche Ordnung erforderlich ist und dem Gebot gerechter Abwägung der konkret berührten privaten Interessen und öffentlichen Belange entspricht (Urteil vom 11. März 1988 a.a.O.). Je intensiver der Widerspruch zwischen plangemäßer Nutzung und Umgebungsnutzung wird, desto höhere Anforderungen sind auch an die Konfliktbewältigung im Rahmen der Bauleitplanung und damit an den Detaillierungsgrad der jeweiligen Festsetzungen zu stellen.

18

Von diesen rechtlichen Maßstäben hat sich das Oberverwaltungsgericht leiten lassen. Es hat festgestellt, dass der Bebauungsplan Wohnnutzung und kerngebietstypische Nutzungen in mehrfacher Hinsicht unmittelbar nebeneinander zulasse. Zudem seien dem Plangeber die bereits seit Jahrzehnten in wechselndem Ausmaß betriebene Straßenprostitution mit entsprechenden Belastungen für die Wohnnutzung sowie die im Jahre 2006 hinzukommende Nutzung des Vorhabengrundstücks durch das Erotikkaufhaus und -kino bekannt gewesen. Hinzu komme, dass das die Planung anstoßende ursprüngliche Vorhaben eines Büro- und Geschäftshauses über Jahre hinweg nicht mehr verfolgt worden sei, und auch andere Pläne nicht weiterverfolgt worden seien. Unter Würdigung dieser Umstände ist das Oberverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass eine mögliche Strukturveränderung des Plangebiets zu einem "Rotlichtbezirk" bereits bei der Festsetzung des Änderungs-Bebauungsplans im Jahre 2006 auf der Hand gelegen habe und dass die sich hieraus ergebenden Nutzungskonflikte deshalb zur Vermeidung eines Abwägungsfehlers bereits im Rahmen der Planung hätten bewältigt werden müssen. Ein bundesrechtswidriges Rechtsverständnis liegt dieser Tatsachenwürdigung nicht zugrunde. Es ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte die konkreten Umstände anders würdigt.

19

b) Mit Bundesrecht nicht im Einklang steht demgegenüber die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO nur eröffnet sei, wenn der Bebauungsplan bestimmte Konflikte im Hinblick auf das Gebot der Konfliktbewältigung in rechtmäßiger Weise offen lassen durfte, während Konflikte, die zum notwendigen Abwägungsprogramm gehören, auch dann nicht über § 15 Abs. 1 BauNVO gelöst werden dürften, wenn sie auf der Planungsebene tatsächlich unbewältigt geblieben sind.

20

Eine Konfliktbewältigung auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots setzt nach ständiger Rechtsprechung des Senats voraus, dass der Bebauungsplan für sie noch offen ist (z.B. Beschluss vom 6. März 1989 a.a.O.). Daran fehlt es, wenn der in Frage stehende Nutzungskonflikt bereits auf der Ebene des Bebauungsplans abgewogen worden ist; in diesem Fall ist das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Festsetzungen des Bebauungsplans zugrunde liegenden Abwägung aufgegangen, es ist von der planerischen Abwägung gleichsam "aufgezehrt" (Beschluss vom 27. Dezember 1984 - BVerwG 4 B 278.84 - Buchholz 406.11 § 30 BBauG Nr. 21 S. 2 f.). Eine Konfliktbewältigung auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots ist ferner dann ausgeschlossen, wenn planerische Festsetzungen - ungeachtet einer bereits auf der Ebene der Bauleitplanung beabsichtigten Konfliktbewältigung - so weit konkretisiert sind, dass ein Ausgleich der durch die Planung aufgeworfenen Nutzungskonflikte im Baugenehmigungsverfahren auf eine Korrektur der planerischen Festsetzungen hinausliefe; je konkreter eine planerische Festsetzung, umso geringer ist der Spielraum für die Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO (Beschluss vom 6. März 1989 a.a.O. - Parkhaus -). In beiden Fällen hängen die für die Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO verbleibenden Spielräume mithin davon ab, inwieweit die Gemeinde bereits eine positive planerische Entscheidung getroffen hat. Nur für den Fall einer tatsächlich getroffenen planerischen Entscheidung bedarf die Gemeinde des Schutzes vor einer unzulässigen Korrektur ihrer Entscheidung auf der Vollzugsebene. In allen anderen Fällen ist der Bebauungsplan für eine Konfliktbewältigung im Baugenehmigungsverfahren auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots dagegen noch offen.

21

Löst der Bebauungsplan - wie vorliegend vom Oberverwaltungsgericht angenommen - von ihm aufgeworfene Konflikte nicht, obwohl ein Konfliktlösungstransfer unzulässig ist, so führt dies zur Fehlerhaftigkeit der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB. Ein solcher Abwägungsfehler wird - vorbehaltlich der Vorschriften über die Planerhaltung gemäß §§ 214, 215 BauGB - grundsätzlich zur (Voll- oder Teil-)Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen. Ein unwirksamer Bebauungsplan kann aber in Bezug auf das Rücksichtnahmegebot keine Sperrwirkung erzeugen. Es kommt dann darauf an, ob infolge der Unwirksamkeit des Bebauungsplans ein gegebenenfalls früherer Bebauungsplan wieder Geltung beansprucht, ob dieser seinerseits wirksam ist und ob er nunmehr in Bezug auf das Gebot der Rücksichtnahme in der konkreten Situation Sperrwirkung entfaltet. Ist letzteres nicht der Fall oder liegt überhaupt kein wirksamer Bebauungsplan vor, gibt es mithin keine planerische Entscheidung der Gemeinde, die des Schutzes vor einer unzulässigen Korrektur auf der Vollzugsebene bedarf, ist das Rücksichtnahmegebot, nach Maßgabe der vom Senat entwickelten Grundsätze (z.B. Urteil vom 29. November 2012 - BVerwG 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145 Rn. 16), anwendbar.

22

Nichts anderes kann gelten, wenn ein abwägungsfehlerhafter Bebauungsplan - wie hier vom Oberverwaltungsgericht, allerdings ohne jegliche Begründung, angenommen - im Hinblick auf die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214, 215 BauGB wirksam bleibt. Auch im Falle der Unbeachtlichkeit des Abwägungsfehlers hat eine planerische Konfliktbewältigung, durch die das Rücksichtnahmegebot "aufgezehrt" worden sein könnte, nicht stattgefunden. Auch in diesem Fall existiert keine planerische Entscheidung über die Bewältigung des Konflikts, die des Schutzes vor einer unzulässigen Korrektur auf der Vollzugsebene bedürfte. Die unterbliebene planerische Konfliktlösung wird durch die Planerhaltungsvorschriften auch nicht etwa fingiert. Ein mangels planerischer Konfliktbewältigung zwar rechtsfehlerhafter, aber in seiner Geltung erhaltener Bebauungsplan ist deshalb für eine Konfliktbewältigung auf der Vollzugsebene grundsätzlich ebenfalls noch offen. Die vom Oberverwaltungsgericht vertretene gegenteilige Auffassung liefe zudem auf einen Wertungswiderspruch hinaus: Ist ein Bebauungsplan in beachtlicher Weise abwägungsfehlerhaft und deshalb unwirksam, ist das Rücksichtnahmegebot - wie dargelegt - grundsätzlich anwendbar mit der Folge, dass der Nutzungskonflikt im Baugenehmigungsverfahren bewältigt werden kann. Ist der Abwägungsfehler demgegenüber aufgrund der Planerhaltungsvorschriften unbeachtlich, bliebe der Nutzungskonflikt unter Zugrundelegung der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts gänzlich unbewältigt. Das im Rücksichtnahmegebot aufgefangene nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis kann indes nicht von dem aus Sicht des betroffenen Nachbarn gleichsam zufälligen Umstand der Planerhaltung abhängen.

23

Einer Konfliktbewältigung im Baugenehmigungsverfahren steht vorliegend auch der Konkretisierungsgrad der planerischen Festsetzungen nicht entgegen, denn der Plangeber hat hinsichtlich der streitgegenständlichen Nutzung - bordellartiger Betrieb - keine Festsetzungen getroffen, sondern es schlicht bei dem Nutzungskatalog des § 7 BauNVO belassen. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dem Beklagten sei vorliegend ein Rückgriff auf § 15 Abs. 1 BauNVO verwehrt, ist deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mit Bundesrecht vereinbar.

24

c) Auch insoweit kann der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 VwGO). Dies gilt bereits deshalb, weil die Erfolgsaussichten der Hilfsanträge vom Erfolg des Hauptantrags abhängen, über die das Oberverwaltungsgericht erneut zu entscheiden hat. Im Übrigen fehlen - wie dargelegt - auch hinreichende tatrichterliche Feststellungen, die eine abschließende Prüfung des Rücksichtnahmegebots erlauben.

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

2. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

3.Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. ... der Gemarkung .... Südöstlich davon befindet sich das ebenso wie das Antragstellergrundstück mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung ... der Beigeladenen. Beide Grundstücke liegen im Bereich des Bebauungsplans Nr. ... - der Antragsgegnerin, welcher ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Für den Bereich der Grundstücke Fl. Nr.. ... und ... wird u. a. eine (für das im Bebauungsplan noch ungeteilte Gesamtgrundstück) einheitliche Baugrenze festgesetzt, als höchstzulässige Firsthöhe 11 m, eine Geschossflächenzahl von 0,5 und eine Grundflächenzahl von 0,3 sowie zwei Wohnungen.

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. Oktober 2015 wurde die am 12. August 2015 beantragte Baugenehmigung zur Aufstockung des vorhandenen Einfamilienwohnhauses mit Einbau einer zweiten Wohnung und Anbau eines Treppenhauses und Wintergartens auf dem Beigeladenengrundstück erteilt unter folgenden Befreiungen:

„3.1 Überschreitung der Baugrenze im Südwesten um bis zu 2,15 m mit dem Anbau über drei Geschosse

3.2 Überschreitung der Baugrenze im Südosten um 2,50 m mit dem erdgeschossigen Wintergarten

3.3 Grundflächenzahl einschließlich Nebenanlagen beträgt 0,464 statt 0,450

3.4 Geschossflächenzahl beträgt 0,525 statt 0,50“

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 6. November 2015 ließen die Antragsteller gegen die ihnen am 7. Oktober 2015 zugestellte Baugenehmigung Klage erheben.

Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2015 ließen die Antragsteller Antrag nach den §§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO stellen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Baugenehmigung sei rechtswidrig, das genehmigte Bauvorhaben sei nicht genehmigungsfähig, da es erheblich von den Vorgaben des Bebauungsplanes abweiche. Die Voraussetzungen für die nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilten Befreiungen lägen nicht vor. Das Vorhaben sei städtebaulich nicht vertretbar und die nachbarlichen Interessen stünden einer Abweichung entgegen. Wesentliche Gesichtspunkte habe die Bauordnungsbehörde im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt.

Das Kriterium der Atypik sei nicht gegeben. Eine bodenrechtliche Sonderlage des von der Ausnahme betroffenen und zu bebauenden Grundstücks sei nicht ersichtlich und sei von der Bauordnungsbehörde auch mit keiner Silbe erwähnt worden. Vielmehr werde die Befreiung auf Gründe gestützt, die für jedes Grundstück im Planbereich nahezu gleichermaßen gelten könnten.

Die Abweichung in Gestalt der erteilten Befreiung sei mit den nachbarlichen Interessen der Antragsteller und damit den öffentlichen Belangen im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB nicht vereinbar. Durch die genehmigte Umplanung sei mit einer noch größeren Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke zu rechnen. Diese äußere sich in einer noch längeren Verschattung sowie in noch geringerem Lichteinfall. Durch das genehmigte Bauvorhaben sei die Belichtung und Belüftung des Antragstellergrundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Die Firsthöhe des genehmigten Bauvorhabens von ca. 11 m sorge für eine unzumutbare Beschattung des Antragstellergrundstücks und damit sei auch eine Verschlechterung der Wohnqualität verbunden. Dies führe zu einer deutlichen Wertminderung des Antragstellergrundstücks.

Die im nordwestlichen Grundstücksteil eingezeichneten Stellflächen seien nicht nutzbar, da diese von der Straße aus nicht befahrbar seien. Vor der eingezeichneten Einfahrt befinde sich auf öffentlichem Grund ein Baum, weiterhin sei dort ein öffentlicher Stellplatz vorhanden. Durch die Realisierung der geplanten Einfahrt würden sowohl öffentliche Begrünung als auch öffentliche Parkplätze wegfallen. Gleiches gelte für die bereits bestehende Garage. Aktuell sei diese nicht befahrbar. Eine Zufahrt straßenseitig sei aus den genannten Gründen nicht möglich.

Völlig unberücksichtigt habe die Bauordnungsbehörde im Rahmen der von ihr getroffenen Ermessensentscheidung den Umstand gelassen, dass durch die Genehmigung des Bauvorhabens ein Negativbeispiel für das betroffene Baugebiet geschaffen werde. Im Wesentlichen sei das Baugebiet ... mit Einfamilien- und Doppelhäusern bebaut, welche eine eingeschossige Bauweise mit ausgebautem Dachgeschoss aufwiesen. Häuser mit zwei Vollgeschossen stellten eine Minderheit dar. Es sei zu befürchten, dass eine erhebliche Anzahl von Nachahmern nicht lange auf sich warten lasse. Der Charakter des Baugebiets im eher ländlichen Bereich von ... werde zerstört, der vorhandene Bebauungsplan funktionslos.

Die Antragsteller seien in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung des Baugebiets und in ihren sich aufgrund ihrer qualifizierten und individualisierten Betroffenheit aus dem Rücksichtnahmegebot des § 15 BauNVO hergeleiteten Rechten verletzt.

Es wird beantragt:

Die aufschiebende Wirkung der am 6. November 2015 erhobenen Klage der Antragsteller gegen den Bescheid der Stadt ... vom 2. Oktober 2015 (AN 3 K 15.02195) wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin beantragt

Antragsablehnung.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die erteilten Befreiungen beträfen keine drittschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans. Festsetzungen zum Maße der baulichen Nutzung bzw. zur überbaubaren Grundstücksfläche erfolgten im Allgemeinen aus städtebaulichen Gründen und seien daher in der Regel nicht nachbarschützend.

Vorliegend fänden sich keinerlei Anhaltspunkte im Bebauungsplan oder der Begründung, dass die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung bzw. zur überbaubaren Grundstücksfläche sowie zu den im Bebauungsplan festgesetzten öffentlichen Stellplätzen auch den Schutz der Nachbarn bezweckten.

Auch eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme durch die erteilten Befreiungen sei nicht erkennbar. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass aus tatsächlichen Gründen das Rücksichtnahmegebot im Regelfall nicht verletzt sei, wenn, wie vorliegend, die Abstandsflächenvorschriften eingehalten würden. Allenfalls bei einer deutlichen Überdimensionierung des Bauvorhabens könne bei Einhaltung der Abstandsflächen eine erdrückende Wirkung von diesem ausgehen. Das sei hier jedoch erkennbar nicht der Fall. Zwar sei das mögliche Maß der baulichen Nutzung durch das Vorhaben als ausgeschöpft, keinesfalls jedoch als überzogen zu betrachten. Vielmehr sei die Überschreitung der Grundflächenzahl sowie der Geschossflächenzahl geringfügig, so dass das Nachbaranwesen durch die Außenmaße des Bauvorhabens nicht erdrückt, eingemauert oder abgeriegelt werde.

Das Vorbringen der Antragsteller, dass die im nordwestlichen Grundstücksteil eingezeichnete Stellplatzfläche nicht nutzbar sei, da von der Straße aus nicht befahrbar und gleiches für die Garage gelte, könne schon deshalb nicht zum Erfolg führen, da jedenfalls das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nicht berührt sei. Im Übrigen habe die westliche Stellplatzzufahrt von der ... über den öffentlichen Stellplatz mit Zustimmung des Tiefbauamtes zugelassen werden können. Im Baugebiet herrsche kein Mangel an öffentlichen Stellplätzen. Der im östlichen Straßenrandstreifen vorhandene Baum werde durch die geplante Zufahrt nicht beeinträchtigt, da diese südlich davon verlaufe.

Auch das Argument der Antragsteller, das Bauvorhaben sei ein Negativbeispiel für das betroffene Baugebiet, Häuser mit zwei Vollgeschossen stellten im Baugebiet eine Minderheit dar und es sei zu befürchten, dass aufgrund einer erheblichen Anzahl von zu erwartenden Nachahmern der Charakter des Baugebiets zerstört werde und der vorhandene Bebauungsplan funktionslos würde, gehe ebenfalls ins Leere. Das Vorhaben widerspreche gerade im Hinblick auf die monierte Geschossigkeit nicht dem einschlägigen Bebauungsplan.

Zudem komme das Vorhaben, mit dem zusätzlicher Wohnraum durch Nachverdichtung geschaffen werde, den in Ziffer 2 der Begründung zum Bebauungsplan Nr. F209 genannten Planungszielen ausdrücklich entgegen.

Die Beigeladenen beantragen ebenfalls Antragsablehnung.

Zur Begründung lassen sie im Wesentlichen vortragen, dass es keinerlei Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Bebauungsplanfestsetzungen zum Maße der baulichen Nutzung Nachbarschutz vermitteln würden. Auch Anhaltspunkte für die Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens gegenüber den Antragstellern seien nicht gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.

II.

Streitgegenstand vorliegenden Antrags ist die Beseitigung der sofortigen Vollziehbarkeit der den Beigeladenen durch die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 2. Oktober 2015 erteilten Baugenehmigung für das Vorhaben „Aufstockung eines Einfamilienwohnhauses mit Einbau einer zweiten Wohnung, Anbau eines Treppenhauses und Wintergartens“ auf dem Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung ...

Die Anträge sind zulässig, jedoch nicht begründet.

In Fällen, in denen die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO dem Grundsatz nach gegebene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wie vorliegend durch ein Bundesgesetz ausgeschlossen ist (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 212a Abs. 1 BauGB), kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtzeitig erhobenen Klage anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht in einer dem Charakter des summarischen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechenden Weise die Interessen der Antragstellerseite und der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 80 Rn. 152), wobei vorrangig die bereits überschaubaren Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen sind.

Nach diesen Grundsätzen müssen die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen der Antragsteller ohne Erfolg bleiben.

Nach Überzeugung der Kammer haben die Klagen gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 keine so hinreichende Aussicht auf Erfolg, dass das kraft Gesetzes nach § 212a Abs. 1 BauGB bereits bestehende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Baugenehmigung ausnahmsweise zurücktreten müsste.

Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch sie zugleich in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies ist nur dann der Fall, wenn die zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führende Norm zumindest auch dem Schutze der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (vgl. z. B. BVerwG v. 6.10.1989 - 4 C 40.87 - juris).

Aufgrund der im vorliegenden Verfahren nur vorzunehmenden summarischen Überprüfung ist festzustellen, dass eine Rechtsverletzung der Antragsteller durch die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung aller Voraussicht nach nicht gegeben ist.

Die Antragsteller können sich voraussichtlich weder erfolgreich auf die Verletzung eines Gebietsprägungserhaltungsanspruchs (siehe unten 1.) noch auf eine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme (siehe unten 2.) berufen.

1. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, denn das Baugrundstück liegt im Bereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. F209.

Dieser setzt als Art der Nutzung ein allgemeines Wohngebiet fest, so dass das streitgegenständliche Wohnbauvorhaben allgemein zulässig ist nach § 4 Abs. 2 BauNVO.

Eine Verletzung des Anspruchs der Antragsteller auf Wahrung der Gebietsart scheidet demnach eindeutig aus.

Aller Voraussicht nach führt auch die Berufung der Antragsteller auf einen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO zu entnehmenden Abwehranspruch in Gestalt des sogenannten „speziellen Gebietsprägungserhaltungsanspruchs“ nicht zum Antragserfolg.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten Anlagen einzelfallig unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Gebietseigenart widersprechen.

Im Beschluss vom 13. Mai 2002, 4 B 86.01 - juris, hat das Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich ausgeführt, dass in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht nur das Gebot der Rücksichtnahme verankert ist, sondern auch ein Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg meint, dass § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO eine einzelfallbezogene „Feinabstimmung“ bezwecke, indem er Anlagen und Nutzungen, die nach der „Grobabstimmung“ der §§ 2 bis 14 BauNVO zulässig sind, unter den genannten Voraussetzungen als nicht genehmigungsfähig bewerte (VGH Baden-Württembergv. 27.7.2001 - 5 S 1093.00 - juris).

Nach diesem speziellen Gebietsprägungserhaltungsanspruch könnte ein allgemein oder ausnahmsweise zulässiges, also im Einklang mit den Vorgaben der Baunutzungsverordnung zur Gebietsart stehendes Vorhaben dennoch unzulässig sein wegen Widerspruchs des Vorhabens zur allgemeinen Zweckbestimmung des maßgeblichen Baugebiets (vgl. Decker, JA 2007, 55/57). Ein solch an sich zulässiges, aber gebietsunverträgliches Vorhaben könnte damit vom Nachbarn ohne konkrete und individuelle Betroffenheit abgewehrt werden.

Jedoch ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bereits die Existenz eines derartigen besonderen Gebietsprägungserhaltungsanspruchs umstritten (zweifelnd etwa BayVGH v. 9.10.2012 - 2 B 11.2653 - juris; offengelassen BayVGH v. 3.2.2014 - 9 CS 13.1916 - juris).

Jedenfalls könnte sich ein derartiger Anspruch alleine auf die Art der baulichen Nutzung im Sinne der Baunutzungsverordnung beziehen (vgl. BayVGH v. 3.2.2014 - 9 CS 13.1915 - juris; BVerwG v. 13.5.2002 - 4 B 86.01 - juris).

Abweichungen von das Nutzungsmaß betreffenden Festsetzungen lassen in der Regel den Gebietscharakter unberührt und haben lediglich Auswirkungen auf das Baugrundstück und die sich unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke. Zum Schutze der Nachbarn ist damit grundsätzlich das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichend. Ein darüber hinausgehender, von einer tatsächlichen Beeinträchtigung unabhängiger Anspruch auf Einhaltung der Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung ist regelmäßig nicht zu bejahen (vgl. BVerwG v. 23.6.1995 - 4 B 52.85 - juris).

Für Fälle (wie vorliegend gegeben), in denen ein Vorhaben bei typisierender Betrachtungsweise mit den §§ 2 ff. BauNVO vereinbar ist, käme wohl eine Unzulässigkeit aufgrund eines solch speziellen Gebietsprägungserhaltungsanspruchs ohnehin nur bei Gestaltungen in Betracht, in welchen die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung nach § 31 BauGB erfolgt. Ihrer Art nach allgemein im jeweiligen Baugebiet zulässige Vorhaben dürften in der Regel an einem derartigen Anspruch im Hinblick darauf nicht scheitern, da sie mit der Zweckbestimmung des Baugebiets in Einklang stehen (vgl. VG München v. 31.7.2014 - M 8 SN 14.2877 - juris).

Jedoch erscheint es der Kammer auch für den Fall einer erteilten Ausnahme oder Befreiung nach § 31 BauGB nicht zwingend erforderlich, auf einen Gebietsprägungserhaltungsanspruch zurückzugreifen, denn nach Auffassung des Gerichts wird dem Nachbarschutz in diesen Fällen durch die tatbestandlich geforderte Vereinbarkeit der Ausnahme oder Befreiung mit den nachbarlichen Belangen und des im Rahmen der zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigenden Gebotes der Rücksichtnahme ausreichend Rechnung getragen.

Etwas anders könnte ausnahmsweise allenfalls dann anzunehmen sein, wenn - in Ansehung des in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO genannten Kriteriums „Umfang“ - im Einzelfall „Quantität in Qualität“ umschlägt (vgl. VG München v. 31.7.2014 a. a. O.), d. h., wenn die Größe der baulichen Anlage die Zulässigkeit der Nutzungsart erfassen und beeinflussen kann (BayVGH v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2327).

Für diese Annahme ist es jedoch nötig, dass wegen der Dimensionen der Anlage eine neue Art der baulichen Nutzung ins Baugebiet hineingetragen wird.

Dies ist vorliegend nicht zu bejahen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Überschreitungen der im Bebauungsplan festgesetzten Maße sowie der Baugrenzen nur geringfügig sind.

Selbst bei Annahme der Existenz eines speziellen Gebietsprägungserhaltungsanspruchs wäre ein solcher - so das Ergebnis der im vorliegenden Eilverfahren durchgeführten summarischen Prüfung - aufgrund der tatsächlichen Größenentwicklung des streitgegenständlichen Vorhabens im Vergleich zu der nach Bebauungsplan zulässigen Bebauung vorliegend nicht verletzt.

2. Die Antragsteller werden durch das streitgegenständliche Vorhaben voraussichtlich auch nicht in dem drittschützenden Gebot der Rücksichtnahme verletzt, welches hinsichtlich der erteilten Befreiungen in § 31 Abs. 2 BauNVO seinen Niederschlag gefunden hat im Begriff der Würdigung nachbarlicher Interessen, im Übrigen § 15 Abs. 1 BauNVO zu entnehmen ist.

a) Grundsätzlich ist im Hinblick auf den im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB vermittelten Nachbarschutz zu unterscheiden, ob von einer drittschützenden oder einer nicht drittschützenden Bebauungsplanfestsetzung befreit wurde.

Handelt es sich um eine Befreiung von einer drittschützenden Festsetzung, so hat der Dritte einen Rechtsanspruch auf Einhaltung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB, bei Erteilung einer Befreiung von einer nicht drittschützenden Festsetzung hat der Nachbar hingegen nur ein subjektiv-öffentliches Recht auf Würdigung seiner Interessen unter Zugrundlegung der für das Rücksichtnahmegebot entwickelten Maßstäbe.

Vorliegend hat die Antragsgegnerin von Festsetzungen hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sowie der überbaubaren Grundstücksfläche befreit.

Durch derartige Festsetzungen werden die Planbetroffenen nicht in gleicher Weise zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ verbunden, wie dies das Bundesverwaltungsgericht für die die Art der baulichen Nutzung betreffenden Festsetzungen angenommen hat (vgl. dazu BVerwG v. 23.6.1995 - 4 B 52.95 - juris).

Ein nachbarlicher Interessenausgleich und damit Schutz durch Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und zur überbaubaren Grundstücksfläche ist nur ausnahmsweise bezweckt. Günstige Auswirkungen einer Festsetzung auf die Nachbargrundstücke reichen zur Annahme eines Nachbarschutzes nicht aus, vielmehr muss sich ein Wille der Gemeinde, solchen Festsetzungen (auch) nachbarschützende Wirkung zukommen zu lassen, mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan selbst, seiner Begründung oder aus sonstigen Unterlagen der planenden Gemeinde ergeben (vgl. z. B. BayVGH v. 19.11.2015 - 1 CS 15.2108 - juris, m. w. N.).

Ein solchermaßen eindeutig erkennbarer Wille der Antragsgegnerin (vgl. BayVGH v. 19.3.2013 - 2 B 13.99 - juris), dass die hier inmitten stehenden Festsetzungen dem Nachbarschutz dienen sollen, ist vorliegend nicht ersichtlich.

Auch aus Ziff. 4.1 der Begründung zum Bebauungsplan, in welcher u. a. ausgeführt wird, dass bei Verwirklichung von zwei Vollgeschossen flachgeneigte Satteldächer ohne Dachraumnutzung zulässig sind, für erdgeschossige Haustypen alternativ auch steilere Dächer mit Dachraumnutzung errichtet werden können, lässt sich entgegen der Auffassung der Antragsteller kein hinreichend deutlicher Wille der Plangeberin erkennen, dass den Bebauungsplanfestsetzungen zum Maße und zur überbaubaren Grundstücksfläche drittschützende Wirkung zukommen solle. Vielmehr ist mangels eindeutig erkennbarer Anhaltspunkte für einen derartigen Willen der Antragsgegnerin von rein städtebaulich begründeten, nicht dem Drittschutz dienenden Bebauungsplanfestsetzungen auszugehen.

Somit können sich die Antragsteller alleine auf das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme berufen.

Eine Verletzung dieses drittschützenden Rücksichtnahmegebots ist vorliegend aller Voraussicht nach nicht gegeben.

aa) Gegen eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens spricht zum einen bereits, dass die bauordnungsrechtlich erforderlichen Abstandsflächen eingehalten sind und damit eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung, wie von Art. 6 BayBO gefordert, gewährleistet ist (vgl. z. B. BVerwG v. 11.1.1999, 4 B 128.98, BayVBl. 1999, 568).

Den durch das streitgegenständliche Bauvorhaben verwirklichten Größen- und Lageverhältnissen ist nach Auffassung der Kammer aufgrund der vorgenommenen summarischen Prüfung nichts für die Annahme einer Rücksichtslosigkeit des Beigeladenenvorhabens gegenüber dem Antragstellergrundstück zu entnehmen.

Eine solche wäre gegebenenfalls dann zu bejahen, wenn vom Beigeladenenbauvorhaben für die Antragsteller eine unzumutbare Beeinträchtigung ausginge, welche insbesondere dann anzunehmen wäre, wenn nach den Umständen des konkreten Einzelfalles das geplante Bauvorhaben das Grundstück der Antragsteller „einmauern“ würde, wenn dem streitgegenständlichen Vorhaben „abriegelnde“ oder „erdrückende“ Wirkung zukäme, was vorliegend jedoch, so die Auffassung der Kammer nach Durchführung der im vorliegenden Eilverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung unter Zugrundelegung der genehmigten Pläne nicht der Fall ist.

Eine derartige Wirkung eines Bauvorhabens kann nur dann vorliegen, wenn ein durch seine Ausmaße und Gestaltung als außerordentlich zu qualifizierender Baukörper den Bewohnern des Nachbargrundstücks den Eindruck des „Eingemauertseins“ vermittelt (vgl. z. B. BVerwG v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - juris; BayVGH v. 17.7.2013 - 14 ZB 12.1153 - juris). Dies kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BayVGH v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris m. w. N.). Dabei stellt, wie oben bereits ausgeführt, die - vorliegend gegebene - Einhaltung der landesrechtlichen Abstandsflächen ein Indiz dafür dar, dass keine erdrückende Wirkung vorliegt (vgl. BayVGH v. 30.9.2015 - 9 CS 15.1115 - juris).

Im Urteil vom 13. März 1981, a. a. O., hat das Bundesverwaltungsgericht eine erdrückende Wirkung bejaht in einem Fall, in dem neben einem zweieinhalbgeschossigen Gebäude in ca. 15 m Entfernung ein zwölfgeschossiges Wohnhaus genehmigt worden war. Mit Urteil vom 23. Mai 1986, 4 C 34.85 - juris, hat das Bundesverwaltungsgericht eine erdrückende Wirkung gegenüber einem Wohngrundstück angenommen, bei welchem in einem Grenzabstand von 3 m drei auf Stahlstützen stehende Rundbehälter für Düngekalk in einer Höhe von 11,50 m über eine Länge von 13,31 m errichtet worden waren.

Unter Zugrundelegung der genehmigten Pläne spricht, so das Ergebnis der vorgenommenen summarischen Prüfung, nichts für eine derartige Rücksichtslosigkeit des Beigeladenenvorhabens durch die erteilten Befreiungen. Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass zwischen dem streitgegenständlichen Vorhaben und dem sich auf dem Antragstellergrundstück befindlichen Wohnhaus ein Abstand von ca. 10 m vorhanden ist. Für die Frage der Rücksichtslosigkeit ist richtigerweise nicht nur auf den Abstand des Bauvorhabens zur gemeinsamen Grundstücksgrenze abzustellen, der vorliegend zwischen 3 m und 5 m beträgt (gemessen im Bereich bis zur östlichen Wand der nordwestlich situierten Garage), vielmehr ist auch der Abstand des Wohnhauses der Antragsteller zur Grundstücksgrenze von mehr als 6 m zu berücksichtigen (vgl. BayVGH v. 30.9.2015 a. a. O.).

bb) Auch im Übrigen, d. h. hinsichtlich des bebauungsplankonformen Teiles des streitgegenständlichen Bauvorhabens, scheidet eine Verletzung des für diese Fallgestaltung in § 15 Abs. 1 BauNVO angesiedelten Rücksichtnahmegebotes voraussichtlich aus.

Zu beachten ist insoweit, dass im Rahmen des § 30 Abs. 1 BauGB eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes ohnehin nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt, da eine seinen Anforderungen genügende Umsetzung regelmäßig in der den Bebauungsplanfestsetzungen zugrunde liegenden Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) stattgefunden hat. Eine Konfliktlösung im Baugenehmigungsverfahren über das Gebot der Rücksichtnahme setzt daher voraus, dass der Bebauungsplan dafür noch offen ist (vgl. BVerwG v. 12.9.2013, 4 C 8.12 - juris). Nur soweit der Bebauungsplan selbst noch keine abschließende Entscheidung enthält, kommt nach § 15 Abs. 1 BauNVO i. V. m. den zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelten Regeln eine „Nachsteuerung“ im Baugenehmigungsverfahren in Frage, indem die Festsetzungen eines Bebauungsplans lediglich ergänzt, aber nicht korrigiert werden können (BayVGH v. 26.7.2011, 14 CS 11.576 - juris). Je konkreter eine planerische Festsetzung ist, umso geringer stellt sich der Spielraum für die Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO dar (vgl. z. B. OVG Nordrhein-Westfalen v. 12.2.2015, 2 A 616.14 - juris).

Dies bedeutet vorliegend im Hinblick darauf, dass im einschlägigen Bebauungsplan im Streit relevanten Bereich sowohl eine maximale Firsthöhe (11 m) als auch die höchstzulässige Zahl der Wohnungen (2 Wohnungen) festgesetzt wurde, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes voraussichtlich schon mangels „Nachbesserungserfordernisses“ ausscheidet.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es bei die Höhenentwicklung des Bauvorhabens betreffenden Kriterien, so die Firsthöhe und die Zahl der Vollgeschosse, eine maßgebliche Rolle spielt, ob die gesetzlichen Abstandsflächen eingehalten werden, was vorliegend aller Voraussicht nach der Fall ist.

Eine Rücksichtslosigkeit hinsichtlich anderer als der vom Abstandsflächenrecht geschützten Belange ist hier aller Voraussicht nach schon im Hinblick auf den tatsächlich vorhandenen Abstand des Bauvorhabens zu dem sich auf dem Antragstellergrundstück befindlichen Wohnhaus zu verneinen. Insoweit kann auf die oben 2a) aa) gemachten Ausführungen verwiesen werden.

Ferner ist auch nichts dafür erkennbar, dass von dem Bauvorhaben infolge der (bebauungsplankonformen) Errichtung einer zweiten Wohnung für die Antragsteller unzumutbare Belästigung oder Störungen ausgehen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO).

cc) Auch die antragstellerseits angeführte befürchtete Wertminderung ihres Grundstücks vermag dem Antragstellerbegehren nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Diese ist für sich genommen kein Maßstab für die Zulässigkeit eines Vorhabens. Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass der Einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung bewahrt zu werden, gibt es nicht (vgl. BVerwG v. 13.11.1997 - 4 B 195.97 - NVwZ-RR 1998, 540) oder anders ausgedrückt: Die durch eine Nachbarbebauung bewirkte Wertminderung eines Grundstücks vermittelt dessen Eigentümer nur dann einen Abwehranspruch gegenüber dem Nachbarvorhaben, wenn die Wertminderung die Folge einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots oder einer anderen nachbarschützenden Norm ist. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt im Beschluss vom 14. Juni 2013, 15 ZB 13.612 - juris, dazu u. a. folgendes aus:

„Die Abhängigkeit, in der Grundstücke zu der sie umgebenden städtebaulichen Situation stehen, schließt ein, dass die Grundstückswerte von dieser Situation beeinflusst werden und dass deshalb auch ungünstige Einflüsse, die auf Änderungen der Umgebung beruhen, grundsätzlich hingenommen werden müssen, auf die objektiv-rechtliche Zulässigkeit des Vorhabens kommt es daher nicht an.“

Vorliegend ist aller Voraussicht nach nichts dafür erkennbar, dass die Antragsteller einen über eine möglicherweise situationsbedingte Wertminderung hinausgehenden schlechterdings unzumutbaren Wertverlust ihres Grundstücks durch das streitgegenständliche Bauvorhaben hinzunehmen hätten.

dd) Soweit sich die Antragsteller auf die fehlende bzw. mangelhafte Zufahrt zu den auf dem Baugrundstück vorhandenen bzw. geplanten Garagen/Stellplätzen berufen, ist eine Verletzung drittgeschützter Rechte der Antragsteller unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erkennbar, so dass auch dieses Vorbringen nicht zum Antragserfolg zu führen vermag.

Nach alldem ist festzustellen, dass im Hinblick auf das Erfordernis einer Verletzung nachbarschützender Rechte, auf die allein sich die Antragsteller berufen könnten, nach summarischer Prüfung ein Erfolg ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. Oktober 2015 nicht wahrscheinlich scheint. Dies spricht für ein überwiegendes Interesse der Beigeladenen am Beibehalten der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit der ihr erteilten Baugenehmigung. Besondere Umstände, die es rechtfertigen könnten, das Antragstellerinteresse an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen dennoch höher zu bewerten, sind nicht ersichtlich, so dass es bei der vom Gesetzgeber in § 212a Abs. 1 BauGB getroffenen Entscheidung bleibt.

Die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen der Antragsteller gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. Oktober 2015 waren daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da sich die Beigeladenen durch eigene Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet bekommen, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.