Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 27. Aug. 2013 - 1 B 43/13

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2013:0827.1B43.13.0A
bei uns veröffentlicht am27.08.2013

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.06.2013 wird bis zum 17.10.2013 angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin zu 1/10 und den Antragstellern zu 9/10 auferlegt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

1

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 14.08.2013 zum Az. 1 A 172/13 erhobenen Klage hat wegen eines befristet vorliegenden, von der Antragsgegnerin zu prüfenden und zu berücksichtigenden inländischen Vollstreckungshindernisses in dem sich aus dem Beschlusstenor ergebenden Umfang Erfolg. Eine Rücküberstellung der Antragsteller nach Polen kann wegen der nach ärztlicher Bescheinigung am 19.09.2013 bevorstehenden Niederkunft der Antragstellerin zu 2) bis zu einem Zeitpunkt von 4 Wochen nach der Entbindung nicht vollzogen werden.

2

Im Übrigen ist der Antrag unzulässig.

3

Der Zulässigkeit des Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz im Übrigen steht die Vorschrift des § 34 a Abs. 2 AsylVfG entgegen. Nach dieser Vorschrift darf die Abschiebung nicht nach § 80 oder § 123 VwGO ausgesetzt werden, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll und das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat anordnet.

4

Eine unmittelbare Anwendbarkeit der am 19.07.2013 in Kraft getretenen VO (EU) Nr.604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26.Juni 2013 („Dublin-III-VO“) auf den vorliegend in Rede stehenden Schutzantrag erfolgt gemäß Art. 49 UA 2 der Dublin-III-VO nicht, da die VO (EU) 604/2013 danach erst auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar ist, die ab dem 1.Tag des 6.Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden.

5

Die Vorschrift des § 34 a Abs. 2 AsylVfG ist im Hinblick auf die Ausdehnung ihres Anwendungsbereiches auf die Fälle des § 27 a AsylVfG durch Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung Aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. Januar 2007 (BGBl. I S. 1970), die auf den unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 19 Abs. 2 Satz 4 der weiterhin zum jetzigen Zeitpunkt für diesen gestellten Schutzantrag anwendbaren (Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-VO) beruht, in den Fällen bundesverfassungskonform einschränkend auszulegen, wenn in dem als Zielstaat der Abschiebung vorgesehenen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die flüchtlingsrechtlichen Gewährleistungen und die Verfahrenspraxis nicht an die zu fordernden und bei Schaffung der Regelungen vorausgesetzten unions- bzw. völkerrechtlichen wesentlichen Standards heranreichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08. September 2009 - 2 BvQ 56/09 - NVwZ 2009, 1281; VG Köln, Beschluss vom 10. Januar 2011 - 20 L 1920/10.A - VG Minden, Beschluss vom 07. Dezember 2010 - 3 L 625/10.A; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07. Januar 2011 - 21 L 2285/10.A -).

6

Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich der einstweilige Rechtsschutzantrag - soweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bis zur Rechtskraft des Klagverfahrens begehrt wird, als unzulässig; vorliegend unterliegt die Rücküberstellung der Antragsteller nach Polen als dem nach § 27 a AsylVfG zuständigem Staat grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken im oben dargestellten Sinn. Eine verfassungskonforme Reduktion des Anwendungsbereichs des § 34 a Abs. 2 AsylVfG ist vorliegend nicht geboten.

7

Die Zuständigkeit Polens ergibt sich aus Art. 13 i.V.m. Art. 16 Abs.1 c) der Dublin-II-VO. Ausweislich des Akteninhalts haben die Antragsteller in Polen ein Schutzgesuch angebracht und sind im Eurodac-System entsprechend gespeichert worden. Polen hat sich mit Nachricht vom 31.05.2013 zur Übernahme nach dem Dublin-Regime (Art. 16 Abs. 1 Buchstabe c) Dublin-II-VO) bereiterklärt. Die Eurodac-Treffer-Nummer beginnt mit der Ziffer 1. Nach der Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 407/2002 EG zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen über die Einrichtung von Eurodac werden die Daten von Asylbewerbern mit der Ziffer 1 gekennzeichnet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Definition des Asylbewerbers an der Definition des „Antrages auf internationalen Schutz“ in Art. 2 lit. g) der Richtlinie 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) auszurichten ist, wonach das Ersuchen eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen um Schutz durch einen Mitgliedstaat, einen solchen Antrag darstellt, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt, und wenn er nicht ausdrücklich um eine andere, gesondert zu beantragende Form des Schutzes außerhalb des Anwendungsbereiches der Richtlinie ersucht. Danach ist nach Aktenlage von einem entsprechenden Schutzgesuch der Antragsteller in Polen auszugehen.

8

§ 34 a Abs. 2 AsylVfG liegt die Annahme zugrunde, dass die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention in allen Mitgliedstaaten der EU sichergestellt ist. Eine Durchbrechung des Ausschlusses vorläufigen Rechtsschutzes kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass ein Asylbewerber von einem Sonderfall betroffen ist, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht erfasst wird. Von einem solchen Ausnahmefall kann nur dann ausgegangen werden, wenn es ernstzunehmende, durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird. Dies ist dann der Fall, wenn sich der Mitgliedstaat von den nach dem erwähnten Konzept als generell eingehalten vermuteten Verpflichtungen gelöst hat, d.h. die allgemein europaweit vereinbarten Mindeststandards aufgrund von innerstaatlichen systemischen Mängeln des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen nicht mehr gewährleistet bzw. gewährleisten kann. Hierzu ist erforderlich, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber die tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat ausgesetzt zu sein.

9

Ein solcher Ausnahmefall ist zu dem gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse in Polen nicht erkennbar. Systemische Mängel im Asylverfahren in Polen lassen sich den vorliegenden Erkenntnisquellen nicht entnehmen. Berichte des UNHCR, von amnesty international oder anderen Menschenrechtsorganisationen über unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen von Flüchtlingen in Polen liegen nicht vor.

10

Das Gericht legt seiner Bewertung dabei folgende Auskunftslage zugrunde:

11

- UNHCR, Where is my home, Homelessness and Access to Housing among Asylum-seekers, refugees and Persons with International Protection, 2013

12

http://www.unhcr-centraleurope.org/pdf/where-we-work/poland/where-is-my-home- poland.html

13

- Helsinki Foundation for Human Rights u. a., Migration Is Not a Crime, Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners, 2013

14

http://interwencjaprawna.pl/wp-content/uploads/migration-is-not-a-crime.pdf

15

- USA, State Departement, Poland Human Rights Report, 2012

16

http://www.state.gov/documents/organization/204536.pdf

17

- Gesellschaft für bedrohte Völker, Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen, Januar 2011 http://www.gfbv.de/show_file.php?type=inhaltsDok&property=download&id=2158

18

- Der Schlepper, Flüchtlinge im Verschiebebahnhof EU, Sonderheft April 2008,

19

http://www.frsh.de/fileadmin/schlepper/schl_dubII/schl_dublin_online.pdf

20

- Amnesty International, Jahresbericht Polen 2013

21

http://www.amnesty.de/jahresbericht/2013/polen

22

- Evangelische Landeskirche Baden, Berichte zur 14. Europäischen Asylrechtstagung in Warschau:

23

- Department for Refugee Procedures, Office for Foreigners, POLISH ASYLUM PROCEDURE

24

http://www.ekiba.de/download/Polish_Asylum_Procedure.pdf

25

- Jacek Chlebny, judge of the Supreme Administrative Court, Judicial protection of asylum seekers in Poland

26

http://www.ekiba.de/download/Asylsystem-II-Administrative-Court-MrChlebny.pdf

27

Aus den vorstehenden Auskünften ergibt sich zusammengefasst Folgendes:

28

In Polen wird durch den „act of 13th of june 2003 on granting protection to foreigners“ das Recht, die Bedingungen und das Verfahren auf Erlangung von Asyl und Flüchtlingsschutz geregelt und gewährleistet. Die gesetzlichen Regelungen garantieren den Zugang, die Durchführung und den Rechtsschutz für Flüchtlinge. Neben dem Flüchtlingsstatus und Asyl besteht die Möglichkeit der Erlangung subsidiären Schutzes sowie eines geduldeten Aufenthalts (tolerated stay). Neben dem Standardverfahren, welches eine Verfahrensdauer von 6 Monaten und eine Rechtsmittelmöglichkeit gegen die Entscheidung innerhalb von 14 Tagen vorsieht, gibt es eine „fast procedure“ bei offensichtlich unbegründeten Anträgen, bei der eine Verfahrensdauer von 30 Tagen vorgesehen ist und bei der gegen ablehnende Entscheidungen 5 Tage für Rechtsmittel vorgesehen sind. Des Weiteren ist ein spezielles Verfahren für Gewaltopfer, unbegleitete Minderjährige und behinderte Personen vorgesehen. Gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Entscheidungen des „refugee board“ bestehen bei einem der 14 bezirklichen Verwaltungsgerichte (voivodship administrative court) und gegen dessen Entscheidung beim Obersten Verwaltungsgericht in Warschau (supreme administrative court) (vgl. zum Vorstehenden: Department for Refugee Procedures, Office for Foreigners, Polish Asylum Procedure).

29

Anhaltspunkte für systemische Mängel in der rechtlichen Ausgestaltung des Asyl-und Flüchtlingsschutzverfahrens lassen sich weder Stellungnahmen des UNHCR noch Berichten von amnesty international entnehmen, die sich mit der diesbezüglichen Situation in Polen beschäftigen (ai Report 2013, Polen; UNHCR, where is my home.

30

Während des Antragsverfahrens werden Schutzsuchende in einem der vom „Office for foreigners“ betriebenen 11 offenen Aufnahmezentren oder außerhalb eines Zentrums untergebracht. Der Belegungsgrad der Aufnahmezentren beträgt derzeit 97% (Departement for refugees, aaO). Daneben gibt es 5 sogenannte Gewahrsamszentren und 14 Abschiebeinrichtungen. Die Unterbringung dort betrifft abgelehnte Asylbewerber/Schutzsuchende sowie illegal Einreisende und erfolgt auf Grund eines richterlichen Beschlusses (US State Departement, Poland 2012, Human Rights Report, section 1.d)

31

Unbegleiteten Minderjährigen, die nach Polen einreisen, wird staatliche Unterstützung dabei gewährt, Familienangehörige in anderen Mitgliedsstaaten ausfindig zu machen. Im Oktober 2012 erklärte Polen seine Absicht, die Inhaftierung unbegleiteter Minderjähriger unter 13 Jahren zu verbieten (ai, Jahresbericht).

32

Hinsichtlich der Unterbringungssituation führt der Bericht „Migration is not a crime“ aus, dass die Zentren offiziell für die Unterbringung von Ausländern umgebaut, zum Teil umfänglich renoviert wurden und sich in einem guten Zustand befinden. Soweit etwa durch die Bewohner Beschwerden über das Essen erhoben wurden, war beabsichtigt, die Catering-Firma im Dezember 2012 durch eine andere zu ersetzen.

33

Die Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische Betreuung zu erhalten, werden nach dem Bericht den Ausländern in den Regeln über ihren Verbleib sowohl schriftlich als auch mündlich mitgeteilt. In den Unterkünften besteht das Recht, Besuche zu empfangen und Ausländer können dort mit Nicht-Regierungsorganisationen in Kontakt treten. Ausländer erhalten in allen Zentren medizinische Hilfe, wobei der Zugang in den Zentren unterschiedlich gewährleistet ist. Die dort erwähnten sprachlichen Barrieren sind indes auch in der Bundesrepublik Deutschland an der Tagesordnung.

34

Der Bericht führt weiter aus, dass Opfer von Übergriffen innerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte sich an die Polizei wenden können und berichtet auch von einem exemplarischen Fall, in dem die Polizei von einem Opfer von Gewalt eine Strafanzeige aufgenommen hat.

35

Soweit sich einem Bericht des UNHCR vom 10.06.2013 zufolge in Polen 10 % der Personen, die einen internationalen Schutzstatus erhalten haben, in einer Situation „extremer Obdachlosigkeit“ befänden, betrifft dies nicht das Asylverfahren selbst, sondern die Verhältnisse nach dessen Abschluss. Abgesehen davon verstößt es nicht gegen Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder Art. 3 EMRK, wenn anerkannte Flüchtlinge sich ebenso wie polnische Staatsangehörige selbst um eine Unterkunft kümmern müssen (VG Saarland, Beschluss vom 24.06.2013, 6 L 839/13, juris).

36

Diese Erkenntnisgrundlagen lassen für das Gericht keine systemischen Mängel in Asylverfahren in Polen erkennen. Im Einzelfall bestehende Mängel (etwa in einer für verbesserungsfähig erachteten ärztlich Betreuung) führen nicht bereits zu einer Situation der Behandlung von Flüchtlingen in Polen, die Anlass geben könnte, von systemischen Mängeln im polnischen Asylverfahren zu sprechen.

37

(wie hier: VG Schleswig, Beschluss vom 29.07.2013, 7 B 35/13; VG Saarlouis, Beschluss vom 24.06.2013, 6 L 839/13; VG Potsdam, Urteil vom 04.06.2013, VG 6 K 732/13.A - juris-; VG Ansbach, Beschluss vom 20.03.2012, AN 10 E 11.30140 - juris -; VG Saarland, Beschluss vom 24.06.2013, 6 L 839/13 - juris -; VG Weimar, Beschluss vom 12.06.2013, 7 E 20129/13; a.A. VG Karlsruhe, Beschluss vom 09.07.2013, A 1 K 1566/13; VG Meiningen, Beschluss vom 26.04.2013, 8 E 20075/13 Me.).

38

Von der Antragsgegnerin auch im Rahmen einer Entscheidung über den Asylantrag nach §§ 27a, 34a AsylVfG zu prüfende inländische Vollstreckungshindernisse wie etwa eine aktuelle Reiseunfähigkeit, die einer Abschiebung in den Drittstaat entgegenstünden, sind nur für den im Beschlusstenor genannten Zeitraum dargelegt und zu berücksichtigen.

39

Ein tatsächliches oder rechtliches inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG - das hier allein in Betracht kommt - ist vor dem Hintergrund des grundrechtlichen Schutzes von Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) dann anzunehmen, wenn die Gesundheit eines abzuschiebenden Ausländers so angegriffen ist, dass das ernsthafte Risiko besteht, dass sein Gesundheitszustand unmittelbar durch den Abschiebungsvorgang wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert wird, sofern nicht einzelfallbezogen effektive Schutzmaßnahmen durch die Ausländerbehörde ergriffen werden.

40

Ausweislich der ärztlichen Bescheinigung ist die Antragstellerin zu 2) schwanger, der voraussichtliche Entbindungstermin ist am 19.09.2013. Eine Rücküberstellung nach Polen, auch wenn sie auf dem Landweg erfolgt, ist jedenfalls bis zu einem Zeitpunkt von 4 Wochen nach der Geburt des Kindes zum Schutz der Gesundheit der Antragstellerin zu 2) und des Neugeborenen nicht zu vollziehen. Eine weitere Einschränkung der Reisefähigkeit ist indes nicht erkennbar. Medizinische, ggf. durch amtsärztliches Attest nachzuweisende Tatsachen, die den rechtlichen Begriff der Reiseunfähigkeit im Sinne eines weitergehenden inländischen Vollstreckungshindernisses zu begründen vermögen, liegen nicht vor.

41

Das Vorbringen im Hinblick auf den Antragsteller zu 1), er befinde sich wegen einer Rückenerkrankung in ärztlicher Behandlung, die hier in Deutschland fortgeführt werden müsse, vermag ebenfalls die Annahme einer aktuellen Reiseunfähigkeit als inländisches Vollstreckungshindernis nicht zu begründen. Ein in Bezug auf Polen als dem Zielstaat der Abschiebung begründetes Abschiebeverbot wegen etwaiger vollständig fehlender medizinischer Versorgung liegt ebenfalls nicht vor; die medizinische Versorgung ist - wie oben dargelegt - während des Asylverfahrens in Polen in ausreichendem Maße gewährleistet. Auf die Verhältnisse im Heimatland des Antragstellers - auf die in der ärztlichen Bescheinigung verwiesen wird - kommt es insoweit nicht an.

42

Auf das Vorliegen hiesiger nationaler Abschiebeverbote nach § 60 Abs.7 S.1 AufenthG können sich die Antragsteller nämlich nicht berufen.

43

Selbst wenn das Unionsrecht auch den zuständigen Mitgliedstaat für Ersuchen um subsidiären Schutz umfasst, wie dies in der „Dublin III“ – Verordnung vorgesehen ist, kann sich eine unionsrechtliche Zuständigkeitsregelung nur auf den unionsrechtlich geregelten subsidiären Schutz beziehen und nicht auf jenen, der aufgrund nationalen Rechts gewährt wird (VG Frankfurt, Urteil vom 12.1.2.2012, 1 K 2973/12.F.A, juris).

44

Indes ergeht eine Entscheidung über zielstaatsbezogene Abschiebeverbote nach § 60 Abs.2-7 AufenthG durch die Antragsgegnerin gemäß § 31 Abs.1,3 AsylVfG nur im Rahmen beachtlicher oder unbeachtlicher, nicht jedoch - wie hier gegeben -unzulässiger Asylanträge.

45

Die isolierte Berufung auf zielstaatsbezogene nationale Abschiebeverbote scheidet damit in den Fällen aus, in denen die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates für die Durchführung des Asylverfahrens nach der Dublin-II Verordnung feststeht und dieser - wie hier in Bezug auf Polen festzustellen - ein den europäischen Rechtsakten entsprechendes Flüchtlingsschutzverfahren und den Zugang hierzu gewährleistet.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

47

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war ebenfalls abzulehnen, weil es dem Rechtsschutzbegehren der Antragsteller aus den ausgeführten Gründen hinsichtlich des weitergehenden Begehrens der Anordnung der aufschiebenden Wirkung bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Klagverfahren an der erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht fehlt (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

48

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 27. Aug. 2013 - 1 B 43/13

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.