Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 17. Aug. 2018 - RN 5 S 18.430

bei uns veröffentlicht am17.08.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 22.03.2018 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 01.02.2018 (Az.: 31-8221-28/17) wird hinsichtlich der Ziffer 1 wiederhergestellt.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen die gegen ihn ergangene erweiterte Gewerbeuntersagung.

Unter dem 27.10.2006 meldete der Kläger das Gewerbe Holzhacker, Hackschnitzel (Maschine) an mit Beginn 01.10.2006.

Mit Schreiben vom 06.11.2017 teilte das Finanzamt Eggenfelden dem Landratsamt mit, dass Rückstände i.H.v. 34.802,00 EUR aufgelaufen seien und bat um Überprüfung des Antragstellers auf seine persönliche Zuverlässigkeit als Gewerbetreibender und regte die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens an. Die Rückstände seien bezogen auf Umsatzsteuerschulden von Oktober 2016 bis Juli 2017. Die Vollstreckung sei im Wesentlichen erfolglos verlaufen, Forderungspfändungen hätten nicht zum Erfolg geführt, seit dem Veranlagungszeitraum 2013 würden keinerlei Steuererklärungen mehr eingereicht, Umsatzsteuervoranmeldungen nicht mehr seit Oktober 2016. Es bestünden 6 Eintragungen im Schuldnerverzeichnis wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft.

Das Schuldnerverzeichnis enthielt am 09.11.2017 7 Einträge, der älteste vom 24.10.2016, der aktuellste vom 19.09.2017, sämtlich wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft.

Mit Schreiben vom 09.11.2017 wurde die Handwerkskammer um Stellungnahme gem. § 35 Abs. 4 GewO gebeten. Diese antwortete, der Antragsteller sei weder in die Handwerksrolle noch in das Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen, weshalb eine Stellungnahme nicht möglich sei.

Auskunft aus dem Gewerbezentralregister und Führungszeugnis jeweils vom 10.11.2017 enthielten keine Eintragungen.

In einer Mitteilung des Zweckverbands Rottal-Inn vom 14.11.2017 wurden Rückstände bzgl. Grundsteuer mit 245,11 EUR und Gewerbesteuer mit 9,- € beziffert. Bei der AOK bestanden keine Rückstände.

Mit Schreiben vom 20.11.2017 wurde der Antragsteller hinsichtlich der beabsichtigten erweiterten Gewerbeuntersagung angehört. Eine Reaktion erfolgte nicht.

Die Rückstände beim Finanzamt waren zum 01.02.2018 auf einen Betrag in Höhe von 48.817,37 EUR angewachsen. Der Antragsteller habe sich zwar mit dem Finanzamt in Verbindung gesetzt, eine Verbesserung der Situation sei aber nicht erkennbar. Es sei auch keine der ausstehenden Steuererklärungen abgegeben worden.

Mit Bescheid vom 01.02.2018 wurde

  • 1.dem Antragssteller die Ausübung des Gewerbes „Holzhacker, Hackschnitzel (Maschine)“, die Gewerbeausübung generell, sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und die Tätigkeit der mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragten Person untersagt,

  • 2.die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 dieses Bescheides angeordnet und

  • 3.für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die unter Ziffer 1 angeordneten Gewerbeuntersagung nach dem 30.04.2018, im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs einen Monat nach Bestandskraft dieses Bescheids bzw. einen Monat nach Aufhebung eines stattgebenden gerichtlichen Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500 EUR angedroht, sowie

  • 4.dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens (Gebühr von 200 €, Auslagen von 4,11 €) auferlegt.

Dieser Bescheid wurde dem Adressaten laut Postzustellungsurkunde am 22.02.2018 zugestellt.

Zur Begründung stützte sich dieser Bescheid insbesondere auf die Höhe der Steuerrückstände einschließlich des kürzlichen Anstiegs, sowie auf mittlerweile 9 Eintragungen im Schuldnerverzeichnis (2 zusätzliche vom 06.11.2017). Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung nahm der Antragsgegner im Wesentlichen in den Bescheid auf, dass das öffentliche Interesse an der Vollziehung überwiege, da der weitere Betrieb unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit und der Gefährdung der Geschäftspartner nicht hingenommen werden kann. Nur durch Anordnung des Sofortvollzuges könne gewährleistet werden, dass die bestehenden Steuer- und Beitragsrückstände nicht weiter anwachsen. Daher müsse diese Maßnahme trotz ihres einschneidenden Charakters im Interesse der Allgemeinheit getroffen werden. Auch während des Untersagungsverfahrens habe der Antragsteller nicht reagiert, vielmehr seien die Schulden angestiegen und Einträge im Schuldnerverzeichnis hinzugekommen.

Am 22.03.2018 ließ der Antragssteller im Verfahren RN 5 K 18.431 Klage gegen diesen Bescheid erheben und im vorliegenden Verfahren beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 22.03.2018 wiederherzustellen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht ausreichend begründet, vielmehr nur der Grund für die Untersagung wiedergegeben. Versäumte Steuererklärungen und Anmeldungen seien in Angriff genommen, ebenso Einträge im Schuldnerverzeichnis. Dies habe nicht erst mit der Zustellung des Bescheides begonnen. Beim Finanzamt seien keine Rückstände mehr offen, auch die Einträge aus dem Schuldnerverzeichnis beglichen und geklärt. Es sei eine eindeutige Verhaltensänderung zu erkennen, neue Zahlungsrückstände seien nicht zu befürchten. Daher bestehe keine Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter.

Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 24.04.2018:

den Antrag abzuweisen.

Zur Begründung wurden ergänzend zum Bescheid vorgetragen: Eine erneute Abfrage im Schuldnerverzeichnis habe ergeben, dass die Eintragungen weiterhin bestehen. Zwar seien nunmehr (Stand 12.04.2018) Umsatzsteuervoranmeldung, nicht aber –jahreserklärungen abgegeben worden. Freiwillige Zahlungen seien nach wie vor nicht erfolgt. Rückstände hätten sich nur durch Pfändungsmaßnahmen und Verrechnungen erledigt.

Laut Mitteilung des Finanzamts Eggenfelden vom 12.04.2018 würden seit 2018 die Voranmeldungen wieder normal abgegeben. Infolge der Abgabe der berichtigten Umsatzsteuervoranmeldungen, zuletzt am 16.02. und 26.02.2018 hätten sich die Rückstände vollständig erledigt. Seither seien keine weiteren Rückstände mehr entstanden. Ein Auszug aus dem Schuldnerverzeichnis enthielt keine weiteren Eintragungen über die 9 in den Bescheid eingeflossenen hinaus, diese allerdings weiterhin.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Hauptsacheverfahrens RN 5 K 18.431) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffer 1 des Bescheides entfällt, da die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. In einem derartigen Fall kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Es prüft grundsätzlich, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind (1.) und trifft im Übrigen eine eigene Ermessensentscheidung (2.). Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen.

1. Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs erfüllt die notwendigen Voraussetzungen aus § 80 Abs. 3 VwGO. Grundsätzlich muss die Begründung auf den konkreten Einzelfall abstellen und darf sich nicht mit „formelhaften“ Erwägungen begnügen (BayVGH, B.v. 30.10.2009, 7 CS 09.2606, juris Rn. 17). Die Begründung soll den Betroffenen einerseits in die Lage versetzen seine Rechte wirksam wahrnehmen zu können. Andererseits soll sie der Behörde den Ausnahmecharakter vor Augen führen und sie veranlassen genau zu prüfen, ob und warum ausnahmsweise der Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen durchbrochen werden soll (Kopp/Schenke, VwGO, 20.Aufl. 2014, § 80 Rn. 84 ff.). Die Behörde muss konkret die Gründe angeben, die dafür sprechen, dass die sofortige Vollziehung aufgrund erheblicher öffentlicher Interessen notwendig ist und warum dahinter die Interessen des Betroffenen zurückstehen müssen. Ein Abstellen auf die Gesichtspunkte, die den Grundverwaltungsakt selbst rechtfertigen, ist nicht ausreichend. Allerdings können bei gleichartigen Tatbeständen auch gleiche oder „gruppentypisierte“ Begründungen ausreichen. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt (BayVGH B.v. 27.10.2005, Az 11 CS 05.1967, juris Rn. 13; BayVGH B.v. 13.10.2006 – Az. 11 CS 06.1724).

Hier hat der Antragsgegner in ausreichender Begründung zutreffend darauf abgestellt, dass ohne Sofortvollzug die konkrete Gefahr bestehe, dass die Steuerrückstände weiter anwachsen könnten, wenn der Antragsteller sein Gewerbe bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter ausüben würde. Zudem hat die Behörde auf die Gefahr weiterer Vermögensgefährdungen anderer Gläubiger hingewiesen. Diese Erwägungen sind aus formeller Sicht nicht zu beanstanden. Ob diese Gründe auch inhaltlich zutreffen, ist bei der Prüfung der formellen Rechtmäßigkeit der Vollzugsanordnung unbeachtlich (Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, § 80 Rn. 246). Zwar enthält diese Begründung einige „formelhafte“ Erwägungen, diese sind aber deshalb unschädlich, weil ein Widerruf einer Gaststättenerlaubnis wegen steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Rückstände ein typisierter Fall ist, der in der Verwaltungspraxis oft auftritt und deshalb auch eine „gruppentypisierte“ Begründung ausreichend ist (BayVGH, E.v. 13.10.2006 – Az. 11 CS 06.1724). Zudem wurde auf konkrete Elemente des Einzelfalls eingegangen, namentlich, dass keine erkennbare Reaktion während des Untersagungsverfahrens erfolgte, aber die Schulden angestiegen waren und Eintragungen im Schuldnerverzeichnis hinzugekommen sind.

2. Zwar spricht einiges dafür, dass die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage des Antragstellers in der Hauptsache gering sind, weil die erweiterte Gewerbeuntersagung angesichts der hohen und vor Bescheidserlass weiter ansteigenden Steuerrückstände, sowie dem Fehlen von freiwilligen Zahlungen und der steigenden Zahl an Eintragungen im Schuldnerverzeichnis voraussichtlich rechtmäßig ist und der Antragsteller deshalb nicht in seinen Rechten verletzt. Insbesondere spricht bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids viel für die Richtigkeit der Unzuverlässigkeitsprognose aufgrund der Nichterfüllung der mit dem Gewerbebetrieb zusammenhängenden steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten. Eine Ratenzahlungsvereinbarung sowie ein tragfähiges Sanierungskonzept hatte der Antragsteller nicht vorgelegt. Ein Wohlverhalten während des laufenden Widerrufsverfahrens gerade unter dem Eindruck behördlicher Maßnahmen reicht nicht (vgl. Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Aufl. 2011, § 35 Rn. 58). Auch im Rahmen einer erneuten Erlaubniserteilung muss allein die vollständige Begleichung von Steuerrückständen nicht ausreichend sein, um eine erneute Zuverlässigkeit anzunehmen, etwa wenn dies zu Rückständen an anderer Stelle geführt hat, laufenden Verpflichtungen nicht nachgekommen wird oder weiterhin Zahlungen nicht aus eigener Initiative erfolgen.

Gleichwohl ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage begründet, weil im vorliegenden Fall dahinstehen kann, ob sich die angefochtene erweiterte Gewerbeuntersagung im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides voraussichtlich als rechtmäßig erweist und die Anfechtungsklage deshalb erfolglos bleiben wird (BayVGH, B.v. 11.12.2013 – 22 CS 13.2348 – juris; B.v. 13.12.2011 – 22 CS 11.2428 – juris; OVG NRW, B.v. 24.6.2016 – 4 B 1087/15 – juris). Denn selbst eine voraussichtliche Erfolglosigkeit der Anfechtungsklage würde im vorliegenden Fall angesichts der weitreichenden Wirkungen der erweiterten Gewerbeuntersagung zur Rechtfertigung der sofortigen Vollziehung nicht ausreichen. Der Bescheid, mit dem dem Antragsteller die aktuell ausgeübte und jede weitere gewerbliche Betätigung untersagt wird, ist in seiner das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) beschränkenden Intensität einem Berufsverbot vergleichbar (BayVGH, B.v. 11.12.2013 – 22 CS 13.2348 – juris mit Bezug auf BVerfG, B.v. 24.10.2003 – 1 BvR 1594/03 – NJW 2003, 3618). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erweiterten Gewerbeuntersagung erfordert im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtstaatsprinzip daher vielmehr die aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls gewonnene zusätzliche Feststellung, dass die sofortige Vollziehbarkeit schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter notwendig ist. Denn effektiver Rechtsschutz ist nur dann gewährleistet, wenn für sofort vollziehbar erklärte Eingriffe in grundrechtlich gewährleistete Freiheiten noch einmal einer gesonderten – über die Beurteilung der zugrundeliegenden Verfügung hinausgehenden – Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof misst auf dieser Grundlage in seiner Rechtsprechung zum Gewerberecht in Fällen der vorliegenden Art dem Aufschubinteresse eines Antragstellers ein größeres Gewicht zu als dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2013 – 22 CS 13.2348 – juris; B.v. 13.12.2011 – 22 CS 11.2428 – juris; B.v. 10.11.2011 – 22 CS 11.1928 – GewArch 2012, 72, jeweils m.w.N. zur Rspr. des BVerfG; ebenso OVG NRW, B.v. 24.6.2016 – 4 B 1087/15 – juris; VGH BW, B.v. 27.1.2006 – 6 S 1860/05 – NVwZ-RR 2006, 395).

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass für den Erfolg der erhobenen Hauptsacheklage zwar der Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids maßgeblich ist (BVerwG, Urteil vom 13. März 1973 – I C 36.71 – Rn.25). Insofern kommt es insbesondere für die Beurteilung der Zuverlässigkeitsprognose auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an. Die weitere Entwicklung kann aber – neben der Relevanz für die Wiedererlangung der Zuverlässigkeit – für die Beurteilung eine Rolle spielen, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens erforderlich ist. Da der Schwerpunkt hier auf dem Verstoß gegen Zahlungspflichten gegenüber Trägern öffentlicher Belange liegt, hat insbesondere die Frage, ob der Schutz des diesbezüglichen Interesses der betreffenden Gläubiger bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens eine sofort vollziehbare Gewerbeuntersagung erfordert und ob ohne einen Sofortvollzug diese Interessen gefährdet wären, besonderes Gewicht (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2011 – 22 CS 11.2428 – juris; OVG NRW, B.v. 24.6.2016 – 4 B 1087/15 – juris).

Vorliegend sind keine neuen Eintragungen ins Schuldnerverzeichnis hinzugekommen, obwohl dies 2017 im Abstand weniger Monate der Fall war. Die Steuerschulden wurden, wenn auch nur durch Verrechnung, aber eben nach Erfüllung der Erklärungspflichten, vollständig beseitigt, neue sind nicht aufgelaufen. Vergleicht man die aktuell geringe Gefahr mit dem schweren Eingriff, den ein vorläufiges Berufsverbot darstellt, überwiegt daher das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs bis zur Hauptsacheentscheidung. Veränderungen in der Zahlungsmoral etwa nach Erlass dieser für den Antragssteller günstigen Entscheidung, können durch einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO Berücksichtigung finden.

3. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die kraft Gesetzes nach Art. 21a Satz 1 VwZVG sofort vollziehbare Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheides ist dagegen nicht beantragt. Da jedoch seitens des Gerichts die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 des Grundverwaltungsakts wiederhergestellt worden ist, fehlt die Vollstreckungsvoraussetzung des Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG, weshalb insoweit eine Beitreibung von Zwangsgeldern nicht möglich ist.

Nachdem der Antrag begründet ist, ergab sich die Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), dessen Empfehlungen die Kammer folgt. Nach Nr. 54.2.1 und 54.2.2 beträgt der Streitwert 20.000 EUR. Im Eilverfahren war dieser Streitwert nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 17. Aug. 2018 - RN 5 S 18.430

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 17. Aug. 2018 - RN 5 S 18.430

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im
Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 17. Aug. 2018 - RN 5 S 18.430 zitiert 8 §§.

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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

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Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 17. Aug. 2018 - RN 5 S 18.430 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 28.8.2015 geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 3586/15 (VG Gelsenkirchen) gegen die Gewerbeuntersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16.7.2015 wird hinsichtlich der Regelungen in Ziffer 1. der Verfügung wiederhergestellt, hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung in Ziffer 3. angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.


Gründe

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 28.8.2015 geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 3586/15 (VG Gelsenkirchen) gegen die Gewerbeuntersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16.7.2015 wird hinsichtlich der Regelungen in Ziffer 1. der Verfügung wiederhergestellt, hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung in Ziffer 3. angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.


Gründe

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Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. August 2005 - 1 K 905/05 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 09. Mai 2005 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Gründe

 
Die zulässige, insbesondere ausreichend begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) Beschwerde hat Erfolg. Jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats liegen die Voraussetzungen für einen Sofortvollzug der angefochtenen Gewerbeuntersagung nicht (mehr) vor mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers - entsprechend seinem sinngemäßen Antrag - wieder herzustellen bzw. anzuordnen ist.
Der Senat lässt offen, ob die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller sei gewerberechtlich unzuverlässig (§ 35 Abs. 3 GewO), auf der Grundlage der damaligen Tatsachenbasis zutraf und ob sie sich ggf. auch jetzt noch aufrechterhalten ließe. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist im Falle einer Gewerbeuntersagung die Anordnung des Sofortvollzugs nicht allein schon deshalb gerechtfertigt, weil sich die Maßnahme in der Hauptsache voraussichtlich als rechtmäßig erweist. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass Anhaltspunkte für die Besorgnis bestehen, der Betroffene werde bei einem Aufschub der Vollziehung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren sein bisheriges Verhalten fortsetzen und die berechtigten Belange der Allgemeinheit, zu denen insbesondere die des Fiskus zählen, zusätzlich gefährden (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 26.10.2004 - 6 S 1477/04 - mit zahlr. Nachw.; zur Bedeutung des Art. 12 Abs. 1 GG im Zusammenhang von Gewerbeuntersagungen ferner BVerfG, Beschlüsse vom 13.08.2003, NJW 2003, 3617, und vom 24.10.2003, NJW 2003, 3618). Das ist bei der gegebenen Sachlage nicht (mehr) der Fall. Dies folgt allerdings nicht schon aus dem Vorbringen des Antragstellers in der - innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgelegten - Beschwerdebegründung; die dortigen Angaben über die Aussichten des Antragstellers, seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf Dauer wahren zu können, sind auch insoweit zu wenig konkret, als es um das besondere Vollzugsinteresse geht. Hierauf kommt es jedoch nicht an, denn die weiteren Schriftsätze des Antragstellers erweisen, dass von ihm jedenfalls heute keine zusätzliche Gefährdung wichtiger Gemeinschaftsgüter zu besorgen ist.
Allerdings sind diese Schriftsätze erst nach Ablauf der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingegangen, so dass sie bei reiner Wortauslegung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, wonach das Beschwerdegericht nur die - fristgemäß - dargelegten Gründe prüft, nicht mehr berücksichtigt werden dürften mit der Folge, dass dem Antragsteller nur noch das Abänderungsverfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO bliebe (in diesem Sinne Eyermann/Happ, VwGO, Nachtrag zur 11. Aufl., 2002, § 146 Anm. N 4; in der Sache ebenso Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, § 146 RdNr. 22). Einer derartigen Sichtweise vermag der Senat indessen nicht zu folgen. Beschränkung auf "schlichte" Wortauslegung im Sinne eines methodischen Rückzugs auf den "grammatischen" Auslegungsaspekt ist schon für sich genommen regelmäßig ungeeignet, den sachlichen Gehalt von Rechtsnormen zu erfassen. Im vorliegenden Zusammenhang gilt dies trotz der scheinbaren "Eindeutigkeit" des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO umso mehr, als sich systematische Gründe aufdrängen, die eine einschränkende Auslegung dieser Vorschrift unmittelbar nahe legen. § 146 Abs. 3 Satz 6 VwGO ist, wie auch die soeben zitierte Kommentarliteratur nicht verkennt (Eyermann/Happ, a.a.O.; Redeker/von Oertzen, a.a.O., RdNr. 24a), unmittelbar auf § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO bezogen, wonach die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, darlegen und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen muss. Die hierin enthaltene - an die Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO gebundene - Begründungslast enthält nach Überzeugung des Senats keine "Präklusion" (die sich zudem nur auf das Eilverfahren beschränken könnte), sondern will den Betroffenen im Interesse der Verfahrensbeschleunigung zwingen, sich innerhalb jener Frist substantiell mit der angegriffenen Entscheidung auseinanderzusetzen und die nach seiner Auffassung maßgeblichen Tatsachen vorzutragen. Dann aber kann sich § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nur auf das beschränken, was der Betroffene bis zum Ablauf der Frist vortragen kann und muss. Für § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO muss dies angesichts der engen systematischen Verknüpfung mit jener Begründungslast umgekehrt bedeuten, dass sich die dem Beschwerdegericht auferlegte Beschränkung der Prüfungslast gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht auf Umstände erstrecken kann, die nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 3 VwGO weder vorgetragen werden konnten noch mussten; nur in dieser Auslegung wird der eigentliche Sinn der Vorschrift deutlich, die Verletzung der aus § 146 Abs. 4 Satz 1 und 3 VwGO folgenden Begründungsobliegenheiten zu sanktionieren. Auf dieser Grundlage kann es dem Beschwerdegericht nicht verwehrt sein, sachlich-rechtlich entscheidungserhebliche Umstände zu berücksichtigen, die erst nach Ablauf der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingetreten sind.
Die Richtigkeit dieser einschränkenden Auslegung der Vorschrift wird bestätigt, wenn die Bedingungen sinnvoller und effektiver Rechtsschutzgewährung in den Blick genommen werden. Zum einen führte reine Wortauslegung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu einer durch keinerlei Sachgründe mehr zu rechtfertigenden Erschwerung des Eilrechtsschutzes. Da der soeben umschriebene Sanktionszweck der Vorschrift in diesem Verfahrensstadium als Sachgrund notwendigerweise ausscheidet, ist einzig noch der Beschleunigungszweck in Betracht zu ziehen. Dieser verliert indessen bei nachträglich eintretenden Umständen einen wesentlichen Teil seiner Bedeutung schon deshalb, weil dem Betroffenen das Abänderungsverfahren offen steht: Verweisung auf das Verfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO indessen wird die Gesamtdauer des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes typischerweise nicht verkürzen, sondern verlängern, so dass sich die Einbeziehung nachträglich eingetretener Umstände in das ohnedies laufende Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO schon deshalb aufdrängt (in gleicher Richtung wohl auch Bader, VwGO, 3. Aufl. 2005, § 146 RdNr. 36). Hinzu kommt, dass das Abänderungsverfahren mit erneutem Prozess- und Kostenrisiko verbunden ist; vollends unzumutbar erscheint eine Verweisung auf diese Verfahrensweise, wenn es - wie hier - um Wahrung von Rechtspositionen geht, die in den Schutzbereich von Grundrechten fallen (hier: Gewerbeausübung als Aktualisierung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG). Zum Zweiten bleibt es auch bei Berücksichtigung des § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO grundsätzlich dabei, dass eigentliche Aufgabe der Beschwerdeinstanz die Richtigkeitskontrolle ist; dem widerspräche grundlegend, wenn sie, ohne dass dies aus Sachgründen zwingend geboten ist, gehalten wäre, gleichsam sehenden Auges eine sachlich-rechtlich falsche Entscheidung zu treffen. In der Rechtsprechung wird dies erkennbar insoweit für selbstverständlich gehalten, als das Beschwerdegericht ungeachtet des § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO die Beschwerde zurückweisen kann, wenn sie aus anderen, nicht vorgetragenen und ggf. von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) zu prüfenden Gründen erfolglos bleiben muss (Beschluss des Gerichtshofs vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 -; BayVGH, Beschluss vom 21.05.2003, NVwZ 2004, 251). Dann aber bedeutete es einen offenbaren Wertungswiderspruch, wenn in Fällen der vorliegenden Art nachträglich eingetretene Umstände nicht in die Erwägungen des Beschwerdegerichts einbezogen werden dürften. Dies alles gilt umso mehr, wenn berücksichtigt wird, dass der in der Hauptsache maßgebliche Zeitpunkt - der Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides - im vorliegenden Falle erst noch bevorsteht mit der Folge, dass nachträglich eingetretene entscheidungserhebliche Umstände dort in jedem Falle zu berücksichtigen sind. Dieser Zusammenhang bestätigt zugleich ein weiteres Mal, dass eine allein auf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkte "Präklusion" ohne Sinn ist. Insgesamt gilt mithin, dass nachträglich eingetretene und vorgetragene Umstände bei der Entscheidung im noch laufenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu berücksichtigen sind, wenn die Beschwerde zulässig ist, insbesondere den prozessrechtlichen Bestimmungen des § 146 Abs. 4 Satz 1 bis 3 VwGO entspricht.
Auf dieser Grundlage steht nach derzeit sicherer Einschätzung des Senats fest, dass jedenfalls im jetzigen Zeitpunkt kein besonderes öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides (mehr) besteht. In der Beschwerdeerwiderung vom 24.10.2005 hat die Antragsgegnerin eingeräumt, dass die Steuerrückstände des Antragstellers am 18.10.2005 nur noch knapp 1.920,-- EUR, mithin nur noch etwas mehr als 1/3 der im angefochtenen Bescheid genannten Summe betragen hätten. Zwar hat sie versucht, dies unter Hinweis darauf zu relativieren, dass diese Verringerung nur auf Verrechnung beruhe und dass keine Zahlungen geleistet worden seien. Unabhängig von der Frage, ob dies bei der Begründung des besonderen Vollzugsinteresses überhaupt entscheidungserheblich wäre, ist der Eindruck, der durch diese Mitteilung erkennbar vermittelt werden sollte, jedenfalls durch den weiteren Ablauf überholt. Laut unbestrittenem Vorbringen im Schriftsatz vom 27.10.2005 hat der Antragsteller am nämlichen Tage 500,-- EUR ans Finanzamt geleistet; die Rückstände beliefen sich seither nur noch auf knapp 1.440,-- EUR. Laut Schriftsatz vom 03.11.2005 war eine weitere Zahlung in Höhe von 500,-- EUR erfolgt; die Steuerschuld betrug nun noch knapp 940,-- EUR. Am 18.11.2005 schließlich erfolgte eine weitere Zahlung 200,-- EUR. Insgesamt haben sich mithin die Steuerschulden des Antragstellers inzwischen um rund 80 % gemindert. Auch sonst zeichnet sich eine eher positive Entwicklung ab: Das Vorbringen der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 24.10.2005, der Antragsteller habe die "laufende Umsatzsteuervorauszahlung" für das 3. Quartal des Jahres 2005 noch nicht abgegeben, wurde mit Schriftsatz vom 03.11.2005, ohne dass dem seither widersprochen worden wäre, substantiiert widerlegt, und im Schriftsatz vom 20.12.2005 hat der Antragsteller - gleichfalls unwidersprochen - vorgetragen, eine inzwischen erfolgte Umsatzsteuer-Sonderprüfung habe keine Abweichungen von den angemeldeten Besteuerungsgrundlagen erbracht. Angesichts dieser Entwicklung kann kein Zweifel bestehen, dass im jetzigen Zeitpunkt nicht mehr die Rede davon sein kann, der Antragsteller werde sein Fehlverhalten bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren fortsetzen und hierbei die berechtigten Belange der Allgemeinheit zusätzlich gefährden. Schon deshalb ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers wieder herzustellen bzw. - soweit es um die Androhung eines Zwangsgelds geht - anzuordnen.
Offen bleiben kann, inwieweit die seitherige Entwicklung Einfluss auf die Beurteilung der Frage hat, ob der Antragsteller - im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides - gewerberechtlich unzuverlässig ist; bei dieser Prüfung wird auch zu erwägen sein, ob sich das ursprünglich in der Tat nur wenig konkrete "Sanierungskonzept" (vgl. dazu die Beschwerdebegründung vom 26.09.2005) aufgrund der nachträglich eingetretenen Umstände möglicherweise als hinreichend tragfähig erweist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 28.8.2015 geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 3586/15 (VG Gelsenkirchen) gegen die Gewerbeuntersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16.7.2015 wird hinsichtlich der Regelungen in Ziffer 1. der Verfügung wiederhergestellt, hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung in Ziffer 3. angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.


Gründe

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.