Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 05. Apr. 2017 - RN 5 S 17.190
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 30.01.2017 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17.01.2017 (Az.: 41-3/8231) wird hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 wiederhergestellt.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 7.500 € festgesetzt.
Gründe
I.
-
1.die im Antragssteller erteilte Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft widerrufen,
-
2.verfügt, dass der Betrieb der unter Nummer 1 genannten Gaststätte innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides einzustellen ist. Im Falle der Aussetzung der Vollziehbarkeit ist das Lokal binnen zwei Wochen nach erneuter Vollziehbarkeit zu schließen,
-
3.die sofortige Vollziehung der Nummern 1 und 2 dieses Bescheides angeordnet und
-
4.für den Fall der Nichtbefolgung der unter Nummer 2 dieses Bescheides verfügten Anordnung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500 EUR angedroht.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 30.01.2017 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17.01.2017 (Az.: 41-3/8231) wird im Hinblick auf Ziffern 1 und 2 wiederhergestellt.
II.
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(1) Wer ein Gaststättengewerbe betreiben will, bedarf der Erlaubnis. Die Erlaubnis kann auch nichtrechtsfähigen Vereinen erteilt werden.
(2) Der Erlaubnis bedarf nicht, wer
- 1.
alkoholfreie Getränke, - 2.
unentgeltliche Kostproben, - 3.
zubereitete Speisen oder - 4.
in Verbindung mit einem Beherbergungsbetrieb Getränke und zubereitete Speisen an Hausgäste
(3) (weggefallen)
(4) (weggefallen)
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 28.8.2015 geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 3586/15 (VG Gelsenkirchen) gegen die Gewerbeuntersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16.7.2015 wird hinsichtlich der Regelungen in Ziffer 1. der Verfügung wiederhergestellt, hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung in Ziffer 3. angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1Die Beschwerde des Antragstellers ist begründet.
2Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollziehung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Durchsetzung der für notwendig erachteten Maßnahmen fällt zu Lasten der Antragsgegnerin aus.
3Zwar dürfte das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen haben, dass keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagungsverfügung bestehen. Denn nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist im gerichtlichen Verfahren bei der im Rahmen der gewerberechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung zu treffenden Prognoseentscheidung maßgeblich auf den Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung abzustellen. Angesichts dessen, dass der Antragssteller seinen steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten in der Vergangenheit nur unzureichend nachgekommen ist und im Hinblick auf seine zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung vom 16.7.2015 bestehenden insgesamt erheblichen Rückstände beim Finanzamt S. , bei der Antragsgegnerin und der IKK spricht Vieles dafür, dass eine negative Prognose gerechtfertigt war. Allerdings ist ein besonderes Vollziehungsinteresse nur dann anzunehmen, wenn die begründete Besorgnis besteht, dass sich die mit der Gewerbeuntersagung bekämpfte Gefahr schon in der Zeit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren kann. Insoweit sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch Umstände zu berücksichtigen, die nach Erlass der Gewerbeuntersagung eingetreten sind.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.3.2015 – 4 B 1480/14 –, juris, Rn. 40 f., m. w. N.
5Ein solches besonderes Vollziehungsinteresse ist in dem hierfür maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr ersichtlich. Ob es möglicherweise früher einmal bestanden hat, ist rechtlich ohne Bedeutung. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die mit der Untersagungsverfügung bekämpften Gefahren bis zum Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Bescheides realisieren werden.
6Der Antragsteller hatte schon im September 2015 vorgetragen, seine Steuerschulden hätten sich mittlerweile nach Abgabe längst fälliger Steuererklärungen unter fachkundiger Beratung ganz erheblich reduziert. Die Antragsgegnerin hatte im November 2015 bestätigt, dass sich die noch aktuellen Steuerrückstände in Höhe von 20.406,02 Euro auf etwa 408 Euro reduzieren würden und daneben nur noch Gewerbesteuerrückstände in Höhe von 2.266,55 Euro sowie Beitragsrückstände bei der IKK in Höhe von 2.008,81 Euro offen seien. Auf dieser Grundlage bestand zwischen den Beteiligten grundsätzlich Vergleichsbereitschaft. Gleichwohl ist es zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs nicht gekommen, weil wegen noch ausstehender Klärungen über die Höhe der offenen Steuerschulden mit dem Finanzamt keine Einigung über die bis zur Tilgung aller Rückstände einzuräumende Frist erzielt werden konnte. Im April 2015 teilte der Antragsteller mit, die Höhe der Rückstände sei nunmehr geklärt und der Rest werde bis zum Monatsende beglichen. Nachdem der Antragsteller Anfang Mai auf Nachfrage des Gerichts unter Vorlage einer Bestätigung des Finanzamts mitgeteilt hatte, dass kein Steuerrückstand mehr bestehe, hat sich die Antragsgegnerin hierzu nicht mehr geäußert, obwohl sie um Prüfung gebeten worden war, ob der Antragsteller klaglos gestellt werden könne.
7Ausgehend davon besteht ein besonderes Vollziehungsinteresse trotz voraussichtlicher Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagungsverfügung vom 16.7.2015 und entsprechender Aussichtslosigkeit des Hauptsacheverfahrens auch deshalb nicht, weil ernsthaft in Betracht kommt, dass hier – entsprechend dem bereits in der Antragsschrift von August 2015 mitgeteilten und sodann konsequent verfolgten Tilgungsplan des Antragstellers – ausnahmsweise die Gründe, die die Unzuverlässigkeit begründet haben, schon vor Ablauf des Karenzjahres entweder bereits weggefallen sein oder noch wegfallen könnten, so dass gerade unter Berücksichtigung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit nach § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO auf Antrag in einem gesonderten Wiederaufnahmeverfahren eine frühere Wiedergestattung möglich ist.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.1.2016 – 4 A 454/15 –, NVwZ-RR 2016, 336 = juris, Rn. 10.
9Infolge der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Gewerbeuntersagung fehlt es gemäß § 55 Abs. 1 VwVG NRW an einem vollziehbaren Verwaltungsakt. Deshalb ist hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
10Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
11Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
12Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 28.8.2015 geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 3586/15 (VG Gelsenkirchen) gegen die Gewerbeuntersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16.7.2015 wird hinsichtlich der Regelungen in Ziffer 1. der Verfügung wiederhergestellt, hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung in Ziffer 3. angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1Die Beschwerde des Antragstellers ist begründet.
2Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollziehung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Durchsetzung der für notwendig erachteten Maßnahmen fällt zu Lasten der Antragsgegnerin aus.
3Zwar dürfte das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen haben, dass keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagungsverfügung bestehen. Denn nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist im gerichtlichen Verfahren bei der im Rahmen der gewerberechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung zu treffenden Prognoseentscheidung maßgeblich auf den Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung abzustellen. Angesichts dessen, dass der Antragssteller seinen steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten in der Vergangenheit nur unzureichend nachgekommen ist und im Hinblick auf seine zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung vom 16.7.2015 bestehenden insgesamt erheblichen Rückstände beim Finanzamt S. , bei der Antragsgegnerin und der IKK spricht Vieles dafür, dass eine negative Prognose gerechtfertigt war. Allerdings ist ein besonderes Vollziehungsinteresse nur dann anzunehmen, wenn die begründete Besorgnis besteht, dass sich die mit der Gewerbeuntersagung bekämpfte Gefahr schon in der Zeit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren kann. Insoweit sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch Umstände zu berücksichtigen, die nach Erlass der Gewerbeuntersagung eingetreten sind.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.3.2015 – 4 B 1480/14 –, juris, Rn. 40 f., m. w. N.
5Ein solches besonderes Vollziehungsinteresse ist in dem hierfür maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr ersichtlich. Ob es möglicherweise früher einmal bestanden hat, ist rechtlich ohne Bedeutung. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die mit der Untersagungsverfügung bekämpften Gefahren bis zum Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Bescheides realisieren werden.
6Der Antragsteller hatte schon im September 2015 vorgetragen, seine Steuerschulden hätten sich mittlerweile nach Abgabe längst fälliger Steuererklärungen unter fachkundiger Beratung ganz erheblich reduziert. Die Antragsgegnerin hatte im November 2015 bestätigt, dass sich die noch aktuellen Steuerrückstände in Höhe von 20.406,02 Euro auf etwa 408 Euro reduzieren würden und daneben nur noch Gewerbesteuerrückstände in Höhe von 2.266,55 Euro sowie Beitragsrückstände bei der IKK in Höhe von 2.008,81 Euro offen seien. Auf dieser Grundlage bestand zwischen den Beteiligten grundsätzlich Vergleichsbereitschaft. Gleichwohl ist es zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs nicht gekommen, weil wegen noch ausstehender Klärungen über die Höhe der offenen Steuerschulden mit dem Finanzamt keine Einigung über die bis zur Tilgung aller Rückstände einzuräumende Frist erzielt werden konnte. Im April 2015 teilte der Antragsteller mit, die Höhe der Rückstände sei nunmehr geklärt und der Rest werde bis zum Monatsende beglichen. Nachdem der Antragsteller Anfang Mai auf Nachfrage des Gerichts unter Vorlage einer Bestätigung des Finanzamts mitgeteilt hatte, dass kein Steuerrückstand mehr bestehe, hat sich die Antragsgegnerin hierzu nicht mehr geäußert, obwohl sie um Prüfung gebeten worden war, ob der Antragsteller klaglos gestellt werden könne.
7Ausgehend davon besteht ein besonderes Vollziehungsinteresse trotz voraussichtlicher Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagungsverfügung vom 16.7.2015 und entsprechender Aussichtslosigkeit des Hauptsacheverfahrens auch deshalb nicht, weil ernsthaft in Betracht kommt, dass hier – entsprechend dem bereits in der Antragsschrift von August 2015 mitgeteilten und sodann konsequent verfolgten Tilgungsplan des Antragstellers – ausnahmsweise die Gründe, die die Unzuverlässigkeit begründet haben, schon vor Ablauf des Karenzjahres entweder bereits weggefallen sein oder noch wegfallen könnten, so dass gerade unter Berücksichtigung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit nach § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO auf Antrag in einem gesonderten Wiederaufnahmeverfahren eine frühere Wiedergestattung möglich ist.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.1.2016 – 4 A 454/15 –, NVwZ-RR 2016, 336 = juris, Rn. 10.
9Infolge der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Gewerbeuntersagung fehlt es gemäß § 55 Abs. 1 VwVG NRW an einem vollziehbaren Verwaltungsakt. Deshalb ist hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
10Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
11Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
12Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. August 2005 - 1 K 905/05 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 09. Mai 2005 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Gründe
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Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 28.8.2015 geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 3586/15 (VG Gelsenkirchen) gegen die Gewerbeuntersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16.7.2015 wird hinsichtlich der Regelungen in Ziffer 1. der Verfügung wiederhergestellt, hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung in Ziffer 3. angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1Die Beschwerde des Antragstellers ist begründet.
2Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollziehung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Durchsetzung der für notwendig erachteten Maßnahmen fällt zu Lasten der Antragsgegnerin aus.
3Zwar dürfte das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen haben, dass keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagungsverfügung bestehen. Denn nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist im gerichtlichen Verfahren bei der im Rahmen der gewerberechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung zu treffenden Prognoseentscheidung maßgeblich auf den Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung abzustellen. Angesichts dessen, dass der Antragssteller seinen steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten in der Vergangenheit nur unzureichend nachgekommen ist und im Hinblick auf seine zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung vom 16.7.2015 bestehenden insgesamt erheblichen Rückstände beim Finanzamt S. , bei der Antragsgegnerin und der IKK spricht Vieles dafür, dass eine negative Prognose gerechtfertigt war. Allerdings ist ein besonderes Vollziehungsinteresse nur dann anzunehmen, wenn die begründete Besorgnis besteht, dass sich die mit der Gewerbeuntersagung bekämpfte Gefahr schon in der Zeit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren kann. Insoweit sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch Umstände zu berücksichtigen, die nach Erlass der Gewerbeuntersagung eingetreten sind.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.3.2015 – 4 B 1480/14 –, juris, Rn. 40 f., m. w. N.
5Ein solches besonderes Vollziehungsinteresse ist in dem hierfür maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr ersichtlich. Ob es möglicherweise früher einmal bestanden hat, ist rechtlich ohne Bedeutung. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die mit der Untersagungsverfügung bekämpften Gefahren bis zum Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Bescheides realisieren werden.
6Der Antragsteller hatte schon im September 2015 vorgetragen, seine Steuerschulden hätten sich mittlerweile nach Abgabe längst fälliger Steuererklärungen unter fachkundiger Beratung ganz erheblich reduziert. Die Antragsgegnerin hatte im November 2015 bestätigt, dass sich die noch aktuellen Steuerrückstände in Höhe von 20.406,02 Euro auf etwa 408 Euro reduzieren würden und daneben nur noch Gewerbesteuerrückstände in Höhe von 2.266,55 Euro sowie Beitragsrückstände bei der IKK in Höhe von 2.008,81 Euro offen seien. Auf dieser Grundlage bestand zwischen den Beteiligten grundsätzlich Vergleichsbereitschaft. Gleichwohl ist es zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs nicht gekommen, weil wegen noch ausstehender Klärungen über die Höhe der offenen Steuerschulden mit dem Finanzamt keine Einigung über die bis zur Tilgung aller Rückstände einzuräumende Frist erzielt werden konnte. Im April 2015 teilte der Antragsteller mit, die Höhe der Rückstände sei nunmehr geklärt und der Rest werde bis zum Monatsende beglichen. Nachdem der Antragsteller Anfang Mai auf Nachfrage des Gerichts unter Vorlage einer Bestätigung des Finanzamts mitgeteilt hatte, dass kein Steuerrückstand mehr bestehe, hat sich die Antragsgegnerin hierzu nicht mehr geäußert, obwohl sie um Prüfung gebeten worden war, ob der Antragsteller klaglos gestellt werden könne.
7Ausgehend davon besteht ein besonderes Vollziehungsinteresse trotz voraussichtlicher Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagungsverfügung vom 16.7.2015 und entsprechender Aussichtslosigkeit des Hauptsacheverfahrens auch deshalb nicht, weil ernsthaft in Betracht kommt, dass hier – entsprechend dem bereits in der Antragsschrift von August 2015 mitgeteilten und sodann konsequent verfolgten Tilgungsplan des Antragstellers – ausnahmsweise die Gründe, die die Unzuverlässigkeit begründet haben, schon vor Ablauf des Karenzjahres entweder bereits weggefallen sein oder noch wegfallen könnten, so dass gerade unter Berücksichtigung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit nach § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO auf Antrag in einem gesonderten Wiederaufnahmeverfahren eine frühere Wiedergestattung möglich ist.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.1.2016 – 4 A 454/15 –, NVwZ-RR 2016, 336 = juris, Rn. 10.
9Infolge der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Gewerbeuntersagung fehlt es gemäß § 55 Abs. 1 VwVG NRW an einem vollziehbaren Verwaltungsakt. Deshalb ist hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
10Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
11Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
12Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Auf die den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegenden Gewerbebetriebe finden die Vorschriften der Gewerbeordnung soweit Anwendung, als nicht in diesem Gesetz besondere Bestimmungen getroffen worden sind; die Vorschriften über den Arbeitsschutz werden durch dieses Gesetz nicht berührt.
(1) Die Behörde bescheinigt innerhalb dreier Tage den Empfang der Anzeige.
(2) Wird ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne diese Zulassung betrieben, so kann die Fortsetzung des Betriebes von der zuständigen Behörde verhindert werden. Das gleiche gilt, wenn ein Gewerbe von einer ausländischen juristischen Person begonnen wird, deren Rechtsfähigkeit im Inland nicht anerkannt wird.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.