Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 04. Dez. 2015 - 8 A 212/13

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2015:1204.8A212.13.0A
bei uns veröffentlicht am04.12.2015

Tenor

Der Bescheid vom 15.11.2013 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hinsichtlich der Klägerin zu 2., des Klägers zu 3. und der Klägerin zu 4. jedoch erst zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Klägerin zu 1. bestands- oder rechtskräftig geworden ist.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

1

Die Kläger, türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit, reisten laut eigenen Angaben am 22.11.2011 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 28.11.2011 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

2

In der Anhörung am 07.12.2011 vor dem Bundesamt gab die Klägerin zu 1. an, dass sie aus XXX stamme und mit Herrn A. verheiratet sei. Sie habe weder eine Berufsausbildung noch sei sie berufstätig gewesen. Ihr Ehemann und sie seien an ihrem Wohnort Adana in der BDP politisch aktiv gewesen, in dem sie sich beispielsweise am Newroz-Fest aktiv beteiligt und Wahlveranstaltungen der BDP besucht hätten. Anlässlich des Newroz-Festes 2010 sei die Klägerin mit zur Wache genommen und von Zivilpolizisten bedroht worden, sich nicht erneut bei Veranstaltungen der BDP erwischen zu lassen. Gemeinsam mit ihrem Ehemann sei sie im Juni 2011 auf einer Wahlveranstaltung der BDP gewesen. Trotz der Drohungen der Polizei sei sie nach der Veranstaltung zunächst mit einer Freundin und später alleine ohne Begleitung nach Hause gegangen. Auf dem Heimweg sei sie von denselben Polizisten verfolgt und an einem unbekannten Ort in einen Keller verschleppt und dort vergewaltigt worden. Davon habe sie ihrem Ehemann auch berichtet. Später sei sie von denselben Polizisten zur Zusammenarbeit als Spitzel aufgefordert worden. Nach ihrer Flucht nach Istanbul hätten dieselben Polizisten auch dort bei ihrer Familie nach ihr geforscht. Der Ehemann habe sich seit Juli 2011 nicht mehr zu Hause aufgehalten, weil wegen seiner politischen Aktivitäten nach ihm gesucht worden sei.

3

In einem Schreiben vom 06. Dezember 2011 führte der Rechtsanwalt der Klägerin zu 1. Herr XXX aus, dass seine Mandantin ohne ersichtliche Gründe von Zeit zu Zeit von den Sicherheitskräften aufgesucht werde. Sie sei von Sicherheitskräften mehrmals in Gewahrsam genommen und auf verschiedene Weise beleidigt und bedroht worden. Zudem sei sie körperlichen und psychologischen Misshandlungen ausgesetzt gewesen. Während dieser Zeit sei sie Mitglied der Demokratik Tuplum Partisi und als solche an verschiedenen Aktivitäten beteiligt gewesen und dadurch seien ihre politische Haltung und ihre politischen Arbeiten ständig ohne rechtliche Handhabe hinterfragt worden (Bl. 58 ff. der Beiakte A).

4

Mit Schreiben vom 01.08.2012 bat der Generalstaatsanwalt des Landes Schleswig-Holstein um Überlassung der Bundesamtsakten der Kläger sowie des Ehemannes Herrn XXX A., da die Verteidigerin des Ehemannes Herrn XXX A. in dessen Auslieferungsverfahren vorgetragen habe, dass ein Auslieferungsverbot bestehe, weil der Ehemann der Klägerin zu 1. in der Türkei politisch verfolgt werde (Bl. 67 der Beiakte A).

5

Mit Schreiben vom 30.05.2013 (Bl. 71 der Beiakte A) teilte die Ausländerbehörde der Beklagten mit, dass Herr XXX A. am 31.01.2013 in die Türkei ausgeliefert worden ist.

6

Mit Bescheid vom 15.11.2013 wurden die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Zugleich wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Bezüglich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei das Vorbringen der Klägerin zu 1. wegen ihrer politischen Betätigung für die BDP von Zivilpolizisten festgenommen, vergewaltigt, später zur Zusammenarbeit mit Sicherheitskräften als Spitzel aufgefordert und gesucht worden zu sein, nicht glaubhaft. Sie behaupte, zeitgleich mit ihrem Ehemann dieselben Veranstaltungen besucht und ihrem Ehemann auch von ihrer Festnahme und Vergewaltigung in diesem Zusammenhang berichtet zu haben. Gegen diese Darstellung spreche bereits, dass der Ehemann in seiner Anhörung allgemein über Verfolgungsmaßnahmen gegen Kurden spreche, auch über eine Gefährdung seiner Familie im Zusammenhang mit der Suche nach ihm, aber mit keinem Wort von einer Festnahme und Vergewaltigung seiner Ehefrau aufgrund eben dieser Zusammenhänge berichte. Das Vorbringen der Klägerin zu 1. sei offenkundig unzutreffend. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Ehemann der Klägerin zu 1. die gemeinsame Wohnung im Juli 2011 allein deshalb verlassen habe, weil er wegen des Verdachts, ein Tötungsdelikt aus persönlichen Motiven begangen zu haben, gesucht worden sei. Gegen die Annahme einer politischen Verfolgung spreche zudem, dass die Generalstaatsanwaltschaft einem Auslieferungsersuchen der türkischen Behörden gegen den Ehemann der Klägerin zu 1., der umfangreichere politische Aktivitäten, wiederholte Festnahmen und wiederholte Folterungen behauptet habe, in Kenntnis des Vorbringens der Klägerin zu 1. und ihres Ehemannes im Asylverfahren zugestimmt habe. Ebenfalls gegen die Annahme drohender Verfolgungsmaßnahmen gegen die Klägerin zu 1. spreche, dass sich diese trotz der angeblichen polizeilichen Suche nach ihr vor ihrer Ausreise noch drei Monate in Istanbul bei ihren Verwandten ihres Mannes aufgehalten habe, ohne dass es zu weiteren polizeilichen Maßnahmen gegen sie gekommen sei. Zudem seien ihre vorgetragenen angeblichen politischen Aktivitäten für eine legale Partei von derart geringfügiger Natur gewesen, dass ein daraus resultierendes staatliches Verfolgungsinteresse gänzlich unwahrscheinlich erscheine, erst recht, dass man sie dafür von Adana bis Istanbul verfolge. Es dränge sich die Schlussfolgerung auf, dass - wenn überhaupt - Fahndungsmaßnahmen wegen des unpolitischen Tötungsdelikts erfolgt seien, dass ihrem Ehemann zur Last gelegt worden sei.

7

Die Kläger haben am 06.12.2013 Klage erhoben.

8

Sie machen geltend, dass die Klägerin zu 1. sowie auch ihr Ehemann Mitglied in der BDP gewesen seien. Mitglieder der prokurdischen Parteien und Organisationen in der Türkei seien politischer Verfolgung ausgesetzt. Die Klägerin zu 1. habe nicht gewusst, dass es einen Haftbefehl gegen ihren Ehemann gegeben habe, da der Ehemann ihr gegenüber ausdrücklich dargelegt habe, dass in dem Strafverfahren, dass u.a. auch gegen ihn geführt worden sei, er kein Mittäter gewesen sei. Die Klägerin zu 1. und ihre Kinder hätten keine inländische Fluchtalternative. Die Klägerin zu 1. habe keinen Beruf erlernt und sei nie berufstätig gewesen.

9

Die Kläger beantragen,

10

den Bescheid vom 15.11.2013 aufzuheben,

11

die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hinsichtlich der Klägerin zu 2., des Klägers zu 3. und der Klägerin zu 4. jedoch erst zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Klägerin zu 1. bestands- oder rechtskräftig geworden ist;

12

hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, hinsichtlich der Klägerin zu 2., des Klägers zu 3. und der Klägerin zu 4. jedoch erst zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung über die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus der Klägerin zu 1. bestands- oder rechtskräftig geworden ist;

13

hilfsweise festzustellen, dass für die Kläger Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

14

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

15

die Klage abzuweisen.

16

Sie beruft sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung.

17

Die Kammer hat den Rechtsstreit gemäß § 76 AsylG auf den Einzelrichter übertragen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogene Bundesamtsakte der Kläger, des Ehemannes der Klägerin zu 1. Herrn XXX A. sowie die beigezogenen Akten des Generalstaatsanwalts Schleswig-Holstein betreffend das Auslieferungsverfahren gegen den Ehemann der Klägerin zu 1. Herrn XXX A. verwiesen.

Entscheidungsgründe

19

Eine Entscheidung konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergehen, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen wurde und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

20

Die zulässige Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO ist begründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 15.11.2013 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Die Kläger haben einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

21

Für die gerichtliche Beurteilung und des Verpflichtungsbegehrens der Kläger ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen.

22

Der Anspruch der Klägerin zu 1. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft folgt aus § 3 Abs. 1 AsylG. Hiernach ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

23

Die Verfolgungsfurcht ist begründet, wenn dem Antragsteller bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände des Falles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, in sein Heimatland zurückzukehren (vgl. BVerwG, Urteil vom 01. Juni 2011 - 10 C 25.10 -).

24

Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) enthält zudem eine Beweiserleichterung dahingehend, dass die Tatsache, dass der Antragsteller bereits verfolgt wurde, ein ernsthafter Hinweis darauf ist, dass die Furcht des Antragstellers begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung bedroht ist.

25

Zwischen dem geltend gemachten Verfolgungsgrund und den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG). Zudem wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3 e Abs. 1 AsylG).

26

Der Klägerin zu 1. droht im Falle einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund ihrer politischen Überzeugung durch den türkischen Staat.

27

Die Klägerin zu 1. ist im November 2011 vorverfolgt aus der Türkei ausgereist.

28

Die Klägerin zu 1. hat im Rahmen der in der mündlichen Verhandlung erfolgten persönlichen Anhörung glaubhaft, detailreich und widerspruchsfrei geschildert, dass sie erstmals im Jahre 2010 nach dem Newroz-Fest von drei Zivilpolizisten aufgrund des Tragens der kurdischen Flagge festgenommen worden ist und dahingehend eingeschüchtert worden ist, derartige Veranstaltungen nicht mehr zu besuchen. Vor den Abgeordneten-Wahlen im Juli 2011 war sie auf einer Wahlveranstaltung der BDP (Baris Demokrasi Partisi), dessen Mitglied sie zum damaligen Zeitpunkt gewesen ist, und auf dem Heimweg von dieser Veranstaltung wurde sie von drei Zivilpolizisten gewaltsam in ein Fahrzeug verbracht. Sie ist dann nicht zur Polizeiwache, sondern in einen Keller geschleift worden, dort geschlagen und von den drei Zivilpolizisten vergewaltigt worden. Zwei der Zivilpolizisten waren identisch mit den Polizisten, die sie bereits nach dem Newroz-Fest im Jahre 2010 mitgenommen hatten. Nach der Vergewaltigung sprachen die Polizisten dann gemeinsam darüber, ob man die Klägerin zu 1. leben lassen solle oder nicht. Sie entschieden sich schließlich dazu, dass man die Klägerin zu 1. nicht töten brauche, da dies ihre Familie oder sie selbst erledigen werde. Von dem Schleifen in den Keller hat die Klägerin zu 1. Narben auf dem Rücken davon getragen.

29

Ende August 2011 ist die Klägerin zu 1. erneut von Zivilpolizisten mitgenommen worden, dieses Mal jedoch zur Polizeiwache. Die Zivilpolizisten haben zu ihr gesagt, dass sie bei der BDP weitermachen könne, da sie die Vergewaltigung niemandem erzählt habe. Die Klägerin zu 1. ist dann im Laufe dieses Gesprächs dahingehend erpresst worden, zehn Tage später zu einem Einkaufsmarkt zu kommen, um dort den Zivilpolizisten Informationen bezüglich der BDP und die Verbindungen der BDP zur PKK zu überbringen. Anderenfalls drohte man der Klägerin zu 1., dass für den Fall der Nichtbefolgung schlimme Sachen passieren würden.

30

Die Klägerin zu 1. ist dann mit ihren drei Kindern nach Istanbul geflohen und ist dort überwiegend bei ihrer Schwägerin untergekommen. Auch die Stiefmutter der Klägerin zu 1. lebt in Istanbul. Die Klägerin zu 1. ist personenstandsrechtlich im Zivilregister bei ihrer Stiefmutter gemeldet, wo auch ihr Vater lebt. Polizisten sind dann bei ihrer Stiefmutter in Istanbul gewesen und haben sich nach der Klägerin zu 1. erkundigt. Die Klägerin zu 1. hat sich von ihrer Stiefmutter sodann die Polizisten beschreiben lassen und anhand der Beschreibung der Stiefmutter wusste die Klägerin zu 1., dass es sich bei den vorstellig gewordenen Polizisten jedenfalls auch um einen Polizisten gehandelt hat, der auch an der Vergewaltigung beteiligt gewesen ist. Der Polizist war nämlich kräftig gebaut und hatte einen riesigen Kopf und so hat ihn ihre Stiefmutter auch beschrieben.

31

Das Gericht ist überzeugt davon, dass die Klägerin zu 1. aufgrund ihrer Verbindungen zur politischen Partei der BDP von staatlichen türkischen Sicherheitskräften vor ihrer Ausreise misshandelt, vergewaltigt, erpresst und damit verfolgt wurde, und ihr auch keine inländische Fluchtalternative innerhalb der Türkei aufgrund der Geschehnisse in Istanbul zustand.

32

Es existieren keine stichhaltigen Gründe im Sinne von Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) dahingehend, dass der Klägerin zu 1. im Falle einer Rückkehr in die Türkei nicht erneut vergleichbare Verfolgungshandlungen drohen.

33

Dass der Ehemann der Klägerin zu 1. in seiner Anhörung vor dem Bundesamt keine Verfolgung der Klägerin zu 1. vorgebracht hat, steht dieser Einschätzung in keinerlei Hinsicht entgegen. Die Klägerin zu 1. hat eigene Asylgründe vorgebracht, die eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigen.

34

An die Einschätzung der Generalstaatsanwaltschaft im Auslieferungsverfahren des Ehemannes der Klägerin zu 1. ist das Gericht nicht gebunden.

35

Der Klägerin zu 2., dem Kläger zu 3. und der Klägerin zu 4. stehen als minderjährige ledige Kinder der Klägerin zu 1. die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 26 Abs. 2, Abs. 5 AsylG zu, sobald die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Klägerin zu 1. bestands- oder rechtskräftig geworden ist (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 11.11.2014 - Au 2 K 14.30395 -, Rn. 40 - zitiert nach juris; BVerwG, Urteil vom 05.05.2009 - 10 C 21/08 -, Rn. 29 - zit. nach juris).

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylG.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 04. Dez. 2015 - 8 A 212/13

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 04. Dez. 2015 - 8 A 212/13 zitiert 12 §§.

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 11. Nov. 2014 - Au 2 K 14.30395

bei uns veröffentlicht am 11.11.2014

Tenor I. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Nr. 2 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 11. Juni 2014 verpflichtet, der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hinsichtlic

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

Tenor

I.

Die Beklagte wird unter Aufhebung der Nr. 2 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 11. Juni 2014 verpflichtet, der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hinsichtlich des Klägers zu 2 jedoch erst zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Klägerin zu 1 bestands- oder rechtskräftig geworden ist.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die am ... 1970 in ... geborene Klägerin zu 1, Mutter des am ... 2000 ebenfalls in ... geborenen Klägers zu 2, ist nach eigenen Angaben syrische Staatsangehörige, arabischer Volkszugehörigkeit, islamischer Glaubensrichtung. Sie reisten am 29. Juli 2013 von ... kommend in das Bundesgebiet ein und stellten am 6. August 2013 Asylantrag.

Die persönliche Anhörung der Kläger erfolgte am 20. März 2014. Insofern wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 11. Juni 2014 wurde den Klägern der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt (Nr. des Bescheids) und die Asylanträge im Übrigen abgelehnt (Nr. 2 des Bescheids). Der Bescheid wurde der Klagepartei am 21. Juni 2014 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 26. Juni 2014, eingegangen bei Gericht am 27. Juni 2014, ließen die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben mit dem Antrag,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. Juni 2014 in Ziffer 2 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Zur Begründung wurde unter Hinweis auf die obergerichtliche Rechtsprechung im Wesentlichen vorgetragen, dass syrische Asylbewerber, unabhängig von einer Vorverfolgung, wegen illegaler Ausreise aus Syrien, Asylantragstellung und dem längeren Aufenthalt im Ausland im Falle einer Rückkehr bedroht seien. Dieses Verhalten werde vom syrischen Staat als Ausdruck regimefeindlicher Gesinnung aufgefasst und entsprechend verfolgt.

Die Beklagte übersandte am 21. Juli 2014 die Behördenakten.

Mit Beschlüssen vom 23. Juli 2014 wurde die Entscheidung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter übertragen und den Klägern Prozesskostenhilfe gewährt. Die Beteiligten haben schriftsätzlich unter dem 28. Juli und 5. August 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Die Klägerin zu 1 hat zu dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, § 3 AsylVfG. Nr. 2 des insoweit rechtswidrigen Bescheids vom 11. Juni 2014 war daher aufzuheben.

Mit dem der Entscheidung zugrunde liegenden, am 1. Dezember 2013 in Kraft getretenen Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl 2013, 3474) hat die Bundesrepublik Deutschland die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes umgesetzt. In diesem Zuge (vgl. Art. 1 und 2 des Umsetzungsgesetzes) wurde die bisherige gesetzliche Regelung in § 60 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F., die die Flüchtlingsanerkennung auf der Grundlage des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK) und den europarechtlichen Abschiebeschutz betraf, zugleich in das Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) transferiert.

Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des GFK, wenn er sich

1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet,

2. außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,

a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder

b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Einem Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG, der nicht den Aberkennungsausnahmen nach § 3 Abs. 2 AsylVfG oder nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG unterfällt oder der den in § 3 Abs. 3 AsylVfG bezeichneten anderweitigen Schutzumfang genießt, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt (§ 3 Abs. 4 AsylVfG).

Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG, des Art. 1 A GFK und der Richtlinie 2011/95/EU gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG).

Zwischen den Verfolgungsgründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG i. V. m. § 3b AsylVfG) und den Verfolgungshandlungen (den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen, § 3a AsylVfG) muss für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylVfG).

Unter dem Verfolgungsgrund der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Asylantragsteller (§ 13 AsylVfG) in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylVfG genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob der Asylantragsteller aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist (§ 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG). Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe reicht es aus, wenn diese Merkmale dem Asylantragsteller von seinem Verfolger lediglich zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylVfG). Die in nationales Recht umgesetzte Richtlinie 2011/95/EU orientiert sich insoweit an dem aus dem angloamerikanischen Rechtsraum bekannten Auslegungsprinzip der „imputed political opinion“, wonach es ausreicht, dass ein Verfolger seine Maßnahmen deshalb gegen den Antragsteller richtet, weil er davon ausgeht, dass dieser eine abweichende politische Überzeugung vertritt (vgl. z. B. VG Saarlouis, U.v. 22.8.2013 - 3 K 16/13 - juris Rn. 16).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dem in Art. 16a GG verankerten Grundrecht aus Asyl kann eine politische Verfolgung auch dann vorliegen, wenn staatliche Maßnahmen gegen - an sich unpolitische - Personen ergriffen werden, weil sie der Gegenseite oder dem persönlichen Umfeld einer anderen Person zugerechnet werden, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist (BVerfG, B.v. 22.11.1996 - 2 BvR 1753/96 - AuAS 1997, 6). Dienen diese Maßnahmen zunächst der Ausforschung der Verhältnisse des Dritten, so kann ihnen die Asylerheblichkeit nicht von vornherein mit dem Argument abgesprochen werden, sie seien nicht gegen die politische Überzeugung des Betroffenen gerichtet (BVerfG, B.v. 28.01.1993 - 2 BvR 1803/92 - InfAuslR 1993, 142).

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), gilt einheitlich der Prognosemaßstab der tatsächlichen Gefahr. Dies gilt wegen der Symmetrie der Maßstäbe für die Anerkennung und das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft gleichermaßen. Dieser Maßstab ist mit demjenigen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit gleichzusetzen (BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Die Tatsache, dass ein Asylantragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Asylantragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw., dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (so bereits § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG a. F., der auf die unveränderte Vorgängernorm in Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG verweist). Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei, was etwa bei einem Widerruf der zuerkannten Flüchtlingseigenschaft Relevanz besitzt. Im Stadium der Prüfung eines Antrags auf Anerkennung als Flüchtling ist das Anforderungsniveau unterschiedslos gleich (EuGH, U.v. 2.3.2010 - C-175/08 - NVwZ, 2010, 505; BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22).

Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist (§ 28 Abs. 1a AsylVfG). Für subjektive Nachfluchttatbestände, die bereits während eines Erstverfahrens verwirklicht worden sind, greift damit keine Einschränkung. Für die Flüchtlingsanerkennung müssen diese - anders als bei der Asylanerkennung gem. § 28 Abs. 1 AsylVfG - nicht einmal auf einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung beruhen (BVerwG U.v. 18.12.2008 - 10 C 27.07 - BVerwGE 133, 31; OVG LSA U.v. 18.7.2012 - 3 L 147/12 - juris Rn. 26). Auch soweit die begründete Furcht vor Verfolgung auf Nachfluchtgründen beruht, reicht es bei der Prüfung der Verfolgungsgründe aus, wenn diese Merkmale dem Asylantragsteller von seinem Verfolger lediglich zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylVfG).

Hat keine relevante Vorverfolgung stattgefunden, so kann Schutz nach § 3 AsylVfG weiterhin nur derjenige beanspruchen, der politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat. Dabei gilt unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum inhaltsgleichen bisherigen § 60 Abs. 1 AufenthG a. F., dass eine Verfolgungsgefahr für einen nicht verfolgt Ausgereisten und damit dessen begründete Furcht vor Verfolgung nur dann vorliegt, wenn ihm bei verständiger, nämlich objektiver Würdigung der gesamten Umstände seines Falles mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren (vgl. z. B. BVerwG, B.v. 7.2.2008 - 10 C 33.07 - AuAS 2008, 118).

Entscheidend ist, ob bei „qualifizierender“ Betrachtungsweise aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann und deshalb eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Die Betrachtung ist weder auf einen quantitativ zu ermittelnden überwiegenden Wahrscheinlichkeitseintritt reduziert, noch ist der quantitative Aspekt ausgeschlossen. Bei der vorzunehmenden „zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts“ müssen die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Die Zumutbarkeit bildet das vorrangige qualitative Kriterium bei der Beurteilung, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Bei quantitativ nicht überwiegender Wahrscheinlichkeit (mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50%) einer Gefahr kann eine politische Verfolgung gegeben sein, wenngleich die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht ausreicht, da ein vernünftig denkender Mensch sie außer Betracht lässt. Wenn sich aus den Gesamtumständen des Falles die reale Möglichkeit einer Verfolgung ergibt, riskiert kein verständiger Mensch die Rückkehr in das Herkunftsland. Bei der Abwägung aller Umstände bezieht der verständige, besonnen und vernünftig denkende Betrachter neben dem Alter des potentiellen Rückkehrers auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem Umfang ein. Es besteht ein erheblicher Unterschied, ob die Gefahr z. B. eines Verhörs ohne Folter, einer Inhaftierung über Stunden, Tage, Monate, Jahre, der Folter oder aber des „Verschwindenlassens“ oder der Todesstrafe droht (BVerwG, U.v. 1.6.2011 a. a. O.; B.v. 7.2.2008 - 10 C 33.07 - ZAR 2008, 192).

Zur Überzeugung des erkennenden Gerichts ist die Klagepartei zu 1. als syrische Flüchtlingsschutzsuchende unabhängig von einer Vorverfolgung aufgrund der aktuellen Situation in Syrien aus beachtlichen Nachfluchtgründen von Verfolgung wegen ihrer illegalen Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung und ihrem Aufenthalt im Ausland (mit längerfristigem Aufenthaltszweck) bedroht. Diese Handlungen werden vom syrischen Staat derzeit als Ausdruck regimefeindlicher Gesinnung aufgefasst, so dass ein Asylantragsteller bei einer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Anknüpfung an seine tatsächliche oder jedenfalls vermutete politische Überzeugung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hat. Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist deshalb zu bejahen (vgl. z. B. HessVGH, B.v. 27.1.2014 - 3 A 917/13.Z.A - InfAuslR 2014, 80; VGH BW, B.v. 29.10.2013 - A 11 S 2046/13 - juris Rn. 6; B.v. 19.6.2013 - A 11 S 927/13 - juris Rn. 11 ff.; OVG LSA, U.v. 18.7.2012 - 3 L 147/12 - juris; VG München, U.v. 9.7.2014 - M 22 K 14.30752 - juris; VG Regensburg, G.v. 10.5.2013 - RN 6 K 12.30192 - juris; VG Gießen, G.v. 17.7.2014 - 2 K 3472/12.GI.A - juris; VG Minden, U.v. 31.7.2014 - 1 K 3532/13.A - juris).

Nach der sich aus der Berichterstattung in den Medien ergebenden Auskunftslage und der Auswertung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel ist davon auszugehen, dass der syrische Staat das Stellen eines Asylantrages im Zusammenhang mit einer illegalen (ungenehmigten) Ausreise und dem entsprechenden Aufenthalt im westlichen Ausland generell - mithin in stigmatisierender Weise - als Anknüpfung und Ausdruck einer politischen missliebigen Gesinnung, also als Kritik am herrschenden System ansieht, die das Gebot der Loyalität gegenüber dem eigenen Staat verletzt. Dieses Verhalten wird - ungeachtet einer oppositionellen Haltung des Einzelnen - vom syrischen Staat generell und unterschiedslos als Ausdruck regimefeindlicher Gesinnung aufgefasst. Rückkehrer haben mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Anknüpfung an ihre tatsächliche oder jedenfalls vermutete politische Überzeugung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen. Es liegen damit beachtliche Nachfluchtgründe gemäß § 28 Abs. 1a AsylVfG vor. Wegen der illegalen Ausreise, der Asylantragstellung und dem Aufenthalt im Ausland ist von einer drohenden „Einzelverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit“ auszugehen (vgl. zur Abgrenzung von der Gruppenverfolgung BVerwG B. v. 22.2.1996 - 9 B 14.96 - DVBl 1996, 624).

Dieser Schluss rechtfertigt sich aus mehreren Gründen, nämlich der Behandlung von Personen, die bis zum Erlass des generellen Abschiebestopps im April 2011 aus der Bundesrepublik Deutschland und anderen europäischen Staaten nach Syrien abgeschoben wurden, die umfassende Beobachtung von syrischen Staatsangehörigen im Ausland durch die verschiedenen syrischen Geheimdienste, die Eskalation der innenpolitischen Situation in Syrien seit März 2011 sowie dem Umgang der syrischen Behörden in Syrien insbesondere seit Beginn 2012 mit Personen, die aus Sicht der syrischen Behörden verdächtig sind, die Opposition zu unterstützen (ebenso OVG LSA, U.v. 18.7.2012 a. a. O.; VG München, U.v. 9.7.2014 a. a. O.).

Wegen der vom syrischen Regime ausgehenden Willkürhandlungen verschließt sich eine inhaltliche Bewertung oder Qualifizierung in Bezug auf die Nachfluchtgründe der Ausreise, des Aufenthaltes und der Asylantragstellung im Ausland im Einzelnen. Es ist nicht erkennbar, ob die syrischen Sicherheitsbehörden innerhalb dieser Anknüpfungspunkte etwa nach Art und Dauer des Aufenthalts im Ausland differenzieren und gewichten. Allein die Ausreise und damit die fehlende Einflussnahme auf das Staatsvolk werden vom syrischen Regime als oppositionelle Haltung angesehen.

Das erkennende Gericht stützt gleichermaßen wie die oben in Bezug genommene Rechtsprechung seine Bewertung auf die dort und nachfolgend dargestellten Erkenntnisse.

Personen, die im Rahmen des Anfang 2009 in Kraft getretenen deutsch-syrischen Rückübernahmeabkommens nach Syrien zurückgeführt worden sind, wurden bei ihrer Einreise in der Regel zunächst durch die Geheimdienste über ihren Auslandsaufenthalt und den Grund ihrer Abschiebung befragt und z.T. (mehrwöchig) inhaftiert (Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 27.9.2010, S. 19 f.). Bereits vor dem Erstarken der Protestbewegung gegen die syrische Regierung im März 2011 lagen in diesem Zusammenhang eine Vielzahl von Erkenntnissen über willkürliche Verhaftungen sowie über körperliche und psychische Misshandlungen von abgeschobenen syrischen Staatsangehörigen durch syrische Behörden, insbesondere den syrischen Geheimdienst, vor. Amnesty International (AI) dokumentierte eine Reihe von Fällen, in denen seit 2009 abgelehnte Asylbewerber nach ihrer Abschiebung (aus Deutschland und anderen europäischen Staaten) festgenommen und ohne Kontakt zur Außenwelt unter erheblicher Foltergefahr von den Geheimdiensten inhaftiert wurden (AI, Menschenrechtslage in Syrien, Bericht vom 14.3.2012).

Ein gefahrerhöhendes Moment für Rückkehrer stellt die seit der Eskalation des syrischen Konflikts gesteigerte Aktivität der syrischen Geheimdienste - auch in der Bundesrepublik - dar. Die Geheimdienste spielen für das syrische Regime eine wesentliche Rolle. Der Staatspräsident stützt seine Herrschaft in besonderem Maße auf die militärischen und zivilen Geheimdienste. Es gibt vier große Sicherheitsdienste, die unabhängig voneinander alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens kontrollieren. Unabhängig von der offiziellen organisatorischen Zuordnung sind die Geheimdienste unmittelbar nur dem Staatspräsidenten gegenüber verantwortlich. Ihre Befugnisse unterliegen keinen definierten Beschränkungen. Jeder Geheimdienst unterhält in Syrien eigene Gefängnisse und Verhörzentralen, bei denen es sich um rechtsfreie Räume handelt (s.u.). Syrische Geheimdienste sind auch in Deutschland aktiv (Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Ergänzungsbericht vom 17.2.2012). Laut dem Verfassungsschutzbericht 2012 unterhalten syrische Nachrichtendienste eine (legale) Residentur an der syrischen Botschaft in Berlin und führen von dort aus ein Agentennetz im Bundesgebiet. Der Verfassungsschutz verzeichnet seit der Eskalation der Auseinandersetzungen in Syrien im Frühling 2011 eine deutliche Zunahme der geheimdienstlichen Aktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Verfassungsschutzbericht 2012 des Bundesministeriums des Innern; http://www.verfassungsschutz.de /de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/verfassungsschutzberichte). Ziel ist vor allem die Ausforschung von oppositionellen Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus Sicht des Regimes eine Gefahr darstellen, wie Regimegegner und Oppositionelle, insbesondere auch die Ausspähung von Demonstrationen. Bereits in mehreren Fällen wurden von den deutschen Behörden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit eingeleitet, mehrere syrische Botschaftsangehörige wurden wegen Spionageverdachts ausgewiesen (siehe auch: www.sueddeutschezeitung.de vom 13.2.2012 - Mit Assads Spitzeln auf Du und Du; Der Spiegel, 30.7.2012 - Wolke 7; Spiegel Online, 4.12.2013 - Bundesanwaltschaft klagt mutmaßlichen Assad-Spion an). Nach alledem besteht ein verschärftes Interesse des syrischen Regimes an Auslandsaktivitäten geflüchteter Landsleute.

Die Gefahr, in den Verdacht einer regimekritischen Gesinnung zu geraten und deshalb bei Rückkehr verhaftet und im Rahmen der Befragung misshandelt zu werden, hat sich durch die Eskalation der innenpolitischen Lage in Syrien erhöht (ebenso VG Hannover, U.v. 8.5.2013 - 1 A 5409/12 - juris Rn. 69). Folter und andere Misshandlungen, bis hin zu Todesfällen im Gewahrsam syrischer Sicherheitskräfte und verbündeter Milizen können jeden treffen, der ins Blickfeld des syrischen Regimes gerät, auch Frauen und Kinder. Ziel ist, Informationen zu erhalten, Geständnisse zu erpressen, mutmaßliche Regierungsgegner zu drangsalieren und zu bestrafen. Folter wird systematisch praktiziert. Todesfälle in Gewahrsam sind in vielen Fällen auf Folter zurückzuführen. Das „Verschwindenlassen“ von Personen ist in Syrien schon seit Ende der 70er Jahre Mittel des Machtgebrauchs der Regierungskräfte und die Zahl verschwundener Personen geht in die Zehntausende. Angehörige der Regierungskräfte, Sicherheitskräfte oder Milizen müssen sich für Foltervergehen, Misshandlungen, Todesfälle oder Fällen des „Verschwindenlassens“ strafrechtlich nicht verantworten. Die Verantwortlichen für schwere Menschenrechtsverletzungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen werden von der Regierung nicht zur Rechenschaft gezogen. Aufklärung findet nicht statt. Es herrscht weiterhin ein Klima der Straflosigkeit, noch verschärft durch ein Gesetz, das den Angehörigen der Sicherheitskräfte strafrechtliche Immunität bei rechtswidrigen Tötungen, Folter, „Verschwindenlassen“ und andere Menschenrechtsverletzungen garantiert. Die Haftbedingungen sind katastrophal in den überfüllten Gefängnissen. Zugang zu juristischer Prüfung, Anspruch auf Rechtsbeistand oder Information der Familien besteht nicht (Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Ergänzungsbericht vom 17.2.2012). Nach jüngeren Medienberichten gibt es Hinweise für Folter und „Tötungen im industriellen Ausmaß“ an syrischen Häftlingen (Süddeutsche Zeitung vom 22.1.2014 - Die Handschrift des Teufels; FAZ.NET vom 21.1.2014 - Assad lässt Häftlinge systematisch foltern).

Das syrische Regime geht seit Ausbruch der Unruhen im März 2011 mit massiver Gewalt gegen tatsächliche und vermeintliche Oppositionelle vor (Zeit online vom 23.2.2013). Das Auswärtige Amt spricht von einer präzedenzlosen Verhaftungswelle gegen die Protestbewegung (Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Ergänzungsbericht vom 17.2.2012).

Unter Menschenrechtsverteidigern ist der Eindruck verbreitet, das syrische Regime gehe mit besonderer Härte gegen diejenigen Personen vor, denen nachgewiesen werden könne, dass sie Informationen über die Lage im Land an ausländische Medien weitergeben. Internetnutzung wird überwacht und reguliert (Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Ergänzungsbericht vom 17.2.2012). Nach dem Syrischen Strafgesetzbuch wird mit Freiheitsstrafe bestraft, wer in Syrien in Kriegszeiten oder in Erwartung eines Krieges Behauptungen aufstellt, die das Nationalgefühl schwächen (Art. 285), wissentlich falsche oder übertriebene Nachrichten verbreitet, die zur Schwächung des Nationalgefühls führen (Art. 286). Ebenso wird jeder syrische Staatsangehörige nach Art. 287 mit Freiheitsstrafe bestraft, der im Ausland wissentlich falsche oder übertriebene Informationen verbreitet, die dem Ansehen des Staates oder dessen finanzieller Position schaden (Auszug Syrische Strafgesetzartikel in www.Kurdwatch.org). Das Meinungsmonopol liegt letztlich beim syrischen Regime. Meinungs- und Pressefreiheit wird nach Art. 38 der Syrischen Verfassung unter dem Zusatz gewährt, dass jeder Bürger das Recht habe, „konstruktive Kritik zu üben in einer Art und Weise, die die Stabilität der inneren und nationalen Strukturen bewahren und das sozialistische System stärken“. Wenngleich durch das im Sommer 2011 erlassene neue Mediengesetz, das das Pressegesetz von 2001 ersetzte, ein Recht des Bürgers auf Informationsfreiheit anerkannt und die Zensurreichweite eingeschränkt wird, hat sich die Pressefreiheit faktisch nicht verbessert, vielmehr wurde die Presse- und Meinungsfreiheit stark verringert (Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Ergänzungsbericht vom 17.2.2012). Auch im Ausland ist der syrische Nachrichtendienst seit Jahren planmäßig ausforschend tätig. Schon der bloße Verdacht oppositioneller Umtriebe oder exilpolitischer Betätigung, die bereits niederschwellig angenommen wird, führt zu einem besonders hohen Folterrisiko (Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Ergänzungsbericht vom 17.2.2012). Die Abneigung des Regimes gegen die westliche Haltung ergibt sich zudem auch aus der Medienberichterstattung (vgl. hierzu VG Magdeburg, G.v. 29.4. 2013 - 9 A 185/12 - juris Rn. 43 ff.).

Wesentlich für den politischen Charakter der Verfolgungshandlung, der der aus der Bundesrepublik Deutschland zurückkehrende Asylbewerber mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt sein wird, ist auch, dass nach der offiziellen Lesart des syrischen Regimes für die Unruhen im Land Kräfte aus dem Ausland verantwortlich sind (Spiegel online vom 5.2.2013, Interview mit Syriens Vize-Außenminister). Der syrische Staat wird daher Rückkehrern, die - wie der syrische Staat weiß - die Situation in Syrien vom Ausland aus unter Zuhilfenahme unabhängiger Berichterstattung beurteilen konnten, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit oppositionelles Gedankengut unterstellen.

Auch die Beklagte geht davon aus, dass Rückkehrern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ernsthafter Schaden, insbesondere die Gefahr von Folter droht und gewährt daher subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylVfG. Angesichts der oben im Einzelnen dargestellten Hintergründe steht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass die befürchteten beachtlichen Gefahren an die vom syrischen Regime dem Betroffenen zumindest unterstellte politische Überzeugung bzw. an eine vermuteten Nähe zu exilpolitisch aktiven Gruppen anknüpfen und daher politisch motiviert sind. Es liegt im Falle eines totalitären Regimes, das sich rücksichtslos über die Integrität und Freiheit seiner Bürger um jeden Preis hinwegsetzt und sich in einem beispiellosen Machtkampf befindet, nahe, dass dieses gewissermaßen bis zum Beweis des Gegenteils von einer potentiellen Gegnerschaft bei Rückkehrern ausgeht. Ein realistisches anderes Erklärungsmuster als die politische Gerichtetheit der staatlichen Repressalien ist nicht ersichtlich. Die besondere Intensität der Eingriffe, von der die Beklagte selbst ausgeht, indiziert die bestehende Gerichtetheit (so z. B. VGH BW, B. v. 29.10.2013 - A 11 S 2046/10 - juris).

Angesichts der Gefahr, im Falle einer Rückkehr bereits an der Grenze verhaftet und von menschenrechtswidriger Behandlung bedroht zu sein, kann die Klägerin zu 1 auch nicht darauf verwiesen werden, dass sie in anderen Landesteilen vor drohender Verfolgung sicher ist, denn innerstaatliche Ausweichmöglichkeiten gibt es im Falle drohender staatlicher Repressionen in Syrien nicht (Auswärtiges Amt, Ad-hoc-Ergänzungsbericht vom 17.2.2012).

Der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft stehen auch nicht die Ausnahmetatbestände in § 3 Abs. 2, Abs. 4 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG entgegen. Anhaltspunkte für deren Vorliegen sind nicht ersichtlich und wurden von der Beklagten auch nicht vorgetragen.

Dem Kläger zu 2 steht als minderjährigem ledigem Kind der Klägerin zu 1 die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 26 Abs. 2 AsylVfG zu, sobald die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Klägerin zu 1 bestands- oder rechtskräftig geworden ist. Damit wird der in § 26 Abs. 2 AsylVfG genannten Rechtsvoraussetzung, dass die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar, d. h. im vorliegenden Fall rechtskräftig geworden sein muss, Rechnung getragen (BVerwG, U.v. 5.5.2009 - 10 C 21.08 - NVwZ 2009, 1308).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.