Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 10. Mai 2012 - 7 A 519/07

bei uns veröffentlicht am10.05.2012

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 2. April 2007 vom Zeitpunkt ihres Erlasses bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 in allen Regelungspunkten rechtswidrig gewesen ist.

Es wird ferner festgestellt, dass die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 2. April 2007 im Zeitraum danach bis zum Erlass der Änderungsverfügung vom 21. April 2009 insoweit rechtswidrig gewesen ist, als dem Kläger unter Zwangsgeldandrohung zum einen untersagt wurde, in anderer Weise als über das Internet in Mecklenburg-Vorpommern Sportwetten anzubieten, sowie zum anderen untersagt wurde, in Mecklenburg-Vorpommern für illegale Sportwetten oder illegale Glücksspiele Werbung zu betreiben, soweit diese letztgenannte Untersagung die Geschäftstätigkeit des Klägers außerhalb des Internets zum Gegenstand gehabt hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu zwei Dritteln und der Beklagte zu einem Drittel.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von elf Zehnteln des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von elf Zehnteln des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die zwangsgeldbewehrte Untersagung des Anbietens, Bewerbens, Abschlusses und Vermittelns von Sportwetten, die der Beklagte ihm gegenüber verfügte.

2

Er ist unter der im Rubrum angegebenen Anschrift und seit 2006 unter der dort genannten Firma gewerblich tätig; die im Handelsregister A Nr. XXX beim Amtsgericht C-Stadt eingetragene Firma lautete zuvor „…“, davor „O.“, zwischenzeitlich mit dem Klammerzusatz „(A-Stadt)“. Nach seinen Angaben hat der Kläger bei Klageerhebung 51 Mitarbeiter beschäftigt.

3

Am 11. April 1990 erteilte ihm der Rat des Kreises D-Stadt, Bezirk C-Stadt, gemäß seinem zwei Tage zuvor gestellten Antrag auf der Grundlage des Gewerbegesetzes vom 6. März 1990 (GBl. I S. 138) – GewG – die Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten unter der im Rubrum genannten Anschrift ab dem 1. Mai 1990. In dem Antrag hatte der damals XX-jährige, in der Region geborene Kläger angegeben, das Gewerbe unter der Bezeichnung „Sport-Wetten A-Stadt“ ausüben zu wollen. Über eine Genehmigung des Ministers des Inneren nach der Sammlungs- und Lotterieverordnung vom 18. Februar 1965 (GBl. II S. 238) – SlgLottVO – verfügte der Kläger nie.

4

Nach seinem Vorbringen übte er sein Gewerbe beanstandungsfrei aus und — unter Anpassung an zeitgenössische Anforderungen — durchgehend von dem genehmigten Unternehmenssitz aus. Das … Staatsministerium des Innern prüfte ausweislich eines Schreibens an das Landratsamt D-Stadt Anfang 1994 einen Widerruf der Genehmigung, die es für wirksam hielt, nach § 49 des dortigen Verwaltungsverfahrensgesetzes und nach § 35 der Gewerbeordnung. Hierzu kam es allerdings nicht.

5

Nach seinem Vorbringen zu Verfahrensbeginn veranstaltete der Kläger „Briefwetten mit ausländischen Kunden“ auf eigene Rechnung. Danach beschränkte sich sein Geschäftsfeld nach seinen Angaben ausschließlich auf die Vermittlung von Wetten über das Internet an seine ausländische Geschäftspartnerin. An dem klägerischen Unternehmen ist bis in das vorbereitende gerichtliche Verfahren die österreichische Fa. I AG als atypisch-stille Gesellschafterin zu 50 % beteiligt gewesen. Deren weiterem Tochterunternehmen, der im Freihafen von Gibraltar ansässigen Fa. B Ltd., hat das klägerische Unternehmen Sportwetten vermittelt. Die Fa. B Ltd. hat über eine jährlich verlängerbare Genehmigung („Gaming Licence No. XXX“) der Regierung von Gibraltar verfügt, die auf durch Kommunikationsmedien vermittelte Wett-Spiele mit festen Gewinnquoten beschränkt war („restricted to remote gambling fixed-odds bet“). Die Lizenzvereinbarung zwischen der als sog. remote gambling operator lizenzierten Fa. B Ltd. und ihren Lizenznehmern wie dem Kläger, die der Genehmigung zugrunde lag, wird in einem vom Kläger vorgelegten Schreiben des Finanzministeriums von Gibraltar mit dem Passus zitiert, dass „sich die Bewerbung von und die Reklame für Glücksspielaktivitäten nur an Bürger jener Staaten richten darf, in denen die Ausübung dieser Tätigkeiten nicht gesetzwidrig ist, und dass der Lizenznehmer einer Person gegenüber keine Glücksspielleistungen erbringt, wenn die Erbringung dieser Leistungen durch den Lizenznehmer nach anwendbarem Recht gesetzwidrig wäre“. Aufgrund seiner Lizenzvereinbarung hat der Kläger den nach der internationalen „Dachmarke“ benannten Netzsitus http://www.….de, der von der Fa. DENIC e. G. der Fa. B Ltd. zugewiesen gewesen ist, genutzt, d. h. administriert und redigiert.

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Nach einer Anhörung des Klägers unter dem 31. Juli 2006, zu der sich zwei klägerische Bevollmächtigte äußerten, erließ der Beklagte unter dem 2. April 2007 den ersten angegriffenen Bescheid. Unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Tenorpunkt 2.) untersagte er damit dem Kläger, (1.1.) in Mecklenburg-Vorpommern Sportwetten über das Internet oder auf andere Weise anzubieten, (1.2) mit Spielteilnehmern in Mecklenburg-Vorpommern Sportwetten über das Internet abzuschließen, (1.3) in sonstiger Weise Sportwetten zu veranstalten oder zu vermitteln, an denen Spieler in Mecklenburg-Vorpommern über das Internet teilnehmen können, und (1.4) in Mecklenburg-Vorpommern Werbung für illegale Sportwetten oder Glücksspielangebote zu betreiben. Ferner drohte er ihm für den Fall, dass er nicht innerhalb zweier Wochen der Verfügung nachkomme, „ein Zwangsgeld für die unter Ziff. 1.1 bis 1.4 beschriebenen Handlungen in Höhe von jeweils 50.000 EUR“ an (Punkt 3.). Die Verfügung war auf § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland von 2003/2004 (GVOBl. M-V 2004 S. 258, 259) – LottStV – und § 13 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes – SOG M-V – gestützt und diente nach ihrer Begründung der Unterbindung von durch § 284 des StrafgesetzbuchsStGB – und den LottStV verbotenen Handlungen des Klägers.

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Gegen die Untersagungsverfügung wendet sich der Kläger mit der Klage vom 16. April 2007. Ein gleichzeitig gestellter Antrag auf Wiederherstellung von deren aufschiebender Wirkung hat Erfolg gehabt (Beschlüsse der Kammer vom 14. Oktober 2008 – 7 B 196/07 – und — erkennbar hierauf bezogen — des Oberverwaltungsgerichts für das Land Mecklenburg-Vorpommern – OVG M-V – vom 29. Januar 2009 – 2 M 151/08 –, juris).

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Unter dem 21. April 2009 hat der Beklagte einen Änderungsbescheid erlassen. Damit hat er die Untersagungsverfügung vom 2. April 2007 unter deren Aufhebung im Übrigen dahingehend geändert, dass er (1.) dem Kläger untersagt hat, (a) in Mecklenburg-Vorpommern Glücksspiele, insbesondere Sportwetten, über das Internet anzubieten, (b) mit Spielteilnehmern in Mecklenburg-Vorpommern Glücksspiele, insbesondere Sportwetten, über das Internet abzuschließen und (c) in sonstiger Weise Glücksspiele, insbesondere Sportwetten, zu veranstalten oder zu vermitteln, soweit Spieler in Mecklenburg-Vorpommern an diesen über das Internet teilnehmen können, ferner (2.), „falls“ der Kläger „der Untersagungsanordnung nicht nachkomm[e]“, „ein Zwangsgeld für die unter Ziff. 1 beschriebenen Handlungen in Höhe von jeweils 50.000 EUR angedroht“ hat. In der Begründung heißt es, die Verfügung vom 2. April 2007 werde gemäß § 49 Abs. 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes – VwVfG M-V – aufgehoben, soweit die Untersagung den „terrestrischen Vertriebsweg“, also das Anbieten von Sportwetten auf andere Weise als über das Internet, betreffe. Im Übrigen bleibe es gemäß § 4 Abs. 4 des Glücksspielstaatsvertrags von 2007 – GlüStV – aus den in der Verfügung benannten Gründen bei dem Verbot, Sportwetten über das Internet zu vertreiben.

9

Der Kläger hat im vorbereitenden Verfahren mitgeteilt, schon seit 2006 im Hinblick auf die Neuordnung des deutschen Glücksspielrechts ein „Werbemoratorium“ eingeleitet zu haben. In der mündlichen Verhandlung hat er angegeben, er habe vor etwa zwei Jahren auf den Druck anderer Bundesländer hin seinen internetgestützten Betrieb vollständig aufgeben müssen; die „Dachmarke“ werde derzeit von anderen Unternehmen genutzt. Auf dem Netzsitus der Glückspielaufsicht von Gibraltar findet sich kein Hinweis mehr auf die anfangs vom Kläger und seiner Geschäftspartnerin genutzte Lizenz.

10

Zur Begründung der Klage trägt der Kläger, mit Hinweis auf sein Vorbringen im Eilverfahren, im Wesentlichen vor: Die Untersagungsverfügung sei in beiden Varianten rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten. Seine gewerbliche Tätigkeit sei bereits aufgrund der Genehmigung nach § 3 GewG erlaubt; diese wirke gemäß Art. 19 Abs. 1 des Einigungsvertrags – EV – kraft bundesrechtlicher Anordnung über die Grenzen Sachsens hinaus fort. Das „Sportwettenurteil“ des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – (vom 28. März 2006 – 1 BvR 1054/01 –), das für den Zeitraum bis Ende 2007 äußerte, das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch Private und das Vermitteln nicht staatlich veranstalteter Wetten könne als verboten betrachtet werden, lasse außer Acht, dass nicht nur die Berufsfreiheit, sondern auch die europarechtlich begründete Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit ein staatliches Monopol allenfalls dann als gerechtfertigt anerkennten, wenn es in kohärenter Weise in dem überragend wichtigen Gemeinschaftsgut der Eindämmung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht dienende Maßnahmen eingebettet sei. Dies sei, nach wie vor, nicht der Fall. Auch die — ausdrücklich Tätigkeiten wie die klägerische untersagenden — Regelungen des GlüStV und deren Umsetzung hätten insoweit keine entscheidende Änderung bewirkt und müssten schon daher, wie zuvor die Regelungen aus der Zeit des LottStV, aus verfassungs- und europarechtlichen Gründen hintanstehen. Der Kläger legt umfänglich dar, wie staatliche oder staatlich beherrschte Glücksspielanbieter durch Werbung der Eindämmung der Wettsucht entgegenwirkten, dass es an den notwendigen Grundlagenuntersuchungen über Wirkweise und Ausmaß der Wettsucht fehle, dass das Glücksspielgeschehen in seinen zahlreichen Formen Restriktionen oder Freigaben unterschiedlichsten Ausmaßes unterliege, was mit der Gefährlichkeit der jeweiligen Glücksspielform nicht zu begründen sei, und dass zahlreiche Indizien erkennen ließen, dass staatliche Glücksspielveranstalter im fiskalischen Interesse und aus Interessen der Wirtschafts- und Tourismusförderung eine Ausweitung des Glücksspielgeschehens anstrebten. Das Gericht möge insoweit Tatsachenaufklärung betreiben. In diesem Zusammenhang regt der Kläger die Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes – EuGH – an. In seinem, des Klägers, Fall, komme hinzu, dass auch der GlüStV nicht in seine bestehende gewerberechtliche Erlaubnis eingreife; bei den Verhandlungen vor seinem Abschluss sei vielmehr klar gewesen, dass seiner und die drei Parallelfälle von DDR-Erlaubnisinhabern einer gesonderten Regelung zugeführt werden sollten. Sofern man dagegen eine Eingriffsermächtigung für den Beklagten bejahe, verletze die Untersagungsverfügung jedenfalls das Übermaßverbot; ihm, dem Kläger, sei es schon technisch nicht möglich, im Internet und gleichwohl nicht in Mecklenburg-Vorpommern tätig zu sein und dortige Spielinteressenten von seinem Angebot auszunehmen.

11

Der Kläger hat in der Klageschrift einen Anfechtungsantrag gegen den Bescheid vom 2. April 2007 formuliert und mit am 23. April 2009 eingegangenem Schriftsatz die Änderungsverfügung vom 21. April 2009 in die Anfechtungsklage einbezogen. Vor dem Hintergrund durch die Untersagungsverfügung ausgelöster finanzieller Einbußen beantragt er nunmehr,

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die angefochtene Untersagungsverfügung vom 2. April 2007 in der Gestalt der Änderungsverfügung vom 21. April 2009 aufzuheben und darüber hinaus festzustellen, dass die angefochtenen Verfügungen von Anfang an rechtswidrig waren.

13

Der Beklagte beantragt

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Klageabweisung
und verteidigt seine Vorgehensweise, insbesondere unter Hinweis auf § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (eine Heftung) sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten des Verfahrens 7 B 196/07 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat teilweise Erfolg. Dies gilt bezogen auf die ursprüngliche Fassung der angegriffenen Untersagungsverfügung und insoweit hauptsächlich für die Zeit bis zum Inkrafttreten des GlüStV am 1. Januar 2008 (s. hierzu die Bekanntmachung vom 5. März 2008, GVOBl. M-V S. 102), danach nur in eingeschränktem Maße und bis zur Selbstkorrektur des Beklagten durch dessen Änderungsverfügung vom 21. April 2009. Für die hierauf folgende Zeit bleibt die Klage erfolglos.

17

Mit dem Aufhebungsbegehren, das nach der Antragsumstellung gegen die abgeänderte Untersagungsverfügung in ihrer gegenwärtigen Gestalt gerichtet ist und nur noch die Zeit ab der gerichtlichen Entscheidung betrifft, ist die Klage als — fristgemäß vom belasteten Adressaten erhobene — Anfechtungsklage im Sinne von § 42 und § 113 Abs. 1 Satz 1 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – zwar nach wie vor zulässig, aber insgesamt unbegründet.

18

Die im umgestellten Klageantrag formulierte Feststellung für den Zeitraum von der Bekanntgabe und kurzfristig folgenden ursprünglichen Anfechtung der Verfügung bis zu der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung begehrt der Kläger ebenfalls in zulässiger Weise. In Ansehung seiner beabsichtigten Schadensersatzforderung(, die auch für den Zeitraum nach der gerichtlichen Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht offensichtlich unbegründet erscheint,) ist ihm insbesondere das notwendige Interesse an einer gerichtlichen Feststellung zuzubilligen, wie sie bei dem angegriffenen, sich für ablaufende Zeiträume fortlaufend erledigenden Dauerverwaltungsakt nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft ist (s. den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwG – vom 5. Januar 2012 – 8 B 62.11 –, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – NVwZ – 2012, S. 510 [511 f.]). Die Klage ist insoweit aber nur teilweise begründet.

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Soweit es um die Zeit vor dem Inkrafttreten des GlüStV geht, ist die angegriffene Verfügung (in ihrer Ursprungsfassung) rechtswidrig gewesen.

20

Für ihren Erlass zuständig war allerdings der Beklagte, dem im Verwaltungsverfahren auch keine allgemeinen formellen Fehler unterliefen. Im Jahre 2007 konnte jener, wie erfolgt, seine Zuständigkeit aus § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LottStV herleiten, der durch das Zustimmungsgesetz vom 24. Juni 2004 Landesrecht geworden und am 1. Juli 2004 in Kraft getreten war. Die Vorschrift ermächtigte „die zuständige Behörde“, die nach Satz 1 „im öffentlichen Interesse darüber zu wachen hat[te], dass […] unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben“, zu den „erforderlichen Maßnahmen“, „insbesondere“ dazu, „die Veranstaltung unerlaubten Glücksspiels [zu] untersagen“. Als „zuständige Behörde“ war der Beklagte gemäß § 12 Abs. 2 und 3 des (durch § 23 Abs. 2 des Glücksspielstaatsvertragsausführungsgesetzes vom 14. Dezember 2007 [GVOBl. M-V S. 386] – GlüStVAG M-V – aufgehobenen) Lotteriegesetzes vom 24. Oktober 2001 (GVOBl. M-V S. 401) anzusehen; insoweit handelte es sich bei ihm um eine Landesordnungsbehörde im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SOG M-V. Dass der Beklagte sich im Bescheid auf §§ 4 und 5 SOG M-V bezog, die im vorliegenden Zusammenhang nur schwer zu instrumentalisieren sind, ist ebenso unschädlich wie die Anführung von § 13 SOG M-V; diesem geht § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LottStV als Spezialvorschrift vor, die indessen vom Ermächtigungsumfang und der Ermessenseröffnung her inhaltsgleich ist.

21

Die Verfügung war jedoch rechtswidrig, da die materiellen Voraussetzungen für ihren Erlass nicht vorlagen.

22

Denn zwar veranstaltete der Kläger durch die Vermittlung von Internet-Sportwetten gemeinsam mit der Muttergesellschaft seines Unternehmens ein Glücksspiel (vgl. nur das Urteil des BVerwG vom 23. August 1994 – 1 C 18.91 –, amtliche Entscheidungssammlung BVerwGE Bd. 96, S. 293 [295 f.], sowie die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Dresden vom 16. Oktober 2006 – 14 K 1711/06 –, juris Rdnr. 21 [zu § 284 StGB], und Düsseldorf vom 24. Juni 2009 – 27 L 1131/08 –, juris Rdnr. 59 – 92), und er warb auch hierfür. Dies war ihm jedoch erlaubt, so dass der Beklagte hiergegen nicht zur Bekämpfung unerlaubten Glücksspiels vorgehen durfte. Die Kammer hält nach Überprüfung an ihrer bereits im Eilverfahren vorgenommenen, vom OVG M-V gebilligten Bewertung der Sach- und Rechtslage fest, für die die dem Kläger am 11. April 1990 vom Rat des Kreises D-Stadt erteilte Gewerbegenehmigung maßgeblich ist.

23

Diese erlaubte dem Antragsteller die Eröffnung eines „Wettbüros für Sportwetten“. Sie ist jedenfalls auch in Mecklenburg-Vorpommern, wie der Kläger zutreffend vertritt, gemäß Art. 19 Satz 1 EV wirksam und hat auch die mit der angegriffenen Untersagungsverfügung bezeichnete Geschäftstätigkeit erfasst.

24

Gründe für eine Unwirksamkeit der Gewerbegenehmigung, die weder widerrufen noch zurückgenommen wurde, sind nämlich nicht ersichtlich. Nach Inkrafttreten des GewG mit der nach dessen § 3 Abs. 2 erlassenen, gleichzeitig verkündeten (ersten) Durchführungsverordnung vom 8. März 1990 (GBl. I S. 140) war für die seinerzeit beabsichtigte Geschäftstätigkeit des Klägers eine Gewerbeerlaubnis nach § 3 GewG erforderlich; dies schrieb die Durchführungsverordnung in ihrem § 1 und durch Aufführung der Fallgruppe „Spielautomaten, Spielkasinos, Glücksspiele gegen Geld“ in ihrer Anlage vor. Die in § 3 GewG und in der Zweiten Durchführungsverordnung hierzu vom 15. März 1990 (GBl. I S. 169) geregelte Zuständigkeit und die Formalien sind eingehalten. Die Erlaubnis verstieß bei ihrer Erteilung gegen kein rechtliches Verbot und ist auch nicht aus anderen Gründen nichtig. Mit dem GewG war auch in der DDR der Grundsatz der Gewerbefreiheit wieder eingeführt worden; die Durchführungsverordnung vom 8. März 1990 zeigte ausdrücklich, dass auch „Glücksspiele gegen Geld“ nicht verboten waren, sondern lediglich einem präventiven Erlaubnisvorbehalt unterlagen. Es stellt auch keinen zur Unwirksamkeit führenden offenkundigen und schwerwiegenden Fehler der erteilten Genehmigung (vgl. zu dem anzuwendenden Maßstab das Urteil des Bundesgerichtshofs – BGH – vom 11. Oktober 2001 – I ZR 172/99 –, Gewerbearchiv – GewArch – 2002, S. 162 f.) dar, dass dem Kläger keine eigenständige (weitere) Genehmigung (des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei) nach den Vorschriften der SlgLottVO erteilt wurde (so aber das Verwaltungsgericht Magdeburg im Urteil vom 9. August 2007, – 3 A 297/06 MD –, GewArch 2008, S. 77 [79]). Die SlgLottVO bestand zwar als „spezielle Rechtsvorschrift“ im Sinne von § 16 Abs. 1 GewG auch unter Geltung dieses Gesetzes fort (s. auch ihre [Klassenlotterien betreffende] Änderung durch Verordnung vom 22. August 1990 [GBl. I S. 1261], ferner noch ihre Anerkennung als hiesiges Landesrecht nach dem Beitritt, etwa hier durch Teilaufhebungen im Spielbankgesetz vom 19. Mai 1993 [GVOBl. M-V S. 510], im Sammlungsgesetz vom 17. Juni 1996 [GVOBl. M-V S. 266] und im Lotteriegesetz vom 24. Oktober 2001 [GVOBl. M-V S. 401] sowie durch das Rechtsbereinigungs- und Rechtsfortgeltungsgesetz vom 23. April 2001 [GVOBl. M-V S. 93]); Sportwetten gehören aber bereits nicht zu den „öffentlichen Lotterien“ im Sinne des § 1 Abs. 4 SlgLottVO und fielen damit nicht unter diese Verordnung. Selbst andernfalls schiede eine Anwendbarkeit der SlgLottVO nach Einführung des GewG und der dazu ergangenen Ausführungsvorschriften aus. Denn nach § 2 Buchst. h und i SlgLottVO waren „Lotterien“ nur in Form des Verkaufs von Losbriefen, nummerngesicherten Spielausweisen oder Pappröllchenlosen oder „im Zusammenhang mit einem Preisausschreiben“ zulässig und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SlgLottVO für einen befristeten Zeitraum zu genehmigen; §§ 3 und 5 SlgLottVO zeigen auf, dass Genehmigungsgegenstand nur auf die einmalige Ausspielung von Gewinnen ausgerichtete Einzelveranstaltungen kurzer Dauer sein konnten. Wenn die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten in einem dauerhaft eingerichteten Wettbüro hiernach nie hätte genehmigt werden können, hätte dies der neueren, mit der Wiedereinführung der Gewerbefreiheit einhergehenden Gesetzgebung um das GewG widersprochen (vgl. hierzu näher auch den überzeugenden Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts – ThürOVG – vom 21. Oktober 1999 – 3 EO 939/97 –, Landes- und Kommunalverwaltung 2000, S. 309 [310 ff.], sowie ergänzend dessen Urteil vom 20. Mai 2005 – 3 KO 705/03 –, Thüringer Verwaltungsblätter 2006, S. 201 [202 ff.], ferner den Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts – SächsOVG – vom 12. Dezember 2007 – 3 BS 286/06 –, GewArch 2008, S. 118 [119]). Jedenfalls eine Nichtigkeit der erteilten Genehmigung wäre nicht damit zu begründen, dass die SlgLottVO außer Acht gelassen worden wäre (s. die Beschlüsse des ThürOVG vom 21. Oktober 1999, a. a. O., und des OVG M-V vom 29. Januar 2009, a. a. O. Rdnr. 6). Ferner schuf der DDR-Normgeber für den Bereich des Glücksspielwesens im Jahre 1990 aktuelle Spezialvorschriften zum GewG, etwa die Spielcasinoanordnung vom 10. März 1990 (GBl. I S. 203), bald ersetzt durch die Spielcasinoverordnung vom 4. Juli 1990 (GBl. I S. 952), sowie die Anordnung über das gewerbsmäßige Aufstellen von Spielgeräten, die Veranstaltung von anderen Spielen mit Gewinnmöglichkeit und das Betreiben von Spielhallen vom 6. August 1990 (GBl. I S. 1397), die die Anordnung über das gewerbsmäßige Veranstalten von Spielen vom 23. November 1981 (GBl. I S. 435) ersetzte. Auch aus diesen Vorschriften resultierten keine weitergehenden Bedingungen für die Erlaubniserteilung an den Kläger für den Betrieb eines Wettbüros für Sportwetten oder das Verbot einer Gewerbeerlaubnis hierfür nach § 3 GewG: Hinsichtlich der Vorschriften über Spielkasinos liegt dies auf der Hand, die Anordnung vom 23. November 1981 war (auch schon für den Zeitraum bis zu ihrer Ersetzung) durch das GewG und die erste Durchführungsverordnung hierzu inhaltlich überholt, und die Anordnung vom 6. August 1990, sofern sie auf gewerbliche Tätigkeiten wie die des Klägers anwendbar war (s. indessen § 1 Abs. 2 Nr. 2 und § 10 Satz 1; hierzu auch der Beschluss des ThürOVG vom 21. Oktober 1999, a. a. O., S. 311 f.), berührte Rechtmäßigkeit und Geltung der klägerischen Gewerbeerlaubnis bereits deswegen nicht, weil sie erst deutlich nach deren Erteilung erging. So wurde denn die Genehmigung auch in der nachfolgenden Verwaltungspraxis nicht als unwirksam angesehen, wie etwa die dokumentierten Überlegungen …er Behörden nach dem Beitritt zeigen.

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Der Geltungsbereich der dem Kläger erteilten Genehmigung umfasst nach Art. 19 EV auch das gesamte Beitrittsgebiet, jedenfalls aber das heutige Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Nach Satz 1 der Vorschrift bleiben vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der DDR nach diesem Zeitpunkt wirksam; wenn sie nicht nach Satz 2 wegen Unvereinbarkeit mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder Regelungen des EV aufgehoben werden, bleibt ihre Bestandskraft nach Satz 3 grundsätzlich unberührt. Dies bedeutet, dass die Verwaltungsakte, hier die klägerische Genehmigung, in die bundesdeutsche Rechtsordnung ohne Änderung ihres Regelungsgehalts übergeleitet wurden. Dieser richtet sich nach ihrem Inhalt und den auf den betroffenen Lebenssachverhalt jeweils anzuwendenden Rechtsvorschriften und ist, soweit erforderlich, durch Auslegung zu ermitteln; hierfür maßgebend ist der behördlich erklärte Wille, wie ihn jeweils der Empfänger bei objektiver Würdigung unter Berücksichtigung der bei Zugang erkennbaren Umstände verstehen konnte (vgl. die Urteile des BVerwG vom 21. Juni 2006 – 6 C 19.06 –, BVerwGE Bd. 126, S. 149 [160], und vom 1. Juni 2011 – 8 C 5.10 –, BVerwGE Bd. 140, S. 1 [19 f.]). Da zum Zeitpunkt des Erlasses einer Erlaubnis nach dem GewG die Länder des späteren Beitrittsgebiets noch nicht existierten, ist von einem vor dem Beitritt auf das gesamte damalige Staatsgebiet der damaligen, als Zentralstaat strukturierten DDR bezogenen Geltungsbereich der Erlaubnis auszugehen (vgl. das Urteil vom 21. Juni 2006, BVerwGE Bd. 126, S. 149 [161 f.], sowie die Urteile des BGH vom 28. September 2011 – I ZR 189/08, I ZRI ZR 92/09 und I ZR 30I ZR 30/10 –, juris Rdnr. 20, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht – GRUR – 2012, S. 193 [195], bzw. juris Rdnr. 30). Konnten die obersten Bundesgerichte in den genannten Entscheidungen, die die Geltung einer Erlaubnis nach dem GewG im Altbundesgebiet betrafen, die Frage letztlich offenlassen, wie es sich nach dem Beitritt mit der Geltung im Beitrittsgebiet außerhalb des Territoriums des heutigen — „neuen“ — Bundeslands verhält, in dem der Sitz der seinerzeitigen DDR-Genehmigungsbehörde liegt, so kommt die Kammer in Anwendung der genannten Auslegungskriterien sowie von Art. 19 EV zu dem Ergebnis, dass jedenfalls für Mecklenburg-Vorpommern, das insgesamt im Beitrittsgebiet liegt, eine Geltung der Genehmigung im streitgegenständlichen Zeitraum nach wie vor zu bejahen ist. Denn Art. 19 EV trug dem Gedanken des Vertrauensschutzes bei begünstigenden Verwaltungsakten Rechnung und verfolgte den Zweck, die mit dem Einigungsvertrag angestrebte Rechtseinheit zu fördern (vgl. das Urteil vom 21. Juni 2006, BVerwGE Bd. 126, S. 149 [162 f.]); beides ist am besten mit der Annahme des inhaltlich unveränderten Fortbestehens der Genehmigung vereinbar, was deren räumlichen Geltungsbereich betrifft (s. auch den Beschluss des SächsOVG vom 12. Dezember 2007, a. a. O., S. 118 [121]). Ebenso, wie die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland, in der Glücksspielgenehmigungen Ländersache sind, keinen Anhaltspunkt für die Annahme einer räumlichen Ausdehnung des Geltungsbereichs einer DDR-Genehmigung darstellt, gibt sie für die Annahme einer räumlichen Verkleinerung des Geltungsbereichs durch den Beitritt nichts her. Es ist sowohl mit dem Gedanken der föderalen Gliederung des Bundesgebiets als auch mit dem der Rechtseinheit ohne Weiteres zu vereinbaren, dass der Geltungsbereich aus Sicht der Bundesländer des Beitrittsgebiets „vorkonstitutioneller“, aber durch bundesgesetzliche Anordnung (wie Art. 19 EV gemäß dessen Art. 45 Abs. 2; dies betonen Rixen, NVwZ 2004, S. 1410 [1412 ff.], Voßkuhle/Baußmann, GewArch 2006, S. 395 [399]) anerkannter Rechtsakte eines früheren anderen Staatswesens sich nicht am Territorialbestand der einzelnen Bundesländer orientiert; da Art. 19 EV vor dem Hintergrund des im Wiedervereinigungsprozess entwickelten Anliegens formuliert wurde, die DDR-Verwaltungswirklichkeit in der bundesdeutschen Rechtsordnung zu akzeptieren (vgl. Verwaltungsgericht Gera, Urteil vom 14. Dezember 2010 – 5 K 155/09 –, juris Rdnr. 28), kommt daher, soweit es sich um den Geltungsbereich Einzelfälle betreffender und Einzelpersonen begünstigender Regelungen handelt, dem Gedanken des Vertrauensschutzes maßgebliche Bedeutung zu. Wenn dies zu „Privilegierungen“ im Vergleich zu dem nach dem Beitritt erreichbaren Rechtszustand führte (so zutreffend der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 18. März 2005 – 1 M 436/04 –, NVwZ-RR 2006, 470 [471 f.]), so ist dies schon durch das rechtsstaatliche Gebot des Vertrauensschutzes gerechtfertigt. Dass bei Abschluss des EV bewusst auf eine Fortgeltung des GewG als partikulares Bundesrecht oder als Landesrecht verzichtet wurde (dies stellt die eben genannte Entscheidung in den Vordergrund, a. a. O.), ist für die Frage, inwieweit die Ergebnisse seiner Anwendung anzuerkennen sind, in gleicher Weise unmaßgeblich wie bei anderen Vorschriften der DDR, deren Geltung mit deren Ende ihren Abschluss fand (Rixen, a. a. O., S. 1413; s. auch den genannten Beschluss des OVG M-V vom 29. Januar 2009, a. a. O., Rdnr. 8). In den somit länderübergreifend bestimmten Geltungsbereich der klägerischen Genehmigung ist jedenfalls für das Territorium Mecklenburg-Vorpommerns weder normativ noch durch Einzelakt eingegriffen worden. Insbesondere findet auf die Genehmigung auch nicht regional die Begrenzung der Geltungsdauer von „Erlaubnisse[n], die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilt wurden,“ in § 22 GlüStVAG M-V Anwendung, dessen „klarstellende“ Regelungen nur für „in 2007 erteilte Erlaubnisse, die von § 25 Abs. 1 [GlüStV] nicht erfasst sind“, gelten sollen (s. die Begründung des Regierungsentwurfs in Landtags-Drucksache 5/977, S. 38; s. auch die Begründung des Regierungsentwurfs zu einem Gesetz zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften, Landtags-Drucksache 6/553, nach dem § 22 GlüStVAG M-V weiterhin keinen ältere Glücksspielgewerbe-Genehmigungen wie die klägerische erfassenden Anwendungsbereich erhalten soll).

26

Auch eine inhaltliche Beschränkung der Genehmigung hinsichtlich der Art der zulässigen Wetten oder der Art des Vertriebs ist für den Zeitraum der im Tenor zunächst ausgesprochenen Feststellung nicht ersichtlich. Die Genehmigung erging ausdrücklich ohne Auflagen, und auch sonst sind Beschränkungen der nach dem GewG und der Durchführungsverordnung vom 8. März 1990 für ein bestimmtes Berufsfeld erteilten Genehmigung ihrem Wortlaut nach nicht zu entnehmen (vgl. den genannten Beschluss des SächsOVG vom 12. Dezember 2007, a. a. O., S. 119 f.). Es verhält sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Dessau (s. dessen Urteil vom 20. März 2003 – 2 A 132/02.DE –, GewArch 2003, S. 296 ff.) nicht so, dass sich die Auswirkungen der klägerischen gewerblichen Tätigkeit auf den Ort seines Firmensitzes beschränken müsste und die Genehmigung für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten insbesondere der durch die Geschäftspartner in Gibraltar abgerechneten Art nicht ausreichte. Neben den bereits oben angesprochenen rechtlichen Rahmenbedingungen der Erlaubniserteilung ist hier etwa auf §§ 9 und 11 des Gesetzes über die Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligungen vom 7. März 1990 (GBl. I S. 141) hinzuweisen, die auch in der DDR ansässigen oder neu gegründeten Unternehmen die Teilnahme am internationalen Geschäftsverkehr ermöglichten, auf den Umstand, dass sowohl der Begriff „odd“ als auch die Wettart zu von Anfang an feststehenden Gewinnquoten schon lange auch auf dem Gebiet der DDR existierte (s. den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 16. Oktober 2006 – 14 K 1711/06 –, juris Rdnr. 23), und darauf, dass die Eröffnung eines „Wettbüros für Sportwetten“ mit dem Angebot sämtlicher von einem „Büro“ aus realisierbarer Leistungen einhergehen durfte und darf, also auch vermittelter oder vom „Büro“ aus durch Werbung veranlasster Spielverträge im In- und Ausland und entsprechend dem branchenüblichen Geschäftsgebaren, d. h. auch unter Nutzung der technischen Entwicklung (s. Rixen, a. a. O., S. 1412) einschließlich des Einsatzes von Fernkommunikationsmitteln (s. § 312b Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches), soweit diese nicht allgemein verboten ist. Nach Allem steht fest, dass die Erlaubnis des Klägers auch seine vorliegend im Streit stehenden Tätigkeiten in Mecklenburg-Vorpommern erfasst.

27

Bereits dies genügt für die materielle Rechtswidrigkeit der auf einen Verstoß gegen den LottStV und gegen § 284 StGB gestützten Verfügung ab ihrem Erlass und für den in den beiden tenorierten Feststellungen genannten Zeitraum, soweit der Klage stattgegeben wird. Denn auch die Übergangsregelungen, die das BVerfG in der Entscheidungsformel in Verbindung mit den Gründen seines „Sportwettenurteils“ vom 8. November 2005 – 1 BvR 1054/01 – traf (amtliche Entscheidungssammlung BVerfGE Bd. 115, S. 276 [277, 319]), bezogen sich nur auf im Freistaat Bayern bestehende Möglichkeiten, die Veranstaltung von Glücksspielen zu bestrafen oder zu ahnden und diesbezügliche Erlaubnisse zu versagen.

28

Die Rechtslage hat sich — bundesweit — mit dem durch alle Länder umgesetzten Inkrafttreten des GlüStV am 1. Januar 2008 geändert. Seit diesem Zeitpunkt ist auch bezogen auf Mecklenburg-Vorpommern das allgemeine Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV zu beachten, wonach das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten ist, ferner § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV, wonach Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen, im Internet und über Telekommunikationsanlagen sowie ferner Werbung für unerlaubte Glücksspiele verboten ist. Einen Vorbehalt oder eine Ausnahme für Inhaber einer Gewerbegenehmigung aus der Zeit der DDR wie den Kläger kann die Kammer dem GlüStV nicht entnehmen, wenn auch, wie der Kläger vorträgt, diesbezüglich eine gesonderte Regelung oder Verfahrensweise beabsichtigt gewesen sein mag. Diese Absicht könnte sich in dem eingeschränkten Regelungsbereich der oben behandelten Übergangsregelungen sowohl des GlüStV als auch des GlüStVAG M-V widerspiegeln; sie hätte jedoch nur Auswirkungen auf den vom GlüStV unberührten Fortbestand der klägerischen Genehmigung selbst gehabt. Dass diese Genehmigung nur im Rahmen der allgemein für die gewerbliche Tätigkeit im Glücksspielsektor gesetzlich angeordneten inhaltlichen Beschränkungen ausgenutzt werden darf, wird durch die seinerzeitige, Alt-Genehmigungen betreffende Regelungsabsicht dagegen ebenso wenig in Frage gestellt, wie es sonstige Anzeichen hierfür gibt; die ausdrückliche Geltungsanordnung (auch) für die genannten Verbote in der Maßgabe des § 22 GlüStVAG M-V etwa ist, wie die Gesetzesbegründung zutreffend angibt, lediglich klarstellend. Auch das klägerische Anliegen ist es ja, im Interesse der Bekämpfung der Spielsucht eingeführte staatliche Beschränkungen des Glücksspielwesens möglichst gleichmäßig wirken zu lassen. Dem Kläger ist ferner insbesondere nicht darin zu folgen, dass sich aus den Urteilen des BVerwG vom 24. November 2010 – 8 C 13.09, 14.09 und 16.09 – (NVwZ 2011, S. 549 [550 i. V. m. 555], BVerwGE Bd. 138, S. 201 [204 f.], bzw. Nordrhein-Wesfälische Verwaltungsblätter 2011, S. 307 [308 f.]) ergäbe, dass die Internetverbote des GlüStV auf private Sportwettenanbieter nicht anwendbar seien; die Aussage des BVerwG, „die von der [Revision] für unzureichend gehaltenen Bestimmungen über Art und Zuschnitt zulässiger Sportwetten und die Vorgaben für deren Vermarktung betr[ä]fen nicht die dem Parlamentsvorbehalt unterworfene Regelung der Grundrechtsausübung privater Sportwettenanbieter oder -vermittler[, sondern regelten] nur das Angebot der nicht grundrechtsfähigen staatlichen oder staatlich beherrschten Monopolträger“, hat sich ersichtlich auf eine Kritik an § 21 Abs. 1 und 2 GlüStV vor dem Hintergrund des Parlamentsvorbehalts bezogen, stellt aber die allgemeine Geltung von § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV nicht in Frage, soweit auch private Sportwettenanbieter erfasst sind (s. auch das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2011 – 11 LC 348/10 –, juris Rdnr. 66).

29

Hiernach ergibt sich, dass die angegriffene Verfügung ab dem 1. Januar 2008 durch den GlüStV gestützt und damit mit der Folge der Teilabweisung der Fortsetzungsfeststellungsklage teilweise rechtmäßig gewesen ist, soweit es sich nämlich nicht — wie im zweiten Absatz des Tenors näher bezeichnet — anders verhalten hat. Letzteres hat für die auch nach dem Inkrafttreten des GlüStV dem Kläger weiterhin durch seine bestehende Genehmigung von 1990 erlaubte, ihm aber gleichwohl untersagte Tätigkeit gegolten, in anderer Weise als über das Internet in Mecklenburg-Vorpommern (auch) Sportwetten anzubieten, sowie für die ihm ebenfalls untersagte Werbung hierfür; da die Beteiligten über die Begriffe „illegale Sportwetten“ und „illegale Glücksspielangebote“ unterschiedlicher Auffassung (gewesen) sind, ist der Bezug der zu Unrecht untersagten Werbung zur erlaubten klägerischen Gewerbstätigkeit im Tenor dieses Urteils klarzustellen, während gegen das hiermit auch ausgedrückte Verbot der Werbung für — objektiv — unerlaubte Glücksspielveranstaltungen grundsätzlich nichts zu erinnern gewesen ist.

30

Im Umfang des nunmehr rechtmäßig gewordenen Verbots ist auch die ausgesprochene Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 2. April 2007 rechtmäßig geworden und die Fortsetzungsfeststellungsklage daher auch diesbezüglich teilweise abzuweisen. Die Zwangsgeldandrohung wurde nämlich zutreffend auf §§ 79 ff. (genauer: § 87) SOG M-V in Verbindung mit § 110 VwVfG M-V gestützt und hält die gesetzlich vorgeschriebenen Formalien ein; die gewählte Befolgungsfrist für den Kläger ist nicht zu beanstanden, und auch die Höhe des angedrohten Zwangsgelds wurde ermessensgerecht bestimmt und begründet.

31

Eine weitere Zäsur für die rechtliche Beurteilung stellt der Erlass des Änderungsbescheids des Beklagten vom 21. April 2009 dar. Es handelt sich hierbei in der Sache zum einen um eine (nicht angefochtene und auch keinen Gegenstand der erstrebten Feststellung bildende) Teilrücknahme (nicht den behaupteten Teilwiderruf) seiner (nicht bestandskräftig gewordenen) Untersagungsverfügung, ferner um eine (gleichfalls nicht angefochtene) Aufhebung des ursprünglich verfügten Werbeverbots; hierfür war der Beklagte ebenso nach § 19 GlüStVAG M-V als für alle kreisüberschreitenden Glücksspielangelegenheiten im Sinne des GlüStV eingesetzte Glücksspielaufsicht zuständig wie — zum anderen — für die nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV zulässige Erneuerung der Untersagungs- und Vollzugsandrohungs-Regelungen mit Wirkung ab Zugang des Änderungsbescheids. Die neuen Untersagungsverfügungen gemäß Nr. 1 Buchst. a bis c, die neben den Sportwetten auch weitere Arten öffentlich veranstalteter Glücksspiele betreffen, waren und sind materiell problemlos auf § 4 Abs. 4 GlüStV zu stützen. Dies trifft auch in der Gegenwart zu, in der der GlüStV noch als Landesrecht fortgilt (s. die die Wirkung von Art. 2 Abs. 3 des Glücksspielstaatsvertragsgesetzes vom 14. Dezember 2007, GVOBl. M-V S. 378, klarstellende Bekanntmachung des Beklagten vom 5. Dezember 2011, AmtsBl. M-V S. 1143). Damit sind sowohl der die Zeit ab Erlass des Änderungsbescheids bis zur gerichtlichen Entscheidung betreffende Fortsetzungsfeststellungsantrag wie auch die Anfechtungsklage abzuweisen, da der angegriffene Bescheid rechtmäßig ist; dies gilt auch hinsichtlich der fortbestehenden und lediglich neu gefassten Zwangsgeldandrohung unter dem neuen Tenorpunkt 2. Über ein Werbeverbot, wie es noch im ursprünglichen Bescheid verfügt war, ist dagegen nicht zu entscheiden; der Änderungsbescheid wurde auch nicht auf § 5 Abs. 3 oder 4 GlüStV gestützt.

32

Die die gewerbliche Betätigung im Internet betreffenden Verbotsanordnungen in § 4 Abs. 4 und — soweit sie die ursprüngliche Untersagungsverfügung gestützt haben — in § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV verstoßen entgegen der klägerischen Auffassung weder gegen die in Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes verbürgte Berufsfreiheit noch gegen sonstiges Verfassungsrecht, das ihre Wirksamkeit beeinträchtigen könnte, und sie sind auch nicht wegen Unvereinbarkeit mit einen Anwendungsvorrang beanspruchenden Vorschriften des europäischen Unionsrechts unanwendbar. Dies ist mittlerweile höchstrichterlich u. a. durch die bereits oben zitierten Urteile des BVerwG (vom 1. Juni 2011 – 8 C 5.10 –, BVerwGE Bd. 140, S. 1 [6 ff., 10 ff.]) und des BGH (Urteil „Sportwetten im Internet II“ vom 28. September 2011 – I ZR 92/09 –, GRUR 2012, S. 193 [196 ff.]) geklärt (s. auch den Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG vom 14. Oktober 2008 – 1 BvR 928/08 –, NVwZ 2008, S. 1338 [1340 ff.]); die zutreffenden Ausführungen der Urteile macht sich die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen zu eigen.

33

Hervorzuheben ist dabei die den genannten Entscheidungen richtigerweise zugrunde liegende Bewertung, dass die gesetzgeberischen Maßnahmen „Verbot der Veranstaltung (auch in der Gestalt der Vermittlung) von Glücksspielen (aller Art) im Internet“ und „Verbot der Werbung hierfür im Fernsehen, im Internet und über Telekommunikationsanlagen“ alle im Geltungsbereich der Regelungen im Glücksspielsektor tätigen in- und ausländischen sowie privaten und öffentlichen Marktteilnehmer in gleicher, im vorhinein erkennbarer Weise treffen und damit weder im Sinne des grundrechtlichen Gleichheitssatzes noch im Sinne der Benachteiligungsverbote im europäischen Binnenmarkt diskriminierend wirken. Diese Internetverbote weisen ferner, wie höchstrichterlich zutreffend herausgearbeitet worden ist, weder zu der Frage der Genehmigungspflichtigkeit gewerblicher Tätigkeit im Glücksspielsektor noch zu der Frage, ob bestimmte Anteile hiervon staatlichen oder staatlich kontrollierten Veranstaltern als Monopol vorzubehalten sind, einen direkten Bezug auf und können auch sonst unabhängig von den letztgenannten Restriktionen Bestand haben.

34

Daher kann man zutreffend und eindeutig die Eignung und Verhältnismäßigkeit der Internetverbote bejahen, was die Verwirklichung ihrer überragend wichtigen, dem Gemeinwohl dienenden Ziele betrifft, nämlich die Wettleidenschaft und Spielsucht, beginnend vor allem bei Jugendlichen, zu bekämpfen sowie Wettbetrug und Geldwäsche zu erschweren; sie sind auch vereinbar mit den Anforderungen an eine Folgerichtigkeit und konzeptionelle Kohärenz staatlicher Eingriffe, wie sie zum einen die grundgesetzlich garantierte Berufsfreiheit (hierzu das genannte Urteil des BVerfG vom 8. November 2005 – 1 BvR 1054/01 –, BVerfGE Bd. 115, S. 276 [310 ff.]) und zum anderen die unionsrechtliche Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit begründen (s. etwa das Urteil des EuGH „Gambelli“ vom 6. November 2003 – C-243/01 –, Rdnr. 67), auf die sich auch der Kläger berufen kann (jedenfalls was die Auswirkungen hiesiger Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs gegenüber seinem Partnerunternehmen in Gibraltar angeht).

35

U. a. mit dem EuGH (Urteile „Liga Portuguesa de Futebol Profissional“ vom 8. September 2009 – C-42/07 –, Rdnr. 70, „Sporting Exchange Ltd.“ vom 3. Juni 2010 – C-203/08 –, Rdnr. 34, „Carmen Media Group Ltd.“ vom 8. September 2010 – C-46/08 –, Rdnr. 102 f., sowie „Zeturf Ltd.“ vom 30. Juni 2011 – C-212/08 –, Rdnr. 79 f.) ist nämlich anzuerkennen, dass, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, über das Internet angebotene Glücksspiele wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter, wegen der potentiell großen Häufigkeit und Transferkapazität des Angebots sowie wegen dessen verstärkt internationalen Charakters anders geartete und größere Gefahren in sich bergen. Neben der Begünstigung der Geldwäsche bestehen diese darin, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden, ferner insbesondere darin, dass Jugendliche und Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder eine solche Neigung entwickeln könnten, deren Auswirkungen ohne hinreichenden Schutz ausgesetzt sind. Zu Letzterem trägt auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen in einem Umfeld bei, das durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist. Diese Faktoren können die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und die damit verbundenen negativen gesellschaftlichen Folgen ausweiten.

36

Ferner ist u. a. mit dem EuGH (etwa in den eben genannten Urteilen vom 8. September 2009, Rdnr. 69, vom 3. Juni 2010, Rdnr. 33, vom 8. September 2010, Rdnr. 104 f., und vom 30. Juni 2011, Rdnr. 81 f.) anzuerkennen, dass den Gesetzgebern der Staaten des europäischen Binnenmarkts, in dem der Glücksspielsektor kaum harmonisiert ist, eine weite Einschätzungsprärogative zu der Frage zusteht, inwiefern und in welchem Ausmaß die besonderen Gefahren des Internets Anlass für restriktive Maßnahmen sein sollen, d. h. wie das mitgliedsstaatliche Schutzniveau zu bestimmen sei. Hiernach kann eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, aus dem Blickwinkel des Unionsrechts grundsätzlich als zur Verfolgung der genannten legitimen Ziele geeignet angesehen werden, auch wenn das Anbieten solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt. Denn die Kohärenz und Systematik eines die Vertriebswege betreffenden freiheitseinschränkenden staatlichen Vorgehens bedarf näherer Betrachtung in erster Linie in den Fällen, in denen verschiedene Sparten des Glücksspielsektors in unterschiedlichem Maße von den Eingriffen betroffen sind. Letzteres ist, wie BVerwG und BGH zutreffend dargestellt haben, aber auch bei den bezeichneten totalen und allgemeinen Internetverboten des GlüStV nicht der Fall; die Landesgesetzgeber haben insoweit ihre Beschränkungen gerade hinsichtlich der als mehr oder weniger gefährlich eingeschätzten Vertriebswege differenziert, ohne dabei die Sparten des Glücksspielmarkts unterschiedlich zu behandeln.

37

Anders, als der Kläger meint, bietet auch das Verfahren „Dickinger und Ömer“ beim EuGH, das zum Urteil vom 15. September 2011 – C-347/09 – geführt hat, keine hinreichende Stütze für die Annahme, der Gerichtshof sei von seiner Bewertung abgerückt, dass die Einschätzung des Vertriebswegs Internet als besonders gefahrenträchtig durch einen EU-Mitgliedsstaat legitime Grundlage für eine Beschränkung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit sei. Dass in dem Urteil die Frage der internetspezifischen Gefahren trotz deren Behandlung im Schlussantrag des Generalanwalts vom 31. März 2011 (Rdnr. 90, 127 ff.) nicht weiter erörtert worden ist, ist wohl eher darauf zurückzuführen, dass es — im Unterschied zum Streitfall und den genannten Vorschriften des GlüStV — darum ging, ob die Monopolisierung des Internet-Glücksspiels unter staatlicher Kontrolle europarechtskonform sein könne; vor diesem Hintergrund kam es auf die Verschiedenheit der Gefahren, die unterschiedliche Glücksspiel-Vertriebswege bergen, allenfalls am Rande an, und es bestand insoweit weder Anlass für eine grundsätzliche Neubewertung noch für deren Verlautbarung. Der EuGH hat in seinem Urteil zudem auf Problematiken der Kontrolle von Internet-Umsätzen und -Finanztransfers bei grenzüberschreitenden Internet-Dienstleistungen hingewiesen (Rdnr. 98).

38

Auch die vom Kläger angeführten jüngeren Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen – OVG NW – (Urteil vom 29. September 2011 – 4 A 17/08 –, GewArch 2012, S. 25 ff., und Beschluss vom 30. November 2011 – 13 B 1331/11 –, juris) sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs – BayVGH – (Urteile vom 12. Januar 2012 – 10 BV 10.2271 und 10 BV 10.2505 –, juris) geben keinen Anlass, die Urteile von BVerwG und BGH, denen die Kammer folgt, für die hier zu treffende Entscheidung in Frage zu stellen. Die genannten obergerichtlichen Urteile beziehen sich auf die mit dem allgemeinen staatlichen Sportwettenmonopol einhergehende Folge des Fehlens bzw. der Unzulässigkeit einer entsprechenden Erlaubnis für private Anbieter (mit Wettstationen in Niederlassungen); wie indessen der genannte Beschluss des OVG NW richtigerweise einräumt, handelt es sich beim Internetverbot nicht um eine „monopolakzessorische“ Beschränkung der Gewerbefreiheit (a. a. O., Rdnr. 7 f.), die nicht am Monopol teilhabende Private diskriminiert. Im Beschluss selbst hat das OVG NW zwar auch angesichts eigener Beobachtungen zu illegalem Werbeverhalten staatlicher Anbieter (etwa www.westlotto.de) und zu dessen behördlicher Duldung, die ein strukturelles Defizit bei der Umsetzung des Werbeverbots erkennen ließen, die Regelungen des § 5 GlüStV zur Glücksspielwerbung für bedenklich gehalten. An entsprechenden Feststellungen oder Ansätzen hierfür fehlt es jedoch für die Zeit der Geltung der Untersagungsverfügung des Beklagten in der ursprünglichen Form nach Inkrafttreten des GlüStV, d. h. zwischen Anfang 2008 und April 2009, und damit für den vorliegend allein erheblichen Zeitraum.

39

Das vom Kläger zitierte Schreiben des EU-Kommissionsmitglieds Šemeta vom 18. Juli 2011 – C (2011) 5319 – aus dem Verfahren zur Notifikation des kürzlich beschlossenen Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags ist mit seinen Unklarheiten bei der Regelung über die Glücksspielwerbung, insbesondere die Umsetzung der „Trenngebote“, betreffenden Monita hier ebenfalls nicht entscheidungserheblich; die bei der Vertragserneuerung beabsichtigte Beibehaltung von § 4 Abs. 4 GlüStV dagegen, auf die es vorliegend ankommt, wird in dem Schreiben nicht weiter erwähnt.

40

Die Kammer kann auch den eingehend dargelegten klägerischen Einwänden gegen die Urteile des BVerwG und des BGH nicht beitreten, was die Rechtfertigung der Einschätzung des Glücksspiel-Vertriebswegs als in spezifischer Weise gefährlich unter den Aspekten eines hinreichenden Tatsachenbezugs und der u. a. unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote betrifft.

41

Entgegen der klägerischen Auffassung leuchten die Ausführungen der obersten Bundesgerichte zur spezifischen Gefahrenträchtigkeit des Internets nämlich unmittelbar ein und überzeugen auch die Kammer schon beim dieser Entscheidung zugrunde liegenden Verfahrensstand. Es bedarf keines Belegs durch erst zu unternehmende wissenschaftliche Feldstudien, dass Faktoren wie die Anonymität der notwendigen Kommunikation, die fehlende soziale Kontrolle des Kommunikationsverhaltens und des Einsatzes von Finanzmitteln auf Verbraucherseite sowie die orts- und zeitunabhängige einfache Zugänglichkeit großer Informationsmengen und zahlreicher, „preiswert“ erscheinender Handlungsoptionen ohne fremde Hilfe einem gewerblichen Angebot besondere Wirkungsmacht verleihen können, zumal wenn seinem faszinierenden Einfluss unerfahrene Verbraucher ausgesetzt sind, bei denen etwa jugendliches Alter, eine charakterliche Neigung zu hingebungsvoller Vertiefung in Spielvorgänge oder (gar durch vorheriges Glücksspiel verursachte) finanzielle Zwangslagen die adäquate Steuerungsfähigkeit in Frage stellen. Auch entspricht es inzwischen allgemeiner Lebenserfahrung, dass der Kommunikationsweg Internet sich für Betrugskriminalität mittels schwer durchschaubarer und im Nachhinein für Verbraucher und Aufsichtsbehörden kaum feststellbarer Manipulationen besonders eignet; schließlich kann auch nicht bestritten werden, dass die auch bei Internet-Glücksspielen genutzten besonderen Möglichkeiten massenhaften weltweiten Finanztransfers den Missbrauch etwa für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung begünstigen. Dass es möglich ist, diese Faktoren durch z. T. aufwendige und mühsam durchzusetzende technische Maßnahmen (etwa zur Registrierung, Identifikation oder Ortung der Spielteilnehmer oder zur aufsichtsbehördlichen Kontrolle von Werbeinhalten, Spielabläufen und Finanztransaktionen) jedenfalls in Einzelbereichen einzugrenzen, ist allgemeinkundig, allerdings ebenso auch, dass insoweit ein großes Defizit an Initiative und Vollzug besteht, zumal unstreitig und offen eine Harmonisierung der Anstrengungen bisher schon im europäischen Binnenmarkt nicht gelang, was auch an unterschiedlichen Auffassungen der Mitgliedstaaten zu deren Gebotenheit liegen mag.

42

Soweit sich BVerwG und BGH bei ihrer Argumentation prominent auf die Bewertung des Vertriebswegs Internet durch den EuGH berufen haben, ist auch dagegen nichts zu erinnern; entgegen klägerischer Ansicht beruht dies nicht auf lediglich intuitiver oder spekulativer Grundlage. Im Urteil „Carmen Media Group Ltd.“ vom 8. September 2010 – C-46/08 – etwa ist die Aussage über die Eignung eines („bloßen“) Internet-Spielverbots (Rdnr. 105) recht eindeutig und — angesichts von deren Allgemeinkundigkeit nicht überraschend — auf die oben auch von der Kammer bezeichneten besonderen Gefahrenmomente des Kommunikationswegs Internet gestützt worden (Rdnr. 103). Die vorherige Umschreibung des „Prüfprogramms“ für den EuGH in Rdnr. 98 ist nicht, wie der Kläger meint, als quasi „theoretisierende“ Distanzierung von den in Rdnr. 105 enthaltenen tatsächlichen Ausführungen zu werten, sondern, zusammen mit Rdnr. 97, als Hinweis darauf, dass vom vorlegenden nationalen Verwaltungsgericht Anhaltspunkte für dessen Zweifel an der Eignung eines Internetverbots nicht in konkreter Form geäußert worden waren. Dass der EuGH sich für seine Entscheidung auch in tatsächlicher Hinsicht hinreichend informiert erachtet hat, geht aus dem in gleicher Sache gefassten Beschluss vom 2. September 2010 hervor (dort Rdnr. 12); der Hinweis in Rdnr. 10 f. auf die Aufgabenverteilung zwischen EuGH und nationalen Gerichten, was die Tatsachenfeststellung und -würdigung betrifft, bezieht sich auf Berichte zu einer speziellen Studie von 2009 und stellt die in Rdnr. 103 des Urteils enthaltenen Tatsachenwürdigungen nicht in Frage. Hervorzuheben ist auch der erneute Hinweis (Rdnr. 104) des EuGH, dass die EU-Mitgliedstaaten über die Verhältnismäßigkeit unterschiedlicher Auffassung sein können, dies aber den Erlass eines Internetverbots nicht hindert; damit ist, auch vor dem Hintergrund einer staatlichen „Beweislast“ für die Rechtfertigung von Eingriffen in die Grundfreiheiten des Binnenmarkts, klargestellt, dass gerade im Zusammenhang mit Problematiken der Gefahrenabwehr den hiermit befassten staatlichen Stellen auch eine Einschätzungsprärogative zugebilligt werden muss und dass es insbesondere nicht angeht, mit den unionsrechtlichen Grundfreiheiten auch auf diesem Gebiet die Forderung nach einer völligen staatlichen Untätigkeit bis zum Vorhandensein nebst sofortiger Durchsetzung eines in jeder Hinsicht „stimmigen“ Maßnahmenkonzepts zu begründen. Dies würde auch dem ständigen schnellen Wandel des Glücksspielmarkts nicht gerecht.

43

Weder das klägerische Vorbringen mit den in Bezug genommenen Unterlagen noch der Kammer bekannte neuere Entwicklungen geben Anlass für weitere Aufklärungsmaßnahmen im vorliegenden Verfahren. Etwa die in der Verfassungsbeschwerdeschrift gegen das o. a. Urteil des BVerwG vom 1. Juni 2011 – 8 C 5.10 – und im vorgelegten Ausschnitt eines Schriftsatzes an das OVG NW angeführten Studienauswertungen vermögen bereits angesichts der jeweils bestreitbaren Validität erhobener Zahlen und der Abhängigkeit etwa problematischen Spielverhaltens von zahlreichen Faktoren, nicht zuletzt der jeweiligen konkreten Verfügbarkeit verschiedener Glücksspielformen, keine Anhaltspunkte dafür zu begründen, dass die gesetzgeberische Einschätzung zur Gefährlichkeit des Vertriebswegs Internet fehlgehe. Gleiches gilt für die vom Verwaltungsgericht Halle in seinem Urteil vom 11. November 2010 – 3 A 158/09 – (juris) ausgewerteten Materialien aus einem Parallelverfahren, die die — im Vergleich zu Privaten überantworteten Automatenspielen sowie zu Pferdewetten — deutlich geringere Gefährlichkeit etwa der Internetwetten und damit die Inkohärenz des staatlichen Einschreitens gegen die Glücksspielsucht haben belegen sollen; wie das Gericht selbst erkannt hat (a. a. O. Rdnr. 171), kann seine Erhebung bei Vormundschaftsgerichten weder als vollständig noch als repräsentativ im Sinne empirischer Methoden angesehen werden. Mögen auch die Gefahren problematischer Glücksspielbetätigung in Automatenspielhallen entsprechend einigen der genannten Studien in gleichem oder stärkerem Maße bestehen, wie/als man es für den Vertriebsweg Internet annehmen muss — dessen Ubiquität allerdings in besonderem Maße die Ermittlung tatsächlicher Fallzahlen erschwert —, so sind damit die internetspezifischen Gefahren noch nicht als Ansatzpunkt staatlichen Eingreifens desavouiert. Die bisher in der Rechtsprechung erörterten empirischen Studien behandeln zudem kaum die schwerwiegenden Gefahren von Geldwäsche und Betrug und betrachten die Spielsucht-Problematik, soweit ersichtlich, vor allem sektoral und entsprechend den jeweiligen rechtlichen Gegebenheiten im Untersuchungsland. Für die Kammer sind keine Ermittlungsansätze für eine aussagekräftige empirische — weitere — Untermauerung der Gefahreneinschätzung für das Internetspiel ersichtlich, geschweige denn, dass sich eine solche Beweiserhebung aufdrängte. Die Auswirkungen eines vorhandenen oder aber nicht vorhandenen Glücksspielangebots im Internet in Gestalt pathologischen Spielverhaltens sind schlechthin nicht im Feldversuch empirisch ermittelbar oder auch nur aufgrund zu erhebenden Zahlenmaterials mit größerer als der bisherigen Zielgenauigkeit prognostizierbar, schon weil der Zugriff auf das Internet in Deutschland landesweit faktisch besteht, weil seine Verbindungsfunktion über, auch außereuropäische, Landesgrenzen hinausreicht und weil die Reaktion von Konsumenten nicht nur in der Abwanderung in andere Glücksspielsparten, sondern auch im vollständigen Ablassen von Glücksspielteilnahme jeder Art bestehen kann.

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Zuzugeben ist dem Kläger allerdings, dass in machen Bereichen des Glücksspielwesens, vor allem beim in den vorgelegten Studien als besonders häufig mit problematischem Spielverhalten in Verbindung gebrachten Automatenspiel, noch ein großer staatlicher Handlungsbedarf bei Anpassung und Vollzug des Glücksspielrechts bestehen dürfte, auch um die verfassungs- und unionsrechtlich geforderte Kohärenz des Einschreitens gegen die Spielsucht zu gewährleisten. Dies ändert jedoch nichts daran, dass jedenfalls das Internetverbot des GlüStV bereits jetzt als selbständig gerechtfertigter Normenbestand, ggf. auch bei Nichtanwendbarkeit anderer Vorschriften („sinnvoller [Rest-]Normenbestand” im Sinne des Beschlusses des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 24. März 2011 – 4 MB 11/11 –, juris Rdnr. 11 m. w. Nachw.) Bestand hat. Zwar können sich die Behörden eines EU-Mitgliedstaats, soweit sie den Verbrauchern Anreize geben und sie dazu ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, nicht auf die öffentliche Sozialordnung mit der aus ihr folgenden Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, berufen, um restriktive Maßnahmen zu rechtfertigen, auch wenn diese sich etwa ausschließlich auf Wetttätigkeiten beziehen (so etwa das Urteil „Markus Stoß u. a.“ des EuGH vom 8. September 2010 – C-316/07 u. a. –, Rdnr. 99). Mit den genannten obersten Bundesgerichten hält die Kammer die einen Anwendungsvorrang der unionsrechtlichen Dienstleistungs- und/oder Niederlassungsfreiheit begründende Verwirkung einer Legitimation staatlicher beschränkender Maßnahmen aber nur für gegeben, wenn zum einen die Gemeinwohlziele, denen die beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung nicht tatsächlich verfolgt, also in Wahrheit andere Ziele, namentlich solche finanzieller Art, angestrebt werden, die die Beschränkung nicht legitimieren könnten (laut dem Urteil des BayVGH vom 12. Januar 2012 –10 BV 10.2505 –, juris Rdnr. 38, sog. Scheinheiligkeitsgrenze), und/oder wenn zum anderen die in Rede stehende Regelung durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren in der Weise konterkariert wird, dass dort eher darauf abgezielt wird, zur Teilnahme an diesen anderen Spielen zu ermuntern, als darauf, die Spielgelegenheiten zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen. Verschleierte fiskalische oder sonstige sachfremde Ziele mag die Kammer den an der Erarbeitung des GlüStV beteiligten Verfassungsorganen der Länder nicht unterstellen, auch angesichts der vom Kläger vor allem im Eilverfahren noch umfänglich dokumentierten Glücksspielwerbung staatlicher oder staatlich kontrollierter Anbieter. Auch für diese gilt, dass grundsätzlich die Nutzung des Vertriebswegs Internet für Glücksspiele untersagt ist. Da hierin eine nicht nach Art und Herkunft des Spielangebots differenzierende Beschränkungsmaßnahme von großer Konsequenz und offensichtlicher Eignung zu wesentlichen Erfolgen zu erblicken ist, können mögliche und kaum zu unterbindende Wanderbewegungen der bisherigen Internet-Glücksspieler zu noch zugänglichen Veranstaltungen anderer Anbieter oder anderer Sparten nicht allein die rechtliche Grundlage dafür sein, die Rechtfertigung des Internetverbots in Abrede zu stellen. Gefahrenabwehrmaßnahmen werden nicht bereits dadurch diskreditiert, dass ein Teil der Betroffenen sie zu umgehen versucht, sondern es muss ihnen eine von den staatlichen Stellen zu verantwortende sachfremde Lenkungstendenz innewohnen, die die durch sie bewirkten Beschränkungen als nicht mehr hinnehmbar erscheinen lässt. Ansonsten gilt, dass zwar die Auswirkungen von Beschränkungen eines Vertriebswegs auf andere Vertriebswege und Glücksspielsektoren zu beobachten und erforderlichenfalls durch angepasste Maßnahmen zu berücksichtigen sind, dass aber bezogen auf den gesamten Glücksspielsektor kein Uniformitätsgebot und hinsichtlich der Effizienz der Einzelmaßnahmen kein Optimierungszwang besteht (s. etwa das Urteil des BVerwG vom 1. Juni 2011, BVerwGE Bd. 140, S. 1 [13] m. w. Nachw).

45

Es ist auch kein sofortiges Verbot jeglicher Nutzung des Vertriebswegs Internet im Glücksspielsektor erforderlich, um die beschränkenden Regelungen des GlüStV bestehen zu lassen; denn die Kohärenz staatlicher Gefahrenabwehr auf dem Glücksspielsektor wird beispielsweise durch den Vertrauensschutz gewerblicher Anbieter berücksichtigende Übergangsregelungen oder auch durch „Experimentierklauseln“, wie sie unter strengen Voraussetzungen der Erste Glücksspieländerungsvertrag vorsieht, nicht insgesamt in Frage gestellt.

46

Durchgreifende Zweifel an der Unionsrechtskonformität des Internetverbots des GlüStV begründet schließlich auch nicht das schleswig-holsteinische Glücksspielgesetz vom 20. Oktober 2011 (GVOBl. Schl.-H. S. 280), das seit dem 1. März 2012 dauerhaft die Genehmigung von Online-Casinospielen und des Vertriebs von Wetten im Fernabsatzwege über Fernkommunikationsmittel ermöglichen soll. Bisher wurden, auch wegen der strengen Voraussetzungen, Konzessionen wohl nicht erteilt (vgl. das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. April 2012 – 3 K 330/10 –, juris Rdnr. 46 f.), und angesichts der landesinternen Umstrittenheit des abweichenden Ansatzes ist unklar, ob dieser von Dauer sein wird und tatsächlich Anzeichen für einen drohenden „Dammbruch“ (so Willenbruch, Zeitschrift für öffentliches Recht in Norddeutschland 2012, S. 224 [226]) zu anderen Bundesländern erkennbar werden. Zu berücksichtigen ist auch, dass der EU-Mitgliedsstaat Bundesrepublik Deutschland föderal aufgebaut ist (BVerwG, a. a. O.). Dies entlastet nach gefestigter Rechtsprechung einen Mitgliedsstaat zwar nicht, wenn einem Gesetzgeber der unterstaatlichen Ebene Versäumnisse bei der pünktlichen Richtlinienumsetzung zur Harmonisierung der Rechtsordnungen auf den Politikfeldern der Union unterliefen. Es wird aber abweichend zu beurteilen sein im Zusammenhang mit der Frage einer kohärenten Gefahrenbekämpfung, bei der den souveränen Mitgliedsstaaten bereits mangels Harmonisierung des Binnenmarkts unterschiedliche Einschätzungen und Herangehensweisen zugestanden werden, durch für die einschlägige Gesetzgebung und ihren Vollzug zuständige Bundesländer — auch wenn indirekt sogar dem primären Gemeinschaftsrecht zuzurechnende Grundfreiheiten betroffen sind.

47

Die Fragen, zu deren Klärung die Revisionszulassung mit Beschluss vom 16. Februar 2012 erfolgt ist (BVerwG 8 B 91.11 [ 8 C 10.12], juris), haben hiernach keine maßgebliche Bedeutung für die Beurteilung der Kammer, die, zusammenfassend, in Kenntnis der klägerischen Argumentation keine ernstlichen Zweifel auch an der Vereinbarkeit von Art. 4 Abs. 4 GlüStV mit europäischem Unionsrecht hat und sich daher nicht zu einer Vorlage von Einzelfragen zur Auslegung an den EuGH veranlasst sieht, insbesondere auch nicht mit der vom Kläger im Schriftsatz vom 12. März 2012 angeregten Fragestellung — ungeachtet der bei dieser implizierten, von der Kammer nicht geteilten Tatsachenbewertungen.

48

Zu Unrecht wendet der Kläger schließlich ein, dass die Untersagungsverfügung in der ursprünglichen wie auch in der geänderten Fassung deswegen rechtswidrig (gewesen) sei, weil ihm die Unterlassung des verbotenen Veranstaltens oder Vermittelns von Glücksspielen über das Internet und der Werbung hierfür in der geforderten, das Territorium von Mecklenburg-Vorpommern oder dort ansässige oder aufhältige Spieler oder Spielteilnehmer in Bezug nehmenden Weise unmöglich (gewesen) sei. Selbst wenn es ihm — im Rahmen seiner Verfügungsbefugnis über einen Internetauftritt der „Dachmarke“ — aus technischen Gründen nur möglich (gewesen) ist, die Untersagungsverfügung des Beklagten unter gleichzeitigem Verzicht auf die untersagte gewerbliche Betätigung in anderen Bundesländern zu befolgen, führt dies weder zur Unmöglichkeit verfügungsgemäßen Unterlassens, noch bewirkt die technische Folge der vom Beklagten bezogen auf sein Territorium erlassenen Untersagungsverfügung einen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Übermaßverbot; denn der GlüStV gilt auch in fast allen weiteren, für eine indirekte technische Betroffenheit in Betracht kommenden Bundesländern (vgl. das Urteil des BVerwG vom 1. Juni 2011 – 8 C 5.10 –, BVerwGE Bd. 140, S. 1 [5 f.]; zust. der Hessische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 7. September 2011 – 8 B 1552/10 –, juris Rdnr. 17 ff.).

49

Nach Allem muss der Klage für die Zeit seit dem Inkrafttreten des GlüStV zu wesentlichen Teilen und seit dem Erlass der hierauf gestützten neuen Untersagungsregelungen in der Änderungsverfügung des Beklagten insgesamt der Erfolg versagt bleiben.

50

Die Kostenentscheidung ergeht daher gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; die Erklärungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf § 709, § 708 Nr. 11 und § 711 der Zivilprozessordnung sowie § 167 VwGO.

51

Die Berufung wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Fragen der Reichweite der klägerischen Gewerbegenehmigung und der Anwendbarkeit von § 4 Abs. 4 sowie § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV hierauf zugelassen. Die letztgenannten Regelungen sollen nach den bisher vorliegenden Materialien zu einer gesetzlichen Umsetzung des bereits vereinbarten neuen Glücksspielstaatsvertrags vom 15. Dezember 2011 (Art. 1 des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags gleichen Datums) auch nach dessen für Mitte 2012 vorgesehenem Inkrafttreten ihrem wesentlichen Gehalt nach zum hiesigen Landesrecht gehören.

52

BESCHLUSS

53

Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes auf 100.000 Euro festgesetzt.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 10. Mai 2012 - 7 A 519/07

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 10. Mai 2012 - 7 A 519/07

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 10. Mai 2012 - 7 A 519/07 zitiert 19 §§.

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

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(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bez

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(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch

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Tenor Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Die Klage im Übrigen wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu neun Zehnteln, der Beklagte zu einem Zehnt

Referenzen

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 14.10.2008 - 7. Kammer - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf Euro 50.000,- festgesetzt.

Gründe

1

Der Antragsteller betreibt ein Unternehmen mit Sitz in N., welches insbesondere über das Internet Sportwetten anbietet und vermittelt. Unter dem 02.04.2007 erließ der Antragsgegner für das Gebiet Mecklenburg-Vorpommerns eine sofort vollziehbare Untersagungsverfügung. Auf den Eilantrag des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung seiner Klage wiederhergestellt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht auf eine dem Antragsteller nach dem Gewerbegesetz der DDR vom 06.03.1990 erteilte Genehmigung verwiesen, welche rechtswirksam sei, nach Art. 19 des Einigungsvertrages in Mecklenburg-Vorpommern fortgelte und damit einer Untersagungsverfügung entgegen stehe.

2

Die gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg. Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren auf die binnen der Beschwerdefrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe beschränkt; das Oberverwaltungsgericht ist im Beschwerdeverfahren nicht befugt, mit der Beschwerde nicht angegriffene entscheidungstragende Erwägungen des Verwaltungsgerichts von sich aus in Zweifel zu ziehen. So hat der Senat auch nicht darüber zu befinden, ob die Untersagungsverfügung auf § 4 Abs. 4 des Staatsvertrages zum Glückspielbetrieb in Deutschland vom 31.07.2007 (GVOBl. M-V, Sachsen. 379) gestützt werden kann, da dies in der Beschwerdebegründung nicht geltend gemacht wird.

3

Die mit Schriftsatz des Antragsgegners vom 14.11.2008 binnen der Beschwerdefrist dargelegten Gründe greifen nicht durch. Die dem Antragsteller im April 1990 vom Rat des Kreises L. erteilte Genehmigung zu Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten ist entgegen der mit der Beschwerde vertretenen Auffassung wirksam (1) und berechtigt nach ihrem räumlichen Geltungsbereich den Antragsteller, seine von seinem Betriebssitz in S. aus ausgeübte Tätigkeit auch auf Mecklenburg-Vorpommern zu erstrecken (2). Auf die weiteren Ausführungen des Beschwerdeschriftsatzes vom 14.11.2008 kommt es demgegenüber nicht (mehr) an (3).

4

1. Die dem Antragsteller vor dem Beitritt erteilte gewerberechtliche Genehmigung ist wirksam. Verwaltungsentscheidungen der Deutschen Demokratischen Republik sind nach Art. 19 Satz 1 EV über den 3. Oktober 1990 hinaus wirksam, wenn und soweit sie nach der seinerzeitigen Staats- und Verwaltungspraxis der Deutschen Demokratischen Republik ungeachtet etwaiger Rechtsmängel als wirksam angesehen und behandelt wurden (BVerfG, Beschl. v. 27.02.2007 - 1 BvR 1982/01 -, BVerfGE 117, 302 <313>; BVerwG, Urt. v. 20.03.1997 - 7 C 23/96 -, BVerwGE 104, 186 <192> m.w.N.. sowie Beschl. v. 20.10.2005 - 6 B 52.05 - GewArch 2006, 149 <151>). Anhaltspunkte dafür, dass die dem Antragsteller erteilte Genehmigung vor dem Beitritt nicht als wirksam behandelt und betrachtet worden sei, bestehen nicht. Von einer Unwirksamkeit kann auch nicht unter Zugrundelegung der allgemeinen damaligen Verwaltungspraxis hinsichtlich des Umgangs mit möglicherweise rechtsfehlerhaft erteilten Genehmigungen ausgegangen werden. Im Recht der ehemaligen DDR galt - letztlich nicht anders als in der Bundesrepublik - der Grundsatz, dass von den Verwaltungsbehörden ("Organen") getroffene Einzelentscheidungen (Verwaltungsakte) auch dann rechtswirksam waren, wenn sie rechtliche Mängel aufwiesen. Nur wenn der Verstoß gegen die rechtlichen Anforderungen besonders schwerwiegend und für den Adressaten zudem objektiv unzweifelhaft erkennbar war, besaß die Entscheidung keine Rechtswirkung und war daher nichtig (BGH, Urt., v. 11.10.2001 - 1 ZR 172/99 -, juris Rn. 22).

5

Die auf Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR vom 06.03.1990 für ein Wettbüro für Sportwetten erteilte Genehmigung war danach wirksam. Die mit der Beschwerde geltend gemachte fehlende Zuständigkeit der nach dem Gewerbegesetz handelnden Genehmigungsbehörde war jedenfalls nicht offensichtlich. Der Rat des Kreises war in seiner Eigenschaft als Gewerbebehörde gemäß §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 2 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Gewerbegesetz vom 15. März 1990 (GBl. I Sachsen. 169) für die Erteilung von Genehmigungen ("Erlaubnissen") für erlaubnispflichtige Gewerbe zuständig, zu denen gemäß der Anlage zu § 1 der Ersten Durchführungsverordnung zum Gewerbegesetz vom 8. März 1990 (GBl. I Sachsen. 140) u.a. "Glücksspiele gegen Geld" rechneten. Damit war jedenfalls nicht offensichtlich, dass der örtlich zuständige Rat des Kreises eine Genehmigung für den Betrieb eines Wettbüros für Sportwetten nicht habe erteilen dürfen. Anderes folgte entgegen der mit der Beschwerde durch den Antragsgegner vertretenen Auffassung auch nicht aus § 16 Abs. 1 Gewerbegesetz, wonach, soweit für einzelne Gewerbearten spezielle Rechtsvorschriften bestanden, diese galten. Im Hinblick darauf, dass mit der Durchführungsverordnung nach dem Gewerbegesetz u.a. "Glücksspiele gegen Geld" ausdrücklich unter die Erlaubnispflicht nach dem Gewerbegesetz gestellt worden waren, war eine nach dem Gewerbegesetz erteilte Genehmigung ungeachtet der Frage, ob sich daneben auch eine Erlaubnispflichtigkeit aus anderen Vorschriften ergab, nicht unwirksam (BGH a.a.O.; OVG Thüringen, Beschl. v. 21.10.1999 - 3 EO 939/97 -, LKV 2000, 309, <310>).

6

Demgegenüber vermag die mit der Beschwerde geltend gemachte gegenteilige Rechtsauffassung, die nach Rechtsauslegung der Sammlungs- und Lotterieverordnung (SlgLottVO) der DDR vom 18.02.1965 (GBl. Sachsen. 238) und des § 16 Gewerbegesetz zum Ergebnis gelangt, dass eine Erlaubnis nach dem Gewerbegesetz nicht habe erteilt werden dürfen und diesen angenommenen schwer-wiegenden Mangel auch für offenkundig hält (so VG Magdeburg, Urt. v. 09.08.2007 - 3 A 297/06 MD - GewArch 2008, 77, <79>), nicht zu überzeugen. Ein (möglicher) Rechtsfehler, dessen Feststellung einer umfangreichen juristischen Untersuchung des Regelungsinhalts verschiedener Rechtsvorschriften und deren Verhältnis zueinander sowie die Überwindung der nach dem Wortlaut der Durchführungsverordnung zum Gewerbegesetz vorgesehenen Erlaubnispflicht nach dem Gewerbegesetz bedarf, ist jedenfalls nicht offenkundig. Dies gilt umso mehr, als schon die Anwendbarkeit der als andere Rechtsvorschrift i.Sachsen.d. § 16 Gewerbegesetz ins Feld geführten Sammlungs- und Lotterieverordnung auf Sportwetten sich jedenfalls nicht in einer keine andere Rechtsauffassung zulassenden Weise aufdrängen musste; die in der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts vertretene Auffassung, dass die genannte Verordnung nicht anwendbar gewesen sei, wird auch von anderen Gerichten geteilt (OVG Thüringen; Beschl. v. 21.10.1999 a.a.O. und Urt. v. 20.05.2005 - 3 KO 705/03 -, juris Rn. 59 ff.; OVG Sachsen., Beschl. v. 12.12.2007 - GewArch 2008, 118 <119>). Nach anderer in der Rechtsprechung vertretener Auffassung sei zwar von einer bestandenen Erlaubnisbedürftigkeit auch nach der Sammlungs- und Lotterieverordnung auszugehen, die aber neben die Erlaubnisbedürftigkeit nach dem Gewerbe-gesetz getreten sei (so VG Dessau, Urt. v. 20.03.2003 - 2 A 132/02 DE -, GewArch 2003, 296, <297>; OLG Köln, Urt. v. 21.05.1999 - 6 U 195/97 -, juris). Die verwaltungsrechtliche Wirk-samkeit der nach dem Gewerbegesetz erteilten Genehmigung stellt auch dieser rechtliche Ansatz nicht in Frage (vgl. VG Dessau a.a.O.). Die über eine Anwendbarkeit der Sammlungs- und Lotterieverordnung noch hinaus gehende Auffassung der Beschwerde, dass die Verordnung als speziellere Rechtsvorschrift eine Genehmigungserteilung nach dem Gewerbegesetz ausgeschlossen habe, vermag eine Offensichtlichkeit erst recht nicht für sich in Anspruch zu nehmen, zumal dem die bereits angeführte Nennung der öffentlichen Glücksspiele in der Durchführungsverordnung zum Gewerbegesetz entgegen zu halten ist.

7

2. Die weitere mit der Beschwerde geltend gemachte Einwendung, wonach die dem Antragsteller nach dem Gewerbegesetz der DDR erteilte Genehmigung in Mecklenburg-Vorpommern entgegen der Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht gelte, greift ebenfalls nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die inhaltliche Reichweite der nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag fortgeltenden Genehmigung anhand des objektiv erkennbaren Willens der damaligen Genehmigungsbehörde untersucht und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Genehmigung für das damalige Staatsgebiet der DDR erteilt wurde und damit jedenfalls in allen neuen Bundesländern ohne weitere räumliche Beschränkung gilt.

8

Soweit die Beschwerde dagegen einwendet, dass eine länderübergreifende Wirkung die nach dem Gewerbegesetz der DDR erteilten Erlaubnisse angesichts der länderrechtlichen Zuständigkeit für das Glücksspielrecht entgegen den Zielen des Einigungsvertrags privilegieren würde, vermag diese Ergebnisbetrachtung die gesetzlich mit Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag angeordnete Fortwirkung nicht in Frage zu stellen. Gleiches gilt für die Einwendung der Beschwerde, dass die im Gebiet der ehemaligen DDR neu gegründeten Länder nicht Universalrechtsfolger der DDR oder deren Bezirke noch deren Kreise seien und Bestimmungen über eine Adaption bzw. Transformation der nach dem Gewerberecht der DDR erteilten Erlaubnisse in das Landesrecht nicht getroffen sind. Einer rechtlichen Herleitung der Fortwirkung von Verwaltungsakten der DDR aus Gesichtspunkten der Rechtsnachfolge oder einer länderrechtlichen Regelung über eine Adaption bzw. Transformation bedarf es angesichts der gemäß Art. 45 Abs. 2 Einigungsvertrag als Bundesrecht durch die Länder gemäß Art. 31 GG zu beachtenden Regelung des Art. 19 Einigungsvertrag nicht. Eine Einschrän-kung dahingehend, dass Verwaltungsakte der DDR von der Fortgeltung ausgenommen seien, wenn sie ein Sachgebiet betreffen, welches nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes in die Zuständigkeit der Länder fällt, lässt sich dem Art. 19 Einigungsvertrag nicht entnehmen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die nach dem Gewerbegesetz der DDR erteilten Sportwettengeneh-migungen kein Pendant im Landesrecht gefunden haben (so aber OVG Sachsen.-Anhalt, Beschlüsse v. 18.03.2005 - 1 M 91/05 -, GewArch 2005, 288 f. und - 1 M 436/04 -, NVwZ-RR 2006, 470 f.). Der von der Beschwerde zitierten Rechtsmeinung, die daraus schließt, dass die Genehmigungen ungeachtet ihrer formellen Wirksamkeit keine materiellen Rechtswirkungen entfalten könnten (so OVG Sachsen-Anhalt, a.a.O.) ist nicht zu folgen. Übergeleitete DDR-Verwaltungsakte sind kraft bundesrechtlicher Anordnung im Einigungsvertrag wirksamer Bestandteil der bundesdeutschen (Verwaltungs-) Rechtsordnung. Zentrales Element der Wirksamkeit von Verwaltungsakten ist, dass die getroffene Regelung unabhängig davon gilt, ob sie inhaltlich noch mit dem materiellen Recht übereinstimmt; der Verwaltungsakt begründet gegenüber den von ihm Betroffenen ein rechtlich weitgehend selbstständiges (Normanwendungs-)Rechtsverhältnis, das die Rechte und Pflichten konkretisiert und das materiell-rechtliche (Normgebungs-)Rechtsverhältnis überlagert (Scholz/ Weidemann, ZFWG 2007, 7, 9). Durch die Überleitung ist auf Seiten der Verwaltung der Rechtsträger an dem Normanwendungsrechtsverhältnis beteiligt, der nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes für die durch den Regelungsinhalt des Verwaltungsaktes betroffene Rechtsmaterie zuständig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 ff., Rn. 58 zu Art. 19 Satz 2 und 3 Einigungsvertrag). Dass sich aus der Überleitung von Verwaltungsakten der DDR für eine Übergangszeit bis zur Angleichung Unterschiede gegenüber den nach der Rechtsordnung der Bundesrepublik begründeten Rechtsverhältnissen ergeben, ist der mit Art. 19 Satz 1 Eini-gungsvertrag angeordneten Zusammenführung der unterschiedlichen Rechtswirklichkeiten geschuldet, die die jahrzehntelang unterschiedlich gewesenen Rechtssysteme hervorgebracht haben. Durfte danach ohne Verstoß gegen das Grundgesetz im Einigungsvertrag davon abgesehen werden, die 40-jährige Verwaltungspraxis der Deutschen Demokratischen Republik am Maßstab der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland aufzuarbeiten, so besteht damit auch ein die Unterschiede der bestandkräftigen Verwaltungsentscheidungen rechtfertigender sachlicher Grund (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.02.2007 - 1 BvR 1982/01 - a.a.O. <313 f.>). Wollte man die Fortgeltung der Verwaltungsentscheidungen dagegen von deren "struktureller" Übereinstimmung mit der Rechts- und Verwaltungsordnung der Bundesrepublik abhängig machen, führte dies zu einer weitgehenden Aushöhlung des Art. 19 Einigungsvertrag und ferner zu einer nicht hinnehm-baren Rechtsunsicherheit (BVerwG, Beschl. v. 20.10.2005 - 6 B 52.05 a.a.O. <151>).

9

Die mit der Beschwerde geltend gemachten Argumente sind nach alledem nicht geeignet, eine das heutige Gebiet des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern ausschließende räumlich beschränkte Rechtwirkung der dem Antragsteller erteilten Genehmigung zu begründen, denn die der Verwaltungsentscheidung der DDR vor dem Beitritt beigemessene Regelungswirkung wird durch Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag grundsätzlich nicht berührt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.10.2005 - 6 B 52.05 - a.a.O. <151>, sowie Urt. v. 21.06.2006 - 6 C 19.06 - a.a.O. Rn. 52 und 56). Bei begünsti-genden Verwaltungsakten trägt die Vorschrift dem Gedanken des Vertrauensschutzes dahingehend Rechnung, dass die betreffende Einzelentscheidung in ihrer regelnden Wirkung grundsätzlich erhalten bleibt (BVerwG Urt. v. 21.06.2006, - 6 C 19.06 -, a.a.O. Rn. 56). Damit wäre eine "Maßstabsverkleinerung" in dem Sinne, dass eine vor dem Beitritt räumlich für das Gebiet der DDR erteilte Erlaubnis im Beitrittsgebiet nur räumlich eingeschränkt fortgelten solle, nicht vereinbar. Unter Berücksichtigung der föderalen Struktur der Bundesrepublik und der Zuständigkeit der Länder für das Glücksspielwesen gilt die für den Geltungsbereich der DDR erteilte Genehmigung damit jedenfalls in den neuen Bundesländern fort. Um die sich für den außerhalb des Bereichs des Vertrauensschutzes stellenden Fragen einer "Maßstabsvergrößerung" des räumlichen Geltungsbereichs (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 a.a.O. Rn. 51 ff.; dagegen VG Stuttgart, Urt. v. 02.10.2008 - 4 K 4271/06) geht es dabei nicht.

10

3. Auf die mit der Beschwerdeschrift vom 14.11.2008 erhobene weitere Einwendungen des Beschwerdeführers zur Zuständigkeit für eine Aufhebung der dem Antragsteller erteilten Genehmigung und zur Vereinbarkeit der Rechtsgrundlagen einer Untersagungsverfügung mit Verfassungs- und Europarecht kommt es mangels Entscheidungserheblichkeit im vorliegenden Verfahren nicht an.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

12

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG und legt für das Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 1/2 des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts zugrunde (vgl. Ziff. 54.2.1 des Streitwertskatalogs für die Verwaltungsgerichts-barkeit sowie die Angaben des Antragstellers im Schriftsatz vom 03.05.2007).

13

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 172/99 Verkündet am:
11. Oktober 2001
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sportwetten-Genehmigung
UWG § 1; StGB § 284; DDR-GewG § 3

a) Ein Verstoß gegen § 284 StGB (unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels
) ist grundsätzlich auch wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG.

b) Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, daß er sich Kenntnis von
den für seinen Tätigkeitsbereich einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen
verschafft und in Zweifelsfällen mit zumutbaren Anstrengungen besonders
sachkundigen Rechtsrat einholt. Ein Gewerbetreibender, der weder die
Rechtswidrigkeit seines Verhaltens kennt noch sich dieser Einsicht bewußt
verschließt und der auch nicht auf die Haltung der Verwaltungsbehörden in
unlauterer Weise eingewirkt hat, handelt jedoch grundsätzlich nicht unlauter
im Sinne des § 1 UWG, wenn er sich nicht vorsichtshalber nach der
strengsten Gesetzesauslegung und Einzelfallbeurteilung richtet, wenn die
zuständigen Behörden und Gerichte sein Verhalten ausdrücklich als rechtlich
zulässig bewerten.
BGH, Urt. v. 11. Oktober 2001 - I ZR 172/99 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Oktober 2001 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 21. Mai 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 9. Oktober 1997 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte veranstaltet seit dem Jahre 1990 Sportwetten wie insbesondere Fuûballwetten, bei denen die Teilnehmer unter Einzahlung eines Einsatzes von mindestens 2,-- DM pro Tippreihe auf den Ausgang bestimmter Spielpaarungen wetten. Er beruft sich dabei auf eine Gewerbegenehmigung,
die ihm der Rat des Kreises L. am 11. April 1990 erteilt hat. Dieser Bescheid hat u.a. folgenden Wortlaut:
"Auf Ihren Antrag vom 09.04.1990 erteilen wir Ihnen auf Grund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6.3.1990 (GBl. I Nr. 17 S. 138) die Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten ab 01.05.1990 in N. -Straûe Nr. ." Der Beklagte bewirbt seine Sportwetten bundesweit - u.a. in der Zeitung "B. " - wie nachstehend (verkleinert) wiedergegeben:

Die Klägerin, die eine Gesellschafterin des Deutschen Lotto- und Totoblocks ist, führt in Nordrhein-Westfalen Gewinnspiele durch, darunter das Fuûballtoto. Sie ist der Auffassung, der Beklagte verstoûe mit dem Anbieten und Durchführen seiner Sportwetten gegen das aus § 284 StGB folgende Verbot, ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel zu veranstalten, und damit zugleich gegen § 1 UWG. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin dazu die Ansicht vertreten, der Beklagte könne sich auf die vom Rat des Kreises L. unter dem 11. April 1990 erteilte Gewerbegenehmigung selbst dann nicht stüt-
zen, wenn diese wirksam gewesen sein sollte, weil die zusätzlich erforderliche Genehmigung des Ministers des Innern der DDR nicht erteilt worden sei. Im Revisionsverfahren hat die Klägerin hilfsweise vorgetragen, Sportwetten seien nach dem Gewerbegesetz der DDR schlechthin nicht erlaubnisfähig gewesen; eine Genehmigung sei nur nach der Sammlungs- und Lotterieverordnung der DDR in Betracht gekommen. Sollte die Gewerbegenehmigung wirksam sein, gelte sie jedenfalls nur im Beitrittsgebiet fort; der Beklagte sei daher keinesfalls zu einer bundesweiten Veranstaltung seiner Sportwetten befugt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr und/ oder zum Zwecke der Werbung Sportwetten wie nachstehend wiedergegeben - hilfsweise: über die neuen Bundesländer hinaus - anzubieten, zu bewerben und/oder Sportwetten durchzuführen. (Es folgt eine Ablichtung der vorstehend wiedergegebenen Werbeanzeige

).

Der Beklagte hat dagegen geltend gemacht, die ihm unter dem 11. April 1990 erteilte Genehmigung stelle eine den Verbotstatbestand des § 284 StGB ausschlieûende behördliche Erlaubnis dar, neben der es keiner zusätzlichen Genehmigung nach der Sammlungs- und Lotterieverordnung der DDR bedurft habe. Die Genehmigung wirke nach der deutschen Wiedervereinigung im gesamten Bundesgebiet fort.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten entsprechend dem Antrag der Klägerin mit der Maûgabe einer Neufassung des Unterlassungsausspruchs zurückgewiesen, durch die vor den Worten "Sportwetten durchzuführen" die Worte "derart beworbene" eingefügt wurden (OLG Köln GRUR 2000, 533).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage als begründet angesehen, weil der Beklagte mit der Veranstaltung seiner Sportwetten gegen § 284 StGB und damit unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs zugleich gegen § 1 UWG verstoûe. Hierzu hat es ausgeführt:
Der Beklagte verfüge über keine ausreichende behördliche Erlaubnis für seine als Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB anzusehenden Sportwetten. Es könne dahinstehen, ob ihm eine Gewerbeerlaubnis im Sinne des § 3 des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. I S. 138; im folgenden: DDR-GewG) erteilt worden sei und ob diese Erlaubnis eine bundesweite Tätigkeit umfasse. Der Beklagte habe jedenfalls daneben gemäû § 3 Abs. 1 und 3 der Sammlungs- und Lotterieverordnung der DDR vom 18. Februar 1965 (GBl. II S. 238) eine Genehmigung des Ministers des Innern der DDR benötigt, die er jedoch nicht eingeholt habe. Die Verletzung des durch § 284 StGB straf-
bewehrten Glücksspielverbots begründe, da diese Vorschrift wertbezogen sei, ohne weiteres den wettbewerbsrechtlichen Unlauterkeitsvorwurf.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage, weil das beanstandete Verhalten unter den besonderen Umständen des Einzelfalles auch dann nicht als wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG zu beurteilen ist, wenn der Beklagte dabei den objektiven Tatbestand des § 284 StGB, der das Veranstalten von Glücksspielen ohne behördliche Genehmigung mit Strafe bedroht, erfüllen sollte.
1. Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs, das gesetzliche Vorschriften auûerhalb des UWG verletzt, ist nicht ohne weiteres auch sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG. Der Begriff der Sittenwidrigkeit ist vielmehr wettbewerbsbezogen auszulegen (vgl. BGHZ 140, 134, 138 f. - Hormonpräparate; 144, 255, 265 - Abgasemissionen; BGH, Urt. v. 6.10.1999 - I ZR 46/97, GRUR 2000, 237, 238 = WRP 2000, 170 - Giftnotruf-Box; Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 224/98, GRUR 2001, 354, 356 = WRP 2001, 255 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner; Urt. v. 26.4.2001 - I ZR 314/98, WRP 2001, 1073 - GewinnZertifikat , zum Abdruck in BGHZ 147, 296 vorgesehen). Die Beurteilung, ob ein beanstandetes Wettbewerbsverhalten sittenwidrig ist, erfordert deshalb regelmäûig eine - am Schutzzweck des § 1 UWG auszurichtende - Würdigung des Gesamtcharakters des Verhaltens. Wenn das zu überprüfende Wettbewerbsverhalten zugleich gegen ein Gesetz verstöût, das dem Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter wie beispielsweise dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung dient, indiziert die Verletzung einer derartigen wertbezogenen Norm allerdings grundsätzlich die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit mit der Folge, daû es regelmäûig nicht der Feststellung weiterer Unlauterkeitsumstände bedarf.
Dies hat seinen Grund darin, daû es auch in der Zielsetzung des § 1 UWG liegt zu verhindern, daû Wettbewerb unter Miûachtung gewichtiger Interessen der Allgemeinheit betrieben wird (vgl. BGHZ 144, 255, 266 - Abgasemissionen, m.w.N.). Auch in einem solchen Fall kann aber das Verhalten eines Gewerbetreibenden nach den besonderen Umständen des Einzelfalles als nicht wettbewerbswidrig zu werten sein (vgl. BGHZ 140, 134, 138 f. - Hormonpräparate; 144, 255, 266 f. - Abgasemissionen; BGH GRUR 2000, 237, 238 - GiftnotrufBox ). So liegt der Fall hier.
2. Die Vorschrift des § 284 StGB ist eine sogenannte wertbezogene Norm, die zudem unmittelbar wettbewerbsregelnden Charakter hat. Ein Verstoû gegen diese Strafvorschrift durch Veranstaltung eines Glücksspiels ohne behördliche Erlaubnis ist deshalb nicht lediglich ein Verstoû gegen eine Marktzutrittsregelung , sondern grundsätzlich auch ein im Sinne des § 1 UWG sittenwidriges Marktverhalten (anders noch RGZ 115, 319, 325 f.).
Die Strafvorschrift richtet sich - wie das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 28. März 2001 entschieden hat (NJW 2001, 2648) - gegen ein unerwünschtes , weil sozial schädliches Verhalten. Zweck der Strafandrohung ist es unter anderem, eine übermäûige Anregung der Nachfrage von Glücksspielen zu verhindern, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäûen Spielablauf zu gewährleisten und einer Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken entgegenzuwirken. Dem liegt die Einschätzung zugrunde, daû das Glücksspiel grundsätzlich wegen seiner möglichen Auswirkungen auf die psychische (Spielsucht) und wirtschaftliche Situation der Spieler (Vermögensverlust) und seiner Eignung, Kriminalität namentlich im Bereich der Geldwäsche zu fördern, unerwünscht und schädlich ist. Andererseits ist dem Gesetzgeber bewuût, daû der Spieltrieb nicht gänzlich un-
terbunden werden kann. Die Vorschrift des § 284 StGB bietet deshalb mit der die Strafbewehrung aufhebenden behördlichen Erlaubnis ein Instrument zur Kanalisierung des Spieltriebs in geordnete Bahnen. Demgemäû dient auch der Erlaubnisvorbehalt der Abwehr von Gefahren des Glücksspiels, das vom Gesetz als generell für die geschützten Rechtsgüter gefährlich eingeschätzt wird.
3. Das beanstandete Verhalten des Beklagten ist jedoch, selbst wenn es den objektiven Tatbestand des § 284 StGB erfüllen sollte, nicht wettbewerbswidrig. Der Beklagte verfügt über die ihm unter dem 11. April 1990 erteilte Genehmigung und handelt unter den im Streitfall gegebenen besonderen Umständen nicht wettbewerblich unlauter, wenn er diese Genehmigung als ausreichende rechtliche Grundlage für seine beanstandete Geschäftstätigkeit ansieht.

a) Von einem Gewerbetreibenden ist allerdings zu verlangen, daû er sich Kenntnis von den für seinen Tätigkeitsbereich einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen verschafft (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.1988 - I ZR 209/86, GRUR 1988, 699, 700 = WRP 1988, 652 - qm-Preisangaben II) und in Zweifelsfällen mit zumutbaren Anstrengungen besonders sachkundigen Rechtsrat einholt. Die Lauterkeit des Wettbewerbs verlangt auch, daû ein Wettbewerber nicht ohne weiteres auf Kosten seiner Mitbewerber das Risiko rechtswidrigen Handelns eingeht. Es wäre jedoch grundsätzlich eine Überspannung der Pflicht zu lauterem Wettbewerbshandeln und ein unzulässiger Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit , von einem Gewerbetreibenden zu verlangen, sich vorsichtshalber auch dann nach der strengsten Gesetzesauslegung und Einzelfallbeurteilung zu richten, wenn die zuständigen Behörden und Gerichte sein Verhalten ausdrücklich als rechtlich zulässig bewerten (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 8.10.1987
- I ZR 182/85, GRUR 1988, 382, 383 - Schelmenmarkt; Stolterfoth, Festschrift für Rittner, 1991, S. 695, 705 und 707 ff.; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., Einf. Rdn. 293 m.w.N.). Anderes wird allerdings grundsätzlich gelten, wenn der Gewerbetreibende die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens kennt, sich dieser Einsicht bewuût verschlieût oder auf die Haltung der Verwaltungsbehörden in unlauterer Weise eingewirkt hat.

b) Nach diesen Grundsätzen handelt der Beklagte bei der bundesweiten Durchführung von Sportwetten nicht wettbewerbswidrig. Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, der für die Beurteilung des Unterlassungsanspruchs maûgeblich ist, konnte der Beklagte seine Ansicht , nicht rechtswidrig zu handeln, darauf stützen, daû die ihm erteilte Gewerbegenehmigung zumindest nicht nichtig ist, die zuständigen Behörden in diesem Bescheid eine ausreichende rechtliche Grundlage für seine bundesweite Geschäftstätigkeit sehen und ein weitgehend gleichgelagerter Fall eines anderen Gewerbetreibenden von dem Verwaltungsgericht G. in seinem Sinn beurteilt worden ist.
aa) Die dem Beklagten unter dem 11. April 1990 vom Rat des Kreises L. erteilte Genehmigung ist jedenfalls nicht nichtig. Sie besteht fort, weil sie weder zurückgenommen noch widerrufen worden ist.
Im Recht der ehemaligen DDR galt - letztlich nicht anders als in der Bundesrepublik - der Grundsatz, daû von den Verwaltungsbehörden ("Organen" ) getroffene Einzelentscheidungen (Verwaltungsakte) auch dann rechtswirksam waren, wenn sie rechtliche Mängel aufwiesen. Nur wenn der Verstoû gegen die rechtlichen Anforderungen besonders schwerwiegend und für den Adressaten zudem objektiv unzweifelhaft erkennbar war, besaû die Entschei-
dung keine Rechtswirkung und war daher nichtig. War der Verstoû nicht so schwerwiegend, verlor die Entscheidung, wenn der rechtliche Mangel nicht beseitigt werden konnte, ihre Rechtswirkung erst durch die Aufhebung durch das zuständige Organ, wobei eine den Adressaten begünstigende Einzelentscheidung nur dann aufgehoben werden konnte, wenn dessen berechtigte Interessen dem nicht entgegenstanden (Bönninger in Lehrbuch des Verwaltungsrechts , Staatsverlag der DDR, 2. Aufl. 1988, S. 138 f.).
Nach diesen Grundsätzen war die dem Beklagten erteilte Genehmigung nicht nichtig. In dem Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 13. Januar 1994, das der Beklagte im Berufungsverfahren vorgelegt hat, ist dargelegt, daû die Genehmigung als Gewerbeerlaubnis im Sinne des § 3 DDR-GewG wirksam erteilt worden ist und fortbesteht. Diese Beurteilung rechtfertigte sich aus der Erwägung, daû der Rat des Kreises L. in seiner Eigenschaft als Gewerbebehörde gemäû §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 2 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Gewerbegesetz vom 15. März 1990 (GBl. I S. 169) für die Erteilung von Genehmigungen für erlaubnispflichtige Gewerbe zuständig war, zu denen gemäû der Anlage zu § 1 der Ersten Durchführungsverordnung zum Gewerbegesetz vom 8. März 1990 (GBl. I S. 140) u.a. - wenn auch begrifflich womöglich mehrdeutig - "Glücksspiele gegen Geld" rechneten.
bb) Nach der Beurteilung der Behörden und Gerichte ist die erteilte Genehmigung gemäû Art. 19 EV auch eine ausreichende Grundlage für die bundesweite Tätigkeit des Beklagten.
So hat das Sächsische Staatsministerium des Innern in seinem Schreiben vom 13. Januar 1994 ausgeführt, daû die Gewerbegenehmigung vom 11. April 1990 eine wirksame und rechtmäûige Grundlage für die vom Beklag-
ten bundesweit veranstalteten Sportwetten sei. Diese Behörde ist gemäû § 10 Abs. 1 des Gesetzes des Freistaates Sachsen über Lotterien und Ausspielungen vom 16. Oktober 1992 (SächsGVBl. S. 471) zuständig für die Erteilung von Erlaubnissen für Lotterie- und Ausspielungsveranstaltungen, die zugleich im Gebiet eines anderen Bundeslandes durchgeführt werden.
In diesem Sinn hat das Verwaltungsgericht G. durch Beschluû vom 13. Januar 1997 (Gz. ) einen entsprechend gelagerten Fall entschieden. Diese Entscheidung, bei der es um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage ging, ist im übrigen nach der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren von dem Thüringer Oberverwaltungsgericht mit Beschluû vom 21. Oktober 1999 bestätigt worden (GewArch 2000, 118).
Weiterhin hat die Staatsanwaltschaft Gö. - Zweigstelle Z. - dem Beklagten mit Schreiben vom 7. April 1998 mitgeteilt, daû das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels eingestellt worden sei.
Der Beklagte kann sich schlieûlich auch darauf berufen, daû seine von der Klägerin beanstandete Geschäftstätigkeit den zuständigen Behörden seit vielen Jahren bekannt ist, ohne daû diese dagegen eingeschritten wären.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und das Urteil des Landgerichts abzuändern. Die Klage war mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.
v. Ungern-Sternberg Starck Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 189/08 Verkündet am:
28. September 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in
dem bis zum 5. September 2011 Schriftsätze eingereicht werden konnten,
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Oktober 2008 aufgehoben. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München I, 4. Kammer für Handelssachen, vom 6. Dezember 2007 abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagten werden unter Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten anzubieten und/oder zu bewerben, insgesamt wie nachstehend wiedergegeben: 2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm seit dem 1. Januar 2008 aus den in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen im Freistaat Bayern bereits entstanden ist oder künftig entstehen wird. 3. Die Beklagten werden verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Umsätze, die seit dem 1. Januar 2008 durch die Entgegennahme von Wetten derjenigen Teilnehmer erzielt worden sind, die ihren Wohnsitz im Freistaat Bayern haben. Die Beklagten tragen 9/10, der Kläger trägt 1/10 der Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, der Freistaat Bayern, organisiert und veranstaltet Sportwetten in Bayern, unter anderem die Sportwette ODDSET.
2
Die Beklagten zu 1 und 2 sind Wettunternehmen, wobei der Beklagte zu 1 seinen Sitz in Deutschland und die Beklagte zu 2 ihren Sitz in Österreich hat. Die Beklagten zu 3 bis 5 sind Vorstandsmitglieder der Beklagten zu 2. Unter dem Domainnamen „www.betandwin.de“ boten die Beklagten zu 1 und 2 im Internet Nutzern in Deutschland Sportwetten an, wobei die Einzelheiten ihrer Beteiligung streitig sind.
3
Dem Beklagten zu 1 wurde im April 1990 durch den Rat des Kreises Löbau/Sachsen auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR die Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten in Neugersdorf erteilt. Die Beklagten zu 2 bis 5 verfügen über keine Erlaubnis deutscher Behörden für die Veranstaltung von Glücksspielen.
4
Nach Ansicht des Klägers handeln die Beklagten wettbewerbswidrig im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 284, 287 StGB und § 4 GlüStV, weil sie in Deutschland Glücksspiele ohne Genehmigung anbieten. Auf die Genehmigung durch ausländische Behörden komme es nicht an.
5
Der Kläger hat zuletzt beantragt, 1. die Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland - hilfsweise: mit Ausnahme von Sachsen - ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten anzubieten und/oder zu bewerben, insgesamt wie nachstehend wiedergegeben: (es folgen 18 Bildschirmabbildungen, die den Internetauftritt vom 6. Juni 2006 wiedergeben und von denen die ersten vier nachfolgend wiedergegeben sind): 2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm seit dem 1. Januar 2008 aus den in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen im Freistaat Bayern bereits entstanden ist oder zukünftig entstehen wird; 3. die Beklagten zu verurteilen, ihm Auskunft über die Umsätze zu erteilen, die seit dem 1. Januar 2008 durch die Entgegennahme von Wetten derjenigen Teilnehmer erzielt worden sind, die ihren Wohnsitz im Freistaat Bayern haben.
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Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, das staatliche Glücksspielmonopol verstoße gegen die höherrangige unionsrechtliche Dienstleistungs - und Niederlassungsfreiheit.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben (OLG München, MMR 2009, 195). Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe


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A. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 284 StGB verneint und dazu ausgeführt:
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Streitgegenständlich seien allein die auf den Internetauftritt vom 6. Juni 2006 gestützten Ansprüche. Der Kläger habe zwar in seiner Berufungsbegründung auch den Inhalt des Internetauftritts der Beklagten vom 27. Februar 2008 dargestellt. Das sei aber allein erfolgt, um die Gleichartigkeit der von den Beklagten angebotenen Wetten mit Casinospielen darzustellen. Das Vorbringen zum neuen Internetauftritt erschöpfe sich in neuem Sachvortrag, durch den allein kein neuer Streitgegenstand eingeführt worden sei.
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Der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch sei nicht begründet. Die beanstandete Handlung (Anbieten und Bewerben von Sportwetten durch den Internetauftritt vom 6. Juni 2006) sei jedenfalls zur Zeit ihrer Begehung nicht wettbewerbswidrig gewesen. Das Bundesverfassungsgericht habe mit seinem Sportwetten-Urteil vom 28. März 2006 entschieden, dass das in Bayern errichtete staatliche Wettmonopol in seiner damaligen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit privater Wettanbieter darstellte. Darin habe zugleich eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 43 und 49 EG aF (jetzt Art. 49 und 56 AEUV) gelegen. Eine Zuwiderhandlung gegen § 284 StGB sei deshalb nicht wettbewerbswidrig gewesen. Das habe sich bis zum Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags am 1. Januar 2008 nicht geändert. Es könne dahinstehen, ob die Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit in dieser Zeit durch etwaige Änderungen der tatsächlichen Ausgestaltung der staatlich veranstalteten Sportwetten trotz unveränderter Rechtslage gleichwohl beseitigt worden sei. Denn jedenfalls sei den gewerblichen Sportwettenanbietern und -vermittlern unzumutbar gewesen zu prüfen, ob die erforderliche Konsistenz zwischen den Zielen der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausgestaltung der staatlich veranstalteten Sportwetten andererseits hergestellt worden sei. Der beanstandete Internetauftritt sei am 6. Juni 2006 erfolgt und damit während des Zeitraums, für den ein Unlauterkeitsvorwurf nicht erhoben werden könne.
11
Mangels eines Wettbewerbsverstoßes stünden dem Kläger auchweder Schadensersatzfeststellungs- noch Auskunftsansprüche zu.
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B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Der Kläger kann von den Beklagten nach §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 4 GlüStV verlangen, das Angebot und die Vermittlung von Sportwetten über das Internet an Personen im Freistaat Bayern zu unterlassen.
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I. Der auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtete Unterlassungsanspruch ist nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 23/08, GRUR 2010, 652 Rn. 10 = WRP 2010, 872 - Costa del Sol, mwN). Der Zeitpunkt der Begehung der beanstandeten Handlung ist auch für die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Auskunftserteilung maßgeblich (BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk).
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Im Streitfall kommt es allein auf die seit dem 1. Januar 2008 bestehende Rechtslage an. Der Kläger stützt seinen Unterlassungsanspruch ausdrücklich auch darauf, dass die Beklagten den beanstandeten Internetauftritt nach dem 1. Januar 2008 fortgesetzt haben. Auskunft und Schadensersatzfeststellung begehrt er nur noch für die Zeit nach diesem Datum. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der Kläger nicht lediglich den Internetauftritt vom 6. Juni 2006 beanstandet. Er wendet sich vielmehr gegen das Angebot von und die Werbung für Sportwetten im Internet als Dauerhandlung. Als Wiederholungsgefahr begründende Verletzungshandlung wurde in erster Instanz „exemplarisch“ der Internetauftritt vom 6. Juni 2006 vorgetragen. Abbildungen dieses Internetauftritts wurden in den Klageantrag aufgenommen, ohne dass eine Datumsangabe hinzugefügt wurde oder erkennbar ist. In der Berufungsbegründung vom 27. Februar 2008 hat der Kläger Abbildungen des Internetauftritts von diesem Tage vorgelegt und sich zur Begründung der Klage primär auf die erst seit 1. Januar 2008 geltende Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV (Verbot von Wetten im Internet) gestützt. Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2008 hat der Kläger ausgeführt , es sei auch in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen, dass die Beklagten nach dem 1. Januar 2008 weiterhin ohne Erlaubnis täglich mehr als 10.000 Sportwetten über Internet in Deutschland anböten und folglich Wiederholungsgefahr unzweifelhaft bestehe.
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Die vom Kläger mit diesem Vortrag angegriffene Dauerhandlung bildet einen einheitlichen Klagegrund, so dass auch die fortgesetzten Handlungsabschnitte zum (ursprünglichen) Streitgegenstand gehören (BGH, Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 168/07, GRUR 2011, 169 Rn. 23 = WRP 2011,213 - Lotterien und Kasinospiele; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2009, 1009, 1013).
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II. Der Kläger ist als Mitbewerber der Beklagten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, weil beide Parteien gleichartige Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen suchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 99/08, GRUR 2011, 82 Rn. 19 = WRP 2011, 55 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer).
17
Der Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses steht nicht entgegen, dass der Kläger gehalten ist, seinen Absatz möglichst zu beschränken und keine Anreize zur Teilnahme an den von ihm veranstalteten Wetten zu schaffen. Für das Wettbewerbsverhältnis kommt es nicht darauf an, welche Absicht mit dem Angebot der Sportwetten durch den Kläger verbunden ist. Jedenfalls nimmt der Kläger mit dem Angebot von Glücksspielen in berechtigter Weise am Wirtschaftsleben teil, so dass ihm auch der Schutz des Lauterkeitsrechts zugute kommt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 4 Rn. 13.5). Dies gilt auch dann, wenn im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Erzielung von Einnahmen lediglich eine erfreuliche Nebenfolge und nicht eigentlicher Grund der Tätigkeit des Klägers ist (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - C-67/98, Slg. 1999, I-7289 = WRP 1999, 1272 Rn. 30 f. - Zenatti; Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, Slg. 2003, I-13031 = EuZW 2004, 115 Rn. 62 - Gambelli u.a.).
18
III. Das angegriffene Sportwettenangebot der Beklagten im Internet ist gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 4 GlüStV unzulässig.
19
1. Am 1. Januar 2008 ist der Glücksspielstaatsvertrag im Freistaat Bayern in Kraft getreten. Nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im Internet verboten.
20
Dieses Verbot, das unmittelbar die Vertriebswege für Glücksspiele beschränkt , ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Es richtet sich nicht nur an die in § 10 GlüStV genannten Anbieter, mit denen die Länder ihre Aufgabe erfüllen, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen , sondern an jeden Anbieter und Vermittler öffentlicher Glücksspiele im Sinne von § 2 GlüStV und damit auch an die Beklagten. Der Wortlaut des § 4 Nr. 4 GlüStV gibt für eine Beschränkung der Normadressaten keinen Anhaltspunkt. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift stehen einer Auslegung entgegen, nach der das Verbot zwar für konzessionierte Anbieter, nicht aber für ohne Erlaubnis tätige Veranstalter und Vermittler gelten soll (ebenso BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 11). Niemand kann sich der Gültigkeit eines Verbots mit der Begründung entziehen, er sei schon aus anderen Gründen nicht berechtigt, die verbotene Tätigkeit auszuüben.
21
2. Es kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Glücksspielstaatsvertrag die von Behörden der DDR erteilten Glücksspielkonzessionen unberührt lässt. Der Beklagte zu 1 kann sich jedenfalls nicht aufdie ihm vom Gewerbeamt der Stadt Löbau ab 1. Mai 1990 erteilte Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros berufen, um entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV in Bayern über das Internet Sportwetten zu vermitteln oder zu veranstalten.
22
a) Die dem Beklagten zu 1 für die Zeit ab 1. Mai 1990 erteilte Genehmigung war ursprünglich auf das Hoheitsgebiet der DDR beschränkt.
23
b) Art. 19 EinigungsV hat nicht zu einer Erstreckung der Erlaubnis auf das gesamte Bundesgebiet geführt. Nach dieser Vorschrift bleiben vor der Wiedervereinigung ergangene Verwaltungsakte der DDR zwar wirksam. Art. 19 EinigungsV hat aber grundsätzlich keine inhaltliche Änderung von Verwaltungsakten bewirkt (BVerwGE 126, 149 Rn. 50 ff.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 46).
24
Für die Frage, ob sich ein Verwaltungsakt der DDR nach der Wiedervereinigung auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik erstreckt, kommt es auf die hypothetische Prüfung an, ob ein inhaltlich entsprechender Verwaltungsakt der Behörde eines alten Bundeslandes bundesweite Geltung hat. Ist das der Fall, so ist dasselbe für den nach Art. 19 EinigungsV fortgeltenden Verwaltungsakt anzunehmen. Andernfalls ist eine bundesweite Geltung zu verneinen. Denn die Rechtsordnung der (erweiterten) Bundesrepublik, die für die mitdem Einigungsvertrag angestrebte Rechtseinheit maßgeblich ist, ist durch ihre föderale Struktur mitgeprägt, in der nicht selten Regelungsunterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern bestehen (vgl. BVerwGE 126, 149 Rn. 56).
25
In Anwendung dieser Grundsätze kommt eine Erstreckung der dem Beklagten zu 1 von der Stadt Löbau erteilten Erlaubnis auf das Gebiet des Bundeslands Bayern nicht in Betracht (vgl. BVerwGE 126, 149 Rn. 56; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 47 f.; ebenso OVG Bautzen, GewArch 2008, 118, 120 f.; OVG Hamburg, ZfWG 2008, 136, 137; VGH Kassel , ZfWG 2008, 272, 274; OVG Lüneburg, NVwZ 2009, 1241, 1242; aA Rixen, NVwZ 2004, 1410, 1412 ff.). Auch in den alten Bundesländern hätten Erlaubnisse für die gewerbliche Veranstaltung von Sportwetten (mit Ausnahme von Pferdewetten) nur nach dem jeweiligen Landesrecht erteilt werden können, so dass ihre Wirkung auf das Gebiet des betreffenden Landes beschränkt gewesen wäre. Eine außerhalb Bayerns erteilte Glücksspielerlaubnis berechtigt also nicht dazu, in Bayern Glücksspiele zu veranstalten oder zu vermitteln.
26
Mit der fehlenden Erstreckung auf das Land Bayern teilt die Gewerbeerlaubnis des Beklagten zu 1 das Schicksal aller vergleichbaren Gestattungen, so dass keine dem Gedanken des Vertrauensschutzes widerstreitende Benachteiligung des Erlaubnisnehmers erkennbar ist (vgl. BVerwGE 126, 149 Rn. 56).
27
c) Die fehlende Erstreckung seiner von der Stadt Löbau erteilten Genehmigung auf das Bundesland Bayern greift auch in keine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition des Beklagten zu 1 ein. Es ist deshalb nicht ersichtlich , dass es für ihn enteignungsgleiche Wirkung hat, wenn er in Bayern die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV zu beachten hat.
28
3. Der Glücksspielstaatsvertrag und insbesondere das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüSpV sind formell und materiell mit dem Verfassungsrecht vereinbar.
29
a) Die Länder haben mit dem Glücksspielstaatsvertrag ihre Kompetenzen nicht überschritten. Von einer möglichen Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG hat der Bund ungeachtet der Regelungen in §§ 33c ff. GewO jedenfalls nicht in der Weise Gebrauch gemacht, dass die Länder an den im Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Regelungen gemäß Art. 72 Abs. 1 GG gehindert wären (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08, NVwZ 2008, 1338 Rn. 25).
30
b) Der Glücksspielstaatsvertrag ist auch materiell verfassungsgemäß. Die durch ihn bewirkten Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) sind durch überragend wichtige Gemeinwohlziele gerechtfertigt, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 27 ff.). Dabei ist davon auszugehen, dass die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und - im Vergleich zur Abgabe eines Lottoscheins in einer Annahmestelle - dessen Abstraktheit , problematisches Spielerverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Das Internetverbot ist deshalb geeignet, erforderlich und angemessen, ein Gemeinwohlziel hohen Ranges zu fördern (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 40, 48, 59).
31
4. Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV steht mit dem Unionsrecht in Einklang.
32
a) Der Anwendung der Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags steht nicht entgegen, dass die Länder ihrer europarechtlichen Notifizierungspflicht nicht nachgekommen sind.
33
aa) Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (nachfolgend : Informationsrichtlinie) haben die Mitgliedstaaten jeden Entwurf einer technischen Vorschrift unverzüglich der Europäischen Kommission zu übermitteln. Zweck der Notifizierung ist es, durch eine vorbeugende Kontrolle der Kommission den freien Warenverkehr im Binnenmarkt zu schützen (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 1996 - C-194/94, Slg. 1996, I-2201 = EuZW 1996, 379 Rn. 40 f., 51 - CIA Security International/Signalson; Erwägungsgründe 4 und 7 der Informationsrichtlinie). Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht führt zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschriften, so dass sie Einzelnen nicht entgegengehalten werden können (EuGH aaO Rn. 54).
34
bb) Der Glücksspielstaatsvertrag ist der Kommission am 21. Dezember 2006 notifiziert worden (vgl. Verwaltungsschreiben der Kommission vom 14. Mai 2007, abgedruckt als Anlage 1 c zum Entwurf des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland , Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks. 14/4849). Gemäß Art. 9 Abs. 2 der Informationsrichtlinie durfte das Bundesland Bayern das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV dann ab 21. Juni 2007 in Kraft setzen, also jedenfalls auch zum 1. Januar 2008.
35
b) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV ist auch materiell mit dem Unionsrecht vereinbar.
36
aa) Allerdings stellt diese Regelung eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs gemäß Art. 56 AEUV dar. Das Internetverbot erschwert Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten eine Tätigkeit in Deutschland. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Glücksspielsektor nur unions- rechtskonform, wenn sie das Diskriminierungsverbot beachtet und aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Die Maßnahme muss geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten , indem sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt; sie darf ferner nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, EuZW 2004, 115 Rn. 65 - Gambelli u.a.; EuGH, Urteil vom 6. März 2007 - C-338/04 u.a., Slg. 2007, I-1891 = EuZW 2007, 209 Rn. 49 - Placanica; Urteil vom 8. September 2009 - C-42/07, Slg. 2009, I-7633 = EuZW 2009, 689 Rn. 60 - Liga Portuguesa de Futebol Profissional

).


37
bb) Eine formale Diskriminierung liegt nicht vor. Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV gilt gleichermaßen für In- und Ausländer. Zwar beeinträchtigt das Internetverbot faktisch Glücksspielanbieter außerhalb Deutschlands stärker als solche, die im Inland ansässig sind, weil ihnen ein für den unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt besonders wirksames Vermarktungsmittel genommen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-212/08, EuZW 2011,674 Rn. 74 - Zeturf Ltd.). Dieser Umstand allein steht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einer unionsrechtlichen Rechtfertigung des Internetverbots aber nicht entgegen. Vielmehr kommt es auch dann darauf an, ob diese Beschränkung zwingenden Belangen des Allgemeinwohls dient, kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt und nicht über das erforderliche Maß hinausgeht (vgl. EuGH, EuZW 2009, 689 Rn. 52 ff. - Liga Portuguesa de Futebol Profissional; EuZW 2011, 674 Rn. 76 ff. - Zeturf Ltd.).
38
cc) Die durch den Glücksspielstaatsvertrag und die bayerischen Ausführungsbestimmungen bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten dienen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses im Sinne des Unionsrechts (ebenso BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 34). Ziele des Glücksspielstaatsvertrags sind die Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV), der Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sowie die Betrugsvorbeugung (§ 1 Nr. 4 GlüStV). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat anerkannt, dass der Verbraucherschutz , die Betrugsvorbeugung, die Abwehr von Störungen der sozialen Ordnung und das Anliegen, die Bürger vor Anreizen zu überhöhten Spieleinsätzen zu bewahren, zwingende Gründe des Allgemeininteresses sind, die Beschränkungen der Spieltätigkeiten rechtfertigen können (vgl. EuGH, Urteil vom 24. März 1994 - C-275/92, Slg. 1994, I-1039 = EuZW 1994, 311 Rn. 57 f. - Schindler; EuGH, WRP 1999, 1272 Rn. 30 f. - Zenatti; EuZW 2004, 115 Rn. 67 - Gambelli; EuZW 2009, 689 Rn. 46 - Placanica; EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, NVwZ 2010, 1422 Rn. 55 ff. = MMR 2010, 840 - Carmen Media Group). Die Ziele der Suchtbekämpfung sowie des Jugendund Spielerschutzes (§ 1 Nr. 1 und Nr. 3 GlüStV) dienen dem Schutz der Sozialordnung. Die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) zielen darauf ab, die Bürger vor Anreizen zu überhöhten Spieleinsätzen zu bewahren.
39
dd) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV ist geeignet, die mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Gemeinwohlziele zu fördern.
40
(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat anerkannt, dass eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, grundsätzlich geeignet ist, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 105 - Carmen Media Group). Denn über das Internet angebotene Spiele weisen wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen Verbraucher und Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotential für jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht. Dabei fällt insbesondere auch die für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugänglichkeit zu einem sehr großen internationalen Spielangebot ins Gewicht (vgl. EuGH, EuZW 2009, 689 Rn. 70 - Liga Portuguesa de Futebol Profissional; NVwZ 2010, 1422 Rn. 102 f. - Carmen Media Group; siehe auch BVerfGE 115, 276 Rn. 139; BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 40; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 34).
41
Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV soll speziell diesen besonderen Gefahren des Angebots von Glücksspielen im Internet begegnen. Für die Beurteilung der unionsrechtlichen Zulässigkeit des Internetverbots kommt es deshalb nicht auf die Verfügbarkeit von Glücksspielen in anderen Vertriebskanälen an, die nicht die besonderen Gefahren des Internetvertriebs aufweisen (vgl. EuGH, EuZW 2011, 674 Rn. 78 ff. - Zeturf Ltd.).
42
(2) Das Internetverbot ist nicht deshalb zur Verfolgung legitimer Gemeinwohlinteressen ungeeignet, weil bislang konkrete und belastbare Nachweise dafür fehlen, dass solche Interessen durch das Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten im Internet gefährdet werden können. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat klargestellt, dass ein Mitgliedstaat die Eignung einer beschränkenden Maßnahme im Glücksspielsektor für die Verfolgung anerkannter Gemeinwohlziele auch dann belegen kann, wenn er dazu keine konkreten Untersuchungen vorzulegen vermag. Es reicht aus, wenn der Mitgliedstaat alle Umstände darlegt, anhand deren sich ein zur Entscheidung berufenes Gericht darüber vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügt (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07 u.a., WRP 2010, 1338 Rn. 70 ff. - Markus Stoß u.a.). Diese Anforderung ist im Streitfall erfüllt.
43
(3) Das Internetverbot ist auch eine kohärente und systematische Beschränkung der Gelegenheiten zum Glücksspiel (ebenso BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 35 ff.). Die Prüfung dieser unionsrechtlichen Anforderung obliegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union den Gerichten der Mitgliedstaaten (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 65 - Carmen Media Group).
44
(a) Die unionsrechtliche Prüfung hat grundsätzlich für jede nationale Beschränkung im Bereich der Glücksspiele gesondert zu erfolgen (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 60 - Carmen Media Group). Prüfungsgegenstand ist im Streitfall somit allein das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV und nicht der Glücksspielstaatsvertrag in seiner Gesamtheit oder das deutsche Glücksspielmonopol.
45
(aa) Das Internetverbot ist nicht in dem Sinne „monopolakzessorisch“, dass es bei einer eventuellen Unionsrechtswidrigkeit des deutschen Glücksspielmonopols keine Wirkung mehr entfalten könnte (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 12). Es handelt sich vielmehr um eine eigenständige Regelung, die schon für sich allein zur Förderung der mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele geeignet ist. Selbst wenn das deutsche Glücksspielmonopol oder andere Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags mit dem Unionsrecht unvereinbar wären, führte dessen Anwendungsvorrang nur dazu, dass das deutsche Recht insoweit nicht anzuwenden wäre. Hingegen blieben diejenigen Bestandteile des Glücksspielstaatsvertrags weiterhin anwendbar , die noch eine aus sich heraus sinnvolle und handhabbare Regelung darstellen, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspräche (vgl.
BVerwGE 105, 336, 345 f.). Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen. Dieser Zweck entfiele auch dann nicht, wenn die Vorschriften über das staatliche Monopol im Glücksspielstaatsvertrag wegfielen (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 12 aE).
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(bb) Zudem ist davon auszugehen, dass die verschiedenen Arten von Glücksspielen erhebliche Unterschiede aufweisen können, etwa hinsichtlich der sie kennzeichnenden Einsätze und Gewinne, der Zahl potentieller Spieler, der Präsentation, der Häufigkeit, der Dauer oder danach, ob sie die körperliche Anwesenheit des Spielers erfordern oder nicht. Daher führt allein der Umstand, dass für verschiedene Arten von Glücksspielen unterschiedliche nationale Regelungen gelten, nicht schon dazu, dass diese Maßnahmen ihre unionsrechtliche Rechtfertigung verlieren (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 62 f. - Carmen Media Group; WRP 2010, 1338 Rn. 95 f. - Markus Stoß u.a.).
47
(b) Allerdings können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 71 - Carmen Media Group) berechtigte Zweifel an der Eignung eines nationalen Monopols für Sportwetten und Lotterien zur kohärenten und systematischen Beschränkung des Glücksspiels bestehen, wenn - andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern betrieben werden dürfen und - der Mitgliedstaat in Bezug auf diese anderen Arten von Glücksspielen, die zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreibt, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren.
48
Außerdem sind auch Ausnahmen und Einschränkungen zu einer die Glücksspieltätigkeit beschränkenden Regelung dahingehend einer Kohärenzprüfung zu unterziehen, ob sie deren Eignung zur Verfolgung legitimer Allgemeininteressen beseitigen (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 106 ff. - Carmen Media Group).
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(c) Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist zu beachten , dass es hier allein auf die unionsrechtliche Wirksamkeit des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV ankommt. Daher sind die Regelungen zum Automatenspiel und zum herkömmlichen Spielbankenbetrieb in Deutschland im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Diese Glücksspielformen setzen anders als das Spiel im Internet die persönliche Anwesenheit der Spieler voraus. Weil das bereits aus dem Wesen dieser Glücksspiele folgt, können sie von vornherein nicht durch ein Internetverbot geregelt werden (in diesem Sinne etwa Ohler , EuR 2010, 253, 259). Eine inkohärente oder unsystematische Regelung liegt in diesem tatsächlichen Unterschied zu Sportwetten aber nicht. Selbst wenn Deutschland beim Automatenspiel und im Bereich der Spielbanken eine expansive Politik betreiben sollte, ließe dies die Eignung von § 4 Abs. 4 GlüStV als wirksame Maßnahme zum Jugend- und Spielerschutz sowie zur Begrenzung der Glücksspieltätigkeit unberührt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein allgemeines Internetverbot grundsätzlich auch dann geeignet, die mit ihm verfolgten legitimen Allgemeininteressen zu erreichen, wenn das Anbieten von Spielen über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 105 - Carmen Media Group).
50
Abweichendes ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision auch nicht aus der Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache „Zeturf“ (EuGH, EuZW 2011, 674 Rn. 73 ff.). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Wege die Wetten abgeschlossen werden (aaO Rn. 77). Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Sektor der Pferdewetten an (aaO Rn. 82 f.). Im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung betont der Gerichtshof aber auch, dass der Absatz von Glücksspielen über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (aaO Rn. 78 ff.). Wie sich aus Randnummer 82 des Urteils „Zeturf“ ergibt, hält der Gerichtshof dabei daran fest, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliegt zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern. Der Gerichtshof verlangt nicht, dass für diese Beurteilung abweichend vom Urteil „Markus Stoß“ (vgl. oben Rn. 42) nunmehr ein empirischer Nachweis für die Gefährlichkeit des Internetvertriebs erbracht werden muss. Einer Vorlage an den Gerichtshof bedarf es in diesem Zusammenhang nicht. Unerheblich ist im Übrigen auch, ob die Länder im Zusammenhang mit der Änderung des Glücksspielstaatsvertrags eine Lockerung des Internetverbots erwägen. Im Streitfall steht allein das geltende Recht auf dem Prüfstand. Rechtspolititsche Erwägungen, die de lege ferenda angestellt werden, vermögen die Beurteilung des geltenden Rechts nicht zu verändern.
51
Da Deutschland - anders als Frankreich in dem der Entscheidung „Zeturf“ zugrundeliegenden Fall - in § 4 Abs. 4 GlüStV eine besondere Regelung für den Glücksspielvertrieb im Internet getroffen hat, die aufgrund der spezifischen Gefahren dieses Vertriebswegs gerechtfertigt ist, kommt es für die unionsrechtliche Kohärenzprüfung allein auf diesen Vertriebskanal an.
52
Im Übrigen ist es nach § 4 Abs. 4 GlüStV generell verboten, im Internet Automatenspiele anzubieten; denn die Erlaubnis nach § 33c Abs. 1 GewO gilt nur für den stationären Betrieb von Geldspielautomaten (OVG Münster, Beschluss vom 27. Oktober 2008 - 4 B 1774/07, juris; LG Köln, ZfWG 2010, 149, 150 f.). Spielbanken müssen das Internetverbot gemäß § 2 Satz 2 GlüStV beachten.
53
(d) Ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot besteht auch nicht hinsichtlich des Bereichs der Pferdewetten.
54
(aa) Pferdewetten dürfen nicht über das Internet angeboten oder vermittelt werden. Der Senat schließt sich dazu den überzeugenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Urteil vom 1. Juni 2011 an (8 C 5.10, juris Rn. 37 ff.). Die Veranstaltung oder Vermittlung von Pferdewetten ist verboten , sofern sie nicht auf der Grundlage des Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl. I, S. 393) erlaubt wird. Die nach § 2 Abs. 2 RennwLottG erteilte Erlaubnis ist auf die Örtlichkeit beschränkt, in der die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut, insbesondere aber auch aus dem Zweck dieser Bestimmung: Sie dient dazu, den Missstand des sog. Winkelbuchmachertums zu bekämpfen, der dazu geführt hatte, dass Kunden überall und jederzeit aufgesucht und zum Wetten verleitet werden konnten. Wie das Bundesverwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat (aaO Rn. 39), liegt dem Typus der erlaubten Pferdewette die Vorstellung eines Wettabschlusses unter Anwesenden zugrunde. Mit diesem Gesetzeszweck ist die - zulässige - telefonische oder telegrafische Wettannahme noch vereinbar, bei der die Initiative zum Wetten vom Wettwilligen ausgehen muss, der zudem weiß, mit welchem Buchmacher er es zu tun hat. Das Wettangebot ist bei Nutzung dieser Formen der Telekommunikation weder ubiquitär noch anonym (BVerwG aaO). Dies ist beim Vertrieb von Wetten im Internet anders.
Das Internet ermöglicht den Abschluss von Wetten von jedem Ort und zu jeder Zeit ohne jeden persönlichen Kontakt (vgl. zu allem Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 38 ff.). Dass das Rennwett- und Lotteriegesetz in § 1 für die Totalisatorwette nicht ausdrücklich eine entsprechende Bindung an ein stationäres Wettbüro verlangt, vermag hieran nichts zu ändern; denn zum Betrieb eines Totalisators dürfen nur Renn- und Pferdezuchtvereine zugelassen werden (§ 2 Abs. 1 der Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz).
55
(bb) Allerdings schreiten die Bundesländer bislang nicht gegen die Annahme und Vermittlung von Pferdewetten im Internet ein. Damit besteht in diesem Bereich ein strukturelles Vollzugsdefizit (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 41). Das führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich.
56
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezieht sich die Kohärenzprüfung auf die Eignung einer Beschränkung zur Zielerreichung. Diese Eignung wird nicht schon durch jede abweichende Regelung in einem quantitativ noch so unbedeutenden Bereich in Frage gestellt. So hat der Gerichtshof der Europäischen Union unter dem Aspekt der Kohärenz des Internetverbots keine Bedenken daraus abgeleitet, dass § 25 Abs. 6 GlüStV eine begrenzte und zeitlich beschränkte Ausnahme von diesem Verbot vorsah (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 106 ff. - Carmen Media Group).
57
Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV verliert danach nicht deswegen ihre Eignung zum Jugend- und Spielerschutz, zur Betrugsbekämpfung und zur Eindämmung des Glücksspiels, weil Pferdewetten noch im Internet abgeschlossen werden können. Pferdewetten machen erkennbar nur einen kleinen Prozentsatz des Glücksspielmarkts aus (vgl. OVG Münster, ZfWG 2011, 47, 52; VGH Mannheim, ZfWG 2010, 24, 39) und die von ihnen ausgehenden Suchtgefahren treffen nur einen sehr geringen Teil der Bevölkerung, weil nur verhältnismäßig wenige Verbraucher im Bereich der Pferderennen tatsächlich über solche Kenntnisse verfügen, um sich zuzutrauen, erfolgreich auf den Rennausgang wetten zu können. Im Gegensatz dazu empfinden beim Fußball und anderen Breitensportarten weite Personenkreise eine subjektiv empfundene „Wettkompetenz“ , die sie zum Spielen verleitet. Hinzu kommt, dass die Zahl der Pferderennen deutlich unter derjenigen der sonstigen Sportereignisse liegt, die gerade beim Internetvertrieb dem Spielinteressierten ständig neue Wettmöglichkeiten eröffnen (vgl. zur marginalen Bedeutung der Pferdewetten für den Glücksspielmarkt insgesamt auch BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 42).
58
(cc) Dementsprechend hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union zwar gemäß dem ihm von den vorlegenden deutschen Gerichten unterbreiteten Sachverhalt die Zulässigkeit von Pferdewetten privater Veranstalter angenommen , eine mögliche Inkohärenz des deutschen Sportwettenmonopols aber allein mit der in den Vorlagebeschlüssen festgestellten Politik der Angebotsausweitung im Bereich Spielbanken und Automatenspiele begründet (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 67 f. - Carmen Media Group; WRP 2010, 1338 Rn. 100, 106 - Markus Stoß u.a.).
59
(dd) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die an Pferdewetten interessierten Verbraucher im Hinblick auf die damit verbundenen Suchtgefahren nicht weniger schutzwürdig sind als diejenigen Verbraucher, die als Teilnehmer sonstiger Sportwetten in Betracht kommen. Der Gesetzgeber mag nach deutschem Recht auch unter diesem Aspekt gehalten sein, das gegenwärtige Vollzugsdefizit alsbald zu beseitigen. Zur unionsrechtlichen Unzulässigkeit des § 4 Abs. 4 GlüStV kann dieser Umstand aber nicht führen, weil die Gefahren für die Sozialordnung, die sich aus der derzeitigen Duldung des Abschlusses von Internetwetten für Pferderennen ergeben, wegen des beschränkten Teilnehmerkreises deutlich geringer sind als diejenigen der anderen von § 4 Abs. 4 GlüStV erfassten Glücksspiele.
60
(e) § 4 Abs. 4 GlüStV ist auch nicht im Hinblick auf § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV) unionsrechtlich inkohärent.
61
Die Vorschrift des § 8a RStV lässt Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele im Rundfunk unter bestimmten Voraussetzungen zu. Nach § 58 Abs. 4 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV gilt § 8a RStV entsprechend für Gewinnspiele in mit Rundfunk vergleichbaren Telemedien, die sich an die Allgemeinheit richten. Dazu zählen auch Internetportale, die redaktionelle Informations - und Unterhaltungsangebote für die Allgemeinheit bereitstellen (vgl. Bolay, MMR 2009, 669, 673).
62
(aa) Gewinnspiele im Sinne des § 8a RStV können grundsätzlich auch zufallsabhängige Spiele sein. Das ergibt sich zwar nicht schon aus dem Wortlaut dieser Vorschrift. So ist nach § 8a Abs. 1 Satz 4 RStV im Programm über die Auflösung der gestellten Aufgabe zu informieren. Das spricht dafür, dass Gewinnspiele nur solche Spiele sind, bei denen die Spieler eine gestellte Aufgabe lösen müssen, was grundsätzlich nicht zufallsabhängig ist. Zweck des § 8a RStV ist aber klarzustellen, dass die erst in neuerer Zeit aufgekommenen „interaktiven“ Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele, an denen sich das Publikum mittels individueller Kommunikationsmittel (insbesondere Telefon) kostenpflichtig beteiligen kann, ein in Fernsehen und Hörfunk zulässiger Programminhalt sind und damit für private Rundfunkveranstalter eine erlaubte Einnahmequelle bilden. Zu den nach § 8a RStV zulässigen Gewinnspielen zählen danach grundsätzlich auch privat veranstaltete, zufallsabhängige Call-in-Ge- winnspiele gegen Entgelt (vgl. VGH München, AfP 2010, 204, 205; Begründung zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Bayerischer Landtag, LT-Drucks. 15/9667, S. 15; Bolay, MMR 2009, 669, 671). Das ergibt sich auch aus der Satzung der Landesmedienanstalten über Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele (Gewinnspielsatzung), die zur Konkretisierung des § 8a RStV erlassen worden ist. Nach § 2 Gewinnspielsatzung liegt ein Gewinnspiel vor, wenn den Nutzern des Programmangebots im Fall der Teilnahme die Möglichkeit auf den Erhalt eines Vermögenswertes geboten wird. Das schließt zufallsabhängige Spiele ein.
63
(bb) Ein Glücksspiel liegt aber nur vor, wenn für den Erwerb einer - zumindest überwiegend zufallsabhängigen - Gewinnchance ein Entgelt gezahlt wird (vgl. § 3 Abs. 1 GlüStV). Daran fehlt es bei den Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV.
64
Wie sich aus der Verweisung des § 8a Abs. 1 auf § 13 Abs. 1 Satz 3 RStV ergibt, dürfen öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten aus Gewinnspielen keine Einnahmen erzielen. Im Übrigen ist das Teilnahmeentgelt auf höchstens 0,50 € begrenzt. Nach § 8 Gewinnspielsatzung ist es unzulässig, zu wiederholter Teilnahme aufzufordern oder dafür Anreize zu setzen.
65
Teilnahmeentgelte von höchstens 0,50 € sind glücksspielrechtlich unerheblich (OLG München, MMR 2006, 225; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 284 Rn. 6; MünchKomm.StGB/Groeschke/Hohmann, § 284 Rn. 8; Bolay, MMR 2009, 669, 670). Sie entsprechen den üblichen Portokosten, wie sie auch für die Teilnahme an herkömmlichen Gewinnspielen im Einzelhandel aufgewendet werden müssen, bei denen die Gewinner aus den Einsendern der richtigen Antwort durch Los und damit zufallsabhängig bestimmt werden. Derartige wettbewerbsrechtlich zulässige Gewinnspiele unterliegen eindeutig nicht den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags. Zudem werden Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen im Rundfunk maßgeblich durch ihren Show- und Unterhaltungscharakter geprägt, so dass sie in dem durch § 8a RStV festgelegten Entgeltrahmen als Unterhaltungsspiele anzusehen sind.
66
(cc) Durch die Zulassung von Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV auch in Internetportalen mit redaktionellem Inhalt werden die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrags nicht beeinträchtigt. Es ist insbesondere nicht ersichtlich , dass die fraglichen Spiele ein höheres Suchtpotential als die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Spiele haben (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 71 - Carmen Media Group). Sie können infolgedessen auch nicht zur Unionsrechtswidrigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV führen.
67
(f) Die Revision hat auch keine Vollzugsdefizite des Glücksspielstaatsvertrags in Bayern dargelegt, aus denen sich eine Inkohärenz des Internetverbots jedenfalls für dieses Bundesland ergäbe.
68
ee) Das Internetverbot begegnet auch unter dem Aspekt der Erforderlichkeit keinen unionsrechtlichen Bedenken.
69
Das Unionsrecht verlangt, dass Beschränkungen im Glücksspielsektor nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele erforderlich ist (vgl. EuGH, EuZW 2007 Rn. 49 - Placanica; NVwZ 2010, 1422 Rn. 60 - Carmen Media Group). Dabei ist es jedoch Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Glücksspieltätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollen vorzusehen. In diesem Zusammenhang kommt es für die Erforderlichkeit der erlassenen Maßnahmen allein auf die von den betreffenden nationalen Stellen ver- folgten Ziele und das von ihnen angestrebte Schutzniveau an (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 58 - Carmen Media Group). Dagegen wird nicht verlangt, dass eine von einem Mitgliedstaat erlassene beschränkende Maßnahme einer von allen Mitgliedstaaten geteilten Auffassung in Bezug auf die Modalitäten des Schutzes des fraglichen berechtigten Interesses entspricht (vgl. EuGH, Urteil vom 28. April 2009 - C-518/06, Slg. 2009, I-3491 Rn. 83 ff. - Kommission/ Italien). Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union gerade auch im Zusammenhang mit dem Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV betont (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 104 - Carmen Media Group).
70
Die deutschen Bundesländer konnten es deshalb im Hinblick auf die besonderen Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet (vgl. oben Rn. 30, 40) für erforderlich halten, diesen Vertriebsweg im Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags vollständig auszuschließen. Dieses Ergebnis ließ sich nur durch das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV erreichen, nicht dagegen durch weniger einschneidende Reglementierungen des Vertriebskanals Internet.
71
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zwar ein mitgliedstaatliches Verbot des Vertriebs von Kontaktlinsen über das Internet als nicht erforderlich und damit als unzulässige Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit angesehen (EuGH, Urteil vom 2. Dezember 2010 - C-108/09 GRUR 2011, 243 Rn. 58, 65 ff., 75 - Ker-Optica). Anders als in jenem Fall sind die das Verbot des Internetvertriebs von Glücksspielen rechtfertigenden Gefahren unmittelbar und zwangsläufig mit dem Medium Internet verbunden (etwa mangelnde soziale Kontrolle wegen Anonymität, permanente Spielmöglichkeit, besondere Bequemlichkeit der Spielteilnahme). Sie lassen sich daher nicht durch begleitende Erläuterungen während des Spiels ausräumen.
72
IV. Der Kläger kann von den Beklagten auch verlangen, dieBewerbung ihres Sportwettenangebots entsprechend den im Klageantrag in Bezug genommenen Bildschirmausdrucken im Internet zu unterlassen (§ 4 Nr. 11 UWG, § 5 Abs. 3 GlüStV). Nach § 5 Abs. 3 GlüStV ist Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet verboten.
73
Auch gegen die Anwendung des § 5 Abs. 3 GlüStV bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken. Unabhängig von der Frage der Errichtung des staatlichen Wettmonopols und seiner Durchsetzung stellt das Werbeverbot eine gerechtfertigte Beschränkung der Rechte der Beklagten aus Art. 12 GG und Art. 49 AEUV dar. Es verfolgt dieselben legitimen Zwecke wie das Internetverbot des Veranstaltens und Vermittelns von öffentlichen Glücksspielen gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV und ist geeignet, erforderlich und angemessen, um die Wetttätigkeiten in geordnete und legale Bahnen zu lenken und Anreizen für Glücksspiele entgegenzuwirken.
74
V. Da der auf Unterlassung gerichtete Klageantrag begründet ist, haben auch die darauf rückbezogenen Anträge auf Auskunftserteilung (§ 242 BGB) und Feststellung der Schadensersatzpflicht (§ 9 UWG) Erfolg.
75
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit er seine Anträge auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in der Berufungsinstanz zeitlich beschränkt hat.
Bornkamm RiBGH Pokrant ist in Kur Schaffert und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 06.12.2007 - 4 HKO 11552/06 -
OLG München, Entscheidung vom 16.10.2008 - 29 U 1669/08 -

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen eine Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe, mit der ihr die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel und die Werbung hierfür in Baden-Württemberg untersagt wird.
Die Klägerin, die ihren Sitz in Malta hat, betreibt unter anderem die Internetseite ..., auf der sie auch in deutscher Sprache die Teilnahme an verschiedenen Online-Spielen - insbesondere Sport- und Finanzwetten, Poker- und Casinospiele, Online-Bingo, Online-Rubbellose - anbietet. Auf der Seite ... bietet sie sog. 50-Cent-Spiele an. Sie ist im Besitz entsprechender Lizenzen der maltesischen Glücksspielbehörde.
Nach vorheriger Anhörung untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe ihr mit Verfügung vom 18.01.2010, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben und solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nr. 1). Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich und dauerhaft einzustellen und die Einstellung dem Regierungspräsidium schriftlich mitzuteilen (Nr. 2). Für den Fall, dass die Klägerin den Verpflichtungen aus den Nrn. 1 und 2 nicht binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe der Verfügung nachkomme, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 EUR angedroht, wobei die Mitteilung über die Einstellung der Tätigkeit dem Regierungspräsidium innerhalb dieser Frist zugehen müsse (Nr. 3). Das Regierungspräsidium begründete seine Entscheidung damit, dass es gemäß § 9 des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) darüber zu wachen habe, dass in Baden-Württemberg kein unerlaubtes Glücksspiel stattfinde und die Werbung hierfür unterbleibe. Die Klägerin biete öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen, Online-Bingo sowie Online-Rubbellosen im Internet an und werbe hierfür. Dies sei nach dem GlüStV unzulässig. Dieser entspreche den verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben. In welcher Form die Klägerin dem Verbot nachkomme, werde ihr überlassen. Sie könne beispielsweise durch Geolokalisation ihre Internetseite nur Besuchern außerhalb Baden-Württembergs zugänglich machen. Ihr sei jedoch auch die Entfernung des Internetinhalts zumutbar. Die Verfügung erstrecke sich auf alle von der Klägerin betriebenen Internetauftritte, sofern sie das Angebot öffentlichen Glücksspiels beinhalteten und von Baden-Württemberg aus abrufbar seien.
Die Verfügung wurde der Klägerin mittels Einschreiben mit Rückschein übersandt.
Am 08.02.2010 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie trägt im Wesentlichen vor, das Staatsmonopol in seiner tatsächlichen Ausgestaltung sei unionsrechtswidrig, wie sich aus der Carmen Media-Entscheidung des EuGH ergebe. So seien andere Arten von Glücksspielen durch private Anbieter erlaubt, auch von solchen, die, wie Automatenspiele, ein höheres Suchtpotential aufwiesen. Zu diesen reize der Staat zudem an. Aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs sei der GlüStV in vollem Umfang unanwendbar, somit auch der Erlaubnisvorbehalt und das Internetverbot. Letzteres könne sowohl aus rechtssystematischen Gründen als auch mangels Kohärenz keine isolierte Geltung beanspruchen. Auf den E-Post-Brief in Hessen, die „Jackpoints“ in Hamburg und Online-Pferdewetten, Online-Spielautomaten sowie die Online Spielbank Niedersachsen werde verwiesen. Hinzu kämen seit dem 01.01.2012 parallele, sich konterkarierende Regulierungskonzepte innerhalb Deutschlands, nachdem in Schleswig-Holstein ein neues Glücksspielgesetz in Kraft getreten sei, während in den übrigen Bundesländern der GlüStV als Landesrecht weitergelte. Das Kohärenzerfordernis setze hingegen eine abgestimmte Glücksspielpolitik der Länder voraus. Hilfsweise sei das Verfahren auszusetzen und dem EuGH seien die Fragen vorzulegen, ob die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV das Ausscheren eines Landes verbiete und eine Abstimmung der Länder erfordere. Eine Aussetzung nach § 94 VwGO analog werde auch im Hinblick auf das beim BVerwG anhängige Revisionsverfahren angeregt, das eine Klärung zu den Fragen erwarten lasse, ob die Werbemaßnahmen des Monopolanbieters das Werbeverbot konterkarierten und ob die Kohärenz bundeseinheitlich oder länderspezifisch zu beurteilen sei. Die großen Internetanbieter betrieben nämlich umfangreich Werbung im Internet. Diese Inkohärenz mache das Internetverbot unionsrechtswidrig und führe zu dessen Unanwendbarkeit ex tunc.
Darüber hinaus sei das Internetverbot deshalb unanwendbar, weil das Land Baden-Württemberg die Fortgeltung des GlüStV als Landesrecht nicht wirksam habe anordnen können. Es liege ein Verstoß gegen das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip sowie den Bestimmtheitsgrundsatz vor.
Über ... würden keine Glücksspiele, sondern Gewinnspiele veranstaltet. Der Landesgesetzgeber sei nicht befugt, einen eigenständigen Glücksspielbegriff zu schaffen. Die konkrete Ausgestaltung der deutschen Glücksspielregulierung sei auch mit Verfassungsrecht unvereinbar. Schließlich verstoße die streitgegenständliche Verfügung gegen Völkerrecht. Es fehle dem Regierungspräsidium an der Regelungskompetenz. Es sei nicht örtlich zuständig und besitze nicht die völkerrechtliche Verbandskompetenz. Das Spielangebot der Klägerin werde in Deutschland nicht beworben und dürfte kaum einem baden-württembergischen Verbraucher bekannt sein. Auch die Zustellung deutscher Verwaltungsakte in Malta verstoße gegen das Völkerrecht. Die Verfügung sei unbestimmt, da es der Klägerin überlassen bleibe zu beurteilen, was als Glücksspiel im Sinne des GlüStV anzusehen sei. Bereits der Glücksspielbegriff als solcher sei zu unbestimmt. Das Regierungspräsidium habe es versäumt, jede einzelne Spielvariante daraufhin zu prüfen, ob es sich um Glücksspiel handele. Insbesondere Poker sei kein Glücksspiel. Unerlaubtes Glücksspiel betreibe sie schon deshalb nicht, weil sie eine Lizenz nach maltesischem Recht besitze. Die Verfügung sei insgesamt unverhältnismäßig, denn die Methoden der Geolokalisation seien nicht geeignet, leicht zu umgehen und datenschutzrechtlich bedenklich. Sie seien mit gravierenden Unsicherheiten behaftet und daher nicht hinreichend zuverlässig. Es sei ihr nicht zuzumuten, ihr gesamtes Internetangebot vom Markt zu nehmen. Die Zwangsgeldandrohung sie wegen der Rechtswidrigkeit der Grundverfügung ebenfalls rechtswidrig und dürfe sich nicht auch auf die Mitteilungspflicht beziehen. Die Zwangsgeldandrohung sei insgesamt zu unbestimmt.
Die Klägerin beantragt,
10 
die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 18.01.2010 aufzuheben.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Er führt aus, das Glücksspielangebot der Klägerin sei in Deutschland bekannt. Aus der Firmengeschichte gehe hervor, dass bereits im Juni 2003 das Glücksspielangebot auf den deutschen Markt ausgedehnt worden sei. Zudem veranstalte die Klägerin über den Fernsehsender ... täglich zur besten Sendezeit ein sog. „50-Cent-Casino“. Spätestens seit diesem Zeitpunkt sei die Klägerin als Glücksspielanbieter in Deutschland bestens bekannt. Die Untersagungsverfügung sei hinreichend bestimmt.Entscheidend sei allein, dass die Klägerin auf Grundlage des Tenors und der Begründung sowie der sonst bekannten Umstände ersehen könne, welche von ihr angebotenen Spiele von der Untersagung erfasst seien. Der Bestimmtheit stehe nicht entgegen, dass der Klägerin die Art und Weise der Umsetzung überlassen worden sei. Die Umsetzung der Untersagungsverfügung sei technisch und rechtlich möglich. Es stünden Maßnahmen wie Geolokalisation und Handyortung zur Verfügung. Unbestreitbar sei, dass Internetseiten jedenfalls bundesweit gesperrt werden könnten. Dies sei auch zumutbar. Selbst die vollständige Löschung der Internetseite sei zumutbar. Die Verbandskompetenz des Landes Baden-Württemberg werde nicht überschritten. Das Regierungspräsidium sei örtlich zuständig. Die Untersagungsverfügung sei wirksam in deutscher Sprache und ohne Verstoß gegen das Völkerrecht bekanntgegeben worden. Die Umsetzungsfrist sei angemessen. Von der Klägerin werde ein Unterlassen verlangt, so dass keine Frist gewährt werden müsse. Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes sei angemessen.
14 
Der GlüStV gelte wirksam als Landesrecht fort. Seine Regelungen seien verfassungsgemäß und mit europäischem Unionsrecht vereinbar. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative von der Erforderlichkeit des staatlichen Sportwettmonopols ausgehen dürfen. Die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags und des Ausführungsgesetzes würden tatsächlich und konsequent umgesetzt. Es existiere eine kohärente Glücksspielpolitik. Das staatliche Monopol sei verhältnismäßig und nicht diskriminierend.
15 
Unabhängig von der Gültigkeit des Glücksspielmonopols könne die Klage auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die Klägerin nicht im Besitz einer nach § 4 GlüStV erforderlichen Erlaubnis sei und ihr eine solche auch nicht erteilt werden könne, da sie gegen das Internetverbot verstoße, welches ebenfalls unabhängig vom staatlichen Monopol Geltung beanspruche und sowohl mit Verfassungs- als auch Europarecht vereinbar sei. Das klägerische Kohärenzverständnis widerspreche den Vorgaben des EuGH und sei auch mit dem verfassungsrechtlichen Bundesstaats- und Demokratieprinzip nicht vereinbar. Nach diesen beiden Prinzipien dürfe bei der Kohärenzprüfung nur auf das jeweilige Bundesland abgestellt werden. Der Erteilung einer Erlaubnis stehe auch entgegen, dass die Klägerin unerlaubte Boni anbiete, den Jugendschutz nicht sicherstelle und die Kunden benachteiligende AGB‘s verwende. Schließlich widerspreche die Untersagungsverfügung auch nicht dem europarechtlichen Grundsatz des effet utile.
16 
Am 17.02.2010 hat die Klägerin die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Mit Beschluss vom 03.09.2010 - 3 K 425/10 - hat die Kammer durch die Einzelrichterin den Antrag abgelehnt. Die Beschwerde der Klägerin hat der VGH Baden-Württemberg mit Beschluss vom 28.03.2011 - 6 S 2289/10 - zurückgewiesen.
17 
Dem Gericht liegt die Akte des Regierungspräsidiums Karlsruhe vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf, auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Beigezogen wurde außerdem die Gerichtsakte des Eilverfahrens 3 K 425/10.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die zulässige Anfechtungsklage ist nicht begründet.
19 
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 18.01.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20 
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist vorliegend hinsichtlich des als Dauerverwaltungsakt zu qualifizierenden streitgegenständlichen Bescheids der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.12.2009 - 6 S 1110/07 -, ZfWG 2010, 24; Beschl. v. 28.03.2007 - 6 S 1972/06 -, NVwZ 2007, 724).
21 
Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist damit § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 11.12.2007 (GBI. S. 571) - GlüStV -, der gemäß der Bekanntmachung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 19.12.2011 (GBl. v. 25.01.2012 S. 17) seit 01.01.2012 als Landesrecht fort gilt. Die von der Klägerin hiergegen angemeldeten Zweifel, die sie mit einem Verstoß gegen das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip sowie den Bestimmtheitsgrundsatz begründet, vermag die Kammer nicht nachzuvollziehen. Die Klägerin geht insoweit nämlich von dem unzutreffenden Ansatz aus, der baden-württembergische Landesgesetzgeber habe den Staatsvertrag geändert, indem er dessen Fortgeltung entgegen § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV beschlossen habe. Indes galt der GlüStV bislang ebenfalls (nur) als Landesrecht, nachdem der baden-württembergische Landtag diesen gemäß Art. 50 Satz 2 LVerf durch das Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 11.12.2007 (GBI. S. 571) in Landesrecht transformiert hatte (vgl. Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 50 Rn. 14). Dessen Fortgeltung konnte der zuständige Gesetzgeber ohne Verstoß gegen das Rechtsstaats- oder Demokratieprinzip durch Art. 1 des Änderungsgesetzes vom 29.11.2011 (GBl. S. 533) anordnen, indem er § 3 Abs. 3 des Gesetzes vom 11.12.2007 dahingehend modifizierte, dass der Staatsvertrag, sollte er nach seinem § 28 Abs. 1 Satz 1 mit Ablauf des 31.12.2011 außer Kraft treten, als Landesrecht fort gilt und dies im Gesetzblatt bekannt zu machen sei. Dies entsprach auch dem eindeutigen gesetzgeberischen Willen, wie er sich aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt (vgl. LT-Drs. 15/870 S. 5; LT-Drs. 15/690 S. 1 ff.; Plenarprotokolle 15/18 v. 10.11.2011 S. 822 und 15/19 v. 23.11.2011 S. 869 f.). Nachdem der GlüStV mit Ablauf des 31.12.2011 außer Kraft getreten war, bedeutete dies auch kein „Ausscheren“ des Landes Baden-Württemberg aus einem gültigen Staatsvertrag oder gar einen Verstoß gegen den Grundsatz des pacta sunt servanda. Dafür, dass das Gesetzgebungsverfahren formell nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, wie die Klägerin ohne nähere Darlegung rügt, bestehen keine Anhaltspunkte. Es verstößt schließlich nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und das Gebot der Normenklarheit, dass die zeitliche Befristung in § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nicht ausdrücklich von der Fortgeltung des GlüStV als Landesrecht ausgenommen wurde. Da § 28 GlüStV seit dem 01.01.2012 keinen Anwendungsbereich mehr hat, ergibt sich durch einfache Auslegung, dass ihm im Rahmen der Weitergeltungsanordnung keine Wirkung zukommen kann. Im Übrigen würde nach dem Grundsatz lex posterior derogat legi priori eine etwaige Fortwirkung des in Landesrecht transformierten § 28 GlüStV durch das Änderungsgesetz vom 29.11.2011 ausgeschlossen.
22 
Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Erfüllung der Aufgaben der Glücksspielaufsicht erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; sie kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
23 
Die Verfügung ist formell-rechtlich nicht zu beanstanden.
24 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist gemäß § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland - AGGlüStV - vom 04.03.2008 (GBI. S. 81) die für die Durchführung des Glücksspielstaatsvertrags in Baden-Württemberg zuständige Behörde. Die Regelungskompetenz des Regierungspräsidiums bezieht sich - wie es aus dem Tenor der streitgegenständlichen Verfügung hervorgeht - lediglich auf das Land Baden-Württemberg, so dass die Verfügung keine Geltung für die von der Klägerin außerhalb Baden-Württembergs veranstalteten Glücksspiele und die außerhalb betriebene Werbung beansprucht. Dass die Klägerin ihren Sitz in Malta hat, ändert an der Zuständigkeit der baden-württembergischen Behörde nichts. Nach § 3 Abs. 4 GlüStV wird Glücksspiel dort veranstaltet, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Werbung findet dort statt, wo für den Verbraucher die Möglichkeit der Wahrnehmung besteht. Dies sind im Falle des Internets nicht nur der Ort der Niederlassung des Veranstalters bzw. des Werbenden, sondern auch die Orte, an denen der Internetnutzer die betreffende Internetseite aufrufen kann (ausführlich zum sog. Wirkungsprinzip zur Begründung der Verbandskompetenz VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.06.2009 - 27 L 1131/08 -, juris). Maßgeblich ist nicht nur der Ort der Störungshandlung, sondern auch derjenige, an dem sich die polizeiliche Gefahr auswirkt bzw. die polizeilich geschützten Interessen gefährdet oder verletzt werden (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.02.2011 - 6 S 1232/10 -). Ob darüber hinaus ein weitergehender Anknüpfungspunkt dahingehend zu fordern ist, dass die Klägerin ihr Angebot zielgerichtet auf den baden-württembergischen Markt ausrichtet, kann offen bleiben. Denn der Internetauftritt der Klägerin lässt keine Zweifel daran, dass dieser sich bestimmungsgemäß auch an Spieler der gesamten Bundesrepublik Deutschland und damit auch Baden-Württembergs wendet. Dies geht nicht zuletzt aus der auf ... einsehbaren Firmengeschichte der Klägerin hervor, in der für Juni 2003 explizit aufgeführt wird „Angebot in Dänemark und Deutschland“. Der Beklagte ist zum Erlass der Untersagungsverfügung zuständig, weil sich die polizeiliche Gefahr in Baden-Württemberg realisiert.
25 
Auch völkerrechtliche Aspekte kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen. Abgesehen davon, dass das Gericht die völkerrechtlichen Bedenken der Klägerin im Hinblick auf das Territorialitätsprinzip nicht teilt, ist es als ausgeschlossen anzusehen, dass sich ein Einzelner überhaupt auf einen Verstoß gegen Völkerrecht berufen kann. Das Völkerrecht beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Satz 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, dem Schutz der Souveränität als solcher dienende Norm (vgl. BVerfG, Urt. v. 22.03.1983 - 2 BvR 475/78 -, BVerfGE 63, 343), die Individualrechte nicht zu begründen vermag.
26 
Weitere formelle Bedenken an der Wirksamkeit der Verfügung bestehen nicht.
27 
Insbesondere genügte nach § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes, um diesen gegenüber der Klägerin wirksam werden zu lassen. Einer förmlichen Zustellung der Verfügung bedurfte es nicht. Nach § 41 Abs. 1 LVwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Diese Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut offen und beschränkt sich nicht auf eine Bekanntgabe im Inland. Lediglich in § 41 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG wird die Bekanntgabefiktion mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post auf das Inland beschränkt. Dass eine Bekanntgabe auch im Ausland möglich ist, ergibt sich schon aus § 41 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG, wo es heißt, dass ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben gilt. Der Klägerin ist der streitgegenständliche Bescheid mittels Einschreiben/Rückschein zugesandt worden und ihr tatsächlich zugegangen, was sie auch nicht in Abrede stellt. Er ist ihr damit wirksam bekannt gegeben worden. Eine andere hier nicht zu klärende Rechtsfrage ist es, inwieweit die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes durch förmliche Zustellung (§ 41 Abs. 5 LVwVfG) im Ausland zulässig wäre. Eine solche hat hier nämlich nicht stattgefunden. Wie sich aus § 33 Abs. 1 Satz 2 und 3 PostG ergibt, erfolgen Briefzustelldienstleitungen nur dann hoheitlich, wenn nach den Vorschriften der Prozessordnungen und der Gesetze, die die Verwaltungszustellung regeln, förmlich zugestellt wird. Zugestellt wird nach § 1 Abs. 2 LVwZG, soweit dies durch Rechtsvorschrift oder behördliche Anordnung bestimmt ist. Eine Zustellung ist im vorliegenden Fall, wie oben dargelegt, gesetzlich nicht bestimmt und wurde vom Beklagten auch nicht angeordnet, wie sich aus den Ausführungen unter Ziffer VI. der streitgegenständlichen Verfügung vom 18.01.2010 ergibt. Darüber hinaus könnte sich die Klägerin auf völkerrechtliche, ausschließlich staatsgerichtete und dem Schutz der Souveränität dienende Vorschriften nicht berufen (siehe dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.12.2011 - 6 S 2834/11 - unter Bezugnahme auf Beschl. v. 20.01.2011 - 6 S 1685/11 -, ZfWG 2011, 136).
28 
Einer Notifizierung der als Landesrecht fortgeltenden Regelungen des Staatsvertrags bedurfte es nicht. Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, 37), geändert durch die Richtlinie 98/48 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217, 18) haben die Mitgliedstaaten jeden Entwurf einer technischen Vorschrift unverzüglich der Europäischen Kommission zu übermitteln. Zweck der Notifizierung ist es, durch eine vorbeugende Kontrolle der Kommission den freien Warenverkehr im Binnenmarkt zu schützen (vgl. EuGH, Urt. v. 30.04.1996 - C-194/94, Slg. 1996, I-2201 = EuZW 1996, 379 Rn. 40 f., 51 - CIA Security International/Signalson; Erwägungsgründe 4 und 7 der Informationsrichtlinie). Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht führt zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschriften, so dass sie Einzelnen nicht entgegengehalten werden können (EuGH a.a.O. Rn. 54). Dabei ist nicht entscheidungserheblich, ob das Internetverbot und das Internetwerbeverbot des § 4 Abs. 4 und des § 5 Abs. 3 GlüStV technische Vorschriften im Sinne der Richtlinie und diese daher notifizierungsbedürftig sind (vgl. zweifelnd: Stein, ZfWG 2007, 397, 399 f., ZfWG 2009, 332, 333; bejahend: Streinz/Herrmann/Kruis, ZfWG 2007, 402, 403 f.). Denn jedenfalls wurden die Verpflichtungen aus der Informationsrichtlinie erfüllt. Der GlüStV ist der Kommission am 21.12.2006 notifiziert worden (vgl. Verwaltungsschreiben der Kommission vom 14.05.2007, abgedruckt als Anlage 1 c zum Entwurf des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland, Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks. 14/4849). Die Notifizierung führte zwar zu Beanstandungen durch die Europäische Kommission (Schreiben vom 22.03.2007 und 14.05.2007). Diese machten jedoch lediglich die Einhaltung der Standstill-Verpflichtungen des Art. 9 der Informationsrichtlinie erforderlich. Auf die Frage, ob darüber hinaus gegenüber der Bundesrepublik Deutschland wegen der Nichtumsetzung der Beanstandungen der Europäischen Kommission im Glücksspielstaatsvertrag ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden kann, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Stillhalteverpflichtung gemäß Art. 9 Abs. 2 Spiegelstrich 3 der Informationsrichtlinie für Vorschriften betreffend Dienste wurde eingehalten. Gemäß Art. 9 Abs. 2 der Informationsrichtlinie durfte Deutschland das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV damit jedenfalls ab 21.06.2007 in Kraft setzen. Die am 01.01.2008 in Kraft getretenen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags wurden also nicht vor Ablauf von vier Monaten nach Eingang der Notifizierung bei der Europäischen Kommission am 21.12.2006 beschlossen. Soweit Baden-Württemberg durch das Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 11.12.2007 (GBI. S. 571) diesen in Landesrecht transformiert und dessen Fortgeltung durch Art. 1 des Änderungsgesetzes vom 29.11.2011 (GBl. S. 533) angeordnet hat, folgt daraus kein über den GlüStV hinausgehender notifizierungspflichtiger Inhalt der Transformationsgesetze (so bereits VGH Bad.-Württ., Beschlüsse v. 18.12.2008 - 6 S 882/08 - und v. 30.05.2008 - 6 S 1077/08 -). Zwar können Verschärfungen des Entwurfs einer technischen Vorschrift nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 der Informationsrichtlinie eine erneute Notifizierungspflicht auslösen. Das Transformationsgesetz und dessen Änderung enthalten aber keine Verschärfung des ohnehin bereits umfassenden und von den Marktteilnehmern zu beachtenden Internetverbots gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV (so auch BGH, Urteile v. 28.09.2011 - I ZR 30/10 -, juris Rn. 41 ff. und - I ZR 92/09 -, MDR 2012, 358).
29 
Die Verfügung ist auch materiell rechtmäßig.
30 
Die in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids ausgesprochene Untersagung jeglicher Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel sowie der Werbung hierfür findet ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Danach kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Erfüllung der Aufgaben der Glücksspielaufsicht erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; sie kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser wirksamen Rechtsgrundlage liegen vor.
31 
Bei den von der Klägerin auf ... dargebotenen Sport- und Finanzwetten, Poker- und Casinospielen, Online-Bingo und Online-Rubbellosen handelt es sich um öffentliches Glücksspiel (vgl. § 3 Abs. 1 GlüStV). Entgegen der Ansicht der Klägerin ist auch Poker als Glücksspiel zu qualifizieren. Glücksspiel liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Jedenfalls bei der von der Klägerin u.a. angebotenen Pokervariante "Texas Hold'em" hängt die Entscheidung über den Gewinn bei einem Durchschnittsspieler überwiegend vom Zufall ab. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass sich ein überdurchschnittlich befähigter und erfahrener Spieler im Einzelfall durch geschicktes Taktieren in gewissem Umfang Vorteile gegenüber seinen Mitspielern verschaffen kann. Das ändert aber nichts daran, dass der Erfolg beim Spiel dieser Pokervariante maßgeblich (d.h. überwiegend) von der Qualität der erst nach mehreren Geldeinsatz- und Austeilungsrunden zufällig erhaltenen oder aufgedeckten Karten abhängt (vgl. BGH, Urt. v. 28.09.2011 - I ZR 93/10 -, MDR 2012, 11; VGH Bad. Württ., Beschl. v. 09.03.2011 - 6 S 2255/10 -, ZfWG 2011, 193; Beschl. v. 20.01.2011 - 6 S 1685/10 -, ZfWG 2011, 136; OVG NRW, Beschl. v 13.07.2010 - 13 B 676/10 -, juris; Beschl. v. 03.12.2009 - 13 B 776/09 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.04.2009 - 1 S 203.08 -, ZfWG 2009, 190).
32 
Auch bei den auf ... angebotenen 50-Cent-Spielen handelt es sich um Glücksspiel.Insbesondere fehlt es nicht an dem Erfordernis, dass der Einsatz nicht ganz unerheblich ist. Dies mag auf ein einzelnes dieser Spiele zutreffen. Es kann für die Beurteilung der Glücksspieleigenschaft aber nicht davon ausgegangen werden, dass ein Spieler sich auf ein einzelnes Spiel beschränkt. Vielmehr liegt den Regulierungen des Glücksspielrechts die empirisch gestützte Einschätzung zugrunde, dass ein Spielteilnehmer typischerweise gerade nicht geringfügige Verluste hinnimmt und daraus die Lehre zieht, das Spiel zu beenden, sondern sich erhofft, durch eine Fortsetzung des Spiels den Verlust nicht nur wieder auszugleichen, sondern darüber hinaus dann endlich auch den von Anfang an erhofften Gewinn zu erzielen (vgl. OLG Köln, Urt. v. 12.05.2010 - I-6 U 142/09, 6 U 142/09 -, ZfWG 2010, 359). Nichts anderes ergibt sich aus der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung des BGH. Auch dort werden 50-Cent-Spiele als Glücksspiel angesehen (BGH, Urt. v. 28.09.2011 - I ZR 93/10 -, MDR 2012, 11, juris Rn. 79). Soweit der BGH davon ausgeht, bei Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV handle es sich nicht um solche nach dem GlüStV und die dortigen Teilnahmeentgelte von höchstens 0,50 EUR seien glücksspielrechtlich unerheblich (BGH, Urteile v. 28.09.2011 - I ZR 30/10 -, juris Rn. 74 ff. und - I ZR 92/09 -, MDR 2012, 358, juris Rn. 67 ff. unter Hinweis auf OLG München, MMR 2006, 225; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 284 Rn. 6; MünchKommStGB/Groeschke/Hohmann, § 284 Rn. 8; Bolay, MMR 2009, 669, 670), trifft er keine Aussage dazu, ob es sich bei derartigen im Internet angebotenen Spielen um Glücksspiel handelt. Diese Aussage zur glücksspielrechtlichen Relevanz betrifft nämlich nur die Frage, ob durch die Zulassung von Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV auch in Internetportalen mit redaktionellem Inhalt die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrags beeinträchtigt werden, was der BGH indes verneint (BGH, Urteile v. 28.09.2011 - I ZR 30/10 -, juris Rn. 77 und - I ZR 92/09 -, MDR 2012, 358, juris Rn. 70).
33 
Das von der Klägerin veranstaltete Glücksspiel ist auch öffentlich. Nach § 3 Abs. 2 GlüStV liegt öffentliches Glücksspiel unter anderem vor, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht. Unter Zugrundelegung dieser Definition bestehen keine Zweifel daran, dass das von der Klägerin veranstaltete Glücksspiel öffentlich ist. Über das Internet ist das Glücksspielangebot einem enorm großen, nicht geschlossenen Personenkreis zugänglich.
34 
Das Glücksspiel ist unerlaubt, weil der Klägerin die hierfür erforderliche Erlaubnis für Baden-Württemberg, wie sie § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV voraussetzt, fehlt.
35 
Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV, wonach öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des Landes veranstaltet und vermittelt werden dürfen, unabhängig von der Wirksamkeit des staatlichen Glücksspielmonopols Anwendung findet (BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, NVwZ 2011, 549; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 31.08.2011 - 6 S 1695/11 -).
36 
Der Umstand, dass die Klägerin über maltesische Glücksspiellizenzen verfügt, vermag nichts daran zu ändern, dass die Klägerin in Baden-Württemberg unerlaubtes Glücksspiel veranstaltet. Eine Geltung ausländischer Konzessionen in Deutschland lässt sich insbesondere nicht aus Unionsrecht ableiten (EuGH, Urt. v. 08.09.2010, „Markus Stoß“ - C-316/07 -, NVwZ 2010, 1409; BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, ZfWG 2011, 96; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.12.2009, a.a.O.). Da die Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Glücksspielbereich unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht dazu verpflichtet sind, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen, sind sie berechtigt, die Beantragung einer nationalen Erlaubnis auch dann zu fordern, wenn der Leistungsanbieter bereits über eine Konzession eines anderen Mitgliedstaates verfügt (EuGH, Urt. v. 08.09.2010, „Markus Stoß“, a.a.O.).
37 
Unabhängig davon, ob der Klägerin allein der formelle Umstand entgegengehalten werden kann, dass sie nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis zur Veranstaltung bzw. Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel verfügt, ist die Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet jedenfalls materiell illegal und dürfte der Klägerin eine Erlaubnis nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV auch nicht erteilt werden.
38 
Die Klägerin veranstaltet im Internet Glücksspiele und wirbt dafür. Damit verstößt sie gegen §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV. Diese Normen gehören ebenso wie der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 GlüStV zu den „Allgemeinen Vorschriften“ im Glücksspielstaatsvertrag, die unabhängig von der Wirksamkeit des staatlichen Monopols Gültigkeit beanspruchen (BVerwG, Urt. v. 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.01.2011, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 01.04.2011 - 10 CS 10.589 -, juris; NdsOVG, Beschl. v. 11.11.2010 - 11 MC 429/10 -, juris). Die in §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV enthaltenen generellen Verbote der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet bzw. der Werbung hierfür sollen - unabhängig vom staatlichen Monopol - vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich gebotenen Ausrichtung des Wettangebots am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht sowie eines effektiven Jugendschutzes diesen Vertriebsweg für alle Arten der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele und für staatliche wie für private Veranstalter gleichermaßen unterbinden (vgl. die Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 4 GlüStV, LT-Drs. 15/8486 S. 14 f.). Eine derartige, an den Zielen des § 1 GlüStV ausgerichtete, grundsätzliche Schutzmaßnahme im Rahmen der Suchtprävention gehört zu dem Bestand allgemeiner Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag, die unabhängig von der Wirksamkeit des staatlichen Glücksspielmonopols weiter fortbestehen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 01.04.2011, a.a.O.).
39 
Das Internetverbot begegnet weder verfassungs- noch unionsrechtlichen Bedenken (vgl. ausführlich hierzu: BVerwG, Urt. v. 01.06.2011, a.a.O).
40 
§§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV stellen zulässige, insbesondere verhältnismäßige Beschränkungen der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 15.09 -, juris).
41 
Das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet sowie der Werbung dafür ist angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers geeignet und verhältnismäßig, problematisches Spielverhalten einzudämmen. Das Spielen per Internet zeichnet sich sowohl durch ein hohes Maß an Bequemlichkeit als auch durch eine zeitlich unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots aus (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, a.a.O.). Hinzu kommt der im Vergleich zur terrestrischen Spielveranstaltung höhere Abstraktionsgrad, der geeignet ist, das virtuelle Glücksspiel in der Wahrnehmung des Spielers aus seinem Bedeutungszusammenhang herauszulösen und dadurch die Tatsache des Einsatzes und den möglichen Verlust von Geld in den Hintergrund treten zu lassen. Ferner ist das Internetverbot das geeignete Mittel, den im Rahmen der Suchtprävention besonders bedeutsamen Jugendschutz effektiv zu verwirklichen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, a.a.O.). Der mit dem generellen Internetverbot verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit ist durch überragend wichtige Gemeinwohlziele - Schutz der Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendlicher, vor den Gefahren der Spielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität - gerechtfertigt. Selbst die schwerwiegenden Beschränkungen der unternehmerischen Tätigkeit, zu denen das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet führt, sind angesichts der Spielsuchtprävention und somit eines Gemeinwohlbelangs von hohem Rang nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, a.a.O.). Soweit der Klägervertreter die Gefahren des Internet anzweifelt und die Einholung eines Sachverständigengutachtens anregt, sieht die Kammer angesichts der vorstehenden Ausführungen keinen zusätzlichen Klärungsbedarf.
42 
Das Internetverbot stellt ebenfalls eine zulässige Beschränkung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten - konkret der Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 56 AEUV - dar.
43 
Der Europäische Gerichtshof billigt eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird; er sieht diese grundsätzlich als geeignet an, die Ziele der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Anbieten solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt. Begründet wird dies mit der Förderung der Spielsucht durch die leichte Zugänglichkeit des Internets, der potenziell großen Menge und Häufigkeit des Angebots, der Anonymität des Spielers und durch die fehlende soziale Kontrolle (EuGH, Urt. v. 08.09.2010, „Carmen Media Group Ltd.“, a.a.O.; Urt. v. 08.09.2009, „Liga Portuguesa“ - C 42/07 -, NJW 2009, 3221). §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV genügen auch dem vom Europäischen Gerichtshof geforderten Kohärenzkriterium, nach dem alle Glücksspielsektoren im Wege der Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 08.09.2010, „Carmen Media Group Ltd.“, a.a.O.). Denn im Internet sind Glücksspiele und die Werbung hierfür generell verboten (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.06.2011, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.01.2011, a.a.O.). Dass in Schleswig-Holstein - anders als in den übrigen 15 Bundesländern - seit 01.01.2012 aufgrund des dort nunmehr geltenden Glücksspielgesetzes (Gesetz zur Neuordnung des Glücksspiels vom 20.10.2011, GVOBl. 2011, 280) - GlSpielG - auch Internetglücksspiel möglich ist, berührt nicht die Kohärenz der deutschen Glücksspielregelungen und des darin enthaltenen Internetverbots.
44 
Ob die Kohärenzbetrachtung dabei nur bezogen auf das jeweilige Bundesland - hier Baden-Württemberg - zu erfolgen hat, wie der Beklagte im Hinblick auf das Bundesstaats- und Demokratieprinzip annimmt, oder die Kohärenz eine Bundeseinheitlichkeit erfordert, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, denn im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist nach Auffassung der Kammer derzeit auch bei bundesweiter Betrachtung hinsichtlich des Internetverbots von einer kohärenten Regelung auszugehen.
45 
Für das sog. Kohärenzgebot lassen sich zwei Anforderungen unterscheiden. Zum einen muss der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele, denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen; er darf nicht in Wahrheit andere Ziele - namentlich solche finanzieller Art - anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten (EuGH, Urt. v. 21.10.1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 06.11.2003, Gambelli u.a., a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 08.09.2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 65; vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.2010 a.a.O. Rn. 77, 80 und Urt. v. 01.06.2011, a.a.O. Rn. 35). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Der Mitgliedstaat ist aber nicht verpflichtet, in sämtlichen Glücksspielsektoren dieselbe Politik zu verfolgen; das Kohärenzgebot ist kein Uniformitätsgebot (vgl. EuGH, Urt. v. 08.09.2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 95 f. und Carmen Media, a.a.O. Rn. 62 f.; vgl. auch EuGH, Urt. v. 10.03.2009, Rs. C-169/07, Hartlauer - Slg. 2009, I-1721 Rn. 60). Es verlangt auch keine Optimierung der Zielverwirklichung. Das gewinnt Bedeutung namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Länder mit jeweils eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Das Kohärenzgebot kann daher auch nicht bedeuten, dass alle Länder mit denselben Mitteln das anerkannte Gemeinwohlziel verfolgen.
46 
Verfolgt Schleswig-Holstein den Jugend- und Spielerschutz, die ordnungsgemäße Durchführung der Glücksspiele, die Kanalisierung des Spieltriebs und die Vorbeugung und Bekämpfung von Suchtgefahren (vgl. zu den Zielen des Gesetzes § 1 GlSpielG) durch eine im Wege eines Genehmigungsverfahrens (vgl. § 4 GlSpielG) kontrollierte Freigabe des Internets, sehen die anderen 15 Bundesländer diese Ziele (vgl. § 1 GlüStV) am ehesten durch ein Totalverbot verwirklicht. Die beiden unterschiedlichen Ansätze können indes nicht zu einer Verletzung des Kohärenzgebots führen, da sie dasselbe legitime Ziel verfolgen und dieses durch die abweichenden Lösungsmodelle auch nicht konterkariert wird. So sieht das GlSpielG für alle Glücksspielanbieter ein Verfahren über die Erteilung einer Genehmigung vor (vgl. § 4 GlSpielG zur Veranstaltungsgenehmigung im Allgemeinen, § 19 GlSpielG zur Veranstaltungsgenehmigung von Online-Casinospielen, § 20 GlSpielG zur Vertriebsgenehmigung von Online-Casinospielen, § 22 GlSpielG zur Genehmigung als Wettunternehmer, § 23 GlSpielG zur Genehmigung für den Vertrieb von Wetten), wobei die Erteilung der Genehmigung immer an die Erfüllung der Ziele des § 1 GlSpielG (§ 4 Abs. 2 GlSpielG) und die Voraussetzungen der Sachkunde und Zuverlässigkeit geknüpft ist (§§ 4 Abs. 2, 19 Abs. 1 Nr. 2, 20 Abs. 2, 22 Abs. 1 Nr. 2, 23 Abs. 2 Nr. 2 GlSpielG). Hinzu kommen weitere Sicherungsmechanismen wie im behördlichen Ermessen stehende Widerrufstatbestände (§ 4 Abs. 7 GSpielG) und zwingende Versagungsgründe (vgl. §§ 19 Abs. 2, 20 Abs. 3, 22 Abs. 2, 23 Abs. 3 GSpielG). Von allen Anbietern zu erfüllen sind zudem umfangreiche Vorgaben über den Spielerschutz (§ 25 GlSpielG), die Werbung (§ 26 GlSpielG) und den Schutz von Minderjährigen (§ 27 GlSpielG) sowie über Sozialkonzepte zur Suchtprävention (§ 28 GlSpielG). Bei Sportwetten ist in jedem Fall auch das Einvernehmen des sog. Fachbeirats herzustellen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 GlSpielG).
47 
Hinzu kommt, dass derzeit bundesweit auch faktisch eine Kohärenz hinsichtlich des Internetverbots besteht, da auch in Schleswig-Holstein bislang keinem Internetanbieter eine Lizenz erteilt wurde und nicht absehbar ist, ob und wann dies der Fall sein wird. Die unterschiedlichen Angaben der Beteiligten hierzu in der mündlichen Verhandlung führen aufgrund ihres spekulativen Charakters zu keinem anderen Ergebnis.
48 
Soweit die Klägerseite eine Inkohärenz des Internet(werbe)verbots im Hinblick auf den E-Post-Brief in Hessen, die „Jackpoints“ in Hamburg und Online-Pferdewetten, Online-Spielautomaten sowie die Online Spielbank Niedersachsen geltend macht, vermag dem die Kammer - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des VGH Baden-Württemberg im die Beschwerde der Klägerin zurückweisenden Beschluss vom 28.11.2011 - 6 S 2289/11 - nicht zu folgen. Die §§ 33c ff. GewO, die die Zulässigkeit von Geldspielgeräten regeln, gelten bereits nach ihrem Wortlaut nur für die Aufstellung stationärer Geräte und sind damit nicht auf Spiele im Internet, die diesen Spielgeräten nachgebildet sind, anwendbar. § 2 Abs. 2 RennwLottG verlangt das Vorliegen einer Örtlichkeit, für welche die Erlaubnis erteilt wird. Eine solche Örtlichkeit stellt das Internet gerade nicht dar. Im Übrigen handelt nach dem RennwLottG derjenige ordnungswidrig, der als Buchmacher oder dessen Gehilfe außerhalb der Örtlichkeiten, für welche die Erlaubnis erteilt ist, Wetten abschließt oder vermittelt oder Angebote dazu entgegennimmt (§ 7 Abs. 1 RennwLottG). Gleiches gilt für Spielbanken, die ebenfalls einen örtlichen Bezug zu Gebäuden und Räumen, in denen die Spielbank betrieben werden darf, aufweisen (z. B. §§ 3 Abs. 2, 2 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die öffentlichen Spielbanken in Baden-Württemberg; vgl. zum Vorstehenden auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.11.2010 - 11 MC 429/10 -, juris). Soweit für die Spielbank Niedersachsen noch vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages erteilte Erlaubnisse fortbestehen sollten (vgl. dazu VG Hannover, Urt. v. 20.08.2007 - 10 A 1224/07 -; OVG Lüneburg, Beschl. v. 31.03.2008 - 11 LA 458/07 -, NdsVBI 2008, 258), wird hiervon kein Gebrauch gemacht (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.11.2010, a.a.O.; VG Hamburg, Urt. v. 04.11.2010 - 4 K 26/07 -, juris). Was den Vortrag der Klägerin angeht, dass seit Mitte 2010 Spielaufträge an Lotto Hessen mittels eines E-Postbriefes durch Spieler mit Wohnsitz in Hessen eingereicht werden können und dass Lotto Hamburg bei Oddset-Wetten die Tippabgabe an interaktiven Selbstbedienungsterminals (sog. JackPoints) unter Verzicht auf die bislang erforderliche Lotto-Ident-Card anbietet, geht die Kammer nicht davon aus, dass es sich bei einem solchen Vorgehen überhaupt um Glücksspiele „im Internet", wie sie von § 4 Abs. 4 GlüStV erfasst sind, handelt (vgl. dazu VG Hamburg, Urt. v. 04.11.2010, a.a.O.). Denn nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 GlüStV ist das Veranstalten und Vermitteln „im Internet" verboten, nicht aber die Übermittlung „über" Internetleitungen. Das Verbot von Wetten über Telekommunikationsanlagen (§ 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV) bezieht sich zudem auf das Angebot mittels Telekommunikationsanlagen (etwa SMS-Wetten), nicht aber - wie bei Internet-Terminals in den Annahmestellen - auf den Modus der Übermittlung vom Vermittler zum Veranstalter über Telekommunikationsanlagen im Wege der Datenfernübertragung. Sofern die Möglichkeit zur Teilnahme am Lotto per E-Postbrief als Veranstalten oder Vermitteln von Glücksspiel im Internet anzusehen wäre, verstieße es zwar gegen das umfassend geltende Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV. Doch wurde und wird auch von anderen Bundesländern gegen diese von Lotto Hessen eröffnete Möglichkeit der Annahme von Spielaufträgen mittels E-Postbrief in Hessen vorgegangen und sie im Sinne einer „Abmahnung" beanstandet (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 04.11.2010, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass der Gesetzgeber Regelungen getroffen hätte, die das Veranstalten oder Vermitteln von Lotto im Internet ermöglichen oder eine entsprechende Verwaltungspraxis bestünde und daher das Internetverbot aus diesem Grunde unter einer Inkohärenz litte. Schließlich hat der Beklagen-Vertreter in der mündlichen Verhandlung auch überzeugend und von Klägerseite unwidersprochen vorgetragen, dass, würde das derzeit in anderen Bundesländern möglicherweise bestehende Angebot auch auf Baden-Württemberg ausgeweitet, dies umgehend Untersagungsverfügungen nach sich ziehen würde. Dies wird nicht zuletzt auch durch das Vorgehen des Beklagten gegen die unerlaubte Sportwettenwerbung eines südbadischen Fußballerstligisten untermauert (vgl. zuletzt VG Freiburg, Beschl. v. 01.12.2011 - 3 K 1643/11 -).
49 
Die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 01.06.2011 sind auch nicht aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Zeturf“ (Urt. v. 30.06.2011 - C-212/08 -, NVwZ 2011, 1119) und der Rechtssache „Dickinger/Ömer“ (Urt. v. 15.09.2011 - C-347/09 -, EuZW 2011, 841) als überholt zu betrachten. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 15.09.2011 betont, eine nationale Regelung sei nur dann geeignet, die Erreichung des geltend gemachten Ziels zu verwirklichen, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht werde, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Von eben diesem Maßstab ist bereits das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 01.06.2011 ausgegangen (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.11.2011 - 6 S 1858/11 - und Beschl. v. 12.12.2011 - 6 S 2835/11 -).
50 
Da die Klägerin weder im Besitz einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV ist noch ihr eine solche wegen des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV erteilt werden könnte, ist das Glücksspiel unerlaubt. Werbung für unerlaubtes öffentliches Glücksspiel ist nach § 5 Abs. 4 GlüStV untersagt. Seine Veranstaltung und Vermittlung sowie die Werbung hierfür durften somit untersagt werden.
51 
Die streitgegenständliche Verfügung vom 18.01.2010 erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als materiell rechtswidrig.
52 
Die angefochtene Verfügung ist hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 LVwVfG). Der Klägerin ist es möglich, aufgrund der Entscheidungssätze und der Begründung des Bescheides sowie der sonstigen Umstände zweifelsfrei zu erkennen, was von ihr gefordert wird. Von ihr wird unter Hinweis auf die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages das Unterlassen jeglicher Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel und der Werbung hierfür verlangt. Einer weiteren Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Glücksspielarten bedurfte es nicht. In der Begründung des Bescheids wird detailliert beschrieben, welche bisherigen Glücksspiele auf welcher Internetseite der Klägerin nicht mehr zu veranstalten sind. Daraus kann die Klägerin ohne Weiteres erkennen, welches Verhalten sie in Zukunft zu unterlassen hat. Dass im Unterlassungstenor in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids nicht sämtliche Glücksspielarten und sämtliche Internetseiten aufgeführt werden, die von dem Verbot erfasst sein sollen, führt nicht zur Unbestimmtheit der Verfügung. Aus Nr. 1 der Verfügung geht unzweideutig hervor, dass die Klägerin jegliches öffentliches Glücksspiel zu unterlassen hat. Auch im Übrigen ist es der Klägerin unschwer möglich zu erkennen, welches Verhalten von ihr gefordert wird. Ob es sich um Glücksspiel handelt, ist der Begriffsbestimmung in § 3 GlüStV zu entnehmen. Dass einzelne Aspekte des Begriffs der Auslegung bedürfen, steht der Bestimmtheit nicht entgegen. Da es nach dem GlüStV für die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel einer Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Bundeslandes bedarf (§ 4 Abs. 1 GlüStV), die Veranstaltungserlaubnis grundsätzlich nur den in § 10 Abs. 2 GlüStV Genannten erteilt werden darf (§ 10 Abs. 5 GlüStV) und das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet grundsätzlich verboten ist (§ 4 Abs. 4 GlüStV), ist für die Klägerin auch unzweideutig zu erkennen, welche Glücksspielangebote unerlaubt sind. In den selten vorkommenden Zweifelsfällen ist es der Klägerin zumutbar, Erkundigungen darüber einzuholen, ob eine beabsichtigte Spielveranstaltung sich als unerlaubtes Glücksspiel darstellt oder nicht. Darüber hinaus wird im Einleitungssatz der Verfügung darauf hingewiesen, dass die Untersagung auf die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags, namentlich auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützt wird. Damit ist unmissverständlich klargestellt, dass solche Glücksspiele, die nicht dem Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags unterfallen, nicht Gegenstand der angefochtenen Verfügung sind. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, der mit den Sätzen 2 und 3 dieser Vorschrift in unmittelbarem Zusammenhang steht und demzufolge die Glücksspielaufsicht die „nach diesem Staatsvertrag“ bestehenden oder auf Grund „dieses Staatsvertrages“ begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen überwacht. Ebenso wenig bedurfte es für eine hinreichende Bestimmtheit weiterer Ausführungen der Behörde dazu, auf welche Art und Weise die Klägerin der Verfügung nachkommen kann.
53 
Auf welche Weise die Klägerin der Anordnung, Rechtsverstöße gegen eine landesrechtliche Vorschrift zu unterlassen, nachkommt, durfte nämlich in zulässiger Weise ihr selbst als verpflichteter Adressatin überlassen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.11.1968 - I C 29.67 -, BVerwGE 31, 15; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.03.2011 - 6 S 2187/10 -; Beschl. v. 15.07.2009 - 6 S 1565/09 -, juris; Urt. v. 09.04.1981 - 10 S 2129/80 -, VBlBW 1982, 97; OVG NRW, Beschl. v. 10.01.1985 - 4 B 1434/84 -, NVwZ 1985, 355; BayVGH, Beschl. v. 20.11.2008 - 10 CS 08.2399 - , ZfWG 2008, 455). Von der Klägerin wird erwartet, dass entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, die das Erreichen des in dem Bescheid genannten Zieles sicherstellen. Maßgeblich ist einzig, dass vom Gebiet des Landes Baden-Württemberg aus Spielangebote der Klägerin nicht mehr angenommen werden können und diesbezügliche Werbung nicht mehr abgerufen werden kann. Auch vor dem Hintergrund, dass in Schleswig-Holstein das Internetangebot zwischenzeitlich zugelassen werden könnte, wird mit dieser Verpflichtung von der Klägerin weder etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches verlangt, noch ist ihr die Befolgung unzumutbar. Da das Verfahren der Geolokalisation (hierzu ausführlich OVG NRW, Beschl. v. 13.07.2010 - 13 B 676/10 -, juris) existiert, ist jedenfalls nicht von einer technischen Unmöglichkeit des angegriffenen Bescheids auszugehen. Gerichtsbekannte Internetauftritte anderer Glücksspielveranstalter zeigen, dass es inzwischen Geolokalisationsverfahren gibt, die den Zugriff auf Internetseiten von bestimmten geografischen Gebieten aus verhindern können (vgl. auch Hoeren, Geolokalisation und Glücksspielrecht, ZfWG 2008, 229 ff., 311 ff.). Wenngleich möglicherweise nicht ausgeschlossen werden kann, dass gewisse geringfügige Fehlerquoten vorhanden sind oder einzelne Spieler die technischen Hürden bewusst zu umgehen wissen, ändert dies nichts an der technischen Umsetzungsmöglichkeit der streitgegenständlichen Verfügung. Denn die ernsthafte Verwendung des Geolokalisationsverfahrens nach dem aktuellen Stand der Technik ist nach Auffassung der Kammer als Erfüllung der Untersagungsverfügung anzusehen und Umgehungen durch Einzelne sowie vereinzelte, technisch noch nicht vermeidbare Ungenauigkeiten der Geolokalisation wären der Klägerin nicht zuzurechnen, wovon auch die Beklagtenseite, wie deren Vertreter in der mündlichen Verhandlung nochmals bekräftigte, ausgeht. Dies gilt insbesondere für gewisse Unschärfen im Bereich der Landesgrenzen, die aber zwischen Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein nicht bestehen. Sollte es, wie die Klägerin befürchtet, aufgrund der Verwendung neuer Kommunikationsmedien bei der Geolokalisation doch zu bedeutsameren Abweichungen als bislang kommen, wäre ihr eine Kombination der Geolokalisation beispielsweise mit einer Handyortung anzusinnen. Etwaige diesbezügliche datenschutzrechtliche Bedenken der Klägerin teilt das Gericht nicht.
54 
Der Klägerin ist es in Anbetracht des gesetzlichen Verbots und der damit verfolgten Ziele (vgl. § 1 GlüStV) auch zumutbar, den Verboten der Untersagungsverfügung nachzukommen. Selbst die bundesweite Entfernung des Internetinhalts ist ihr zuzumuten, da sie zum einen jedenfalls derzeit im gesamten Bundesgebiet - in Schleswig-Holstein mangels Genehmigung und in den übrigen Bundesländern kraft Gesetzes gem. § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV - verpflichtet ist, die Veranstaltung öffentlichen Glücksspiels und die Werbung hierfür im Internet zu unterlassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.07.2009, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.03.2009 - 1 S 224.08 -, juris). Zum anderen liegt es im Verantwortungsbereich desjenigen, der eine unerlaubte Tätigkeit ausübt, diese im Geltungsbereich des Verbots zu unterlassen (OVG NRW, Beschl. v. 06.11. 2009 - 13 B 723/09 -, juris). Unerheblich ist insoweit, dass mit der streitigen Verfügung nur für Baden-Württemberg ein Veranstaltungs- und Werbeverbot ausgesprochen wurde. Denn diese Beschränkung entspricht der nach § 9 Abs. 1 GlüStV auf Baden-Württemberg beschränkten Kompetenz des Beklagten.
55 
Die gegenüber der Klägerin verfügte Untersagung ist auch im Übrigen ermessensfehlerfrei und insbesondere verhältnismäßig. Sie gewährleistet, dass die begangene rechtswidrige Handlung unterbunden und die weitere Veranstaltung unerlaubten Glücksspiels verhindert wird. Mildere Mittel, welche den beabsichtigten Zweck in gleicher Weise erreichen würden, sind nicht erkennbar.
56 
Die in Nr. 2 des angefochtenen Bescheids angeordnete schriftliche Mitteilung der Einstellung der Tätigkeiten ist ebenfalls rechtmäßig. Die Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 GlüStV. Sie ist zudem ermessensfehlerfrei und insbesondere verhältnismäßig, denn sie belastet die Klägerin nur geringfügig, erleichtert dem Beklagten die Erfüllung seiner Aufgaben nach § 9 GlüStV aber erheblich. Die Anzeige der Einstellung der untersagten Tätigkeiten ermöglicht eine effektive Kontrolle der Einhaltung der verfügten Untersagung.
57 
Schließlich ist auch die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3 des Bescheids) nicht zu beanstanden. Sie entspricht den gesetzlichen Anforderungen der §§ 20 Abs. 1 Satz 1, 19 Abs. 1 Nr. 1 LVwVG. Die Höhe des angedrohten Zwangsgelds hält sich im gesetzlichen Rahmen und ist ebenfalls verhältnismäßig. Dass sich die Zwangsgeldandrohung auch auf die der Klägerin aufgegebene schriftliche Mitteilung der Einstellung der untersagten Tätigkeiten bezieht, ist nicht zu beanstanden. Die Mitteilung ermöglicht der Behörde eine effektive Kontrolle über die Einhaltung der verfügten Untersagung. Mit der Androhung der Vollstreckung bei nicht fristgemäßer Mitteilung wird die Klägerin nicht unverhältnismäßig belastet. Dass sich die Androhung auf eine Mehrzahl von Verpflichtungen aus der Verfügung vom 18.01.2010 bezieht, steht ihrer Wirksamkeit ebenso nicht entgegen. Zwar ist die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes im Hinblick auf eine Vielzahl unterschiedlicher Auflagen und Bedingungen grundsätzlich keine taugliche Grundlage für eine spätere Zwangsgeldfestsetzung, wenn nicht erkennbar ist, für den Verstoß gegen welche Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht ein Zwangsgeld in welcher Höhe angedroht ist. Die Zwangsgeldandrohung ist jedoch der Auslegung dahingehend fähig, dass ein einheitliches Zwangsgeld in Höhe von 10.000 EUR zur Durchsetzung jedes einzelnen in der Grundverfügung enthaltenen Ge- bzw. Verbots angedroht wird, für alle Ge- bzw. Verbote zusammen aber auch nicht mehr als 10.000 EUR (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 24.11.2008 - 3 K 290/08 - und Urt. v. 31.05.2010 - 3 K 1344/09 -; VGH Baden-Württ., Urt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 -, VBlBW 1996, 65 und Urt. v. 06.02.1980 - 3 S 1381/79 -).
58 
Auch die Frist zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der angefochtenen Verfügung ist nicht zu kurz bemessen. Dies folgt bereits aus dem Gesetzeswortlaut. Nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 Satz 2, 2. HS LVwVG braucht eine Frist nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder - wie vorliegend - Unterlassung erzwungen werden soll. Es bestehen zudem seitens der Kammer keine Bedenken, dass jedenfalls die der Klägerin auch zumutbare bundesweite Einstellung der Veranstaltungstätigkeit im Internet in der gesetzten Frist sowohl rechtlich als auch tatsächlich möglich ist.
59 
Nach alledem besteht zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof kein Anlass. Die aufgeworfenen europarechtlichen Fragen sind nicht im Sinne von Art. 267 Abs. 2 AEUV klärungsbedürftig. Der Europäische Gerichtshof hat die für die Entscheidung maßgeblichen europarechtlichen Fragen, wie dargelegt, bereits geklärt. Damit hat das Gericht auch keine Veranlassung für die von der Klägerin angeregte Aussetzung nach § 94 VwGO (analog). Dasselbe gilt für eine Aussetzung im Hinblick auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängige Revisionsverfahren, da die vorliegend entscheidungserheblichen Fragen sich anhand der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lassen.
60 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
61 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO vorliegt (§ 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO).
62 
Beschluss
63 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
64 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
18 
Die zulässige Anfechtungsklage ist nicht begründet.
19 
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 18.01.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20 
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist vorliegend hinsichtlich des als Dauerverwaltungsakt zu qualifizierenden streitgegenständlichen Bescheids der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.12.2009 - 6 S 1110/07 -, ZfWG 2010, 24; Beschl. v. 28.03.2007 - 6 S 1972/06 -, NVwZ 2007, 724).
21 
Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist damit § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 11.12.2007 (GBI. S. 571) - GlüStV -, der gemäß der Bekanntmachung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 19.12.2011 (GBl. v. 25.01.2012 S. 17) seit 01.01.2012 als Landesrecht fort gilt. Die von der Klägerin hiergegen angemeldeten Zweifel, die sie mit einem Verstoß gegen das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip sowie den Bestimmtheitsgrundsatz begründet, vermag die Kammer nicht nachzuvollziehen. Die Klägerin geht insoweit nämlich von dem unzutreffenden Ansatz aus, der baden-württembergische Landesgesetzgeber habe den Staatsvertrag geändert, indem er dessen Fortgeltung entgegen § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV beschlossen habe. Indes galt der GlüStV bislang ebenfalls (nur) als Landesrecht, nachdem der baden-württembergische Landtag diesen gemäß Art. 50 Satz 2 LVerf durch das Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 11.12.2007 (GBI. S. 571) in Landesrecht transformiert hatte (vgl. Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 50 Rn. 14). Dessen Fortgeltung konnte der zuständige Gesetzgeber ohne Verstoß gegen das Rechtsstaats- oder Demokratieprinzip durch Art. 1 des Änderungsgesetzes vom 29.11.2011 (GBl. S. 533) anordnen, indem er § 3 Abs. 3 des Gesetzes vom 11.12.2007 dahingehend modifizierte, dass der Staatsvertrag, sollte er nach seinem § 28 Abs. 1 Satz 1 mit Ablauf des 31.12.2011 außer Kraft treten, als Landesrecht fort gilt und dies im Gesetzblatt bekannt zu machen sei. Dies entsprach auch dem eindeutigen gesetzgeberischen Willen, wie er sich aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt (vgl. LT-Drs. 15/870 S. 5; LT-Drs. 15/690 S. 1 ff.; Plenarprotokolle 15/18 v. 10.11.2011 S. 822 und 15/19 v. 23.11.2011 S. 869 f.). Nachdem der GlüStV mit Ablauf des 31.12.2011 außer Kraft getreten war, bedeutete dies auch kein „Ausscheren“ des Landes Baden-Württemberg aus einem gültigen Staatsvertrag oder gar einen Verstoß gegen den Grundsatz des pacta sunt servanda. Dafür, dass das Gesetzgebungsverfahren formell nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, wie die Klägerin ohne nähere Darlegung rügt, bestehen keine Anhaltspunkte. Es verstößt schließlich nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und das Gebot der Normenklarheit, dass die zeitliche Befristung in § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nicht ausdrücklich von der Fortgeltung des GlüStV als Landesrecht ausgenommen wurde. Da § 28 GlüStV seit dem 01.01.2012 keinen Anwendungsbereich mehr hat, ergibt sich durch einfache Auslegung, dass ihm im Rahmen der Weitergeltungsanordnung keine Wirkung zukommen kann. Im Übrigen würde nach dem Grundsatz lex posterior derogat legi priori eine etwaige Fortwirkung des in Landesrecht transformierten § 28 GlüStV durch das Änderungsgesetz vom 29.11.2011 ausgeschlossen.
22 
Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Erfüllung der Aufgaben der Glücksspielaufsicht erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; sie kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
23 
Die Verfügung ist formell-rechtlich nicht zu beanstanden.
24 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist gemäß § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland - AGGlüStV - vom 04.03.2008 (GBI. S. 81) die für die Durchführung des Glücksspielstaatsvertrags in Baden-Württemberg zuständige Behörde. Die Regelungskompetenz des Regierungspräsidiums bezieht sich - wie es aus dem Tenor der streitgegenständlichen Verfügung hervorgeht - lediglich auf das Land Baden-Württemberg, so dass die Verfügung keine Geltung für die von der Klägerin außerhalb Baden-Württembergs veranstalteten Glücksspiele und die außerhalb betriebene Werbung beansprucht. Dass die Klägerin ihren Sitz in Malta hat, ändert an der Zuständigkeit der baden-württembergischen Behörde nichts. Nach § 3 Abs. 4 GlüStV wird Glücksspiel dort veranstaltet, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Werbung findet dort statt, wo für den Verbraucher die Möglichkeit der Wahrnehmung besteht. Dies sind im Falle des Internets nicht nur der Ort der Niederlassung des Veranstalters bzw. des Werbenden, sondern auch die Orte, an denen der Internetnutzer die betreffende Internetseite aufrufen kann (ausführlich zum sog. Wirkungsprinzip zur Begründung der Verbandskompetenz VG Düsseldorf, Beschl. v. 24.06.2009 - 27 L 1131/08 -, juris). Maßgeblich ist nicht nur der Ort der Störungshandlung, sondern auch derjenige, an dem sich die polizeiliche Gefahr auswirkt bzw. die polizeilich geschützten Interessen gefährdet oder verletzt werden (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.02.2011 - 6 S 1232/10 -). Ob darüber hinaus ein weitergehender Anknüpfungspunkt dahingehend zu fordern ist, dass die Klägerin ihr Angebot zielgerichtet auf den baden-württembergischen Markt ausrichtet, kann offen bleiben. Denn der Internetauftritt der Klägerin lässt keine Zweifel daran, dass dieser sich bestimmungsgemäß auch an Spieler der gesamten Bundesrepublik Deutschland und damit auch Baden-Württembergs wendet. Dies geht nicht zuletzt aus der auf ... einsehbaren Firmengeschichte der Klägerin hervor, in der für Juni 2003 explizit aufgeführt wird „Angebot in Dänemark und Deutschland“. Der Beklagte ist zum Erlass der Untersagungsverfügung zuständig, weil sich die polizeiliche Gefahr in Baden-Württemberg realisiert.
25 
Auch völkerrechtliche Aspekte kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen. Abgesehen davon, dass das Gericht die völkerrechtlichen Bedenken der Klägerin im Hinblick auf das Territorialitätsprinzip nicht teilt, ist es als ausgeschlossen anzusehen, dass sich ein Einzelner überhaupt auf einen Verstoß gegen Völkerrecht berufen kann. Das Völkerrecht beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Satz 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, dem Schutz der Souveränität als solcher dienende Norm (vgl. BVerfG, Urt. v. 22.03.1983 - 2 BvR 475/78 -, BVerfGE 63, 343), die Individualrechte nicht zu begründen vermag.
26 
Weitere formelle Bedenken an der Wirksamkeit der Verfügung bestehen nicht.
27 
Insbesondere genügte nach § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes, um diesen gegenüber der Klägerin wirksam werden zu lassen. Einer förmlichen Zustellung der Verfügung bedurfte es nicht. Nach § 41 Abs. 1 LVwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Diese Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut offen und beschränkt sich nicht auf eine Bekanntgabe im Inland. Lediglich in § 41 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG wird die Bekanntgabefiktion mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post auf das Inland beschränkt. Dass eine Bekanntgabe auch im Ausland möglich ist, ergibt sich schon aus § 41 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG, wo es heißt, dass ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben gilt. Der Klägerin ist der streitgegenständliche Bescheid mittels Einschreiben/Rückschein zugesandt worden und ihr tatsächlich zugegangen, was sie auch nicht in Abrede stellt. Er ist ihr damit wirksam bekannt gegeben worden. Eine andere hier nicht zu klärende Rechtsfrage ist es, inwieweit die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes durch förmliche Zustellung (§ 41 Abs. 5 LVwVfG) im Ausland zulässig wäre. Eine solche hat hier nämlich nicht stattgefunden. Wie sich aus § 33 Abs. 1 Satz 2 und 3 PostG ergibt, erfolgen Briefzustelldienstleitungen nur dann hoheitlich, wenn nach den Vorschriften der Prozessordnungen und der Gesetze, die die Verwaltungszustellung regeln, förmlich zugestellt wird. Zugestellt wird nach § 1 Abs. 2 LVwZG, soweit dies durch Rechtsvorschrift oder behördliche Anordnung bestimmt ist. Eine Zustellung ist im vorliegenden Fall, wie oben dargelegt, gesetzlich nicht bestimmt und wurde vom Beklagten auch nicht angeordnet, wie sich aus den Ausführungen unter Ziffer VI. der streitgegenständlichen Verfügung vom 18.01.2010 ergibt. Darüber hinaus könnte sich die Klägerin auf völkerrechtliche, ausschließlich staatsgerichtete und dem Schutz der Souveränität dienende Vorschriften nicht berufen (siehe dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.12.2011 - 6 S 2834/11 - unter Bezugnahme auf Beschl. v. 20.01.2011 - 6 S 1685/11 -, ZfWG 2011, 136).
28 
Einer Notifizierung der als Landesrecht fortgeltenden Regelungen des Staatsvertrags bedurfte es nicht. Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, 37), geändert durch die Richtlinie 98/48 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217, 18) haben die Mitgliedstaaten jeden Entwurf einer technischen Vorschrift unverzüglich der Europäischen Kommission zu übermitteln. Zweck der Notifizierung ist es, durch eine vorbeugende Kontrolle der Kommission den freien Warenverkehr im Binnenmarkt zu schützen (vgl. EuGH, Urt. v. 30.04.1996 - C-194/94, Slg. 1996, I-2201 = EuZW 1996, 379 Rn. 40 f., 51 - CIA Security International/Signalson; Erwägungsgründe 4 und 7 der Informationsrichtlinie). Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht führt zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschriften, so dass sie Einzelnen nicht entgegengehalten werden können (EuGH a.a.O. Rn. 54). Dabei ist nicht entscheidungserheblich, ob das Internetverbot und das Internetwerbeverbot des § 4 Abs. 4 und des § 5 Abs. 3 GlüStV technische Vorschriften im Sinne der Richtlinie und diese daher notifizierungsbedürftig sind (vgl. zweifelnd: Stein, ZfWG 2007, 397, 399 f., ZfWG 2009, 332, 333; bejahend: Streinz/Herrmann/Kruis, ZfWG 2007, 402, 403 f.). Denn jedenfalls wurden die Verpflichtungen aus der Informationsrichtlinie erfüllt. Der GlüStV ist der Kommission am 21.12.2006 notifiziert worden (vgl. Verwaltungsschreiben der Kommission vom 14.05.2007, abgedruckt als Anlage 1 c zum Entwurf des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland, Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks. 14/4849). Die Notifizierung führte zwar zu Beanstandungen durch die Europäische Kommission (Schreiben vom 22.03.2007 und 14.05.2007). Diese machten jedoch lediglich die Einhaltung der Standstill-Verpflichtungen des Art. 9 der Informationsrichtlinie erforderlich. Auf die Frage, ob darüber hinaus gegenüber der Bundesrepublik Deutschland wegen der Nichtumsetzung der Beanstandungen der Europäischen Kommission im Glücksspielstaatsvertrag ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden kann, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Stillhalteverpflichtung gemäß Art. 9 Abs. 2 Spiegelstrich 3 der Informationsrichtlinie für Vorschriften betreffend Dienste wurde eingehalten. Gemäß Art. 9 Abs. 2 der Informationsrichtlinie durfte Deutschland das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV damit jedenfalls ab 21.06.2007 in Kraft setzen. Die am 01.01.2008 in Kraft getretenen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags wurden also nicht vor Ablauf von vier Monaten nach Eingang der Notifizierung bei der Europäischen Kommission am 21.12.2006 beschlossen. Soweit Baden-Württemberg durch das Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 11.12.2007 (GBI. S. 571) diesen in Landesrecht transformiert und dessen Fortgeltung durch Art. 1 des Änderungsgesetzes vom 29.11.2011 (GBl. S. 533) angeordnet hat, folgt daraus kein über den GlüStV hinausgehender notifizierungspflichtiger Inhalt der Transformationsgesetze (so bereits VGH Bad.-Württ., Beschlüsse v. 18.12.2008 - 6 S 882/08 - und v. 30.05.2008 - 6 S 1077/08 -). Zwar können Verschärfungen des Entwurfs einer technischen Vorschrift nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 der Informationsrichtlinie eine erneute Notifizierungspflicht auslösen. Das Transformationsgesetz und dessen Änderung enthalten aber keine Verschärfung des ohnehin bereits umfassenden und von den Marktteilnehmern zu beachtenden Internetverbots gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV (so auch BGH, Urteile v. 28.09.2011 - I ZR 30/10 -, juris Rn. 41 ff. und - I ZR 92/09 -, MDR 2012, 358).
29 
Die Verfügung ist auch materiell rechtmäßig.
30 
Die in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids ausgesprochene Untersagung jeglicher Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel sowie der Werbung hierfür findet ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Danach kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Erfüllung der Aufgaben der Glücksspielaufsicht erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; sie kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser wirksamen Rechtsgrundlage liegen vor.
31 
Bei den von der Klägerin auf ... dargebotenen Sport- und Finanzwetten, Poker- und Casinospielen, Online-Bingo und Online-Rubbellosen handelt es sich um öffentliches Glücksspiel (vgl. § 3 Abs. 1 GlüStV). Entgegen der Ansicht der Klägerin ist auch Poker als Glücksspiel zu qualifizieren. Glücksspiel liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Jedenfalls bei der von der Klägerin u.a. angebotenen Pokervariante "Texas Hold'em" hängt die Entscheidung über den Gewinn bei einem Durchschnittsspieler überwiegend vom Zufall ab. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass sich ein überdurchschnittlich befähigter und erfahrener Spieler im Einzelfall durch geschicktes Taktieren in gewissem Umfang Vorteile gegenüber seinen Mitspielern verschaffen kann. Das ändert aber nichts daran, dass der Erfolg beim Spiel dieser Pokervariante maßgeblich (d.h. überwiegend) von der Qualität der erst nach mehreren Geldeinsatz- und Austeilungsrunden zufällig erhaltenen oder aufgedeckten Karten abhängt (vgl. BGH, Urt. v. 28.09.2011 - I ZR 93/10 -, MDR 2012, 11; VGH Bad. Württ., Beschl. v. 09.03.2011 - 6 S 2255/10 -, ZfWG 2011, 193; Beschl. v. 20.01.2011 - 6 S 1685/10 -, ZfWG 2011, 136; OVG NRW, Beschl. v 13.07.2010 - 13 B 676/10 -, juris; Beschl. v. 03.12.2009 - 13 B 776/09 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.04.2009 - 1 S 203.08 -, ZfWG 2009, 190).
32 
Auch bei den auf ... angebotenen 50-Cent-Spielen handelt es sich um Glücksspiel.Insbesondere fehlt es nicht an dem Erfordernis, dass der Einsatz nicht ganz unerheblich ist. Dies mag auf ein einzelnes dieser Spiele zutreffen. Es kann für die Beurteilung der Glücksspieleigenschaft aber nicht davon ausgegangen werden, dass ein Spieler sich auf ein einzelnes Spiel beschränkt. Vielmehr liegt den Regulierungen des Glücksspielrechts die empirisch gestützte Einschätzung zugrunde, dass ein Spielteilnehmer typischerweise gerade nicht geringfügige Verluste hinnimmt und daraus die Lehre zieht, das Spiel zu beenden, sondern sich erhofft, durch eine Fortsetzung des Spiels den Verlust nicht nur wieder auszugleichen, sondern darüber hinaus dann endlich auch den von Anfang an erhofften Gewinn zu erzielen (vgl. OLG Köln, Urt. v. 12.05.2010 - I-6 U 142/09, 6 U 142/09 -, ZfWG 2010, 359). Nichts anderes ergibt sich aus der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung des BGH. Auch dort werden 50-Cent-Spiele als Glücksspiel angesehen (BGH, Urt. v. 28.09.2011 - I ZR 93/10 -, MDR 2012, 11, juris Rn. 79). Soweit der BGH davon ausgeht, bei Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV handle es sich nicht um solche nach dem GlüStV und die dortigen Teilnahmeentgelte von höchstens 0,50 EUR seien glücksspielrechtlich unerheblich (BGH, Urteile v. 28.09.2011 - I ZR 30/10 -, juris Rn. 74 ff. und - I ZR 92/09 -, MDR 2012, 358, juris Rn. 67 ff. unter Hinweis auf OLG München, MMR 2006, 225; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 284 Rn. 6; MünchKommStGB/Groeschke/Hohmann, § 284 Rn. 8; Bolay, MMR 2009, 669, 670), trifft er keine Aussage dazu, ob es sich bei derartigen im Internet angebotenen Spielen um Glücksspiel handelt. Diese Aussage zur glücksspielrechtlichen Relevanz betrifft nämlich nur die Frage, ob durch die Zulassung von Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV auch in Internetportalen mit redaktionellem Inhalt die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrags beeinträchtigt werden, was der BGH indes verneint (BGH, Urteile v. 28.09.2011 - I ZR 30/10 -, juris Rn. 77 und - I ZR 92/09 -, MDR 2012, 358, juris Rn. 70).
33 
Das von der Klägerin veranstaltete Glücksspiel ist auch öffentlich. Nach § 3 Abs. 2 GlüStV liegt öffentliches Glücksspiel unter anderem vor, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht. Unter Zugrundelegung dieser Definition bestehen keine Zweifel daran, dass das von der Klägerin veranstaltete Glücksspiel öffentlich ist. Über das Internet ist das Glücksspielangebot einem enorm großen, nicht geschlossenen Personenkreis zugänglich.
34 
Das Glücksspiel ist unerlaubt, weil der Klägerin die hierfür erforderliche Erlaubnis für Baden-Württemberg, wie sie § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV voraussetzt, fehlt.
35 
Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV, wonach öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des Landes veranstaltet und vermittelt werden dürfen, unabhängig von der Wirksamkeit des staatlichen Glücksspielmonopols Anwendung findet (BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, NVwZ 2011, 549; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 31.08.2011 - 6 S 1695/11 -).
36 
Der Umstand, dass die Klägerin über maltesische Glücksspiellizenzen verfügt, vermag nichts daran zu ändern, dass die Klägerin in Baden-Württemberg unerlaubtes Glücksspiel veranstaltet. Eine Geltung ausländischer Konzessionen in Deutschland lässt sich insbesondere nicht aus Unionsrecht ableiten (EuGH, Urt. v. 08.09.2010, „Markus Stoß“ - C-316/07 -, NVwZ 2010, 1409; BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, ZfWG 2011, 96; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.12.2009, a.a.O.). Da die Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Glücksspielbereich unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht dazu verpflichtet sind, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen, sind sie berechtigt, die Beantragung einer nationalen Erlaubnis auch dann zu fordern, wenn der Leistungsanbieter bereits über eine Konzession eines anderen Mitgliedstaates verfügt (EuGH, Urt. v. 08.09.2010, „Markus Stoß“, a.a.O.).
37 
Unabhängig davon, ob der Klägerin allein der formelle Umstand entgegengehalten werden kann, dass sie nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis zur Veranstaltung bzw. Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel verfügt, ist die Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet jedenfalls materiell illegal und dürfte der Klägerin eine Erlaubnis nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV auch nicht erteilt werden.
38 
Die Klägerin veranstaltet im Internet Glücksspiele und wirbt dafür. Damit verstößt sie gegen §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV. Diese Normen gehören ebenso wie der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 GlüStV zu den „Allgemeinen Vorschriften“ im Glücksspielstaatsvertrag, die unabhängig von der Wirksamkeit des staatlichen Monopols Gültigkeit beanspruchen (BVerwG, Urt. v. 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.01.2011, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 01.04.2011 - 10 CS 10.589 -, juris; NdsOVG, Beschl. v. 11.11.2010 - 11 MC 429/10 -, juris). Die in §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV enthaltenen generellen Verbote der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet bzw. der Werbung hierfür sollen - unabhängig vom staatlichen Monopol - vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich gebotenen Ausrichtung des Wettangebots am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht sowie eines effektiven Jugendschutzes diesen Vertriebsweg für alle Arten der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele und für staatliche wie für private Veranstalter gleichermaßen unterbinden (vgl. die Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 4 GlüStV, LT-Drs. 15/8486 S. 14 f.). Eine derartige, an den Zielen des § 1 GlüStV ausgerichtete, grundsätzliche Schutzmaßnahme im Rahmen der Suchtprävention gehört zu dem Bestand allgemeiner Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag, die unabhängig von der Wirksamkeit des staatlichen Glücksspielmonopols weiter fortbestehen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 01.04.2011, a.a.O.).
39 
Das Internetverbot begegnet weder verfassungs- noch unionsrechtlichen Bedenken (vgl. ausführlich hierzu: BVerwG, Urt. v. 01.06.2011, a.a.O).
40 
§§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV stellen zulässige, insbesondere verhältnismäßige Beschränkungen der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 15.09 -, juris).
41 
Das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet sowie der Werbung dafür ist angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers geeignet und verhältnismäßig, problematisches Spielverhalten einzudämmen. Das Spielen per Internet zeichnet sich sowohl durch ein hohes Maß an Bequemlichkeit als auch durch eine zeitlich unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots aus (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, a.a.O.). Hinzu kommt der im Vergleich zur terrestrischen Spielveranstaltung höhere Abstraktionsgrad, der geeignet ist, das virtuelle Glücksspiel in der Wahrnehmung des Spielers aus seinem Bedeutungszusammenhang herauszulösen und dadurch die Tatsache des Einsatzes und den möglichen Verlust von Geld in den Hintergrund treten zu lassen. Ferner ist das Internetverbot das geeignete Mittel, den im Rahmen der Suchtprävention besonders bedeutsamen Jugendschutz effektiv zu verwirklichen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, a.a.O.). Der mit dem generellen Internetverbot verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit ist durch überragend wichtige Gemeinwohlziele - Schutz der Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendlicher, vor den Gefahren der Spielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität - gerechtfertigt. Selbst die schwerwiegenden Beschränkungen der unternehmerischen Tätigkeit, zu denen das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet führt, sind angesichts der Spielsuchtprävention und somit eines Gemeinwohlbelangs von hohem Rang nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, a.a.O.). Soweit der Klägervertreter die Gefahren des Internet anzweifelt und die Einholung eines Sachverständigengutachtens anregt, sieht die Kammer angesichts der vorstehenden Ausführungen keinen zusätzlichen Klärungsbedarf.
42 
Das Internetverbot stellt ebenfalls eine zulässige Beschränkung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten - konkret der Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 56 AEUV - dar.
43 
Der Europäische Gerichtshof billigt eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird; er sieht diese grundsätzlich als geeignet an, die Ziele der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Anbieten solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt. Begründet wird dies mit der Förderung der Spielsucht durch die leichte Zugänglichkeit des Internets, der potenziell großen Menge und Häufigkeit des Angebots, der Anonymität des Spielers und durch die fehlende soziale Kontrolle (EuGH, Urt. v. 08.09.2010, „Carmen Media Group Ltd.“, a.a.O.; Urt. v. 08.09.2009, „Liga Portuguesa“ - C 42/07 -, NJW 2009, 3221). §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV genügen auch dem vom Europäischen Gerichtshof geforderten Kohärenzkriterium, nach dem alle Glücksspielsektoren im Wege der Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 08.09.2010, „Carmen Media Group Ltd.“, a.a.O.). Denn im Internet sind Glücksspiele und die Werbung hierfür generell verboten (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.06.2011, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.01.2011, a.a.O.). Dass in Schleswig-Holstein - anders als in den übrigen 15 Bundesländern - seit 01.01.2012 aufgrund des dort nunmehr geltenden Glücksspielgesetzes (Gesetz zur Neuordnung des Glücksspiels vom 20.10.2011, GVOBl. 2011, 280) - GlSpielG - auch Internetglücksspiel möglich ist, berührt nicht die Kohärenz der deutschen Glücksspielregelungen und des darin enthaltenen Internetverbots.
44 
Ob die Kohärenzbetrachtung dabei nur bezogen auf das jeweilige Bundesland - hier Baden-Württemberg - zu erfolgen hat, wie der Beklagte im Hinblick auf das Bundesstaats- und Demokratieprinzip annimmt, oder die Kohärenz eine Bundeseinheitlichkeit erfordert, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, denn im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist nach Auffassung der Kammer derzeit auch bei bundesweiter Betrachtung hinsichtlich des Internetverbots von einer kohärenten Regelung auszugehen.
45 
Für das sog. Kohärenzgebot lassen sich zwei Anforderungen unterscheiden. Zum einen muss der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele, denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen; er darf nicht in Wahrheit andere Ziele - namentlich solche finanzieller Art - anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten (EuGH, Urt. v. 21.10.1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 06.11.2003, Gambelli u.a., a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 08.09.2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 65; vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.2010 a.a.O. Rn. 77, 80 und Urt. v. 01.06.2011, a.a.O. Rn. 35). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Der Mitgliedstaat ist aber nicht verpflichtet, in sämtlichen Glücksspielsektoren dieselbe Politik zu verfolgen; das Kohärenzgebot ist kein Uniformitätsgebot (vgl. EuGH, Urt. v. 08.09.2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 95 f. und Carmen Media, a.a.O. Rn. 62 f.; vgl. auch EuGH, Urt. v. 10.03.2009, Rs. C-169/07, Hartlauer - Slg. 2009, I-1721 Rn. 60). Es verlangt auch keine Optimierung der Zielverwirklichung. Das gewinnt Bedeutung namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Länder mit jeweils eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Das Kohärenzgebot kann daher auch nicht bedeuten, dass alle Länder mit denselben Mitteln das anerkannte Gemeinwohlziel verfolgen.
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Verfolgt Schleswig-Holstein den Jugend- und Spielerschutz, die ordnungsgemäße Durchführung der Glücksspiele, die Kanalisierung des Spieltriebs und die Vorbeugung und Bekämpfung von Suchtgefahren (vgl. zu den Zielen des Gesetzes § 1 GlSpielG) durch eine im Wege eines Genehmigungsverfahrens (vgl. § 4 GlSpielG) kontrollierte Freigabe des Internets, sehen die anderen 15 Bundesländer diese Ziele (vgl. § 1 GlüStV) am ehesten durch ein Totalverbot verwirklicht. Die beiden unterschiedlichen Ansätze können indes nicht zu einer Verletzung des Kohärenzgebots führen, da sie dasselbe legitime Ziel verfolgen und dieses durch die abweichenden Lösungsmodelle auch nicht konterkariert wird. So sieht das GlSpielG für alle Glücksspielanbieter ein Verfahren über die Erteilung einer Genehmigung vor (vgl. § 4 GlSpielG zur Veranstaltungsgenehmigung im Allgemeinen, § 19 GlSpielG zur Veranstaltungsgenehmigung von Online-Casinospielen, § 20 GlSpielG zur Vertriebsgenehmigung von Online-Casinospielen, § 22 GlSpielG zur Genehmigung als Wettunternehmer, § 23 GlSpielG zur Genehmigung für den Vertrieb von Wetten), wobei die Erteilung der Genehmigung immer an die Erfüllung der Ziele des § 1 GlSpielG (§ 4 Abs. 2 GlSpielG) und die Voraussetzungen der Sachkunde und Zuverlässigkeit geknüpft ist (§§ 4 Abs. 2, 19 Abs. 1 Nr. 2, 20 Abs. 2, 22 Abs. 1 Nr. 2, 23 Abs. 2 Nr. 2 GlSpielG). Hinzu kommen weitere Sicherungsmechanismen wie im behördlichen Ermessen stehende Widerrufstatbestände (§ 4 Abs. 7 GSpielG) und zwingende Versagungsgründe (vgl. §§ 19 Abs. 2, 20 Abs. 3, 22 Abs. 2, 23 Abs. 3 GSpielG). Von allen Anbietern zu erfüllen sind zudem umfangreiche Vorgaben über den Spielerschutz (§ 25 GlSpielG), die Werbung (§ 26 GlSpielG) und den Schutz von Minderjährigen (§ 27 GlSpielG) sowie über Sozialkonzepte zur Suchtprävention (§ 28 GlSpielG). Bei Sportwetten ist in jedem Fall auch das Einvernehmen des sog. Fachbeirats herzustellen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 GlSpielG).
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Hinzu kommt, dass derzeit bundesweit auch faktisch eine Kohärenz hinsichtlich des Internetverbots besteht, da auch in Schleswig-Holstein bislang keinem Internetanbieter eine Lizenz erteilt wurde und nicht absehbar ist, ob und wann dies der Fall sein wird. Die unterschiedlichen Angaben der Beteiligten hierzu in der mündlichen Verhandlung führen aufgrund ihres spekulativen Charakters zu keinem anderen Ergebnis.
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Soweit die Klägerseite eine Inkohärenz des Internet(werbe)verbots im Hinblick auf den E-Post-Brief in Hessen, die „Jackpoints“ in Hamburg und Online-Pferdewetten, Online-Spielautomaten sowie die Online Spielbank Niedersachsen geltend macht, vermag dem die Kammer - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des VGH Baden-Württemberg im die Beschwerde der Klägerin zurückweisenden Beschluss vom 28.11.2011 - 6 S 2289/11 - nicht zu folgen. Die §§ 33c ff. GewO, die die Zulässigkeit von Geldspielgeräten regeln, gelten bereits nach ihrem Wortlaut nur für die Aufstellung stationärer Geräte und sind damit nicht auf Spiele im Internet, die diesen Spielgeräten nachgebildet sind, anwendbar. § 2 Abs. 2 RennwLottG verlangt das Vorliegen einer Örtlichkeit, für welche die Erlaubnis erteilt wird. Eine solche Örtlichkeit stellt das Internet gerade nicht dar. Im Übrigen handelt nach dem RennwLottG derjenige ordnungswidrig, der als Buchmacher oder dessen Gehilfe außerhalb der Örtlichkeiten, für welche die Erlaubnis erteilt ist, Wetten abschließt oder vermittelt oder Angebote dazu entgegennimmt (§ 7 Abs. 1 RennwLottG). Gleiches gilt für Spielbanken, die ebenfalls einen örtlichen Bezug zu Gebäuden und Räumen, in denen die Spielbank betrieben werden darf, aufweisen (z. B. §§ 3 Abs. 2, 2 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die öffentlichen Spielbanken in Baden-Württemberg; vgl. zum Vorstehenden auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.11.2010 - 11 MC 429/10 -, juris). Soweit für die Spielbank Niedersachsen noch vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages erteilte Erlaubnisse fortbestehen sollten (vgl. dazu VG Hannover, Urt. v. 20.08.2007 - 10 A 1224/07 -; OVG Lüneburg, Beschl. v. 31.03.2008 - 11 LA 458/07 -, NdsVBI 2008, 258), wird hiervon kein Gebrauch gemacht (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.11.2010, a.a.O.; VG Hamburg, Urt. v. 04.11.2010 - 4 K 26/07 -, juris). Was den Vortrag der Klägerin angeht, dass seit Mitte 2010 Spielaufträge an Lotto Hessen mittels eines E-Postbriefes durch Spieler mit Wohnsitz in Hessen eingereicht werden können und dass Lotto Hamburg bei Oddset-Wetten die Tippabgabe an interaktiven Selbstbedienungsterminals (sog. JackPoints) unter Verzicht auf die bislang erforderliche Lotto-Ident-Card anbietet, geht die Kammer nicht davon aus, dass es sich bei einem solchen Vorgehen überhaupt um Glücksspiele „im Internet", wie sie von § 4 Abs. 4 GlüStV erfasst sind, handelt (vgl. dazu VG Hamburg, Urt. v. 04.11.2010, a.a.O.). Denn nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 GlüStV ist das Veranstalten und Vermitteln „im Internet" verboten, nicht aber die Übermittlung „über" Internetleitungen. Das Verbot von Wetten über Telekommunikationsanlagen (§ 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV) bezieht sich zudem auf das Angebot mittels Telekommunikationsanlagen (etwa SMS-Wetten), nicht aber - wie bei Internet-Terminals in den Annahmestellen - auf den Modus der Übermittlung vom Vermittler zum Veranstalter über Telekommunikationsanlagen im Wege der Datenfernübertragung. Sofern die Möglichkeit zur Teilnahme am Lotto per E-Postbrief als Veranstalten oder Vermitteln von Glücksspiel im Internet anzusehen wäre, verstieße es zwar gegen das umfassend geltende Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV. Doch wurde und wird auch von anderen Bundesländern gegen diese von Lotto Hessen eröffnete Möglichkeit der Annahme von Spielaufträgen mittels E-Postbrief in Hessen vorgegangen und sie im Sinne einer „Abmahnung" beanstandet (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 04.11.2010, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass der Gesetzgeber Regelungen getroffen hätte, die das Veranstalten oder Vermitteln von Lotto im Internet ermöglichen oder eine entsprechende Verwaltungspraxis bestünde und daher das Internetverbot aus diesem Grunde unter einer Inkohärenz litte. Schließlich hat der Beklagen-Vertreter in der mündlichen Verhandlung auch überzeugend und von Klägerseite unwidersprochen vorgetragen, dass, würde das derzeit in anderen Bundesländern möglicherweise bestehende Angebot auch auf Baden-Württemberg ausgeweitet, dies umgehend Untersagungsverfügungen nach sich ziehen würde. Dies wird nicht zuletzt auch durch das Vorgehen des Beklagten gegen die unerlaubte Sportwettenwerbung eines südbadischen Fußballerstligisten untermauert (vgl. zuletzt VG Freiburg, Beschl. v. 01.12.2011 - 3 K 1643/11 -).
49 
Die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 01.06.2011 sind auch nicht aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Zeturf“ (Urt. v. 30.06.2011 - C-212/08 -, NVwZ 2011, 1119) und der Rechtssache „Dickinger/Ömer“ (Urt. v. 15.09.2011 - C-347/09 -, EuZW 2011, 841) als überholt zu betrachten. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 15.09.2011 betont, eine nationale Regelung sei nur dann geeignet, die Erreichung des geltend gemachten Ziels zu verwirklichen, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht werde, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Von eben diesem Maßstab ist bereits das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 01.06.2011 ausgegangen (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.11.2011 - 6 S 1858/11 - und Beschl. v. 12.12.2011 - 6 S 2835/11 -).
50 
Da die Klägerin weder im Besitz einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV ist noch ihr eine solche wegen des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV erteilt werden könnte, ist das Glücksspiel unerlaubt. Werbung für unerlaubtes öffentliches Glücksspiel ist nach § 5 Abs. 4 GlüStV untersagt. Seine Veranstaltung und Vermittlung sowie die Werbung hierfür durften somit untersagt werden.
51 
Die streitgegenständliche Verfügung vom 18.01.2010 erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als materiell rechtswidrig.
52 
Die angefochtene Verfügung ist hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 LVwVfG). Der Klägerin ist es möglich, aufgrund der Entscheidungssätze und der Begründung des Bescheides sowie der sonstigen Umstände zweifelsfrei zu erkennen, was von ihr gefordert wird. Von ihr wird unter Hinweis auf die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages das Unterlassen jeglicher Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel und der Werbung hierfür verlangt. Einer weiteren Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Glücksspielarten bedurfte es nicht. In der Begründung des Bescheids wird detailliert beschrieben, welche bisherigen Glücksspiele auf welcher Internetseite der Klägerin nicht mehr zu veranstalten sind. Daraus kann die Klägerin ohne Weiteres erkennen, welches Verhalten sie in Zukunft zu unterlassen hat. Dass im Unterlassungstenor in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids nicht sämtliche Glücksspielarten und sämtliche Internetseiten aufgeführt werden, die von dem Verbot erfasst sein sollen, führt nicht zur Unbestimmtheit der Verfügung. Aus Nr. 1 der Verfügung geht unzweideutig hervor, dass die Klägerin jegliches öffentliches Glücksspiel zu unterlassen hat. Auch im Übrigen ist es der Klägerin unschwer möglich zu erkennen, welches Verhalten von ihr gefordert wird. Ob es sich um Glücksspiel handelt, ist der Begriffsbestimmung in § 3 GlüStV zu entnehmen. Dass einzelne Aspekte des Begriffs der Auslegung bedürfen, steht der Bestimmtheit nicht entgegen. Da es nach dem GlüStV für die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel einer Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Bundeslandes bedarf (§ 4 Abs. 1 GlüStV), die Veranstaltungserlaubnis grundsätzlich nur den in § 10 Abs. 2 GlüStV Genannten erteilt werden darf (§ 10 Abs. 5 GlüStV) und das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet grundsätzlich verboten ist (§ 4 Abs. 4 GlüStV), ist für die Klägerin auch unzweideutig zu erkennen, welche Glücksspielangebote unerlaubt sind. In den selten vorkommenden Zweifelsfällen ist es der Klägerin zumutbar, Erkundigungen darüber einzuholen, ob eine beabsichtigte Spielveranstaltung sich als unerlaubtes Glücksspiel darstellt oder nicht. Darüber hinaus wird im Einleitungssatz der Verfügung darauf hingewiesen, dass die Untersagung auf die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags, namentlich auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützt wird. Damit ist unmissverständlich klargestellt, dass solche Glücksspiele, die nicht dem Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags unterfallen, nicht Gegenstand der angefochtenen Verfügung sind. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, der mit den Sätzen 2 und 3 dieser Vorschrift in unmittelbarem Zusammenhang steht und demzufolge die Glücksspielaufsicht die „nach diesem Staatsvertrag“ bestehenden oder auf Grund „dieses Staatsvertrages“ begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen überwacht. Ebenso wenig bedurfte es für eine hinreichende Bestimmtheit weiterer Ausführungen der Behörde dazu, auf welche Art und Weise die Klägerin der Verfügung nachkommen kann.
53 
Auf welche Weise die Klägerin der Anordnung, Rechtsverstöße gegen eine landesrechtliche Vorschrift zu unterlassen, nachkommt, durfte nämlich in zulässiger Weise ihr selbst als verpflichteter Adressatin überlassen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.11.1968 - I C 29.67 -, BVerwGE 31, 15; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.03.2011 - 6 S 2187/10 -; Beschl. v. 15.07.2009 - 6 S 1565/09 -, juris; Urt. v. 09.04.1981 - 10 S 2129/80 -, VBlBW 1982, 97; OVG NRW, Beschl. v. 10.01.1985 - 4 B 1434/84 -, NVwZ 1985, 355; BayVGH, Beschl. v. 20.11.2008 - 10 CS 08.2399 - , ZfWG 2008, 455). Von der Klägerin wird erwartet, dass entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, die das Erreichen des in dem Bescheid genannten Zieles sicherstellen. Maßgeblich ist einzig, dass vom Gebiet des Landes Baden-Württemberg aus Spielangebote der Klägerin nicht mehr angenommen werden können und diesbezügliche Werbung nicht mehr abgerufen werden kann. Auch vor dem Hintergrund, dass in Schleswig-Holstein das Internetangebot zwischenzeitlich zugelassen werden könnte, wird mit dieser Verpflichtung von der Klägerin weder etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches verlangt, noch ist ihr die Befolgung unzumutbar. Da das Verfahren der Geolokalisation (hierzu ausführlich OVG NRW, Beschl. v. 13.07.2010 - 13 B 676/10 -, juris) existiert, ist jedenfalls nicht von einer technischen Unmöglichkeit des angegriffenen Bescheids auszugehen. Gerichtsbekannte Internetauftritte anderer Glücksspielveranstalter zeigen, dass es inzwischen Geolokalisationsverfahren gibt, die den Zugriff auf Internetseiten von bestimmten geografischen Gebieten aus verhindern können (vgl. auch Hoeren, Geolokalisation und Glücksspielrecht, ZfWG 2008, 229 ff., 311 ff.). Wenngleich möglicherweise nicht ausgeschlossen werden kann, dass gewisse geringfügige Fehlerquoten vorhanden sind oder einzelne Spieler die technischen Hürden bewusst zu umgehen wissen, ändert dies nichts an der technischen Umsetzungsmöglichkeit der streitgegenständlichen Verfügung. Denn die ernsthafte Verwendung des Geolokalisationsverfahrens nach dem aktuellen Stand der Technik ist nach Auffassung der Kammer als Erfüllung der Untersagungsverfügung anzusehen und Umgehungen durch Einzelne sowie vereinzelte, technisch noch nicht vermeidbare Ungenauigkeiten der Geolokalisation wären der Klägerin nicht zuzurechnen, wovon auch die Beklagtenseite, wie deren Vertreter in der mündlichen Verhandlung nochmals bekräftigte, ausgeht. Dies gilt insbesondere für gewisse Unschärfen im Bereich der Landesgrenzen, die aber zwischen Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein nicht bestehen. Sollte es, wie die Klägerin befürchtet, aufgrund der Verwendung neuer Kommunikationsmedien bei der Geolokalisation doch zu bedeutsameren Abweichungen als bislang kommen, wäre ihr eine Kombination der Geolokalisation beispielsweise mit einer Handyortung anzusinnen. Etwaige diesbezügliche datenschutzrechtliche Bedenken der Klägerin teilt das Gericht nicht.
54 
Der Klägerin ist es in Anbetracht des gesetzlichen Verbots und der damit verfolgten Ziele (vgl. § 1 GlüStV) auch zumutbar, den Verboten der Untersagungsverfügung nachzukommen. Selbst die bundesweite Entfernung des Internetinhalts ist ihr zuzumuten, da sie zum einen jedenfalls derzeit im gesamten Bundesgebiet - in Schleswig-Holstein mangels Genehmigung und in den übrigen Bundesländern kraft Gesetzes gem. § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV - verpflichtet ist, die Veranstaltung öffentlichen Glücksspiels und die Werbung hierfür im Internet zu unterlassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.07.2009, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.03.2009 - 1 S 224.08 -, juris). Zum anderen liegt es im Verantwortungsbereich desjenigen, der eine unerlaubte Tätigkeit ausübt, diese im Geltungsbereich des Verbots zu unterlassen (OVG NRW, Beschl. v. 06.11. 2009 - 13 B 723/09 -, juris). Unerheblich ist insoweit, dass mit der streitigen Verfügung nur für Baden-Württemberg ein Veranstaltungs- und Werbeverbot ausgesprochen wurde. Denn diese Beschränkung entspricht der nach § 9 Abs. 1 GlüStV auf Baden-Württemberg beschränkten Kompetenz des Beklagten.
55 
Die gegenüber der Klägerin verfügte Untersagung ist auch im Übrigen ermessensfehlerfrei und insbesondere verhältnismäßig. Sie gewährleistet, dass die begangene rechtswidrige Handlung unterbunden und die weitere Veranstaltung unerlaubten Glücksspiels verhindert wird. Mildere Mittel, welche den beabsichtigten Zweck in gleicher Weise erreichen würden, sind nicht erkennbar.
56 
Die in Nr. 2 des angefochtenen Bescheids angeordnete schriftliche Mitteilung der Einstellung der Tätigkeiten ist ebenfalls rechtmäßig. Die Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 GlüStV. Sie ist zudem ermessensfehlerfrei und insbesondere verhältnismäßig, denn sie belastet die Klägerin nur geringfügig, erleichtert dem Beklagten die Erfüllung seiner Aufgaben nach § 9 GlüStV aber erheblich. Die Anzeige der Einstellung der untersagten Tätigkeiten ermöglicht eine effektive Kontrolle der Einhaltung der verfügten Untersagung.
57 
Schließlich ist auch die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3 des Bescheids) nicht zu beanstanden. Sie entspricht den gesetzlichen Anforderungen der §§ 20 Abs. 1 Satz 1, 19 Abs. 1 Nr. 1 LVwVG. Die Höhe des angedrohten Zwangsgelds hält sich im gesetzlichen Rahmen und ist ebenfalls verhältnismäßig. Dass sich die Zwangsgeldandrohung auch auf die der Klägerin aufgegebene schriftliche Mitteilung der Einstellung der untersagten Tätigkeiten bezieht, ist nicht zu beanstanden. Die Mitteilung ermöglicht der Behörde eine effektive Kontrolle über die Einhaltung der verfügten Untersagung. Mit der Androhung der Vollstreckung bei nicht fristgemäßer Mitteilung wird die Klägerin nicht unverhältnismäßig belastet. Dass sich die Androhung auf eine Mehrzahl von Verpflichtungen aus der Verfügung vom 18.01.2010 bezieht, steht ihrer Wirksamkeit ebenso nicht entgegen. Zwar ist die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes im Hinblick auf eine Vielzahl unterschiedlicher Auflagen und Bedingungen grundsätzlich keine taugliche Grundlage für eine spätere Zwangsgeldfestsetzung, wenn nicht erkennbar ist, für den Verstoß gegen welche Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht ein Zwangsgeld in welcher Höhe angedroht ist. Die Zwangsgeldandrohung ist jedoch der Auslegung dahingehend fähig, dass ein einheitliches Zwangsgeld in Höhe von 10.000 EUR zur Durchsetzung jedes einzelnen in der Grundverfügung enthaltenen Ge- bzw. Verbots angedroht wird, für alle Ge- bzw. Verbote zusammen aber auch nicht mehr als 10.000 EUR (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 24.11.2008 - 3 K 290/08 - und Urt. v. 31.05.2010 - 3 K 1344/09 -; VGH Baden-Württ., Urt. v. 17.08.1995 - 5 S 71/95 -, VBlBW 1996, 65 und Urt. v. 06.02.1980 - 3 S 1381/79 -).
58 
Auch die Frist zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der angefochtenen Verfügung ist nicht zu kurz bemessen. Dies folgt bereits aus dem Gesetzeswortlaut. Nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 Satz 2, 2. HS LVwVG braucht eine Frist nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder - wie vorliegend - Unterlassung erzwungen werden soll. Es bestehen zudem seitens der Kammer keine Bedenken, dass jedenfalls die der Klägerin auch zumutbare bundesweite Einstellung der Veranstaltungstätigkeit im Internet in der gesetzten Frist sowohl rechtlich als auch tatsächlich möglich ist.
59 
Nach alledem besteht zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof kein Anlass. Die aufgeworfenen europarechtlichen Fragen sind nicht im Sinne von Art. 267 Abs. 2 AEUV klärungsbedürftig. Der Europäische Gerichtshof hat die für die Entscheidung maßgeblichen europarechtlichen Fragen, wie dargelegt, bereits geklärt. Damit hat das Gericht auch keine Veranlassung für die von der Klägerin angeregte Aussetzung nach § 94 VwGO (analog). Dasselbe gilt für eine Aussetzung im Hinblick auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängige Revisionsverfahren, da die vorliegend entscheidungserheblichen Fragen sich anhand der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lassen.
60 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
61 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO vorliegt (§ 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO).
62 
Beschluss
63 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
64 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.