Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 05. Dez. 2011 - A 1 K 677/10

published on 05.12.2011 00:00
Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 05. Dez. 2011 - A 1 K 677/10
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Gericht

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Tenor

Das Verfahren wird nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache eingestellt.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen und nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO). Bei der Kostenentscheidung, die den bisherigen Sach- und Streitstand zu berücksichtigen hat, bedarf es weder weiterer Sachverhaltsaufklärung noch der Entscheidung schwieriger Rechtsfragen.
Im vorliegenden Verfahren entsprach es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen, da sie bei einer Entscheidung der Klage durch Urteil voraussichtlich unterlegen wäre. Bei der Klägerin liegen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 AsylVfG für die Zuerkennung des Familienflüchtlingsschutzes aller Voraussicht nach vor.
Nach der mündlichen Verhandlung war im Wesentlichen nur noch die Frage zu klären, welche Anforderungen an das Vorliegen einer gültigen Ehe im Irak nach dem Eherecht des Heimatstaates zu stellen sind. Aufgrund des vom Gericht eingeholten des Gutachtens des X-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht vom 20.10.2011 steht für die Kammer fest, dass im Irak eine gültige Ehe auch ohne Mitwirkung staatlicher Stellen geschlossen werden kann und dass die Eintragung in die Register nur dem Nachweis einer zuvor geschlossenen Ehe dient, sie als nicht konstitutiv, sondern nur deklaratorisch wirkt.
Das Gericht kann daher davon ausgehen, dass die Klägerin mit ihrem Ehemann, dem die Flüchtlingseigenschaft schon früher zuerkannt worden ist, schon im Irak nach dem dortigen Landesrecht rechtsgültig verheiratet war.
Das X-Institut führte dazu in seinem Gutachten im Wesentlichen das Folgende aus:
„Auch nach der Besetzung des Irak durch US-amerikanische und britische Truppen im April 2003 ist das bisherige irakische Recht noch in Kraft. Dies wurde zunächst durch die Verordnung Nr. 1/2003 der US-amerikanischen und britischen Militärverwaltung, der Coalition Provisional Authority (CPA), so bestimmt.
Danach gelten alle irakischen Rechtsvorschriften, die am 16.03.2003 in Kraft waren, fort. Nunmehr ergibt sich dies aus Art. 126 der irakischen Verfassung vom 15.05.2005. Somit sind sowohl das irakische Zivilgesetzbuch, …, Gesetz Nr. 40 von 1951 in den Fassungen der Änderungsgesetze (zuletzt geändert durch Nr. 36/1983) als auch das Gesetz über das Personalstatut, …, Gesetz Nr. 188/1959 idF der Änderungsgesetze weiterhin anzuwenden…
… Somit ist die Religionsgemeinschaft der Yeziden seit 1981 eine anerkannte Religionsgemeinschaft im Irak. Ein eigenes Personalstatut für die Religionsgemeinschaft der Yeziden existiert im Irak jedoch derzeit nicht. Somit unterfallen Iraker yezidischen Glaubens den Regelungen des irakischen PSG…
Art. 10 PSG zählt die einzelnen Voraussetzungen auf, unter denen die Ehe eingetragen werden kann. Diese sind die Einreichung einer Erklärung, aus der sich die Identität und das Alter der Parteien, sowie die Höhe der Brautgabe und das Fehlen religiöser Ehehindernisse (Art. 10 Abs. 1 PSG) ergeben. Diese Erklärung ist von den Parteien zu unterzeichnen und vom so genannten Dorfvorsteher oder Vorsteher des Stadtbezirks oder von zwei achtbaren Personen (Personen mit gutem Leumund) zu beurkunden (Art. 10 Abs. 1 Satz 2 PSG). Diese Beurkundung wird heute insbesondere in den Städten durch den anwesenden Justizangestellten ersetzt. Außerdem ist ein ärztliches Gutachten vorzulegen (Art. 10 Abs. 2 PSG). Sodann ist der Inhalt der Erklärung in das Register aufzunehmen und von den Parteien (oder ihren Stellvertretern) in Gegenwart des Richters zu unterzeichnen (Art. 10 Abs. 3 PSG). Den Ehegatten ist eine Kopie der Registrierung zu übergeben (Art. 10 Abs. 3 Satz 2 PSG).
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Diese Eintragung wirkt allerdings nur deklaratorisch; die Ehe ist auch ohne Eintragung wirksam…
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Für das irakische Recht ist somit festzuhalten: Ehen können ohne staatliche Mithilfe, unter Hinzuziehung zweier Zeugen geschlossen werden. Es kommt aber auch vor, dass sie vor der Behörde geschlossen und gleichzeitig eingetragen werden. Die Eintragung der Ehe ist zwar gesetzlich vorgeschrieben. Diese dient aber Beweiszwecken und zum Nachweis der Eheschließung, aber nicht ihrer eigentlichen Begründung. Dies geht auch aus Art. 10 Abs. 4 PSG hervor, der der Registrierung ausdrücklich Beweisfunktion zuweist“.
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Gerichtskosten werden nach § 83b AsylVfG nicht erhoben.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1
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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1
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published on 15.08.2018 00:00

Tenor 1. Das Verfahren wird eingestellt. 2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt. Gründe I. Gegenstand des Klageverfahrens ist die Aufheb
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Annotations

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.